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DAS BECKEN.
TOPOGRAPHISCH-ANATOMISCH
MIT
BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG
DER
CHIRURGIE UND GYNÄKOLOGIE
DARGESTELLT
A VON
W/WALDETER,
DR. MED. ET PHIL. O. Ö. PROFESSOR DER MEDIZIN UND DIREKTOR
DER ANATOMISCHEN ANSTALT IN BERLIN.
Mit 153 grösstentheils in Farbendruck ausgeführten Abbildungen.
BONN
VERLAG VON FRIEDRICH COHEN
1899.
Sonderausgabe aus Jössel-Waldeyer, Lelirbueh der topographisch-
ehirurgiseheu Anatomie.
Das Recht der Uebersetzun*? in fremde Sprachen
behalten sich Verfasser und Verleger vor.
0
^
Vorwort.
Mit Rücksicht auf die weitgehenden Bedürfnisse dier medizinischen Spezial-
fächer, deren Gegenstand die männlichen und weiblichen Beckenorgane sind,
^nd insbesondere mit Rücksicht auf die Geburtshtilfe und Gynäkologie^ erschien
^s angemessen, die von mir bearbeitete Abtheilung „Becken" des von meinem
verstorbenen Kollegen und Freunde J. G. Joessel begonnenen Lehrbuches der
topographisch-chirurgischen Anatomie auch in einer Sonderausgabe erschei-
nen zu lassen. Es konnte dies geschehen, weil dieser Abschnitt von mir völlig
selbständig und neu bearbeitet ist. Aus dem Nachlasse Joessels sind nur die
Figuren 12, 24, 55a, 55b, 56, 57, 58, 59, 60, 68, 71, 72, 72a, 74, 81, 94,
95, 97 und 98 benutzt worden.
Wegen des ümfanges, welchen die genannten Spezialgebiete erlangt haben,
schien mir eine eingehende Darstellung nöthig zu sein; auch habe ich mich
nicht auf das rein Topographisch-anatomische beschränkt, sondern habe alles
das aufgenommen, was für eine praktisch-medizinische Verwendung unmittel-
bar brauchbar erschien. Doch steht überall die topographische Darstellung
im Vordergrunde des Interesses. Die Anhangskapitel über die Entwicklung der
Beckenorgane, über die Missbildungen, und der Hinweis auf die für die einzelnen
Operationen wichtigen Abschnitte dürften dabei nicht unwillkommen sein.
Auch die Litteratur ist tiberall angegeben worden; einmal zum Belege
rür die anderweit entlehnten Behauptungen, dann aber auch mit der Auswahl,
dass in ihr weitere Nachweise enthalten sind.
Stets ist, wo es irgend anging, die von der Anatomischen Gesellschaft
festgestellte neue Nomenklatur (BNA.) eingehalten worden; einzelne Abwei-
chungen sind im Texte begründet. Es war unvermeidlich auch noch neue
Bezeichnungen einzuführen; sollten sie sich brauchbar und erwünscht erweisen,
so werden sie bestehen bleiben; sonst mögen sie schnell vergessen sein!
Da die Abfassung des Buches längere Zeit in Anspruch genommen hat,
so konnte es nicht fehlen, dass während der Bearbeitung späterer Kapitel neue
Arbeiten erschienen, die im Reindrucke schon früher festgelegte Gegenstände
IV Vorwort.
betrafen. Ich habe, wenn sich passende Gelegenheit bot, auch solche Arbeiten
noch später benutzt und erwähnt. Besonders sei in dieser Beziehung HolTs
eingehende und gründliche Bearbeitung der Muskeln und Fascien des Becken-
bodens genannt. Auch konnte ich die Originalarbeit Wilson 's erst später
einsehen, wodurch eine Berichtigung des S. 205 über den Wilson'schen Muskel
Gesagten nöthig wurde (S. 408).
Die meisten der Figuren sind Originalzeichnungen Dr. Fr oh se 's nach
Präparaten des Berliner anatomischen Museum, die zu diesem Zwecke theils
von mir, zum grössten Theil jedoch von den Herren prakt. Arzt Hein und
Dr. Frohse, Volontär^Assistenten der Berliner anatomischen Anstalt, ange-
fertigt worden sind.
Die aus dem Nachlasse JoesseTs benutzten Figuren sind in der Mehr-
zahl nach seinen Präparaten (im Strassburger anatomischen Museum) ange-
fertigt worden; ein anderer Tlieil ist offenbar anderweitig entlehnt; wo ich die
Quelle aufzufinden vermochte, Labe ich dieselbe angegeben; wegen der etwa
fehlenden Angaben bitte ich um Entschuldigung. Den Herren Kollegen
G. Schwalbe und W. Pfitzner sage ich besten Dank für die freundliche
Erlaubniss, die Figuren nach den Präparaten des Strassburger Museum haben
benutzen zu können, und für Nachrichten über dieselben!
Zu Dank bin ich ferner den Herren Testut in Lyon, Dr. Devy in
Paris, G. Fritsch, Gusserow, W. Nagel, Nitze, Olshausen und W. Krause
(Berlin), v. Recklinghausen in Strassburg, Fr. Keibel in Freiburg B.,
D. Gerota in Bukarest, v. Gloeden (Taormina) für die Ueberlassung von
Figuren, für Mithülfe bei den Korrekturen (W. Krause) und für manche
freundliche Auskunft verpflichtet.
Die Verlagshandlung hat keine Mühe und Kosten gescheut, das Buch
würdig auszustatten, welches ich hier mit herzlichem Danke anerkenne.
Insbesondere aber habe ich meinen langjährigen, treuen Gehilfen, den
Herren Dr. Fr. Frohse und prakt. Arzt Hein für manchen guten Rath, für
Anfertigung des grössten Theiles der Zeichnungen und der Präparate, so wie
für Beihülfe bei den Korrekturen und für die Herstellung der Inhalts-, Figurcn-
und Litteratur- Verzeichnisse und des Registers (Hein) meinen Dank auszu-
sprechen; ohne ihre unausgesetzte, opferwillige Mitwirkung wäre das Buch
schwerlich zu Stande gekommen!
Berlin, Oktober 1898.
Waldeyer.
Inhaltsverzeichniss.
Seite
BegriflFsbestimmung.
Abgrenzung des Beckens ... 1
Allgemeine Charakteristik des
Beckens 2
Gegenden 3
Aeusseres Bild des Beckens
Grenzlinien und Grenzfurchen .
Vorderansicht. Leistenbeuge. Scham
furche. Schenk elbeugungsfurche
Genitofemoralfurche. Inguinal-
dreieck. Rectuslinie ....
Rückenansicht. Crcna ani. Nates.
Hüftfurche. Lendenraute.Kreuz-
raute. Suicus glutaeus. Tro-
chantergrube. Laterale Glutaeal-
furche. Luftfigur
Seitenansicht
Untere oder Dammansicht. Inter-
femineum. Anus. Damm. Sui-
cus glutaeoperinealis ....
Verschiedenheiten des äusseren
Beckenbildos nach Individuali-
tät, Rasse, Lebensalter und Ge-
schlecht
Individuelle Verschiedenheiten
Kassenverschiedenheiten . .
Altersverschiedenheiten . . .
^eschlechtsverschiedenheiten .
5
5
7
10
10
12
12
12
14
15
Knöchernes Becken. 16
Allgemeines. Hüftbein .... 16
Kreuzbein 21
Steissbein .,.,[[[[[ 27
Beckenbänder. Beckengelenke. . . 28
Beckenbänder. Foramina ischia-
aica 28
Articulatio sacroiliaca* .... 30
Symphysis ossium pubis ... 33
Membrana obturatoria. Foramen
obturatum. Canalis obturatorius 34
Beckenstellung. Beckenmaasse.
Beckenebenen und Beckenlinien
Beckeneingang ....
Beckenweite
Beckenenge
Beckenausgang ....
Beckenneigung, Beckenaxe .
Beckenmaasse
Symmetrie und Asymmetrie des
Beckens
Statik und Mechanik des Bänder
beckeus
Schilderung des Bänderbeckens in
aufrechter Stellung. . . •
Ansicht des Beckens von vorn
Ansicht des Beckens von hinten
Ansicht des Beckens von der Seite
Schilderung des Bänderbeckens in
seinen üntersuchungs- und Ope
rationslagen
Seitenlage (englische Gebärlage)
Knieellenbogeniage
Rückenlage (deutsche Gebärlage)
Trendelenburg'sche Lage . .
Uebersicht der Holotopie, der Idio
topie und der sieht- und fühl
baren Theile des Bänderbeckens
Holotopie des Beckens . .
Sichtbare und fühlbare Theile des
Beckens
Idiotopie des Beckens . . .
Beckenhöhle und ihre Zugangs
pforten
Beckenhöhle
Zugangspforten zur Beckenhöhle
Muskelansätze und Muskelursprtinge
am Becken
Gefässe und Neryen des Bänder-
beckens
Blutgefässe des Beckens. Fora-
mina nutricia
Lymphgefässe
Seite
44
44
45
47
48
48
52
54
55
56
58
58
63
67
70
70
72
72
74
76
76
76
77
78
78
81
83
87
87
88
VI
Inhaltsverzeichniss.
Seite
Lag'e der wichtig-creii Blutg-efässe
zu den Beckenknochen ... 88
Nerven • . . 89
Individuelle Unterschiede am Bän-
derbecken 89
Altersunterschiede am Bänder*
becken 90
Verknöcherungsweise 90
Forinent Wicklung des Beckens . 93
Spätere Alterserscheinungen . . 96
Umwandlung der kindlichen Bek-
kenform in die ausgebildete:
Theorien . 97
Rassenunterschiede 99
Geschlcchtsnnterschicde am Bän-
derbecken 103
Pathologisclie Zustände des knö-
chernen und Bänderbeckens. . 106
Abnorme Beckenneigung. Abnor-
me Beckenmaasse. Abnorme
Becken formen 107
Abnorme Beckenneigung . . . 108
!• Zu starke Beckenneigung . 108
2. Zu schwache Beckenneigung 108
Abnorme Beckenmaasse. Abnor-
me Beckeni'ormen 108
Ö. Hohes Becken 108
4t. Weites Becken 109
5« Enges Becken 109
I. Allgemein gleiehmassig
verengtes Becken . . 109
a) Zwergbecken . . . 109
b) Infantiles und vhües
Weiberbecken . . 109
II. Ungleichmässig vereng-
te Becken 110
a) Gradverengte Becken 110
a) Einfach plattes
Becken .... 110
ß) Rachitisch plattes
Becken .... 110
y) Spondylolistiieti-
sches Becken . . 111
S) Doppelluxations-
becken .... 113
b) Querverengte Beck<Mi 113
«) KyphotischesBck-
ken 113
ß) Trichterbecken . 114
7) Osteomalaciscbes
Becken .... 114
8) Pseudoosteomala-
cisches Becken . 115
s) Querankylotisches
{Robert'sches)Bek-
ken 115
c) Seil rag verengte Bek-
ken 116
a) Schrägankyloti-
sches Becken . . 116
Seite
ß) CoxalgischesBek-
ken ..... 118
y) Rachitisch-skolio-
tisches Becken . 118
6. Besondere Arten . . . . 119
I. Spaltbecken 119
IL Stachelbecken . . . . 119
III. Dislocationsbecken . . 119
IV. Callusbecken .... 120
V. Geschwulstbecken . , 120
Diagnostik der abnormen Becken-
formen. Praktische Bedeutung
derselben 120
Missbildungen des knöchernen und
Bänderbeckens 122
Spaltbildungen am Kreuzbeine 123
Schwanzbildungen .... 123
Angeborene Sakraltumoren . 128
Beckenfrakturen 130
Beckenluxationen 132
Entzündliche Zustände derBecken-
knochen und Beckengelenke.
Epiphysenlösungen. Neurosen 132
Geschwülste am Bänderbecken . 133
Weichgebilde der Becken-
wand. 134
Eintheilung und Uebersicht . . 134
Aeussere Haut des- Beckens . . 134
Blutgefässe u. Nerven der Becken-
haut 138
Behaarung 143
Vertex coccygeus, Glabella coccy-
gea, Foveola coccygea . . . 146
Pathologische Zustände der Bek-
kenhaut 146
Beckenwandungen des Mannes
nach den einzelnen Gegenden. 148
!• Krcnzbeiiigegend {Regio sacralis). 148
Grenzen und äussere Form . . 148
Schichtenfolge 148
Präparat und Untersuchung am
Lebenden 150
Schilderung der einzelnen Thcile
der Kreuzbeingegend .... 151
A. Hautschicht mit Zubehör . 151
B. Muskel und Fascienschicht 151
C. Knochen- u. Bandapparat
samt Kreuzbeinkanal . , 152
D. Die Weichtheile an der
vorderen Kreuzbein- und
Steissbeinfläche .... 155
Pathologische Zustä)ule der Regio
sacralis 156
11. Oesägsgegend (Regio glntaea).
Hüftgegend (Regio coxae). Roll-
iiUgelgegend (Regio trocliante-
rica) 157
Inbaltsverzeichniss.
vn
Seite
Zugehörigkeit dieser Gegenden.
Allgemeines 157
Abgrenzung dieser Gegenden.
Aeusseres Bild 157
Topographische Uebersicht der
Regionos glutaea, coxae und
troehanterica. Schichten folge . 158
Weichtheile an der inneren Wand
des Hüftbeines von aussen her
gesehen 162
Pathologische Verhältnisse der Re-
giones coxae, glutaea und tro-
chanterica 167
IIL Leistengegend (Regio Ingnina-
lis). IJnterleisteugegend (Regio
snbinguinalis) 170
Zugehörigkeit dieser Gegenden.
Allgemeines 170
Abgrenzung der beiden Gegenden.
Aeusseres Bild 170
Topographische Uebersicht der
Regiones inguinalis und subin-
guinalis. Schichtenfblge bis zum
Beckenknochen 171
A. Hautgebiet der Regiones
inguinalis u, subinguinalis 171
B. Tiefere Schichten der Re-
gio inguinalis 171
C. Tiefere Schichten der Re-
gio subinguinalis . . . 173
Lymphdrüsen der Regio inguina-
lis und subinguinalis .... 174
Ligamentum interfoveolare. Falx
inguinalis 175
Arteria epigastrica lateralis . . 176
Spatium retroinguinale (Bogrosi) 177
Foramen obturatum nebst zuge-
hörigen Theilen 177
N. obturatorius 178
A. obturatoria 179
V. obturatoria 180
Pathologische Zustände und Vor-
kommnisse in der Regio ingui-
nalis und subinguinalis . . . 180
Bubonen . 180
Phlebektasien und Lymph-
ektasien 181
Hygrome 182
Muskelhernien u. Reitknochen 182
Hernia obturatoria .... 182
Inhalt 187
Diagnose 187
Ursachen 187
Bruchhüllen 188
Operations-Anatomie . . . 188
IT. Dainmgegend (Regio perinealis). 188
Allgemeines 188
Umgrenzung. Eintheilung. Aeusse-
res Bild 188
Aeussere Untersuchung. Präpa-
ration 190
Topographische Uebersicht der
Regio perinealis 192
Seite
Schichtenfolge 195
Regio urogenitalis .... 195
Regio analis 196
Regio arogenitalig. 198
A. Haut, Tunica dartos. Tela
subcutanea 198
B. Fascia perinei 198
C. Subfasciale Nerven und Ge-
fässe 199
D. Subfasciale Muskeln . . 201
M. transversus perinei . . 201
M. bulbocavernosus . . . 201
M. ischiocavernosus . . . 202
E. Schwellkörper 203
F. Trigonum urogenitale . . 203
G. Tiefes (subseröses) Lager
der Regio urogenitalis . 207
Regio analis .207
A. Haut. Hautmuskeln . . 208
ß. Fettgewebe der Fossa is-
chiorectalis 208
C. Musculus sphincter ani ex-
ternus 208
D. OberjflächlicheGefässeund
Nerven der Regio analis . 209
E. Diaphragma pelvis (M. le-
vator ani, M. coceygeus) . 209
M. levator ani 209
M. coceygeus 211
F. Vasa pudenda interna. Ner-
vi regionis perinealis . . 212
Arteria pudenda interna . 212
Aa. haemorrhoidales inf. , 213
A. bulbi urethrae . . . 213
A. urethralis 214
A. profunda penis . . • 214
A. dorsalis penis .... 214
Anomalien der A. pudenda
interna 214
Vena pudenda interna . 214
Venöse Beckenplexus des
Mannes 216
Nerven der Regio perinealis 217
N. pudendus 218
N. cutaneus femoris post. . 218
Muskelzweige 219
G. Ceutrum perineale . . . 219
Pathologische Zustände der Regio
perinealis 219
Y. Schoossgegend (Regio pubica) und
Schamgegend (Regio pudenda-
lis). 220
Regio pubica 2i^0
Schichtenfolge 220
A. Hautschicht 221
B. Fascien der Bauch wand im
allgemeinen. Fascia super-
ficialis 221
Subfasciale Gefässe ... 222
C. Fasciaeintermuscularesab-
dominis und Fascia endo-
abdominalis (transversalis)
mit den Spatia'suprapubi-
Yni
Inhaltsverzeichniss.
Seite
ca, praefasciale, retrofa-
seiale und praevesicale
(Retzii) und der Telasub-
peritonaealis 223
D. Symphysis ossium pubis . 229
E. Die hinter der Symphyse
gelegenen Theile, insbe-
sondere die Vasa retro-
pubica 230
Regio pudendalis 241
Innere Topographie des männ-
lichen Beckens: Die Weich-
theile der inneren Beckenwand
und die von ihnen begrenzte
Beckenhöhle == Oavum pelvis
musculare. 233
Uebersicht 233
Die Weichtheile der inneren ßek-
kenwand im gauzen .... 233
Die Weichtheile der hinteren Bek-
kenwand 23G
Die Weichtheile der seitlichen
Beckenwand 236
Die Weichtheile der vorderen
Beckenwand 240
Die Weichtheile der unteren Bek-
kenwand 242
Blutgefässe der inneren Becken-
wand 244
1. Vasa iliaca communia et
externa 244
2. Vasa hypogastrica . . . 247
A. umbilicalis 248
Vasa vesicalia inf. Vasa
haemorrhoidalia media . 249
Vasa sacralia lateralia . . 249
3. Vasa sacralia media . . . 249
4. Vasa spermatica interna . 250
Lymphgefässe und Lymphdrüsen
der inneren Beckenwand . . 250
Nerven der inneren Beckenwand 252
Plexus lumbalis 252
Plexus sacralis 253
Nervi glutaei 254
Nn. rotatorum femoris . . . 254
N. ischiadicus 254
N, cutaneus femoris post. . . 255
Plexus pudendus 255
Plexus coccygeus .... 255
Beckensympathicus .... 256
Truncus sympathicus pel-
vinus ........ 256
Primäre sympathische Bek-
kengeflechte 256
Periphere sympathischeVer-
zweigungen (Sekundäre
Geflechte) 257
Beckeneingeweide
des Mannes.
Seite
259
Hastdarm (Rectum) n. After (Anas). 261
Theile des Rectum 262
Fascia recti. Perirectales Gewebe.
Perirectale Bindegewebsräume 268
Beziehungen des Rectum zum
Bauchfelle (Excavatio rcctovesi-
calis, Recessus pararectales) . 270
Befestigungen des Rectum . . . 271
Arterien des Rectum 271
Venen des Rectum 272
Lymphgefässe des Rectum . . , 274
Nerven des Rectum 275
Anus 275
Lage des Rectum und Anus . . 276
Syntopie der Pars pelvina recti 276
Syntopie der Pars perinealis
recti 278
Lage des Anus 279
Maasstabelle 279
Altersunterschiede beim Rectum . 279
Physiologische Bemerkungen . . 280
Pathologische Zustände des Rec-
tum und des Anus 281
I. Verletzungen 281
II. Anomalien der Kotlientlee-
rung 281
III. Fremdkörper 281
IV. Entzündungsformen. Ab-
scesse 281
V. Fisteln 282
VI. Prolapsus recti .... 283
VII. Haemorrhoiden .... 283
VIII. Neubildungen 285
IX. Behinderung der Entlee-
rung. Strikturen .... 285
X. Anus infundibuliibrmis . , 285
Untersuchung des Rectum. Ver-
schiedenes 285
Harnorgane des Mannes« 286
Harnblase (Yesica nrinaria). . . . 287
Form und Theile der Harnblase . 287
Fassungsraum (Kapacität) der
Blase 290
Innere Blasenwand nebst Bemer-
kungen über den Bau der Blase 291
Richtung der Blase 297
Fascia vesicae. Perivesicale Binde-
gewebsräume 298
Beziehungen der Blase zum Bauch-
felle 298
Befestigungen der Blase . . . 301
Gefässe der Blase 302
a) Arterien 302
b) Venen 303
c) Lymphgefässe 303
Nerven der Harnblase .... 304
Lage der Harnblase 306
Holotopie 306
Inhaltsverzeichniss,
IX
Seite
Skeletotopie 306
Syntopie 309
Idiotopie 311
Untersuchung der Blase bei Le-
benden. Operative Zugäuge zur
Blase 311
Altersunterschiede der Harnblase 313
Maasstabelle 316
Physiolo^'isclre Bemerkungen . . 318
Pathologische Verhältnisse der
Harnblase 322
I. liücklauf von Harnröhren-
inhalt in die Blase . • . . 322
II. Rücklauf von Blaseninhalt
in die Ureteren .... 322
ni. Resorption von der Blasen-
schleimhaut aus .... 323
IV. Neurosen der Blase, Stö-
rungen der Harnentleerung 323
V. Blasenblutungen .... 323
VI. Verletzungen der Blase;
Blasenrupturen . . , . 324
Vll. Lageanomalien .... 324
VIII. AbnormoKommunikationen.
Blasenfisteln 325
IX. Entzündliche Veränderun-
gen 325
X. Neubildungen 326
XL Blasensteino u. Fremdkörper 326
Uraclius. Ligamentam umbilicale
medium 327
Arteriae umbillcales. Ligamenta
umbilicalia lateralia. .... 328
Harnleiter (Ureter) 328
Beschreibend anatomische Vorbc-
merkuno^en 328
Gefässe der Ureteren 330
Lage der Ureteren 330
Physiolog-ische und pathologische
Verhältnisse 334
Maasstabelle . , . 334
OeschleclitsorfirAne des Mannes. 335
Prostata 335
Beschreibend anatomische Vorbe-
merkungen 336
Gefässe der Prostata 338
Nerven der Prostata 339
Lage der Prostata 330
Zugänge zur Prostata .... 341
Kapsel der Prostata 341
Altersunterschiede der Prostata , 342
Maass- und Zahlentabelle . . . 342
Physiologische und pathologische
Verhältnisse 342
Samenblasen (Yesiculae seminales).
Ampullen der Ductus deferen-
tes (Ampollae ductunm deferen-
tiam). Ansspritznnjirsgänge
(Dnctog ejaculatorii) 343
Beschreibend anatomische Vorbe-
merkungen 343
Seite
Kapsel der Samenblasen ... 345
Gefässe und Nerven der Samen-
blasen und der Ampullen des
Ductus deferentes 345
Altersverschiedenheiten .... 346
Lage der Samenblasen und der
Ampullen 346
Physiologische und pathologische
Verhältnisse 350
Samenleiter (Ductus deferens). . . 351
Lage des Ductus deferens ... 352
Männliclies Glied (Penis) 354
Formbestandtheile des Penis. Ge-
stalt des Penis ••.•••• ?^5
Corpora cavernosa penis . . . 357
Corpus cavernosum urethrae . . 358
Glans penis ^^^
Hüllen des Penis 360
Ligamenta penis 362
Gefässe des Penis 3^2
Arterien des Penis .... 363
Venen des Penis 363
Lymphgefässe des Penis . . 364
Nerven des Penis ^^^
Lage des Peilis 366
Maasstabelle . 367
Physiologische und pathologische
Verhältnisse ^^^
Hoden (Testis). Nebenhoden (Epi-
didymis). Samenstrang (Funi-
ciilus spermaticus). Hodensack
(Scrotum) 370
Hoden und Nebenhoden (Gesamt-
hoden) 371
Struktur des Hoden 374
Nebenhoden (Epididymis) ... 376
Gefässe des Gesamthoden ... 377
Arterien ........ 377
Venen 378
Lymphgefässe 378
Nerven des Gesamthoden . . . 380
Hodenanhänge (Appendices testis) 380
Samenstrang (Funiculus sperma-
ticus). Hodensack (Scrotum) . 382
Hüllen des Hoden und Nebenho-
den (Involucra testis et epididy-
midis) 382
Samenstrang 384
Hodenhüllen 386
Hodensack (Scrotum) 389
Lage des Hoden und des Neben-
hoden. Lage des Scrotum und
des Saraenstranges 391
Altersverschiedenheiten .... 392
Pathologische Zustände .... 392
I. Seröse Ergüsse. Eiteransamm-
lungen. Blutergüsse . . . 392
II. Spermatocelen 394
III. Varicocele 394
IV. Entzündliche und infektiöse
Processe 395
Inhalts verzeichniss.
Seite
V. Lageveräiiderungjen des Ho-
denapparates 395
VI. Neubildungen ..... 396
Mäunliche Harnröhre (Urethra vi-
rilis) .397
Form und Haupttheile der männ-
lichen Harnröhre. Feste und be-
wegliche Abschnitte derselben 397
Anatomie der einzelnen Theile der
Urethra 400
Pars intramuralis urethrae . 400
Pars prostatica 400
Pars trigonalis (membranacea) 402
Pars praetrigonalis. Fossa
buibi 402
Pars cavernosa 403
Form, Laufund Kaliber der Harn-
röhre 404
Muskulatur der Harnröhre . . . 405
Feinerer Bau der Harnröhre . . 408
Gefässe der Harnröhre .... 409
Nerven der Harnröhre .... 409
Lagebeziehungen der Harnröhre 410
Maasstabelle 412
Altersverschiedenheiten .... 413
Pathologische Zustände .... 414
Glandulae bulbourethrales (Coir-
peri) 415
Cavnm serosiim pelvis maris. . . 417
Beckenwandungen des Weibes
nach den einzelnen Gegenden. 418
I. Kreuzbelii^cgend (Regio sacra-
lis) 418
II. Gesägggegend (Regio glntaea).
Httftgegend (Regio coxae). Roll-
httgelgegend (Regio trochante-
rica) 421
III. Leistengegend (Regio inguina-
lis). llnterleistengegend (Regio
subinguinalis) 421
IT. Bammgegend (Regio periuealis). 422
Allgemeines 422
Regio urogenitalis. Damm (Peri-
neum) 422
A. Haut. Tunica dartos. Tela
subcutanea .... . 424
B. Fascia perinei 424
C. Subfasciale Nerven und Ge-
lasse 425
D. Subfasciale Muskeln . . 425
Musculus transversus perinei 425
Musculus bulbocavernosus . 425
Musculus ischiocavernosus . 426
E. Schwellkörper 427
F. Trigonum urogenitale . . 427
G. Tiefes (subseröses) Lager
der Regio urogenitalis . 429
Seite
Regio analis 429
A. Haut. Hautmuskeln . . 429
B. Fettgewebe der Fossa is-
chiorectalis 429
C. Musculus sphincter ani ex-
ternus 429
D. Oberflächliche Nerven und
Gefässe der Regio analis . 430
E. Diaphragma pelvis (Muscu-
lus levator ani, Musculus
coccygcus 430
F. Vasa pudenda interna. Ner-
vi regionis perinealis . . 431
G. Centrum perineale . . . 431
Pathologische Zustände der Regio
perinealis 431
y. Sclioossgegend (Regio pubica) und
Schamgegend (Regio pudenda-
lis) 431
Regio pubica 432
A. Hautschicht .432
B. Fascia superficialis u. sub-
fasciale Bildungen . . . 432
Regio pndendalis. ...... 436
Innere Topographie des weib-
lichen Beckens: Die Weichtheile
der inneren Beckenwand und
die von ihnen begrenzte Höhle
= Oavum pelvis musculare. 436
Die Weichtheile der hinteren Bek-
kenwand 436
Die Weichtheile der seitlichen Bek-
kenwand 436
Die Weichtheile der vorderen Bek-
kenwand 437
Die Weichtheile der unteren Becken-
wand . . • 437
Beckeneingeweide
des Weibes. 438
Mastdarm (Rectum). After (Anus). 445
Beziehungen des Rectum zum
Bauchfelle. Excavatio rectoute-
rina, Recessus pararectales . 445
Syntopie des Rectum beim Weibe 448
IJntersuchung der Beckenhöhle
vom Rectum aus 450
Pathologische Zustände des Rec-
tum beim Weibe 450
Harnorgrane des Weibes. 451
Harnblase des Weibes (Yesica uri-
naria muliebris) 451
Verhalten des Bauchfelles zur
Harnblase beim Weibe. Exca-
vatio vesicouterina 455
InhaUsverzeichniss.
XI
Seite
Harnröhre des Weibes (Urethra
mnliebris) 457
Form, Dimensionen 457
Theile der weiblichen Harnröhre 457
Bau der weiblichen Harnröhre.
Muskulatur 458
Verlauf und Lage der weiblichen
Harnröhre 459
Ge fasse und Nerven der weib-
lichen Harnröhre 460
Physiologische Verhältnisse . . 460
Pathologische Zustände .... 460
Gebärmutter (Uteras) 461
Anatomische Vorbemerkungen . 463
T. Form und Theilo des Uterus 463
n. Bemerkungen über die Struk-
tur des Uterus 467
Beziehungen des Uterus zum
Bauchfelle 471
Parametrium 472
Gefässe des Uterus 472
Arterien des Uterus .... 474
Venen des Uterus 476
Lymphgcfässe des Uterus . . 477
Nerven des Uterus 479
Lage des Uterus 480
Skeletotopie des Uterus . . . 484
Syntopie des Uterus .... 485
Befestigungen des Uterus. Be-
weglichkeit des Uterus . . . 486
Altersverschiedenheiten .... 488
Rundes Mutterband (Ligamentum
teres uteri) 489
Ligamenta uterosacra. Musculi
rectouterini 495
Maasstabelle 496
Pathologische Zustände der Gebär-
mutter 497
Mattertrompete (Tuba uterina [Fal-
loppii]) 502
Anatomische Vorbemerkungen . 502
Besondere Verhältnisse der Tube 504
Gefässe der Tube 504
Nerven der Tube 505
Maasstabelle 505
Lage der Tube 505
Eierstock (Ovarinm) 506
Anatomische Vorbemerkungen . 506
Struktur des Ovarium. Eifollikel.
Eier 507
Graafsche Follikel. Ei. Ovulation.
Corpora lutea 509
Gefässe des Ovarium 512
Nerven des Ovarium 513
Lage der Ovarien und der Tuben 514
Skeletotopie des Ovarium . . . 516
Syntopie des Ovarium .... 516
Topographie der Tube. Bezie-
hungen des Ligamentum latum
zum Ovarium -.517
Altersverschiedenheiten .... 520
Seite
Maass- und Zahlentabelle , . . 521
Physiologische und praktisch-me-
dizinische Bemerkungen zu Ute-
rus, Tube und Ovarium . . . 521
Pathologische Zustände der Ova-
rien und der Tuben .... 523
Ovarium- u. Tubenanhänge. Foe-
tale Reste 528
Breites Mutterband (Ligamentum
latum) 528
Scheide (Vagina). Scheidenportion
des Uterus (Portio vaginalis). 534
Allgemeines. Form und Theile . 534
Bau der Scheide 535
Fornix vaginae, Portio vaginalis 536
Gefässe der Scheide 537
Nerven der Scheide 538
Richtung und Lage der Scheide 539
Altersveränderungen 541
Maasstabelle 542
Physiologische Bemerkungen . . 542
Pathologische Zustände .... 542
Harnleiter des Weibes (Ureter fe-
minae) 543
Besondere Verhältnisse 547
Maasstabelle 548
Aeussere weibliche tleschlechtsor-
gane. . 549
Einleitende Bemerkungen. Ein-
zelne Theile. Nomenklatur . . 549
Holotopic und Idiotopie der äusse-
ren weiblichen Geschlechtstheile 551
Grosse Schamlippen (Labiamajora
pudendi. Schamberg (Mons pu-
bis) 555
Kleine Schamlippen (Labia minora
pudendi) 557
Schamlippenkommissuren (Com-
missurae labiorum). Schamlip-
penbändchen (Frenulum labio-
rum). Fossa navicularis. Raphe
perinei 558
Orificium urethrac externum. Duc-
tus paraurethrales. Glandulae
vestibuläres minores. Habenulac
urethrales 560
Glandula vestibularis major (Bar-
tholini 564
Kitzler (Clitoris) 565
Vorhofszwiebel (Bulbus vestibuli) 567
Altersverschiedenheiten .... 568
Pathologische Zustände .... 568
Venöse BeckenplesLus des Weibes. . 571
Cavum serosnm pelvis feminae. . 573
Anatomische Betrachtung der ge-
schlechtsthätigen Zustände des
Weibes: Anatomia menstrnatio-
nis, grariditatiSy puerperü, lac-
tationis 574
A. Menstruationsanatomie . 574
XII
Inhaltsverzeichniss.
Seite
579
579
584
586
588
B. Graviditätsanatomie . .
Einbettung des Eies. Ent-
wicklung der Eihäute und
der Placenta ....
Topographie der Placenta
nebst beschreibend anato-
mischen Vorbemerkungen
Topographie der Eihäute .
Bau der übrigen Wand-
schichten des schwangeren
Uterus. Cervix uteri gravidi
Form, Grösse und Lage der
Nabelschnur 589
Form, Grösse und Lage dos
Uterus in den einzelnen
Schwangerschaftsmonaton 592
Hyntopie des schwangeren
Uterus . 596
Kindeslagen 600
Anatomische Veränderungen
der übrigen Organe des
Weibes während der
Schwangerschaft . . .
Dauer der Schwangerschaft
Anatomie des Geburtsvor-
g-ang'es
Anatomie des Puerperium .
Patholoii'ische Zustände
606
607
608
611
612
Maasstabelle 617
Beckenfascien (Fasciae pelvis).
Beckenbiude^ewebe und Uinde-
geuebsräume (Tela conjunctiya
et Spatia coujniictiYaliapelYis).
Beckeiiabscesse (Abscessus pel-
vl8) 618
Seite
Fascia pelvis parietalis .... 620
Fascia pelvis visceralis .... 624
Fascia perinei 626
Die Specialfascien der Becken- u.
Dammmuskeln 628
Beckenbindegewebe 630
Viscerale Bindegewebs! ager . . 631
Parietale Bindegewebslagcr . , 631
Verbindungen des Beckenbinde-
gewebes nach aussen . . . 632
Beckenabscesse 633
Mittelfleischbrüche (Heruiae peri-
neales)* Innere Beckenbrüche
(Herniae endopelvinae)« . . . 634
Anhang I. Entwicklung der
Beckeneingeweide. 637
Descensus testiculorum, Descen-
sus ovariorum 657
Anhang II. Missbildungen. 661
Anhang III. Operations-
anatomie. 668
Gleiche Operationen bei beiden
Geschlechtern 669
Operationen beim Manne ... 670
Operationen beim Weibe . . . 672
Fiffurenverzeiehniss.
Seite
Fig". 1. Reg'iones ventrales pelvis. (BNA.)^) 3
„ 2. Reg'iones dorsales pelvis. (BNA.) 3
„ 3. Reg'iones inferiores pelvis virilis. (BNA.) 4
^ 4. Regiones inferiores pelvis inuliebris. (BNA.) 4
„ 5. Sulcus pubis et Sulcus genitofenioralis — Snlcus inguinalis, (Brücke.) 6
„ 6. Sulcus pubis et Sulcus inguinalis. Sulcus genitofomoralis et Sulcus
flexorius femoris. (Brücke.) 6
^ 7. Sulcus inguinalis. Trigonum inguinale. Linea nnisculi recti. (Brücke.) 7
„ 8. Puella africana e tribu „Akka" c. XVIII. ann. Rhombus lumbalis;
Sulci glutaei. (Fritsch.) 8
„ 9. Puer sicilianus c. XV ann. Rhombus sacralis. Fossulae lumbales late-
rales superiores. Sulci glutaei. (v. Gloeden.) 8
^ 10. Interfemiueum niuliebre. Sulci. a v. p. 11; b v. p. 15; n v. p. 10 et 11. 11
„ 11. Interfemiueum virile. Sulci. n v. p. 10 et 11 13
„ 12. Pelvis maris. Positus horizontalis. (Joessel.) x v. p. 84 16
^ 13. Pelvis feminae a fronte visa. Magn. Vs- i' v. p. 62; x v. p. 84; y v. p. 61;
z V. p. 61. . . . .^ 18
„ 14. Pelvis feminae a tergo visa. (Positus normalis.) Magn. V2- ^ v. p. 67;
u V. p. 66; V V. p. 66 19
„ 15. Pelvis feminae a latere sinistro visa. (Positus normalis.) Magn, V2-
p V. p. 85; u V. p. 66; + V. p. 86 22
„ 16a. Sectio transversa articulationis sacroiliacae (Vertebra sacralis I). xx
V. p. 32 31
„ 16 b. Sectio transversa articulationis sacroiliacae (Vertebra sacralis II). x
V. p. 32; y V. p. 31 31
„ 17. Sectio frontalis pelvis maris. (Lesshaft.) 32
„ 18. Ischiopubicum sinistrum feminae. Acetabulum. Foramen obturatum.
Tubercula obturatoria. Sulcus obturatorius. Magn. nat. 1 v. p. 40;
2 V. p. 40 35
yy 19. Sectio sagittalis foi*aminis et canalis obturatorii 36
„ 20. Canalis obturatorius I. Regio femoralis anterior; Fossa subinguinalis.
C. a. = Corpus adiposum obturatorium v. p. 38 37
„21. Canalis obturatorius 11 39
y, 22. Canalis obturatorius IIT 40
*
f, 23, Situs membranae et arteriae obturatoriae. Facies anterior, a v. p. 229;
b v. p. 86 et 229 42
1) s. S. 3. — V, p. = vide pagina. Es wird damit auf diejenig'en Seiten des
Textes verwiesen, wo die aufgeführten Buchstaben und Zeichen erklärt sind. Also
a in Fig. 10 ist Seite 11 erklärt u. s. f. — Alle Figuren, bei denen kein Name steht,
siod von Dr. Froh se gezeichnet.
XIV I^igutetiVetzeicliniss.
Seite
Fig. 24. Positüs ot Lineae pelvis. (Joessel.) * * . . . 45
„ 25. Positus et Lineae pelvis. (Eyrich del.) 46
„ 26. Pelvis feminae a fronte visa. (Positus normalis.) Magn. V2* pi v. p. 60;
st V. p. 60; sy V. p. 61; z V. p. 61 59
„ 27. Pelvis feminae a tergo visa. (Positus normalis.) Magn. Vg» ^ v. p. 67;
u V. p. 66 64
„ 28. Pelvis feminae a latere sinistro visa. Magn. Vs- P v. p. 85; u v. p. 6ß;
+ V. p. 86 . 68
„ 29. Pelvis feminae in positu laterali (anglico) a tergo visa. Magn. Vg« • '^^
„ 30. Pelvis feminae in positu dorsali a fronte visa. Magn. V2 '73
„ 31. Pelvis feminae desuper visa. Positus operatorius (Trendeleuburgi).
Magn. V2 75
„ 32. Pelvis feminae XX annorum. Magn. V2 ^^
^ 33. Pelvis plana simplex. Schema. (Schröder.) 110
„ 34. Pelvis plana rachitica. Schema. (Schröder.) 111
„ 35. Pelvis rachitica. (Schröder.) 111
„ 36. Pelvis cyphotica. (Schröder.) 114
„ 37. Pelvis infundibuliformis. (Schröder.) 114
„ 38. Pelvis osteomalactica. Schema. (Schröder.) 115
^ 39. Pelvis transverse coarctata (Roberti). (Schröder.) 116
^ 40. Pelvis cum ankylosi oblique coarctata. (Schröder.) 117
„ 41. Pelvis rachiticoscoliotica. (Schröder.) 118
„ 42. Embryo humanuslongit. 4mm. Parscaudalis. (Nach K ei bei. Eyrich del.) 125
p 43. Embryo humanus longit. 11 mm. (Mus. anatom. Berol. Eyrich del.) 125
„ 44. Plexus lumbalis, sacralis, pudendus. Nervus coccygcus. Filum ter-
minale. (W. Krause praep.; Mus. anatom. Berolin.) 142
„ 45. Regiones inferiores pelvis virilis: Plexus pudendus caeruleus. Plexus
sacralis flavus. 144
„ 46. Regiones inferiores pelvis muliebris: Plexus lumbalis viridis. Plexus
pudendus caeruleus. Plexus sacralis flavus 144
„ 47. Regiones ventrales pelvis: Plexus lumbalis viridis, Plexus pudendus
caeruleus 145
„ 48. Regiones dorsales pelvis: Plexus lumbalis viridis, Plexus sacralis nee
non Rami posteriores nervor. sacral. et lumbal, flavi 145
„ 49. Regio sacralis feminae. Canalis sacralis 153
B, H, Ko, Kr, R v. p. 386; + v. p. 148 153
„ 50. Regio glutaea sinistra. (Joessel.) 159
„ 51. Partes parietis lateralis dextri pelvis virginis XVIII annorum. Partes
majores ossis ilium nee non ossis ischii resectae. = Linea
plani horizontalis 163
,, 52. Organa pelvis virilis a latere visa. Plexus venosi. (Testut.) . . . 166
„ 53. Regio subinguinalis maris sinistra. Stratum superficiale. (Joessel.) 172
„ 54. Pars inferior abdominis nee non Pelvis feminae; Positus dorsalis.
Lineae sceleti adumbratae. Magn. 1/2. l v. p. 559 183
„ 55a. Hernia obturatoria dextra. (Joessel.) 185
„ 55b. Hernia obturatoria sinistra. (Joessel.) 185
„ 56. Musculi regionis perinealis maris. Fascia perinei (caerulea). Aponeu-
rosis trigoni urogcnitalis, Fascia obturatoria. Glandulae bulboure-
thrales. (Joessel.) .. .- 197
„ 57. Regiones analis, urogenitalis : Fasciae, Musculi, Arteriae, Nervi. (Joessel.) 199
„ 57a. Crura penis. Trigonum urogenitale ab inferiore parte visum. Situs
vasorum pudendorum et nervi pudendi 204
Pigutenverzeichniss. XV
Seite
Pig. 58. Regio perinealis (analis, urogenitalis) maris. Situs glandulae bulbo-
urethralis, partis membranaceae urethrae, prostatae, vesiculae seml-
nalis. Arteria pudenda interna. (Joessel.) 206
„ 59. Anomalia arteriae pudendae internae. (Joessel.) 215
„ 59 a. Spatia praefasciale, retrofasciale et praevesicale. Pascia transversalis
(caerulea). Fascia vesicae (flava). Sectio sagittalis. Schema. . . . 225
„ 59 b. Spatia praevesicale et perivesicalia. Fascia vesicae, Fascia recti (fla-
vae). Fascia pelvis parietalis (caerulea). Sectio transversa. Schema. 227
„ 60. Sectio transversa pelvis maris per Collum femoris ducta. Planum in-
ferius. (Joessel.) 235
u 61. Viscera pelvis maris nee non Parietes pelvis posterior et lateralis dextra. 237
„ 62. Partes parietis lateralis pelvis peritonaeo obtectae 239
r 63. Facies anterior cavi pelvis. (Joessel.) 241
„ 64. Facies interna symphyseos et Vesica urinaria. Plexus pudendalis,
Venae vesicales anteriores et Ligamenta puboprostatica. (Testut.) . 242
^ 65. Musculi diaphragmatis pelvis. Facies superior. Fascia diaphragmatis
pelvis superior dextri lateris reraota. (Linea punctis notata limites
inferiores ossium pelvis indicat. (Testut.) 243
„ 66. Sectio mediana pelvis viri XXII annorum; Pars dextra. Venae, Mem-
branae serosae et Cavum durae matris caerulea. Membranae mucosae
et Musculi rubra. Magn. V2 ^^^
„ 66a. Pars inferior vesicae urinariae. Urethra yirilis (Pars fixa). Prostata.
Vesicula seminalis. Trigonum urogenitale. Glandula bulbourethralis.
Bulbus urethrae: Sectio mediana 264
„ 67. Rectum infantis a posteriore parte visum. (Sectio mediana ossium
sacri et coccygis.) Fascia recti. Vasa et Glandulae ly mphaticae. (G e r o t a.) 266
» 68. Vesica urinaria repleta. Punctio vesicae. (Joessel.) 288
„ 69. Basis vesicae repletae apertae viri XL annorum desuper visa. ... 291
n 69 a. Basis vesicae repletae apertae viri 292
„ 69 b. Basis vesicae repletae apertae viri 292
„ 70. Area ureterica vesicae. (Nitze.) 293
„ 70a. Area ureterica vesicae, (Nitze.) 293
„ 70b. Situs vesicularum seminalium, ureteris et ductuum deferentium a
posteriore parte visus. Fascia vesicularum seminalium sinistri lateris
remota. Excavatio rectovesicalis massa gipsea repleta 347
n 70c. Situs vesiculae seminalis, ductus deferentis, ureteris a dextro latere
Visus. 349
n 71. Sectio corporis penis transversa. (Joessel.) 354
» 72. Testis sinister cum contento funiculi spermatici. Superflcies lateralis.
(Joessel — Sappey.) 372
r) 72a. Testis sinister cum contento funiculi spermatici. Superficies medialis.
(Joessel — Sappey.) 373
n 73. Ligamentum scrotale testis, (Testut.) 374
n 74. Sectio sagittalis testis. (Joessel.) 375
« 75. Partes genitales externae maris: Sectio scroti sinistri sagittalis, Ca-
nalis inguinalis; -\~ Facies int. tunicae vaginalis communis reclinatae. 383
n 75a. Sectio mediana pelvis viri XXII annorum: Pars dextra. Urethra.
(Venae, Membranae serosae et Cavum durae matris caerulea, Afem-
branae mucosae et Musculi rubra.) 399
n 75b. Pars inferior vesicae urinariae. Urethra virilis (Pars fixa). Prostata.
Vesicula seminalis. Trigonum urogenitale, Glandula bulbourethralis.
Bulbus urethrae: Sectio mediana. 401
XVI Figurenverzeichniss.
Seite
Fig. 75c. Urethra rnascuUna, pars proximalis (Sectio mediana cadaveris con-
gelati hominis XL VI annorum). Magn. nat. (T es tut.) 411
„ 76. Sectio transversa pelvis feminae: Cavum pelvis. Viscera, Fasciae.
(Museum anatomicum Berolin.) 420
„ 77. Regio perinealis feminae XXXH annorum. Musculi, Venae, Nervi.
Magn. Va 423
„ 78. Regio pubica et Pars regionis pudendalis nulliparae XXII annorum.
Planum superficiale. Integumentum cum Panniculo et Clitoridc de-
orsum reclinatum 433
„ 79. Regio pubica et Pars regionis pudendalis nulliparae XXII annorum.
Planum intermedium. Vasa obturatoria et Vena dorsalis clitoridis, . 434
„ 80. Situs partium retrosymphyticarum 435
„ 81. Sectio mediana pelvis feminae multiparae. Facies sinistra. (Praepa-
ratum Musei anatom. Argentoratensis, Waldeyer fec.)
(Joessel.) 438
„ 81a. Sectio mediana pelvis feminae multiparae. Linea peritonaei nigra.
Facies dextra. Magn. ^/g. (Mus. anat. Berol.) 439
„ 82. Partes pelvis virginis XVII annorum desuper visae. Magn. V2- • • 441
„ 83. Partes pelvis virginis XVI annorum a sinistro latere praeparatae.
(Mus. anat. Berolin.) 443
„ 84. Regiones sacralis, glutaeae, analis feminae. Os sacrum ad marginem
superiorem foraminis ischiadici majoris resectum. Rectum fascia pro-
pria obtectum.' 447
„ 84a. Regiones sacralis, glutaeae, analis feminae. Os sacrum ad marginem
superiorem foraminis ischiadici majoris resectum. Vagina, Rectum
denudatum. Recessus pararectales peritonaei, quorum sinister apertus.
Tuba et Ovarium sinistra in situ. xMagn. 2/3 449
„ 85. Uterus cum Adnexis virginis XVI annorum in situ desuper visus.
Pars figurae 82. Magn. naturalis 462
„ 86. Sectio mediana abdominis et pelvis virginis XV annorum; Pars si-
nistra. Magn. V2- (Museum anat. Berolin.) 464
„ 87. Conspectus organorum genitalium muliebrium una cum Vasis. Facies
posterior. Uterus, Vagina, Tuba sinistra aperta. Ovarium sinistrum
demisectum, Lamina posterior ligamenti lati sinistri remota 466
^ 88. Sectio transversa corporis uteri. Magn. nat 468
„ 88a. Fundus uteri: Sectio transversa per ostia tubaria ducta. Magn. nat. 469
„ 88b. Cervix uteri. Vesica urinaria. Ureteres. Sectio transversa. . . . 469
„ 88 c. Sectio frontalis pelvis feminae. Situs organorum genitalium, ureteris,
vasorum. Fasciae pelvis et perinei. Trigonum urogenitale. Magn. ^/s« 473
„ 88 d. Lig. teres uteri. Canalis inguinalis. 1 489
„ 88 e. Lig. teres uteri. Canalis inguinalis. II 492
„ 88 f. Lig. teres uteri. Canalis inguinalis. III 494
„ 89. Orificium externum uteri infantis 535
„ 90 et 90a. Orificium externum uteri nulliparae 535
„ 90 b. Orificium externum uteri multiparae 535
„ 91. Sectio mediana urethrae, pudendi. muliebris et vaginae cadaveris con-
gelati virginis XXIV annorum. Magn. nat. (T es tut.) 540
„ 92. • Partes genitales externae, Perineum et Anus virginis XX annorum. . 550
„ 93. Partes genitales externae, Perineum et Anus virginis XVII annorum.
Magn. nat. (P. Günther del.) 553
^ 94. Sectio pelvis gravidae 3V2 mensium. Facies sinistra. Magn. Vs- (Joessel.) 581
„ 95. Sectio mediana gravidae III mensium. Facies dextra. Magn. %. (Joessel.) 585
Figurenverzeichniss. XVII
Seite
^. 96. Sectio mediana gravidae IV mensium. Facies dextra. Magn. fere Vs»
(Mus. anat. Berolin.) 587
, 97. Sectio mediana gravidae mensisV— VI. Facies sinistra, Foetu remoto
conspicua. (Praepar. mns. anat. Argentorat. Joessel fec. 1886.) 590
j 98. Sectio mediana gravidae VI mensium. Facies dextra. (Praepar.
mus. Argentor., Joessel fec.) 591
) 99. Sectio mediana gravidae X mensium. Facies dextra. Sectio foetus.
(Praep. mus. anat. Berolin.) Magn. V3. (Nr. Nr. 99-110 Eyrich deL) 593
, 100. Sectio mediana gravidae X mensium. Facies sinistra (vide Fig. 99).
Foetus in situ a parte anteriore visus. (Praep, mus. anat. Berolin.)
Magn. V.3 594
r 101. Sectio mediana gravidae X mensium. Facies dextra (vide Fig. 99).
Foetus in situ a tergo Visus. (Praep. mus. anat. Berolin.) Magn. Vs« 595
102. Sectio mediana gravidae X mensium. Facies dextra (vide Fig. 99).
Foetus remotus. (Praep. mus. anat. Berolin.) 597
103. Sectio mediana pelvis puerperae IV — V hebdom. Facies dextra.
Magn. fere Va- (Praep. mus. anat. Berolin.) 598
104. Sectio frontalis gravidae V— VI mensium. Sectio foetus in utero.
Facies posterior. Magn. Vs- (Praep. mus. anat. Berolin.) . . . 599
105. Sectio frontalis gravidae V— VI mensium. Foetus in situ. Facies
posterior. (Praep. mus. anat. Berolin.) Magn. fere ^/4 600
lOG. Sectio frontalis gravidae V— VI mensium. Foetus remotus. Facies
posterior. (Praep. mus. anat. Berolin.) Magn. fere V4 ^^^
107. Sectio transversa gravidae VI— VII mensium per umbilicum ducta,
Facies superior partis inferioris. Magn. fere Va* (Praep. mus. anat.
Berolin.) 602
108. Sectio transversa gravidae VI— VII mensium per mediam articulatio-
nem sacroiliacam ducta. Facies superior partis inferioris. Sectio trans-
versa abdominis foetus. Magn. fere Va- (Praep. mus. anat. Berolin.) 603
109. Sectio transversa gravidae VI— VII mensium per regionem trochante-
ricam ducta. Facies superior partis inferioris. Caput foetus sectum.
Magn. fere Vs- (Praep. mus. anat. Berolin.) 604
110. Sectio gravidae VI — VII mensium per regionem trochantericam ducta.
Facies superior partis inferioris. Foetus remotus. Cavum uteri de-
super Visum. Magn. V3 605
111. Sectio frontalis pelvis maris per vesicam urinariam et partem pro-
staticam urethrae ducta. (Mus. anat. Berolin.) 619
112. Sectio pelvis frontalis per rectum ducta. Fasciae pelvis. Fasciae
fossae ischiorectalis. (Mus. anat. Berolin.) 621
113. Sectio mediana pelvis maris. Fascia pelvis parietalis et transversalis
abdominis (caeruleae). Fascia pelvis visceralis (flava). Fascia perinei,
Fasciae superficiales abdominis et dorsi (nigrfi) 623
114. Sectio sagittalis pelvis maris. Fascia pelvis visceralis (flava). Fascia
pelvis parietalis et Fascia transversalis abdominis (caerulea). Fascia
abdominis, Fascia penis, Fascia perinei, Fasciae m. bulbocavernosi et
m. ischiocavernosi, Aponeuroses trigoni urogenitalis, Fascia diapbrag-
matis pelvis inf., Fascia dorsi superf. (nigrae). 625
115. Sectio frontalis pelvis feminae. Situs organorum genitalium, ureteris,
vasorum. Fasciae pelvis et perinei. Trigonum urogenitale. Magn. ^/s- 627
116. Vesicula cmbryonalis mammiferi. Extremitas caudalis. Schema. . . 639
116a. Extremitas posterior embrj^onis mammiferi. Sectio mediana. Stadium I. 639
116 b. Extremitas posterior embryonis mammiferi. Sectio mediana. Stadium II. 642
XVTII PlgTiränvetzeictiniss,
Seite
Fig. 117. Schema evolutionis organorum pelvis. Stadium primitivum (ambiguum). 643
^ 117 a. Situs partium pelvis embryoiüs mammiferi. Plicae serosae, Ligamenta,
Partes genitales externae. Stadium primitivum ad sexum masculinum
convergens^ 646
„ 117b. Schema evolutionis organorum pelvis maris 648
„ 117 c. Schema evolutionis organorum pelvis femin ue 649
„ 118. Gcnitalia externa. Stadium ambiguum 647
„ 118a. Genitalia externa maris primitiva 648
^ 118b. Genitalia externa feminae primitiva 649
j, 119. Descensus testis. Stadium I. Schema 659
„ 119a. Descensus testis. Stadium IL Schema 659
„ 119b. Descensus testis. Stadium IIL Schema 659
Litteraturyerzeichniss»
Abel, Portiokarcinom u. Uterusschleimhaut 501; Mikroskopisch gynäkolog. Dia-
gnostik 470; Technik <i. vaginal. Uterusexstirpation 673. — Aeby, Symphyse 34.
— Ahlfeld, Hymen carnosus micropcrforatus 5(33; Missbildungen 129. — d'Aju-
tolo, Anomalien d. Prostata u. Blase 066. — Alba r ran, Blasentumoren 326. —
Alberti, Hernia pectinea 187. — Allingham, Rektum krankheiten 286. — Al-
masoff', Periurethral-Drüsen d. Weibes 501. — Amann jun., mikroskopiseh-gynä-
kolog. Diagnostik 470. — Ampt, Parovarium 528. — Apolant, Ganglion cili-
are 319. — Arbuthnot Lane, Unterschied der Männer- und Weiberbecken 106.
Asch off, Anatomie d. Harnwegeschleimhaut 297. ~ Auerbach, Hernia obtu-
ratoria 187.
Babes, Epitheliale Einschlüsse in Myomen 501. — Bacca risse, Sacrum nach Ge-
schlecht u. Rassen 99. — Baelz, Pigmentfleck d. Kreuzbeinraute 146. — Baer,
Stratum granulosum 509. — B alandin, Beckenmessung 51. — Balfour, Deve-
lopment of thc clasmobranch-fishes 660. — Ball, Rectum u. Anus 286. — Ballan-
tyne a. Williams, Mesosalpinx 530. — Ballantyne, Labia minora u.Hymen 571.
— K. V. Bardeleben, Lage d. weibl. Beckenorgane 520; Impressio uterina 451.—
Bar den heuer, Mastdarmresectiou 24. — Barkow, Angiologie 246; Harnblase
290. — Bartels, abnorme Behaarung 145; Bauchblasengenitalspalte664; Menschen-
schwänze 127; Traumen der- Harnblase 324. — Barrois, Hodenhüllen 385. —
Barthelemy, Beckenbrüche 131. — Baumgarten, Luxatio penis 370. — Ba^^er,
Cervixfrage u. Placenta praevia 608; Morphologie d. Gebärmutter 468; Uterus u.
unteres Uterinsegment 608. -— Becher, Mastdarmfistelu 283. — Becker, Flimmer-
epithel d. Geschlechtsapparates 529. — Beclard, Beckenstichverletzung 131. —
Bechterew u. Mislawsky, Hirncentren d. Harnblase 306. — Beigel, WoIfTscher
Körper 230; Entwicklung d. Wollf sehen Körpers660. — Benckiser u. Hofmeier,
schwangerer u. kreissender Uterus476. — Benda, Hermaphroditismus 638. — van
Beneden, Blätterbildung, Chordakanal u. Gastrulation 060. — v. Bergmann,
Sakralgeschwülste 129.— v.Bergmann u. Rochs, Operationskursus^l77. — Berger,
Herniesl82. — Bergh, Symbolae ad cogn. genital, ext. foemineorum57l. -- Berry,
Caecum, Processus vermiformis 260. ~ Berry Hart, Rektumabschnitte 286; Rektal-
axcndruck 449. — Betscliler, einfach platte Becken 110, — Beurnier, Lig. teres
495. — Bischoff, Untersuchung äusserer Genitalien d, Menschen u. Affen 571. —
Black er, topogr. Bemerkung, zur Fourchette 571. — Blanchard, Steatopygie
12. — Blum, Schwanzmuskeln d. Mensclien 86. — Bogros, Unterbdg. d. Aa.
epigastr. inf. u. iliaca ext. 177. — Bonnet, Cysten d. Glandulae vuivo-vaginales
564. — Borchardt, Mechanismus d. Harnentleerung 367. — Born, Blasenfunk-
tionen 322. — Born, G., in „Ergebnisse d. Entwicklungsgesch." 660. — Bornhaupt,
Entwickl. d. Urogenitalsystems b. Hühnchen 660. — Bourgery et Jacob, Anatom.
Atlas 155. — Br amann, Descensus testiculorum 600. — Braun, Entwicklungs-
vorgänge am Schwanzende 124; Rudimentäre Schwanzbildung 126. — Braune,
Doppelbildung, d. Kreuzbeingegend 129; Schwerpunkt des Körpers 56; Topo-
graphischer Atlas 455; Veuensystem 176. — Braune u. Zweifel, GefrierdurcU-
XX Litteraturverzeichiiiös.
schnitte einer Schwangeren 610. — Breisky, Kyphose u.Beckengestalt 114; Maass
d. ßeckenenge 51. — Breschet, Systeme lymphatiqxie 88. — Broeckacrt, A.
uterina 476. — Brösike, Intraabdominale Hernien und Bauchfelltaschen 637. —
Bro wn-S6quard et d'Arsonval, Drüsenextrakte u. ihr subkutaner Gebrauch
522. — Brücke, Schönheit und Fehler der menschlichen Gestalt 6. — Bruhns,
Lymphgefässe d. weiblichen Genitalien 478. — v. Brunn, Epithelnester i. d.
Harnorganen 297. — Brunner, herniologische Beobachtung*en 187. — Budge,
Centrum genitospinale 368; Levator ani 280. — Lyniphwurzeln d. Knochen
88; Physiologie 275. — Budin, Angulus ischiadicus 80. — Bumm, Kreislauf
d. Placenta 584.
Cabot, Ureter 335. — C ad iat, Damm 212. — Cameron, Foetuslage 606. — Carrard,
Labia minora 558. — Gas per, Kathetcrismus der Uretereu312; Prostatahypertrophie
343. — Chalot, Unterbind, d. Aa. glutaeae u. pudend. 162. — Charpy, Angu-
lus lumbosocralis u. Symphysenneigung96; Organes genito-urinaires361; Rectum-
venen 286; Kectusscheide 226. ~ Chiari, Spondylolisthesis 112. — Chipault, Dorn-
fortsätze u. Rückenmark 24.— Chr seh tschono witsch, Vaginalschleimhautnerven
539.— Clado, Appendice coecal 530.— Clark, Corpus luteum des Menschen u-
Sch Weines 511. — Claudius, Fossa ovarii 514. — Cleland, Geschlechtsunter-
schiede am Becken 104. — Clocjuet, Bauchhernien 224. — Coe, äussere weib-
liche Genitalien 571. — Co lies, Dammfascienraum 194. — Cooper, Hernien 224.
Cordes, Krankheitseinfluss auf Hoden 392. — Cruikshank, Saugadern 88. —
Cullingworth , äussere weibliche Genitalien 571. — Cunningham, lumbar
curve in man and apes 14; manual of practical anatomy 176. — Cursch-
mann, Dickdarmanomalien 260.
D a n c er T h a n e, surgical anatomy 176. — D a g o n e t, Nebennieren 382. — Davidsohn,
A. uterina 476. — Delbet, Paul, Blasenchirurgie 228. — Delbet, Pierre, Sup-
purations pelvienues 228; Blase u. Urethra 290. — Den man, Formgestaltung
d. Beckens 97. — Denonvilli(irs, Prostatafascie 341.— Devos, Ovariumnerven
514. — Dickinson, Schwangerscliaftsdiagnose zwischen 2.-8. Woche 592. —
Disse, Blasenlage 306; Spalträume 390. — Dittel, StriUturen d. Harnröhre
400. — Dock, Appendix vermiformis 260. — D öder lein, Ergebnisse von Ge-
frierdurchschnitten Schwangerer 606. — Dogiel, Genitalhautnorveu 365. —
Dohrn, Allgemein zu weites Becken 109; Gartner'sche Kanäle 530. — Dou-
glas Kenneth, musc. transv. abd. u. Leistenhernie 176. — Drappier, Cavum
praevesicale 228. — Duchastelet, Blasenkap acität 290. — Duchenne, Physio-
logie des mouvements 14. — Dührssen, Portio vaginalis 537; vaginaler Kaiser-
schnitt 673.— Duplay, Angeborene Kreuzbeingeschwülste 129. — Durand, Li-
gament, ilio-ovarien 530. — Dur et, Rektunivenen 286. — Dürr, Ki-euzbein 90.—
Duval et Bical, L'anatomie des maitres 9.
Ebner, Perinealhernien 637. — Ecker, Embryoschwanz 123; Körperbau schwarzer
Eunuchen 106; Steisshaarwirbel, Steissbeinglatze u. -grübchen 146. — Eckhard,
Nervus erigens penis 365. — Edebohls, Verkürzung des Lig. teres 495. — Eg-
geling, Dammmuskiilatur 267; Dammmuskulatur der Beutelthiere 207.— Eisler,
Ligamentum teres 493; Lumbosacralnerven 217. — Engel mann, Physiologie des
Ureter 335. — Englisch, Hcriiia obturatoria 182; Divertikel der Harnblase
325; Missbildung d. Harnröhre 665. — Esmarch, Gelenkneurosen 133; Mastdarm
u. After 286.
Falck, überzählige Eierstöcke u. Eileiter 667. — Falcone, Nervenendignng im Ho-
den 380. — Farabeuf, Dystocie du Detroit superieur 674; Geburtsniechanismus610.
Linea ileotrochanterica u. Fessierc 161. — Farabeuf et Varnier, Geburtshülfe
610.— Farre, Uterus u. Anhänge 506. ~ Faytt, Verhalten d. Ureter zu Blase u.
Uterus 548. — Fehleisen, Verschiebung" der Blase 308. — Fehiin^, Becken-
form 105. — Feldmanu, Sakraltumoreu 130. — Felizet, Inguinalhernien des
Litteraturverzeichniss. XXI
Kindes 5. — Fenwick, Blasenvenen 303. — Fer6, Beckenbrüche 131. — Fer-
guson, Appendix vermiformis 261. — Fick, Lehrbuch der Anatomie 366. —
Finger, Anatomie u. Physiologie d. Harnröhre 413; Blasenhals 321. — Fisch el,
Portio vaginalis 537. — Fischer, Hcrniae foraminis ovalis 39. — Flemming,
Anlage d. Urogenitalsystenis b. Kaninchen 660. — Fol, Caudalwirbelanlage 28. —
Förster, Missbildungen 668. — Francjois-Franck, vasomotorische Nerven des
Penis 365. — Franken häuser^ Gebärmutternerven 479. — Frankl, Hoden-
hüllen u. Involution 388. — v. Franque, Cervix u. unteres Uterinsegmcnt 470;
Urnierenrestc im Ovarium 527.— Fredet, Uterusarterien 476.; Unterbindung d.
A. uterina 673. — de Fremery, Formgestaltung d. Beckens 97. — Freund,
W. A., Beckenbindegewebe 630; Gynaekologische Klinik 9; Hüftgelenkspfanne
94; kyphotisches Becken 21; Tubenoperationen 504. — Freund, H. W., Eier-
stockstumoren 527; Schwanzbildung 128. — Freund u. Joseph, Harnleiter-, Ge-
bärmutterfistel u. normaler Harnleiter 548. — Frey, Beckenmessung* 51. ™ Fried-
rich, Knochenmarkräume 28. — Fritsch, G., Eingeborene Südafrikas 12. —
Fritsch, II., Lageveränderungen u. Entzündungen d. Gebärmutter 497; Krank-
heiten d, weibl. Blase 298. — Fromont, Verdauungstractus 261. — Froriep,
normales Becken 90. — Funke, Verlauf d. Ureteren 335. — Für bringe r, Succus
prostaticus 342. — Fürst, Beckenmaasse 55. — Füth, Harnblasenverdoppolung 664,
Grally, Rektalfalten 2G5. — Garr6, Heniia ischiadica 167. — Garson, Dislokation
d. Blase 308; Pelvimetry 99. — Gaule, Blaseninnervation 322.— Gawronsky,
Nervenenden i. d. weiblichen Genitalien 480. — Gay, Circumanaldrüsen 135. —
Gebhard, glatte Muskelfasern i. Epoophoron 528; Uterusschleimhaut b. d. Men-
struation 579. ~ Gegenbaur, Anatomie 39; Hüftgelenkspfanne 17. 91. — Ge-
nouvillc, Blasenkapacität 452. — Gerich, Beckenneigung d. Estin 103. — Ger-
lach, Harnröhre 403. — Gerold, Processus vermiformis 261. — Gerota, Blase
u. Beckenfraktur 325; Beckenfraktur 131 ; Fascia renalis 331; Lymphgefässc des
Nabels u. d. Blase 303; Nierenbefestigung 226; Rectumlymphgefässe 274; Ureter-
krümmungcn 329. — Geyl, Hypertrichose 145. — Gillette, Blasenvenen 303.—
G 1 a n t e n a y, Chirurgie d. Ureteren 335, — G o 1 d m a n n , Krebsmassen in Venen
285. — Goltz u. Ewald, Hund mit verkürztem Rückenmark 208. — Goltz u.
Freusberg, Hundelendenmark 275; Rückenmarkscentren d. Blase 319. — Gott-
schalk, Deciduoma malignum 615 ; Sarcoma chorion-deciduocellulare 615. —
Graf, Urachusfisteln 327. — de Graaf, Zeugungsorgane des Weibes 507. —
Graser, Unterleibsbrüche 224. — Griffiths, Appendix testis u. s. w. 382;
Blase u. Urethra 246. 322; Hodenveränderung im Alter 392; Ligaturen d. Vasa
spermatica u. ihr Effekt 377; Veränderung verlagerter Hoden 395. — Gu^pin,
Prostatavenen 339. — Guerin, Falte der Harnröhre 404. — Günz, Membrana ob-
turatoria 38. — Gussenbauer, Gefässe d. äuss. weibl. Genitalien 556; Melano-
sarkoin d. Os ilium 133. — Gussero w, Carcinoma uteri 501; Menstruation u. Dys-
menorrhoe 578; schrägverengtes Becken 117. — Guyon, Blasenphysiologie 290;
Uterusca vum 498. — Guyon et L a n c e r a u x , Blasensphinkter 406.
Halle, Ureteritis 335. — H am mar, Sekretionserscheinungen im Nebenhoden d. Hundes
377. — Har ri s 0 n, Blase 314. — IIa rr i so n C r ip p s, Blasenfisteln 283. — Har t,Be rr y,
Entwicklung d. Clitoris, Vagina, Hymen 666. ~ Hartmann, Anatomie 6. — Hart-
mann et Toupet, Chorioma 616. ~ Hasse, Nervengebiete 138; Ungleichheit d.
Beckens 55; Uteruslage 520. — Haus er, Drüsenschläuche in Myomen 501. — Haus-
halter u. Jacques, Ueberzählige Ureteren 334.— Hegar, Diagnose d. Schwa)!-
gerschaft 592. ~ Hegar u. Kaltenbach, Uretertastung 548; Operative Gynä-
kologie 669. — Hei necke, Schleimbeutel und Sehnenscheiden 162. — Henke,
Anatomie d. Kindesalters 14; Beckenbindegewebe 630; Topographische Anatomie 7.
He nie, Anatomie 189. — Hennig, Beckenneigung 99; Drüsen der Vagina 535;
Eigenthümlichkeiten der Beckengefässe 573; kindliches Becken 93; Krankheiten
XXII Litteratuiverzeichniss.
der Eileiter 642; menschliche Polymastie 147; Rassenbecken 99; Steatopygie 12;
Uterus venen 477. ~ Hennig und Raub er, Geschwänzte Menschen 126. —
V. Her ff, Eierstocksnerven 514; Nerven des Uterus und des Ovarium 480; sym-
pathisches Ganglion im Ovarium 514. — Herlizka, Uterusinnervation 480. —
Herrmann, Analsehleimhaut 267. — Hertwig, Entwicklungsgeschichte 661.™
Herzog, Superfoetatio 667. — Hesselbach, Leistenbrüche 224. — Hewson,
Processus vermiformis 261. — Hey, Drüsen der Harnblase 297. — Heyse,
Eit'ollikelzahl 509. — Hildebrand, Coccalbrüche 261. — Hildebrandt, H., Ab-
norme Haarbildung 145; Krampf des Levator ani 570. — Hirsch feld et Le-
vel 11 e, Nevrologic 252. — Hirst, Human monstrosities 668. — His, Levator ani
209; Lymphgefässepithel 379; Eierstockslage 515; Nomenklatur 176; Säugethier-
eierstock 513; Embryonenschwanz 123; Situs viscerum 515. — Hodge, Becken-
ebene48. — Hoffmann, Lehrbuch der Anatomie 290. — Hoffmann, C. K., Ent-
wicklung d. Urogenitalorgane bei d. Anamnia 660. — Hofmeier, gynäkologische
Operationen 669 ; normale Uterusschleimhaut 470; Placenta 586. — Hohl, Patholo-
gie d. Beckens 117.— Hol], Muskeln u. Fascien d. Beckenausganges 406; Muskeln
d. Beckenausganges 212; weiblich. Harnleiter 548.— Holmes, Sakralgeschwülste
129. — Holst, Beiträge z. Gynaekologie 99, 450; Estin 102; Rektaluntersuchung 450.
-Home, Lobus medius prostatac 336.— Horovitz u. Zeissl, Lymphgefässe d.
männlichen Genitalien 352. — Husch kc, Scheidenlänge 541. — Hyrtl, Cavum
praeperitoneale 226; Blutgefässe der Nachgeburt 592; Korrosionsanatomie 472;
topographische Anatomie 137.
Jacques, Tubennerven 505. — Jadassohn, Paraurethrale Gänge 561.— Janosik,
Urogenitalsystem (hist.-embryol.) 660.— Jarjavay, menschliche Urethra 412. —
Jarotsky-Waldeyer, destruirende Blasenmole 615. — Imlach , Verkürzung
des Lig. teres 494. — Jonnesco, Colon pelvinuni 261; Herniae retroperitoneales
261; Hysterectomie totale 673; Vcrdauungstractus 261. — Jürgens, Beiträge z.
Anatomie d. Beckens 93.
V. Kahlden, Uterusschleimhaut bei d. Menstruation 579. — Kalischer, Blasen-
nerven 319; Sphinkteren d. Harnblase 406. — Kehrer, Formentwickl, d. Beckens
93; Nabelschnurfcstigkeit 590. — Keibel, Erabryoschwanz 123; Entwicklung d.
menschlich. Urogenitalapparates 660. — Keilmann, Placentarboden b. deciduaten
Thieren586. — Axel Key u. Retzius, Genitalnerven 366. — Kilian, Neue Becken-
formen 119; Spondylolisthesis 111. — Klaatsch, Descensus testiculorum660. —
Klebs, pathologische Anatomie 667. — Klein, E., äussere Genitalien 366; Eichel-
schleimhaut 135; Harnröhrenepithel 408. — Klein, Iliosacralgelenk 52. — Klein-
wächtcr, Beckenmessung52.— Knotz, Ureterenstichverletzung 170. ~ Kobelt,
Nebeneierstock des Weibes 381; männl. u. weibl. Wollustorgane 363. — Kocher,
Operationslehre 669; Krankheiten der Geschlechtsorgane 397. — Kocks, Uterus-
lage u. Gestalt 486. — K Dehler, Prostatahypertrophie u. Resektion d. Vas de-
ferens353.— Koeppe, Pfortaderwurzeln 2vS4. — Kohlrausch, Beckenorgane 265.
— v. Kölliker, Blasennerven 305; Corpus luteum 511; Entwicklungsgeschichte
91; glatter Hodenmuskel 389; weibliche Geschlechtsorgane 314; Tyson'sche
Drüsen361.— Kollmann, J., Levator ani u. Coccygcus 86; Plastische Anatomie 9;
— Kollmann, A., Photographie d. Harnröhreninneren 415. — Koniko w, Beckenent-
wicklung 105. — König, Lehrbuch d. Chirurgie 167; Bindegewebsspalträume u. ent-
zündl. Processe im Becken ; perimetritische Exsudate 630. — Kons tan tino witsch,
Mastdarmgefässe 286. — Kossmann, accessorische Tuben 529; Drüsenein-
schlüsse i. Adenomyomen499; Gartner'sche Gänge 561; Parovarium-Bau 529. —
Kraske, Mastdarmkrebs 24.— Kr aus e,W., Anatomie 54; Pfannenknochenl7; Ner-
venendigung in den Geschlechtsorganen 366. — Krause, E., u. Felsenreich,
Bauchhnut bei Gravidität 607. — Kreitzer, Bau des Uterus 468. — Küchen-
meister, Lithopädion 614. — Kueneke, die 4 Faktoren der Geburt 610. —
Litteraturvei'zeictanisö. XXTli
V. feupffer, Entwickl. d. Harn- u. Geschlechtsystems 660. — Kusmin, Becken-
brüche 130. — Kussmaul, Gebärmutter, Mangel, Verkümmerung u. s. w. 666. —
Küstner, Beckenmessung 51.
Lacassagne, Anus infundibuliformis 285. — Lafforgue, Appendix vermicularis
261. — Lahs, Theorie der Geburt 610. — Laimer, Mastdarm 265. ~- Lamb,
Aeussere weibliche Genitalien 571.— Landau, L., Schwangerschaftsdiagnose i. d.
ersten Monaten 592. — Landau, L. u. Th., vaginale Radikaloperation 546. —
Landau u. Abel, Gebärmutterhals 478. — Langen buch, Sectio alta subpu-
bica 34L — v. L a n g e r, Penisschwellkörper 359; Riesenwuchs 26 ; Harnorgane 307 ;
GraviditHtsnarben607. — Langer-Toldt, Anatomie 224. ~ Langhans, Entwickl.
der Placenta583. — Langley, Innervation of the pelvic viscera 322. — Lannc-
longue et Achard, Sakralgeschwülste 129. — Launois, Appareil urinaire316.
— Lartschneider, Damm 212; Diaphragma pelvis207; Steissbeinmuskeln 86. —
Lauenstein, Hohe Kastration 354.— Lauro, Formenentwicklung d. Beckens 93.—
Leboucq, Antiker Schnitt d. Beckenlinie 5; De menschelijke Staart 124. —
Leche, Beckenregion d. Insectivoren 91; Pfannenknochen 17. — Ledderhose,
Chirurgische Erkrankungen d. vorderen Bauchwand 313. — Lee, Uterusnerven
479. — Legend re, Anatomie homalographique 454. •— Legueu, Caecum beim
Kind 261. — Leichtenstern, supernumeräre Brüste u. Brustwarzen 147. —
Lejars, Ureternierenvenen Verbindung 330. — Lentz, Suspensionsuntersuchungs-
lage74. — Leo, sakrale Totalexstirpation d. Uterus 673. — Leopold, Implantirte
Föten 614; Lymphgefässe des Uterus 477; skoliotisches Becken 118; Ueberwande-
rung der Eier 522; Uterus u. Kind u. s. w. 586; Uterusschleimhaut, Menstruation
u. Ovulation 578. — Leopold u. Mironoff, Menstruation 578. — Lesshaft,
Beckenarchitektur 53; Mm. transversi perinei 201; Urethra 212. — Letz er ich,
Nervenendigung im Hoden 380. — Lex er, Behandlung d. Uraehusfistel 664. ~
Lewin u. Goldschmidt, Beziehungen von Blase u. Harnleiter 322. — Lissner,
Schwanzbildung 126.— Littre, menschliche Urethra 408. — Litzmann, Becken-
formen 93; schrägovales Becken 117. — Lockwood, Processus vermiformis 261.—
Lode, Wanderung des Eies zur Tube 522. — Löhlein, Fettschicht d. Regio pu-
bica 313; Hautabgänge bei d. Menstruation 579.— Lop, Symphyseotomie 674. —
Lossen, Verletzungen d. unteren Extremität 132. — Lott, Cervix uteri 470.
— L 0 v^n, Arterienerweiterung durch Nervenerregung 368. — Ludwig u. Tomsa,
Lymphwege d. Hoden 379. — v. Luschka, Anatomie 1; Appendiculargebilde d.
Hoden 389; Becken 362; Beck enbindege webe 630; Beckenbodenmuskulatur 428;
Bursa subcutanea sacralis 137; Fascia pelvina 622; Halbgclenkc 133; Harnleiter-
topographie d. Weibes 548; Hirnanhang u. Steissdrüse 154.- Luther Holden,
Osteologie 57. — Lusk, Gefrierschnitt einer Gebärenden 609.
^aas, Amputation d. Wirbelkanales z. Coeliectomia670. — Mackenrodt, Uteruslage
487. — Maier, Blasennerven 305. — Manchot, Hautarterien 138. — M a n d 1,
Ovariumnerven 514; Uterusmucosa b. d. Menstruation 579. — Marchand, Kaninchcn-
placenta584; Missbildungen 668; Nebennierenfragmente am Eierstock 528; Deciduale
Geschwülste 616; Chorionepitheliom 616. — Marchant,Lymphgetässe d.Penis364. —
Martin, A., Beckenmessung 99; Colpotomia anterior 673; Eierstockslage 520; Ge-
burtshülfl. Maasse 55. — Mascagni, Lymphgefässe (Original) 201; (übersetzt v.
Ludwig) 155. — Masius, Anus u. Blasensphinkter275.— Math es, Uretercnimplanta-
tion ind. Darm 335. — Mauersberg, Schleimbeutelhygrom d. Beckengegend 167.
— Mehnert, Entwicklung d. Beckengürtels 91. — Meiseis, Doppelbildung d.
männl. Harnröhre 665. — Merkel, sensible Hautnervenendigung 366. — Metten-
heimer, Körperhöhlen d. Neugeborenen 314. — v. Meyer, Anatomie 262; Miss-
bildungen d. Beckens 08; Statik u. Mechanik d. Knochengerüstes 29. — Meyer,
foetale Uterusschleimhaut;469; Cystadenome u. Adenomyome 502. — Miflet, Art.
testicularis Endarterie 377. — v. Mihalkovics, Anatomie d.Hodeiis379; Entwicklung
XXIV Litteraturverzeichniss.
d. Harnapparats 660. — M i n o t, Bibliography of vertebrate embryologie 661 ; Embryo-
logie 507. — Miquet, Appareil rurinairc 316. — Mohnikc, Geschwänzte Menschen
128. — Mondiere, Anamiten 99.— Morau, Lymphgefässe d. weibl. Genitalorgane
538. — Mo r est in, Dornfortsätze n. Rückenmark 51. — Morro li. Gabel ein,
Resorption d. Blasenschleimhaut 323.— Moser, Ovarialhernien 524. — v. Müller, J.,
Bildungsgeschichte d. Genitalien 660; organische Nerven d. männl. erektilen Ge-
schlechtsorgane 368. — Müller, F., Beckenniessung 122. — Müller, Vitalis,
Bartholin'sche u. Cowper'sche Drüsen 416. — Müller, W., Missbildung a. weibl.
Urogenitalapparate 660. ~ Müllerh eim, Aeussere Untersuch, d. Gebärenden 120.
Nagel, Beitrag z. Anatomie d. weiblichen Beckenorgane 476; Entwicklung d. Uro-
genitalsystemes 504; Entwicklung d. weiblich. Genitalien 668; Gartner'sche Gänge
529; Ligamentum Suspensorium ovarii 531; Das menschliche Ei 510; Uteruslage
im Embryo 451; weibliche Geschlechtsorgane 147. ~ Nägele, schräg verengtes
Becken 117; weibliches Becken 55. — Nehrkorn, quergestreifte Muskeln im
Uterus 467. — Neugebauer, Nabelschnur 592; Spondylolisthesis 112. — Ni-
kolsky, Nn. erigentes 368. — - Nitze, Kystophotographischcr Atlas 294; Lehr-
buch der Kystoskopie 311; intravesicale Operationen 313.~ Nussbaum, Damm-
präparation 192.
Oberdieck, Blasen- u. Harnrohrenepithel 458. — Obersteiner, Harnblase 305. —
Obolonsky, Hermaphroditismus 667. — Olshausen, Extrauterinschwangerschaft
614; Geburtsverlauf 610; Ovarialkrankheiten 524; schrägverengtes Becken 117;
Vaginalexstirpation d. Uterus 673. — Otis, Mastdarminspektion 191.
Paladino, Werden u. Vergehen d. Eierstocksparenchym 508. — Panizza, Plexus
lymphaticus urethrae 364. ~- Pantaloni, Pars pelvina d. weibl. Ureter 548. —
Paradies, Rektumresorption 286.— Paterson, Human sacrum 21; Sacralnerven
217. _ Paul et, Damm 212. — Pawlick, Sondirung der Ureter en 539. — Pel-
lacani, Bau des Samenstranges 389. — Perez, Exploration des uret^res 335. —
Perier, Venae spermaticae 336. — Perrone, Anastomosis praepubica 378. — '
Peters, junges menschl. Ei 580. — Petersen, Dislocation d. Blase 308. — Pfan-
nenstiel, Erkrankungen d. Eierstocks 526; Uteruscysten 499; Tubengraviditäten
614.— Phisalix, Caudalwirbelanlage 28. — Piatnitzky, Schwanzbildung 127.—
Pichert, Hernia obturatoria 182. — Picque et Poirier, Hernie obturatrice 39.
— Pinard, Articulatio sacroiliaca 32.— Pirogoff, Anatome topographica455. —
Planner, Nervenendigung i. d. Harnröhre 409. — Plien, Extrauterinschwanger-
schaft 614. — Ploss-Bartels, das Weib 12. — Ploss, Beckenmessung 99.
— Poirier, Anatomie 32; Anatomie pratique 175; Anhänge des Rete testis 381;
Lymphbahnen d. weiblichen Genitalorgane 478. — Pop per t, Blasenhalsklappen
414. — Posner, Harnkrankheiten 294. — Posner u. Schwyzer, Angeborene
Penisfistel 665. — Pozzi, Bride masculine du vestibule 562. — v. Preu sehen,
Cysten d. Vagina 535. — Prochownik, Anthropologie d. Beckens 99. — Proto-
popow, Ureteren 335. — Puech, Ovarien 521. — Purser a. RenniC; Processus
vermiformis 261.
Qu6nu, Anuslymphgefässe 274. — Quenu u. Hartmann, Rektumchirurgie 286. —
Quain, Anatomy 152.
Rabl, Hans, Histologie d. Eierstockes 510. — Rambaud et Renault, Knochenent-
wicklung 91. — Rathke, Abhandlungen z. Bildungsgeschichte u. s. w. 660.—
Raub er, Anatomie 66; geschwänzte Menschen 126. — Rawitz, Muskelhernien
182. ~ Recklinghausen , Adenomyome, Cystadenome 501 ; Hoden u. Nieren-
tumoren 397; Lymphspalten der Hoden 379. — Rektorzik, Hodenzotten 389. —
Rehfisch, Blasenverschluss u. Entleerung 322; Samenbla.sen 344. — Reich el,
Dammentwicklung 660; Missbildungen d. Harnblase u. Harnröhre 664. — Rein,
Nervenplexus des Uterus 479; Befruchtung d. Säugethiereies 522. — Reliquet,
Colique spermatique 351. — Retter er, evolution de la region anogenitale 660;
Litteraturverzeichniss. XXV
Eichel, Penis, Clitoris 360. — Retzius, A., Linea Douglasi 226.— Ret z ins, G., Blasen-
nerven 319; Genitalnervenkörperchen 366; Nervenendig, i. Hoden 380; i. Harnröhre
409; Ovarium u. Hodennerven 513.— R i b b e r t, kompensatorische Hypertrophie d.
Geschlechtsdrüsen 372. — R i c a r d, A. uterina u. Ureter 475. — Richard, Tuben-
anatomie 504. — R i c h e r, Anatomie artistique 8. — Riebet, Chirurg. Anatomie 225.
— Ried er, Gärtnerischer Kanal b. Weibe 660. — Riese, Ovariuranerven 514.
— Robert, Quer verengtes Becken 115. — Robin et Cadiat, Harnröhren-
schleimhaut u. Drüsen 408. — Rochs, Beckenringbrüche 131. — Roederer,
Axis conjugata 45. — Romary, Blase und Peritonaeum 316. — Romiti, Ge-
schlechtscharakter d. Beckens 105. — Rose, Beckenfrakturen 130 ; Bruchschnitt
38 ; Coeliectomia postica 24. — R o s e n b e r g, Steisswirbel 27. — R o s e n s t e i n,
überzählige Ovarien 528. — R o t h e , Behaarung der Frauen 145. — R o u g e t,
Bulbus ovarii 512. — Rousseau, Ureteritis 335. — R o u x, At'termuskulatur des
Menschen 208. — Roth, Giraldes'sches Organ 382; Urniercnrestc b. Menschen 382;
Vas-aberrans d. Morgagni'schenHydatide382; Vasa aberrantia am Rete testis 381.
— Rückert, Excretionsorgane der Selachier 660. — Rüdinge r, Gelenk-
nerven 133. — Rüge, Erosionen u. Ektropium 537; Nabelstranggebilde 582. —
Rumpe, Beckenwachsthum 109. — Runge, Russische weibliche Becken 102.
a a 1 f e 1 d, Tyson'sche Drüsen 565. — Sabine, mensehl Nabelschnur 582. — S a 1-
1 er o n, traumatische Beckenluxationen 132. — v. S a m s o n , Flexura sigmoides
261. — Sänger, Descensus ovariorum 524; Chorioma 615; Tastung d. Harnlei-
ters 548. — Sani t er, Hernia int. retrovesicalis 637. — Sarasin Brüder, Wedda's
auf Ceylon 99. — Sarbo, Blasencentren 306. — Sa vage, Chirurgie d. weibl.
Beckenorgane 571. — S a p p ey, Lymphgefässe 352. — Schatz, Geburtsmecha-
nismus 610.— Scheube, Filiariakrankheiten 147. — S chieff er decker, Rectum
261.— Schillbach, Hernia ischiadica ovarii 168. — Seh lagen häuf er, Klappen
d. Pars prostatica 414. — Schlesinger, Exsudationen im Becken 630. — S c h 1 i e p-
hake, Beckenform 105. — Schmor 1, Hermaphroditismus 667. — Schönewald,
Placenta praevia 614. — Schreiber, Gefrierdurchschnitt e. Wöchnerin 611. — v.
S c h r e n k, Schwangerschaft 99. — S c h r ö d e r, Geburtshülfe 44; Portioeinteilung
465; Krankheiten d. weibl. Geschlechtsorgane 555. — Schröder u. Stratz,
schwangerer u. kreisender Uterus 608. — Schröter, Anthropolog. Unter-
suchung a. Becken 99. — S c h ü 1 1 e r , weibliche Harnröhre 458. — S c h u 1 1 z e, B.,
Beckenwiderstände 108; Eingeweidelage im weibl. Becken 496; Lageveränderungen
des Uterus 497; Nabelbläschen 582; Retroversion u. Retroflexion 482.497; Uterus-
lage bei d. Lebenden 496; Versionen u. Flexionen d. Uterus 496. — Schnitze, 0.,
Entwicklungsgeschichte 639. — Schwalbe, Lymphwege d. Knochen 88; Nem*ologio
218; Ureteren 335. — Schwann, Stratum granulosum 509. — Schwegel, Ossi-
fikation d. Becken 91. — Schweigger-Seidel, Genitalnervenendigung 366; Ty-
son'sche Drüsen 361; Vater'sche Körp. d. grossen Schamlippen 556. — Schweig-
häuser, Gebären 56. — Sclavunos, feinere Nerven d. Genitalien 346. — Seelig,
Ausbreitung d. Gebärmutterkrebses 478. — Semon, Bauplan d. Urogenital-
systems 660. — Seiler, Mesorchiagogos 660. — Sem per, Urogenitalsystem d.
Plagiostomen 660. — S e r g i, Index iliopelvicus 99. — Sherrington, Plexus
lumbosacralis 322; Motorische Fasern d. Lumbosakralmarkes 275; Reizung d. Lig.
teres bei der Katze 495 ; Reizung d. Scheidensphinkteren 539. — S i c k , Biasen-
divertikel 325. — Simon, Rektumerweiterung 286. — Simpson, Menstruation
578. — Skene, Ductus paraurethrales 561. — Skutsch, Beckenmessung 51.
— Sobotta, Befruchtung d. Mäuseeies 522; Corpus luteum d. Maus, des Ka-
ninchen 511; Uterusmuskulatur 468. — Solger, Menschlicher Harnapparat 335.
— Sonnenburg, Perityphlitis 261. — ■ Soulie, Wanderung d. Testikel b. d. Tliieren
661. — S o u 1 i g o u X, Gefässe d. Uterus u. d. Eierstockes 476. — Spalteholz, Blut-
gefässe d. Haut 143; Hautarterien, Tafeln 143. — v. Spee, Mensehl. Keimscheibe 660.
XXVI Litteraturverzeichniss.
~Spieg:el'berg-, Corpora lutea 510; Geburtshülfe 55; Keizuiio- d. Lig. tcrcs 495. —
Sprunck, Tyson'sche Drüsen 361. — Stein, Geburtshülfe 374. — Steinbach,
Caudalwirbel 28. — Stieda, Arteria circumflex. iliuin 17G; Tyson'sche Drüsen
361. — Stilling-, Cowper'sche Drüsen 416; Atrophie verlagerter Hoden 395. —
St Öhr, Histologie 458.— Strack, Dorsalkyphotisches Becken 114. — St rass-
mann, Fr., Gerichtliche Medicin 145. — Strassmann, Ovulation, Menstruation,
Konzeption 578. — Stratz, die Raute von Michaelis 120. ~ S tr au s s-D ü r ck -
heim, M. iliococcyg-eus 430. ™ Struthers, Fascia perinei 198; Caecuni u. Pro-
cessus vermiformis 261. — Stubenrauch, Festigkeit d. Harnblase 324. —Sut ton,
Ligamentum sacrospinosum 95.— Symington, Topographie, anatomy of thc
child 14; Rectum and Anus 152; The fold of the natcs 136. — Synnestvedt,
Bursae mucosae 137.
Takahasi, Foetale u. Kinderblase 548. — Taren etzky, Anatomie d. Darm-
kanals 261; Topographie d. Regio hypogastrica 548. — Taruf f i, abnorme Penis
kanäle 665. — Teratologia 668. — T e s t u t, Anatomie 242; Penisvenen 216; Urethra
fixa. Topographie 410. — T h e i 1 e, Gefässlehre 138. — T h i e r y , Pli fessier 136. —
T i 1 1 m a n n s, Lehrb. d. spec. Chirurgie 370. — T i 1 1 a u x , Topogr. Anatomie 33.—
Timme, Schräg verengtes Becken 118. — Timofeew, Nervenendigungen der
männlichen Geschlechtsorgane 346. — Toldt, anatomischer AtJas 475; Anhangs-
gebilde d. Hoden 381 u. 382; Lehrbuch d. Anatomie 385; Musculus cremaster 385;
Paradidymis 381. — Tommas i, Ursprung d. Hodenlymphgefässe 379. — To-
pin a r d, Thier- u. Menschenbecken 99. — T o u r n e u r, Ureteritis 335. — Tour-
neux, Tuberculum genitale u. Prostataentwicklung 660; Urethral(prostata)drüsen
der Frau 458. — Tourneux u. Herrmann, Sakralgeschwülste 130; Uterus 503.
— Tourneux et Legay, Uterus- u. Scheidenentwicklung 660. — Träger,
Tiefer Douglas beim Manne 637.— Treitz, Hernia retroperitonaealis 530; Mus-
culi rectococcygei 153, - Tr^lat-Bouchard, Hernia obturatoria 186. —
Trendelenburg, Operationslage 74; Unterbind, d. V. saphena magna 181.—
Treves, Darmkanal u. Peritonaeura 261. — Tschausso w, Damm 212; Harn-
röhrenmuskulatur 407. — Tuffier, Appareil urinaire 326. — Turner, Index
pelvis 99; Rassenbecken 99; Sakralindex 27. — Turquet, Kinderbeckendurch-
messer 105.
V. la Valette St. George, Hoden 388; Genese d. Samenkörper 660. — Valiin,
Eierstockslage 520. ~ Varnier, Geburtsmechanismus 610, — Veit, Becken-
form 93; Beckenebene 48; Eileiterschwangerschaft 614. — Velpeau, chirur-
gische Anatomie 225. — Verneau, Rassenbecken 99. — Vernois, Bourses
sereuses professionelles 137. — Verrier, Rassenbeckenformen 103.— Versari,
Muskeltonus der Blase 406. — Vi a 1 1 e t o n, Entstehung der Blasenexstrophie 664.
— Vinson, Hernia obturatoria 39. — Virchow, R., Blasenmole 615; Eier-
stockseinflussauf die Frau 461; Hygroma cysticum glutaeale congenitum 169;
Peri-Parametrium u. s. w. 467; Prostataconcretionen d. Weibes 458; Puerperale
Metritis u. Parametritis 467; Schwanzbildung 128; Wirbelschwänze 126. — Vla-
covich, Musculus ischiopubicus 407. — Vrolik, Becken bei verschiedenen
Rassen 99.
Wagner, Duralsack 24. — Warkalla, Absperrung d. Harnleiter 548. — Wal-
deyer, Arteria obturatoria 87; Atlas der Haare 145; Deciduazellen583; Eier-
stock u. Ei 381; Fossa ovarica 474; Hottentottenschürze 551; Lage der inneren
weiblichen Beckenorgane bei Nulliparen 520; Lage d. inn. weibl. Geschlechtsor-
gane 520; Lage d. weibl. Beckenorgane u. Frontalschnitt d. Uterus gravidus 520;
Medianschnitt e. Hochschwangeren 112; Menschen- u. Affenplacenta 584; Myxom d.
Samenstranges 397; Seitenwand der Beckenhöhle u. Fossa ovarica 520; Schnitte
von Schwangeren 454; Topographie d. Uterus 520; Trigonum vesicae 295; Ueber
Krebs 501 ; Ureterenscheide 335. — W a 1 d ey e r u. I z q n i e r d o, Nervenenden
Litteraturverzeichniss. XXVII
der Glaus clitoridis 566. — W a I d e y c r in Langenbuch : Sectio alta subpubica
571. — Walther, Sakralgeschwülste 130. — Wanjura, Hypertrichose und
Spina bifida 123. ~ Warkalla, Absperrung der Harnleiter 548. — Wassi-
lieff, ürogenitaldrüsen 416. — Weber, Schädel- und Beckenformen 90.
— Weber, S., Entwickl. d. uropoetischen Apparates 661. — Webster, Ek-
topische Schwangerschaft 614; Nervenenden der Labia min. und der Klitoris
Ö58; Ovarium-Hochlage 518; Rotatio uteri 484. — Weigert, Bildungsfehler
der Ureteren 334. — Wendeler, Tubenentwicklung 504. — Werner,
Hernia obturatoria 188. — Wernich, Urethralpapille d. Japanerinnen 560. —
Werth, Extrauterinschwangerschaft 613. — Westphalen, Physiologie der
Menstruation 579. — Wiedersheim, Menschenschwänze 128; Schulter- und
Beckengürtel 91. — Wieg er, Entstehung d. Bänder d. weibl. Genitalapparates
661. — V. Win ekel, Frauenkrankheiten 667; Lehrbuch d. Geburtshülfe 579;
Weibl. Dammbrüche 688. — Win kl er, Lymphgefässe d. Beckenbindegewebes
917. — Windle, Teratologische Litteratur 637. — Wilson, Urethralmuskeln 408.
— Winter, Gynäkolog. Diagnostik 470; Utcruskrebs 500. — Winterhalter,
Elisabeth, Ganglion symp. im Ovarium 514. — Wood, Pelvis 99. — Wyder,
Extrauterinschwangerschaft 522.
Young, A. sacralis med. Abnormitäten 419.
Zaaijer, Javanische Frauenbecken 100. — Zahn, Tubo-Ovarialcysten 525.—
Z e i s s 1, Blasenverschluss 322. — Ziegenspeck, Anheftungen d. Gebärmutter
495.— Zuckerkandl, E., Beckenvenen 286; Ovarialtasche 520; Processus
vaginalis 493. — Zuck er k a n d 1, 0., Brüche im Douglas 299. — Zweifel,
Krankheit, d. äusseren weibl. Genitalien u. Dammrisse 571; Mündung der Bar-
tholin'schen Drüsen 564; Gefrierdurchschnitte Gebärender 610.
Becken (Pelvis).
Begriflfebestimmung. Abgrenzung. Allgemeine
Charakteristik. Gegenden.
Man versteht unter „Becken" denjenigen Theil des Körpers, welcher den
unteren Abschluss des Rumpfes bildet und die unteren Extremitäten trägt.
Das Becken setzt sich zusammen: aus dem knöchernen Beckenringe, den
ihn von aussen und innen bekleidenden weichen Beckenwandtheilen,
einem von diesen in Verbindung mit dem knöchernen Ringe umschlossenen
Hohlräume, der Becken höhle, und endlicli aus den in dieser Höhle gelagerten
Becken ei nge weiden.
Abgrenzung des Beckens.
Eine genaue topographische Abgrenzung des menschlichen Beckens ist
nicht zu geben. Nach oben kann man in der hinteren Mittellinie von dem
leicht bestimmbaren Dornfortsatze des V. Lendenwirbels ausgehen, von da
seitlich an den oberen Schenkeln der „Kreuzraute" (s. über diese S. 7 fif.) zur
Spina iliaca posterior superior und längs der Crista iliaca, die eine
gute obere Grenze bildet, bis zur Spina iliaca anterior superior weiter
schreiten. Von der Spina iliaca anterior superior an lässt sich vorn
^ben die Grenze in der Leistenbeuge ziehen; nur muss man nicht von
^er Leistenbeuge durch den Sulcus genitofemoralis weiter zum Damm
gehen, sondern etwa von der Mitte der Leistenbeuge ab dem Sulcus pubis
(pli de Venus der französischen Autoren) folgen, welcher dicht oberhalb
des Mons pubis, diesen vom Bauche trennend, von einer zur anderen
Seite hinüberläuft. Die untere Grenze würde ich im Anschlüsse an
V- Luschka^) nicht in die Ebene der unteren Enden der Sitzhöcker legen,
1) v. Luschka, H., Die Anatomie des Menschen, IL Bd. 2. Ahth. Die Anatomie
tles menschlichen Beckens, Tübingen 1864. S. 2.
Waldoyer, Das Becken. ^
2 Allgemeine Charakteristik des Beckens.
sondern durch die Gesässfurche (Sulcus glutaeus). Diese Abgrenzung
bringt freilich noch das Trochanterengebiet des Obersehenkels — bis zum
Troehanter minor hinab — zum Becken; sie ist aber äusserlich gut gekenn-
zeichnet und zieht das ganze Oesäss, wie es allgemein üblich ist, mit hierher.
Nach oben hin geht das Hecken in den Baueli, nacli unten in die unteren Ex-
tremitäten, deren GUrtel es mit unifasst, über. Wie man unmittelbar feststellt,
ist durch die angeführten Grenzlinien nicht überall eine genaue Abscheidung
gegeben. An dieser ünvollkommenheit leiden alle unsere Abgrenzungen ; prak-
tisch ist dies indessen belanglos.
Allgemeine Oharakterietik des Beckens.
Schärfer als sonst irgendwo an\ Rumpfe prägt sich die seitliche Sym-
metrie am Becken aus, indem an ihm die Zweitheilung der unteren Extremi-
tät äusserlich bereits angedeutet ist (Crena ani, Perinealfurchen). Dies Verhalten
hat seine praktisch wichtige Seite (bei Anlegung von Verbänden, bei Opera-
tionen u. s. w.). Da aber die Zweitheilung nicht völlig durchgeht, so gewinnen
wir eine natürliche Dreitheilung in der Gesammtanordnung der Beckenorgane:
zwei seitliche symmetrische Massen von verhältnissmässig mäch-
tigem Ausbaue fassen einen schmalen mittleren Bezirk mit unpaaren,
jedoch ebenfalls symmetrisch angelegten Bildungen zwischen sich.
Die seitlichen Massen sind wesentlich knöcherne, ligamentöse und muskulöse
Bildungen; sie gehören zum mechanischen Apparate der unteren Extremität;
die medianen, z. Th. unpaaren Organe sind, wenn wir zunächst nur das äusser-
lich Wahrnehmbare anführen, die äusseren Harn- und Geschlechtsorgane und
der After mit der zugehörigen Muskulatur.
Dasselbe Verhalten findet sich in der Beckenhöhle; die Eingew^eide sind
hier zumeist unpaar und nehmen die Mitte des Cavum pelvis, einem medianen
Septum vergleichbar, ein ; eine Anzahl Eingeweide sind paarig und liegen lateral
(üreteren — bei beiden Geschlechtern — , Vasa deferentia mit ihren Anhangs-
gebilden beim Manne, Tuben, Eierstöcke, Nebeneierstocksgebilde beim Weibe).
In dieser Anordnung der Eingeweide nähert sich das Becken dem Kopfe und
Halse; nur haben wir im Becken noch einen erheblichen Theil der serösen
Höhle, welche am Kopfe und Halse fehlt.
Aber noch in einer anderen Beziehung findet sich eine Annäherung, ins-
besondere zwischen Kopf und Becken: ich meine das Vorhandensein von
äusseren Oeffnungen für die grossen Schleimhauttractus, sowie den
Umstand, dass diese Oeffnungen und die zunächst anstossenden Schleim-
liautrohrtheile auch am Becken nicht von Fortsetzungen der Serosa um-
geben, sondern in Fettkörper und in Muskeln, die vielfach in die Haut
ausstrahlen, fest eingelassen sind. Auch diese Disposition erfordert in prakti-
scher Beziehung, wie im Schlusskapitel hervorgehoben werden soll, die grösste
Berücksichtigung.
Goofenden des Beckens.
Gegenden.
Die BNA.^) nehmen folgende Gegenden am Becken an (s. die Figg. 1,
2^ ?) und 4): 1. Regio pubica, 2. Regio pudendalis, 3. Regio perine-
^Hs, 4. Regio sacralis. Diese Regionen sind unpaar. Paarig sind: 5. Re-
giones inguinales, 6. Regiones subinguinales, 7. Regiones coxae,
8- Regiones trochantericae, 9. Regiones glutaeae. Nach der hier
^angenommenen Abgrenzung des Beckens fallen die meisten dieser Gegenden,
wie ein Blick auf die angezogenen Figuren lehrt, ganz, die Regiones pubica
Und inguinales zum Theil hinein. Die Regio pudendalis umfasst die äusseren
Fig. 12).
/ R.epig. \R.hypock
Fig. 22).
Regiones ventrales pelvis.
Regiones dorsales pelvis.
^eschlechtstheile. Die Regio perinealis wird (s. Figg. 3 u. 4) noch in zwei
Untergegenden: Regio analis und urogcnitalis eingetheilt. Bei der Be-
schreibung werden wir diesen Namen und dieser Eintheilung, so weit es das
pmktische Bedürfniss erheischt, folgen.
1) ENA. (Baseler Nomina anatomica) ist die Abkürzung für die Festsetzung der
^-natomischen Nomenklatur, wie sie im April d. J. (1895) auf der Anatomenversamm-
lung in Basel angenommen worden ist. Sie ist hier überall zu Grunde gelegt. Wo
^ii* für Dinge, die in den BNA. nicht aufgeführt sind, besondere Namen erforderlich
^i'schienen, habe ich sie entweder aus dem vorhandenen Wortschätze entnommen
*^<ier neu gebildet. Sie sind dann mit dem Namen des Autors oder mit „m** bezeichnet,
^a» wo ein bestimmter Autor nicht zu ermitteln war, habe ich in üblicher Weise
i»ftUtt.** hinzugefügt.
2) Kopien nach Fig. 1
Biologie 1895, Supplem.
2, Taf. I u. II der BNA. Arch. f. Anat. und Phy-
Oeg-enden des Beckens.
Fig. S.
Reg'ionos inferiores pelvis virilis.
Fiff. 4.
Monspnhis
Symph. - - ,_
Orif.urelhr.ixt.-..^
Lah.muf
Orificüim^ /i'üT.
Tahepjisch
Li/f. saeretab.
Re^iones inferiores pelvis muliebris.
Vorderansicht des Beckens. Grenzlinien und Grenzfurchen.
Aeusseres Bild des Beckens. Grenzlinien
und Grenzfurchen.
Vorderansicht.
Leistenbeuge (Leistenfurche). Schamfurche. Schenkel-
beugungsftirche. Genitofemoralfurche. Inguinaldreieck. Rectuslinie.
Das äussere Bild des Beckens wird am besten nach vier verschie-
denen Ansichten geschildert: nach der Vorderansicht, Ettckenansicht, Seiten-
ansicht und Dammansicht.
In der Ansicht von vorn fallen die äusseren Geschlechtsorgane
mit ihrer nach Eintritt der Pubertät erlangten Behaarung am meisten ins Auge.
Zu ihnen gehört der Seh am b er g (Mons pubis), der die stärkste Behaarung
zeigt, die an den Geschlechtstheilen immer mit der stärksten Fettablagerung
zusammenfällt. Der Schamberg ist durch die Schamfurche (Sulcus pubis)
von der ünterbauchgegend abgesetzt. Ausser der Schamfurche i) müssen noch
unterschieden werden: die Inguinal- oder Leistenfurche (Leistenbeuge,
Sulcus inguinalis), die Schenkelbeugungsfurche (Sulcus flexorius
femorism.) und die Genitofemoralfurche (Sulcus genitoferaoralis m.).
Die Schamfurche tritt bei der Beugung immer deutlich hervor, insbesondere bei
etwas fettleibigen Erwachsenen und gut genährten Kindern. Sie läuft seitlich
meist in die Inguinalfurche aus, die sie nach mehr oder minder weitem
selbständigen Zuge erreicht.
Die Inguinalfurche oder Leistenbeuge folgt dem Laufe des Liga-
mentum inguinale (Pouparti) und ist daher, wie dieses, leicht gebogen. Sie
beginnt an der Spina iliaca anterior superior mit einem mehr horizontal streichen-
den Anfangssttieke (Fig. 5, 6), welches nach hinten in die Httftfurche, s.w. u.,
tibergeht und bei vielen Figuren der antiken Künstler besonders ausgebildet er-
scheint (Fig. 7); vorn läuft sie steil nach abwärts zu den äusseren Geschlechts-
theilen hin in die Genitofemoralfurche aus. Beim Manne scheidet die Genito-
femoralfurche das Scrotum nebst dem Mons pubis vom Oberschenkel ab, beim
Weibe die Labia majora und den Mons pubis.
Beim Weibe kommt nun oft noch eine dritte Linie hinzu, die auch bei
^wohlgenährten Kindern beider Geschlechter sich zeigt, beim Manne aber seltener
^st2), clie Schenkelbeugungsfurche, Sulcus flexorius femoris. Sie
1) „Hypogastriumfurche", „Hypogastriumlinie", Leboucq, Ueber den antiken
Schnitt der Beckenlinie, Bericht der Anatomen- Vers, in Basel, 1895, S. 88. — „Pli de
Vdnus" der französischen Autoren; vgl. z.B. Felizet, G., Les hernies inguinales de
l'enfance, Paris, 1894. 8. Massen.
2) Leb DU cq, 1. c. gibt an, dass sie beim borghesischen Fechter zu sehen sei,
^nd zwar mit den beiden anderen Linien zusammen. Ich linde alle drei Furchen
oezw. Linien auch beim Aj)oxyomenos,
Grenzfurchen. Beckenlinie.
Fig. 5.
geht ebenfalls von der Genitofemoralfurche aus, zieht aber dann nicht steil
nach oben, wie die Inguinalfurche, sondern mehr quer nach aussen auf der
vorderen Oberschenkelfläche dicht unterhalb der Inguinalfurche hin.
Fig. 5 zeigt die Schauifurche und die Genitofemoralfurche von einem
jungen Manne; beide Furchen laufen in die Leistenfurche
aus, so dass damit die Dreiecksform des Mons pubis gegeben
ist. Diese Configuration ist die häufigste bei jugendlichen^
nicht fetten männlichen Individuen. Selten bleiben Scham-
furche und Inguinalfurche beim Manne getrennt. Eine
andere häutige Anordnung der Linien zeigt F'igur 6 von
einem jungen Mädchen: die Schamfurche, welche nach
oben in die Leistenfurche ausläuft und die von beiden
getrennt bleibende, in die Genitofemoralfurche übergehende
Schenkelbeugungsfurche. Bei wohlgenährten Männern zeigt
sich dasselbe; zwischen den beiden getrennten Furchen
springt dann ein deutlicher Wulst vor, der auf den Mons
pubis und das Scrotum zuläuft; in ihm fühlt man den
Samenstrang. Beide Figuren, 5 und 6, habe ich nach
den in Brücke's vortreflBiehem Büchelchen ^ enthaltenen Figuren Nr. 15 und
20 wiedergegeben. Sie beruhen auf Photographien von Lebenden.
Mitunter zeigt sich noch, s. Fig. 6, eine geringer aus-
geprägte dritte Furche oberhalb der Schamfurche, sie ist
auch in R. Hart mann 's Fig. 240 angedeutet ^j.
Viel besprochen 3) ist die charakteristische Form der Tii-
g'uinalfurche (auch „Beckenlinie" genannt) bei manchen antiken
Bildwerken ; es springt hier der Winkel zwischen beiden Fur-
chenschenkelu weit nach vorn vor und der obere Schenkel der
Furche liegt auffallend horizontal und ist ungewöhnlich lang.
Vergl. Fig. 7. Kopienach Brücke. Nach abwärts theilt sich auch
hier die Inguinalfurche in die Schamfurche und die Genitofemo-
ralfurche. Ich habe stets den auffälligen queren oberen Schen-
kel als Ausdruck einer Muskel marke angesehen, und zwar
des Ueberganges des unteren vorderen Theiles des Muskel-
fleisches vom Obliquus externus abdominis in seine Sehnenfasern.
Jüngst hat Leboucq (gegen Brücke's Meinung, der den in
Rede stehenden Schenkel auf ein abnorm nach vorn sich er-
streckendes Stück des Darmbeinkamnies zurückführen wollte)
Fig. 6.
1) Brücke, E., Schönheit und P'ehler der menschlichen Gestalt, Wien 1891.
W. Braumüller.
2) Als Beispiele einer getrennten Furchenbildnng: zusammenhängende Inguinal-
+ Schamfurche oben, Genitofemoral- + Schenkelbeugungsfurche unten, mit dazwischen
liegendem Wulst, wie dies so häufig bei Weibern erscheint, mögen noch die beiden
Figuren 240 und 241 in R. Hart mann 's Handbuch der Anatomie des Menschen,
Strassburg 1881, erwähnt sein. — Bei Kindern ist diese Bildung ebenfalls häufig; es
steht hier die Schamfurche meist höher; man vgl. z. B. die im Vatikau befindliche
Kopie der berühmten Gruppe des Boethos „Knabe mit der Gans".
3) Vgl. u. A. Brücke und Leboucq 1. c,
Rectuslinie. Inguinaldreieck. Rückenansicht. Crena ani. Lendenraute. 7
dem Ausdruck gegeben, 1. c, und Kollmann und Schwalbe haben sich in gleichem
^inne ausgesprochen. Nicht genau der Wirklichkeit entsprechen kann aber bei diesen
a^ntiken Bildwerken das absteigende Stück der Inguinalfurche (Fig. 7).
An der Fig. 7 bemerken wir noch als topogra-
phisch wichtige Dinge die Rectnslinie (Linea mus- ^^^' ^•
culi recti m.) — entsprechend dem lateralen Rande des
Musculus rectus abdominis — und das zwischen dieser und
<iem absteigenden Theile der Inguinalfurche bezw. Scham-
furche liegende dreieckige Feld. Es ist dies W. Henke 's V)
Inguinaldreieck (Trigonum inguinale) — „meplat
sus-inguinal" der französischen Autoren —. Beide Bildungen
sind wichtig, sowohl die Rectuslinie, als auch das Inguinal-
dreieck, letzteres als die schwächste Stelle der Bauch-
wand; wir haben hier von muskulösen Theilen nm* dünne
Partien des Musculus obliquus internus abdominis und des
Transversus abdominis. In das unterste Ende des In-
guinaldreieckes fällt der subcutaneLeistenring.
Wenn man dem Sprachgebrauche folgt — der sich in diesem Falle mit
den anatomischen Thatsachen deckt — , dass der Bauch mit der Leistenbeuge
aufhört und der Oberschenkel mit ihr beginnt, so ist bei der Betrachtung
von vorn her vom Becken und seinen Theilen, abgesehen von den äusseren
Geschlechtstheilen, Nichts zu sehen. Die von uns angenommene untere Grenze,
d- i. die Gesässfurche, gestattet jedoch, das oberste Sttick der vorderen Ober-
schenkelfläche hinzuzunehmen.
Rückenansicht. Orena ani. Nates. Hüftfurche. Lendenraute.
Kreuzraute. Sulcus glutaeus. Trochantergrube. Laterale
Glutaealfurche. Luftfigur.
Bei der Ansicht vom Rücken treten als am meisten auflfällige Theile die
durch die Crena ani geschiedenen Hinterbacken hervor, die so recht dem
Becken angehören. Nach oben markirt sich der D a r m b e i n k a m m ; ihm
entlang läuft die Hüftfurche. In der Gegend der Lendenwirbel und des
Kreuzbeines tritt, namentlich bei Streckung des Rumpfes, eine rautenförmige
Depression hervor, die Lendenraute. Die dem Kreuzbeine entsprechende
iintere Hälfte dieser Figur bildet eine auch ohne stärkere Muskelaction wahr-
nehmbare, leicht gewölbte Abflachung, die ebenfalls rautenförmig gestaltet sein
kann — Kreuzraute — öfters aber auch als ein Dreieck mit unterer Spitze
■^ Kreuzbeindreieck — erscheint.
Der obere Winkel der L c n d e n r a u t e liegt verschieden lioch ; vom
12. Brustwirbeldorn bis 3. Lendenwirbeldorn kann er in seiner Lage schwanken.
W'enn die beiden Musculi sacrospinales in Action treten, so markirt sich
1) Henke, W., Topographische Anatomie des Menschen. Berlin, 1884. S. 287.
8 Kreuzraute. Fossulae lumbales.
beiderseits die Linie des Ueberganges ihres Fleisches in die Sehnen. Diese
Muskelfleischmarken convergiren nach oben; da, wo sie einander treffen, liegt
der obere Winkel der Lendenraute, je nach der Ausbildung der Muskeln
höher oder tiefer, spitzer oder stumpfer. Der untere Winkel wird durch das
Zusammentreffen der beiden Nates hergestellt und entspricht, je nach der Stärke
des Gesässpolsters, dem unteren Ende des 4. oder (meist) des 5. Kreuzwirbels.
Er ist für beide Rauten derselbe. Die oberen Winkel sind für beide Rauten
verschieden. Der obere stumpfe Winkel der Kreuzraute wird oft durch ein
Grübchen markirt, welches sich dicht unterhalb des Processus spinosus des
5. Lendenwirbels zeigt. Oberhalb der Spina iliaca posterior superior bleibt ein
kleines ovales Knochenfeld frei von Muskelfleisch. In Folge dessen entsteht
jederseits ein Grübchen, welches die beiden Seitenwinkel der Kreuzraute
markirt, und insbesondere bei Frauen deutlich ist. Sonach markirt sich die
Kreuzraute durch folgende Knochenpunkte : oben durch den Processus spi-
nosus des 5. Lendenwirbels, unten durch den Zusammenstoss der Hinterbacken,
dem Ende des Kreuzbeines entsprechend, links und rechts durch je ein Grüb-
chen, welches mit der Spina iliaca posterior superior correspondirt.
Beim Manne findet sich nicht selten, ausser diesem Grübchen, noch ein zweites
höher oben an der Dannbeincrista gelegenes, welches dem lateralen Ansatz-
punkte des Musculus sacrospinalis entspricht. Jedes dieser beiden seitlichen
Grübchen kann den lateralen Winkel der Lenden- wie der Kreuzraute bilden *).
Bei Weibern fehlt meist das obere Grübchen, doch habe ich es in einem Falle
sicher feststellen können.
Bei gut genährten kräftigen Personen berühren sich die beiderseitigen
Hautflächen in der Crena, in deren Tiefe die Steissbeinspitze verborgen liegt.
Die Tiefe der Crena kann, bei starkem Gesäss, sehr beträchtlich werden und
hat dieser Umstand auch seine praktische Bedeutung (Hautaffectionen, Intertrigo,
Berücksichtigung bei Operationen, Verbänden u. a.).
Die Steissbeinspitze liegt erheblich tiefer als der untere Winkel der Kreuz-
raute. In der Mitte der Raute fühlt und (hei Mageren) sieht man die Pro-
cessus spinosi des Kreuzbeines (Crista sacralis media).
Die Configuration der Kreuzraute hat ein nicht unerhebliches Interesse,
insbesondere für die Beurtheilung der Beckenneigung und für die äussere
Beckenmessung. Ich komme später darauf zurück.
Die beiden oberen Schenkel der Kreuzraute sind kürzer als die unteren.
Bei Weibern liegt die obere Rautenspitze, i. e. der Processus spinosus Jumbalis V.,
3—4 cm oberhalb der Verbindungslinie beider unteren seitlichen Grübchen, i. e. beider
1) Das der Spina iliaca posterior supc^rior entsprechende Grübchen wird von den
Franzosen als „fossette lonibaire laterale inferieure", das am Sacrospinalis-Ansatze
liegende als „fossette lombaire laterale superieure" bezeichnet. (Fossulae lumbales
laterales superior et inferior.) Die oberen Winkel der Lenden- bezw. der Kreuzraute
könnten als „Fossula lumbalis (sacralis) medialis superior", der untere, beiden
Rauten gemeinsame als „Fossula lumbalis medialis inferior" auf^*eführt werden. Vgl.
hierzu: P. Rieh er, Anatomie artistique. Paris, 1890, H. E. Plön, Nourrit et Comp.
Ffir. B.
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Kreuzraute. Glutäalfurcheu. Trochantergrube. Luftfigur. 9
Spinae iliacae posteriores superiores. Die Kreuzraute ist in ihrer Ausbildung vielen
Schwankungen unterworfen. Bei Anspannung der Rtickenstrecker wird sie etwas
verwischt, indem letztere dann als zwei zur Crena ani hin zugespitzte Wülste vor-
springen. — Die Abbildung Fig. 8 zeigt die Lendenraute sehr regelmässig und
deutlich von einem der durch Dr. Stuhlmann in Berlin vorgeführten Akka-Mädchen
(nach einer Photographie von Prof. G. Fritsch). Weniger deutlich, aber immerhin
Erkennbar, tritt die Kreuzraute in Fig. 9 (junger Sicilianer, nach einer Photographie
von W. von Gloeden) hervor. Hier lässt sich auch die dem 3. Kreuzwirbel ent-
sprechende hintere Vor Wölbung des Sacrum erkennen. Bei fettleibigen Personen —
man vergleiche Taf. XXTI der „Gynäkologischen Klinik" von W.A.Freund, Strass-
burg, Trübner, 1885, — kann sich ein querer Fettwulst (Weichenwulst, Bourrelet
graisseux du flanc, P. Rieh er) von einem Darmbeinkamme zum anderen durch
die Lendenraute hindurchziehen. Oefters sind, wie erwähnt, die beiden oberen,
Itürzeren Schenkel der Kreuzraute undeutlich; wir erhalten dann eine Dreiecksfigur,
>^elche dem unteren grösseren Theile der Raute entspricht. Brücke, 1. c. S. 95,
spricht nur von einem solchen Dreiecke „Kreuzbeindreieck** i).
Je nach der grösseren oder geringeren Fettablagerung tritt der Darm-
beinkamm als Knochenrelief weniger oder mehr hervor. Bei starker Fettpol-
sterung kann er selbst kaum zu fühlen sein. Die grossen individuellen Ver-
schiedenheiten in der Bildung der Nates sind bekannt.
Wichtig ist dieSchenkelgesässfurche, Sulcusglutaeus; wir nahmen
sie vorhin als untere Grenze des Beckens an. Bei aufrechtem Stehen, gleich-
Daässig auf beiden Beinen, verläuft sie völlig quer. Sind die Oberschenkel und
das Becken gut gebildet und gut genährt, so schliessen sie, namentlich bei
Frauen dicht zusammen; die Crena ani verläuft dann geradewegs in die Ober-
schenkelschlussfurche aus; beide Glutäalfurchen, die etwa von derselben Länge
smd, wie die Crena ani, bilden mit dieser und der Schenkelschlussfurche ein
Kreuz (s. Fig. 8). Stellt man sich, wie gewöhnlich, mit Standbein und Spiel-
bein auf, so sinkt die Glutäalfurche am Spielbeine hinab und nimmt einen mehr
schrägen Verlauf; am Standbeine bleibt sie quer und tritt etwas mehr nach oben
(s. Fig. 9). Noch ein anderes Relief und eine andere Furche sind zu er-
mähnen, der Trochantervorsprung mit der dahinter liegenden Tro-
chantergrube und der sich anschliessenden lateralenGlutäalfurche
(s. Fig. 9).
Falls beide Oberschenkel nicht zum Schlüsse zu bringen sind, bleibt zwi-
schen ihnen ein Spalt, die sogenannte ^Luftfigur". Auch deren Berücksich-
tigung hat für die Diagnostik gewisser Becken- und Schenkelfehler Bedeutung.
1) Die Lenden- und Kreuzraute in ihrem Verhalten zur in voller Aktion befind-
lichen Muskulatui', sowie die Trochantergrube, sind in vortreflTlicher Weise zu sehen
in der von Kollmann mitgetheilten Figur eines nackten Kriegers von Michelangelo
(Plastische Anatomie S. 389) und in einer Zeichnung Raffaello Santi*s, mitgetheilt
von M. Duval et Bical (L*Anatomie des maftres, Paris 1890, Fl. IV. B). Auch die
Heueren Meister verstehen sie zu bilden, vgl. die in der Rückenansieht gemeisselte
'^^'eibliche Figur in Carpeaux' vielbesprochener Tanzgruppe an der Grossen. Oper
2U Paris. — Die in Schröder'« Lehrbuche wiedergegebene Rückenansieht der Capitoli-
Hischen Venus zeigt eine auffallend grosse Lendenraute; Brücke, I.e. S. 96, tadelt
<iiese Form.
10 Seitenansicht. Dammansicht.
Seitenansicht.
Von der Seite her gewahrt man (von hinten nach vorn gehend, den
Körper in aufrechter Stellung gedacht) oben noch ein Stück der Kreuz-
raute mit dem Vorsprunge der Rückenstrecker, die Hüftfurche, Sulcus coxae,
mit der oberen Grenzlinie des Darmbeinkammes, und ihrem so charakte-
ristischen höchsten Punkte, der (bei herabhängendem Arme) in die Axillarlinie
und ungefähr auch in die Linie des Trochanter major fällt. Wird der Arm
gerade nach vorn rechtwinklig zur Körperaxe ausgestreckt, so rückt der untere
Schulterblattwinkel fast genau über den höchsten Punkt der Crista iliaca. Nach
hinten und unten haben wir die Wölbung des Gesässes; nach vorn fällt die
Linie des Darmbeinkammes ziemlich steil ab und endet mit der deutlich vor-
springenden Spina iliaca anterior superior. Von dieser aus sieht man
den Verlauf der Leistenbeuge, der Schamfurche, des Sulcus genitofemoralis, mit
dem leicht bogenförmigen vorderen Grenzcontur des Oberschenkels.
Dieser verbirgt, abgesehen vom Mons pubis, beim gut genährten und normal
gebauten Weibe gänzlich die äusseren Geschlechtstheile. Deutlich ist ferner
die flache Trochantergrube.
Untere oder Dammansicht. Interfemineum. Anus. Damm.
Sulcus glutaeoperinealis.
Da von oben sich der Bauch, von unten her beide Oberschenkel an das
Becken ansetzen, so ist (abgesehen von dem bisher beschriebenen) von aussen
an diesem nur noch das schmale Gebiet zwischen beiden Oberschenkeln, das
„Interfemineum"^) wahrzunehmen. Letzteres umfasst von hinten nach vorn
gerechnet, den Anus, den Damm (Perineum) und beim Manne noch die
Wurzel des Scrotum (nebst einem Theile der Unterfläche des Penis); beim
Weibe die grossen und kleinen Schamlippen mit dem Vorhofe und den in letz-
teren führenden Oefliiungen der Scheide, der Harnröhre und der Bartholini'schen
Drttsen, so wie die Clitoris und selbst noch einen Theil des Mons pubis. Dass .
alles dieses noch in das von beiden Oberschenkel-Ansätzen umfasste Gebiet
fällt, lehrt ohne Weiteres die Betrachtung eines jeden Medianschnittes (vgl.
hierzu die später abgedruckten hierauf bezüglichen Figuren). Nur betreffs der
Analöffnung und des grössten Abschnittes des Dammes ist noch ergän-
zend hinzuzufügen, dass diese Theile nicht unmittelbar zwischen den Ober-
schenkeln, sondern zwischen den Hinterbacken liegen, welche letztere sich
zwischen beide Oberschenkel einschieben. (Vgl. die genannten Abbildungen.)
Durch das Vordringen- eines Theiles der Nates (Fig. 10 und 11 w.) zwischen
die Oberschenkel kommen sogar noch das Scrotum und die Labia majora mit
den Hinterbacken in Zusammenhang.
1) Vom veralteten „Femen** (statt Femur).
h hm ^^vinaHii .dir-' Lria- IS! ^i. tr.Hohi.üHi. hn ^«i;uiiiku,k.t:isHieii
II pjijir;- -iiiil:iJ*'> rxlti'iuit''
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Jen,! -Tni/i ilm ilif < HiiFiiiirüiiTlM' vmii UbrrM'lM'iiki^l mJ>:
y,ni>r!ini iliiiii iiiii! «Inii Fhtiifiüf iiimI ^u"iit'iiniMkiii Srr.i-
il >idij}iiili|i|M'i} Mi-li imnurkiirnk/ lMiridit\ Hiileiis -In
' UM
12 Individuelle und Eassenverschiedenheiteu. Steatopygie.
Verschiedenheiten des äusseren Beckenbildes
nach Individualität, Rasse, Lebensalter und Geschlecht.
Individuelle Verschiedenheiten.
Wie beim übrigen Körper, so wechselt auch beim Becken das äussere
Bild beträchtlich nach den einzelnen Individuen. Grössere Breite des knöcher-
nen Beckens, eine grössere oder geringere Beckenneigung, Magerkeit oder
Wohlbeleibtheit, geringere oder stärkere Ausbildung der Muskulatur, und die
verschieden starke Entwicklung der äusseren Genitalien bedingen vorzugsweise
die Unterschiede. Wichtig insbesondere ist die Beckenneigung; wir kommen
später darauf zurück.
Verlassen wir das Gebiet des Normalen, dessen Abgrenzung vom Patho-
logischen hier wie überall nicht scharf zu bestimmen ist, so stossen wir auf
noch grössere Verschiedenheiten des äusseren Beckenbildes bei den einzelnen
Individuen; auch für diese Verschiedenheiten verweise ich auf einen späteren
Abschnitt.
Bassenverschiedenheiten.
Die Rassen Verschiedenheiten sind gerade beim Becken sehr beträchtlich.
Zum grossen Theile sind sie durch das Verhalten des knöchernen Beckens
bedingt und werden bei der Besprechung des letzteren ihre Erledigung finden.
Weiter kommt für das äussere Beckenbild die Neigung der betreffenden Völker-
schaften zu grösserer oder geringerer Fettbildung in Betracht, und ist hier die
Steatopygie^) besonders hervorzuheben. Die charakteristische Steatopygie
(Fettsteissbildung), wie sie bei den Weibern der Hottentotten und der Buschleute
beobachtet wird, zeigt eine monströse Entwicklung des Gesässfettpolsters der-
art, dass die Nates sehr stark gerade nach hinten vorspringen, so dass zwischen
ihnen und der Lendengegend eine scharf abgesetzte fast rechtwinklige Einbiegung
entsteht. Diese Form scheint nach den mir bekannt gewordenen Abbildungen in der
That fast nur bei den genannten südafrikanischen Völkerschaften vorzukommen.
Will man aber auffallend starke Fettbildung in der Gesässgegend überhaupt hierher
rechnen, so käme Steatopygie auch noch bei anderen Rassen, wenn auch merk-
würdiger Weise am häufigsten wieder bei Afrikanern vor (Bongo- Weiber nach
Schweinfurth und R. Hartmann, Bomu- Weiber nach Nachtigal, Somali-
1) Vgl. hierzu: G. Fritsch, Die Eingeborenen Südafrikas. Breslau, 1872, Hirt.
R. Blanehard, Etüde critique de la Steatopygie, Meulan, 1883. — Ploss-Bartels,
Das Weib, 4. Aufl. S. 153, Leipzig, 1895. Hennig C, Steatopygie bei Kaukasierinnen.
Correspbltt. d. deutsch, anthrop. GeseUsch. 1886, Nr. 4.
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^'H<1 z'ihi M IL-trli'ls i^iiH' sehr c^tiaraktiii-lisrln* Alihikliiii.!:- Ii:ii4i tlrr FIkiIo-
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Aiu'h fiel 'MiiiiiiiTii ik-r ^aH*iirriii!li"ii Siiiuitiie. iitslii'SHiiiierv iiei tltii Sitii-
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k'i'lirr tlir' ri\v;lip'li Il.^iS'siitVrrsrlHi'ik'lliHilcil iti dvi' < Jrstall ilUU' <iii' kt*-'
'*<'!"Ni,ic'ii l''tfri'ln,'ii, \'t'ilirii,iiiLVU iiii<i tlv^ I l.ii!iir{i=> i>1 s«j i:iil wir UHdits Zii-^
liis.<i_i^-«.s lit'kniiii!: Hill' fk-is eiui' tiiau' ti'W^iiliiil st^ii. da.ss hei iiiaiii'lii'ii Vt">lker-
nlUm, z. li Xt'piTiL Aii,siniii*i*ii. von «iii»i' i-kirkt-ii \k'rlirriiiti:* lii^r Kniiz
k"ii.i:-ei:Hinl ili*' iifilf ^^f: dcilH-i sjHrll .ik<i' dii; ik'M'kiiiiu'i^'iiii.i:' diri' I{<dlt/.
^vii" di'r <;nid ik'r KiiiniiiuiüM:' (Ivr lyr-iidiiiwirlH'l^iiidf. iJiirlif ihh' hIc I'km
14 Ensellure lombosacr^e. Altersverschiedenheiten.
logne) bezeichnet mit dem Namen ^ensellure lombosaer^e physiologique"
den höchsten Grad der Lendenkrtimmung der Wirbelsäule, der noch als phy-
siologisch betrachtet werden kann; er soll nach ihm ein Rassencharakter sein,
und insbesondere den Andalusierinnen zukommen*). Cunningham^) fand eine
starke Einsattelung bei einigen „Hottentot-Bushnien", wie er sie nennt; auch
lag sie hier viel tiefer (am letzten Lendenwirbel) und war erheblicher, als bei
einigen Iren, die sie auch zeigten, jedoch am 2, Lendenwirbel. — Topinard
(Anthropologie generale 1885) nimmt an, dass die „ensellure" bei den braunen
romanischen Rassen Südeuropas stärker sei, als bei den blonden Nord-Euro-
päern; das würde mit Duchenne 's Angaben stimmen.
Altersverschiedenheiten.
Ich bringe hier nicht das zur Sprache, was Jugend und Alter im allge-
meinen kennzeichnet, wie z. B. das Verhalten der Hautgebilde; auch übergehe
ich hier das knöcherne Becken und die äusseren Geschlechtstheile, flir welche
sich bei den betreffenden Kapiteln Platz finden wird.
Bei Neugeborenen^) bestehen die auffallendsten Verschiedenheiten in der
geringen Breite des gesammten Beckens, welches damit den Ein-
druck des noch vollkommen Unfertigen macht, in der geringen Entwick-
lung der Nates, denen die untere Rundung noch abgeht, und die sich
nach abwärts abgestumpft verjüngen, ferner in dem damit zusammenhängenden
starken Hervortreten des gesammten Interfemineum nach
aussen. Besonders trifft dies für die äusseren Geschlechtstheile zu. — Die
Schamfurche ist bei gutem Ernährungsstande meist sehr deutlich, ebenso die
Schenkelbeugungsfurche; dagegen ist die Kreuzbeinraute kaum wahrzunehmen,
was mit der geringeren Entwicklung des Knochen- und Muskelapparates nament-
lich dieser Gegend, sowie mit der geringen Lumbalkrtimmung zusammenhängt.
Mit der fortschreitenden Entwicklung bildet sich vor allem das zu Tage
treten des Interfemineum zurück, und die Nates erreichen auch schon im
Kindesalter ihre normale Rundung — guter allgemeiner Körperzustand voraus-
gesetzt. — Das schlankere Bild der Gesammtbeckenform bleibt.
Mit Eintritt der Geschlechtsreife gelangen wir zu dem vorhin geschilderten
Bilde des Beckenäusseren, welches im höheren Greisenalter durch die Erschlaf-
fung der bindegewebigen Bildungen, den Schwund des Fettes, sowie durch
den Rückgang der Muskulatur die bekannten Aenderungen erfahrt; eine be-
sondere Schilderung derselben ist hier unnöthig.
1) Duchenne, Physiologie des mouvements. 1867,
2) Cunningham, D. J., The lumbar curve in man and the apes. Memoirs of
the Royal Irish Academy („Cunningham Memoirs" Nr. II). Dublin, 1886, 4 (hat die voll-
ständige Literatur bis 1886, aus der ich insbesondere die Arbeiten von Aeby, Fr.
Merkel und Parow hervorhebe.
3) Vgl. hierzu: Henke, W., Anatomie des Kindesalters, 2. Aufl. Tübingen, 1881.
— Symington, J., The topographical anatomy of the child. London, 1887.
Öeschlechtsverschiedenheiten. 15
Geschlechtsverschiedenheiten.
Die Geschlechtsverschiedenheiten im äusseren Bilde der Beckengegend
sprechen sich, abgesehen von den äusseren Geschlechtstheilen selbst, in Fol-
gendem aus: Beim Weibe haben wir relativ grössere Breite, wesentlich durch
<lie stärkere Fettentwicklung bedingt^), und insbesondere auffällig durch den
Clegensatz zur schlanken Taillengegend, grössere Fülle und Rundung der Nates,
des Schamberges und der Oberschenkel, wodurch die vorhin aufgeführten Fur-
chen vertieft und bei geschlossenen Schenkeln die äusseren Geschlechtstheile
ßammt einem Stücke des Mons pubis völlig verdeckt werden. Dies ist be-
®<>nders bei stärkerer Beekenneigung der Fall.
In Folge dieser bedeutenderen Fettentwicklung treten auch die Knochen-
J'eliefs der Darmbeincrista, der Spinae iliacae, des Tuberculum pubicum weniger
deutlich hervor, als beim Manne. Das obere laterale Lendengrübchen fehlt
^eist, s. S. 8; die Gesässwölbung setzt sich nach oben in die Weichen-
engend fort.
Von den vorderen Furchen ist die Schenkelbeugungsfurche beim Weibe
häufiger gut ausgeprägt, ebenso die Schamfurche: anderes wurde bereits vorhin
bemerkt, so das auf die beiden Eauten bezügliche. Die Trochantergrube ist
l^eim Manne besser ausgebildet, desgleichen die seitliche Glutäalfurche. All-
gemein bekannt ist die grössere Breite des weiblichen Interfemineum, welches
^i^h namentlich bei der Vergleichung des weiblichen und männlichen Dammes
^^^gt; dagegen ist der erstere in der Richtung von vorn nach hinten erheblich
kürzer. Die vorhin gegebene Schilderung des Laufes der Furchen in der
Dammgegend bezieht sich insbesondere auf das Weib. Beim Manne sind noch
™gende Aenderungen zu merken (s. Fig. 11): Die Crena ani hört mit der
Afteröffnung auf, während sie sich beim Weibe, insbesondere bei geschlossenen
^<5henkeln, ohne Unterbrechung in die Schamspalte fortsetzt. Die Raphe perinei
^st beim Manne meist sehr deutlich*). Die Glutäoperinealfurche geht nicht in
^lö Crena tiber^ sondera umkreist die Wurzel des Scrotum.
1) Die Differenz der Knocheubreitenmaasse (Distantia cristarum und trochan-
erum) ist nicht erheblich (5 mm für die Cristae und 9 mm für die Trochanteren zu
Gunsten des Weibes nach Sappey). Ich meine, dass auch das im Durchschnitte noch
«n hoch gegriffen sei. S. w. u. „Beckenmaasse".
2) Die starke Raphe in Fig. 80, sowie deren vordere Fortsetzung in die beiden
Usläufer (6) ist eine ungewöhnliche, jedoch nicht selten vorkommende Bildung, von
^^ beim Kapitel: „Aeussere weibliche Geschlechtstheile** noch die Rede sein wird.
16
Knöchernes Becken. Allgemeines. Hüftbein.
Knöchernes Becken.
Allgemeines. Hüftbein.
Aus praktischen Gründen schreiten wir in der Schilderung des Beckens
nicht streng nach den Gegenden und nach der topographischen Schichtung
fort, sondern lassen auf die Beschreibung des äusseren Beckenbildes zunächst
eine topographisch-anatomische Betrachtung des knöchernen Beckens mit seinen
Bändern folgen. Während die beschreibende Anatomie zum knöchernen Becken
nur das Hüftbein, Kreuzbein und Steissbein zieht, müssen für die topographi-
sche Anatomie noch die beiden letzten Lendenwirbel und das obere Stück des
Femur (bis zum Trochanter minor einschliesslich) hinzugenommen werden.
Fig. 12.
Spin, iliaca
ant, 8up,
Spin, iliaca
ant inf.
Crist, ohturatoria
Pect, oss,
puhis
Tuherc. pubic.
Spin, ischiadica
Pelvis maris. (Positus horizontalis.)
Die relative Lage dieser Knochen bei aufrechter Stellung und mittlerer
ßeckenneigung ist folgende: Das Kreuzbein liegt nach hinten und oben; ihm
nach oben angefügt sind die Lendenwirbel, nach unten das Steissbein. Die
Hüftbeine nehmen die beiden Seiten ein, indem sie zugleich vorn, in der Sym-
physis ossium pubis spangenartig zusammentreten. Seitlich sind im
Hüftgelenke, ungefähr der Mitte der Hüftbeine entsprechend, beide Ober-
schenkelbeine angesetzt. Die Hüftbeine (Ossa coxae) sind ihrerseits
aus drei Stücken ^) zusammengefügt: dem Darmbeine (Os ilium), demScham-
1) Von den zwölf Verknöcherungscentren des Hüftbeines erhält sich eins, wel-
Hüftbein: Isthmtis coxae. Hüftpunkt. Sitzpunkt. 17
^öine (Ospnbis) und dem Sitzbeine (Osisehii), von denen das Dannbein nach
ooen, das Sitzbein nach unten und hinten und das Schambein nach unten und
'^oni liegt, so dass es mit seinem symmetrischen Gegenstücke den erwähnten
Spangenschluss bildet (vgl. Figg. 12, 13 u. 14).
Das Os ilium bildet den dorsalen, das Ischiopubicum den ventralen
Theil des Hüftbeines; da, wo der dorsale mit dem ventralen Theile zusammentrifft,
7* die Pfanne für den Oberschenkelknochen. Diese Stelle liegt, wie bemerkt, etwa
^^ der Mitte des Hüftbeines (richtiger ein wenig unterhalb derselben), indem
die Pfannenmitte vom höchsten Punkte des Os ilium weiter entfernt ist, als
"^om tiefsten Punkte des Os ischii; ersteres ist also länger.
Zugleich ist das Os ilium breiter. Die grösste Breite hat es zwischen
^^^ Spina iliaca anterior superior und der Spina iliaca posterior superior, wäh-
^<5nd die des Ischiopubicum zwischen dem vorderen oberen Symphysenrande
^öd der Spitze der Spina ischiadica liegt. Bei der richtigen Beckenneigung
("osittts norraalis) liegen freilich weder die beiden oberen noch die beiden
''üteren Messpunkte in einer Horizontalen, sondern die beiden hinteren Punkte
''tehen ein wenig höher (etwa gleich viel) als die vorderen; doch gibt es
Becken, wo sie nahezu in gleicher Höhe stehen. Das Gebiet der Pfanne ist
"er schmälste Theil des Hüftbeines. Der geringste Breitendurchmesser, die
^^telle des Istlimus coxae, wie ich sie nenne, entspricht fast genau dem
*^öeren Pfannenrande, und liegt zwischen der Incisura iliaca major (Henle)
^ä der Incisura ischiadica major; die Verbindungslinie läuft hier bei richtiger
Beckenneigung fast horizontal.
Der höchste und tiefste Punkt des Beckens liegen bei aufrechter Stellung
^^ Lebenden meist senkrecht untereinander; der höchste Punkt, Hüftpunkt
(Punctum coxale m.) liegt etwa in der Mitte der Crista iliaca; der tiefste ist
"<^r Sitzpunkt (Punctum ischiadicum m.) am Tuber ischiadicum (Fig. 15).
Das Os ilium ist bekanntlich normaler Weise eine einzige undurchbrochene
^öochenschaufel, während das Ischiopubicum, von einer grossen ovalen
^wming, dem Foramen obturatum, durchbrochen ist, und so zum Knochen-
i'inge wird. Die Oeffnung liegt jedoch nicht in der Mitte des Ringes; son-
*es zwischen Darmbein und Schambein, da, wo diese in der Pfanne zusammen-
ossen, gelegen ist, längere Zeit als selbständig bleibendes Stück ; es führt dann den
*uien: Os acetabuli (Os cotyloideum, Os coxae quartum), Pfannenknochen,
• Krause. Beim Menschen tritt der betreffende Knochenkern im 12. Lebensjahre
li K ^^^ verschmilzt mit den benachbarten Kernen bis zum 18. Jahre. Bei jugend-
. ^*J®ß Säugethieren ist er als selbständiges Glied des Hüftbeines häufiger zu finden,
besondere bei Affen (Hylobates, Cynocephalus) und Nagern (Lepus cuniculus und
*«iidu8) u. a. Vgl. W. Krause, Ueber den Pfannenknochen, Centralblatt für die
Q^^^*- Wissenschaften 1876, Nr. 46 u. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. 1885. —
• viegenbaur: Ueber den Ausschluss des Schambeins von der Pfanne des Hüft-
^*enks. Morphol. Jahrb. IL 1876.— Poirier, Traitö d^anatomie humaine T. L p. 194.
j ""^^uibaud et Renault, Origine et D^veloppement des os. Paris, 1864. —
/^che, W., Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiologie, 1884. — Schon B. S. Albin
*^»te den Pfannenknochen (1737).
^»Meyor. Das Becken. 2
20 Hüftbein: Sitzbeinbalken. Schambeinbalken. Tubera glutaea.
dern mehr nach vorn und unten : ihr Längsdurchmesser zieht nahezu horizontal
(bei richtiger Beckenneigung). Bei einzelnen Individuen, namentlich im höheren
Alter, erscheint aber auch das Os ilium von einer grösseren oder kleineren
Lücke durchbrochen; diese liegt dann an der Stelle, wo die Iliumschaufel
stets am dünnsten ist, d. i. mehr in derem hinteren Abschnitte. (Fig. 13. Pars
ten, oss. ilium.)
Die massivsten Stellen des Hüftbeines sind etwa in der Form zweier Kreuz-
balken angeordnet. Der eine dieser Balken geht vom Sitzpunkte durch den
Eamus superior ossis ischii und den hinteren Pfannenumfang zur Spina iliaca
anterior superior: Sitzbeinbalken, der andere von der Symphyse im
oberen Schambeinaste, der Linea terminalis entlang, durch die Gegend der Facies
auricularis zur Spina iliaca posterior superior: Schambeinbalken. Unge-
fähr da, wo diese beiden Balken in der Pfanne sich kreuzen (etwas tiefer), liegt
der Drehpunkt des Hüftgelenkes.
Der Sitzbeinbalken ist von ziemlich geradem, nahezu senkrechtem Ver-
laufe, der Schambeinbalken ist zm* Beckenhöhle hin concav gekrümmt. Oben
sind beide Balken durch die Spange der Crista iliaca, unten ebenfalls durch
eine Spange, den dünnsten Theil des Ischiopubicum, verbunden. Der Sitz-
beinbalken ist der stärkere, oben namentlich ist er breit; er reicht dort mit
seiner starken Knochenmasse bis zu einem Punkte, der ungefähr senkrecht
über der Pfannenmitte (bei richtiger Beckenneigung und aufrechter Stellung)
liegt und der sich auch an der Aussenfläche des Beckens durch einen starken
Vorsprung — hier wurzelt eine besonders kräftige Portion des Glutaeus medius,
die senkrecht zum Trochanter major hinabläuft — markirt. Dieser Vorsprung
— man könnte ihn als „Tuber glutaeum anterius" bezeichnen — liegt
etwas vor dem Hüftpunkte. (Figg. 14 u. 15.)
Durch den unteren Theil des Sitzbeinbalkens wird wesentlich die Rumpf-
last in sitzender Stellung des Körpers getragen, durch den Schambeinbalken
findet die Uebertragung der Rumpflast auf die untere Extremität beim Stehen
statt. Der obere Theil des Sitzbeinbalkens ist wohl ein Verstärkungsstück,
welches den vom Oberschenkel ausgehenden Gegendruck zu tragen hat. Auch
dem Schambeinbalken kommt ein oberes Verstärkungsstück zu, welches sich
theils, in dem genannten Bogen weiterlaufend, an die Massae laterales der oberen
Kreuzwirbel anlehnt — allerdings von diesen durch den Spalt der Articulatio
sacroiliaca getrennt — theils jedoch, im Darmbeine selbst weiter gehend,
in der starken Knochenmasse endet, der die Spinae iliacae posteriores superiores
angehören. Es ist bemerkenswerth, dass sich an diesem Theile des Darm-
beines, an dessen Aussenfläche, unweit der Spina iliaca posterior superior, ein
ähnlicher Vorsprung findet, wie wir ihn vorhin am Sitzbeinbalken als Tuber
glutaeum anterius feststellten. Er dient einem ansehnlichen Theile des
Musculus glutaeus maximus zum Ursprünge, wie der erstgenannte einer Portion
des Musculus glutaeus medius; daher mag er als „Tuber glutaeum poste-
rius" unterschieden werden. (Vgl. Figg. 14 und 15.) So gestaltet sich im
Wesentlichen die Massenvertheilung der Knochensubstanz im Hüftbeine; auf
Kreuzbein. 21
die Präge nach den mechanischen Leistungen des Beckens komme ich später
zurück.
W. A. Freund^) hat auf die Stellen des stärksten Widerstandes im Becken
ebenfalls aufmerksam gemacht und die zwei Bögen, die beim Stehen und beim Sitzen
^ie Rumpflast zu tragen und fortzupflanzen haben, angegeben. Er führt sie aber
beide nur bis zum Kreuzbeine; die oberen sehr starken Fortsetzungen dieser Bögen
oder Balken im Darmbeine sind, wie mir scheint, bislang nicht berücksichtigt worden.
Sie sind jedoch sehr beständig und augenfällig. Die Tubera glutaea sind an
Jedem Darmbeine leicht zu sehen; das hintere ist oft ausgesprochen dreieckig. Selbst-
verständlich verkenne ich nicht den Antheil, den die Muskelursprünge an ihrer Ent-
^ickelung haben.
Die knöcherne Hinterwand des Beckens wird von dem Kreuzbeine und
dem Steissbeine gebildet. Letzteres ist die unmittelbare Fortsetzung des
^rsteren und verdankt seine Bezeichnung als besonderer Knochen nur den beiden
Umständen, dass es während eines grossen Theils des Lebens sich beweglich
gegen das feste Kreuzbein abgliedert und dass ihm eine Fortsetzung des Wirbel-
kanales fehlt.
Kreuzbein.
Das Kreuzbein ist eine der kräftigsten Stützen des Skeletes. Durch
die Verwachsung seiner namentlich oben sehr breit gewordenen fünf Wirbel-
glieder zu einer einzigen Masse, gibt es einen ausserordentlich festen und
widerstandsfähigen Knochen ab. Da, wo die ebenfalls nach unten immer
massiger werdenden Lendenwirbel auf den ersten Kreuzwirbel stossen, in
der Gegend des Promontorium, ist so zu sagen das Massencentrum der
gesammten Wirbelsäule gelegen. Gleich unterhalb dieses Punktes gliedert sich
^uch der Htiftbeinring mit der unteren Extremität an. Die Angliederung trifft
^er Regel nach die drei oberen Sacralwirbel; der grösste Antheil davon fällt
gemeinhin auf den ersten und zweiten, ein viel kleinerer auf den dritten Kreuz-
Wirbel. Falls der erste Kreuzwirbel, wie nicht gar selten, seinen ursprüng-
lichen Charakter als Lurabalwirbel mehr oder weniger bewalii-t, sich also gleich-
sam aus dem Kreuzbeine frei zu machen strebt, kann der zweite die grösste
Verbindungsfiäche aufweisen. Nach Paterson^), dessen ausgezeichneter Arbeit
*^h im Nachstehenden — gestützt auf die eigene Untersuchung von etwa
100 Kreuzbeinen der L Berliner anatomischen Anstalt — folge, articulirten
^it dem Os ilium unter 265 Fällen:
1) Freund, W. A., lieber das sogenannte kyphotische Becken nebst Unter-
suchungen über Statik und Mechanik des Beckens. „Gynäkologische Klinik.* Bd. I^
^trassburg, Karl J. Trübner, 1885. 8.
2) Paterson, A. M., The human Sacrtim. The scientific Transactions of the
^*^yal Dublin Society. Vol. V. (Series II). Dublin & London, Williams & Norgate, 1893.
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Krenzbeinkrümmimg. ^3
üebertrag 266 mal
S— 2+3 3 „
S- 2+3+4 3 „
L5+S1+2 1 „
L6+S 1+2+3 4 „
L6+S1+2 2 „
L6+S 1+2+3 1 „
280 mal.
Man sieht aus dieser Tabelle, dass der 2. Wirbel stets an der Artiku-
lation betheiligt ist; der erste fehlte nur in 6 Fällen, der dritte dagegen in
^4 Fällen; 6 mal betheiligte sich der 4. KreuzwirbeL
Die nicht artikulirenden Wirbel zeigen eine rasche Abnahme ihre? Grösse,
Aiud so gewinnt das Kreuzbein die ihm eigene Form einer sich von oben nach
öQten in der Breite und Dicke verjüngenden Platte. Diese Platte ist nun in den
weitaus meisten Fällen noch kyphotisch gekrümmt; der Scheitelpunkt
der nach hinten konvexen Kreuzbeinkrümmung liegt im dritten KreuzwirbeL
Die Kreuzbeinkrümmung stellt einen der wichtigsten Punkte in der
pJ'aktisehen Anatomie des Beckens, namentlich des weiblichen Beckens dar; denn,
^e ohne weiteres ersichtlich ist, hängt die Gestalt des Beckenraumes und seine
wösse wesentlich mit von dieser Krümmung ab. Cunningham 1. c. (S. 14) und
^aterson 1. c. (S. 21) haben jüngst die eingehendsten Untersuchungen über die-
»ßlbe veröffentlicht. Sie ist bereits beim Fötus vorhanden und ist in guter
Ausbildung eine besonders hervorstechende Eigenthümlichkeit des menschlichen
Sacrnni, wenn sie auch den Anthropoiden nicht ganz fehlt (Cunningham 1. c).
Jfach Paterson's Untersuchungen betrug das Maximum ihrer Tiefe*) 44 mm, ihr
Minimum 4 mm. Die Berliner Sammlung hat ein Kreuzbein eines Erwachsenen,
*^i welchem eine Krümmung fast vollständig fehlt. Im Mittel beziffert sie sich
*^' 18,8 mm. Die Kurve ist oberhalb der tiefsten Stelle meist flacher als
''öterhalb derselben; auf diese Weise nimmt sie eine ganz charakteristische
Gestalt an.
Der tiefsten Stelle der Kurve entsprechend, (also etwa der Mitte des
dritten Kreuzwirbelköi-pers), nimmt man bei der Abtastung des Rückens Bm
labenden leicht eine deutliche Hervoiragung in der Crista sacralis media wahr;
^^^igermassen ist dies an der Fig. 9 zu erkennen. Die Grösse dieser dorsalen
"ervorragung gestattet jedoch keinen Rückschluss auf die Tiefe der Con-
^vit&t. Sehr tiefe Kurven lassen das Kreuzbein wie eingeknickt erscheinen
(Kreuzbeinknickung). Meist ist es der untere Kurvenschenkel, welcher durch
Witzliche Vorwärtsbiegung den Knick erzeugt.
. 1) Zieht man eine Gerade von der Mitte des Promontorium zur Mitte des un-
^f^ Randes des 5. Kreuz wirbeis, so ist dieses die Sehne der Kreuzbeinkurve; die
»Ti^iefe« der Kurve wird durch die grösste Entfernung dieser Sehne vom Kreuzbeine
Ä^iiaessen.
. 24 Kreuzbein: Incisura sacralis. Duralsack.
Die Verjüngung des Kreuzbeines von oben nach unten schreitet nicht
immer gleiehmässig fort, häufig ist der zweite Kreuzwirbel schmäler als
der obere Theil des dritten, welcher dann gegen das Darmbein hin, ebenso
wie der stets breitere erste vorspringt. Es entsteht dadurch die sogenannte
Incisura sacralis (Cunningham, Paterson 1.1. c. c). Da von Seiten des
Os ilium den genannten Hervorragungen des Saerum Vertiefungen entsprechen
und umgekehrt, so kommt durch diese Disposition eine stärkere Befestigung
beider Knochen an einander, in Gestalt einer ächten „Verzahnung" zu Stande.
Bei den Anthropoiden ist sie die Regel.
Wie bemerkt, nimmt die Verjüngung des Saerum vom Ende seiner Ver-
bindung mit dem Os ilium an sehr schnell zu. Die Wirbelsäule hat mit dem
Verlassen des Os ilium ihre Hauptaufgaben erfüllt und strebt nun, beim Men-
schen \^nigstens, rasch ihrem Ende zu. Dies letzte Stück Kreuzbein bildet
noch ein Stück Wandgebilde am Becken, jedoch nur unvollkommen ; zu beiden
Seiten bleibt ein zum Steissbein hin sich schnell verbreiternder Zugang offen;
die Knochen werden hier indessen noch ausgiebig durch die starken Ligamenta
sacrotuberosum und sacrospinosum ergänzt. Noch einige dünne Nerven ziehen
im Reste des Kreuzbeinkanales abwärts ; sonst fällt diesem Theile des Saerum,
sowie dem Steissbeine wesentlich wohl nur die Rolle einer Befestigungsstättc
von Muskeln und Bändei*n zu.
Eine vollständige knöcherne Umgrenzung hat das Becken nur unmittel-
bar unterhalb der Linea terminalis in einer Höhe von 2 — 3 cm.
Gestützt auf den Umstand, dass der untere Kreuzbeinabschnitt nur eine ge-
ringe Bedeutung hat, entschliesst man sich in Fällen, wo es gilt hoch im hinteren
Beckenraume operativ vorzudringen, z. B. bei hochsitzenden Mastdarmtumoren, zur
Resection dieses Theiles des Saerum i). Maassgebend für die Höhe, bis zu welcher man
hier vordringen darf, ist das Ende des offenen Duralsackes. Nach den Untersuchungen
von R. Wagner^) erstreckt sich derselbe bei Kindern meist bis in das Gebiet des dritten,
bei Erwachsenen bis in das des zweiten Kreuzwirbels hinein ; in einigen Fällen wurde
das Ende des dritten Kreuzwirbels erreicht. Da das Ende des Duralsackes
zugespitzt ist, könnte man im Nothfalle nach Entfernung der beiden letzten Kreuz-
wirbel im Gebiete des dritten seitlich noch weiter nach oben vordringen. Chipault^)
fand, dass, auf die Sacraldornen bezogen, das Sackende dem 1. Dorne entspricht. —
Rose*) nennt das Stück Wirbelsäule, welches die drei letzten Kreuzwirbel und die
Steisswirbel, also gewöhnlich 7—8 Wirbel umfasst, wegen seiner Beziehungen zum
Mastdarm, den „Mastdarmdockel**. Rose macht noch auf eine nicht selten zu
beobachtende ansehnliche Verbreiterung der letzten Kreuzbeinwirbel diclit
1) K r a s k e, Zur Exstirpation hochsitzender Mastdarmkrebse. Arch. f. klin. Chir.
ßd. 33. S. 563. Bardenheuei-, Die Resection des Mastdarms. Klinische Vorträge,
herausgegeben von R. Volk mann. Nr, 298.
2) Wagner, R., Die Endigung des Duralsackes im Wirbelkanal des Menschen.
Arch. f. Anat. u. Physiologie. Anat. Abth. 1890. S. 64 (Aus dem I. anat. Institute der
Berliner Universität).
3) Chipault, A., Rapports des apophyses 6pineuses avec la moelle, les racincs
m^duUaires et les m^ninges. Paris, 1894, L, Bataille et Comp.
4) Rose, E., Die Coeliectomia postica. Archiv für klinische Chirurgie Bd. L.
Heft 2, 1895.
Kreuzbein: Uebergang^swirbel. Promontorium. 25
"ör der Spitze des Sacrum aufmerksam; diese flügelähnlichen Verbreiterungen nennt
^ »^i^euzspitzflügel^; sie hindern sehr den Zugang zum Becken von hinten her.
^ können auch zu Täuschungen bei operativer Entfernung des Kreuzbeines Veran-
^ssung geben, indem man sie, vom Steissbeine nach oben vordringend, mit dem hinteren
heil der Darmbeinschaufeln verwechseln kann. Die Breite des Kreuzbeines an der
«chirurgischen Durchtrennungsstelle (zwischen 2. und 3. Kreuzwirbel) beträgt 8— 11 cm.
Der 1, Sacralwirbel trägt sehr oft, und zwar in verschiedenem Grade,
«le Merkmale eines üebergangswirbels, er hat so zu sagen die Tendenz
*^<5h aus der Kreuzbeinmasse freizumachen — richtiger ausgedrückt, ist er
öiehr oder weniger frei geblieben. Von allen Theilen des Wirbels
Weibt das ihm eigenthümliche Rippenelement am häufigsten mit dem übrigen
^euzbeine — und dann auch mit dem Dannbeine — verbunden, während der
"ocessus transversus sich auch bei sonst vollständig einverleibtem Wirbel meist
*i^i erhält imd in chara^kteristi8cher Weise nach oben vorragt; er gibt dann
^ine ausgezeichnete Befestigungsstelle für Bandmassen der Ligamenta sacro-
»Haca ab.
Der Domfortsatz des 1. Kreuzwirbels ist meist frei und ragt deutlich
fühlbar hervor; nicht selten zeigt sich eine unvollkommene Vereinigung oder
8ar völlige Spaltung desselben.
Durch die besondere Art der Vereinigung des letzten Lendenwirbels mit
^em ersten Kreuzwirbel, welche Vereinigung etwas vorspringt und durch eine
^nr stark entwickelte Bandscheibe ausgezeichnet ist, während der erste Kreuz-
^irbelkörper alsbald in der Linie der vorhin besprochenen Kurve zurückzu-
reichen beginnt, kommt das so ausserordentlich wichtige „Promontorium*^
^^ Stande. Dasselbe bedingt einestheils die charakteristische Form des Becken-
^»ganges, ist in seiner verschiedenen Entwicklung eines der wesentlichsten
Faktoren der Beckendimensionen und einer der wichtigsten Orientirungspunkte
^1 der Untersuchung des Beckeninneren. Der bei der Exploration am deutlichsten
fühlbare Punkt ist die Verbindungsstelle der genannten Bandscheibe mit dem
• Kreuzwirbelkörper, oder, besser gesagt, der obere Rand dieses Körpers;
^^ am meisten vorspringende Punkt liegt jedoch in der Bandscheibe selbst.
Fügen wir, um Irrthümern zu begegnen^ gleich hinzu, dass im Promontorium
<^ht etwa der am meisten nach vorn vorspringende Punkt der Lendenwirbelsäule
«egeben ist; dieser — er ist zugleich der vorderste Punkt der gesamten Wirbel-
Ule — liegt zumeist im 4, Lendenwirbelkörper, oder (seltener) auch in der Band-
scheibe zwischen 3. und 4. oder 4. und 5. Lendenwirbel.
Wenn der 1. Kreuzwirbel frei oder nahezu frei ist und die Charaktere
^lües Lendenwirbels angenommen hat, dann entsteht meist das sogenannnte
pPpelte Promontorium, indem wir die Synchondrosis sacralis I ähnlich
r^die Synchondrosis lumbosacralis vorspringen finden; jedoch ist das untere
*^montorium weniger ausgebildet als das obere. Paterson fand es 33 mal
l^ter 265 Fällen; es ist häufiger bei Männern als bei Weibern — namentlich
8**J dies fftr die Fälle von vermehrter Kreuzwirbelzahl. Bei den von mir beob-
«teten Fällen der Berliner Sammlung ziehen von beiden Promontorien aus
faickte Knochenstrecken zur Linea terminalis hin, so dass dann also deren
^^ sacralis ebenfalls doppelt ist.
36 Kreuzbein: Hiatus lumbosacraüs. Kreu^Ewirbelzabl.
Je freier der erste Sacralwirbel wird, desto tiefer rückt die Anheftnng
des Os ilium am Sacrum hinab; somit kann dies Verhalten auf eine Steigerung
der Eörperlänge einwirken (P a t e r s o n).
Die oberen Gelenkfortsätze des 1. Sacral wirbeis sind immer frei empor-
gerichtet und auffallend stark; die Form ihrer Gelenkfläche ist äusserst vari-
abel Sehr bemerkenswerth ist eine tiefe Grube an ihrer Basis, welche zum
Theil noch von der Gelenkkapsel umfasst wird, und in welche sich das untere
Ende des Gelenkfortsatzes vom fünften Lendenwirbel bei Streckung der Wirbel-
säule (s. Fig. 84, Fossa subglenoidalis lumbosacralis) versenkt i).
Zwischen letztem Lendenwirbelbogen und erstem Sacralwirbelbogen findet
sich immer ein grosser Hiatus intercruralis, der Hiatus lumbosacralis, wie
ich ihn nennen möchte. Beim Lebenden natürlich mit Bandmasse verschlossen,
stellt er jedoch mit den grösseren übrigen Hiatus intercrurales (H. atlanto-
occipitalis, H. atlantoepistrophicus und Hiatus sacralis) eine derjenigen Stellen
dar, an welcher der Rückenmarkskanal und sein Inhalt besonders leicht zu-
gängig sind. Bei gestreckter Haltung schliesst sich der Hiatus lumbosacralis,
der Hiatus sacralis bekanntermassen jedoch nicht. — Von diesen beiden Stellen
aus kann sich ein dauerndes Offenbleiben des Kreuzbeinkanales in grösserer oder
geringerer Ausdehnung nach abwärts, bezw. nach aufwärts entwickeln, bis es
in den extremsten Fällen, die bereits an das Pathologische streifen, zum Offen-
bleiben des ganzen Kreuzbeinkanales kommt. Dies ist selbstverständlich am
Lebenden nachweisbar*).
Die drei ersten, gewöhnlich mit dem Os ilium verbundenen Sacralwirbel
zeigen drei sehr deutlich ausgeprägte Bändermarken in Gestalt tiefer
Gruben, die zur Tuberositas iliaca hingewendet sind; gewöhnlich ist die dem
ersten Kreuzwirbel angehörige die grösste, mitunter aber die zweite. In ihnen
haftet der mächtige Bandapparat des Lig. sacroiliacum interosseum.
Die Zahl der Kreuz wirbel ist bekanntlich der Regel nach fünf; kann
aber (seltener) auf 4 sinken, oder (häufiger) auf 6 steigen; es ist selbstver-
ständlich, das« mit diesen Aenderungen die Gestalt, Länge und Krümmung
des Kreuzbeines Abänderungen erfahren müssen oder können, weshalb dies hier
nicht übergangen werden durfte.
Sehr wichtig ist die in etwa 8**/o vorkommende Asymmetrie des Kreuz-
beines; sie kommt dadurch zu Stande, dass ein Kreuzwirbel sich zu einem
1) Meines Wissens hat insbesondere W. A. Freund auf diese Grube aufmerk-
sam gemacht 1. c. p. 62 u. Anm. 35. S. 110. Langer erwähnt sie ebenfalls in seiner
Abhandlung über den Riesenwuchs, Wien 1871, an allen Abschnitten der Wirbelsäule.
— Ich kann die Freund 'sehen Angaben durchaus bestätigen; nicht an allen Becken
ist jedoch, wie auch schon Freund angibt, die Grube gleich gut entwickelt. Man be-
obachtet sie in geringerer Entwicklung auch an den Lendenwirbeln. Die mir zu-
gängigen Handbücher — auch die neuesten von Poirier, Quain (Dancer Thane),
Testut, Romiti, Gegenbaur erwähnen diese Grube nicht.
2) Paterson bezeichnet dies Verhalten als „extremely rare**; er hatte nur 2 Fälle
unter 265; unser Museum weist unter etwa 100 Fällen völlig ausgewachsener Kreuz-
beine 4 auf.
Sacraiindex. Steissbein. 27
'^«bergangswirbel ausbildet; dies trifft, wie bekannt, die beiden Grenzgebiete
(tambosacraler oder sacroeoecygealer üebergangswirbel). Solche Umformungen
bedingen Beckenabnormitäten, insbesondere Schiefheit
Sir W. Turner^) hat sich um die Aufstellung und anthropologische
Verwerthung eines sogenannten „Sacraiindex" verdient gemacht. Man
versteht darunter den procentisehen Werth der grössten Breite des Sacrum,
^e Länge desselben gleich 100 gesetzt, nach der Formel L : lOO^^B : x=Ind, s.,
Voraus sich ergibt: — ~r^— =x=Index sacralis. Der mittlere Sacraiindex be-
**%t nach Paterson 106,7, also das menschliche Sacrum hat in der Breite
seinen grössten Durchmesser; das Sacnim der Weiber ist relativ breiter als das
^er Männer. Schmale Kreuzbeine mit einem Index unter 100 werden von
T'Jrner und Paterson als dolichohierische^), Mittelformen mit Indices
von 100—106 als subplatyhierisch e, breite, mit Indices über 106, als
platyhierische bezeichnet.
Steissbein.
Die wichtigsten vom Steissbeine hier hervorzuhebenden Punkte sind :
^iöe starke Verjüngung, seine Krümmung, welche die untere Kreuzbeiji-
*^rümmung fortsetzt, so dass der Apex ossis coccygis wieder nach vorn sieht,
^ine bewegliche Verbindung mit dem Kreuzbeine und die auch häufig er-
**^lten bleibende Beweglichkeit der einzelnen Steisswirbel unter sich.
Diese Beweglichkeit erlaubt ein Zurtickbiegen der Steissbeinspitze bis zu 2 cm
^öd mehr; sie ist daher ein für den normalen Geburtsverlauf, nicht weniger
ft^ch fftr die Ausführung mancher Operationen bedeutsamer Faktor.
Die Beweglichkeit beruht auf zwei Dingen: die Hauptsache ist die sich lange
^rhaltende synchondrotische Verbindung zwischen Sacrum und Steissbein; dazukommt
^ie ElasticitMt der Knochensubstanz, welche selbst bei der schon früh (vom 12.— U.
^bensjahre an) beginnenden knöchernen Verschmelzung der Steisswirbel unter sich,
eine gewisse Biegung des dünnen Steissbeinstabes gestattet. Sehr häufig besteht
auch noch die Beweglichkeit in dem Gelenke zwischen 1. und 2. Steisswirbel (arti-
f^ation m6dio-coccygienne) Mores t in, cit. bei Chip ault. I.e. (S.24). Man muss sich
«ier vor Verwechslungen hüten. S. darüber noch beim Kapitel: Beckenmessung*.
Erwähnt müssen noch werden: die wechselnde Zahl der Steisswirbel,
'örner ihre oft unregelmässige Aneinanderftigung und die verschiedenen Grade
^^r Krümmung desSteissbeines; auch laterale Ausbiegungen kommen vor. Sechs
Steisswirbel dürfen nach Rosenberg's^) Untersuchungen wohl als sichere
^Oibryonale Anlage in der Mehrzahl der Fälle beim Menschen angenommen
1) Turner, W., Report on the human Crania and other Bones of the Skeleton
f^Uected during the voyage of H. M. S. „Challenger^ P. II. „The bones of the Ske-
^^'^ Challenger Reports, Zoology, vol. XVL
2) tsQdg = sacer.
^) Rosenberg, E,, lieber die Entwickelung der Wirbelsäule und des Os centrale
^^^ des Menschen. Morphol. Jahrb. Bd. 1. 1876. S. 120.
28 Beckenbänder. Beckengelenke.
werden 5 FoP) und Phisalix^) fanden noch höhere Zahlen (im Ganzen 38
Wirbel, also 9 Caudal wirbelanlagen), dieselben erhalten sich jedoch keineswegs
in ihrer vollen Zahl Steinbach ^) sah 6 Caudalwirbel sehr selten; 5 ist nach
ihm die regelmässige Zahl bei Männern, 4 oder auch 5 bei Weibern. Diese
stärkere Reduktion der Steisswirbelzahl beim Weibe darf wohl mit Rücksicht
auf die Adaptirung des Beckens an die Funktion der weiblichen Geschlechts-
organe hervorgehoben werden. Beispiele der unregelmässigen Verschmelzung
bringt ebenfalls Steinbach 's sorgßlltige Arbeit bei.
Die Krümmung kann so weit gehen, dass das Steissbein fast rechtwink-
lig sich zum Kreuzbeine stellt; meist sind das aber rein pathologische Fälle
(Spondylolisthesis oder Kyphose). Ist ein solches Steissbein ankylosirt, dann
kann es störend auf den Geburtsverlauf einwirken.
Das Steissbein enthält, wie bekannt, keinen Abschnitt des Wirbelkanales
mehr, die letzten Nerven treten durch den Hiatus sacralis aus. Dasselbe ist
beim Lebenden leicht abzutasten; seine Spitze liegt der Regel nach bei rich-
tiger Stellung des Beckens ein wenig tiefer als der obere Symphysenrand,
etwa einen Daumen breit über dem oberen Rande der Afteröffnung, in der
Crena ani verborgen.
Bezüglich aller das Becken zusammensetzenden Knochen ist es wichtig
zu merken, dass sie, besonders das Kreuzbein, vorwiegend aus spongiöser
Substanz bestehen^).
Beckenbänder. Beckengelenke.
Beckenbänder. Foramina ischiadica.
Diejenigen Bänder des Beckens, welche auf die Gestaltung und Lagerung
desselben Einfluss haben, sind die Ligamenta iliolumbale, sacroili-
aca, sacrotuberosum, sacrospinosum, der Bandapparat der Scham-
fuge und der des Foramen obturatum. Gelenkspalten finden sich
an der Articulatio sacroiliaca und (nicht immer) an der Schamfuge.
Das Hüftgelenk ist bereits in Bd. I bei der unteren Extremität besprochen
worden. Die Bänder und Verbindungsweisen zwischen Kreuz- und Steissbein
bedürfen hier keiner besonderen Darstellung.
Die Ligamenta iliolumbale, sacroiliaca, sacrospinosum und sacrotuberosum
sind die mächtigen Bandmassen, welche die Darmbeine und damit den beweg-
1) Fol, H., Sur la queue de Tembryon humain. Compt. rend. de TAcad. des
Sc. Paris, 1885. T. 100. p. 1469.
2) Phi Salix, C, Sur Tanatomie d'un embrvon humain de trente-deux jours.
Ibid. T. 104. p. 799.
3) Steinbach, E., Die Zahl der Caudalwirbel beim Menschen. Diss. inaug. Ber-
lin, 1889. 4. 3 Taff. (L anat. Institut.)
4) Vgl. H. Friedrich, Üie Markräume in den Extremitätenknochen eines 25 jähr,
und eines 82jähr. Mannes. Inaug.-Dissert. Rostock 1890.
Foramina ischiadica. ^
liehen Theil des Beckenringes an den festen Theil desselben und damit an
die Wirbelsäule heften i).
Die oberen und vorderen Abschnitte dieser Bänder, die Ligamenta ilio-
lumbale, sacroiliaea interossea und sacroiliaca anteriora gehen, zumeist in ge-
sonderten Bündeln entspringend, von den Querfortsätzen der beiden unteren
Lendenwirbel, ^on den drei vorhin (S. 26) erwähnten Bändergruben am Kreuz-
beine und von der Basis und den Seitenflächen der drei oberen Kreuzwirbel zur
'^edianen und (die anteriora) vorderen Fläche des Darmbeines, wo sie
sieh in einer zusammenhängenden compakten Masse befestigen. Am
stärksten sind weitaus die vom fünften Lumbalquerfortsatz kommende Portion und
die Ligamenta sacroiliaca interossea; von diesen meist auch die obere Portion.
Die unteren Bandmassen: Ligamenta sacroiliaca posteriora, sacrotuberosum
^d sacrospinosum dagegen inseriren an der hinteren Fläche des Os ilium
^öd fast durchweg in gesonderten Bündeln an getrennten Knochen-
punkten (Spina iliaca posterior superior und inferior, Spina ischiadica und Tuber
ischiadicum), während ihre Ursprünge am Kreuz- und Steissbeine in einander
übergehen. In Folge dieser Anordnung müssen einmal bei den Bewegungen des
Httftbeinringes gegen das Kreuzbein oder umgekehrt beide Bändergruppen sich
emander unterstützen, und zum anderen ist Gelegenheit zum Durchtritte verschiede-
ner Theile durch die zwischen den unteren Bändern bleibenden Lücken gegeben.
Wird das Kreuzbein bei stärkerer Belastung in den Iliosacralgelenken so
gedreht, dass sein vorderer oberer Theil herabsinkt, der hintere dagegen sich
hebt, so müssen sich sowohl die oberen, wie die unteren Bandapparate spannen;
der gesammte mächtige Bändercomplex wirkt also dann als befestigender, hemmen-
der Theil *); bei der umgekehrten Bewegung tritt natürlich eine Erschlaffung
^in; ersteres trifft beim Stehen, letzteres beim bequemen Sitzen zu.
Von durchtretenden Theilen und vom Bandapparate gebildeten bezw.
begrenzten Oeffnungen sind folgende zu nennen: Oeffnungen zwischen den
■Oieilen des Ligamentum iliolumbale, welche den vorderen Aesten des 4. und
ö* Lumbalnerven nebst Gefässreisem zum Durchtritte dienen, Oeffnungen zwi-
schen den Bündeln der Ligamenta sacroiliaca posteriora, durch welche die
mnteren Aeste der Kreuznerven ziehen, die beiden grossen Foramina isehia-
dieum majus und minus. Das Foramen ischiadicum majus wird von dem
ümdurchtretenden Musculus piriformis wieder in eine obere Abtheilung,
* oramen suprapiriforme m. und in eine untere, Foramen infra-
P^J^iforme m. zerlegt. lieber die hier ein- und austretenden Theile, deren
1) Wenn hier von einem festen und einem beweglichen Theile des Becken-
^^ges die Rede ist, so kann das natürlich nur in relativem Sinne verstanden werden.
, ei sämmtiichen beweglichen Verbindungen des menschlichen Körpers kann jedes
^lied derselben bald als das feste, bald als das bewegliche funktioniren. Meist über-
JJJttunt aber eines vorwiegend die Rolle des festen, das andere die des beweglichen
^ 2) S. a. H. V. Meyer, Statik und Mechanik des menschlichen Knochengerüstes,
^^P2ig, 1873. S. 286.
30 Processus faldforrois. Articnlatio sacroiliaca.
topographische Betrachtung von besonderer Wichtigkeit ist, wird weiter unten
bei Besprechung der weichen Beckenwandungen gehandelt werden. Vieles
hierhergehörige ist auch bereits in Joes sei, Lehrb. d. top.-chir. Anatomie,
I. Theil (Extremimten, S. 138—148, Fig. 40) besprochen worden.
Von den Ligamenta sacrotuberosum und sacrospinosum entspringen eine
Anzahl Bündel auch an der Vorderfläche des Sacrum. Das Ligamentum sacro-
tuberosum setzt sich eine Strecke lang am inneren unteren Rande des unteren
Sitz- und Schambeinastes fort gegen den Schambogen hin; sein oberer Rand
geht hier in die Fascia obturatoria interna über. Der ganze Fortsatz führt den
Namen Processus falciformis; er bildet mit dem Knochen eine Rinne, in wel-
cher der untere Theil des Musculus obturator internus sich einlagert. Bemerkens-
werth ist die Lageänderang der Flächen des Ligamentum sacrotuberosum (Dr.
Frohse): das obere Stück (Kreuzbeinflügel) ist gegen das untere (Sitzbeinflügel)
so gedreht, wie die beiden Flügel einer SchiffBschraube, ähnlich also, wie das
Darmbein gegen das Scham-Sitzbein (Poirier); die Flächen des Kreuzbeinflügels
sehen nach hinten, bezw. nach vorn, die des Sitzbeinflügels nach lateral bezw.
medial. Mit andern Worten : der Kreuzbeinflügel steht mehr in einer frontalen,
der Sitzbeinflügel mehr in einer sagittalen Ebene. Auf der Beckenfläche des
Ligamentum sacrospinosum liegt der Musculus coccygcus, eng mit dem
Ligamente verbunden. Das Ligamentum sacroiliacum anterius liegt bei der
richtigen Beckenneigung nicht so sehr nach vorn, als vielmehr nach unten
gewendet,
Articulatio sacroiliaca.
Die Besprechung der Articulatio sacroiliaca wird am besten
mit der Betrachtung der vorstehend aufgeführten Bänder verbunden. Ich er-
innere zunächst daran, dass die Gelenkspälte nach vorn und unten von dem
Ligamentum sacroiliacum interosseum gelegen ist; dieses schliesst die Spalte
nach hinten ab 5 vorn geschieht dieses durch das ausserordentlich viel dünnere
Ligamentum sacroiliacum anterius. Von hinten her ist das Gelenk somit sehr
geschützt und kaum einer Gefährdung, es sei denn durch Schussverletzungen
oder Stiche, ausgesetzt; von der Beckenhöhle ist es leicht zugänglich und kann
bei Operationen, z. B. Exstirpation festsitzender Tumoren, eröfi^net werden.
Umgekehrt werden Erkrankungen des Gelenkes am leichtesten auf die Becken-
höhle übergreifen. Vgl. Figg. 16a und 16b— y.
Mit Recht wird die Gestalt der Gelenkfläche als eine „ohrförmige" bezeichnet;
wie bemerkt, nehmen am häufigsten drei Kreuzwirbel an ihrer Bildung theil;
dem ersten fallt der grösste Antheil zu. Der weitaus dickste Knorpelüberaug
kommt auf das Sacrum.
Die Schnittfläche, welche man in der Verbindung zwischen Kreuz- und
Darmbein parallel der Ebene des Beckeneinganges durch den ersten Kreuzwirbel
legt, zeigt: 1) dass im Gebiete des Ligamentum sacroiliacum interosseum das
Kreuzbein concav, das Darmbein entsprechend convex erscheint, 2) dass die
Gelenkspaltlinie leicht gekrümmt verläuft; das zum Beckenraume gewendete
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Symphysis ossium pubis. Maasse der Schamfug'e. 33
Symphysis ossium pubis.
Nicht minder wichtig, wie die Articiilatio sacroiliaca ist die Symphysis
ossium pubis mit ihrem Bandapparate und ihrer (accessorischen) Gelenkspalte.
*-*ie besehreibende Anatomie unterscheidet an ihr ein Ligamen tum pubi-
^ttnisuperiuSj arcuatum pubis und dicLamina f i br ocartila-
Smea inte r pubica. Die Festigkeit dieser Bandmassen ist eine sehr er-
hebliche. Von vorn gesehen erscheint die Schamfuge infolge der grösseren
Bi*eite der Lamina interpubica sowohl, wie auch der grösseren Ausdehnung
W'er Bandmasse auf die Vorderfläche der Knochen fast doppelt so breit als von
hinten her gesehen; am Arcus pubis ist sie gemeinhin etwas breiter, als am
oberen Rande; in der Mitte ist sie am schmälsten (an beiden Flächen). An
^^r hinteren Fläche springt im oberen Drittel der Fuge der Faseiknorpel in
^iner länglich-rundlichen Erhabenheit, Eminentia retropubica m., mehr oder
Weniger stark vor. Dieser Vorsprung ist von der Scheide aus und auch vom
^heren Rande der Symphyse her zu fühlen ; er erlangt eine gewisse Wichtigkeit
dadurch, dass man von ihm zum Promontorium die Conjugata, den geraden Durch-
ßiesser des Beckeneinganges, nimmt. Die Maasse der Symphyse fand ich wie folgt:
1, Schwangere von 25 Jahren, Erstgebärende, 5. Monat.
a) längster Durchmesser, Bänder eingerechnet = 5,4 cm
h) „ ^ Knorpel allein = 4 cm
c) „ „ Höhle = 2,5 cm
d) grösstes Maass von vorn nach hinten mit Bändern = 2,4 cm
e) „ „ „ „ „ „ Knorpel = 2 cm
1) „ „ „ „ „ „ Höhle = 1 cm.
2. Schwangere von 38 Jahren, Mehrgebärende, 9. Monat.
a = 5,6 cm d = 2,6 „ (Mitte)
b = 4,3 „ e = 2,l „
c = 2,8 „ f = 1,1 „
3. Jungfrau von 20 Jahren; Schnitt lief etwas lateral,
a = 4,6 cm d = 1,9 „ (etwas oberhalb der Mitte)
b^3,4 „ e = l,4 „
Eine Höhle war nicht vorhanden.
4. Mann von 25 Jahren.
a = 5,0 cm d = 2,4 „
b=:3,9 „ e=:l,8 ,
Eine Höhle war nicht vorhanden.
Im Mittel wird die Länge der Schamfuge zu 5,4 cm beim Manne und zu
?ö cm beim Weibe angegeben^). Hier sind wohl die Bänder eingerechnet.
1) Die Länge der Schamfuge muss wegen der Beckenneigung wohl von ihrer
Wäkalen Höhe unterschieden werden; letztere ist beim Weibe geringer als beim
^^anne und misst etwa 3 cm. Tillaux (Traite d'anatomie topog-r. V. edit. 1887. p. 747)
^*'irt eine Angabe von Malgai^ne, dass die Symphyse des Weibes nach der Meno-
l^^^so, l-Uio-or werden solle.
^''aUleyer, Das Becken. S
34 Symphysenspalt. Topographie der Symphyse. Foramen obturatuin.
Da die Lamina interpubica hinten nur schmal ist und die beiden Schambeine
bei intakten Iliosacralgelenken gut aneinander schliessen, so ist bei der Durch-
trennung der Schamfuge genau die Mitte einzuhalten und auch kein breitrückiges
Messer zu wählen; ein solches klemmt sich ein.
Was die Existenz einer 6c lenkhöhle innerhalb des Symphysenknorpels
anlangt^ so ist dieselbe keineswegs beständig. Man kann auch nicht von einer
regelrechten Gelenkhöhle sprechen, denn eine Synovialhaut mit Synovialzotten
fehlt. Zottenähnliche Bildungen, die man wohl findet, sind Reste des der
Verflüssigung widerstehenden Faserknorpels (Aeby, Henle). Die Spalte liegt
der Beckenfläche näher, ist von sehr verschiedener Ausbildung, kommt bei
beiden Geschlechtem vor, beim Weibe indessen häufiger und in geräumigerer
Ausbildung; indessen ist sie kein konstantes Attribut des schwangeren Weibes,
wie wohl behauptet worden ist. Aeby^) fand sie unter solchen Umständen
mitunter nicht. Bei jungen Kindern ist sie noch nicht vorhanden.
Die topographischen Beziehungen der Symphyse sind äusserst wich-
tige: Vor ihr liegt der Mons pubis mit seinem Fettpolster, dann kommen die
Ligamenta suspensoria penis s. clitoridis ^ unter ihr her ziehen in unmittel-
barer Nachbarschaft der Nervus und die Vasa dorsalia penis s. clitoridis, hinter
ihr, jedoch noch durch ein Fascienblatt und einen Fettkörper von ihr getrennt,
finden wir nach unten den Plexus venosus pudendalis, darüber das untere
Blasenvenengeflecht, dahinter die Harnblase. Die Ligamenta pubovesicalia um-
schliessen eine mediane Vertiefung mit Venen, die zum Plexus pudendalis gehören.
Unmittelbar hinter dem Symphysenknorpel haben wir nur sehr unbedeutende
arterielle und venöse Gef ässreiserchen, die oben, hinter dem Adminiculum lineae
albae, von der Arteria epigastrica inferior abgehen und regelmässig anastomosiren,
in der Mitte der hinteren Symphysenfläche vom Ramus pubicus der Arteria ob-
turatoria, unten, am Angulus pubis von der Arteria pudenda interna. Die
Venen sind die gleichnamigen. Die genannten Gefksse an der Hinterfläche
der Symphyse sind sämtlich von der Beckenfascie (genauer: Uebergang der
Fascia transversalis zur Fascia obturatoria interna) von innen her gedeckt.
Zwischen Tuberculum pubicum und Symphyse erstreckt sich der Ansatz des
Musculus rectus abdominis.
Membrana obturatoria. Foramen obturatum.
Oanalis obturatorius.
Das Foramen obturatum ist grösstentheils durch eine fibröse Membran
verschlossen und führt daher auch seinen Namen; es ist dies die Membrana
obturatoria. Oben bleibt für den Durchtritt des Nervus und der Vasa ob-
turatoria eine Oeffnung zwischen Membran und Knochen, so weit ungefähr,
dass ein kleiner Finger hindurchgeführt werden kann. Des eigenthümlichen
1) Aeby, Chr., Ueber die Symphysis ossium pubis des Menschen nebst Beiträgen
zur Lehre vom hyalinen Knorpel und seiner Verknöcherung. Zeitschrift f. rationeUe
Medizin, TIT. Reihe, Bd. 4. 1858. S. 1.
Vin'iiuivn ciliUiraiiiiii. So {(tu.- r.Jn!ir;iii.riii,s. ."iD
^ '^'liialtiiis i|t',s <Li.s Fi)i'::iiiNii iibliiniiiiiii Iwisvinvu^nihni Kiiiifliciiriiip^s iiml ilvr
v<'Jiii lH',mii|in. tiessi'jlH'!! in flrr li<»lili' <li,'< kii«»i"l!t'riirii liiM/kfiis Im ziiiii Kii<l<* ;iti
^filtf!,;.
*'^^'" kiioclirnieii A{i>:st^iiiifyl!f=. Uer iL-ts Fontimii 'iiliiiintliiiii iiiiiniliüu^iide
'^''*^'^»'»H'iii;iiii|er VffiiNiliinfiii. ;iist> ti\\;i wie tili Sciiliiissr'lriiiu", ilrsstii Kiiilni litis
<?li<i'rii SrIiiiiiilH'iiiasK 7,ii ili'iti >!r ;j'<-li<irf,i yiid ;}i! i|i/s^iii I 'iih'tiliit'lii' >ii' in
FtHlü '/Uiit*r Li'iisirli ihUt Jii)>|n'ii \rrl:iiHii:t \ rrliüiii !ru. iiiiil ^M l!-ii;:1 i|rr ubiTr
Sri!:iiiibriii:i>l i iiir iiiwU iiiiir'iL /tiin FHr;ii!i<ij ohf tiniiiiiii hiit oftriiT IlMlbriitiif.
li>*' l'«'lr;trii! Ihr', niii'- f... i i» ,-.'! tr r.-M-L P.» ■«•:..,.• !!'• ."■!••};! :<i;|h i.'ii'h! 4n-r A\ifV*h\\l]i'S
'N'f'-'i'. lila ;«ni 'riiibrrrffii'nii f» li iiirii üi /ji ;'iiih-i(: -i i r.;iih'r.' i ,'i h •_' •'•'! -^'h !. • * ; \i-viu-vt >ti",'i,
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38 Membrana obtaratoria. Canalis obturatorius.
und einen Ausgang an der Schenkelfläcfae des Sehamsitzbeinrahmens haben.
(Figg. 19 u. 22.) Sein Dach ist, wie bemerkt, knöchern und wird ausschliess-
lich vom Schambeine gebildet, die Seitenwände und der Boden sind häutig und
zugleich muskulös, indem sich an die beiden oberen Sehenkel der Membrana
obturatoria der Musculus obturator internus bez. extemus anlegen und von
ihnen entspringen.
Die beiden Y-Schenkel der Membrana obturatoria sind fast regelmässig
verstärkt durch besondere Faserbtindel, die von einem Rande der Knochenum-
rahmung zum anderen ziehen; nicht selten lösen sich der eine oder der andere
Schenkel über eine grössere Strecke von dem Verbände mit dem unteren ein-
fachen Theile der Membran ab, so dass sie wie selbständige Bänder oder Mem-
branzüge erscheinen. Kleinere Unterbrechungen finden sich stets, sie erscheinen
als Löcher oder Lücken, durch die man von der Aussen- oder Innenfläche des
unteren einfachen Theiles 'der Membran in den Raum zwischen den beiden
Y-Schenkeln, d. h. also in den Canalis obturatorius gelangen kann; diesen
Lücken oder Spalten folgen Aeste der Vasa obturatoria und des Nervus obturatorius.
Ausgefällt ist der Canalis obturatorius mit den ebengenannten Gefäss- und
Nervenstämmen (s. Figg. 19 u. 21) und mit dem genannten Fettkörper, der von dem
die Vasa iliaca begleitenden Fettgewebe (Fig. 20 — Lamina adip. retrovasc. de-
nndata) zu den zwischen den Adductoren des Oberschenkels befindlichen Fett-
ablagerungen zieht, wo er sich verliert. Nimmt man das knöcherne Dach des
Canalis obturatorius durch einen Sägeschnitt fort, so sieht man als oberste Lage
im Kanäle diesen Fettkörper, der genau die Modellirung des Kanaldaches zeigt
(s. Fig. 20). Dann folgen die Gewisse und Nerven, dann wieder Fett, welches
die Spitze zwischen den beiden Y-Schenkeln ausfüllt. (Fig. 19 — Corp. adip. IL)
Dieses unterhalb der Gefässe und Nerven gelegene Fett begleitet deren Aeste
und setzt sich in die Lücken fort, von denen vorhin die Rede war.
Endlich ist darauf hinzuweisen, dass auch im Gebiete der einfachen
Membran, also dem unteren Theile derselben entsprechend, noch besondere
fibröse Züge vorkommen können, die ihr von aussen aufgelagert sind (Fig. 23),
so dass die Membrana obturatoria, wenn diese Züge breit sind, als ein doppeltes
Blatt erscheint ; das Fett setzt sich dann zwischen die eigentliche Membran und
die aufgelagerten Züge hin fort, so dass in solchem Falle beide Musculi obtura-
tores durch eine Fettlage getrennt erscheinen (Fig. 19 — Corp. adip. III, IV);
von diesen Zügen entspringen gleichfalls Bündel des Musculus obturator extemus.
Der wichtigste Verstärkungszug der Membrana obturatoria ist der
innere, derselbe, welcher den oberen inneren Y-Schenkel auf dem Durchschnitte
hauptsächlich bildet. (Fig. 19 — Crus tendin. int. — Fig. 14.) Günz^) hat dieses
Bündel wohl zuerst beschrieben; Edm. Rose*) nennt es daher: „Ligamentum
1) Günz, J. G., Observationum anatomico-chirurgicarum de herniis libellus,
Leipzig, 1744. Cap. 18.
2) Rose, Edm., Weitere Beobachtungen über den Bruchschnitt. Deutsche Zeit-
schrift für Chirurgie. XXXV. Bd. 1892. S. 24, Anm.
■r'iilMM;t,*i{bt {thinr;itvd'i'A.
;;*}
'^*"'"iiatm V. ^li'vi'fV Li^iltiiii!- ;i,rlft'itri<,\ iiiid ;iiii piiriin*sl</ii iiiiirnliiip^ Pi<M|iir
<'i P'iMriri-''., "l.'fir itii'Mii siiwii* fiir d^'u iiii-srrni \'i'rsl;irkiiii-s/ni- sükI /.ü
^^'^^ilni ii,rsfMi<!fiv Kiiopliiiiiiim'kvii in Hv^'aU kkhivr 1^ ii InM-t-iihi mi ilcr riii
^'*'^'»i'miii:* <l<\v !''<:ir;iitM'n oliiiiratiiüi zu ln^irn'rkiMi,,
hii-sr Kiioi-'fM'iiiii.'irk^'ii wiT^.h'n vM-rbirrfr-ii iH-.rlinrl.'ii ,ni.l iMi^.niUiK IN^M,i:it,
^''i.si.|H,,,. j,"||j,t ,.ni 'riilMTiMihiiii ul.nir.'inTirnii >iiirfriu. tiiid iitiVrMis :uil:
'^^is rrMi.,v lii'-v iiii-H;i{ir :ii. «Tri' MltU' .Irr liin.tin. ;mm.I:iIhiIl .!;iv imvrlu^ -v-vii
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Vrilliu^ki' if.ri- Ihn. ihiivb . i^r- hiiH(f|!h.T ;urt'illi \'ri,tM;.{M - IM' I M;l!n!r / ir-Jj' , l^^iniM
V-^. \V„ k vii -iwr. IImimII, nrti ^In^ ,\i:(.!!.„.rihT', {;*!, fi^
Crura tendinea obturatoria. Musculi obturatores. 41
.^ superius und inferius zu zerlegen sind. Das Tuberculum obturatorium ante-
^^ BNA. wird dann: Tuberculum obturatorium mediale heissen müssen. S. hierzu
% 18.
Der innere Verstärkungszug (Ligamentum posterius canalis
^oturatorii Poirier) strahlt nun medianwärts gegen das Tubercultun obtu-
^atdrium mediale m. hin, wie ich mit R. Fischer sehe; *er findet aber auch
^ö benachbarten Stellen des Knochenrandes seine Anheftung; lateral, am
^feunenrande des Foramen obturatum, kommt sein Hauptbündel vom Tuber-
^ölam obturatorium laterale inferius. — Der äussere Verstärkungszug
^ötspringt mit seinem Hauptbttndei vom Tuberculum obturatorium laterale su-
P^rius und hängt mit den Verstärkungsbändern des Hüftgelenkes, insbesondere
'^it dem Ligamentum pubocapsulare, zusammen^ namentlich die oberen Faser-
^&ß; bei Abduction des Oberschenkels spannen sie sich an. Am medialen
^ande des Foramen obturatum setzt er sich in grösserer oder geringerer Aus-
^ehnung auf die Aussenfläche des Kamus inferior ossis pubis fort und zieht auch,
Jallg ein solches vorhanden, gegen das Tuberculum obturatorium mediale hin,
^0» sieh an ihm zu inseriren.
Ich möchte vorschlagen, die beiden Verstärkungszüge, da von ihnen Bündel
er Musculi obturatores entspringen, im Anschlüsse an eine von Roman Fischer
'^^ den inneren gewählte Bezeichnung: Crus tendineum (obturatorium) inter-
Um und extern um zu benennen. Das Crus externum ist meist aus mehreren
Äpfeln zusammengesetzt; unter diesen zieht einer (c in Fig. 23) ständig vor der Inci-
^y^^ acetabuli her und hat nach Prohse die Bedeutung, den bei Bewegungen des
"erschenkels aus der Incisur vorquellenden Fettklumpen zurückzuhalten.
Beide Musculi obturatores haben Ursprünge von den entsprechen-
^f*^ Flächen der Membrana obturatoria und von deren Verstärkungszügen. Da
^^ letzteren aber von einander getrennt sind, indem sie zu den beiden Y-Schen-
^ta gehören, so tritt der Musculus obturator internus nur mit dem inneren Zuge
v^rns tendineum intemum) in Verbindung, der Musculus obturator externus da-
S^gen nur mit den äusseren Verstärkungszügen.
Die oberen Ränder der beiden Crura tendinea werden wieder dünner ; sie sind
^> welche den Eingang und den Ausgang des Canalis obturatorius unmittel-
^^ von unten her begrenzen, und diese Oeffnungen zusammen mit dem knöcher-
^^ Dache des Kanales umrahmen. Sie erscheinen als bogenföimige Züge
^Arkaden), von denen Muskelfasern entspringen; an der Beckenöffnung Fasern
^s Musculus obturator internus, an der Schenkelöffnung Fasern des Musculus
"türator externus. Bedenkt man nun, dass beide Musculi obturatores eine nicht
^^rhebliche Dicke haben, so müssen ihre oberen Ränder zu einem ansehnlichen
«eile mit zur Bildung des Bodens des Canalis obturatorius beitragen, aller-
y^® nur mittelbar, da ja diese Ränder noch von den betreffenden oberen
-Schenkeln der Membrana obturatoria gedeckt sind. Diese Schenkel schlagen
^h nach hinten (beckenwärts) auf den Musculus obturator internus und
^<5h vom (schenkelwärts) auf den Musculus obturator externus um und gehen
,^ Fascia obturatoria interna, bezw. in die Fascia obturatoria externa konti-
^J'hch über. Der Uebergang liegt an der Stelle der genannten Arkaden.
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Crura tendinea obturatoria. Musculi obturatores. 43
'ölt erscheint jeder Musculus obturator mit seinem oberen Rande in den
J^Kel zwischen seiner Fascie und dem betreffenden Schenkel der Membrana
"^ratoria eingeschoben. Die Fascie des Musculus obturator internus wird noch
^rstärkt durch den bogenförmigen sehnigen Ursprung des Musculus levator ani
u^^^ *®^dineus musculi levatoris ani BNA.), der wohl bis zum Aditus canalis
öratorii internus hinaufreichen kann^ und dessen untere Umrahmung sonach
öoch mehr festigen hilft. (Fig. 19.) Die oberste Portion des Musculus obtnrator
*emus, diejenige also^ welche sich an die arkadenförmige Umsäumung der
nenkelöffhung des Canalis obturatorius anlegt und von da weiter zum Scham*
^me streicht, ist sehr dünn; die mittlere Portion (Poirier) ist weit stärker; sie
ommt wesentlich von dem Crus tendineum^ extemum ; die dritte vom Os ischii
ommende Portion ist die grösste. Mehrfach sind ttbrigens die vom oberen
cnambeinaste kommenden Portionen des Musculus obturator externus auch so
7^k? dass die äussere (Schenkel-) Oeffnung des Canalis obturatorius verdeckt
^<1 und die Gefässe und Nerven sich sämmtlich den Weg zwischen den
melbündeln hindurch bahnen müssen. — Die Beckenöffnung des Canalis ob-
^»•atorius ist mehr rundlich, die Schenkelöffnung mehr länglich und schmäler.
^ Alle diese genannten Punkte haben ihre Bedeutung für die Anatomie und
^ das Zustandekommen der Hemiae obturatoriae (s. w. u.) und es musste des-
auf die mancherlei Einzelheiten hier eingegangen werden.
Meine hier gegebene Beschreibung ist nach der Untersuchung zahlreicher
sener Präparate, die über den Lauf der Arteria obturatoria (s. w. u.) Aufschluss er-
mT ^^^^*®°' ^^^ ^^^^ Präparaten von Hein, Dr. Frohse und Dr. Brösike ent-
II J* ' ®^® stimmt am meisten mit Poirier 's Schilderung überein. Im Thatsäch-
^ en besteht wohl kaum eine Differenz, dagegen in der Auffassung der äusseren
^'^^^^gszüge. Wir sahen, dass deren mehrere sind; sie bilden kein grösseres
de *^"*^^^^^ff®»<i^s ßlatt; es sind auch hauptsächlich Ursprungssehnenblätter für
Ubturator externus. Somit möchte ich mich, wie gesagt, nicht entschliessen, mit
H ^^ Fischer und Poirier das Ganze dieser Züge als eine zweite, sog. äussere
es ri k ^* obturatoria (Membrana obturatoriaexterna) aufzufassen. Mir scheint
einf ^ ^^^^ zu sagen, wie vorhin geschehen, dass die Membrana obturatoria unten
ach sei, sich jedoch oben in zwei divergirende blattförmige Schenkel, zu denen
^ ^e Verstärkungszüge kommen, spalte. Uebrigens gebraucht auch Poirier die
^^Dg, dass die Membrana obturatoria nach oben hin sich gabele oder doppele^).
Das Crus tendineum externum ist abgebildet in Fig. 13 an dem linken
tarnen obturatum (der mit „Membrana obturatoria" bezeichnete Strich ftthrt
gerade darauf) und in Fig. 23; das Crus tendineum internum ist in Fig. 14
^ ^öergegeben und bezeichnet worden; eine untergeschobene Sonde trennt es
der übrigen Membrana obturatoria. An derselben Figur ist auch die
cxenöffnung des Canalis obturatorius gut zu sehen (Sulcus obturatorius).
^* 18 zeigt das Verhalten der beschriebenen Knochentubercula in der üm-
™ tog des Foramen obturatum, sowie die Bildung des Sulcus obturatorius;
tro *^^ ?' ^* '^^*^*^ d'anatomie humaine, T. T. p. 190: „Sur Tos frais, ce trou (v. le
Q u f ** *^"P^^i®ii) ßst obture par une mem braue fibreuse, la membrane obturatrice,
Ä*_^® d6double dans sa moitie superieure pour former le canal
••««■pubien.«
44 Beckenstellung. BeckenmaaBse.
in Fig. 23 sind die betreffenden des Crus tendineum externum und die durch-
tretenden Gefiässe wiedergegeben. Fig. 20 zeigt den Fettkörper im Canalis
obturatorius, wie er nach einfacher Wegnahme der knöchernen Decke erscheint,
Fig. 21 den Verlauf des Nervus und der Vasa obturatoria durch den Kanal nach
Wegnahme der oberen Fettdecke, Fig. 22 den Boden des Kanales. In Figur 20
sind auch die Umgebungen des Kanales wiedergegeben, um die Topographie der
DurchtrittssteHe der Hemiae obturatoriae möglichst übersichtlich zu gestalten.
Siehe jedoch hierüber später bei Besprechung der Weichtheile der Beckenwand
und der Hemia obturatoria. Fig. 19 gibt das Bild des Canalis obturatorius,
wie es sich auf dem senkrechten Durchschnitte ausweist.
Bei den Beckenbändem sind noch aufzuführen die Ligamenta:
inguinale (Pouparti), lacunare (Gimbernati) und pubicum
(Cooperi), von einer weiteren Beschreibung derselben kann hier Abstand
genommen werden. Auch werden wir noch im Folgenden bei Besprechung
der Zugänge zur Beckenhöhle kurz darauf zurückkommen. — Das Gleiche gilt
für die Ligamenta sacrococcygea.
Beckenstellung. Beckenmaasse.
Beckenebenen und Beckenlinien.
Beim normalen lebenden Menschen nimmt das knöcherne Becken eine für
jede Positur und Lage des Gesammtkörpers genau bestimmte Stellung
ein, welche sich in engen Grenzen hält; diese Stellung wird im Wesentlichen
bedingt durch die Beckenneigung.
Man versteht unter „Beckenneigung" den Winkel (a, Fig. 24), welchen
die Ebene des Beckeneinganges mit der Horizontalebene bildet, d. i. den Winkel,
welchen die in der Ebene des Beckeneinganges zwischen Promontorium und
Symphyse gezogene Mittellinie (A, Fig. 24) mit der in derselben Verticalebene
liegenden Horizontalen (E, Fig. 24) einschliesst.
Um uns bei Besprechung der Beckenneigung kurz fassen zu können,
müssen wir zuvörderst die am Becken unterschiedenen Orientirungslinien,
Messlinien und Orientirungsebenen aufführen. Ich folge hier dem
z. Z. wohl am meisten verbreiteten Lehrbuche der Geburtshülfe, dem von
Karl Schröder, welches nach dessen Tode vonOlshausen und J.Veit
fortgeführt wurde, und von dem jetzt die 12. Auflage vorliegt^). Jedoch habe
ich überall da, wo eine genauere Fassung wünschenswerth erschien, dieselbe
zu gewinnen gesucht, indem ich für die Linien ganz bestimmte Ausgangs-
und Endpunkte bezeichnete, üeberall ist im Folgenden bei den
1) Karl Schröder *s „Lehrbuch der Geburtshülfe" 12. Aufl., neu bearbeitet
von R. Olshausen und J. Veit. Bonn, Friedrich Cohen, 1893. 8.
Beckenebenen. Beckenlinien.
45
^gebezeichnungen angenommen, dass das Becken in der
^J^'^^^^ö Durchschnittsneigung stehe. Man unterscheidet —
^- %g. 24 und 25 —
g ^' Die Ebene des Beekeneinganges, Apertura pelvis superior
^ A. (Aditus pelvis autt.) ; sie läuft durch das Promontorium, den oberen
^rderen Rand der Kreuzbeinflügel, die Linea terminalis, den Kamm des Scham-
ines und den oberen Rand der Symphysis ossium pubis. Freilich kann mit
lesen Grenzen keine Ebene im mathematischen Sinne erhalten werden; das
yomontorium z. B. liegt immer nicht unerheblich höher, als eine durch die
'iiea terminalis laufende Ebene. — In der Ebene des Beckeneinganges zieht
^^ nachstehende Linien:
a) Den geraden Durchmesser des Beckeneinganges (Con-
J Sata Vera, C. v.)*). Es ist dies die kürzeste Linie zwischen Promon-
^^^ und Symphyse. Besteht ein doppeltes Promontorium, s. vorhin S. 25,
^ii'd das obere oder wahre Promontorium angenommen. Die kürzeste Linie
Fiff. 24.
'"^i
:-..
iVr-^-
A = Conjugata anatomica.
B = Conjugata normalis.
C = Diameter recta exitus.
D = Axis pelvis.
E = Linea horizontalis.
III = Centrum vertebrae sacr. III.
P = Promontorium.
S = Symphysis ossium pubis.
a == IncUnatio pelvis sup. (60**).
ß = IncUnatio pelvis norm. (30<*).
y == Inclinatio pelvis inf. (12**)
nh ^**!^* ^.wischen Mitte des Promontorium und oberem Rande der Sym-
od ^^^ ^^^n am Promontorium, insbesondere bei Asymmetrie des Beckens,
^ bei lokalen Knochenverdickungen etwas seitlich abweichen und sie trifft die
ere Fläche der Symphyse in der Mittellinie auch stets unterhalb des
^ß Randes, etwa an der Grenze zwischen oberem und mittlerem Drittel,
betra h ^^^^ «conjugata, Roederer (Elementa artis obstetric. Gottingae 1753). R.
kleini» ^*^ ^^^ Ebene des Beckeneingang-es als eine EUipse und gab demgemäss der
Axe die übliche mathematische Bezeichnung: ^Conjugata".
't'j DiircliiiH'.'-^<*r dv^ i*»'i'k<'ii<'iii,u'aii--i"^.
niii>tni hl ii;i'-* r>crk</iiiiirM'i"f \ iii"<|iiiii:rl - '.,
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l'ai's it-fiuf'« o,s>i> uitiiii.
i*;ir> tri! luv, arrl,ihiili.
< 'oiTfü _!:'.'! 1.1 ;i!i:.ifotiii«'a.
< '!>tij't},L:';ita iMiritiMJ!>,
I n.iiiiri.i'i' i-'<'ii?i ;i}t,ijini II dl, Uli
1 H.*tiin'ii'r ri'r|;i ,'iii,e'ii>ii;if".
liiriHi.'ili«» |M»I\ i.s fMiriü, il^fi
Iisfliitaihi |N-i\'is iiif. I \'2
l'f'i'iiiiiiiis .•iiili*rii»r di;uiN
.ihlhjiiac' II,
"i'V'niiiiiiis ii'h'xiri irilri
b;iM'<>- ?iiiilH>t'iiiij I ri,;i}i,L,';ii
riiiti <'\iuis jH''l\'i>.
"r*'riUiiil|S |Hl>liTi'f,i|' lÜMIi
1,! XmcIi df.y l'J*iiiiif!"liiii;j;<'ii l)r. I'' r o h > f \s stdii-im Ihn ;\|;iiiiH'rji <lt'r l}«'l"<
Staiid di'li'f \ or'/4iJ."»i!ii!j<»tiL Im/i WriliiTii «d-r }ir,||t'rr.
„'■ l'^riifiKT wiinli" ilif { ' o 11 j iii -' ,'! I ;i \ <• r ;j vun <it*r .\lili«' il«*s Proiiii.nloi-ii
zillü «ü li r f r li S\ i!ijp|!\ si''nr;iHiff -"i-zi s-^.«ii iiimI y/way dnliiii. \\ o *I«-j- olirrr^ I»m !m,{ ritii
D^cbmeaser der BecUenwelte u es (Dia-
„ B.rebtae.ser des Beck »-»g^ ^ ,,^
b) Den qu e r en D B T « p tr. ad.) == der laug terminalw
meter\raBSversa -^^^^^^J i^-^^^^'^'^^r^^f a^ d r Grenze des
in querer Riebtung ^^-f^^^e^ befindet «-^ »^^nrnttelbar binter der
bestebt. Dieser gr»«»*«^"!!! des Beckeneinganges, um»
binteren und mittleren Dntteis D^rebmesser (Dia-
Hüftgelenkpfanne, recbten scbräge» die Linea ter-
e) Den ersten ode^ rec ^^^^^ f Jf ^^^entia iUopectiBea
meter obliq«a prima, V ^^^^^ ^^^„^t, x«r t-n»
minaüs die Articnlatio sacroüiaca Dnrcbmesser (Dia-
Binistra. , , Unken ßC^^^^^^^Lutio sacroiliaea sim-
d) Den zweiten oder U«^^^ ^^^^ ^^^ ^er Articulatto sa
meter obliqua B^cunaa • j^^tte des
.tra zur Eminentia ^^i^trc^cotyloidea (D. s^-^^^^^^^ ,,^i,,Us er-
e) Die Di«*»?*^:X mopectine». wo diese die U
Promontorium zur Emmentia rr^fange, welcben die
reiebt^), links oder reebts. dem erbebUcben ümfa^^; ^.^^, ,,nig
Die Linien c, d «»Vlrin ibren vorderen EodptmK ^.^^^^^^ iu«-
Eminentia ü-pectin^^ ^^^^te ,,uen da ^ef > - ^.^, ,,, diese Stelle
scbarf bestimmt. Die EböP™ (Pig. 25 +); " orte, wo der
pectineae an die Linea .t^^^^^^tbar; sie entspricbt dem
uiit genügender G^^^f^^^t den oberen Übergebt «^ U-
Tordere umfang der P^T'^ «ite (»«Wecbtbm „B e c R ^ ^^etabulum,
2. Die Ebene d«'^ ^'^^^^^Tlegt durcb den MittelpunM
tudo pelvis, genannt) Sie - gejcg^.^ ^^^^ ^^ ^fdÄ^em umgrenzten
die Synostosis sacralis \+f' .eräumigsteu Tbeil der
Diese Ebene bezeicbnet «« ^^ purcbmesser: mjameter
recta amplitudinis pe\Y ' ,jj
recta amplitudinis P^^V 'jji.
Mitte der Synostosis sacralis
■ j. Micl
Hintere Symphysenu»".- - anttoropoi"»— - atomica", »•"•"- "„
CoBiugata 4a ein. Anatom^^ un ^^^^ .v« "^TderPromontorintn von Jer Ge
Terwendet; man bezeichnet dies? a „Entfernung des « des BeckenB m
1) Schröder's Lehrbuch sag »^tr^der hi^t^^^tj!^-
gend .iber^ der Pfanne • ^^^ J^ber der Pfanne &Bt an ^^^^^ ^^ ßeeken
normider Neigung liegt d»e ^^«^^^^^ werth haben und m ^^^.^,„3 sich be-
brtnfi&che. loll das Maass praW^^«^ ^^^^^^w »'^J^^^^;^ «^ der hier m Texte
«nganges Uegen, so muss dy »;* p^^^t gemeint sex».
Är-^ ^^^ '" tl .ehrbuche ist auch --tÄ^t ^S
.eHen\i^t^ts1^i^rS^«-.r.S-^^^^^^
48 Durchmesser des Beckenausganges.
b) Den queren Durchmesser der Be]ckenweite (D. transversa
amplitudinis pelvis, D. tr. ampl.) zwischen den Mittelpunkten beider Pfannen.
3. Die Ebene der Beckenenge (schlechthin „Beckenenge", Angustia
pelvis), wird bestimmt durch das untere^ Ende des Kreuzbeines, die Spitzen der
Spinae ischiadicae und den Scheitel des Schambogens (Angulus pubis). Auch
hier zieht man:
a) Den geraden Durchmesser der Beckenenge (Diameter
rectaangustiaepelvis, D. r. ang.) von der Mitte des unteren Randes
des letzten Kreuzwirbels zum Scheitel des Schambogens und
b) Den queren Durchmesser der Beckenenge (Diameter
transversa angustiae pel vis, D. tr. ang.); zwischen den Spitzen der
beiden Spinae ischiadicae.
4. Den Beckenausgang, Apertur a pelvis inferior (Exitus
pel vis autt.). Dieser bildet keine einheitliche Ebene, sondern stellt sich in der
Form zweier dreieckiger Flächen dar, die an ihrer gemeinsamen Basis unter
einem nach oben offenen stumpfen Winkel zusammenstossen. Die gemeinschaft-
liche Basislinie, Linea interischiadica, verbindet die Mitte der hinteren
Ränder beider Tubera ischiadica; der Scheitelpunkt des vorderen Dreieckes
liegt im Scheitel des Schambogens, der des hinteren in der Steissbeinspitze.
Beide Dreiecke sind ziemlich gleich gross. Man nimmt hier:
a) Den geraden Durchmesser des Beckenausganges (Dia-
meter rectaexitus pelvis, D. r. ex.), von der Spitze des Steissbeines
zum Angulus pubis; s. C. in Fig. 24. Zurttckdrängung des Steissbeines ver-
grössert dies Maass um 2 cm; hierbei stemmt sich das Cornu coccygeum an
das Kreuzbein (Fig. 25).
b) Den queren Durchmesser des Beckenausganges (Dia-
meter transversa exitus pelv., D.tr. ex.) zwischen beiden Tubera ischi-
adica; als Messpunkte gelten die Mittelpunkte der hinteren Ränder an den Innen-
flächen der Tubera (Fig. 25 + +).
Hodge^) legt aus praktisch geburtshülflichen Gründen Gewicht auf eine Ebene,
welche durch den Scheitel des Schambogens und die Mitte des 2. Kreuzwirbels parallel
zur Ebene des Beckeneinganges gelegt wird. Die neue Ebene nennt er kurz die
„zweite Parallele**, mit Eücksicht darauf, dass er die Ebene des Beckeneinganges als
»erste Parallele" bezeichnet. J. Veit^) sucht nach einer Ebene, in der auch die an
der inneren Beckenwand belegenen Weichtheile möglichst wenig Raum einnehmen.
Diese Ebene geht ähnlich der H o dg e 'sehen durch den Angulus pubis und nahezu
parallel dem Beckeneingange, so aber, dass sie vor allem keine grösserenMuskel-
bäuche trifft; sie muss also unterhalb des Iliopsoas und oberhalb des Piriformis
durchschneiden; hinten traf sie an dem Veit 'sehen Präparate den 1. Kreuzwirbel.
Ein kleines Segment des Iliopsoas wird sich kaum vermeiden lassen; von sonstigen
1) Hodge, The principles and practice of obstetrics, Philadelphia 1866. (Citirt
nach J. Veit: Anat. d. Beckens. Berlin, 1887.)
2) Veit, J., Die Anatomie des Beckens im Hinblick auf den Mechanismus der
Geburt, Stuttgart, Enke, 1887. (Die betreffenden Schnitte wurden im I. Berliner ana-
tomischen Institute nach den Angaben Veit 's angefertigt.)
Haat)tebene* Ooi\}Ugaiae externa, diä^önalis, obstetricia. 4d
^Kenwandmuskeln wird nur ein dünner Theil des Obturator internus getroffen*
ese Ebene hat eine charakteristische, nahezu kreisförmige Gestalt und liegt wohl
^^^ geräumigsten Stelle der kleinen Beckenhöhle; Veit nennt sie, aus gleich
^^gebenden Gründen, die „Haupt ebene**. Sie kommt der Hodge^schen zweiten
*^*rallele sehr nahe.
Der Kopf des Kindes soll nach Veit bei normalen Verhältnissen zum Ende der
wangerschaft bereits bis an die Hauptebene herantreten; von hier ab beginne erst
_^w Einfluss der Configuration der Beckenhöhle auf die Stellung und Bewegung des
Jiaeskörpers (insbesondere des vorangehenden Kopfes), nicht schon in der Ebene
^es Beckeneinganges.
Von anderen am Becken gemessenen Linien sind noch folgende zu nennen:
1) Die Conjugata externa (Diameter Baudeloequii; C. e.
/*^i' D. B.) = der Entfernung der oberen Kante der Symphysis ossium pubis
ön der Spitze des Processus spinosus des letzten Lendenwirbels. Hinterer Mess-
P'^ökt ist die Grube am Processus spinosus des letzten Lendenwirbels, also die
pitze der Kreuzraute; falls diese nicht zu sehen sein sollte, wählt man eine
Jitfernung von 3—4 cm oberhalb der Verbindungslinie der beiden seitlichen
^utenpunkte (s. vorhin S. 8), oder zählt die Processus spinosi von oben
^i^ab. Vorderer Messpunkt ist die Stelle der Symphyse, welche das grösste
Maass liefert (oberer Rand der Schamfuge). Werthe der C. e. unter 19 cm,
^1 der Lebenden gemessen, lassen auf Beckenenge schliessen. (Vgl. Schrö-
^^^•'s Lehrb. 1. c. S. 577).
2) Die Conjugata diagonalis (C. d.) = der Entfernung des Schei-
**l8 des Schambogens von dem zunächst liegenden Punkte des Pro-
ontorium. Dieselbe lässt sich am lebenden Weibe direkt messen (s. unter Ab-
^tz 3) und ist deshalb von besonderem Werthe. Bei asymmetrischen Becken
öicht, wie bei normalen, die Mitte des Promontorium der nächste Punkt,
ködern dieser weicht nach der engeren Seite ab. Sind gröbere Beckenfehler
ornanden, so kann er auch in der Synostosis sacralis I + II liegen (soge-
nanntes 2. Promontorium).
Für praktisch geburtshülfliche Zwecke ist es vor allem von Werth, die
^^jugata Vera bei der Lebenden zu bestimmen; diesen kürzesten Durch-
csser des Beckeneinganges nennt man wegen seiner geburtshülflichen Wichtig-
^®it auch wohl die geburtshülfliche Conjugata (Conjugata ob-
ctrieia, C. o.)^). Sie wird bei der Lebenden zusammen mit der Conjugata
*gonalis vom Angulus pubis ab genommen. Als vordere Messmarke
^ C« d, dient der scharfe Rand des Ligamentum arcuatum
P^bis, welcher beim Andrücken des Eadialrandes des mit dem Mittelfinger
"^gteich in die Scheide eingeführten Zeigefingers deutlich gefühlt wird.
°^^ normalen Verhältnissen, sowohl des Beckens der zu Untersuchenden als
d ^V^*^®^ Hand des Messenden, erreicht man wohl stets, wenigstens mit der Spitze
Mittelfingers, das Promontorium, sicherlich dann, wenn eine merkliche Verenge-
toe« *®^*' Bis zu 13 cm und etwas darüber kann man unter günstigen Umständen
^^^» Um nun C. o. aus C. d, zu bestimmen, hat man durchschnittlich 1,75— 2. cm von
1) Sehr öder 's Lehrbuch, 1. c. S. 4 und S. 578.
^•^deyer, Das Becken. 4
50 Coojugata normalis. Distantiae spinamm, cristarum, trochanterutn.
der letzteren abzuziehen; je spitzer der Winkel zwischen C. d. und Symphyse ist, und je
höher die letztere ist, um so mehr muss abgezogen werden. (Schröder*8 Lehrb. d.
Geburtshüife 1. c. S. 580.) Bei Mehrgebärendeu ist die Messung leichter als bei Erst-
gebärenden; eine kurze enge Scheide und ein hoher straffer Damm erschweren die-
selbe; selbstverständlich sollen Blase und Reetuin vor der Messung entleert worden.
Näheres haben die Handbücher der Geburtshüife anzugeben.
3) Die Normalconjuga'ta (Coiijugata normalis, C. n., nach
H. V. Meyer) = der Verbindungslinie zwischen Innenrand der oberen Sym-
physenfläche mit der Knickungsstelle des Kreuzbeines. Diese, der „Kreuzbein-
knick", liegt gewöhnlich (s. S. 23) in der Mitte des dritten Kreuzwirbels.
(Vgl. Figg. 24, B u. 25, C. n.). Die Normalconjugata soll einen mehr beständigen
Winkel {ß, Fig. 24) mit der Horizontalen bilden, als die C. v. und deshalb
nahm sie H. v. Meyer behufs einer besseren Bestimmung der Beckenneigung an.
Alle diese als „Conjugatae" bezeichneten Linien sollen in der Median-
ebene des Beckens liegen.
4) Die Distantia spinarum (Sp. iL) = der Entfernung des unter der
Haut am meisten vorspringenden Punktes der einen Spina iliaca anterior superior
von dem gleichen Punkte der anderen*).
5) Die Distantia cristarum (Cr. il.) = der grössten auflSndbaren Ent-
fernung der beiden Cristae iliacae von einander. Man setzt die Tasterzirkel-
knöpfe am besten am Aussenrande beider Spinae iliacae anteriores superiores
auf und gleitet am Rande der Crista entlang, bis man die grösste Entfernung
antrifft.
6) Die Distantia trochanterum sc. majorum (Tr.). Man setzt die
Tasterzirkelknöpfe unter gutem Andrücken auf die beiden grossen Rollhügel
auf und tastet die grösste Entfernung ab. Diese Stelle ist bei der Lebenden
leicht aufzufinden und entspricht gewöhnlich der Mitte der äusseren Trochanter-
fläche (s. das Zeichen + in Fig. 15). Das Maass schwankt sehr; nur bei auf-
fallend geringem Werthe desselben lässt sich ein Schluss auf quere Verengung
des Beckens machen. Dieser Schluss wird um so sicherer, wenn auch Sp. il.
und Cr. il. kleine Werthe geben; aber ein direktes Abhängigkeitsverhältniss
zwischen Tr. und den eben genannten Maassen besteht nicht. — Nr. 5 — 7 werden
bei der Lebenden gemessen.
Am Beckenausgange sind bei der Lebenden*) der gerade Durch-
messer und der quere von aussen zu messen.
Der gerade Durchmesser des Beckenausganges wird hierbei nicht
von der beweglichen Steissbeinspitze, sondern vom unteren Kreuzbeinende aus ge-
nommen. Man hat dasselbe an der oberen Grenze der Grena ani zu suchen,
1) Man soll mit den Knöpfen des Tasterzirkels am Aussenrande der Musculi
sartorii hinaufgleitcn, bis man an den hervorragendsten Punkt der betreffenden Spina
kommt. Bekanntlich liegt die Urspruugsstelle des Musculus sartorius unterhalb
der Spina iliaca anterior superior.
2) Selbstverständlich lässt sich ein Theil dieser Maasse auch bei lebenden
männlichen Personen nehmen ; es ist nur mit Rücksicht auf die geburtshülfliche
Wichtigkeit stets von »der Lebenden" die Rede gewesen.
Durchmesser des Beckenausganges. ßeckenumfatig^. Kl
J^teprechend der unteren Spitze der Kreuzraute (s. S. 8). Indem man den
^igefinger in das Rectum einführt und den Daumen von aussen auf das Steiss-
^^JH legt, kann man bei Bewegungsversuchen die Artikulationsstelle zwischen
ö^yeuz- und Steissbein leicht finden; jedoch hüte man sich vor Verwechslungen
Jöit der Artikulationsstelle zwischen erstem und zweitem Steisswirbel (Articu-
wion m^dio-coccygienne, Morestin)*), welche auch lange beweglich zu bleiben
P"^gt (s. S. 27). Vorderer Messpunkt ist der scharfe Rand des Lig. arcuatum
*Qi Angulus pubis. Man kann aus diesem Maasse den geraden Durchmesser der
^eckenenge (D. r. ang.) bestimmen, indem man 1,5 cm abzieht*). Die
Messung ist bei der Lebenden in der Seitenlage vorzunehmen (s. Fig. 29).
Der quere Durchmesser des Beckenausganges wird bei der
gebenden mit dem Osiander'schen Zirkel 3) in der Rückenlage mit erhöhtem
grenze und massig gebeugten, gespreizten Oberschenkeln ermittelt. Man kann
'^ <lieser Lage die inneren Ränder der Tubera ischiadica abtasten; um das
nchtige Knochenmaass zu erhalten, müssen 1,5 cm hinzuaddirt werden.
Der Querdurchmesser des Beckeneinganges ist an der
gebenden direkt nicht zu messen; von der Schätzung desselben aus den Maassen
P* iL, Cr. iL und Tr. war vorhin schon die Rede. Eine andere Abschätzung
'^^fd durch das Abtasten der Seitenwände des kleinen Beckens unter EinfÜh-
^^S von Zeige- und Mittelfinger, oder der sogenannten „halben Hand" (vier
'öger ohne Daumen) in die Scheide oder in das Rectum gewonnen.
Die direkte Messung des Querdurchmessers der Beckenenge
^* tr. ang.) führt Küstner*) dadurch aus, dass er den einen Arm eines
**^onders geformten Zirkels mit 2 Fingern der einen Hand in die Vagina, den
ködern mit zwei Fingern der anderen Hand in das Rectum einführt und die
^^'kelknöpfe an die leicht zu fühlenden Spinae ischiadicae legt.
Genannt sollen noch werden die Messung des äusseren Becken-
oifanges (Circumferentia pelvis externa, Cf. p. e.), nach dem älteren Krause
ny dem Bandmaasse vom Processus spinosus des letzten Lendenwirbels, zwischen
^'ochanter major und Darmbeinkamm hindurch, von beiden Seiten bis zur Sym-
genommen. Die gesonderte Messung der Peripherie beider Beckenhälften
1) Mo restin, citirt bei Chipaul t: Rapports des apophyses ^pineuses avec la
™oelle. Paris, 1894.
2) Breisky, Medizinische Jahrbücher, Band XIX, Heft 1. Wien 1870. S. 3.
d T?^^ Breisky, l. c. Siehe auch F. Skutsch, Die ßeckenmessung an der leben-
^ön Fran^ Jena 1887. Taf. I. Fig. 4. — Das Buch von Skutsch hat die genauesten
Ahkn ^^cr die Vornahme der Beckenmessung an der Lebenden mit zahlreichen
auii '^^^^ ^^^ betreffenden Instrumente. Für die Beckenmessung überhaupt ist
^^**^dem wichtig: Bai an diu. Klinische Vorträge aus dem Gebiete der GeburtshtLlfe
^ ^^Gynäkologie. Hft. I. St. Petersburg 1883. — Ein besonderes Verfahren empfiehlt
ÄU ' ^^^* ^^® Dissertation von A. Frey: fitude de mensuration du Bassin
jj y®'^ de tiges flexibles avec un essai sur l'histoire de la pelvim6trie. Stras-
^^g, Alsace, 1880, 8. 2 Taff.
^, ^) Küstner, Instrument zur Messung der Querdurchmesser des kleinen Beckens,
^ tt^r Rectovaginalbeckenmessung. Archiv f. Gynäkologie Bd. XX. 1882,
bi fieckenneigang. Beckenaxe.
kann nach Kleinwächter*) zur Erkennung von Asymmetrie des Beckens
führen. Femer die äusseren Schrägmaasse (von der Spina iliaea anterior
superior der einen zur Spina iliaea posterior superior der anderen Seite).
Praktisch haben diese drei zuletzt aufgeführten Maasse nach den Angaben
der Geburtshelfer wenig Werth. Als die wichtigsten Maasse^ die am lebenden
Weibe gewonnen werden können, müssen gelten: die Conjugata externa,
die Conjugata diagonalis, die Messungen von Breisky am
Beckenausgange und die Messung des Abstandes beider Spinae
ischiadicae von Küstner.
Ausser diesen Distanzen und Durchmessern ist es noch von Wichtigkeit,
die Länge des Kreuzbeines und den Abstand seines oberen Bandes von
der Verbindungslinie der Spinae iliacae posteriores superiores zu kennen. Dies
letztere Maass kommt ungefähr auf die Bestimmung der Höhe des oberen Drei-
eckes der Kreuzraute hinaus. Dieselbe beträgt, wie bereits angegeben worden
ist, im Mittel 3 — 4 cm. Eine merklich geringere Höhe wird häufig bei engen
Becken gefunden.
Die normale Kreuzbeinlänge über die Crista sacralis media gemessen,
(Longitudo sacralis dorsalis, L. s. d.) beträgt im Mittel 12^2 cm; an der Lebenden
dienen die obere und untere Spitze der Kreuzraute als Messpunkte. Ist die
obere Spitze nicht deutlich, so verfährt man zur Bestimmung derselben nach
den bereits erwähnten Angaben.
Bezüglich der Maasse der Symphyse siehe S. 33.
Wegen der Beweglichkeit des Hüftbeines in den lüosacralgelenken (Drehung
am eine transversale Axe, und leichte Verschiebung) und wegen der Elasticität der
Knochen haben namentlich die Conjugata vera, aber auch der Querdurch-
messer des Beckeneinganges keine unveränderliche Grösse. Die Con-
jugata vera kann (durch Hebung und Senkung der Symphyse, Vorschiebung der-
selben und Elasticitätswirkung) bis zu 1 cm in der Länge schwanken. Vergrössert
wird sie beim Abwärtsrücken der Symphyse; dies findet in der Rückenlage bei herab-
hängenden Beinen statt. In gewissen Fällen könnte die Beachtung dieser Thatsache
geburtshülflich von Nutzen sein. (Klein, Zur Mechanik des liiosacralgelenkes. Zeit-
schrift f. Geburtsh. u. Gynäkologie. Bd. XXI. 1881. S. 74.)
Beckenneig unff. Beckenaxe.
Dass die Ebene des Beckeneinganges gegen den Horizont geneigt sei,
wurde zuerst aus der Schule von J. J. Fried in Strassburg um die Mitte
des vorigen Jahrhunderts bekannt*). Es sind verschiedene Neigungswinkel
im Laufe der Zeit angegeben worden, von denen hauptsächlich drei zu berück-
sichtigen sind. Dieselben sind in Fig. 24 u. 25 mit a, ß und y bezeichnet. Den
Winkel a (Inclinatio pelvis superior, I. p. s.) macht die Conjugata
anatomica mit der Horizontalen; in den Figuren ist diese Conjugata durch
1) Kleinwächter in: „Realencyclopädie d. ges. Heilkunde^ Bd. VI.
2) Siehe darüber die Bemerkungen in Schröder*» Lehrbuch, 1. c. Seite 7.
Beckenneigung. 58
^ bez. C. a. bezeichnet; C. a. läuft vom Promontorium (P.) zum oberen Rande
^^Y Symphyse (S.). Nägele bestimmte an Lebenden und an trockenen Becken
^ie Grösse des < a zu 60o im Mittel (55—65«»). Fürsti) gibt das Mittel
bei Männern zu 45**, bei Weibern zu 54** an. Lesshaft*) gewinnt einen
ej'heblich höheren Werth: bei acht Männern zwischen 56 und 82<*, bei zwei
Weibern 69 bezw. 74o. Das Mittel aus seinen 10 Bestimmungen ist 71 <> 24^3),
Der Winkel ß^ Inclinatio pelvis normalis (L p. n.) wird von
"er H.V.Meyer 'sehen Normalconjugata (B Fig. 94, C. n. Fig. 25) mit derHori-
Zf>ntalen gebildet, er beträgt fast constant 30 <>. Der Winkel y, Inclinatio
Pulvis inferior (L p. i.) besteht zwischen dem geraden Durchmesser des
Beckenausganges (C Fig. 24) und der Horizontalen; er misst im Mittel 12<*.
Die Symphyse bildet mit der Conjugata vera beim Weibe einen Winkel
von etwa 100 Grad (Fig. 25); die Kenntniss dieses Winkels ist wichtig fftr
"en Gebnrtsmechanismus, indem der vorausgehende Kindstheil eine seiner Haupt-
^rehungen um die Symphyse herum auszuführen hat.
Bei mittlerer normaler Beckenneigung steht das Promontorium 9,5 cm
höher als der obere Symphysenrand.
Die Rejrel H. v. M«yer*s, dass die beiden Spinae anteriores superiöres mit den
pitzen der beiden Tubercula pubica in eine Vertikalebene gebracht werden sollen,
^ dem betreffenden Becken die richtige Neigung zu geben, erscheint mir zutreffend,
^^ alle in der Breite des Normalen liegende Fälle ausreichend und praktisch gut
^«^rwendbar. — Die Beckenneigung ändert sich, abgesehen von den individuellen
^chwankungen, mit der Haltung der Schenkel. Am kleinsten ist sie bei geringer
Dotation medianwärts und geringer Abduction und wächst mit der Verstärkung dieser
1) Fürst, C, Die Maass- und Neigungsverhältnisse des Beckens. Leipzig 1875.
2) Lesshaft, P., Die Architektur des Beckens. Anatomische Hefte, heraus-
ß'^^eben von Merkel und Bonnet. Heft 8 (HI. Bd. Heft I). Wiesbaden, Bergmann,
1893. Seite 173 ff.
3) Lesshaft hängt bei seinen Bestimmungen den betreffenden Leichnam am
J^pfe auf, so jedoch, dass, wie er sagt, die Extremitäten gerade gestellt werden und
^^ Fusssohlen auf dem Boden stehen. Ein Senkblei trifft den hinteren Rand der äusse-
^u Gehörgangsöffnung, die Spitze des Trochanter major und einen 18—24 mm vor
*;r Spitze des Malleolus lateralis gelegenen Punkt, entspricht also den Centren beider
^ftgelenke. Nach der Richtung des Senkbleies werden die Weichtheile bis auf den
pochen durchschnitten und die Senkbleilinie auch an letzterem fixirt. Die Ober-
^uenkel werden dann in der Mitte durchsägt, die Weichtheile entfernt, das Becken
'ra zwischen 4. und 5. Lendenwirbel ausgelöst und nun mit den anhängenden Ober-
enkelsttimpfen wieder aufgehängt, so dass die Senkbleilinie wieder stimmt. Die*
^'i'^elstümpfe stehen wieder auf einer Horizontalen. In dieser Lage wird dann die
***^feenneigung bestimmt.
Nach diesem Verfahren ist es meines Erachtens unmöglich, die Wirkung der
'^ere auszuschliessen, wenn auch die Füsse, bezw. bei der zweiten Aufhängung
Oberschenkel auf einer Horizontalen aufstehen. Sowie aber die Schwere auf ein
dl \ ^^^ßßtigtes Becken ohne den normalen Gegendruck einwirkt, so vergrössert sich
oeckenneigung. Ich kann deshalb meine Bedenken gegenüber den Le.sshaft-
^ Zahlen nicht unterdrücken; sie erscheinen mir für lebende Personen in auf-
^^öter Normalstellung zu hoch.
M
Beckenaxe. Tabelle der BeckenmaasBe.
beiden Bewegnngen; sie ist stark bei der sogenannten militärischen Haltung, schwach
beim Sitzen; sie soll zwischen 40—100^ schwanken können. Aus diesem Grunde hat
ihre Bestimmung für die Geburtshülfe nur geringen Werth.
Auf das äussere Beckenbild beim Lebenden hat indessen die Becken-
neigung grossen Einfluss. Zu grosse Beckenneignng lässt den Bauch gegenüber
dem Becken stark vortreten, das Kreuzbein sich vorwölben, die obere Spitze
der Ereuzraute tief erscheinen. Femer bewirkt sie, dass die Adductorenwöl-
bung sich abflacht, weil sich die Muskeln nach hinten verschieben. Die Ober-
schenkel schliessen dann oben nicht zusammen (Luftfigur) ; die Genitalien liegen
nach hinten verborgen. Ein schlechter Schluss der Oberschenkel mit Luftfigur
wird auch bei zu grosser Beckenbreite beobachtet.
Umgekehrt bringt eine zu geringe Beckenneigung alle vorderen Becken-
partien, insbesondere die Genitalien, auffällig zu Tage; das Kreuzbein springt
dagegen zu wenig vor, so dass die untere Rückengegend abgeflacht erscheint.
Die Adductorengegend ist stark gewölbt, die Oberschenkel schliessen gut.
Führungslinie. Verbindet man die Mittelpunkte der verschiedenen
geraden Durchmesser der Beckenhöhle durch eine Linie, so erhält man die
sogenannte Führungslinie oder Beckenaxe (Axis pelvis). Dieselbe läuft
(siehe Fig. 24, D.) der Kreuzbeinkrümmung parallel in der Mitte des Becken-
raumes und bleibt somit in gleicher Entfernung von der vorderen wie von der
hinteren Wand und von der rechten wie von der linken Seitenwand. Zwischen
der Gonjugata vera und normalis (siehe Fig. 24) läuft diese Linie als eine
gerade, weiter abwärts als eine gekrümmte. Im Steissbeingebiete hat sie wegen
der Beweglichkeit des Os coccygis keine bestimmte Lage mehr.
Beckenmaasse ^).
Bezeichnung
Aditus pelvis (Apertura pelvis sup.)
Conjugata vera
Diameter transversa
Diameter obliqua
Distantia sacrocotyloidea ....
Abkürzung*
ad.
C. V.
D. tr.
D. obl. I u. ir
D. s. cot.
Maass in Centim.
Mann
10,5
12,5
12
Weib
11
13,5
12,75
9
1) Die Maasse sind überall in abgerundeten Zahlen gegeben, die weiblichen
'meist nach Schröder* s Lehrbuch; die übrigen, bei denen besondere Citate fehlen,
sind dem Handbuche der menschlichen Anatomie von C. Krause, 3. Aufl. 1879 besorgt
von W. Krause, entnommen; hier findet sich auch eine sehr vollständige Zusammen-
stellung der Beckennmasse. Die Maasse wurden von C. Krause an frischen von den
Weichtheilen befreiten Becken genommen. — Die schrägen Durchmesser der Becken-
weite, der Beckenenge und des Beckenausganges sind, weil sie zum Theil auf Weich-
gebilde stossen und deshalb nicht genau zu nehmen sind, weggelassen worden. Die
schrägen Durchmesser der Becken weite z. B. laufen von der Mitte des Foramen ischi-
adicum majus der einen zur Mitte des Foramen obturatum der anderen Seite. Ihre
Länge wird (beim Weibe) zu 13,5 cm angegeben^ sie sind tun 7—14 mm erweiterbar.
Tabelle der Beckenmaasse. Symmetrie und Asymmetrie des Beckens.
&5
Bezeichnung
Abkürzung
Maass in Centim.
Amplitude pelvis
Diameter recta ....
Diameter transversa . .
Angustia pelvis
Diameter recta
Diameter transversa . . .
Exitus pelvis (Apertura pelv
Dianieter recta .....
Diameter transversa . .
is Inf.
Conjugata externa* . . .
Conjngata diagonalis* . .
ConJTigata normalis . . .
Distantia spinarum * . .
Distantia cristarum * . .
Distantia trochanterum ♦ .
Circumferentia pelvis externa
Longitudo sacralis dorsalis
Longitudo sacralis ventralis
Latitudo sacralis superior
Altitudo symphyseos pubis
Inclinatio pelvis superior**)
Inclinatio pelvis normalis .
Inclinatio pelvis inferior .
Angulus pubis
ampl.
D. r.
D. tr.
ang,
D. r.
D. tr.
ex.
D. r.
D. tr.
C. e.
C. d.
C. n.
Sp. iL
Cr. il.
Tr.
Cf. p. e.
L. s. d.
L. s. V.
Lt. s. s.
A. s. p,
T. p. s.
I. p. n.
I. p. i.
Ang. p.
11
11
9,5
8
7,5 (9,5)
8
18«)
13,9
2(>
26
31,5*)
13,5
10,8
5,5
750
12,75
12,5
11,5
10,5
9 (H)»)
11
20
13
13,78)
26
29
315
895)
12,5
12
10,8
4,5
600
300
120
950
Symmetrie und Asymmetrie des Beckens.
Vollkommen symmetrische Becken sind selten, ja nach den neueren sorg-
^Ältigen und interessanten Untersuchungen C. Hasse's^) gar nicht vor-
"*aden. Die rechte Beckenhälfte ist ein wenig grösser als die linke und
^^^ zusammen mit der rechten Körperhälfte etwas vor; dagegen steht die
**Jike Beckenhälfte etwas höher, was mit der grösseren Länge des linken
^wies zusammentrifft. Diese Asymmetrie ist jedoch nur eine Theilerscheinung
1) Die Ziffern 9,5 u. 11 stellen das Maass bei zurückgedrängter Steissbeinspitze dar.
2) Spiegelberg, Lehrbuch der Geburtshülfe. 2. Aufl. 1882,
3) Fürst, Maass- und Neigungsverhältnisse des Beckens. Leipzig, 1875.
4) Nach eigenen Messungen.
^ , &) Nach C. Martin: Geburtshülfliche und gynäkologische Maasse und Gewichte.
**o*iiÄtsschr. f. Geburtskunde, Bd. 30. S. 415. •
6) Nach Nägele, F. C, Das weibliche Becken. Karlsruhe 1825.
^ 7) Hasse, C, Ungleichheit der beiden Hälften des erwachsenen menschlichen
^««kens. Arch. f. Anat. u. Physiologie. Anat. Abth. 1891. S. 244 u. 390. (Spolia anatomica.)
*) Die mit einem Sterne bezeichneten Maasse sind an Lebenden genommen
forden.
66 Statik und Mechanik des Bänderbeckens.
der von Hasse im allgemeinen nachgewiesenen und genauer studirten
Ungleichheit der beiden Körperhälften überhaupt.
Nicht in diese Kategorie von Erscheinungen gehört dagegen die schon von
Schweighäuser ^) geraachte Erfahrung, dass der rechte schräge Durchmesser
merklich länger ist, als der linke; umgekehrt soll es bei der Distantia^ sacro-
cotyloidea sein.
Ziemlich häufig sind femer die aus dem Vorkommen von lumbosacralen
und sacrococcygealen üebergangswirbeln sich ergebenden Asymmetrien, an
welche sich die aus Störungen in den Uiosacralgelenken erfolgenden anschliessen.
Letztere stehen schon im pathologischen Gebiete. Die Asymmetrien in Folge
von üebergangswirbeln wurden bereits vorhin berührt (S. 26); sie können
Hindernisse beim Geburtsverlaufe bedingen. Vgl auch das Kapitel: „Abnorme
Beckenformen".
Statik und Mechanik des Bänderbeckens.
Es sollen im folgenden, da eine eingehende Betrachtung zu weit führen
würde, nur die wichtigsten Punkte der statischen und mechanischen Verhält-
nisse des Beckens berührt werden. Vorerst sei hervorgehoben, dass bei auf-
rechter Stellung, und zwar bei allen drei Hauptvarianten derselben, der nor-
malen*), der bequemen und der militärischen, der Schwerpunkt
des Gesammtkörpers in die Mitte des Beckenraumes fällt. Beider
Normalstellung liegt er genau unter dem Promontorium, in der Höhe der Spina
iliaca posterior inferior und des 3ten Kreuzwirbels. Die Schwerlinie geht durch
die Mitte des Hüftgelenkes und des Trochanter major, und durchsetzt nach oben
das Promontorium; sie läuft am hinteren Ende des von mir hervorgehobenen
vorderen Balkens des Hüftbeines entlang. In der bequemen Haltung rückt der
Schwerpunkt ein wenig nach hinten, in der militärischen ein wenig nach vom ;
die Höhenlage ändert sich kaum^).
Durch den Beckenring wird die Rumpflast auf die untere Extremität,
die sie zu tragen bestimmt ist, überpflanzt. lieber den Mechanismus dieser
üeberleitung herrschen noch verschiedene Vorstellungen. Ich knüpfe an die vorhin
1) Schweighäuser, Das Gebären nach der beobachteten Natur. Strassburg
i. Eis. 1825.
2) Als Normalstellung bezeichne ich mit Braune-Fischer 1. c. i. diejenige, in
welcher die Mittelpunkte aller Hauptgelenke, Schulter-, Hüft-, Knie-, Fussgelenk, und
die zwischen diesen liegenden Schwerpunkte der einzelnen Körperabschnitte (Kopf,
Brust, Bauch etc.) in ein und dieselbe Frontalebene fallen.
3) W. Braune und 0. Fischer, Ueber den Schwerpunkt des menschlichen
Körpers mit*Rücksicht auf die Ausrüstung des deutschen Infanteristen. Abhdl. der
Königl. Sachs. Gesellsch. der Wissensch. Bd. XV. Nr. VH. Leipzig 1889. — Bei der
Angabe über die Höhenlage des Schwerpunktes bei der bequemen Stellung ist, nach
einer mir zugegangenen brieflichen Mittheilung 0. Fischer's, ein Druckfehler stehen
geblieben ; anstatt 7,3 cm muss es heissen : 4,3 cm, das stimmt auch mit der Zeichnung
Taf. XVn.
Statik und Mechanik des Bünderbeckens. 67
• 30 ff. gemachten anatomischen Angaben an, H. v. Meyer (1. c. S. 29) wies
^aw hin, dass das Kreuzbein nicht wie ein gewöhnlicher Schlnssstein in dem
^wölbe des knöchernen Beckenringes stecke, da es nicht, wie ein solcher, oben
M hinten breiter werde, sondern vielmehr schmäler; es könne sich also nicht
^ Qie beiden Gewölbestreben der Hüftbeine einkeilen und so den Druck auf
^^ unteren Extremitäten direkt übertragen, sondern, durch die Rumpflast ge-
^uckt, gleite es, seiner Gestalt wegen, zwischen den Darmbeinen hindurch
ach abwärts; hierbei werde es durch die starken Ligamenta sacroiliaca
^^rossea aufgehalten und an diesen aufgehängt ; zugleich mache es in den Ilio-
^™gelenken eine leichte Drehung um eine Queraxe, indem das vordere obere
^w sich senke, das Steissbeinende sichr hebe. Dabei geschehe nun zweierlei:
^nmal werden durch diese Drehung die Ligamenta sacrospinosa und sacro-
^i'osa gespannt und hemmen dieselbe; dann aber, was das wichtigste ist,
^men durch die Spannung der Ligamenta sacroiliaca, in denen ja das Kreuzbein
^ der ganzen Rumpflast hängt, die beiden Darmbeine mit ihren hinteren
uberositäten von beiden Seiten her an das Kreuzbein stark herangezogen; dieser
"g findet in der Symphyse seine Hemmung und es sieht darin H. v. Meyer
*öe wesentliche Bedeutung der letzteren. Zugleich werde aber durch diesen
J^? die Rumpflast auf die Darmbeine übertragen und pflanze sich, soweit sie
^^ht durch die Symphysenspannung aufgehoben ist, auf das Oberschenkelbein
^^« Der Dnick der Rumpflast werde also zunächst in eine Zugkraft über-
e^tührt und dann in zwei Komponenten zerlegt, von denen die eine durch
andspannung in der Symphyse aufgehoben wird, die andere sich auf den
A>ber8cbenkel fortpflanzt.
Diese Lehre hat etwas Bestechendes, kann aber unmöglich als in allen
'inkten gültig angesehen werden. Schon vorhin wurde gezeigt (S. 32), dass
*arabeuf, Lesshaft u. A. — ich füge noch Luther Holden an*), und
^88 mich auch hierzu bekennen — nachwiesen, dass man auf passend ge-
. ^"^Itön Schnitten sieht, wie in der That das Kreuzbein an manchen Stellen
^ S^wöhnlicher Weise dem Schlusssteine eines Gewölbes gleicht
TO somit die Rumpflast direkt auf das Darmbein übertragen kann; s. Figg. 16
^M b und Fig. 17; die Symphyse wirkt dann der Schubspannung entgegen.
Sonach bin ich der Ansicht, dass die üebertraguug der Rumpflast durch
2^ Becken auf die unteren Extremitäten nicht in der verhältnissmässig einfachen
j^ ^ise erfolge, wie es H. v. Meyer gelehrt hat; jedenfalls findet durch das
^^zbein auch direkte Gewölbeübertragung statt.
Das gilt insbesondere vom Stehen; beim Sitzen ruht der Rumpf auf
V^ö Tubera ischiadica und den breiten üntei-flächen der Oberschenkel; es wurde
^^ auf die stärkere Entwicklung der Knochensubstanz in der Richtung der
^terstützungslinie, auf den von mir sogenannten Sitzbalken, aufmerksam
.?^»iacht.
I^ie Gewölbeform bezeichnet Lesshaft, 1. c, S. 203, als eine ellip-
^) Luther Holden, Human osteology. VHth edit London 1887.
68 Ansicht des Beckens von vom.
tische oder auch sphärische. Die Bänder^ Gelenke and Knorpelfngen dienCQ
wesentlich zur Milderung der Stösse und Erschütterungen, denen das Becken-
gewölbe ausgesetzt ist. Die Widerstandsfiihigkeit ist eine sehr beträchtliche,
im Mittel = 1250 Kilogramm, d. h., das Gewölbe zerbarst der Regel nach bei
dieser Belastung (Lesshaft).
Was die Fortpflanzung des Druckes von der Lendenwirbelsäule
auf das Kreuzbein angeht, wobei man fast ausschliesslich an die Körper
der Wirbel gedacht hat, so muss ich auf die gleichfalls vorhin schon berührten
Ausführungen W. A. Freund 's verweisen. Freund betont, dass bei aufrechter
Haltung die starken unteren Gelenkfortsätze des letzten Lendenwirbels auf die
Bögen des ersten Kreuzwirbels sich fest stützen, wobei sie in die beschriebenen
Gruben, Fossae subglenoidales lumbosacrales m. (s. Fig. 14), hinab-
steigen. Wie ebenfalls erwähnt, können sich dabei auch die entsprechenden
Domfortsätze fest aufeinanderlegen. Ich meine demnach, dass die Fortpflanzung
der Bumpflast von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbeine nicht bloss auf dem
Wege der Körper geschieht, sondern bei gewissen Haltungen auch durch die
Gelenkfortsätze und Bögen und stimme hierin, nach eigenen Untersuchungen,
Freund vollkommen bei.
Beim Weibe kommt nun noch eine ungemein wichtige mechanische Leistung
des Beckens hinzu, dass es nämlich als Geburtskanal dient. Kleinere me-
chanische Einflüsse des Gesamtbeckens machen sich auch bei der Entleerung
von Rectum und Blase geltend. Bei allem diesen spielen jedoch auch die
Weichtheile, insbesondere die Muskeln, eine Rolle; ich verschiebe daher die
einschlägige Besprechung bis nach Kenntnissnahme der Weichtheile.
Schilderung des Bänderbeckens in aufrechter Stellung 0.
Ansicht des Beckens von vorn.
Betrachtet man ein Becken von vom in richtiger Stellung und Neigung,
und stellt sich so, dass die Visirlinie den oberen Rand der Symphyse streift
(Fig. 26), so sieht man in voller Ausdehnung, jedoch mit ihren Vorderflächen
etwas nach unten gewendet, die beiden letzten Lendenwirbel mit
den betrefFenden Bandscheiben.
Ihre Processus transversi springen deutlich zu beiden Seiten vor,
insbesondere die des 4. Lendenwirbels; sie sind halb rückwärts gewendet. Die
Spitzen der Processus transversi IV liegen ziemlich daumenbreit und mehr ober-
halb des höchsten Punktes der Darmbeincrista. Die Processus transversi V.
sind der Regel nach kleiner.
Die Facies pelvina des Kreuzbeines ist in ihrer ganzen Ausdeh-
nung zu überblicken, und man nimmt die Kreuzbeinkrtimmung deutlich wahr.
1) Wie eingangs bemerkt, werden hier bei allen Beschreibungen die beiden
letzten Lendenwirbel und die oberen Enden der Ossa femoris zum Becken gerechnet.
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60 Ansicht des Beckens von vorn.
Der Kreuzbeintheil der Linea teiminälis tritt nur gut hervor, wenn die Liga-
menta sacroiliaca anteriora entfernt sind (s. rechte Beckenhälfte Fig. 26).
Die Foramina sacralia anteriora lassen sich alle tibersehen.
Man gewahrt, dass sie nach unten an Grösse abnehmen und näher zusammen-
rticken, und erkennt die von ihnen lateralwärts sich fortsetzenden flachen
Sulci nervosi, Nervenrinnen. Nicht selten sieht man Marken für die Ur-
sprünge des Musculus piriformis in Form flacher Gruben (s. Fig. 26, pi), zuweilen
auch als Knochenzacken (Fig. 26, st).
Vom Steissbeine gewahrt man nur die 2—3 oberen Wirbel, die
übrigen bleiben hinter der Symphyse versteckt.
Beide Hüftbeine lassen ihre eigenthümliche, schifFssehraubenähnliche
Form (Poirier) sehr gut erkennen. Die beiden Schraubenflügel vereinigen
sich in der Gegend der Eminentia iliopectinea, welche letztere bei
dieser Ansicht sehr deutlich erscheint. Sie bestimmt uns zugleich den vorderen
Umfang der Htiftgelenkspfanne, ferner die Vereinigungsstelle zwischen Os ilium
und Os pubis. Nicht selten kommt es hier, meist dem Ansätze des Musculus
psoas minor entsprechend, zur Entwicklung abnormer Knochenstacheln, (ein
kleines Exemplar dieser Art siehe bei x Figg. 12, 13 u. 26).
Ist das Oberschenkelbein mit dem Hüftbeine noch verbunden und sind die
Bänder erhalten, so ist der Pfannen ran d zwar durehzuffthlen, jedoch nicht
zu sehen, da die mächtigen Kapselbänder ihn fast ringsum verhüllen. Hinten
zwar (siehe Fig. 27), wo die Bänder schwächer sind, lässt sich der Pfannenrand
auch durch das Gesicht einigermaassen wahrnehmen.
In dieser Centralgegend der Hüftbeine sieht und fühlt man noch den
oberen Beginn desPecten ossis pubis medianwärts von der Eminentia ilio-
pectinea; lateralwärts von ihr die Spina iliaca anterior inferior (Fig. 26).
Unter ihr und dicht an ihr liegt der höchste Punkt des Limbus
acetabuli, der auch etwas vorspringt und von Anheftungen des Liga-
mentum iliofemorale gewöhnlich rauh und verdickt erscheint.
Nach oben breitet sich, in voller Entfaltung sichtbar, die Darmbein-
schau fe 1 aus. Es markiren sich an ihrem oberen Rande: 1) ihr höchster Punkt,
näher zur Wirbelsäule gelegen; 2) der sich verdickende und abgerundete vor-
dere Rand in der Spina iliaca anterior superior endend; letztere sieht
etwas nach abwärts. Ferner gewahrt man die dünnste Stelle der Darm-
beinschaufel, meist etwas näher dem Kreuzbeine gelegen (siehe Fig. 26,
Pars ten. oss. ilium und Fig. 25 t), und die beiden früher beschriebenen
massiven sie umschliessenden Knochenpfeiler. Sind die Bänder entfernt, so
kann man auch einen Theil der Tuberositas iliaca erkennen, der in ziem-
lich beträchtlicher Ausdehnung hinten und lateral die Seitentheile des Kreuz-
beines überragt. Zwischen Spina iliaca anterior superior und inferior hat man
die Incisura iliaca minor und darunter die Incisura iliaca maior
(zwischen der unteren Spina und der Eminentia iliopectinea) vor sich.
Das untere Stück des Os coxae, das Ischiopubicum, sieht man in
seiner vorderen Fläche nahezu mit allen seinen Theilen. Die vordere Scham-
Ansicht des ßeckens von vorn. 61
k . »
weinpartie ist fast völlig sichtbar; die Oberfläche der Scharafuge liegt
reit vor 5 man sieht noch ein wenig sogar von der hinteren Fläche.
J^ die Schamfuge grenzt von beiden Seiten her die Pars suprapnbica
^f ^^bambeines (Raub er), welche hier in ihrer oberen Fläche breit vorliegt
^ *&• 26, z). Diese Fläche verschmälert sich lateralwärts zwischen dem Pecten
^w pubis und einer meist nur sehr schwach angedeuteten Linie, welche auch
. eine Fortsetzung der Linea terminalis erscheint und dicht an der Symphyse
J^ einem ganz flachen rundlichen Vorsprunge (Fig. 26, sy) endet. Ist diese
^tztere Linie angedeutet, so hat man den Eindruck, als ob die Linea termi-
alis von der Eminentia iliopectinea an sich in 2 Schenkel spalte, deren vor-
erer als Pecten ossis pubis die Circumferenz des Beckeneinganges ver-
«ßßt und nach vorn in das Tuberculum pubicum ausläuft, während der hintere
le eigentliche Fortsetzung der Linea terminalis darstellt, und den Umfang des
^keneinganges vorn schliesst, indem er erst dicht neben dem hier schmalen
^ymphysenknorpel in der erwähnten flachen Erhabenheit (Fig. 26, sy) endet —
Wischen dieser Linie und dem Pecten ossis pubis liegt nun ein dreieckiges
^*d des oberen Schambeinastes vor, dessen Spitze sich an der Eminentia ilio-
Pectmea verliert und dessen breiteren Basistheil die Pars suprapnbica (z) bildet.
, ^ Diese hintere Grenzlinie der Pars suprapubica erscheint nur selten als deutliche
le, meist vielmehr als stumpfe abgerundete Kante, mit welcher die hintere Sym-
V ysenfläche in deren obere, bezw. die hintere Wand des Schambeines in dessen obere
ergeht. Diese Kante erweist sich aber bei der Betrachtung des Beckens von vorn
<*«e eigentliche Umfangslinie des Beckeneinganges in dieser Gegend,
Der der Symphyse benachbarte Theil der Pars suprapubica (s. Fig. 26, z)
rauh und mit vielen Gefösslöchern versehen. Auf der Strecke zwischen
yöaphysenknorpel und Tuberculum pubicum inseriren bekanntlich die oberen
Jider der Symphyse und die Musculi rectus und pyramidalis abdominis.
*^ Entfernung des Tuberculum pubicum von dem genannten Symphysenvor-
^P^'unge (Fig. 26, sy) beträgt 2—2^2 cm. Das Tuberculum pubicum ist nach
^) abwärts und ein wenig lateralwärts gewendet.
Vom Tuberculum pubicum aus zur Eminentia iliopectinea (schärfer gefasst:
zum Tuberculum obturatorium laterale superius) zieht die Crista obtura-
^'la anterior; mit ihr überdeckt der Kamus superior ossis pubis bei dieser ßecken-
•'^sicht die vordere (Schenkel-Öffnung) des Foramen obturatum, sowie einen Theil
_ ^ Membrana obturatoria und des Musculus obturator externus. Zwischen dem
^^ten und dieser Crista bildet nun die obere Wand des ßamus superior ossis
* ^s wiederum ein dreieckiges Feld, welches nach vom und abwärts geneigt
) seine Spitze im Tuberculum pubicum und seine Basis an der Eminentia
^J^n^^*'*^^ hat (Fig. 26, y; besser an der rechtseitigen nicht bezeichneten
*^^^Ue zu erkennen).
st unteren Scham- und Sitzbeinäste sind bei dieser Becken-
J^g; ebenso wie die Symphyse stark nach rückwärts gewendet; man
ö nicht vergessen, dass bei normaler Beckenneigung und aufrechtem be-
?j ^^^ Stehen die vordere und hintere Symphysenfläche mehr in der horizon-
*Is in der frontovertikalen Ebene stehen (vergl. das vorhin ttber die Becken^
62 Ansiebt des Beckens von vom.
<
Beigung gesagte). — Den Angulus pabis kann man noch wahrnehmen^ des-
gleichen links und rechts die Synostosis ischiopubica. Am meisten
nach hinten von allen Theilen des unteren Httftbeinabschnittes liegen die
Spitzen beider Spinae ischiadicae^ die man über die Eminentia ilio-
peetinea hinweg, in deren Ebene sie ungefähr sich befinden, eben noch ge-
wahren kann, und die Tubera ischia^ica, deren vordere Fläche man sieht.
Wie das ganze Ischiopubicum, so hat auch dessen Ringöffnnng, das
Foramen obturatum, eine sich der horizontalen nähernde Lage und er-
scheint bei der Vorderansicht stark in der Verkürzung. Vom Oberschenkel-
beine, soweit es zum Bereiche des Beckens gezogen werden muss, sind Kopf
und Hals in der Ansicht von vorn ganz in die Bandmassen des Ligamentum
iliofemorale und pubofemorale (s. Fig. 26) eingehüllt. Man sieht aber den ge-
samten Trochanter major, dessen oberes Ende leicht hakenförmig um-
gebogen ist, ein Stück des Trochanter minor und die Linea inter-
trochanterica.
Grosses und kleines Becken sind gut zu unterscheiden; die Höhle des
kleinen Beckens, mit Ausnahme des vorderen Abschnittes, ist bequem zu übersehen.
Bei erhaltenen Bändern sieht man oben an der Lendenwirbelsäule (siehe
Fig. 26) das Intervertebralloch zwischen viertem und fünften Lenden-
wirbel (zum Austritte des vierten Lumbalnerven). Unmittelbar nach hinten davon
2 Lücken für den Durchtritt seiner hinteren Aeste; es folgt dann die Austritts-
öffnung für den fünftenLumbalnerven. Dieselbe wird durch Band-
massen der Ligamenta sacroiliaca und iliolumbalia zu einem nach vom schauenden
Loche ergänzt; unter diesen Bandzügen zeichnen sich longitudinal verlaufende
Fascikel aus, die von den Querfortsätzen der beiden unteren Lendenwirbel und
der Darmbeincrista gegen den oberen Umfang der Incisura iscfaiadica major
absteigen. Für den fünften, sehr starken Lumbalnerven wird durch
dia»e Züge und den Vorsprung der Linea terminalis eine Ait flacher Hohl-
rinne, Sulcus nervosus, gebildet, welche den Nerven zum oberen Um-
fange der Incisura ischiadica major hinleitet (s. Fig. 26). Der Boden dieser
Rinne ist von den Ligamenta sacroiliaca anteriora austapezirt.
In weitem Abstände und in einer ganz anderen Ebene gelegen, durch die
Linea terminalis abgetrennt, folgt nun das Foramen sacrale primum,
dicht diesem angeschlossen das secundum und tertium. Auch von ihnen
gehen, wie schon vorhin erwähnt, flache Rinnen aus, die nach dem oberen,
inneren Umfange des Foramen ischiadicum majus convergiren. Durch diese
Rinnen ist die Lage des Haupttheiles des Plexus sacralis scharf gekenn-
zeichnet; sie bilden auch einen beachtenswerthen Schutz für die Nerven, ins-
besondere dann, wenn die knöchernen Zwischenleisten rippenartig vorspringen,
wie dies nicht selten der Fall ist (r, Fig. 13).
Die Ligamenta sacrospinosum und sacrotuberosum liegen
als ein wichtiger Theil der hinteren und seitlichen Beckenwand in grosser
Ausdehnung vor. Sie sind vollständig nur an der linken Seite der Figur ge-
s&eichnet. Das Foramen ischiadicum majus erscheint als eine ansehn-
ABsicht des BeckenR von hinten. $3
^«e mit dem längsten Durchmesser senkrecht gestellte länglich eirunde Oeffnung.
ODa Poramen ischiadicum minus gewahrt man nur ein winziges Stück,
*cht unter der Spitze der Spina ischiadica.
Da die Steissbeinspitze sich bei Einstellung der Gesichtslinie auf den
^^^ Schambeinrand hinter der Symphyse versteckt, so sieht man den Becken-
ösgang in Gestalt zweier (rechts und links) neben dem Steissbeine gelegenen, von
Mosern, dem Ligamentum sacrotuberosum und dem oberen Schambeinrande be-
gJ-enzten Oeffnungen.
Briugt man die Gesichtslinie höher, so hebt sich vor allem die Steissbein-
P"Ze, man übersieht den ganzen Raum des kleinen Beckens und auch den
eekenausgang, der nunmehr ungetheilt erscheint (s, Fig, 13). Die Spinae
uiadicae treten mehr hervor, ebenso sieht man ein grösseres Stück von den
oramina ischiadica minora; auch der nach der Beckenhöhle gerichtete wulstige
, ^''Sprung des Symphysenknorpels, Eminentia retropubica, kommt jetzt
Sicht In der hier angezogenen Figur 13 sind die Ligamenta iliolumbalia
. sacroiliaca anteriora grösstentheils fortgelassen, um das Bild der Promonto-
lumgegend, wie es am knöchernen Becken erscheint, klarer darzustellen.
Ansicht des Beckens von hinten*
In Figur 14 und 27 ist das Bild eines weiblichen Bänderbeckens in der
ösicht von hinten her gegeben. Die Gesichtslinie ist auch auf den
^ Deren Rand der Schamfuge eingestellt gedacht; nur der fünfte Lendenwirbel
■ ^Aalten. Links sind die Ligamenta iliolumbale und sacroiliaca interossea
*^ posteriora, ferner die Ligamenta sacrococcygeum articulare (He nie) und
*^i^coccygeum laterale erhalten; rechts sind dieselben entfernt, um das Knochen-
des Kreuzbeines hervortreten zu lassen.
^ Man sieht die obere nGelenkforts ätze des fünften Lumbal-
Übels noch über die Höhe der Darmbeincrista hervorragen, was jedoch
^)cht immer der Fall ist. Die unteren Gelenkfortsätze des fünften Lendenwirbels
öu sehr stark und dem entsprechend auch die oberen des ersten Kreuzwirbels;
ztere werden jedoch fast vollständig von den ersteren verdeckt; insbesondere
^1 erhaltenen Bändern (s. linke Seite d, Fig. 14 u. 27). An der Basis der oberen
e^zbeingelenkfortsätze gewahrt man die Fossa subglenoidalis lumbo-
^J^alis, von der vorhin S. 58 und bei der Kreuzbeinbesprechung die Rede
^» Zwischen letztem Lendenwirbel und ei*stem Kreuzwirbel haben wir, me-
^Dwärts von den Gelenkfortsätzen, das grosse Spatium intercrurale Inmbo-
<^rale (Hiatus lumbosacralis), links noch durch das betreffende Ligamentum
vum verschlossen. Bei der sogenannten militärischen Haltung rückt meist der
^n des fünften Lendenwirbels soweit hinab, dass der Hiatus lumbosacralis ver-
toi K ^^^^ ^"^ ^^^ Dornfortsatz des fünften Lendenwirbels den des ersten Kreuz-
^bels berührt; dabei tritt der untere Gelenkfortsatz des fünften Lendenwirbels
_ le eben genannte Fossa subglenoidalis und kann sich hier fest auf das Kreuzbein
wzen. Das schlaffe Kapselband gestattet eine recht ausgiebige Bewegung.
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Ansicht des Beckens von hinten.
Ansicht ^.^^^ g^^^^^g
4e8 Beckens nach Entfernmg ^^^'^.^^ Lendenwirbels «nd ^e» d^J "^^'^
zwischen dem Qnerfortsatee des^J^J^^en Tbeile des D-««^J»^X
Km^wirbels nebst dem an«cbliessendenj»n ^^^.^ ^^ «eb^
Kacb oben wird dieser «J«^', "J^rüiolumbale gedeckt und ist auch
findet, yon einem Zage des L'S«^* ^^^ ^„«gefüllt.
BOBst (s. linke Seite der Figur 27) toct "^"^\\^l!:bUten ^
Zwischen der Darmbemcnsta "Jl^^^'^^^^^oiliaca^), ^^^^^^^tuMi^ ^
die tiefe Kreuzdarmbeingrube (^o««* ^^.^ ^^ «cb »Hein arf ö^
flacher wird und von der ^V^-^^^^^^^T^^J^. posterior* «^«^^ "^^f J,
Kreuzbein beschränkt. Läng« ^^J^^^ ,on der Crista «-«'^«^^ *^Xu8
ferner eine flache F-^J;,,tsa" ^^^^^^
undlateralwärtsvon der Crista sacr ^^^ "* ^'^ t tlincntum
sacralis dorsalis^) g^^r^T" kch auf der lückenfläche des L^S»^^^
grübe über, nach unten verliert «« ««^J/^^^den, dass im Bereiche ^^^^^^^
saerotuberJsum. Es verdient bemerkt xu wer '^^^^^^^^^ 4,, ,e«chn^^
drei Kreuzwirbel, da, wo die «"«^^^^^''^^ ^ stärker werden so dass das
»men Bögen und die Crista "t^*^"^*"' "!^ meiner mittleren Partie einen bre^B
Kreuzbein' oberhalb des Hiatus ^^^^X^r^^ms des Sulcus sacr^^« d
flachen Buckel bildet, der ««^'^«^^^^^ii fioL sich (s. Fig. 2^, '^^J^^
«itis beiträgt. Auf dem Sf »"'^^c "sta L^ralis articularis schräg »^«^^Xt
«wischen Crista sacralis media und Cn^as^^^^^ ^^^ Un^nXn. r^i^^^^
F«em, welche wohl ^^^^^^^f^::^.r... dorsalis «^b^;^;^^^^
«piuae abzuleiten sind. Auen aer ^^^^^^^ Bündeln in Yeröinanug
*tlgen austapezirt, die mit den eo 6 aufgenommen.) ,
(IHese Fa.e?n sind in Figg. ^^ .ostT' ora sind gut ^« ü^^^^i^^^ '^
Die Foramina ^^^\^^'^ L\%^ ^nUrior^, s. Figg. 26 und 2^,
Vergleich mit den Foramina «»;'*J^*,,\ittellinie näher stehen, als die
ergibt, dass die letzteren weiter sina ^
P«*eriora. ..ov^eum laterale und sacrococcygeumarti
Wenn die Ligamenta ^^^'l'^T, l, Seitenthei^n des e-^ ^^-
«üare erhalten sind, dann bilden «^ ™^ g^eralis dorsal«; j^ier^üna
WirbeU einen unteren Abschluss f'^^^^J^ gulcus correspondirt unter ^en
^ das Foramen sa^alejn^^^^^^^^ ,,^ «^^^ Ä^-
Wden genannten Bändern her me gacrotuberosum. (Uiese vc
«it der dorsalen Fläche des Lig^ß^eoi ^^^^^ >^
treten in Figg. U und 27 -- Uj^^-^ ^^ J,,^,en-, seine Spitze deckt
Das Steissbein ist vousiamug
■ obersten Theü der Symphyse. ,. . . ^heile erkemien. l^^«^^"*?^^!^-
Das Hüftbein lässt fast alte ^me ™ ^^^ ^g, «,eh mit zahl
ta«be springt aU Mittelpunkt des Ganzen stark
A a«r ftanaösischen Autoren. S. a- »•
1) Gouttifere sacrfee der tranzo» ^
*«nie humaine. T. I, p- 311.
Waldeyer, Das Becken.
öö Ansicht des Beckens von hinten.
reichen Gefässlöchern durchsetzt. Unmittelbar über derselben markirt sich die
stÄrke Einschnürung des Darmbeines (Isthmus coxae) zwischen der Incisura
ischiadica major und der Incisura iliaca minor; darüber liegt die hintere FJäclie
der Darmbeinschaufel in ihrer vollen Ausdehnung. Die Spina iliaca anterior
inferior tritt nur wenig heraus. Oberhalb der Incisura iliaca minor findet sich
öfters ein kleiner Voi-sprung (Figg. 14 und 27, v), welcher das obere (vordere)
Ende der Linea glutaea inferior bezeichnet. Alle übrigen Reliefs der hinteren
Darmbeinfläche sind gut zu sehen, insbesondere sei auf die Tubera glutaea
hingewiesen. Deutlich sind auch die beiden massiven Pfeiler des Darmbeines zu
erkennen. In dieser Stellung steht an dem den Figg. 14 und 27 zu Grunde
liegenden Becken die Spina iliaca anterior superior tiefer als die Spina
iliaca posterior superior. Sie erscheint auch ein wenig tiefer als die Spina
iliaca posterior inferior, so dass eine Verbindungslinie beider Spinae iliacae
anteriores superiores noch durch das obere Ende der Foramina ischiadica
majora geht^).
Als topographischer Merkpunkt wichtig ist der muskelfreie Theil
der Crista oberhalb der Spina iliaca posterior superior. Letztere selbst bildet
die obere Begrenzung der Incisura semilunaris; der muskelfreie Theil liegt
1 bis 2 cm darüber und ist leicht beim Lebenden durchzufühlen.
Vom Ischiopubicum sieht man die Spina ischiadica, den hinteren Umfang
des Tuber ischiadicum, beide in voller Grösse. Unmittelbar unter dem Limbus
acetabuli, zwischen diesem und dem Tuber ischiadicum, befindet sich ein deutlich
ausgesprochener Sulcus, welcher zur Incisura acetabuli hinleitet, und mehrfach
mit dem Verlaufe des Musculus obturator externus in Verbindung gebracht
worden ist, jedoch mit Unrecht^); ich nenne ihn Sulcus tuberoglenoidalis.
Unterhalb dieses Sulcus fällt am Tuber ischiadicum hinten eine etwas ver-
tiefte Stelle auf, zu welcher sich sehnige Ursprungsfasern der Flexoren er-
strecken; das eigentliche Ursprungsfeld der Beugemuskeln liegt jedoch noch
weiter unten (Figg. 27 und 28, u).
Man sieht ferner in dieser Ansicht die ganze innere Fläche der Symphyse
mit der Eminentia retropubica (gerade unter der Steissbeinspitze in der
Figur 27), dann den Angulus pubis, der an dem gezeichneten Becken
(Fig. 27) sehr stumpf war, und die Synostosis ischiopubica.
Vom Oberschenkelbeine zeigen sich ein Theil des Kopfes (durch die
1) Diese Lagebeziehungen sind individuell verschiedene; bei beiden Geschlech-
tern liegt die Spina iliaca anterior superior manchmal noch im Niveau der Incisura
ischiadica major, manchmal höher, jedoch scheint es, als ob die höheren Lagen häufiger
bei Männern vorkamen. Wohl immer aber liegt die Spina iliaca anterior superior
tiefer als die Spina iliaca posterior superior.
2) Henle bezeichnet ihn in Fig. 238, Lehrbuch, 3. Auflage, Seite 270, mit einem
Sternchen. Rauber, Lehrbuch, 4. Auflage von Quain-Hoffmann's Anatomie, nennt
diese Bildung (Bd. 1. S. 212) Impressio obturatoria. Seite 445 spricht er jedoch von
einem Sulcus obtnratorius des Sitzbeines und lilsst den Musculus obturator externus
darin verlauten.
Ansicht de« Beckens von der Seite, 67
^nder hindurchschimmernd); dann der Hals, beide Trochanteren, die Crista
*^rtrochanterica und die Fossa trochanterica.
Von Bändern gewahrt man ausser den schon beim Kreuzbeine geschilderten,
^ Ligamentum sacrotuberosum in seiner ganzen Grösse mit dem Pro-
^^ssus falciformis. Das Band verdeckt einen Theil der Beckenöffnung des
analis obturatorius und einen kleinen Theil der äusseren und unteren Partie
^^ Membrana obturatoria. An der rechten Seite der Figur 27 ist das Crus
^ödineum internum durch eine untergeschobene Sonde bezeichnet.
Von den ins Beckeninnere führenden Wegen erscheint der Beckenaus-
o^ög in seinem ganzen Umfange, und zwar sehr in die Breite gezogen; nach
^^n hin ist er vom hinteren unteren Rande des Ligamentum sacrotuberosum um-
**^nit. Das Steissbein theilt ihn von oben her unvollständig in zwei Hälften.
Die Incisura ischiadica major erscheint in derselben Form und
»"osse, wie bei der vorhin geschilderten Vorderansicht. Von der Lichtung
^^ Incisura ischiadica minor zeigt sich nur eine kleine dreieckige
*^"e, ähnlich wie bei der Vorderansicht. Jedoch sieht man zwischen Liga-
^ntum sacrotuberosum und Ligamentum sacrospinosum den schlitzförmigen
'igang zu dem gedachten Foramen (Fig. 27, o). Der Knochen an dieser
^lle ist glatt und bezeichnet die Rolle für den Musculus obturator internus.
Ansicht des Beckens von der Seite.
Sehr instructiv für die Topographie des Beckens ist die Seitenansicht
^en, welche in Fig. 28 wiedergegeben ist.
Indem ich mir vorbehalte, am Schlüsse dieser Beschreibung auf die topo-
^JjP"^schen Beziehungen der wichtigsten Theile des Bänderbeckens zu einander
^ lotopie des Beckens) ^) in kurzem übersichtlichen Zusammenhange zurückzu-
Hamen, sollen hier nur die Hauptsachen, welche in der Seitenansicht sichtbar
®^^d, an der Hand der Fig. 28 aufgezählt werden.
TV ^'^^^hst sieht man den 4ten Lumbaiwirbel fast ganz, die Synchondrosis
V zum grössten Theile und vom fünften Lendenwirbel ein kleines Stück
n Darmbeinkamm überragen. Es sei bemerkt, dass der 4te Lendenwirbel
^^8 höher oder tiefer stehen kann, als es hier gezeichnet ist.
Sehr gut markiren sich die Tubera glutaea anterius und posterius,
^e der höchste Punkt der Darmbeincrista (Punctum coxale) gerade unter
^ Foramen intervertebrale IV — V gelegen, in derselben Höhe wie der untere
^ ^) Man kann die Lage Verhältnisse eines Körpertheiles schildern: a) in ihrer
lehung zum Gesamtkörper, b) zum Skelet, c) zu den unmittelbar an-
*. J^^^'iden Theilen (Nachbar organen). Hierzu kämmt d) bei grösseren Körper-
^n, wie z.B. beim Becken, noch die topographische Beziehung seiner
^ 2eiii^^ Stücke unter sich. Der Kürze halber bezeichne ich im Folgenden
^*® »^olotopie", b als„Skeletotopie% c als „Syntopie% d als „Idiotopie**
""de auch die bezüglichen adjektivischen Namen: „holotopisch** u. s. w.
m
Aiisii'lit" ih*s Beckens v<»ri «ifr seiiiv
l'Ijüil cic'^ Froees^iiiK siiiiiHsiiB liiiiihiilis JV, Hlvr sui luwb lun-xm-'^vhalMnu thim
liie littiiii LiCbiiidi'*'» .i^'iit rrkctiriiuire il il l'tfii rc* In*, iiiflil iii ilireiii '^nu/Ani \"i'i*l;iiil"e
klein iAienm Umule dii* (Jiista ili.i.rii tMitH|irieli1/; letziüi-i:* iHH'i'i':i,t;;l \i<»l!iiclir in
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!\inM-iiiii|ileii«i', <rir 'Zii ii«ii I'iiImtji, p'liilMiNi /jclu'ji. I >i
Ansicht des Beckens von der Seite. 69
Nieder als das Centrum des Ganzen. Das Oberschenkelbein, insbesondere
sein Trochanter major, der in seiner vollen Breite gesehen vrird, verdeckt
^W einen guten Theil des Ischiopubicum. Immerhin sieht man jedoch nach
vorn vom Trochanter das Schambein in spitzer Dreiecksform und hinter dem
Trochanter das stumpfe Dreieck des Sitzbeines, dessen Convexität von dem
^ehr stark vorspringenden Tuber ischiadicum eingenommen wird; an letzterem
^8t in der Figur der tiefste Punkt, Sitzpunkt (Punctum ischiadicum) markirt.
Dieser liegt mit dem Trochanter minor ziemlich in gleicher Höhe.
Von der Membrana obturatoria ist nur ein kleines Stück am hinteren
Oberschenkelumfange zwischen Trochanter major und minor zu sehen; vor dem
Trochanter major ist von ihr nichts wahrzunehmen, wegen des stark vor-
springenden Lig. iliofemorale; deutlich treten der Sulcus tuberoglenoidalis und
^ie Spina ischiadica hervor.
Vom Os sacrum ist bei erhaltenem Ligamentum sacrotuberosum nur der
untere Theil der Crista sacralis media zu gewahren ; dagegen liegt das S t e i s s-
'^ ß i n dicht hinter dem Ligamentum sacrotuberosum frei, üebrigens kann man
^wch den unteren Theil der Kreuzbeinkrtimmung durch das letztgenannte Band
hindurch erkennen; durch punktirte Linien ist in den Figuren der nicht sicht-
bare Theil des Kreuzbeines samt dem Kreuzbeinkanale ergänzt worden. Man
gewahrt, dass das Promontorium etwas unterhalb des Tuber glutaeum anterius
gelegen ist, während der Dornfortsatz des zweiten Kreuzwirbels mit seiner
oberen Spitze dem Tuber glutaeum posterius entspricht.
Das Ligamentum inguinale steht senkrecht; zwischen ihm und
^^ni Knochen erscheint die Lücke auffallend gross. Nahezu senkrecht steht
'^wch das Ligamentum sacrotuberosum, dessen Flächendrehung sehr
S^t zu sehen ist. Vom Ligamentum sacrospinosum kommt nur ein
v^rhältnissmässig kleiner Theil in Sicht; es läuft fast horizontal.
In ganzem umfange stellen sich die Foramina ischiadica dar.
Der Musculus piriformis, welcher, aus dem Foramen ischiadicum majus
hervortretend, mit seinem Laufe zur Spitze des Trochanter major in richtiger
Stellung gezeichnet ist, scheidet das Foramen suprapiri forme m. vom
^oramen infrapiriforme m. Das obere erscheint halbmondförmig, und
'l^gt zwischen Knochen und Muskel; das untere erscheint schlitzfönnig und
hegt grösstentheils zwischen Muskel und Band (Lig. sacrospinosum). Nicht
selten sieht man am hinteren umfange des Foramen ischiadicum majus einen
kleinen Knochenvorsprung, von dem eine Zacke des Musculus piriformis kommt
(^ig. 28, p).
70 Untersuchungs- und Operationslagen des Beckens. Seitenlage.
Schilderung des Bänderbeckens in seinen Unter-
suchungs- und Operationslagen.
Für die Zwecke geburtshtilflieher Untersuchung, sowie zur Einnahme einer
geeigneten Stellung für den Gebärakt selbst, endlich zur Vornahme von Ope-
rationen am Becken und am Bauche, werden die betreffenden Personen in
bestimmter Weise gelagert. Diese Lagerungen haben im wesentlichen den
Zweck, die Zugänge zum Inneren des kleinen Beckens, sowie auch zu Theilen
des grossen Beckenraumes möglichst frei zu halten und dem Untersuchenden oder
Operirenden bequem erreichbar zu machen.
Folgende vier Stellungen sind die wichtigsten^):
1. Die Seitenlage (sogenannte englische Gebärlage).
2. Die Rückenlage mit gespreizten Oberschenkeln (deutsche Ge-
bärlage).
3. Die Rückenlage mit bedeutend erhöhtem Becken (Trendelen-
b u r g 'sehe Operationslage).
4. Die Knie- Ellenbogenlage.
Im Folgenden geben wir an der Hand von drei Figuren in halber Lebens-
grösse eine Schilderung von der Lage der Haupttheile des Beckens, welche
bei den aufgeführten Stellungen dem Untersuchenden zugewendet sind und
von ihm leicht erreicht werden können.
Seitenlage (englische Gebärlagö).
Bei der Seitenlage steht der Untersuchende, bezw. der Operateur oder
Geburtshelfer so, dass ihm der Beckenausgang zugewendet ist, also hinter der
zu untersuchenden Person. Die ganze Apertura pelvis inferior liegt
dann frei vor und gestattet leichten Zugang für manuelle und instrumenteile
Eingriffe. S. Fig. 29.
Der Austritt des Kindeskörpers im Gebären ist bei dieser Lage unbehin-
dert und leicht zu überwachen; insbesondere begünstigt sie den Dammschutz
im kritischen Momente. Zur Unterstützung für die Patienten, sowie für die
bessere Freihaltung des Beckenausganges, dient ein zwischen die leicht gebeugten
Eniee geschobenes rundes Kissen.
Die Figur ergibt, dass wegen der Krümmung des Steissbeines gerade der
letzte Kreuzwirbel als vorspringender Theil erscheint. Das Steissbein kann
seine Beweglichkeit ungehindert entfalten. Leicht lässt es sich in dieser Lage
zwischen Daumen und den in den Mastdarm eingeführten Zeigefinger bringen.
1) Die Lagerungen zum Gebären anlangend sei bemerkt, dass bei den euro-
päischen Kulturvölkern zur Zeit die unter 1 und 2 aufgeführten die gewöhnlichen
sind. In älterer Zeit und bei anderen Völkern finden wir noch viele andere Lagen
und Stellungen. S. darüber: Ploss-Bartels, 1. c. IV. Aufl. Bd. 11 S. 147 ff.
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72 Seitenlage. Knieellenbogenlage. Rückenlage des Beckens.
Die Umrahmung des Beckenansganges ist nngefähr znr Hälfte
(nach vorn) eine knöcherne: Ramus inferior ossis pubis + Ramns inferior
ossis ischii + Tuber ischiadicum — zur anderen Hälfte (nach hinten) eine 1 i g a-
mentöse: Ligamentum sacro tuberosum. Der Spitze des Steissbeines liegt der
Angulus pubis mit seinem scharfen Rande gegenüber. An stark vorspringenden
Knochenpunkten haben wir oben und unten, etwa der Mitte der Umrahmung
des Beckenausganges entsprechend, die Tubera ischiadica. Von diesen nach
oben bez. unten in senkrechter Richtung fortgehend, kommen wir zu den
grossen Trochanteren. Zwischen Tubera ischiadica und Trochanteren, in
dieser Lage tief versteckt, haben wir das Hüftgelenk und die Gegend
des Foramen obturatum. Die Crista intertrochanterica und der Trochanter
minor liegen vor.
Am meisten nach hinten, das Kreuzbein zwischen sich fassend, springen
die Spinae iliacae posteriores superiores vor; von da kann man, zu
den Trochanteren hin, die Cristae iliacae abtasten. Der hintere Rand des
Hüftbeines zwischen Tuber ischiadicum und Spinae iliacae posteriores ist durch
die Ligamenta sacrotuberosum und sacrospinosum (letzteres ist ziemlich
verborgen) fast ganz verdeckt.
Das Promontorium liegt in dieser Beckenstellung so, dass es etwa die
Mitte des übersehbaren Beckenraumes einnimmt. Die beiden ersten Foramina
sacralia anteriora sind sichtbar.
Die Symphyse ist in allen ihren Theilen bequem zugänglich; auch die
Tubercula pubica und Ligamenta inguinalia sind leicht zu erreichen.
Knieellenbogenlage.
Dreht man die Figur 29 so um, dass man die Symphyse nach unten hat,
so ergibt sich ohne weiteres das Bild, wie es das Becken in der Knieellen-
bogenlage bietet. Eine besondere Beschreibung der Lage der einzelnen
Beckentheile ist nicht .erforderlich.
Bückenlage (deutsche Gebärlage).
Um sich über die idiotopischen Verhältnisse des Beckens bei der deut-
schen Gebärlage zu unterrichten, wolle man nebenstehende Fig. 30 so stellen,
dass man das Steissbein nach unten und vor sich, die Symphyse nach oben,
und die Oberschenkel je nach rechts und links hat. In dieser Lage treten
beide Hüftbeine ziemlich in der Gestalt, wie wir sie bei der üblichen Be-
trachtung des Beckens von vom gewohnt sind zu sehen, deutlich hervor. Die
Spinae iliacae anteriores superiores mit der in der Verkürzung sichtbaren
Darmbeinschaufel überragen oben und seitlich den Schenkelhals; unten und
seitlich springen jederseits die Trochanteren vor.
Das Hüftgelenk wird sehr bequem zugänglich, namentlich der Schenkel-
kopf, da das diesen sonst bergende Supercilium acetabuli ganz ausser Sicht
kommt, und diejenige Stelle, welche den leichtesten Zugang zum Hüftgelenke
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74 Trendelenburg'sche Operationslage.
gewährt, die Ineisura acetabuli, vortritt. Ebenso frei entfaltet sich das
Ischiopubicum mit dem von ihm umschlossenen Foramen obturatum; der
Ausgang des Canalis obturatorius ist unverdeckt. Völlig zu Tage treten auch
die vordere Symphysengegend mit beiden Tubercula pubica, sowie die
unter dem Ligamentum inguinale liegenden weiten Zugangspforten zum grossen
Becken: die Lacuna musculorum und die Lacuna vasorum.
Die Tubera ischiadica schauen gerade nach unten; der Sitzpunkt, mehr
aber noch die unmittelbar über ihm gelegenen Theile, werden üntersttUzungs-
punkte für das Liegen (Liegepunkte). Das Tuber ischiadicum, die Ineisura
acetabuli und die Eminentia iliopeetinea liegen bei dieser Stellung ziemlich in
einer Verticalen übereinander.
Unten, zwischen Steissbein und Tuber ischiadicum, tritt das ausgespannte
Ligamentum sacrotuberosum vor; über ihm, ebenfalls deutlich entfaltet,
das Ligamentum sacrospinosum, über diesem die Gegend der Articulatio
sacroiliaca in grosser Ausdehnung. Beide grossen Oeffnungen der seitlichen hinte-
ren Beckengegend (Foramina ischiadicum majus und minus) liegen frei.
Fast die ganze vordere Kreuzbeinfläche ist zu sehen, insbesondere
die drei grösseren Foramina sacralia anteriora (T, II, III). Wenn man bei dieser
Stellung gerade von der unteren Apertur aus in die Beckenhöhle hineinschaut,
so gewahrt man das Promontorium so, als wenn es dicht unter der Sym-
physe läge, so dass die ganze Hinterwand des Beckens wie knöchern ge-
schlossen erscheint.
Trendelenburg'sche Lage *).
Man stelle sich für die Beurtheilung der Idiotopie des Beckens bei der
Trendelenburg'schen Lage so zur Figur 31 hin, dass man an der linken
(oder auch der rechten) Seite derselben steht, den Kopf zum Beckeneingange
gewendet.
Man gewahrt dann, dass der Beckeneingang in seiner ganzen Ausdehnung
frei wird, indem die Eingeweide zurücksinken müssen. Promontorium, untere
Lendenwirbel, Kreuzbeinflügel, Articulationes sacroiliacae, Darmbeinschaufeln,
innere Ränder der Cristae iliacae, Spinae anteriores superiores, Ligamenta in-
1) Den Namen „Trendelenburg'sche Lage" wählte ich, weil er üblich ge-
worden ist und weil Trendelenburg („Ueber Blasenscheidenfisteloperationen und
über Beckenhochlagerung bei Operationen in der Bauchhöhle", Sammlung klinischer
Vorträge, herausgeg. von R. v. Volkmann, Nr. 355, Leipzig, 1890) als der Erste diese
Lage allgemein für Bauch- und Beckenoperationen empfahl und selbst in ausgedehnter
und methodischer Weise verwerthete; er konstruirte auch einen passenden Operations-
tisch zur leichten Herstellung derselben. Der Erste, welcher diese Lage (Suspensions-
lage) für gynäkologische Untersuchungen zielbewusst in Anwendung brachte,
war W.A.Freund. (Vgl. die Inaug.-Dissertation von N. Lentz: Beitrag zur gynäkolo-
gischen Untersuchung. Die Untersuchung in Suspension. Strassburg, Elsass, 1880.)
Gelegentlich mag sie schon von manchem Arzte früher verwerthet sein, zumal sie
(bei den Versuchen zur Reduction von Hernien) auch im Volke bekannt ist.
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76 Holotopie des Beckens. Sichtbare und fühlbare Theile.
gninalia mit der Bruchpfortengegend, die Peetines ossium pubis und der obere
Symphysenrand werden vollständig zugängig, ebenso aber auch die Höhle
des kleinen Beckens. Der Beckenausgang ist nach vom von Knochen-
vorsprtingen und Bändern ganz frei und weit offen, nach hinten springt in
der Mitte das Steissbein vor; seitlich davon hat man zunächst die Ligamenta
sacrospinosa, an denen entlanggehend man leicht die Spinae ischiadicae
tasten kann; hinter den Ligamenta sacrospinosa liegen die Ligamenta sacro-
tuberosa; über diesen kommt man auf die Foraraina ischiadica majora,
zwischen der Spina ischiadica und der Articulatio sacroiliaca gelegen. Von
den Foramina ischiadica minora ist wenig wahrzunehmen; man suche sie in
dieser Lage des Beckens unmittelbar vor den Spinae ischiadicae.
Die Gegend des Tuber ischiadicum, das Foramen obturatum und das
Hüftgelenk sind in dieser Stellung der Untersuchung entrückt. Zu den grossen
Trochanteren gelangt man unterhalb der Spinae iliacae anteriores superiores.
Uebersicht der Holotopie*), der Idiotopie*) und der
sieht- und fühlbaren Theile des Bänderbeckens.
Nach der gegebenen ausftthrlichen Beschreibung des knöchernen Beckens,
seiner Bänder und Gelenke an sich, sowie mit Rücksicht auf verschiedene
Stellungen desselben, dürfte es geboten erscheinen, noch einmal in kurzer Ueber-
sicht die topographisch wichtigsten Verhältnisse aufzuzählen.
Wir überblicken hier der Reihe nach: L die Holotopie des Beckens,
2. die sieht- und fühlbaren Theile und 3. die Idiotopie des Beckens.
Holotopie des Beckens.
Der grösste Theil des knöchernen Beckens entspricht der Hüft- und Ge-
sässgegend. In der -Hüftgegend liegt das Darmbein, in der Gesässgegend das
Sitzbein. Das Schambein und der vordere Theil des Sitzbeines gehören dem
Oberschenkel an. Das Kreuzbein bildet eine besondere Gegend und tritt drei-
eckig zwischen und oberhalb der Nates hervor. Die untere Beckenöffnung ent-
spricht den Regiones pudendalis und perinealis.
Sichtbare und fühlbare Theile des Beckens.
Als äusserlich leicht festzustellende sieht- und fühlbare Punkte des knö-
chernen Beckens sind folgende zu nennen:
1. Der Dorn des letzten Lendenwirbels, häufig gekennzeichnet durch
das Grübchen im oberen Winkel der Kreuzraute.
2. Die Crista sacralis media.
1) Vgl. die Anmerkung zu Seite 67.
Sichtbare und fühlbare Theile des Beckens. 77
3. Das Steissbein und die Steissbeinspitze mit der Articulatio
^crococcygea und mediococcygea^). Zur Feststellung dieser Punkte
^Ät theils die äussere Betastung in der Crena ani, theils die Exploratio per
^ctum (8. vorher S. 70).
4. Die vorspringende Stelle oberhalb der Spina iliaca posterior
^P^Tior. Aeusseres Kennzeichen: das Grübchen im lateralen Winkel der
^euzraute.
5. Die Crista iliaca.
6» Die Spina iliaca anterior superior.
«• Das Tuberculum pubicum und der obere Symphysenrand.
8. Die vordere und hintere Symphysenfläche, sowie der Angulus
PUDis. Beim Weibe ist letzterer durch die Exploratio per Vaginam bei stark
S^enktem Ellenbogen gut zu fühlen, ebenso die hintere Symphysenfläche; beim
Planne hilft die Exploratio per Rectum aus.
9- Das Tuber ischiadicum.
10. Die Spina ischiadica-, sie ist durch die Exploratio per Vaginam
^<ler per Rectum zu erreichen.
11. Das Promontorium. Dasselbe lässt sich bei ei-schlalften und nicht
litten Bauchdecken von aussen abtasten, insbesondere jedoch per Rectum
^^ per Vaginam.
^ 12. Die vordere Kreuzbeinfläche; sie ist durch die Exploratio per
*^«etum zugängig.
13. Die übrigen seitlichen Beckenwandungen und die Linea ter-
***inali8.
Ein ansehnlicher Theil der inneren Darmbeinschaufelfläche lässt sich meist
och von aussen abtasten. Die Linea terminalis sowie die Seitenwände des
^luen Beckens sind zugängig durch die Exploratio per Vaginam und per
*^<5tum mit eingeführter halber oder ganzer Hand.
14. Das Ligamentum inguinale, von aussen leicht fühlbar. Femer
^ Ligamenta sacrotuberosum und sacrospinosum, durch die wiederholt
Scannten inneren Explorationen der Beckenhöhle erreichbar.
15. Der Trochanter major.
16. Der Gelenkkopf des Femur ist zu einem Theile bei mageren
. uividuen gut wahrzunehmen. Er liegt, von vorn her gerechnet, unter dem
U\A ^^^^^^^ ^^^ Iliopsoas bei dessen üebertritte auf den Oberschenkel ge-
Wdet wird (m6plat du Psoas iliacque, Richer 1. c. [S. 8] p. 187). Von der
^ her dient der Trochanter migor als Orientirungsmarke. Man bewegt bei
Untersuchung, wenn es angeht, den Oberschenkel in seiner Pfanne.
Idiotopie des Beckens.
^ Promontorium. Das Promontorium liegt 9,5 — 9,9 cm über dem oberen
y*^physenrande; die durch dasselbe gelegte Frontalebene trifft die Mittel-
1) S. vorher S. 27.
78 Idiotopie des Beckens. Beckenhöhle.
punkte beider Hüftpfannen und schneidet nahe hinter dem Angulus pubis durch.
Die Cristae iliacae überragen das Promontorium; letzteres liegt ungefähr in
gleicher Höhe mit der Spina iliaca posterior superior und mit dem Spatium
interspinosum zwischen erstem und zweitem Kreuzwirbeldome.
Darmbeine r ist a. Die grösste Höhe der Darmbeincrista entspricht
der Synchondrosis lumbalis IV — V, kann auch bis zum unteren Rande des
IV. Lendenwirbelkörpers reichen. Hinten gibt der untere Rand des IV. Lenden-
wirbeldornes die Höhe an.
Spina iliaca anterior superior. Die Spina iliaca anterior supe-
rior steht beim Weibe in der Mehrzahl der Fälle in gleicher Höhe mit dem
am meisten vorspringenden Theile der Crista sacralis media, d. h. mit der Mitte
des dritten Kreuzwirbels (dem „Knickpunkte" des Os sacrum). In derselben
Höhe liegt auch der Punkt, wo die Linea terminalis die Articulatio sacroiliaca
erreicht. In gleicher Höhe findet sich beim Weibe meist auch der obere Rand
der Incisura ischiadica major. Beim Manne, s. a. S. 66, liegt in der Mehrzahl
der Fälle die Spina iliaca anterior superior 1 — 2 cm höher. Letztere liegt ferner
in einer Frontalebene mit der Spitze des Tuberculum pubicum (H. v. M e y e r).
Spina ischiadica. Die Spina ischiadica liegt ein wenig tiefer als
die Pfannenmitte und entspricht in der Horizontalebene der Articulatio medio-
coccygea. Sie steht 1,5 cm höher als der obere Symphysenrand. (S. Fig. 28.)
Tuber ischiadicum. Dasselbe liegt in einer Frontalebene mit den
Querfortsätzen der unteren Lendenwirbel. Die Mitte desselben steht von der
Mitte der Pfanne nahezu ebensoviel nach hinten ab, wie das Tuberculum pubi-
cum bezw. die Spina iliaca anterior superior nach vorn. Die Entfernung des
Tuber ischiadicum ist meist jedoch etwas grösser. (S. Fig. 28.)
Angulus pubis und Foramen obturatum. Der Angulus pubis
steht in einer Horizontalebene mit der Mitte des unteren knöchernen Randes
des Foramen obturatum und der Mitte der hinteren Fläche des Tuber ischia-
dicum. Das Foramen obturatum grenzt unmittelbar von unten und vom an
die Incisura aeetabuli.
Steissbein. Die Spitze des Steissbeines steht 1,5 — 2 cm oberhalb des
Angulus pubis, sodass sie von dem oberen Drittel der Symphyse überragt wird.
Beckenhöhle und ihre Zugangspforten.
Beckenhöhle.
An dieser Stelle kann nur von demjenigen Hohlräume die Rede sein,
welcher vom Bänderbecken umschlossen wird. Da mit dem Worte „Becken"
bereits der Begriff eines Hohlraumes verbunden ist, so hat man sich auch ge-
wöhnt einfach zu sagen: „dieser oder jener Theil liegt im Becken". Man
Beckenhöhle.
ttöterscbeidet die grosse und die kleine Be ckenhöhle (grosses nad
kleines Becken), welche durch die Linea terminaiis getrennt werden.
Die grosse Beckenhöhle gehört zur Bauchhöhle. Denkt man sich m
der Höhe der Linea terminaiis einen Verschluss, so würde der «*««' ^es grossen
Beckens ein flach schüsseiförmiger sein, in den von hinten her die Wirbelsäule
einen starken Vorsprang macht and der vorn weit offen ist.
Der kleine Beckenraum, den man gewöhnlich im Sinne hat, wenn man
schlechthin von einer Beckenhöhle spricht, gleicht im ganzen, namentlich beim
erwachsenen Weibe, einem kurzen rundlichen Rohre, bei Männern und Dei
Kindern einem Trichterrohre, dessen verjüngtes Ende nach unten hegt.
Wegen der Beckenncigung wendet sich das Rohr vom Beckeuemgangc
her zunächst nach hinten, um am Ausgange, in Folge der Kreuzsteissbem-
kfümmung, wieder nach vorn umzubiegen. Diese vordere ümbiegung lübit
ttuter dem Arcus pubis nach aussen. Die Fuhrungslinie des Beckens, s. i?ig. ^4,
gibt diesen Weg an. . ,
Man unterscheidet - vgl. das Kapitel von den Beckenmaassen - vier
besonders wichtige Stellen am Beckenraume: den Beckeueingang, die liecten-
weite, die Beckenenge und den Beckenausgang; die Lage der Becfeen-
Weite und der Beckenenge ist S. 47 u. 48 angegeben worden.
Die hintere Wand der kleinen Beekenhöhle, vom Kreuzbeine mit dem
Steigsbeine und den Ligamenta sacrotuberosum und sacrospiaosum gebildet, ist
efheblieh höher als die vordere, insbesondere beim Weibe. Legt man eine
*>ontalebene bei richtiger Beckenncigung durch die Spinae ischiadicae, so zer-
ÄUt dadurch die kleine Beckenhöhle in einen hinteren Abschnitt von
vorwiegend q u e r e r Ausdehnung und einen vor deren rundlichen, meiir
eingeschränkten; diese Einschränkung wird aber durch den Angulus pubs
compensirt, woraus sich die Wichtigkeit einer nicht zu hohen Schamfuge tar
<ien Geburtsverlauf und für operative Eingriffe ergibt.
Der vordere Abschnitt zeigt im Bereiche des Sitzbeines zwei weitere
l^merkenswerthe Abtheilungen. Von der Spina ^^ff^l^' '^'^LaZ
aamlich, 8. Fig. 32, eine stumpfe Kante über die zur Beekenhöhle gewendete
breite Sitzbeinfläche hinweg zu den Tubercula obturatoria lateralia (b. 4U) hin,
welche ein Planum supraspinosum m. von einem Planum i»^'-»;?^;^«"^^^ '
^ Sitzbeine absehneidet. Das Planum supraspinosum streicht leicht media«^^"»^
8« das» das rechte mit dem liuken convergirt, während beide ^1»"» »"^^«^
spinosa, die in die Tubera ischiadica auslaufen, leicht dijergiren. Uie ge-
»»»»nte Kante entspricht daher einem (sehr stumpfen) Winkel des Sitzbeines
Aagnlus ischiadicus m.; sie bezeichnet auch die Beckenenge welche
richtiger hierhin zu verlegen ist, als in die gewöhnlich angenommene (8.b.4»)
ßbene, und ist daher für die gebuitehülfliche Betrachtung des Beckens be-
sonders wichtig.
^ Es scheint, dass in dem Verhalten dieses Winkels und des Planum suprasp^^^^^^^^^
*»d intraspinosum Verschiedenheiten wischen dem Mänuerbecken nm We^erhe.k^^^
oWalten; beim Weibe wendet sich das Planum infrnspniosum mehr lateral als bei
Zugaagspf orten zttr ßeckenhohle. 81
^*i auf dessen geburtshülfliche Bedeutung aufmerksam gemacht. Der Winkel ist
Srebildet Fig. 5 Taf. IV meiner Abhandlung über die Lage der weiblichen Becken-
*^'gaue vom Jahre 1892 1) und in Fig. 32. Er entspricht ungefähr auch dem später
^'^'w^ähnenden Winkel des Musculus obturator internus. In den mir bekannt ge-
>*denen geburtshülflichen und anatomischen Lehrbüchern (abgesehen von Budin's
^che) ist diese wichtige Stelle der Beckenhöhle nicht erwähnt.
Die kleine Beckenhöhle ist, wie (S. 24) bemerkt wurde, nur in einem
ömalen, etwa daumenbreiten Ringe unmittelbar unter der Linea terminalis
^^llständig knöchern begrenzt.
Zugangspforten zur Beckenhöhle.
In praktischer Beziehung wichtig ist die Betrachtung der ZugangSu
P orten zum Beckenraume. Dass der grosse Beckenraum noch zur Bauch-
"1^ gehört und gegen diese keine bestimmte Grenze hat, wurde mehrfach
^ähnt; sonach steht der Zugang von oben her weit offen. Nach vom findet
^ Abschluss des grossen Beckenraumes nur durch Weichtheile statt; die
^.uchmuskeln bilden hier allerdings eine sehr widerstandsfähige Wand, so lange
intakt sind. Insbesondere fest wird diese Wand im unteren vorderen Winkel
® grossen Beckenraumes längs des Ligamentum inguinale, in welfchem
^ Fascien dieser Gegend zusammentreffen. Zur Verstärkung dienen hier
^" das Ligamentum pubicum Cooperi autt., welches eine Art
g<in2ung des Pecten ossis pubis darstellt, und das Ligamentum lacu-
^^ (Grimbernati). Aber unterhalb des Ligamentum inguinale besteht
*, ^'^^serst wichtige Zugangspforte zum grossen Beckenraume, die in zwei
^"^^gen, die Lacuna musculorum und dieLacuna vasorum
^**t, letztere zugleich eine der bemerkenswerthesten Bruchpforten.
Vom grossen Beckenraume zum kleinen führt die Apertura pelvis
r P^^^or. Von unten und vorn her steht der Zugang zur kleinen Becken
den
ambogens, durch das vordere Dreieck der Apertura pelvis inferior.
^ frei einmal links und rechts durch das Foramen obturatum, bezw.
Hanaus obturatorius, und in der Mitte (unpaar), unterhalb des
I *^"^g<^n8, durch das vordere Dreieck der Apertura pelvis inferior.
Anschlüsse daran haben wir unten und hinten den Zugang durch das
tere Dreieck der unteren Apertur; beide zusammen stellen den
'* ^Kenausgang" dar, der zur Entleerung von Rectum und Blase, beim Weibe
, ^m zum Austritte des Menstrualblutes, zur Begattung und zur Entbindung
nnH ' ^^iÜich und hinten finden sich die Foramina ischiadica majus
^inus; hinten wären dann noch die Foramina sacralia zu erwähnen,
al V di^sc Zugänge bezw. Ausgänge sind durch Weichtheile, die entweder
erschlussmittel dienen oder durchtretende Bildungen darstellen, verschlossen
""^^^ auggefüllt.
Orifa ^*^*löyer, W., Beiträge zur Kenntniss der Lage der weiblichen Becken-
«*ne. Bonn, 1892. Fr. Cohen.
^*l<leyer, Das Becken. 6
82 Zngangspforten zur Beckenhöhle.
Die Laeuna musculorura wird ausgefüllt durch den Musculus ilio-
psoas und den Nervus femoralis, die Laeuna vasorum, abgesehen vom
Ligamentum lacunare und pubicum Cooperi, die zum Theil als Verschlussmittel
dienen, durch die Va s a f e m o r a 1 i a, den Nervus lumboinguinalis und
die sog. Rosenmüller'scbe Lymphdrüse, die zu den Lymphoglandulae
subingiiinales profundae gehört.
Der Nervus cutaneus femoris lateralis gehört noch in das Bereich der
Laeuna miisculorum, indem er unterhalb der Spina iliaca anterior superior das
Becken verlässt. Er durchbohrt eine mit dem Ligamentum inguinale und mit der
Rectussehne zusammenhängende aponeurotische Lamelle, welche zwischen der Spina
iliaca anterior superior und inferior angeheftet ist.
Das Foramen obturatum wird grösstentheils durch die Membrana
obturatoria und die beiden Musculi obturatores verschlossen. Der übrig
bleibende Canalis obturatorius wird verlegt dm-ch den Nervus und die Vasa
obturatoria und durch einen besonderen Fettkörper, das Corpus adiposum
obtu rat or iura m. S. Figg. 19 und 20, C. a.
Durch die Foramina sacralia treten die Nervenstämme des Plexus
saeralis und, zum Theil, des Plexus coccygeus, ferner Blutgefässe von den Vasa
sacralia lateralia. Ein weiches Fettgewebe füllt die noch bleibenden Lücken aus.
Der Beckenausgang findet seinen Verschluss durch die Muskeln und
Fascien des Diaphragma pelvis und des Trigonum urogenitale (Levator
ani, Coccygeus und Transversus perinei profundus). Diese lassen OeflFnungen
zum Durchtritte der Vena dorsalis penis (clitoridis), der Harnröhre und des
Rectum, beim Weibe noch der Scheide. Durch diese Schleimhautrohre wird zwar
der direkte Zugang zum Cavum pelvis sicher abgeschlossen, indem die genannten
Muskeln überall dicht den betreffenden Rohren anliegen und in deren Wand
übertreten 5 aber, indem dieselben hinreichend weit sind, kann durch Einführen
von Fingern, ja der ganzen Hand (Rectum, Vagina), von Speculis, Sonden und
anderen Instrumenten, der Beckenraum indirekt in einer Weise zugängig gemacht
werden, wie keine andere Körperhöhle. Dieser Umstand und die Ausübung
der Geburtshülfe haben denn auch dazu geführt, dass wir schon seit den alten
Kulturzeiten 1) für das Becken gut ausgebildete üntersuchungsverfahren und ein
namhaftes Instrumentarium besitzen.
An den Zugängen können auch Verletzungen des Beckeninneren durch
geringfügigere Einwirkungen geschehen; sie bilden ferner Pforten für Hernien,
für Vorfälle, für Eiterwanderungen und für andere Ergüsse, endlich für vor-
wachsende Neubildungen. Bei der Aktion der Bauchpresse und insbesondere
bei der Geburtsthätigkeit werden die Weichtheile hervorgedrängt, vor allem
die an den Oeffnungen als Verschlusspolster dienenden Fettkörper; lässt der
Druck nach, so treten letztere wieder an ihren Platz zurück.
1) Ich erinnere insbesondere an das Werk des Soranus von Ephesus: y^jisQ^
yvvaixdcov jia&wv^, und an die in Hereulanum und Pompeji aufgefundenen ärztlichen
Instrumente, die im Museo nazionale zu Neapel aufbewahrt Averden.
Muskelansätze und Muskelursprüage. B3
Muskelansätze und Muskelursprünge am Becken.
Es kann für yerschiedene praktiBche Beziehungen wichtig sein, die Ursprünge
^^d Ansätze von Weichtheilen am knöchernen Becken genau zu kennen. Die
Länder wurden bereits im Vorhergehenden besprochen; es erübrigen demnach
^^ch die Muskeln.
Der obere Rand des Os ilium — die Crista iliaca — wird in ihrer
SJ'Össeren vorderen Hälfte besetzt (von aussen nach innen gezählt) durch: 1) den
Üi^prung des Tractus iliotibialis (Maissiati), der besonders stark am
Tuber glutaeum anterius wurzelt, 2) den Musculus obliquus ex-
^^J^nus abdominis, 3) den Musculus obliquus internus abdominis,
*) den Musculus transversus abdominis. Die kleinere hintere Hälfte
^^^ Crista nehmen ein (in derselben Weise gezählt): 1) der Musculus latissi-
^^^ dorsi, 2) das tiefe Blatt der Fascia lumbodorsalis, 3) der Musculus
9*iadratu8 lumborum. Die hinterste obere Ecke dient noch dem Musculus
^'^ocostalis lumborum zum ürspnmge. Die laterale Grenze dieses Muskel-
^/^pninges liegt genau da, wo der hintere aufsteigende Theil der Crista iliaca
^^^h unter einem mehr oder minder ausgesprochenen Winkel (,, angle rentrant"
_^^ französischen Autoren) nach vorn und lateral umbiegt. Dies ist auch die
^ßUe der Fossula lumbalis lateralis superior. Siehe S. 8.
An der Aussenseite des Beckens finden wir am Os ilium, zumeist
öach hinten und oben, und mit besonders starker Portion am Tuber glutaeum
P^^terius haftend, den Ursprung des Musculus glutaeus maximus. Die
send der beiden Spinae iliacae posteriores wird durch Bandmassen einge-
^JjQimen. Vor und unter dem Glutaeus maximus besetzt in halbmondförmiger
^S^r das Feld zwischen Linea glutaea posterior, anterior und Crista iliaca
^^ Musculus glutaeus medius; ihn deckt, so weit er nicht unter dem
^^sculus glutaeus maximus liegt, der Tractus iliotibialis. In der Konkavität
^^ses Muskelhalbmondes, unterhalb der Linea glutaea anterior, haben wir die
Posse, fast ebenso hohe wie breite Ursprungsfläche des Musculus glutaeus
^'^imus. Dieselbe reicht am Isthmus coxae vom hinteren zum vorderen
^oehenrande, d. i. von der Incisura ischiadica major bis zur Ineisura iliaca
löor (Fig, 28). Hinten trifft also die Arteria glutaea superior bei ihrem
^^tte aus der Beckenhöhle auf das Muskelfieisch des Glutaeus minimus.
. Vorn am Beckenrande, unmittelbar nach aussen und hinten von der Spina
*ca anterior superior, liegt der Ursprung des Musculus tensor fasciae
^^; dicht unter diesem und unter der genannten Spina der des Musculus
torius. Das vordere schmale Ende des Glutaeus medius schiebt sich
iseheu die beiden letztgenannten Muskeln und den Glutaeus minimus ein. Da,
alsbald nach ihrem Ursprünge der Sartorius und der Tensor fasciae latae
I ^^oander weichen, markirt sich zuweilen ein Hautgrübchen — Fossula
JjJ^^'^^lis^- (fossette fömorale, Richer, 1. c. (S. 8), p. 187). Unter dem-
^ lißgt die ürsprungssehne des Musculus rectus femoris.
84 Maskelansätze nnd Muskelursprünge.
Unterhalb des Glutaeus minimus bleibt um den oberen und hinteren Um-
fang des Acetabulum herum ein etwa daumenbreites Knochenfeld fast frei von
Muskelansätzen; auf ihm finden die Kapselbänder des Hüftgelenkes ihren Platz,
mit ihnen nur die beiden sehnigen Ansätze des Musculus rectus femoris:
der vordere an der Spina iliaca anterior inferior, der hintere gerade
auf der Höhe des Acetabulum-Randes (das Becken in richtige Stand-Neigung
gebracht) ^).
Die Spitze der Spina isehiadica nimmt mit dem Ligamentum sacro-
spinosum der Musculus coccygeus ein; am unteren Umfange derselben sitzt
der Musculus gemellus superior fest, am oberen Umfange des Tuber
ischiadicum der Musculus gemellus inferior; zwischen ihnen ist die
Incisura isehiadica minor zur glatten Trochlea für die Sehne des Musculus ob-
turator internus ausgekehlt. Unter dem Musculus gemellus inferior zeigen sich
vier Muskelursprünge dicht beisammen: zumeist nach vorn der Ursprung des
Musculus quadratus femoris, dann — in der Reihenfolge, wie sie hier
aufgezählt sind, kleinere Felder einnehmend — die Musculi: semimem-
branosus, biceps femoris und semitendinosus; an der unteren Grenze
dieser vier Muskeln hin zieht das hintere starke Ursprungsfeld des Musculus
adductor magnus.
Aussen, am Umfange des Foramen obturatum, so weit es nicht an die
Hüftpfanne grenzt, entspringen in drei concentrischen (Dreiviertel)-Kreisen die
Adductoren und der Obturator externus, der ja nach Funktion und Innerva-
tion zu den Adductoren gehört. Dem äusseren Kreise fallen zu, der Reihen-
folge nach von oben, vorn nach unten, hinten gezählt, die Musculi: pectineus,
adductor longus, gracilis und adductor magnus, dem mittleren Kreise
der Adductor brevis und der Adductor minimus; den inneren Kreiß
bildet der Obturator externus allein. Das Feld zwischen der Symphysis
ossium pubis und dem Tuberculum pubicum besetzen vorn der Musculus
pyramidalis, dahinter der Musculus rectus abdominis.
An der Innenfläche des Os coxae nehmen die Ursprünge des Mus-
culus iliacus und des Obturatorinternus fast die gesamte Knochen-
fläche ein, der erstere die Darmbeinschaufel, der letztere fast das ganze
Ischiopubicum. Die Hauptmasse des Iliacus besetzt, nahezu halbmondförmig,
die oberen zwei Drittel der Schaufel; unten, unmittelbar oberhalb der Linea
terminalis findet man keine Ursprünge von Muskelbündeln mehr, doch ist diese
Stelle vom vorbeiziehenden Psoas bedeckt. Der Iliacus reicht hinten bis
unmittelbar an die Facies auricularis und an das Ligamentum sacroiliacum
anterius.
An der Eminentia iliopectinea, da wo sie mit der Linea terminalis zu-
sammentrifft, finden wir den Ansatz des Musculus psoas minor, oft als
kleinen Knochenstachel markirt (Figg. 13, 26 u. 31 a?).
1) Manche der mir bekannt gewordenen Abbildungen verlegen diese ürsprungs-
stelie des Kectus femoris zu weit nach hinten; sie ist am Knochen durch eine deut-
liche Marke gekennzeichnet.
QJfL
Muskelansätsse und Muskelursprünge.
Am ümfanee der Ineisura ischiadica major greift der Musculus glu-
taeus minTnTs noch etwas auf die Innenfläche des Hüftbe.nes über und
4icht unter der Facies auricularis, nahe der Spina iliaca posterior infenor
setzt häufig noch eine Zacke des Musculus piriformis an. (Jig. 28 pO
Aehnlich wie der Musculus iliacus verhält sich der M«scu us obtu-
'ator internus. Oben hinten am Sitzbeine, 'l«» Pf^""«"^«^^ .^1?^! '
hat er seinen Hauptursprung; dann lässt er einen grossen Theil des Ramus
««perior ossis isch.i bis zum unteren Theile des Tuber ischiadicum fie^. diese
frei bleibende Knochenfläche ist glatt und dient als Gleitflache für den Muskel
unten an der Innenfläche des Tuber ischiadicum beginnt er wieder und geht
am Knochenrahmen des Foramen obturatum herum, bis fast zum eben ge-
»»aunten oberen Sitzbeinnrsprunge -zurück, indem er den Ausschnitt fü d^
Beekenmündung des Canalis obturatorius umkreist. Hier entspringt vor ihm
der Levator ani, hinten kommt dieser mit einer '^^«f \/;f;' J^
Mnsculus coccygeus von der Spina ischiadica, diese beiden Zacken s.nd
durch den Arcus tendineus musculi levatoris am, von welchem die
»mittlere Levatorportion entspringt, verbunden. . , ^
Unterhalb des Musculus levator ani, an der '^^^''^'S^''^''^l^^?^l
'«ehii mit dem Os pubis, entspringt mit dem Corpus cavernosum pen s usamme«
(letzteres deckend) der Musculus ischiocavernosus, vor und übe
diesem, vom Ramus inferior ossis pubis bis fast zum Angulus pubis hin der
^sculuB transversus perinei profundus, ^^l^^^/!^ .^^^^^^
l'i« transversus perinei superficialis autt. am Tuber ischiadicum
«'et befestigt. Vgl. das Kapitel: Dammmuskeln. M„«P.,lns
. An der Hinterfläche des Kre-'^^«i°^%^"?r' , ^ und med an
'«ngi««i™,, dorsi und der Musculus multifidus («"»^r und med an
^^ri. „eben ihm); die Crista media des Kreuzbeines (vermöge dei F^sm
l»mbodorsalis), die Crista articularis der letzten Kreuzwirbel, die Mhede
des Steissbeines und das Ligamentum sacrotuberosum dienen dei Hauptmasse
des Musculus glutaeus maximus zum Ursprünge.
^ An der Vorderfläche des Kreuzbeines, auf der Costalportion des ersten
K'-euzwirbels, treffen wir ein starkes Bündel vom Musculus > '*««« '^"^
f«terhalb des Foramen sacrale I beginnend, das Foramen «^«'•^1« " ""^ "^
l/teralwärts umfassend, die drei Hauptursprungszacken des f«;«" ^«^11^^^^
'«'mis. Nicht seltei sieht man kleine Knochenstacheln als üj Pin^^s^^^^^^^^^^
dieses Muskels (Fi-. 26, vi.); seine ürsprungsbündel erhoben noch den Schute,
flehen die Suld neLsi L Kreuzbeines den austretenden vorderen Aes^ n
t«' Nervi sacrales II und III gewähren. Den äusseren «-«d des fünften
«»•euzwirbels und des Steissbeines besetzt der Musculus coccygeus, de
y binten her durch das Ligamentum sacrospinosum gedeckt ^ird. In dei
M^br^hl der Fälle findet man auch einen Musculus ^^^^'^lll'/^J^
«^«terior mit einem Ursprünge am dritten oder vierten f r««'«" «^^ f
''»Aerius und Ansätze an der Vorderfläche der Steisswjbel und a dem Liga
»»«ntum sacrococcygeum anterius. Die betreffenden Muskelbündel laufen an
86 Muskelansätze und Muskelursprünge.
der ventralen Seite des Musculus coecygeus hinab, von diesem durch ein
Fascienblatt getrennt ^),
An der Steissbeinspitze, und zwar mehr ventral, befestigen sich Bündel
des Musculus levator ani und des Musculus sphincter ani externus.
Dorsal verlaufen zwischen Steissbein und Kreuzbein die rudimentären, zuweilen
aber noch recht ansehnlich entwickelten Musculi sacrococcygei po-
steriores.
Lartschneider (I. c.) vermochte bei ihnen noch die Homologa der Musculi
extensor coccygis lateralis, extensor coccygis medialis und abductor coccygis dorsalis
der Säugethiere nachzuweisen; sie liegen, gedeckt von der oberflächlichen Portion
des Ligamentum sacrotuberosum, im Sulcus sacralis dorsalis (s. S. 65). Die am mei-
sten medial gelegenen ßündelchen, die dem Extensor coccygis medialis entsprechen,
sind die letzte Fortsetzung des Musculus multifidus.
Aus der vorstehenden Aufzählung geht hervor, dass folgende Theile des
knöcheraen Beckens musk elf r ei bleiben, d.h. sowohl frei von Muskelur-
sprtingen als von Muskelbedeckungen : Am Kreuzbeine: dieCristasacra-
lis media und der mittlere Bezirk der gesamten Vorderfläche-
Das gleiche gilt vom Steissbein e. Am Hüftbeine: Der äussere
Rand der Crista iliaca, die Spina iliaca anterior superior, ein
ovales Feld oberhalb der Spina iliaca posterior superior (ent-
sprechend der Fossula lumbalis lateralis inferior), die Kante des der L a c u n a
V a 8 0 r u m entsprechenden Schambeinsttickes, die ganze Hinterfläche
der Symphysis ossium pubis und der untere Theil der vorderen Fläche;
vgl. Fig. 23, b. S. 42.
Von diesen Stellen liegen subcutan: Die Crista sacralis media, die
hintere Steissbeinfläche, der äussere Rand der Crista iliaca, die Spina iliaca
anterior superior, und das Feld oberhalb der Spina iliaca posterior superior.
Das untere Stück der Vorderfläche der Symphyse wird durch den Penis (Cli-
toris) bedeckt.
Hierher wären, nach unserer Abgrenzung des Beckens, noch zu setzen :
die Spitzen der Dornfortsätze der beiden letzten Lendenwirbel
und das vorspringende Stück des T r o c h a n t e r m a j o r. (S. Fig. 28, +, S. 68.)
1) Lartschneider, J., Die Steissbeinmuskeln des Menschen und ihre Bezie-
hungen zum Musculus levator ani und zur Beckenfascie. Denkschriften der K. Akad.
d. Wissensch. zu Wien. Mathem. naturw. Classe. LXII. Bd. 1895. — Kollmann, J.,
Der Levator ani und der Coecygeus bei den geschwänzten Affen und den Anthro-
poiden. Verhandl. der Anatomischen Gesellsch. zu Strassburg i. E. 1894. — Blum, F.,
Die Schwanzmuskulatur des Menschen. Anatomische Hefte, L Abth. Heft XIII (IV.
Bd. Hft. 3). Wiesbaden, J. F. Bergmann. 1894. (Auch als Inauguraldissert. Freiburg
1. B., 1894.)
Blutgefässe des Beckens. Foramina nutricia. 87
Gefässe und Nerven des Bänderbeckens.
Blutgefässe des Beckens. Foramina nutricia.
Folgende Arterien geben Zweige an die Knochen und Bänder des
ß^ckens ab:
1. Die Arteria glutaea superior von ihrem oberen Aste — Ramus superior.
r »etreffende Zweig tritt durch das grosse Foramen nutricium, Avelches an der
^senfläche der Darmbeinschaufel unterhalb der Mitte der Linea glutaea anterior
^^ßu ist. Richtung : schräg von oben nach unten und vorn.
2. Die Arteria glutaea inferior; kleine Aestchen zu den Bändern an der
**interfläche des Kreuzbeines.
3. Die Arteria sacralis lateralis.
4- Die Arteria sacralis media. Die Arteriae sacrales verzweigen sich an
J* Vorderfläche des Kreuzbeines. Die Arteriae sacrales laterales sind die weitaus be-
ratenderen, insbesondere durch ihre in den Kreuzbeinkanal tretenden Rami spinales.
5. Die Arteria iliolumbalis, durch ihren Ramus iliacus. Eintritt in eines
r** das andere der Ernährungslöcher, welche sich theils oberhalb, theils unterhalb
^ Linea terminalis in der Gegend ihres hinteren Drittels befinden. Richtung: nach
7^^}^' aber auch nach aufwärts. Es kommen hier mehrere (2— 3) grössere Foramina
^icia vor, die eine verschiedene Richtung haben.
^ 6- Die Arteria obturatoria. Sie ist die Hauptarterie des Ischiopubicum.
rossero Eintrittslöcher findet man für sie an der Innenfläche des Os ischii, etwa in
ohh der Spina ischiadica^): kleinere an der Aussenfläche rings um das Foramen
turatum herum, so wie in der Nähe der Symphysis ossium pubis, welche letztere
^ ^ der Arteria obturatoria im Bunde mit der 7. Arteria epigastrica inferior
«»rsorgt wird. Ausserdem gibt die Arteria obturatoria einen beständigen Ast zum
^^tgelenke ab. S. darüber S. 40 und Fig. 23.
j . ^* ^^^ Arteria pudenda interna. Diese gibt kleine Zweige zu den Rami
r^^ores ossis ischii und pubis, während sie an diesen Knochenstücken entlang läuft.
, 9. Die Arteria circumflexa femoris medialis durch ihren Ramus profun-
^"d Ramus acetabuli zum Sitzbeine und zum Hüftgelenke.
^ 10. Die Arteria circumflexa femoris lateralis durch ihren Ramus ascen-
®*^s zu den Hüftgelenkbändern.
Demnach ist die Hauptarterie des knöchernen Beckens und seiner
*öder die Arteria hypog as tri ca; ein geringer Theil fällt auch der
*'teria femoralis zu. Das Os ilium wird im Wesentlichen von der
^teria glutaea superior und von der Arteria iliolumbalis
gespeist, das Ischiopubicum von der Arteria obturatoria, das
''^Uzbein und das Steissbein von den Arteriae sacrales.
Die Venen folgen den gleichnamigen Arterien. Die Hauptaus-
''l^tslöcher finden sich an folgenden Stellen: 1. An der Crista iliaca,
besondere an der Tuberositas iliaca. 2. Ringsum am 8upercilium acetabuli;
^^ grösseres Venenloch findet sich hier häufig etwas hinter der Spina iliaca
'^'^rior inferior. 3. Im Pfannenboden oberhalb der Cornua acetabuli, besonders
^ ^) Waldeyer, W., Bemerkungen zur Anatomie der Arteria obturatoria. Ver-
<ier Anatom. Gesellsch. auf der neunten Versammlung in Basel. 1895. S. 100.
88 Lymphgefässe des Beckens. F^age der Blutgefässe zu den Beckenknochen.
oberhalb des hinteren Hornes. 4. An der Vordei*fläche der Ossa pubis im oberen
Drittel, zwischen der Symphyse und dem Tuberculum pubicum. 5. Am Tuber
ischiadium. 6. Am Kreuzbeine, insbesondere an dessen vorderer Fläche und
am Boden der die Foramina sacralia anteriora und posteriora verbindenden
sagittalen Kreuzbeinkanäle.
Lymphgefässe.
Dass die Knochen überhaupt in ihrem Saftltlckensysteme (Knochenlücken
und Knochenkanälchen) ein reichgegliedertes Lymph wurzelgebiet besitzen, dass
dieses Kanalsystem mit periVasculären Lymphscheiden, welche die Blutgefässe
der Havers'schen Kanäle umgeben, in Verbindung steht und durch diese in die
Lymphgefässe des Periostes übergeht, ist seit den Untersuchungen von G.
Schwalbe^) und Albr. Budge*) bekannt; ich kann nach eigenen Unter-
suchungen deren Angaben bestätigen. Zu welchen Lymphdrüsen aber und auf
welchen Bahnen die Lymphgefässe der einzelnen Knochen verlaufen, darüber
haben wir nar sehr spärliche und noch der Bestätigung bedürfende Angaben **).
Sie betreffen Wirbelkörper und Tibia. Die Lymphgefässe sollen mit den
Blutgefässen durch die Gefässlöcher der Knochen austreten, üeber die
Beckenknochen-Lymphgefäss e ist Nichts bekannt. — Sappey
läugnet überhaupt das Vorkommen von Knochenlymphgefässen*).
Lage der wichtigeren Blutgefässe zu den Beckenknochen.
Die Arteria und Vena femoralis liegen unmittelbar medianwärts
neben der Eminentia iliopectinea, zwischen dieser und dem Anfange des Pecten
ossis pubis. Die obere Schambeinfläche ist hier glatt und mit einer ganz flachen
Rinne versehen. Die Arterie liegt lateral wärts von der Vene; beide Gefässe
können an dieser Stelle mit Erfolg leicht gegen den Knochen
angedrückt werden. — Die Arteria hypogastrica mit ihren Venen
steigt unmittelbar vor der Articulatio sacroiliaca in das kleine Becken hinab.
Die Arteria circumflexailium profunda folgt mit ihrem Hauptaste
dem Labium internum cristae iliacae; die Arteria iliolumbalis kreuzt
die Linea terminalis vor der Articulatio sacroiliaca. — Am oberen Rande der
Incisura ischiadica major treffen wir dicht am Knochen die Vasa glutaea
superiora. — Die Arteria obturatoria tritt im Canalis obturatorius
1) Schwalbe, G., üeber die Lymphwege der Knochen. Zeitschrift für Anatomie
und Entwicklungsgesch. Bd. II. 1876.
2) Budge. A., Die Lymphwurzeln der Knochen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd.
XIIL S. 87. 1877.
3) Vgl. unter anderen: Cruikshank, Geschichte und Beschreibung der Saug-
adern. Leipzig, 1789. — Bresche t, Le systfeme lymphatique. Paris, 1836. — He nie,
Gefäsßlehre, 2. Auflage. 1876. S. 439.
4) Sappey, Ph. C, Anatomie, Physiologie, Pathologie des vaisseaux lymphati-
ques. Paris, 1874. Delahaye. Fol. pag. 12.
Nerven des Beckens. Individuelle Unterschiede am Bänderbecken. 89
öahe Nachbarschaft zum Ramus superior ossis pubis, und ihre Endäste um-
eisen das Foranien obturatum, indem sie sich dicht am Knochen halten.
(S. 42, Fig. 23.)
Einen langen Lauf am Knochen nehmen die Arteriae pudenda in-
. ^^^} sacralis media und s a c r a 1 i s lateralis. Die Arteria pudenda
^nia entfernt sich auf ihrem Wege um die Spina ischiadica herum, dann
p der Innenfläche des Os ischii und des Ramus inferior ossis pubis, bald
"f bald weniger vom Knochen ; dicht an liegt sie der Spina ischiadica und
^ Ramus inferior ossis pubis. Auch ihr Endast, die Arteria dorsalis
^^liis (clitoridis), kommt dem Ligamentum arcuatum pubis recht nahe. — Die
, *f^iasac raus lateralis läuft vor den Foramina sacralia a n t e r i o r a
y indem sie sieh dabei an der medialen Seite der Nervenstämme
Plexus sacralis hält. Die Arte ria sacralis media kann von ihrer
nnalen Lage in der Mittellinie des Kreuz- und Steissbeines mehr oder weniger
Wichen ; sie liegt auf ihrem ganzen Wege dem Knochen dicht an.
Angefügt möge werden, dass die fünfte L u m b a 1 a r t e r i e, namentlich,
ö sie von der Arteria sacralis media entspringt, dem Beckengerüste auch
J nahe kommt (zwischen oberer Fläche des Kreuzbeines und dem Quer-
^»^satze des fünften Lendenwirbels).
Nerven.
Von den Nerven der Knochen und Bänder des Beckens gilt dasselbe,
jur die Lymphgefässe. Wir wissen, dass das Periost, die grösseren Ge-
anale und das Mark Nerven führen — die meisten sind wohl Gefössnerven,
, ^ynipathischer Art — ; aber es fehlt uns, für das Becken wenigstens, noch
Sichere Nachweis der Herkunft und des Verlaufes dieser Nerven.
Individuelle Unterschiede am Bänderbecken.
'^»>ge8ehen vom Schädel, dürften wohl an keinem Knochentheile (die Bänder
Be t^^ ^^^^^^ so viele individuelle Unterschiede sich zeigen wie am
Kn ^ ^^^^ erklärt sich zum Theil aus dem Aufbaue aus verschiedenen
«en, zum Theil auch aus den hier mehr als anderswo am Skelete aus-
P^%ten Geschlechtsunterschieden.
y^ Die Unterschiede liegen in der Grösse des Gesamtbeckens, in der
Kn v ^ ^^^^^^ Höhle, in seiner verschiedenen Neigung, in der Stärke der
ciufl ^^ ^°^ ^^^^^ Stellung zu einander, wodurch ja die Gesamtform be-
dem n ^^^^ ' endlich in kleinen Formverschiedenheiten und Abweichungen von
Grad ^^^^^^'^t^ii ^ei den einzelnen Knochen. Dass alle Becken einen geringen
Äechf ^^^ -Asymmetrie zeigen, wurde bereits vorhin (S. 55) ei-wähnt. Mit
Wird in Schröder's Lehrbuch, S. 11 (1. c. S. 44) angegeben, dass
90 Individuelle Unterschiede am Bänderbecken. Altersunterschiede.
schöne, d. h. der Idealform entsprechende Beckenformen beim Weibe sehr selten
seien; dies gilt auch fftr den Mann.
Stein der jüngere^) unterschied nach der Gestaltung des Becken-
einganges beim Weibe vier Hauptformen von sonst normalen Becken:
1. Die abgestumpfte Kartenherz form.
2. Die elliptischeForm mit dem queren Durehmesser als „grosser Axe".
3. Die elliptische Form mit der Conjugata vera als „grosser Axe".
4. Die runde Form ^).
Es wären noch manche Zwischengestalten zu verzeichnen, deren Unter-
scheidung jedoch keinen praktischen Werth hat und die zum Theil schon in
das pathologische Gebiet hinüberspielen. S- w. u. das Kapitel: „Pathologische
Verhältnisse".
Wichtiger ist die Unterscheidung der Becken nach dem Hochstande
und Tiefstande des P romon torium, was neuerdings von A. Froriep^)
hervorgehoben wurde. Es handelt sich hierbei um die Stellung des Promon-
torium zur Ebene der Linea terminalis, zur „Terminalebene", wie Fro-
riep sie nennt. Das oberhalb dieser Ebene befindliche „hochstehende" Pro-
montorium schliesst sich an die typische kindliche Form an. Das S. 25 bereits
erwähnte Becken mit doppeltem Promontorium wäre eine Zwischenform. — Ein
Becken mit hochstehendem Promontorium ist ceteris paribus das geräumigere.
Gleichfalls wichtig sind die Varianten, welche durch eine grössere oder
geringere Krümmung des Kreuzbeines bedingt werden — Becken mit verschie-
denem S a c r a 1 w i n k e 1, Dürr*).
Altersunterschiede am Bänderbecken.
Verknöcherungsweise.
Das Wichtigste bei Besprechung der Altersunterschiede zu behandelnde
ist die Verknöcherungsweise des Beckens. Das, was später am Becken
knöchern ist, ist alles entweder hyalinknorplig präformirt gewesen und auf
dem Wege der metaplastischen chondralen Ossifikation knöchern geworden, oder
es ist durch periostale Verknöcherung erworbener Zuwachs.
1) Stein, G. W., Lehre der Geburtshülfe als neue Grundlage des Faches u. s. f«
Eiberfeld, 1825-1827.
2) Weber, Maurus Ififn., Die Lehre von den Ur- und Rassenformen der Schädel
und Becken des Menschen. Düsseldorf, 1830, unterschied die runde, die ovale und
rundovale, die viereckige und die keil förmige Gestalt des Beckeneinganges.
3) Froriep, A., Zwei Typen des normalen Beckens. „Beiträge zur Geburtshilfe,
Gynäkologie und Pädiatrik". (Festschrift für Cred6.) Leipzig, 1881. Engelmann.
4) Dürr, Ueber die Assimilation des letzten Bauch wirbeis an das Kreuzbein.
Zeitschrift für rationelle Medizin. III. Reihe. Bd. VIII, 1860. Seite 185, insbes. S. 194.
Verknöcherungsweise des Bänderbeckens. 81
^ Die eingehenden neueren Untersuchungen von Mehnert*), Leche*) und
^ 1 ^ d e r s h e i m ^) ergeben, dass sich die drei Hauptstücke des Hüftbeines
1 Säugethieren als ursprünglich getrennte Knoi^pel anlegen, und zwar der
iTttmknorpel später als der Pubis- und der Ischiumknorpel. Zunächst ver-
öielzen dann Ilium- und Ischiumknorpel miteinander. Das erste Stadium, in
^*chem nur zwei Knorpelstücke, ein Pubisknorpel und ein Ischiumknorpel
Swennt vorhanden sind, hat bereits E, Rosenberg beim Menschen beob-
ötet (s. C. Gegenbaur: Ueber den Ausschluss des Schambeins von der
Jjaöne des Hüftgelenkes. Morphol. Jahrbuch Bd. II, S. 238). Am spätesten
^^n sich die Theile der Pfannenregion aus, und zwar wesentlich vom Ilium-
^'pol her. Die Incisura acetabuli bleibt dabei als Lücke übrig, entweder
eschen Ischium und Pubis, oder zwischen Ischium und Ilium (Mehnert).
dft tj" ^^^ ^^^ zahlreichen Ossifikationspunkte und den Verknöcherung:smodus
-üüftbeinknorpel geben die Beobachtungen von SchwegeH), Rambaud und
»p ftultS) und KöUiker^) Aufschluss; auch bei Poirier, Trait6 d'anatomie humaine,
* 1, ®^^^ detaiUirte Angaben. Wir haben nicht weniger als zwölf Ossifikations-
Ilii Ricrher gehören in erster Linie drei primäre Hauptkerne, einer im
p , . '^^^^P^l (3.— 4. Monat), der zweite im Ischiumknorpel (4—5. Monat), der dritte im
sknorpel (5.-7. Monat). Beim Neufieborenen sind diese drei Hauptkerne in der
ne durch einen Y-förmigen Knorpel getrennt, und dieser Knorpel erhält sich in
gj^^^.^^^J'istischer Form bis zur Pubertätszeit, ja, erst im 17.— 18. Jahre findet die voU-
ob ^^^.^^^^*^^"^*^l'''-iii^g ii^ der Pfanne statt. Der eine Strahl des Y zieht nach vorn
? seine spätere Marke ist die Eminentia iliopectinea, der andere nach vorn unten,
tu ^^^^^^^ Grenze der Incisura acetabuli entsprechend, und läuft ins Foramen ob-
j. . ^ ^us. Er setzt sich unten in die Verknöcherungsgrenze zwischen Ramus in-
ein ^ ^^^^^ pubis und ossis ischii fort; hier ist seine Marke auch später noch in Gestalt
^. ^ *^^<^chenrauhigkeit (Synostosis ischiopubica in Fig. 26, S. 59) zu erkennen. An
tinH f ^^^® entspringen die Corpora cavernosa penis bezw. clitoridis. Der dritte
Sb* . ^®^^ Strahl zieht nach hinten und trennt in der Mitte der Strecke zwischen
y ^^^^hiadica und höchstem Punkte der Incisura ischiadica major das Os ilium
BüftK • ^^^^^^' Auch die Stelle dieses Knorpelstrahles ist am vollständig verknöcherten
^ ^}^^ noch zu erkennen, und zwar als eine fingerbreite, flache, etwas rauh
Von ^^'^^'^^^^ Verdickung der hinteren Wand der Pfanne ; von der Pfannenhöhle, sowie
ihok ßeckenhöhle aus ist dagegen keine Spur dieser früheren Trennungsstelle
"*^*^r wahrzunehmen.
eil* ^ ^®^^^^rt, E., Untersuchungen über die Entwickelung des Beckengürtels bei
ÄH ^^ Säugethieren. Morphologisches Jahrbuch, herausgegeben v. C. Gegenbaur.
^^- XV. 1889.
re • ^^ Leche, W., 1. c. (S. 301, Pfannenknochen) und: Zur Anatomie der Becken-
8?ion der Insectivora. K. Schwedische Akad. der Wissenschaften Bd. XX. Stock-
'****^, 1883.
ß .. ^^^iedersheim, R., Das Glieflmaassenskelet der Wirbelthiere mit besonderer
<ihi« ^ ^^*^^*%^^^g des Schulter- und Beckengürtels bei Fischen, Amphibien und Sela-
^' Jena, G. Fischer. 1892.
■Ext • ^chwegel, Die Entwickelungsgeschichte der Knochen des Stammes und der
^^»aitäten. Wiener akademische Sitzungsberichte, Bd. 30. 1858. S. 337.
^) Rambaud, A. et Renault, Gh., Origine et d^veloppement des os. Paris, 1864.
•jy ' ^öUiker, A. v., Entwickelungsgeschichte des Menschen und der höheren
^®- Leipzig, 1879. Engelmann. S. 499.
92 VerknöcheruDgsweise des Beckens.
Sonach stossen (beim Menschen) alle drei Hauptknochen des Beckens in der
Pfanne zusammen und nehmen Antheil an ihrer Bildung: oben und vorn das Os iliumi
unten und vorn das Os pubis (mit dem kleinsten Antheile), unten und hinten das Os
ischii (mit dem grössten Antheile).
Zu den drei primären Hauptkernen kommen drei sekundäre Ossifikations-
p unkte (Epiphyses acetabuli Seh we gel) im Bereiche des dreistrahligen Trennungs-
knorpels. Der erste liegt zwischen Os ilium und Os pubis, er erscheint gegen das
zwölfte Lebensjahr und verschmilzt mit seinen beiden Nachbarknochen im achtzehnten
Jahre; er stellt das bereits (S. 17) besprochene Os acetabuli dar. Die beiden an-
deren kleineren Kerne entstehen um dieselbe Zeit wie der eben genannte, auch wohl
früher oder später, und verschmelzen mit den Nachbarknochen im fünfzehnten bis
sechszehnten Jahre.
Endlich treten noch 6 Nebenkerne in Form von Epiphyscn an anderen Stellen
des Hüftbeines auf: 1) an der Crista iliaca, an deren ganzer Länge, Epiphysis mar-
ginalis (15.— 16. Jahr, Verschmelzung 21.— 25. Jahr), 2) an der Spina iliaca anterior in-
ferior (15.— 16. Jahr, Verschmelzung 16.— 17. Jahr), 3) am Tuberculum pubicum (18.— 20.
Jahr, Verschmelzung 20. Jahr), 4) am Angulus pubis (18.— 20. Jahr, Verschmelzung
20.— 21. Jahr), 5) an der Spina ischiadica (15.— 16. Jahr, Verschmelzung 17.-18. Jahr),
6) am Tuber ischiadicum (15.— 16. Jahr, Verschmelzung 17.-22. Jahr beim Weibe, 21.
bis 24. Jahr beim Manne).
Die Epiphysis marginalis erhält sich also am längsten; am frühesten (7.— 8. Jahr)
verschmelzen das Schambein mit dem Sitzbeine in der Synostosis ischiopubica, die vor-
hin als die Ursprungssteile der Corpora cavernosa penis, bezw. clitoridis gekennzeichnet
wurde.
Am Kreuzb eine treten für jeden der drei bis vier oberen Wirbel 8 Ossifikations-
punkte auf, davon 6 genau entsprechend denen der übrigen Wirbel: einer für den
Körper, je einer (rechts und links) für den Bogen, Querfortsatz, Gelenktheil, Dorn-
fortsatz ; dazu kommen 2 Epiphysenstücke für den Körper und ein Zuwachsstück für
den Processus spinosus. Wichtig ist, dass für die drei bis vier oberen Wirbel jeder-
seits ein Costalstück, einer rudimentären Rippe entsprechend, als besonderer
Ossifikationspunkt hinzutritt. Schliesslich treten jederseits noch zwei Epiphyses
marginales, je eine obere und eine untere auf; die obere gehört zur Facies auri-
cularis, die untere zu den beiden letzten Kreuzwirbeln; sie erscheinen erst im 17.— 18.
Lebensjahre, während die Ossifikationscentren für Körper, Bogen und Costalstücke
schon vom 4.-8. Fötalmonate an sich zeigen. Die Epiphysen der Körper und des
Processus spinosus kommen im 10.— 15. Jahre zum Vorscheine. Zwischen den Epi-
physen der Körper bestehen anfangs Bandscheiben, wie bei den übrigen Wirbeln.
Die Verschmelzung der Sacralwirbelanlagen beginnt mit den Querfortsätzen und
Costalstücken (8.— 10. Jahr). Die Verschmelzung der Körper untereinander (also die
Verknöcherung der Synchondrosen) und die der Marginalepiphysen mit den übrigen
Theilen, vollzieht sich mit dem 18.— 20. Jahre, und zwar von unten nach oben, so
dass die beiden oberen Kreuzwirbel am spätesten zur Vereinigung kommen — nach
einigen (ich führe K ö 1 1 i k e r's Lehrbücher der Entwickelungsgeschichte an) erst
nach dem 25. Jahre; ich finde in den von mir bestimmten Fällen das 24.-25. Jahr.
Die marginalen Epiphysen sollen nach Kölliker auch erst mit dem 25. Jahre zur
Vereinigung kommen.
Die Angaben über die Verkuöcherungsweise des Steissbeines weichen z. Th.
sehr von einander ab. Im ersten Wirbel soll ei n Knochenkern, der Hauptkern, noch
vor der Geburt entstehen, im zweiten zwischen dem 5.— 10. Jahre, im dritten etwas früher,
im vierten kurz nach Eintritt der Geschlechtsreife (Kölliker). Steinbach (I.e. S. 312)
fand mit Cruveilhier und Rambaud et Renault, dass der Knochenkern im ersten
Steisswirbel meist im ersten Lebensjahre, also nach der Geburt, auftritt; bei Mädchen
häufiger früher als bei Knaben. Bei Poirier (I.e. S. 17, T. I, p. 323) heisst es sogari
Formentwicklung des Beckens. 93
8 aer Knochenkem des ersten Steisswirbels erst im 4.-5. Lebensjahre erscheine.
erwähnt noch accessorische Knochenkerne, und zwar je zwei epiphysäre für die
ftt ^ ^^®*6Q Steisswirbel, und einen (oberen) für den fünften, dazu zwei weitere Kerne
<lie Cornua coccygea des ersten Steisswirbels. — Die Verschmelzung erfolgt, wie
Dl Kreuzbeine, vom distalen Ende an, und zwar spät; der fünfte ist mit dem vierten
roel meist mit dem Beginne der Pubertät verschmolzen; die knöcherne Vereinigung
ersten Steisswirbels mit dem letzten Kreuz wirbel geschieht erst nach dem 40.— 50.
^^^^' S. auch das S. 27 Gesagte.
Die Kenntniss dieser Knochenpunkte, der Zeit ihres Auftretens und ihrer
p f^^ ^^'^^^& ^^^ werthvoU zur Beurtheilung des Alters eines Beckens, zur
Klärung gewisser pathologischer Vorkommnisse (KnorpelgeschwOlste, Epiphysen-
osung in Folge von Verletzungen, Osteomyelitiden u. a.), sowie für geburts-
fliche und sonstige operative Eingriffe. Wir kommen hierauf zurück.
Formentwicklung des Beckens.
Die fötalen Becken, sowie die Becken von Neugeborenen und Kindern
zum Eintritte der Geschlechtsreife zeigen eine Reihe von Formverschie-
^ ö e i t e n gegenüber den Becken Erwachsener, welche am gründlichsten von
niingi) und neuerdings auch von Jürgens^) erörtert worden sind. Auch die
«er unten, Kapitel: „Geschlechtsunterschiede", citirten Arbeiten von Schliep-
^^ Und Turquet sind hier heranzuziehen, ferner sind die Arbeiten von
^ennigs)^ J.Veit*), Kehrer^), Litzmann^) und Lauro') anzuführen. Nach
*uen eigenen Untersuchungen, über welche an einem anderen Orte genauer
Hebtet werden soll, kann ich die Angaben Fehling's, Jürgens' und
rquet's im wesentlichen bestätigen und führe bezüglich des fötalen Beckens
^^leendes an:
Im dritten Fötalmonate tiberwiegt bereits der Querdurchmesser des Becken-
li if^"^^^ ^^^^^^j^g^^^i ^i^^ ausgesprochene Curvatura lumbosacralis mit deut-
vorspringendem Promontorium fehlt noch. Dies Fehlen eines Promontorium
*■ <iie nur geringe Andeutung desselben ist das Hauptcharakteristicum der
ß . ^ •f'ehling, H., Die Form des Beckens beim Fötus und Neugeborenen und ihre
Ziehung zu der beim Erwachsenen. Arch. f. Gynäkologie, Bd. X. S. 1. 1876.
jj^. ^ Jürgens, R., Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie des mensch-
H^J^ Reckens. In: „Festschrift zur Feier des 70. Geburtstages Rudolf Virchow's**.
^'^'l^n, 1891. Georg Reimer.
Ij^ ^ Mennig, C, Das kindliche Becken. Archiv f. Anatomie und Physiologie,
*^8g. von His, Braune und du Bois-Reym ond, Anat. Abtheilung. 1880. S. 31.
^öd a ' *^'' ^^^ Entstehung der Form des Beckens. Zeitschrift für Geburtshilfe
Gynäkologie, Bd. IX. S. 347. 1883.
^j^, ^ Kehr er, F. A., Beiträge zur vergleichenden und experimentellen Geburts-
^®- Oiessen, 1869-1875. (Heft 3 u. 5.)
^chen p ^*'^'^*'^'^j C. C. F., Die Formen des Beckens, insbesondere des engen weib-
^eckens, nebst einem Anhange über Osteomalacie. Berlin, 1861. 4.
ft^ntiU ^^^0* Sulla forme e sulle dimensioni del distretto superiore nei bacini in-
^' Annali di Obstetricia. Milano, 1887.
94 Formentwicklung des Beckens.
fötalen Becken und der Kinderbecken bis zum zweiten Lebensjahre. Je jünger
das Becken, desto geringer ist im allgemeinen das Promontorium entwickelt.
Ein weiterer Hauptunterschied des Beckens der Neugeborenen von dem der Er-
wachsenen liegt darin, dass bei dem ersteren der gerade Durchmesser der
Beckenweite geringer ist, als der des Einganges, bei Erwachsenen ist das Um-
gekehrte der Fall. Die Becken von Fötus, Neugeborenen und auch noch von
jungen Kindern haben also eine Trichterform. Ferner sind die queren Durch-
messer gegen die geraden verkleinert. Nach den von J. Veit mitgetheilten
Maassen ist das Verliältniss der Conjugata vera adulti : Diameter transversa
adulti = 100 : 129, das der Conjugata vera neonat! : Diameter transversa neonati
= 100 : 107, das Verhältniss von D. r. exitus adulti : D. tr. exit. adulti =
100 : 115, dasselbe Verhältniss beim Neugeborenen aber = 100 : 74 (!).
Im vierten Monate beginnen die Spinae posteriores superiores die Lendenwir-
belsäule nach hinten zu überragen (Fehling); im fünften Monate tritt im dritten
Kreuzwirbel die erste Spur der Abknickung auf, so dass man nunmehr mit H.v. Meyer
eine Pars peivina (die 3 oberen Sacralwirbel) von einer Pars perinealis am
Kreuzbeine unterscheiden kann. Die Geschlechtsunterschiede machen sich bemerklich
(grössere Querspannung und grösserer Angulus pubis bei weiblichen Fötus). Im
sechsten Monate werden sie deutlicher und treten auch in der geringeren Höhe der
Symphyse und grösseren Breite derselben bei den $ Becken hervor. Der Becken-
eingang ist beim $ Fötus und Neugeborenen mehr queroval, beim ^ mehr drei-
eckig mit der schmaleren Partie nach vorn. Hingegen stehen die Darmbeinschaufeln
bei den Becken mehr senkrecht, und andererseits behält das Kreuzbein bei den
^ Becken noch bis zur Geburt eine grössere Breite. Bei Fötus und Neugeborenen
stehen die Iliosacralgelenke weit hinter der Verbindungslinie der Pfannendächer;
sie rücken später nach vorn. Die Hüftgelenkspfannen sind anfangs längsoval,
später runden sie sich ab. W. Freund, Gynäkologische Klinik 1. c. S. 81.
Das Kreuzbein der Neugeborenen zeigt sich noch fast vollständig flach,
denn auch die Knickung im dritten Wirbel ist nur gering und eine Querkrüm-
mung ist kaum angedeutet; die beiden oberen Kreuzwirbel sehen noch nach
vorn, während sie beim Erwachsenen nach abwärts schauen.
Nach Jürgens sind zwei Bildungsperioden des Beckens
bis zu dessen völliger Ausgestaltung zu unterscheiden: Die erste reicht bis zum
vierten oder fünften Lebensjahre, kann aber auch schon früher abgeschlossen
sein. Sie ist charakterisirt durch die vorhin bereits betonte geringe Lenden-
kreuzbeinkrümmung und die damit im Zusammenhange stehende g e-
ringe Entwickelung eines wahren Promontorium. Statt des
einen gut vorspringenden wahren Promontorium (oberer Rand des ersten Sa-
cra! wirbeis) sind vielmehr zwei schwache Vorsprünge (doppeltes Promontorium)
Vorhanden, indem die Linea terminalis auf die Synchondrose zwischen dem
ersten und zweiten Kreuzwirbel trifft und dadurch ein zweites (unteres) Promon-
torium erzeugt wird. Je weiter diese beiden Promontoria von einander entfernt
sind, desto mehr trägt das Becken den fötalen Charakter (Jürgens). An den
Becken dieser ersten Bildungsperiode sind demnach auch zwei Conjugatae
verae zu unterscheiden, eine vera superior und eine vera inferior (Kehr er).
Bis zum zweiten Lebensjahre haben die beiden Promontoria denselben Abstand;
Formentwicklang des Beckens. 95
J*e beim Neugeborenen; von dieser Zeit an nimmt er allmählicb ab, bis mit
^lö vierten bis fünften Lebensjahre das obere Promontorium mit dem hinteren
^öö der Linea terminalis zusammenfilllt. Dann beginnt die zweite Bildungs-
P^^'iode des Beckens.
Von den Veränderungen des Beckens während dieser zweiten Bildungs-
P^'iode wissen wir noch sehr wenig; der Grund davon muss wohl in der ver-
wnissmässig geringen Anzahl von Leichen gefunden werden, die aus dem
^ftben- und Mädchenalter und auch aus dem ersten Pubertätsalter für eine
l^öauere Untersuchung zu Gebote stehen. Turquet (1. c. S. 105) und Koni-
^^ (1. c. S. 105) liefern einiges Material. Konikow, der 120 Lebende
^tersuchte, konnte nur die vier äusseren Maasse (Sp. iL, Cr. iL, Tr. und C. -e.
• «» 55) bestimmen. Er fand für die Periode vom sechsten bis elften Jahre eine
ativ grosse Zunahme der Conjugata externa und eine mehr oder weniger gleich-
,^ige Vergrösserung aller dieser Maasse; bei den beiden Geschlechtern zeigten
Wenig Verschiedenheiten. Turquet wie Konikow fanden die Quer-
*Ä88e schwankend, — Vom elften bis fünfzehnten Jahre übersteigen die
^^^en weiblichen Maasse die männlichen in erheblicher Weise, besonders
^T im vierzehnten bis sechszehnten Jahre; für die männlichen Maasse wurde
^ sciemlich gleichmässige Zunahme festgestellt.
Von der Verknöcherungsweise des Beckens war schon vorhin,
V n., die Rede; setzt man, wie billig, den Abschluss der gesamten Becken-
Wickelung in den Termin der vollendeten Verknöcherung, so fällt derselbe
j^ ^ ^^' ^^^ '^^' Lebensjahr, trifft also mit dem Abschlüsse der progressiven
""perentwicklung überhaupt zusammen. Die Formentwicklung des
j ^^^^s ist indessen erheblich früher beendet; sie dürfte mit dem 18.— 20.
®» zur Zeit, wann die Verknöcherung des Kreuzbeines im grossen und
2eii abgeschlossen ist, fertig sein. Die Verknöcherung des öteissbeines
^ö^t hierfür kaum in Betracht.
f, ^^^Qv die Entwicklung derBänder und Gelenke des Beckens
Hi h^ ^^^^ genauere Untersuchungen ; sie kommen aber für die Formgestaltung
^i^der in Betracht, wie die Knochen, an welche man sich bislang fast
«öscbliesslich gehalten hat. Der Gelenkspalt im Iliosacralgelenke zeigt
bereits im sechsten Monate des Fötallebens (Fehling). Der Sym-
^yseüspaH erst mit dem 6. — 7. Jahre. — Zwei der grössten Bänder des
zufflK^^^ ®^Qd phylogenetisch und ontogenetisch auf Muskelreduktionen zurttck-
Mn /^.^* ^^^ Ligamentum sacrotuberosum auf eine Sehnenpartie der
'm biceps femoris (caput longura) und semitendinosus, und das Ligamen-
w ®*^^'08pinosum auf eine fibröse Reduktion der hinteren Schichten des
^ulus coccygeus^).
by »p ^ ^^*- hierzu: Button, B., The natura of Ligaments. The Journal of anatomy
^in^*^^^^' Humphry & JVfc. Kendrick. Voü. XVIII, XIX, XX, XXI, XXIl, und:
hittr l anatomy lOth edit. by E. A. Schaefer & G. D. Thane. Vol. IL P. II. Arthro-
*y» V a. D. Thaue.
96 Spätere Altersverändeningen am Becken.
Spätere Altersverändeningen.
Hat das Bänderbecken mit dem 25. Lebensjahre (im Mittel) seine volle
Ausbildung erreicht, so pflegen an ihm bis zum hohen Alter nur wenige Ver-
änderungen einzutreten, wenn wir hier von denen, die vorgerückte Jahre für
die Knochen, Knorpel und Bänder im allgemeinen mit sich bringen, absehen
(grössere Brüchigkeit durch Verminderung der Compacta und Ausdehnung der
Spongiosa, und durch Rarefaction der letzteren, senile Veränderungen an den
Gelenken und Knorpeln der Articulatio sacroiliaca und der Symphysis ossium
pubis). — Verknöcherungen der Bänder werden selten beobachtet, häufiger da-
gegen Knochenauflagerungen an der Articulatio sacroiliaca, welche die an sieh
schon geringe Beweglichkeit dieses Gelenkes völlig aufheben. (S. Fig. 30, s,
S. 73.) Man kann diese Dinge nicht ohne weiteres als pathologisch bezeichnen;
die Grenze ist hier wie ttberall schwer zu ziehen.
Die Verschmelzungen der oberen Steisswirbel unter sich und die knöcherne
Verschmelzung des Steissbeines mit dem Sacrum gehören auch unter die späteren
Altersveränderungen, denn sie fallen, wie vorhin berichtet, zum Theil in das
4. bis 5. Decennium, ja mitunter ins Greisenalter hinein.
Schwund des Knochens an den dünnen Stellen (Iliumschaufel und Pfanneu-
boden) ist im höheren Alter, indessen auch bei jüngeren Personen, zuweilen
beobachtet worden.
Beachtenswerth sind die vonCharpy^) studirten Veränderungen des An-
gulus lumbosacralis und der Symphysenneigung im höheren Lebensalter.
Alle Krümmungen der Wirbelsäule treten bei Greisen bekanntlich stärker hervor.
Der Lumbosacralwinkel (Winkel des Promontorium) misst — Mittel von fünf
Fällen — 98** (Maximum = 110**, Minimum = 90**), während er bei Erwachsenen
mittleren Lebensalters 108** beträgt. Die Symphysenneigung — Inclinaison
pubienne Charpy — , d. i. der Winkel, den die Längsaxe der Symphyse bei
aufrechter Stellung mit der Vertikalen bildet, deren Messung Charpy einen
höheren Werth beilegt, als der Messung der Neigung des Beckeneinganges — -
vermindert sich bei Greisen gleicherweise von 58,5** auf 45**. Die unteren Lenden-
wirbel springen stark gegen die Beckenhöhle vor, so dass sie bei horizontaler
Rückenlage fast in das Niveau der Symphyse kommen und daher bei nicht zu
fettbauehigen Individuen leicht durchzufühlen sind. Dabei findet jedoch keine
Compensation (bei aufrechter Haltung) durch eine Drehung des Sacrum statt;
das Becken wird vielmehr mit der Wirbelsäule nach vorn geschoben, und das
Gleichgewicht wird durch die gebeugte Haltung der Kniegelenke hergestellt.
So kommt die charakteristische Fonn der Greisenbeckengegend zu Stande, die
bei starker Lendeneinsattelung doch ein flaches Gesäss und vortretende äussere
Genitalien sehen lässt. Ausnahmen kommen vor, wenn eine starke Einsattelung
höher oben im Bereiche der letzten Brust- und ersten Lendenwirbel besteht.
1) Charpy, A., feudes d'anatomie appliqu6e. Paris, 1892. Baüliöre et fils. p. !
„De la courbure iombaire et de rinclinaison du bassin."
Theorien der Üniwan<ilung cler kindüchen Beckenf<#m In die ausgebildete. d7
Umwandlung der kindlichen Beckenform in die ausgebildete:
Theorien.
Das Problem der Formgestaltung des Beckens hat schon seit einem Jahr-
^^nderte, seit Denman^) und de Fremery^), zur Lösung herausgefordert.
^€ es doch gerade hier nahe, einfache mechanische Principien heranzuziehen ;
*^eh die praktische Wichtigkeit der Sache Hess manchen hier sein Heil ver-
^'ichen.
Soviel dürfen wir wohl als sicher ansehen, dass mit mechanisch wirken-
^^Ä Kräften der Art wie Einfluss der Rumpflast, Gegendruck von
*^iten der Oberschenkel und Symphysenspannung (H. v. Meyer,
Jl* 1 1 2 m a n n , Schröder u. A.) die Umwandlung der fötalen Beckenform in
J|*e ausgebildete allein nicht erklärt werden kann. Ebenso wenig ist dies mög-
^^0 durch die vorwiegende Betonung der Wirkung des Muskelzuges (Kehr er'»
*heorie). Auch haben die Vertreter dieser Ansichten, insbesondere nenne ich
^^hröder, dies nicht verkannt und nebenbei einen Vererbungsfactor,
^^^ den Beckenknochen „durch Erbschaft innewohnende Wachsthumsrichtung^',
^gelassen; sie haben jedoch jene mechanischen Principien in den Vordergrund
«stellt.
Nach Schröder (Lehrbuch, 12. Aufl. S. 13) ist das wichtigste mechanische Mo-
■^ut für die von der Geburt bis zur Pubertät erfolgenden Becken Veränderungen der
* ^Uck der Rumpflast". Indem Schröder mit H. v. Meyer betont, dass die
k ^ ^^^ (untere) Fläche des Kreuzbeines überall schmäler sei, als die hintere (obere),
^t! er das Kreuzbein durch den Druck der Rumpflast, der mit den ersten Versuchen
^ ® Kindes sich aufzurichten, zu stehen und zu gehen, wirksam wird, tiefer in das
^ken hineingedrängt werden. Diesem wirken die Ligamenta sacroiliaca posteriora,
^ iusbesoridere die starken Ligamenta interossea entgegen, indem das Os sacrum
Ihnen im Beckenringe aufgehängt ist. In diesen Ligamenten liegt also der Unter-
tzungspunkt des Kreuzbeines und es fällt die Schwerlinie des Rumpfes vor diesen
t^rstützungspunkt. Folglich müsse sich nun das Kreuzbein bei seiner Hinab-
Ängung durch die Rumpf last auch um eine Queraxe drehen, so dass das Pro-
Jitorium tiefer in das Becken hinabsinkt. Dieser Drehung wirken wieder die Liga-
j^ utasacrotuberosa und sacrospinosa entgegen; daraus resultire dann die stärkere
, ]?&8krümmung des Kreuzbeines beim Erwachsenen. Die geringere Quer-
. *^uiung, so wie die grössere Höhe der Wirbelkörper vorn erkläre sich
g^ l^iherweise durch den Druck der Rumpflast, denn diese müsse die Körper aus den
^ '^^heilen, mit denen sie zu der Zeit nur knorpelig verbunden sind, etwas heraus-
und gleichzeitig hinten mehr comprimiren als vorne. ™ Endlich erkläre sich
uenselben Faktoren noch die Biegung der Hüftbeine über der Gelenkfläche
- dem Kreuzbeine. Hinten, an der Tuberositas iliaca, zieht das in den Bändern
fefttf ^^*^^ Kreuzbein, vorn, in der Symphyse, sind beide Hüftbeine gegeneinander be-
^ ^f dazu kommt vorn noch der beim Stehen und Gehen wirksame Gegendruck
-» wj MWAu, Kommi vorn nocn uer oeim öienen una u-enen wirKsauie v^regeiiurucK
^ Oberschenkelbein köpfe: diese beiden an entgegengesetzten Enden wirkenden
' ^^ müssen das Hüftbein biegen, und zwa" *"" floi«oi» anhixrdohatan SfAii*» wa1/»>ia in
he der Facies auricularis liegen soll.
^•«^ müssen das Hüftbein biegen, und zwar an seiner schwächsten Stelle, welche in
1) Denman, Th. D., Introduction to the practice in midwifery. London, 1787—1795,
2) de Fremery, Nie. Cornelis, De mutationibus figurae pelvis, praesertim iis,
, ®x ossium emollitione oriuntur. Diss. inaug. Lugd. Batav., 1793.
^*ldeyer, Das Becken. '^
d8 1?heorien der Ümwanüung dar kindlictien Beckenform in die ausgebildete.
Alles dieses wird auf die Wirkung der Rumpflast und auf die Gegen-
wirkung der Oberschenkelknochen und der Bänder, also auf mechanische
Faktoren zurückgeführt.
Dem Vererbungsfaktor schreibt Schröder das Breiten wachsthum des Kreuz-
beines und das Wachsthum der Schambeine zu, wodurch die Räumlichkeit — insbe-
sondere des weiblichen Beckens — eine bedeutendere werde.
Konikow (l. c. S. 105) sieht den Druck der Rumpf last, insbesondere für die
Zeit vom 2.— 11.* Jahre, als wirksamen Faktor an, lässt aber auch die ererbte Anlage
und die Beckeneingeweide — diese, wie wir weiter unten sehen werden, zur Erklärung
der geschlechtlichen Verschiedenheiten ~ als gestaltgebende Momente gelten.
Wie ich schon vorhin (S. 56) angeführt habe, kann nach den neueren Unter-
suchungen von Lesshaft, Farabeuf u. A., denen ich mich anschliesse, die Wirkung
des Kreuzbeines auf das Becken durch Hängezug an den Ligamenta sacroiliaca
interossea (H. v. Meyer) nicht als die alleinige angesehen werden. Ferner kann ich
mich nicht damit einverstanden erklären, dass die schwächste Stelle der Hüftbeine
in der Nähe der Facies auricularis sich befinde, da, wo wir die Biegung der Hüft-
beine beim Erwachsenen sehen. Die Beweiskraft der Koniko waschen Messungen,
die nur äussere Maasse betreffen, wird auch nicht als eine zwingende anerkannt werden
können.
Müssen wir nun die rein mechanischen Faktoren: den Druck der Rumpf-
last, oder den von Kehr er betonten Muskelzug, oder auch beides zusammen,
als die Hauptmomente bei der Umgestaltung des Beckens zu seiner definitiven
Form ansehen? Ich kann mich dazu nicht entschliessen und stelle mich
auf die Seite von Fehling und W. A. Freund. Das uns noch unbe-
kannte Entwicklungsgesetz, welches den ganzen mensch-
lichen Körper formt, gestaltet auch dessen Becken; Muskel-
zug und Rumpflast spielen zwar ihre Rolle, aber nur als
Nebenfaktoren. Das geht hervor aus der Thatsache, dass wir bereits
bei fötalen Becken die Anlagen der verschiedenen Formen des erwachse-
nen Beckens finden (Schliephake, Fehling, 1. 1, c. c. S. 105), aus der That-
sache der Rassenverschiedenheiten, aus der Thatsache der Geschlechts-
differenzen schon beim fötalen Becken.
Mit dieser Meinung rücken wir allerdings die Aussicht auf eine Lösung
des Problemes weit zurück; indessen müssen wir uns vor allem der Tragweite
unserer Erklärungsversuche bewusst werden, wenn wir auf den richtigen Weg
gelangen wollen. Dabei ist jeder Beitrag, der irgend einen Punkt aufhellt, von
Werth. Ich will damit gesagt haben, dass ich das Verdienst der bislang
aufgestellten mechanischen Theorien nicht geringschätze. Insbesondere scheinen
mechanische Einflüsse bei der Entwicklung pathologischer Becken-
formen eine grosse Rolle zu spielen, wie dies an bestimmten Beispielen ins-
besondere H. v. Meyer nachgewiesen hat^).
1) H. V. Meyer, Missbildungen des Beckens unter dem Einflüsse abnormer Be-
lastungsrichtung. Jena, Fischer, 1886. Ferner H. v. Meyer l. c. (S. 29).
kassenunterschiede. 9d
Rassenunterschiede-
Die Rassenunterschiede *) sind bis jetzt genauer nur am Weiberbecken
mrt worden. Wir können uns mit wenigen Angaben und mit dem Hinweise
die wichtigste Literatur begnügen. Von letzterer habe ich nur die um-
*^nderen, das Allgemeine berücksichtigenden Werke und Abhandlungen an-
ff ^"^' Die zahlreichen Mittheilungen über die Becken einzelner Völker konnten
f nicht in Betracht kommen. Doch sei es gestattet, in dieser Beziehung auf
le Werke von Gustav Fritsch, 1. c. (S. 12), Mondiere (Anamiten, Mem.de
JSoci6t6d' Anthropologie. T. II, 1882), Holst (Beiträge zur Gynäkologie etc.,
i^^bingen, 1867), v. Seh renk (Studien über Schwangerschaft, Geburt und
<>chenbett bei der Esthin etc. Dorpat, 1880) und der Brüder Sarasin („Die
Jlda s auf Ceylon'^, III. Band ihres Werkes : Ergebnisse naturwissenschaft-
ITh ^^^^^^^^S^^ ^^f Ceylon. Wiesbaden, 1887—1893. Kreidel. gr. Q.) hier
besonders aufmerksam zu machen.
^ M. J. Weber (Die Lehre von den ür- und Rassenformen der Schädel
Becken des Menschen) unterschied seine vorhin (Anm. zu Seite 90) an-
^ orten vier Hauptformen auch als Rassenformen des Beckens. Seither hat
sich vielfach bemüht, Verhältnisszahlen, sogenannte Indices, aufzustellen,
^lie die Form des betreffenden Beckens in Kürze zum Ausdrucke bringen
hum • ^^l^l^i S., Consid6rations sur la diversit6 des bassins de dilf^rentes races
■^ w'^^^ ^ ^^' Amsterdam, 1826. (Erste zusammenfassende Darstellung; Hauptwerk.)
Vqj v^ *^'' '^^^^^el: „Pelvis" in Todd's Cyciopaedia of anatomy and physiology,
^ftSfi ^^^'^don, 1859. r- Martin, C, Beckenmessung an verschiedenen Menschen-
^^X%^ ^^»atsschr. f. Geburtshülfe etc. 1866. — Verneau, R., Le bassin dans les
»teUu ^^ ^^"^ ^^^ ^^^^^' ^^ P^' ^^^^' ^^^^' ^' ßai^li^re et fils. (Eingehende Dar-
^*»ez Pk ^^^ I^itteratur bis 1875.) — Topinard, P., Des proportions g^n^rales du bassin
l^-^e <>nime et dans la sArie des mamraifferes. Bullet, de la Soci6t^ d' Anthropologie
Thfes tf^^ ^* ^^^' — Baccarisse, Du sacrum suivant le sexe et suivant les races.
8iQj * ^'^i®* 1B73. — Garson, J. G., Pelvimetry. The Journal of anatomy and phy-
Mc K ^^^^^l and pathological cond. by G. M. Humphry, Wm. Turner and J. G.
ani'ß ^^«Irick. Vol. XVI. 1882. - Schröter, P., Anthropologische Untersuchungen
a 3^7^^ ^^ lebender Menschen. Dorpat, 1884. S. a. Archiv f. Gynäkologie, XXV. Bd.
resp/jJ^"* Mennig, C., lieber die Beckenneigung bei verschiedenen Völkern. Cor-
U.^ 2u v^^^***^***®^ deutschen anthropol. Gesellsch. 15. Jahrgang, 1884. Nr. 1. — Pl'oss,
^' Anth ^^®*'^^*^ig'^ug über ein gemeinsames Verfahren zur Beckenmessung. Arch.
f. ^J^^^Pölogie, 1884. Bd. XV, Heft 3. - Hennig, C, Das Rassenbecken. Arch.
h., ß . ^P^logie Bd. XVI. 1885. S. 161-228. (Ausgiebige Litteratur.) - Prochownik,
1^ g^^^g® zur Anthropologie des Beckens. Archiv f. Anthropologie. Bd. XVII.
yac^ n ~" Sergi, G., L'indice ilio-pelvico o un indice sessuale del bacino nelle
I^Urn *^^* Bullet, della R. Accad. Medica di Roma. Anno XIII. Fase. 3. 1887. —
of g j>- ' ^^r Wm., Report on the bones of the skeleton coUected during the voyage
eluggL • »Challenger** I.e. — S. auch: The index of the pelvic brim as a basls of
by Q \r ^^® Journal of anatomy and physiology normal and pathological cond.
tlttA»«^' Sumphry, Wm. Turner and Mc. Kendrick. Vol. XX. 1886. (Mit weiteren
««^«tur-Angaben,)
ibö ttassenantersckiecie.
sollen, ähnlich wie es von A. R e t z i n s für den Schädel mit der Anfstellnng
der Dolichocephalie und Brachycephalie geschehen ist. Wie beim Schädel, so
begegnet man auch beim Becken und, naturgemäss, bei jeder so verwickelte»
organischen Form einer fast unüberwindlichen Schwierigkeit das Wesentliche
derselben in einer kurzen „Formel" zusammenzufassen. T o p i n a r d stellt einen
Höhenbreitenindex (Indice gen^ral du bassin) auf, indem er die grösste Breite
(B) zwischen den Cristae iliacae mit dem Höhenmaasse (H) zwischen dem Sitz-
punkte und Htiftpunkte in Beziehung bringt. Setzt man mit Topinard H
= 100, so beträgt B:
bei Europäern 126,6
„ Negern 121,3
„ Polynesien! 122,7
„ Europäerinnen 136,9
„ Negerinnen 134,2
„ Polynesierinnen 129,0
„ Anthropoiden 105,0
„ Wiederkäuern 77,2
„ Känguruhs 66,0.
Die Breite im Verhältniss zur Höhe des Gesamtbeckens wächst also über
das Doppelte in der Reihe vom Beutelthiere bis zum Menschen. Nur die gan^
grossen Thiere, wie der Elephant und das Nashorn, machen eine Ausnahme, in-
dem sie sehr breite Becken haben.
Die Frauen der Südeuropäer sollen einen grösseren Höhenbreitenindex
haben, als die blonden Nordeuropäerinnen ^). Zaaijer (Untersuchungen über
die Form des Beckens Javanischer Frauen, Abhandlungen der Holländischen
Gesellschaft zu Haarlem, Deel XXIV, 1866. S. auch „Archives neerlandaises des
Sciences exactes et naturelles. T. I. La Haye, 1866), dem hierin Topinard
und W. Turner folgten, bestimmte die Beckenform durch einen Index des
Beckeneinganges. Er drückt die Conjugata anatomica des Einganges durch
ihr Verhältniss zur Diameter transversa aditus aus, wenn letztere = 100 gesetzt
wird. Es ist dies der Beckeneingangsindex = J. ad., und zwar ist
J. ad. = —p. — ^ — - nach dem angenommenen Verhältnisse:
D. tr. : 100 = C. a. : J. ad.
W. Turner 1. c. verdanken wir die eingehendsten Berechnungen dieses
Index nach eigenen und fremden Untersuchungen. Becken mit J. ad. über 9ö
1) Gewöhnlich setzt man bei diesen Indexbestimmungen die Breite (B) = lOO
und drückt dann die Höhe in Procenten der Breite aus nach der Formel: B : 100 =H •
100 H
Index, woraus sich berechnet: — — = Index; hierbei bleibt die Indexziffer meist
unter 100. Niedrige Ziffern für die so gewonnenen Indices bedeuten dann niedrige»
relativ breite Becken, höhere relativ schmale und hohe Becken. Die Brüder Sarasio
bedienen sich eines auf diese Weise berechneten Index.
RaBsenuüterschiede. 101
nnA ^^ jj^Jolichopelische", mit J. ad. zwischen 95 und 90 „mesatipelische",
^^ nait Index unter 90 „platypelische^ i).
Dolichopelisch, also mit relativ schmalem (längsovalen) Beckenein-
£^^ ^^i^ehen, sind nach Turner die Australier, Buschmänner, Hottentotten,
^^^, Andamanen, viele Polynesier, Malayen.
Mesatipelisch, also mit nahezu kreisförmigem (runden) Beckenein-
f. ^S^ ausgestattet, erweisen sich die Neger, Tasmanier, Neu-Caledonier und
^^I^ Melanesier.
Platypelisch, also mit relativ breitem (querovalen) Beckeneingange
^^ön wir die Europäer, Mongolen und Indianer.
Rfiw- ^^^^^^ Klassifizirung ist aber nur auf das männliche Becken
^KSicht genommen. Bei keinem der bis jetzt untersuchten Völ-
^ haben die Weiber dolichopelische Becken. Sind die Becken
Männer eines Volkes dolichopelisch, so zeigen sich die Becken der betref-
^n Frauen mesatipelisch ; zu mesatipelischen Männern gehören platypelische
tten, zu platypelischen Männern Weiber mit einem noch höheren Grade der
ypelie. Eine Ausnahme machen die südamerikanischen Indianer, wo sich
platypelischen Männern Weiber mit Neigung zur Mesatipelie gesellen, gewiss
^^ sehr bemerkenswerthe Thatsache.
vo K- ^^^ besondere Beachtung verdient das Kreuzbein. Ich habe schon
j y^ (S. 27) der Tujrner'schen und Paterson'schen Eintheilung der Ossa Sacra
^'ichohierische, subplatyhieris(?he und platyhierische
acht. Dolichohierische Kreuzbeine (mit einem Index unter 100) haben die
^ geborenen Südafrikas, subplatyhierische (I. zwischen 100—106) die Anda-
Bind^^' "^^"^anier, Chinesen, Australier und Neger, platyhierisch (I. über 106)
j ^^ übrigen Rassen, insbesondere also die Europäer. Nach Paterson,
Qeiili* ^^^ ^^* ^^^ Durch schnittsind ex aus allen Rassen und beiden
g._^ 7^btern = 106,7 ; das menschliche Sacrum ist also breiter als lang. Man
. jedoch zu diesen Messungen nur die Kreuzbeine mit fünf Sacralwirbeln
^^ en uini in gleicher Weise messen, die Länge von der Mitte des oberen
^ ^® ^es ersten Kreuzwirbels zur Mitte des unteren Randes des fünften, in-
Mt iT^^^ entweder mit dem Bande misst, die Krümmung also mitnimmt, oder
efti»»,^^ 2iAel, wobei ein geringeres Maass erhalten wird. Die Bandmessung
W* ^ir als die richtige.
^ p ^^^ ßassenunterschiede der Sacralkrümmung anlangt, so haben
(j> ^''^Päer die stärkste, die Neger und Polynesier die schwächste Krümmung
^^son I. c.). Bemerkenswerth ist auch das Verhalten der von Cunning-
»Plntv .y^^^e^^scht nach den englischen Worten: „dolichopellic**, ^mesatipellic** und
^Be t * "^^^^X^s = lang, fieaahatog = mittelster, TtXarvs = breit, yiiXkis, niXig = pelvis
gcgi^. ®'** pie Verdeutschung „dolichopelisch* u.s. f. klingt wenig gut; ich hätte lieber
*ber d' ^^^*^^^P®1» mesatipel, platypel; aber die Brüder Sara sin in ihrem Werke
^^ jg ^ "^*^*l<iÄ'8 haben die Endigung auf „isch** bereits gebraucht und dem, sowie
'^«rtsch«'^^^^^^''*^*^^® nachgebend, habe ich schon vorhin (S. 27) die Worte: dolicho-
** u. 8. f. angewendet.
102 Rassenunterschiede.
ham und Paterson studirten Incisurasacralis (s. S. 24), welche fllr
die Anthropoiden die Eegel ist; sie wird unter den Menschen am häufigsten
bei den Andamanen und Negern gefunden.
Dass auch bezüglich der Beckenneigung Rassenverschiedenheiten
vorhanden sind, darf angenommen werden; die wenigen vorliegenden Angaben,
8. insbesondere bei P. Schröter 1. c. (S. 99), gestatten aber noch keine ein-
gehendere Besprechung. Prochownik 1. c. (S. 99) schlägt vor, zur Be-
stimmung der Neigung am Lebenden den Neigungswinkel der Conjugata ex-
terna festzustellen; leider ist aber daraus ein sicherer Rückschluss auf den
Neigungswinkel der Conjugata anatomica nicht zu ziehen.
Sollen bezüglich einzelner Völkerschaften noch einige Daten angeführt werden,
so hat sich ergeben, dass die Becken der Weiber kaukasischer Rasse im all-
gemeinen die geräumigsten zu sein scheinen; unter ihnen zeigen die Englände-
rinnen und Holsteinerinnen die grössten Querdurchmesser. G. Runge^) fand
nach Untersuchungen von 50 skeletirten Becken von Russinnen das Durchschnitts-
verhältniss von C. v. zu D. tr. ad. = 1 : 1,18. Die Esthinnen haben nach den Unter-
suchungen von J. V. Holst^) sehr breite Becken bei geringer Beckenneigung (36,5®
im Mittel), ^
Bezüglich aussereuropäischer Völker will ich nur die Angaben der Brüder Sa-
rasin L c. (S. 99) über die so interessanten Wedda's auf Ceylon hier anführen, da
sie in den mitgetheilten Tabellen Turn er 's und Topinard's noch nicht enthalten
sein konnten. Die grösste mittlere Höhe des Wedda-Männerbeckens betinig 192,5 mm»
die grösste Breite 237,9 mm. (Die Durchschnittsmaasse bei Europäern sind: 220 und
279.) Das Wedda-Männerbecken steht an der Grenze zwischen der platypelischen
und mesatipelischen Form, dad Wedda-Weiberbecken ist platypelisch. Die Maasse
stehen denen der Andamanen und Buschmänner nahe. Die Lichtung nimmt nach der
Schamfuge hin rasch ab, so dass der Beckeneingang keilförmig erscheint. (Die Wedda's
sind kleiner Statur.)
Vergleichen wir das menschliche Becken mit dem ihm am nächsten ste-
henden, dem Becken der Anthropoiden, so ergeben sich folgende Hauptunter-
schiede: Bei den Anthropoiden stehen die Darmbeinschaufeln senkrecht und sind
hoch und schmal; die Fossa iliaca schaut nach vorn; das ganze Becken hat
eine ausgesprochen dolichopelische Form, weit mehr als irgend ein normales
menschliches. Beim Menschen erscheinen die Darmbeinschaufeln verkürzt, breiter
und lateralwärts geneigt, so dass die Fossae iliacae medianwärts und nach oben
schauen; die Form ist gegenüber dem Anthropoidenbecken platypelisch. DaßS
diese Form mit der Erwerbung des aufrechten Stehens und Gehens zusammen-
hängt, kann nicht bezweifelt werden; das Becken wird durch sie beftlhigt, die
Rumpf last und namentlich auch die Last der Eingeweide in der aufrechten
Haltung zu tragen.
Praktische und wissenschaftliche Bedeutung wird die Kenntntss der Rassen-
unterschiede erst gewinnen, wenn sie in Beziehung zu etwaigen Formverschieden-
1) Runge, G., Das russische weibliche Becken in anthropologischer Beziehung*
Zeitschrift für Geburtskunde und Gynäkologie. XVI. Bd. 1889. S. 131.
2) V. Holst, J., Die Estin in gynäkologischer Beziehung. Beiträge zur Gynä-
kologie und Geburtskunde, herausgeg. von J. v. Holst. II, Hft. Tübingen, 1867.
Geschlechtsunterschiede.
103
nen des fötalen Schädels gebracht werden kann, oder wenn sich herausstellen
^^^j dass gewisse Rassenformen des Beckens auf die Haltung und Bewegung
^ Körpers, auf den Geburtsverlauf oder auf die Entwicklung gewisser patho-
gischer Veränderungen (Lageveränderungen der Beckeneingeweide, insbeson-
\u ^^^ Gl^härmutter) merkbaren Einfluss haben sollten. Andere Fragen, die
. " oier anschliessen und deren Beantwortung den betreffenden Untersuchungen
^^ wissenschaftlichen Werth sichern würde, sind die nach den etwaigen
^OTssen, welche die Lebensweise der Völker auf die Gestaltung ihrer Becken
'^^ben könnte.
j^ *^s sind einige Arbeiten vorhanden, die sich mit der praktischen Bedeutung der
bft ^.^^^^^®^f<>rnien beschäftigen; ich nenne E. Verrier, Nouvelle Classification du
j ^^i'^ant les races au point de vue de Tobst^trique, cons^quences qui en d6cou-
Q^\ ^^^^f^tin de la soci^t^ d' Anthropologie de Paris, T. VII, 1884, p. 317. und 0.
y '^^ Ueber die Beckenneigung bei der Estin und ihre Beziehung zu der Retro-
iet / .^^^^ uteri. Jurjew, 1893. Dissert. inaug. Letztere Schrift konnte ich mir bis
üa K ^^^^^ verschaffen. Verrier schlägt eine neue Eintheilung der Rassenbecken
dip '^ Flächeninhalte des Becken einganges vor und will nach der Grösse
Flä k ^^^^^^ ^i'^i Gruppen von Becken aufstellen. In die erste Gruppe mit einem
engehalte von mindestens 110 Quadratcentimeter gehören die Europäerinnen mit
fra - . ^' ^^^ Lappinnen, die Klein-Asiatinnen, Aegyptierinnen, die Negerinnen des
zosischen Westafrika und von Guadeloupe, die Bewohnerinnen von Neuguinea,
rech ^^^^^^'^ Abtheilung mit einer Eingangsfläche von 95—106 Quadratcentimeter
Mo ^^^y' ^^^ Perserinnen, Syrieriimen, Australierinnen, Kanakinnen, Peruanerinnen,
^üt ^^ '^^^j Lappinnen und Samojedinnen. Die Weiber mit einem Flächeninhalte
die ^ • Q^^-dratcentimeter (vielleicht muss es 96 Quadratcentimeter heissen?) bilden
Und I^ Abtheilung: Negerinnen von Centralafrika, die Negritofrauen, Papuafrauen
|j^., ^^ ^^schmänninnen. Verrier meint, dass beim Gebären der Weiber aus den
KinH ^ ^^^ten Abtheilungen wegen des relativ grösseren Längsdurchmessers der
g^ ^skopf sich vorwiegend im letzteren Durchmesser (Conjugata) einstellen werde.
® Angaben sind sehr fragmentarisch.
Q-eschlechtsunterschiede am Bänderbecken.
di ^ ^^^^^S^^ ^Is die Rassenunterschiede sind für die topographische Anatomie
e , . ^^^^hlechtsunterschied e des Beckens.
Einige dieser Unter-
. ___^__ o^-o den, doc
dieselben mit den übrigen in tabellarischer Form zusammen:
, *^ sind bereits im Vorigen gelegentlich erwähnt worden, doch stellen wir
Beckentheil
Mann
Weib
^^*^ii2bein
relativ schmäler (mittlerer
Sacralindex = 103,5)
relativ breiter.
Rreuzbeinkrüm-
mung
im ganzen stärker
im ganzen geringer; im obe-
ren Abschnitte jedoch häu-
fig stärker (Paterson).
104
Geschlechtsunterßchiede.
Beck entheil
Mann
Weib
Promontorium
stärker vorspringend
weniger vorspringend.
Steissbein
häufiger 5 Wirbel; die Ver-
knöcherung derSynchon-
drosen tritt früher ein
häufiger 4 Wirbel, die Syn-
chondrosen bleiben länger
erhalten.
Symphyse
höher
bei Neugeborenen schmä-
ler als hoch oder gleich
(Fehling)
niedriger,
bei Neugeborenen breiter
als hoch (Fehling).
Gelenkspalt
seltener
häufiger.
Angulus pubiö
steiler (70-70,950), mehr
einem Winkel gleich —
Angulus pubis
weniger steil, mehr einem
Bogen gleich (90—1000) —
Arcus pubis.
Tubercula pubica
näher beisammen
weiter abstehend.
Ansätze der Mus-
culi gracilcs
näher beisammen
weiter von einander abste-
hend (Clelandi).
Rami inferiores
ossis pubis
mehr gerade laufend
nach aussen (vorn) umgelegt.
Foramen obturatum
höher, mehr eiförmig, Cana-
lis obturatorius enger
niedriger, fast dreieckig; Ca-
nalis obturatorius weiter.
Os ilium
steiler gestellt, höher, schmä-
ler ; Neigung der vorderen
Ränder beider Ossa ilium
gegen einander = 530
weniger steil gestellt, niedri-
ger, breiter; Neigung ge-
geneinander = 500.
Cristae iliacae
dicker, rauher
schmäler, weniger rauh.
Acetabula
näher beisammen, weniger
nach vorn schauend
weiter auseinander stehend,
mehr nach vorn schauend.
Eingang zum kleinen
Becken
mehr dolichopelisch, Quer-
durchmesser des Eingan-
ges geringer (geringere
Querspannung)
mehr platypelisch , Quer-
durchmesser des Eingan-
ges grösser (grössere Quer-
spannung).
Beckenausgang
schmäler; Kreuzbein und
Steissbcin mehr vortre-
tend ; Tubera ischiadica
einander näher stehend
breiter; Kreuzbein und Steiss-
bein mehr zurücktretend;
Tubera ischiadica weiter
von einander abstehend.
1) Cleland, On ccrtain distinctions of form hitherto unnoticed in the human
pelvis, characteristic of sex, age and race. Memoirs and Memoranda in anatomy.
Vol. L London, 1889. p. 95.
Geschlechtöunterschiede.
105
ßeckentheil
Mann
Incisura ischiadica
major
im ganzen enger und höher
nach unten mehr trichter-
förmig gestaltet
niedriger, mehr oval geformt
Weib
im ganzen weiter und nie-
driger, nicht merkbar trich-
terförmig.
höher, mehr rundlich ge-
formt.
Weib
*ör die Verschiedenheit der einzelnen Maasse des Beckens bei Mann und
^olle man die Seite 54 mitgctheilte Tabelle einsehen.
n ^^^h dem Angeführten kann man in kurzer Fassung den Unterschied des
ens bei beiden Geschlechtern angeben wie folgt: Das Becken des
fel.^ ist niedriger und geräumiger, seineDarmbeinschau-
Stn ^^^^^ flacher, der Schambeinwinkel ist erheblich
®ser, mehr einem Bogen als einem Winkel gleich.
sind . ^^ die Ursachen der Geschlechtsunterschiede des knöchernen Beckens
diff ^^^*. ^^^^^^ ™ reinen, ebensowenig wie tiber die Ursachen der Geschlechts-
Und ^'^^^^^^^S überhaupt; offenbar sind diese letzteren Ursachen die wesentlichen
Ra ^?^^^^^^^j das beweisen die Arbeiten von Fehling^), Schli ephake*),
ßch* A^^^^^ Turquet^) u. A. Ihnen zufolge sind fast alle Geschlechtsunter-
jj ^ schon während des fötalen Lebens vorhanden; schon vom fünften
XmW ^^ fi^^den wir eine grössere Querspannung und einen grösseren Angulus .
^8 beim weiblichen Fötus (Fehling).
TT
^^^chi ^'^^^^^^) zieht zur Erklärung der geschlechtlichen Differenz! rung des Beckens
^öter ? . ^^ Momente heran, erklärt aber nicht die bereits beim Fötus bestehenden
J^j. f ^^ ^^^ Umgestaltungsursache des Beckens von der Geburt bis zum fünften
Uö^ G h * ^^^*^^*^*' ^^ ^^ beide Geschlechter mit Schröder in der mit dem Stehen
des vr f^ wirksam werdenden Rumptlast. Das geringe Ueberwiegen der Maasse
keit u T^^^^^^kens in dieser Zeit sei vielleicht die Folge der grösseren Lebhaftig-
^ater k* ^*^^^^^*^hkeit der Knaben. Bis zum 10—11. Jahre bestehen nur geringe
^'^^linell ^^^^ ^^^ beiden Geschlechtern. Dann beginnt das weibliche Becken merklich
(15 j /* ^^ wachsen, was besonders um die Zeit des Eintrittes der Menstruation
n hervortritt. Es könne hier, meint Konikow, wohl die periodische stär-
Be^fnv ^'hiing, H., Die Form des Beckens beim Fötus und Neugeborenen und ihre
äl^f ^^ ^^^ ^^^^ Erwachsenen. Arch. f. Gynäkologie, Bd. X. S. 1. 1876.
Bd. xv Q *]J^^^'Phake F., Ueber pathologische Beckenformen beim Fötus. Ebendas.
1892:
3)Ro
«Sui
435. 1882.
'^iti, G., Atti della societÄ Toscana dl Scienze naturali, Vol. VIII. Pisa,
caratteri sessuali nel bacino del neonato*'.
d^tpoit ^^^^®t> E., Du bassin infantile consid^r^ au point de vue de la forme du
IV. fiA ^^P^rieur et du rapport de ses diam6tres. Thöse. Paris, 1884. Ollier Henry,
^pp^xxyiiip,.
*^^lechH- k^" ' ^'^ ^^^ Lehre von der Entwickelung des Beckens und seiner ge-
"ichen Differenzirung. Arch. f. Gynäkologie, Bd. XLV. 1894. S, 19.
106 Pathologische Zustände des knöchernen und Bänderbeckens.
kere Blutzufuhr zu den Beckenorganen auch für die raschere Entwicklung des
Beckens selbst verantwortlich gemacht werden. Man kann das zugeben, gewinnt aber
mit allem diesen noch keine befriedigende Einsicht in die Ursachen, welche dem weib-
lichen Becken gerade seine charakteristische Form geben; es kommen hier doch
nicht nur Grössen Verhältnisse in Betracht. — Arbuthnot Lane^) spricht den
Umstand, dass das Weiberbecken dazu bestimmt sei, längere Zeit den Fötus zu tragen
und als Geburtskanal zu dienen, als die wesentliche Ursache der sexuellen Differenz
an; er lässt also hauptsächlich Vererbungskräfte wirksam sein.
Wenn angeführt wird (s. z.B. Sehr öder 's Lehrbuch, S. 10), um zu beweisen,
dass das Wachsthum der inneren weiblichen Genitalien einen entschiedenen Einfluss
auf die Beckenräumlichkeit habe, es fände sich häufig allgemeine Beckenenge bei
Frauen mit unentwickelten Geschlechtstheilen, so ist doch weit eher anzunehmen, dass
hier beides: die Beckenenge und die unentwickelten Geschlechtstheile, coordinirte
Folgen einer und derselben Ursache sind, nicht einander subordinirte Dinge. Ebenso
kann die Sache bei dem anderen dort aufgeführten Beispiele : grosser Querdurchmesser
von 16 cm bei einem Falle von Uterus duplex, aufgefasst werden. Hiermit soll keines-
wegs ein primärer Einfluss der Entwicklung und der normalen Functionirung der
Geschlechtsorgane auf die Ausgestaltung der Beckenform gänzlich in Abrede gestellt
werden. Das ergibt sich aus den ebenfalls bei Schröder citirten Beobachtungen
von Roberts, dass bei weiblichen Castraten unter den Hindus der Schambogen sehr
eng sei. Nach A. Eck er 2) sollen in analoger Weise die Becken schwarzer Eunuchen
sich der weiblichen Form nähern. Auch die S. 33 erwähnte Angabe Malgaigne'ß
wäre hier heranzuziehen.
Pathologische Zustände des knöchernen und Bänder-
Beckens.
Herkömmlicher und wohlberechtigter Weise finden in den Hand- und
Lehrbüchern der topographisch-chirurgischen Anatomie diejenigen pathologischen
Zustände, welche sich unmittelbar an die normalen anschliessen, oder aus den
letzteren ganz oder theilweise ihre Erklärung finden, ebenfalls ihren Platz.
Hier sollen folgende besprochen werden:
1. Die abnormen Beckenformen einschliesslich der abnormen
Beckenneigung imd der abnormen Beckenmaasse.
2. Die Beckenmissbildungen.
3. Die Becken fr acturen.
4. Die Beckenluxationen.
5. Entzündliche Zustände an den Beckenknochen. Epiphy-
senlösungen.
6. Die Geschwülste am Bänderbecken.
1) Arbuthnot Lane, What are the chief factors which determine the diffe-
rences which exist in the form of the male and female pelvis. Transact. obstetr. Soc
London, 1888. Vol. XXIX.
2) Ecker, A., Zur Kenntniss des Körperbaues schwarzer Eunuchen. Abhand-
lungen der Senckenbergischen Gesellschaft zu Frankfurt a. M. Bd. V. S. 101.
*>öonne Beckenneigung. Abnorme Beckenmaasse. Abnorme Beckenformen. 107
Abnorme Beckenneigung. Abnorme Beckenmaasse.
Abnorme Beckenformen ^).
Die abnormen Beckenformen sind vorzugsweise beim Weibe studirt
i*<len, wo sie, wegen ihres hohen geburtshülflichen Interesses wohl die wich-
^ten pathologischen Zustände darstellen, welche am Becken vorkommen
Den. Da sie mehr oder minder mit Veränderungen der Beckenneigung
üer Beckenmaasse verknüpft sind, so werden diese Veränderungen am
eu an dieser Stelle mit besprochen. Ich stelle die fehlerhafte Beckenneigung
3,n und zähle im Anschlüsse an Litzmann's Eintheilung folgende B ecken-
der auf, indem ich insbesondere das Weiberbecken in Betracht ziehe:
1. Das stark geneigte Becken.
2. Das seh wach geneigte Becken.
3. Das hohe Becken.
4. Das weite Becken.
5. Das enge Becken:
I. Enge Becken ohne Formabweichung (allgemein gleich-
massig verengte Becken):
a) Allgemein gleichmässig verengte Becken minde-
ren Grades.
b) Zwergbecken.
Anhang: Infantile und virile Form des Weiberbeckens.
II. Enge Becken mit Form abweichung (ungleichmässig verengte
Becken) :
a) Geradverengte Becken:
a) Einfach platte Becken.
ß) Rachitisch platte Becken.
t) SpondJ^lolisthetische Becken.
h) Doppelluxationsbecken.
b) Querverengte Becken:
a) Kyphotische Becken.
ß) Trichterbecken.
f) Osteomalacische Becken.
b) Pseudosteomalacische Becken.
€) Querankylotische Becken.
c) Schrägverengte Becken:
a) Schrägankylotische Becken.
ß) Coxalgisehe Becken.
---— ._____^ t) Skoliotisch-rachitische Becken.
bfiAk ^^ *ler Bearbeitung dieses Kapitels habe ich mich besonders an die Lehr-
di^ e'f ^*^^ Schröder (Olshausen-Veit), Runge und Zweifel gehalten, ferner an
^M ^^^^^ ^riginalarbeiten von Litzmann, Breisky, W.A.Freund U.A. Auch
der ß^.^.^ ^^^^ch die Freundlichkeit meines Kollegen Olshausen die Beckensammlung
^^liner FrauenkUnik zu Gebote.
108 Abnorme Beckenneigung. Abnorme Beckenmaasse. Abnorme Beckentbrmen.
C. Besondere Arten des abnormen Beckens:
I. Spaltbecken,
IL Stachelbecken.
III. Dislocationsbecken.
IV. Callusbecken.
V. Geschwulstbecken.
Abnorme Beckenneigung.
Wir haben vorhin (S. 52) gesehen, dass die Beckenneigung in gewissen
Grenzen schwanken kann, ohne dass man, bis zu diesen Grenzen hin, sie als
fehlerhaft bezeichnen darf. Werden jedoch diese Grenzen überschritten, so
tritt ein störender Einfluss bei Geburten ein. Eine zu starke Becken-
neigung erschwert den Eintritt des Kindeskopfes in das kleine Becken, eine
zu schwache Neigung erschwert seinen Austritt aus dem Beckenausgange.
Durch zweckmässige Lagerung können diese Fehler verbessert werden. Die
Neigung wird vermindert, wenn die betreffende Person eine halbsitzende Stellung
einnimmt, so dass der Steiss und der Oberkörper erhöht werden, während die Lenden-
gegend am tiefsten zu liegen kommt i). Wird bei tiefer liegendem Steisse die Lenden-
gegend stark unterstützt, so vermehrt sich die Neigung.
Man kann eine zu grosse und eine zu geringe Beckenneigung schon aus
der Haltung der betreffenden Personen erkennen; vgl. darüber A. Charpy,
1. c. (S. 96) und das S. 54 Gesagte.
Abnorme Beckenmaasse. Abnorme Beckenformen.
Wir behandeln die abnormen Beckenmaasse und die abnormen Becken-
formen in einem und demselben Abschnitte,* weil in der Mehrzahl der Fälle
Formfehler auch mit Maassfehlern verkntlpft sind.
Das hohe Becken. (Pelvis alta.)
Ein zu hohes Becken ist besonders dann anzunehmen, wenn die Kreuz-
beinlänge und die Höhe der Symphyse das Mittelmaass in erheblicherer Weise
(um 2 cm und mehr) überschreiten; die Austreibung des Kindes kann dadurch
verzögert und operative Eingriflfe können dadurch erschwert werden.
1) Schnitze, B., Erleichterung der Geburt durch Verminderung der im Becken
gegebenen Widerstände. Jenaische Zeitschr, f. Medizin u. Naturw., Bd. III. Leipzig»
1867. S. 272.
2) Es dürfte vielleicht von Interesse sein, hier dieMaasse von den beiden Riesen
anzuführen, deren Skelett sich in der I. Berliner anatomischen Anstalt befinden:
Riesenskelet Nr. I, J: Gesamthöhe (Scheitel — Fusssohle) = 216 cm; Sp. iL =
29 cm; Cr. iL = 34 cm; Tr. = 35 cm; C. v. = 15,2 cm; D. tr. ad. = 16 cm.
Riesenskelet Nr. II, $: Gesamthöhe = 223 cm; Sp. iL = 30 cm; Cr. iL =
34 cm; Tr. = 37 cm; C. v. = 16,8 cm; D. tr. ad. = 16,5 cm.
Weites Becken. Enges Becken. Infantiles und viriles Weiberbecken. 109
Das weite Becken. (Peivis ampla.)
_ Wenn sämtliche Beckenmaasse in annähernd gleichem Verhältnisse den
^ Oi'chschnitt um 1 — 3 cm tiberechreiten — höhere üeberschreitungen werden
*^öi beobachtet — dann liegt ein zu weites Becken vor^). Vollständig
o ^ichmässige Erweiterungen gibt es wohl kaum*). Bei höheren Graden
** Erweiterung kann diese Abnormität zu sogenannten „Sturzgeburten" Ver-
3*8ung geben. Auch Lageabweichungen des Kindes kommen dabei häufiger
. ^ sind aber bei der Geräumigkeit des Beckens nicht von Belang für den
Das enge Becken. (Peivis angusta.)
Wir schildern zunächst kurz die einzelnen tabellarisch aufgeführten For-
^> um am Schlüsse des Kapitels auf deren geburtshtllfliche und operatiye
eutung im allgemeinen hinzuweisen.
Das allgemein gleichmässig verengte Becken.
(Peivis aequabiliter angusta.)
Bei diesen Formen, welche übrigens seltener sind, als die ungleichmässig
^gten, handelt es sich nur um Maassanomalien; die normale Form des
Kens ist erhalten; die sämtlichen Maasse sind aber gleichmässig verkleinert,
selten zeigt sich eine geringe Kreuzbeinkrttmmung.
Das Zwergbecken. (Peivis nana.)
oinkt die Conjugata obstetricia unter 6 cm hinab bei relativ gleicher
usse an den übrigen Durchmessern, so pflegt man von einem „Zwerg-
^^^ken'^ zu sprechen,
inj w ^" theile hier einige Maasse von dem Becken eines Zwerges mit, dessen Skelet
^seum der I. Berliner anatomischen Anstalt aufgestellt ist:
Qy ., ^^^rg von 66 Jahren: Gesaratgrösse des Skeletes = 109 cm; Sp.il. = 18,3;
^* - 20,4; Tr. = 24,3; C. v. = 5,0; D. tr. ad. = 10,2 cm.
Anhang: Das infantile und das virile Weiberbecken.
(Peivis infantilis, Peivis riraginalis.) ^)
i^^i- ^^^^ erwachsene Weiber, deren Becken mehr oder weniger die kind-
^"^^^ Form
aben eine mindere Geräumigkeit, besonders, bei meist schmälerem Kreuz-
Si 1 '^ bewahrt hat; wir nennen solche Becken infantile Weiberbecken.
aben eine mindere Geräumigkeit, besonders, bei meist schmälerem Kreuz-
de u *^ ^^^ Quere, umgekehrt finden wir auch Weiberbecken vom Habitus
4e Q ^'^^^'^^*^k^ii; die Knochen sind massiver, die Darmbeine stehen steil,
^*^^^l*ogen ist eng, die Beckenhöhle hat eine Trichterform. In praktisch
kolost\ '^'^» ^ur Kenntniss des allgemein zu weiten Beckens. Archiv für Gynä-
4uj B . ^***^^^^> S. 47. — ßumpe, B., Ein Beitrag zn den Wachsthumsverhältnissen
8 ^<^^^^ normaler Gestaltung. Zeitschrift für Geburtshülfe u. Gynäkologie. Bd. X,
■ ^^- 1884.
) Von ^virago" neugebildet, wie „virginalis* von „virgo**.
HO Ungleichmässig enges Becken. Ginfach plattes ßecken. Rachitisch plattes ßecken.
geburtshülflicher Beziehung fallen die infantilen wie die virilen Weiberbecken
unter die engen Becken. Meist haben die betreflFenden Frauen auch in ihrem
Übrigen Körperhabitus entweder etwas kindliches oder männliches (Viragines).
Doch braucht dies nicht der Fall zu sein. Auf die infantilen Beckenformen
hat neuerdings insbesondere W. A. Freund die Aufmerksamkeit gelenkt.
Siehe 1. c. (S. 21).
Das nngleichmässlg verengte Becken.
(Pelvis inaequabiliter angusta.)
Mit Litzmann 1. c. (S. 93) theilen wir diese Formen von engen Becken,
welche für die Geburtshtilfe weitaus die wichtigsten sind, nach den Haupt-
maassen des Beckeneinganges ein (siehe die Tabelle S. 54). Ist vorwiegend
oj^er allein die Conjugata obstetricia verkleinert, so resultiren die
geradverengten Becken; die Verjüngung der Diameter transversa liefert
die querverengten, die Verkürzung eines der schrägen Durchmesser
die schrägverengten Becken.
Die geradverengten Becken zerfallen in die 1) einfach platten
Becken, 2) rachitisch platten Becken, 3) spondylolisthetiscben Becken und
4) Doppelluxationsbecken.
Das einfach platte Becken. (Pelvis plana simplex.)
Bei dieser Beckenform haben wir als Kennzeichen verkürzte Conju-
gaten in allen Beckenebenen-
Fig. 33. Die übrigen Durchmesser sowie die Kno-
chen sind normal. Sie ist die häufigste
abnorme Form. Ihre Ursache ist unbe-
kannt; schon beim Fötus ist sie gefunden
worden ^).
Das rachitisch platte Becken.
^Pelvis plana rachitica.)
Zur Verkürzung der Conjugata
aditus pelvis gesellen sich beim ra-
chitisch platten Becken ein vergrösser-
ter Querdurchraesser, flache Darm-
beinschaufeln und als besonders cha-
rakteristisch die sehr auffallende Grösse des Schambogen s.
Das Kreuzbein steht tief und, wegen einer Drehung um seine Queraxe, mit
dem Promontorium weit nach vorn, so dass die Spinae iliacae posteriores superioree
stark das Os sacrnm überragen; ausserdem treten die Kreuzbein wirbelkörper her-
Pelvis plana simplex (Schema) 2).
1) Betschier, H., Annalen der klinischen Anstalten. Bd. I. und Bd. II. Breslau,
1832, hat zuerst diese Form von der rachitischen bestimmt unterschieden.
2) Fig. 8, S. 16 des Schröder'schen Lehrbuches.
^'■;^** M'M.iHi>;nii aus nhivii St^iu^tif iH'ilni lH"nni>, so d;t>s .«uii d^m i lurr.^'hmiiv iIh^ ilni
iVii' -ro>M
'"'^»«iiiirü dii' rfirhiiiM'lM'it Vrraiidri'Uii-i'rt riii ;uiih'n/!i <.krii'!jlii'iH'!L
^'*'" ^ViiliI ,||)^, hjiiifi-'^h/ jiliiiHriin' : ilirf Fjtl-
^^''^''^'^lii^' uinl \c*rsl;iiidln-li. wriiii wir iiii>
'^"''"^'•*'''*»^' '«Inss di/r -in\r,liii!ii-li iii d^-n cishi)
'^' '><*'i'KJ;ilii"iii 4i}iirii,«,'iidi' r:ir-liilisrli<' Pr*»^
^^'^'''^''^ iiis>t Ha kkniiivii ituii bi,^» ilcii civfr-ii
^^''"'''"""^"iHi! /.Il sil/.ni. /Ji slf Ihü Hlid /ll L'vltVil
' '*'"' ^■^'liiiii ••i-\uitiiitrn iiii*<'li:{iiiN«'liiit M^i-
*^''''^''^^' '^^Mr Im-Iuh,::- kniiiiiH'ti. 1 Ht'« -o t-r-
'^""''^^'^'ii^ii l'ur}ii\i;.nitiiltTiiimv!i blrihiii ^»i %
''^•^^ ^Hsidivii. ^' •^'"'■-
^''^'^ '^^^''J» Miiski,.tzii-r* 1,1/! lief l'Jtl
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^*'''^^ ^■i'X\i>S<' l-'ur5iM-!-V5iÜsliliiÜH<k<!k
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lld Spondylolisthetische feeckeü.
ein langsam sich vollziehendes Vor- nnd Abwärtsgleiten des letzten Lenden-
wirbelkörpers (einschliesslich der daran nach oben sich ansetzenden Wirbel-
säule) auf dem ersten Kreuzwirbelkörper zu Stande. Dieses Gleiten geschieht
im Bereiche der allmählich gelockerten Symphysis lumbosacralis. Dabei ver-
schiebt sich entweder der letzte Lendenwirbel im ganzen, oder es bleiben
der Processus spinosus lumbalis V mit dem die Processus articulares lumbales
inferiores V tragenden hinteren Bogenstticke in ihrer richtigen Lage und
Verbindung, während allein der fünfte Lendenwirbel körp er mit dem vorderen
Bogenstticke und den an ihm sitzenden Processus articulares super ior es die
Dislocation erfährt. Die untere Fläche des herabgeglittenen Lendenwirbel-
körpers kann später mit der vorderen Fläche des ersten Kreuzwirbels synosto-
tisch verbunden werden.
Die Conjugata obstetricia wird bei solchen Becken vom vorspringend-
sten Punkte der Lendenwirbelsäule zum einspringendsten Punkte der Symphyse
gezogen; iq, schweren Fällen sinkt sie unter 6 cm und indicirt damit den
Kaiserschnitt. Vom kyphotischen Becken, mit dem das spondylolisthetische
manches gemeinsam hat (geringe Verlängerung der Conjugata vera, Verkür-
zung der Durchmesser des Beckenausganges), unterscheidet sich das letztere
dadurch (nach Breisky), dass mau bei ihm die Seitenflügel des ersten Kreuz-
wirbels über den oberen Rand des herabgesunkenen fünften Lendenwirbel-
körpers hinauftastend verfolgen kann. In der sonstigen Erscheinung fällt bei
Personen mit diesem Beckenfehler auf: der verkürzte Bauch, die sehr breit
sich ausladenden Hüften und die geringe oder vollständig fehlende Becken-
neigung. Die Vemngerung der Beckenneigung ist als eine Compensations-
erscheinung aufzufassen, um eine zu weit nach vom gehende Verschiebung des
Schwerpunktes zu verhindern. Bei dem starken Herabsinken der Lendenwirbel-
säule hat man bei der Vaginaluntersuchung die Theilungsstelle der Aorta er-
reicht (Olshausen).
Traumen können die veranlassende Ursache dieser seltenen Beckenanomalie sein.
Fracturen des Kreuzbeines können ähnliche Deformitäten erzeugen, s. den von mir
beschriebenen ^) und hier weiter unten abgebildeten Fall. Solche Fälle dürfen jedoch
mit der ächten Spondylolisthesis nicht verwechselt werden, bei der es sich um einen
chronisch ablaufenden Vorgang handelt. Die genauesten Untersuchungen lieferten
Neugebauer jun. 2) und H. Chiari^). Ich schliesse mich gern den Ausführungen
des Letzteren an, wenn er meint, dass in den Fällen, wo der ganze V. Lendenwirbel
ins Gleiten gekommen ist, als sicher gestellte primäre Ursache nur eine mangel-
1) Waldeyer, W., Medianschnitt einer Hochschwangeren bei Steisslage des
Fötus nebst Bemerkungen über die Lage- und Formverhältnisse des Uterus gravidus
etc. Bonn, Cohen. 1886. Fol.
2) Neugebauer jun., Aetiologie der sogenannten Spondylolisthesis. Archiv
für Gynäkologie, Bd. XX. 1882.
3) Chiari, H., Die Aetiologie und Genese der sogenannten Spondyloüsthesis
lumbosacralis. Zeitschrift für Heilkunde, herausgegeben von v. Hasner, Gusse n-
bauer etc., Fortsetzung der „Prager Vierteljahrsschrift für praktische Heilkunde**.
XnLBd. Berlin, 1892. (Mit vollständigem Litteraturverzeichniss.)
t^oppeliuxattonsbecken. Querverengte ßecken. Kyphotisches decken. Jlä
^*fte Entwicklung der lumbo-sacralen Gelenkfortsätze anzunehmen sei. Beweisende
*j®obachtungen von krankhaften Zerstörungen oder Frakturen oder Luxationen dieser
^'ortsätze als Ursache einer Spondylolisthesis liegen wenigstens noch nicht vor. Her-
^«Jrgehoben wurde vorhin schon (S. 26) die starke Entwicklung und das feste In-
einandergreifen der lumbosacralen Gelenkfortsätze in der Norm.
Bei der partiellen Gleitverschiebung des V. Lendenwirbels ist als primäre
Ursache gleichfalls eine Entwicklungsanomalie sichergestellt (Neugebauer),
^ö<i zwar das Bestehenbleiben einer Trennung im Bereiche der Pars inter-
*rticularis des Wirbelbogens; der Spalt läuft so, dass die oberen Gelenkfortsätze
^^t dem Wirbelkörper, die unteren mit dem Processus spinosus in Verbindung bleiben.
Beim Gleiten werden dann die im Spalte vorhandenen Bandmassen mehr oder minder
lang ausgezogen; diese Bandmassen können später verknöchern. Eine solche con-
§'önitale Trennung wird ,,SpondyIolysis** genannt. Ich habe sie (ohne Spondylolisthesis)
^i^mlich häufig beobachtet. — Auch durch ein Trauma kann eine derartige Trennung
^ntstehen und später zur Spondylolisthesis führen. Als secundäre (veranlassende)
Ursache muss aber in allen Fällen eine vermehrte Belastung des Rumpfes (Tragen
^<^n Lasten etc.) hinzukommen. Auch einseitig kommt die Spondylolisthesis vor.
Doppelluxationsbecken. (Pelvis luxatione bilaterali deformata.)
Bei angeborener doppelseitiger Htiftgelenksluxation wagen sieh die Kinder
^Pät ans Stehen und Gehen. Man meint, dass der unter diesen Umständen
Während der ersten postfötalen Entwicklungszeit fehlende Gegendruck der
^berschenkel eine Abplattung des Beckens von vorn nach hinten zu Wege
^omnaen lasse (Sitzbecken). Neben der nicht bedeutenden Verengerung der
^^öjugata Vera findet sich eine starke Beckenneigung und Steilstellung der
Darmbeinschaufeln; die Querdurchmesser sowohl des Beckeneinganges als auch
besonders) des Beckenausganges sind vergrössert.
Die querverengten Becken zerfallen in die: 1) Kypho tischen
^^cken, 2) Trichterbecken, 3) Osteomalacischen Becken, 4) Pseud-
^steomalacischen Becken und 5) Querankylotischen Becken.
Das kyphotische Becken. (Pelvis cyphotica.)
Man findet die kyphotischen Becken bei Personen, deren Wirbelsäule in
^inem ihrer Abschnitte vom Brusttheile an abwärts eine kyphotische Ver-
^«•ümmung aufweist. Je tiefer unten die Kyphose ihren Sitz hat, desto auf-
alliger ist die Veränderung der Beckenform, die sich der Trichterform, also
^^ kindlichen Beckenform nähert. Der Beckeneingang zeigt sich in den
S^raden und schrägen Maassen erweitert ; in der Beckenhöhle beginnt eine bis
^}^ Ausgange sich allmählich steigernde Verengerung, die insbesondere
^^ Querdurchmesser betrifft.
, Dabei findet man das Kreuzbein länger, schmäler und häufig weniger gekrümmt
...® firewöhnlich, und in seiner oberen Partie nach hinten verschoben, so dass die Spinae
^aeae posteriores superiores nahe beisammen stehen und die Tuberositates iliacae
^^ig vorspringen. Sp. iL ist gross, die Distantiae spinarum ischiadicarum et tuberum
^^ kurz; das kleine Becken ist hoch, der Schambogen ist eng, die Beckenneigung
^^nng. Die höchsten Grade (Pelves obtectae) nähern sich dem spondyiolisthetischen
^*l<leyer. Das Becken. ^
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U'irkiiiii:*. wid^iH" dt*!* Üritcdv du* liiijii|ifki.st iinil il^r I lei^'i^iidiiiidi dn- ilbttr-
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i\vv (b's^kJ.M'lj.'in drr \S\v\w\' Ai'rzb% ksbia, L 'S„i!L
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siirhilfkt!*»'}} Wmn' Slafik inid Mt*i*katnk <!<"> rii»irk<'iiH. I ly ii'iki)i<»^ist'f!<" Klinik, Ink. I.
K|r.M;s.-.iHir,i:', K. .1, 'i'rkilfii<M\ l'^'^A^.
\\ S«,r;ick, ki., V'\\\ f'kkll \-<'iii (bM-i-;il'!v\ |fknk!M'lii»ifi r»i'i'ix<*ii ;rii,s Avr Sf r;iH:sk>iii'^'i'i'r
ki<'rk<*iis;iiiiiii)yijp'. Sl {■:{.s;sifiii-;L:', l^-TI. f b-^-. iii;}ii.:j\ i,\ii> d«'r < J ii >sr r <i -a '■-.rkiiTi fkkjikkkl
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^geudosteomalacisches Öecken. (^nerankyiotisches decken. llo
**^enkelbeinköpfe beim Stehen und Gehen, so wie der Gegendruck beim Sitzen
^^f das Becken üben. Die Osteomalacie trifft meist vollkommen ausgebildete
decken, deren Knochen unter ihrem Einflüsse wieder weich werden. Die
K^mpflast treibt unter diesen Verhältnissen das Kreuzbein mit seinem oberen
'J'heile in die ßeckenhöhle hinein, der Oberschenkeldruck drängt von beiden
Seiten die Pfannengegend nach oben, medianwärts
'^^d hinten; zugleich wird durch den Sitzdruck das Fig- 38.
^^'euzbein stark nach vorn abgeknickt. Die da-
durch entstehende Formveränderung ist ungemein
^charakteristisch : die Symphysengegend wird schna-
belförmig eingeengt (Schnabelbecken) und der
^^ckeneingang erscheint kartenherzförmig, während
^ÄS Kreuzbein mit dem Steissbeine stark nach vorn
Vorspringt; bei den höheren Graden erlangt der
Arcus pubis die sogenannte „Omegaform".
Die Osteomalacie bewirkt wohl die höchsten
Wade der Beckenverengerung; bei weitem am meisten Pelvis osteomalactica
^^d dabei die queren Durchmesser im vorderen (Schema) *).
betroffen.
Das pseudosteomalacische Becken. (Pelvis pseudosteomalactica.)
Das pseudosteomalacische Becken ist aetiologisch ein rachitisches. Es
entsteht in denjenigen Fällen, wo die Rachitis zu bedeutender Erweichung der
Krochen führt, lange besteht, und wo trotzdem die Betreffenden viel standen,
^^^n oder gingen. Es sind ja dann dieselben mechanischen Verhältnisse vor-
handen, wie bei der Osteomalacie. Diese Becken sind von den osteomalaci-
s<^hen mitunter schwer zu unterscheiden, namentlich dann, wenn die Darmbein-
^liaufeln auch mit der Einne versehen sind, wie sie bei den osteomalacischen
Backen häufig ist. Sonst spricht die Kleinheit der Schaufeln und das Fehlen
^^^ Rinne für Rachitis.
Das querankylotische Becken (Robert'sches Becken) *).
(Pelvis cum ankylosi transverse coarctata.)
Diese anomale Beckenform beruht auf einer mangelhaften Ausbildung
. ^ider Seitentheile des Kreuzbeines im Bereiche der Articulatio sacroiliaca,
^ßsbesondere also der Costalstticke ; diese können sogar gänzlich fehlen. In faßt
^^^ bis jetzt beobachteten Fällen bestand stets beiderseitige vollständige
^^Mose.
^ Bei diesen Becken ist indessen ein erheblicher Tiefstand des
^^^uzbeines vorhanden, demnach kann die Ankylose nicht die primäre Ver-
*^derung gewesen sein, sondern man muss eine ursprüngliche Bildungfl-
A) Fig. 10, S. 17 des Schröder'schen Lehrbuches.
Q 2) Von F. Robert 1842 zuerst beschrieben. (Beschreibung eines im höchsten
^*de quer verengten Beckens. Karlsruhe und Freiburg, 1842.)
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Iki diii sidinlu'ank} liiliS'idHni Irpidvni k<i'iiiitil ikir 1 H'kfriiiilitl d.idiind'i zii
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l'Niiif \i'rhi!iid«ii ^iiid, jiii 'riiMT SviU^ dii'i-kt :iii.i:id«\ui wi'rdriiL m» dasn Id'tT tjic
l\ri'iiyji<diil'liii,i:'t'l uwUl m ihr t^U^u-ln-u ;\ii>kdfki|}i::* kHiiiiiKiL wii* ;tid' dcT aiidtTiii
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k-f k^-,(,iädf'r- dii- \kM-k;ik4.|! .k-> lkM'krii;Mis:2'ai!-i- üimi <k-r 'Viiin^rn !.r|ri.iukr;j. Mi-j^!
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"k<",y und iin'kii'ürw / 1 l~ \ «Tvr'kikH-ti: ']ii'>ki ;4'ik| i'> l-";ijfi-. wo dki-- !rhk,
Mik;" ki;i 11 k -■../; I- rr-;i(k.iN* ik-r MriM^rükk-ji k-^t. ik,iM' r',.x;:ns m in" r r ü ! i» ,s ;^ ^k-ihr-r
^il*' kk:'/,riri:!il|r!.j; .. n >X a 1 -'.M-kM- Ik-i'k»-srk hc^iki k.illfl j*MkiT aitdVr«' l'rkk-r <MlHT Ulih'-
r«-ii k.Mrriiikkf. fk-r liiarkaiiiNak iikiiiiaki' Ziihlkiiik* kMajjü-i^^^ \u<* ikiic, T^oa ki-, ikeh»'|k<'i!
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Fi-x -IL
tK'is r;H*!i 1 f i;>^«' li '"six o! ia» 1 i si'Ih'' iMarkt^ii.
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iF'ti'liilis h'Ai liiiiüi-' Sk«'lio>'' <i«i" k>n!>FvirlH.|skiii!<
ihm! cillf i,aP!ii|Hiisirtinlt^ NktJld'iai.' t\vr I .alHlcil- Friil/-
uirln/Füiili" zur Fidaxa l-i ilia> iit kN^hMTkaiisu, liiliciii ^
< ir;i<ir iliT F;ilk ^^'^ rv^'UUhi viii^rhrivs M-rviv^ivH^ FM'a'k<ii
Ulli tit/r \ i^n^nL^cnui^j: nu <k'r rni» \ ,/ xcii St^ift»
<h'i' li«"iMi<i!- l\ri'ii/>kHifM<ia Fhk* rka'ki/ijlarnii uml ik^i«
i^h'i^iaiiiaiiiiH ilircf Ixiik^dafiiiii^a* <triil iiii ir;}!!'/.!;-!! dio-^
;Si'lk«'i|i. \\u> baiiti *aax:i|^t:TS''lH"}| Farkfii; nur iFlili <|jk>
Atro|iiiir :iii ih-r aimii Saiiaa iiihI rs >^iiiii «kifilr lüa:
K l'kiir .Im- ri.kai-x. f 'la.^aia? aa^^. da-H !■ jan k,.!n;ik;,a!Mai ikM-kriUiaxa i^t vur Akk"ii
Falziiiaiüt aü/ailkka-.ai k<a.^ Idk kialh" in kVr < » ii v ,, .. m ^ 'sriaai ixku'?!.. au Ni t^'i->lall!'-'
'* ***'^<k~'^^!^'*''^' - *'ni kia-aiaia-«-^ jkaak^ai aiaafi aiH*a*>a./k.ai au k.''inu'U: ak-«>.a,ikr i<\ ha-
'f^'^*Jin'''-i''<^n niut Hh-^vUllih^i m liar na-~<ia-an>ai \ nrt 'rininw: „Srkraa: '. *'T<aiX:1r> l'.rM'ki'ii
tu l'ka'.ü'a aira^taü;:''«"!- i'^xa ri km^a-aa' "X :-k i a ^v|a;ja-;a i.xjk Li'i|."xi2X I"^T*k
-'" F«'^'/ I' <' Ak has vkai,i'.|{^,:ai mal L- \ pkt>-a'kio| isikiaxiikiil i>rka I k a-kaia Frkpzii;*,
IH7ik Sitk'N'- aihki kirrki\- I'. < rxaiiik'.'ksjak', Ikk, ?\\'k ,s. Ik
k' l'k-x Ik'k S, *»al ki-a Sr h r^Mla {•"sakai! F^akriaickax.
Spaltbecken. Staclielbecken. Dislocationsbecken. 119
i*achitischen Veränderungen vorhanden. Auch ist die Verschraälerung des Kreuz-
*>einflügels an der engeren Seite oft nicht erheblich.
Das Spaltbecken. (Pelvis fissa.)
„Spaltbecken" nennen wir Becken, deren Schamfuge fehlt, bei denen
^*so eine mehr oder minder weite Diastase beider Schambeine besteht. Ent-
^^der finden sich mm, an Stelle der festen faserknorpeligon Bandmassen, breitere
^^d nachgiebigere einfach bindegewebige Partien, oder die Fuge klafft völlig,
^^d man kommt hinter den äusseren Geschlechtstheilen sofort auf das prävesi-
cale Bindegewebe und die Harnblasenwand. In weiter entwickelten Fällen
"^steht Ektopie der Blase mit oder ohne Spaltung derselben. — Die Spaltbecken
sind angeboren. — Als Formveränderungen sind zu merken : Tiefstand des Pro-
montorium (wegen Herabsinken und Vorwärtsneigung des Kreuzbeines) und ver-
mehrte Querspannung. Wegen des Klaffens der Symphyse ist das Becken im
S^^hurtshtilflichen Sinne aber eher zu den weiten als zu den engen zu zählen.
*^^ zeigt sich auch Neigung zu Prolapsus uteri nach einer eingetretenen Entbindung.
Das Stachelbecken. (Acanthopelis.) i)]
Stachelbecken entstehen durch Bildung von spitzigen, stacheligen Kno-
^henauswüchsen. Solche können sich an verschiedenen Stellen des Beckens
nden; meistens begegnet man ihnen an rachitischen Becken. Je nach ihrer
grosse und nach ihrem Sitze können sie beim Kreissen durch Druck auf den
*-^terus und die Scheide (Druckbrand) gefährlich werden; bei grösserem Volumen
«^hindern sie auch den Geburtsverlauf.
Ich finde derartige Stacheln, Schärfen und auch stumpfe Hervorragungen
^ö pathologischem Charakter, hauptsächlich an folgenden Stellen: Eminentia
e^ropubica, s. S. 33. Crista pectinea, Spina am Ansätze des Musculus psoas
*^or, Spinae am Promontorium^), Spinae, Leisten und Rauhigkeiten an der
orderen Fläche der Articulatio sacroiliaca, Spinae für die Kreuzbeinansätze
^ßs Musculus piriformis. (S. d. Figuren 12, 13 und 26, x, — 30, s, — 26, p.)
Das Dislocationsbecken. (Pelvis dislocatione deformata.)
Als „Dislocationsbecken" mögen diejenigen abnormen Becken bezeichnet
^rden, bei denen es in Folge von Frakturen zu Verschiebungen der Knochen
^^ Verheilung derselben in der falschen Stellung gekommen ist. Bemerkens-
^''th sind hier die Fälle von' Bruch des Pfannenbodens mit Vortreibung des-
"^ö in den Beckenraum durch den Oberschenkelbeinkopf.
j 1) Der Name rührt von Kilian her. (H. F. Kilian, Schilderung: neuer Becken-
luien. Mannheim, 1854.) — axav&og Stachelpflanze, Tiihg Becken.
2) Neugebauer und Hofmeier haben g'ezeigt, dass die Spinae am Promon-
rium sich in Verwachsungsbändern zwischen Uterus und hinterer Beckenwand ent-
"^ickeln können.
120 Callusbecken. Geschwulstbecken. Diagnostik der abnormen Beckenformen.
Das Callusbecken. (Pelvis callo deformata.)
Callusbecken sind solche, bei denen nach voraufgegangenen Frakturen
bei der Heilung derselben eine Übermässige Calhisbildung eingetreten ist, welche
zu localer Verengerung des Beckenraumes führt, ohne bleibende Dislocation
der Bruchenden. Diese Beckenanomalie nähert sich der folgenden und dem
Stachelbecken.
Das Geschwulstbecken. (Onkopelis.) *)
Geschwülste, die von den Beckenknochen und den zugehörigen Knorpeln
ausgehen und eine Verengerung des Beckenraumes zu Wege bringen, sind nicht
gerade häufig. Wir finden hier Osteome — einige der beschriebenen von be-
trächtlicher Grösse — Chondrome, Fibrome, Sarkome und Misch-
geschwtilste. Am häufigsten fand ich das Os ilium betroffen. Die Chon-
drome, die nicht selten in Mischformen vorkommen, gehen meist von den Epi-
physenknorpeln aus. S. über diese: Seite 91—93. Auch das Kreuzbein ist a,b und
zu der Ausgangsort einer Neubildung. Alle diese Geschwülste, ebenso natürlich
diejenigen, welche von den Weichtheilen ausgehen, und von denen später die
Rede sein soll, geben in manchen Fällen sehr ernste Geburtshindernisse ab,
denen zuweilen nur durch den Kaiserschnitt oder den künstlichen Abortus be-
gegnet werden kann.
Diagnostik der abnormen Beckenformen.
Praktische Bedeutung derselben.
Anhaltspunkte für die Diagnose der fehlerhaften Beckenformen ergeben
sich in erster Linie aus der vorstehenden Beschreibung derselben. An amne-
stische Daten können insbesondere bei rachitischen Störungen werthvoU sein;
vor allem kommt es auf eine genaue Beckenmessung an; die wichtigsten
Maasse sind angegeben worden, s. S. 44—55, dabei auch die genauen Mess-
punkte; die Praxis der Messung selbst haben die Lehrbücher der Geburtskunde
zu schildern.
Auch der Hochstand und eine grosse Beweglichkeit des Kindes
am Ende der Schwangerschaft, die gesamte Körperform, Körperhaltung
und die Configuration des Bauches bei Schwangeren, endlich die Confi-
guration der Lendengegend geben wichtige Merkmale ab^).
Es ist bereits S. 8 darauf hingewiesen worden, dass seit Michaelis die Figur
der Kreuzraute als ein Erkennungszeichen für fehlerhafte Beckenformen benutzt
worden ist. Sehr öd er's Lehrbuch, 12. Aufl., S. 577, sagt, dass bei fehlerhaften Becken,
namentlich bei rachitischen Becken, der obere Rautenwinkel stumpfer werde, oder
in, oder sogar unter die Verbindungslinie der beiden Spinae iliacae posteriores
superiores fallen könne. C. H. Stratz: „Die Raute von Michaelis", Zeitschrift für
Geburtshülfe und Gynäkologie, Bd. 33. S. 94. 1895, gibt an, dass ein normaler Abstand
der beiden lateralen Grübchen (Fossulae lumbales laterales inferiores), bezw. der Spinae
1) oyxog =. Geschwulst, Tiüig = Becken.
2) Vgl. hierüber R. Müller heim: Die äussere Untersuchung der Gebärenden.
Berlin, 1895. 0. CobJentz. (Aus der Universitäts-Frauenklinik zu Strassburg i. Eis.).
Diagnostik der abnormen Beckenformen. 121
posteriores superiores untereinander (9—10 cm) auf ein normales Becken
lessen lasse, Tiefstand des oberen Rautenwinkels mit starker Abstumpfung auf eine
i'KUrzung der Conjugata obstetricia durch stärkeres Vorspringen des Promontorium.
^ ^ird das durch Untersuchung mehrerer Fälle belegt.
. ^^^ Raute sonach einen gewissen topographisch-anatomischen und diagnosti-
en Werth erlangt hat, so mag hier unter Beziehung auf das S. 7 ff. Erörterte noch-
s darauf hingewiesen werden, dass die Annahme, es entspreche der obere Winkel
g.'^ ^^-^t^ stets dem Processus spinosus lumbalis V (Michaelis, Schröder,
^^tz, Müllerheim 1.1. c.c), nicht richtig ist.
Wenn die Raute sich der Form eines Quadrates nähert, also derjenigen Form,
da .^^^^^^ ^^s *ii^ normale und ein gut geformtes Becken anzeigende ansieht,
A ^^^^ ^^^ obere Rautenspitze meist nicht am Processus spinosus des V.,
ka ^^ ^^ ^^^ des IV. oder III. Lendenwirbels, oder zwischen diesen beiden; ja, sie
tifi h ^^^^ höher liegen. Es würde also zu Irrthümern führen, wenn man bei quadra-
W 11 ^^ -^^^t^i^form die Conjugata externa vom oberen Winkel der Raute ab messen
So *f ' ^^^ ^^^* daher sich nicht auf den oberen Rautenwinkel verlassen,
ami i?*^'^ ^^^ Processus spinosus lumbalis V abzählen. Uebrigens ist letzterer
^^ ebenden Menschen wie an der Leiche auch ohne Abzählen leicht zu erkennen, ins-
sondere, wenn man abwechselnd den Rumpf beugen und strecken lässt.
©ck 15^^^^ ^^® Raute oben stark abgestumpft ist, oder statt der Raute gar ein Drei-
dem p ^^^^'^ Sacraldreieck, erscheint, dann entspricht allerdings der obere Winkel
j. /^^'^^essus spinosus lumbalis V. Ich unterschied deshalb S. 7 eine „Lenden-
letzt^ ^^^ ^^^ «Kreuzraute** ; erstere gibt die quadratische Form — s. auch Fig. 8 —
^eb'M^ *^^® abgestumpfte, die in das Dreieck übergeht. Bei der von Schröder ab-
^^ 1 deten Raute der capitolinischen Venus liegt die obere Spitze offenbar in der
Bild^*^*^ ^^^ untersten Brustwirbeldornes, und Brücke hat ganz Recht, wenn er diese
ScK^"^ ^^ einem Kunstwerke tadelt. Stratz bemerkt diese hohe Lage an der
^«röder'schen Figur ebenfalls.
j^j "^^^ seitlichen Rautenwinkel oder Rautengrübchen (Fossulae lumbales
^iei ^^^^^i<5i*es) entsprechen auch nicht genau dem Orte, wohin Stratz in seinen
^^ren 1, 2 und 3 den Markirpunkt legt, sondern der muskelfreien Stelle dieser
^&end; sie liegen also 1— 2 cm höher, als der Stratz*sche Markirpunkt; s. S. 8.
P vorhin wiederholt diese Stelle als der Spina iliaca posterior superior zugehörig
lehnet wurde, so ist das nur der Kürze wegen geschehen.
Ri h ^^ Entstehung der beiden oberen Rautenschenkel tragen beim Weibe die von
öin TT ^* ^' ^^' ^^ ^J^wähnten Fettwülste bei, namentlich zur oberen Begrenzung
^st b^- ' wenn diese deutlich als solche erscheint; die obere Rautenpartie
^ick^i ^^"^^'''^ ^^^^^ ^^ deutlich, weil bei ihnen dieser Fettwulst schwächer ent-
Str f ^^*" "^^^ Bündel des Musculus transversospinalis und sacrospinalis, welche
hl^j.^/^^^ Erklärung der seitlichen oberen Umwallung der Raute heranzieht, können
Ij^ ^ ^^^ beitragen, wenn die obere Rautenspitze am Processus spinosus lumbalis V
een soll; bei einer hochgezogenen Lendenraute dagegen sehr wohl (s. S. 7).
^J'eu h ^^ J^endenraute fehlt auch dem Manne nicht; auch eine Kreuzraute und das
^eist'^h ^^^^^^^ kommen vor (s. Fig. 9); also können diese Bildungen, wenn auch
^öseh ^^^^ Weibe ausgeprägt, doch nicht als für letzteres charakteristisch an-
^On TT -^ werden. — Beide Fossulae lumbales 5ieigt das Gipsmodell eines jungen Mannes
«ynito ^^' ^^*^^^^^^ ^^^ Situs viscerum. Bei Weiberleichen fand ich einige Male zwei
Com ^*'^^®^^^' ^^^^ deutliche Grübchen zur Seite des untersten Kreuzwirbels, den
sich H^ *^^^^ygea und sacralia lateral anliegend; in den genannten Fällen berührten
lese Cornua nicht. Ich bezeichne diese Grübchen als Fossulae sacrales.
be' ^^^^ praktische Bedeutung des engen Beckens tritt vor allem
^^ Grebärakte zu Tage. Die Behandlung der Geburt beim engen Becken
122 Praktische Bedeutung der abnormen Beckenformen. Missbildungeu.
bildet den Schwerpunkt der wissenschaftlichen und praktischen Geburtshülfe.
Die Gefahren der engen Becken, sowie einige Grundsätze für die Leitung der
Geburt bei bestehender Beckenenge, welche sich unmittelbar aus den anatomi-
schen Verhältnissen des Beckens und aus den gewöhnlichen Grössendimensionen
des Kindes ergeben, seien hier angeführt:
Die Gefahren für die Mütter liegen in der Begünstigung von üterusrupturen,
in den Quetschungen der Weichtheile, Zerrungen derselben und in Läsionen der
Symphyse und der Iliosacralgelenke, die bis zur Sprengung derselben gehen können;
die Symphyse ist am häufigsten gefährdet. Dazu kommen die üblen Folgen, die ein
zu lang hingezogener Entbindungsverlauf und die vielfach nöthigen manuellen Ein-
griffe mit sich bringen. — Die Kinder sind Quetschungen, die zu grossen Cephal-
hämatomen führen, Luxationen und Frakturen ausgesetzt, insbesondere bei forcirter
Entbindung durch Kunsthülfe.
Platte Becken mit grosser Querspannung und asymmetrische Becken geben
leicht zu Nabelschnurvorfall und Vorfall kleiner Kindestheile Veranlassung. Bedenk-
lich ist auch der Einfluss lange sich hinziehender Geburten auf den Placentarkreislauf
(theihveise Lösung der Placenta). Wichtig für die Beurtheilung des Falles ist die
Entscheidung der Frage, ob der Kindeskopf überhaupt in das kleine Becken
noch eintreten kann oder nicht.
Man kann diese Entscheidung herbeiführen durch genaue Beckenmessung
und Herabdrängen des Kopfes durch äussere Handgriffe, sodass man dessen
Dimensionen zu erkennen im Stande ist (P. Müller)^). Unter Umständen ge-
lingt es auf diese Weise auch den Kopf in das kleine Becken einzuleiten.
Eine Conjugata obstetricia von 7,5 — 8 cm lässt, falls der Kopf noch
eindringen kann, eine günstige Vorhersage zu. Bei 5 cm Conjugata und da-
runter können nur noch der künstliche Abortus oder der Kaiserschnitt die Ent-
bindung bewerkstelligen, — Wichtig ist zur Erleichterung einer Entbindung auf
natürlichem Wege (bei nicht zu bedeutender Beckenenge) die Lagerung der
Kreissenden; sie muss auf diejenige Seite gelegt werden, wo-
hin der vorliegende Kindestheil abgewichen ist. Der Fundus
uteri sinkt dann nach derselben Seite und dadurch wird der vorliegende Kindes-
theil mehr in die Mitte des Beckeneinganges gebracht. Liegt der Kopf derart
vor, dass das breitere Hinterhaupt in der Conjugata steht, dann lagere man auf
diejenige Seite, wo das Gesicht steht. Dieses, als der kleinere Theil, wird dann
leichter in das Becken hineinrücken, während das Hinterhaupt in den weiteren
Seitentheilen des Beckens (beim platten Becken) noch Platz findet.
Als operative Eingriffe kommen in Betracht: Die Wendung auf die Füsse,
die Zange, die Embryotomie, der Kaiserschnitt, die künstliche Früh-
geburt und der künstliche Abortus; die Anzeigen für dieselben, wie die
Darstellung ihrer Ausführung gehören nicht hierher.
Missbildungen des knöchernen und Bänderbeckens.
Von den bei Synipodie, bei Doppelmonstren (Pygopagie, Ischiopagie) be-
stehenden Missbildungen kann hier abgesehen werden. Eine andere Reihe von
1) P. Müller, Sammlung klinischer Vorträge. Leipzig, 1885.
123
beitxe SchwanzbildungeB.
SpaltbUdungeu am Exeu. • , ,_ ^ou Knoebenkeme«,
M- K-u wie Verkümmerung oder fehlend^ ^^^f|^^^,„bieiben auf der
(bei den ankylotiscben »f ^^°^' S sind «cbon ^or^ als FeWer
kindlieben Formstufe. üebergangsw^^el s ^^ ^ ^ iTbildungen
dauernden Beckendefom täten Jf >^' J,„,teine, die S«bwan.büdu g
b^preeben: ^- SpaUbildung » amJC^ ^.^ ^,,, ,,eb am besten
tmd die angeborenen Sacraitum
gestellt werde«. ,^,,,,„,,„,en a» Ereu^^«J- ,^,, deren
leb babe ^s erw.bnt,^- - ^^: ^ geseUossenJ«^ ^« J,
Bögen auf eine ^^^^^^^^rT^^-^e Länge desKnoeV^n du cbse^^^ ^.
einem vollständigen Spalte der me g ^.^^ ^^ ^ Falle der v^
den Kreuzbeinkanal offen f ^ J^mtänden, namentUcb ^^^J^'^Z. obne
fida oeeulta an und kann unterem Stränge der Caudaeq^
Abscbnitte des Kreu/^emes^ wo dann beacbtenswertb sem d rW^belsäule,
knöebemen Scbutz bleiben, prakusc ^^^scbm «en der w
ist, da«8 vielfacb bier, wie -««^^^^ j"effenden Stelle »" dem Besteben
eine abnorme Behaarung an der betre ^,^^ diagnostische Bedeutjg g^_
Spina bifida oeeulta verknüpft J*' « .^'^..„«en angewiesen ba^M ^^
winnt^), woi.uf ^^^w di^e abnormen Behaarui^--^:, ^^.ebendere
aeicbnet nach R. Virenow a„craltriebo8i8. ^^^^^ .. „ paHe von
Kreuzbeingegend als Lumbal- bezw.Sacr^^^^^.^^^^ verknüpft n Falle
Bespreebung der mit ^««««'^^^«^f. ^'^^ hier nicht eingegangen werden
Spina bifida lumbosaeralis kann
SchMranzbiWnngen. ^^.^ dem Vorkommen
geschwänzten Säugethieren ausgehen, ^^^
gehörige Stücke, -fordert -;^- ^^^^^^ ,i, dritten Monate ^«es^^ ^^^
Dass der menschliche Embryo .^^ ,,,t den Ar
einen äusserlicb voi-stehenden Schw;^^^ ^^^^^^^.^ ^^^,k,„^t.
W. His»), A. Ecker») und Fr. Kei ^^^ ^_^^^^^^^^
gelegenen circumscripten Hypertrichose „ P„l,ryonen. Archiv für
BerUn. 1892. _, ...wanzende der menschlichen |™ gois-Beymond.
2) Eis, W., Ueber das Schwänzen ^ ^^^^^^ ^„^ E. du
Anatomie und Physiologe V«« ^- "^ ' «chwanz? Ebendas. S.421.
Femer: Ecker und His: Bephk und P ^^^^.^ j,,
Anatomie und Physiologie, Anat. adi
«eiger«, VI. Jahrg. 1891- S.670.
124 Schwanzbildungen.
M. Braun ^) macht den Vorschlag, da auch bei Thieren noch einige
hinter dem Befestigungspunkte des Hüftbeines liegende Wirbel verborgen
bleiben, einen inneren Schwanz und einen äusseren Schwanz, zu unter-
scheiden. Keibel zieht, s. Figur 42, die Grenzlinie für das proximale Ende
des Schwanzes von der Mitte des 30. Segmentes zum hinteren Ende der After-
membran 2). Hinter diese Linie fielen bei einem ganz jungen Embryo von
4,2 mm 3 Segmente und, an der sogenannten „Endknospe" — das ist der in
Fig. 42 hinter dem 33. Segmente gelegene Theil — noch ein ungesonderter
Zellenrest, aus dem noch weitere Cau dal Segmente hervorgehen konnten. Dass
dies in der That der Fall sein muss, zeigten die älteren Embryonen, für welche
Keibel 6 Caudalsegmente zählte. Leboucq^) und Steinbach 1. c. (S. 28)
haben in der That je einen Fall von 6 Steisswirbeln beschrieben. Die vorhin
(S. 28) erwähnten Beobachtungen von Phisalix und Fol machen es wahr-
scheinlich, dass in vereinzelten Fällen noch mehr vorkommen können, worauf
u. a. eine bei den älteren Embryonen noch undiflferenzirte Endknospe hinweist.
Keibel machte ferner die wichtigen Funde, dass in das Caudalstück der
menschlichen Embryonen, abgesehen vom MeduUarrohre und der Chorda,
deren Vorkommen hier bereits bekannt war, auch der Darm übergeht (Schwanz-
darm), und dass das Caudalstück hinter der Aftermembran beginnt, ganz genau
wie bei denjenigen Thieren, die dauernd einen äusseren Schwanz behalten.
Der äussere menschliche Embryonalschwanz (Fig. 43) besteht nach dem
Beginne der Wirbelentwicklung aus einem wirbelhaltigen und aus einem wirbelfreien
Abschnitte, in welchen letzteren sich jedoch noch Chorda und MeduUarrohranlagen
fortsetzen (s. Fig. 42). Dieser Abschnitt, der mitunter die Gestalt eines feinen
Fadens hat — Schwanzfaden* His — geht normaler Weise alsbald zu Grunde.
Dann, im 3 — 4 ten Fötalmonate, ragt noch der wirbelhalt^ge Theil wie eine
kleine flache dreiseitige Erhabenheit, nur von der Haut bedeckt, etwas hervor
1) Braun, M., Entwicklungsvorgänge am Schwanzende bei einigen Säugethieren
mit Berücksichtigung der Verhältnisse beim Menschen. Archiv für Anatomie und
Entwicklungsgeschichte, 3882. S. 207.
2) Bekanntlich sind die bei den Wirbelthierembryonen zu beiden Seiten der
Chorda auftretenden, eine homodyname Längsgliederung des Körpers anzeigenden
Stücke, die früher sogenannten ürwirbel, nicht nur die Wir bei an lagen, sondern
u. a. auch Muskelanlagen. Statt des Namens „ürwirbel" ist daher jetzt „Segmente"
oder „Ursegmente" üblich geworden. Die Abgliederung der anfangs knorpligen, später
knöchernen Wirbel erfolgt erst geraume Zeit nach dem Auftreten der Ursegraente.
Jede Wirbelkörperanlage reicht von der Mitte eines Segmentes bis zur Mitte des
nächstfolgenden. Dies ist leicht verständlich, wenn man in Betracht zieht, dass die
Muskelfasern doch auf die Wirbel wirken sollen. Demnach müssen wir den Anfang
des ersten Halswirbels durch die Mitte des ersten Segmentes legen; er reicht dann
bis zur Mitte des zweiten Segmentes. Der 7. Halswirbel reicht von der Mitte des
7. bis zur Mitte des 8. Segmentes, der 29. Wirbel (letzter Kreuzwirbel) von der Mitte
des 29. bis zur Mitte daa 30. Segmentes; dort also beginnt die Anlage des ersten
Schwanzwirbels.
3) Leboucq, H., De menschelijke Staart etc. Natura, maandschrift voorNatuur-
wetenschapen. HL 1885. p. 337. Gent, 1886.
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1. \';irli Fr, Kt'iijcL Arcli, f. Aii:if. iL l'}i\,^. 1M»K T.'if. XIX., Fiir^ F
126 Schwanzbildungetl.
und bildet so den Steisshöcker, Ecker. Später wird auch dieser SchwanZ-
theil zu einem inneren infolge seiner ümkrtimmung nach vom und der bedeu-
tenden Entwicklung der Glutäalmassen ; das Verschwinden des äusseren Schwanzes
ist, wie K ei bei treffend sagt, einem „Untertauchen" vergleichbar. Nach allem
diesen besteht nicht der mindeste Zweifel, dass das Steissbein des Menschen
mit den zugehörigen Weichtheilen als ein dem Schwänze der Thiere homologes
Caudalstück zu betrachten ist und dass der Mensch also einen inneren
„Wirbelschwanz" besitzt ^). Vgl. hierzu auch das S. 86 über die Schwanz-
muskulatur Mitgetheilte.
Bei der Frage, ob dem Menschen ein Schwanz zukomme, wird eine Ant-
wort hauptsächlich darauf gewünscht, ob er zu irgend einer Zeit seiner Existenz
einen äusseren Wirbelschwanz habe, insbesondere ob es Fälle gäbe, iö
denen auch erwachsene Menschen noch einen äusseren Wirbel-
schwanz gehabt hätten, und ob es geschwänzte Menschenstämme
gäbe, oder gegeben habe?
Dass der Mensch während einer gewissen Zeit seines Embryonallebens
einen äusseren Wirbelschwanz habe, kann, wie wir soeben feststellten, nicht
bezweifelt werden. Aus dem späteren Lebensalter liegen einige bemerkens-
werthe Fälle vor, so die von M. ßraun^), Lissner^), Hennig und Eauber^)*
Braun's Fall betrifft einen erwachsenen jungen Mann, dessen Steissbein gerade
gerichtet war, so dass dessen letztes Ende schwauzähnlich vorsprang. Lissner fand
bei einem neugeborenen Mädchen einen schwanzförmigen Anhang in direkter Fort-
setzung der Wirbelsäule, in welchem fingerphalangenähnliche harte Körper zu fühlen
waren. Als das Kind 13V2 Jahre zählte, war der Anhang auf I2V2 ^^ gewachsen und
zeigte noch die harten Körper. Diese Caudalbildungen dürften wohl als äussere
Wirbelschwänze bei Erwachsenen angesehen werden. Freilich wissen wir nicht, ob
hier die Zahl der Schwanzwirbel vermehrt war. Letzteres gilt auch für den sehr
genau anatomisch untersuchten Fall von Hennig und Kauber. Bei einer neuge-
borenen Peromela waren in dem 30 mm. langen Schwänze zwei Knochenstücke, die
der Form nach ebenfalls, s. Lissner, Fingerp halangen glichen; Raub er spricht sie
jedoch für veränderte Steiöswirbel an.
Ausser den normalen Embryonalsehwänzen mit Segmentirung und Wirbel-
Muskel-, Chorda- und Darmanlagen und den höchst wahrscheinlich als solche
anzusprechenden Wirbelschwanzbildungen, die Braun, Lissner und Raub er.
beschrieben haben, gibt es noch eine grössere Zahl von Caudalanhängen in
zuweilen sehr frappanter Schwanzform, die beim Menschen beobachtet wurden,
1) Virchow, R., Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft f. Anthropol.
Ethnol. und Urgeschichte. XL Jahrg. 1880. (Verhandlungen der XL allgem. Vers, der
Gesellschaft zu Berlin. S. 45.) R. Virchow schlug hier vor, die Schwanzanhänge mit
Wirbelstücken als „Wirbelschwänze", die ohne solche Stücke als „weiche Schwänze**
zu benennen.
2) Braun, M.^ Ueber rudimentäre Schwanzbildung beim erwachsenen Menschen.
Archiv für Anthropologie, Bd. 13. 1881.
3) Lissner, Schwanz bildung beim Menschen. Arch. f. patholog. Anat, herausg.
von R. Virchow, Bd. 99. S. 191. 1885.
4) Hennig, C. und Raub er, A., Ein neuer Fall von geschwänzten Menschen.
Ebendas. Bd. 105. S. 83. 1886.
Schwanzbildungen. 1^
^^ in denen keine harten Wirbelgebilde sich fanden. Man bezeichnet sie mit
^•Virchow (s.S. 126, Note 1) als „weiche Schwänze".
M. Bartels, welcher die genauesten Untersuchungen über diesen Gegenstand
*^gestellt hati), gibt folgende Uebersicht über alle hierher gehörenden Formen:
1) Angewachsene Schwänze.
2) Freie Schwänze:
a) Die durch Atavismus entstandenen Schwänze, echte Thierschwänze
b) freie Schwänze, durch Bildungshemmung entstanden
c) freie Schwänze, durch Wachsthumssteigerung entstanden.
Als „angewachsene Schwänze" bezeichnet Bartels eine von ihm zuerst
^schriebene sehr merkwürdige Bildung, bei welcher sich ein dreieckiges Hautfeld,
^^ Kreuzbeine und Steissbeine entsprechend, durch zwei seichte nach unten con-
^rgirende, in der Crena ani zusammentreffende Hautfurchen umgrenzt, von der
**^igen Hautpartie der Kreuzgegend abhebt; die untere Spitze dieses Hautstückes
^Jin, einem kleinen Schwänze gleich, über den Anus ein wenig überhängen. Bartels
pochte diese Bildung als eine Persistenz des Steisshöckers (s. S. 126) ansehen, also
^ eine Hemmungsbildung. Dies ist wohl nicht zutreffend, da nach den Zeichnungen
^^ Angaben von Bartels dies Hautteld die Kreuzbeinregion, oder doch einen
«nxten Theil derselben mit umfasst. Ehe nicht präparirende und genauere ünter-
«chungen über die Entwicklung auch der Kreuzbeinregion vorliegen, werden wir
®^ diese sonderbare Bildung nichts Sicheres aussagen können.
Zur Anerkennung eines Thierschwanzes verlangt Bartels den Nachweis
gütlich differenzirter und vermehrter Schwanzwirbel. Ein solcher Fall ist
* Sicherheit beim Menschen noch nicht erwiesen. (Die Fälle von Braun und
*ssner wurden nur durch die Haut hindurch untersucht, und es ist nicht fest-
« stellt, ob mehr als 6 Caudalwirbel vorhanden waren.)
Freie, durch Bildungshemmung bedingte Menschenschwänze
^üen der Periode vor der Bildung des Steisshöckers entstammen und auf dem
^bleiben der Bildung knorpliger und knöcherner Wirbeläquivalente in dem embryo-
^len Schwänze beruhen. Es sind kurze gedrungene, konisch geformte Bildungen,
^^ Bartels hierher zählt. Sicher in ihrer Entstehung sind sie auch noch nicht
^^iesen.
Die durch Wachsthumssteigerung entstandenen freien Schwänze sind
ach Bartels .die häufigste Form. Tritt die gesteigerte Gewebsbildung vor der
irbeldifferenzirung ein, dann entsteht der freie weiche Schwanz in der sogenannten
i»öchweineschwanzform*'. Von dieser Art Schwanzbildung haben wir beim Menschen
***® ganze Anzahl wohl verbürgter Beispiele; ich habe noch jüngst ein mir von
*i^tels zur Verfügung gestelltes Exemplar dieser Art fast von der Stärke und Länge
aes kleinen Fingers zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Gewöhnlich findet man,
^ einer öfters stärker behaarten Haut umhüllt, als Füllungsmasse Fett und binde-
«^^ebige Stränge, welche zur Steissbeinspitze oder zu den angrenzenden Theilen
ses Knochens gehen, auch zuweilen sich lang an dessen Vorderfläche hinziehen,
Uj.,^^^2elnen Fällen wurden in einem axialen festeren Strange solcher Schwanz-
*<iungen auch Nerven, gestreifte Muskelfasern«) und zahlreiche Gefässe mit stark
l88l ^' Bartels, M., lieber Menschenschwänze. Archiv für Anthropologie, Bd. 13.
Ein ^'^' ~~ ^^^^^'^^ ^^^ geschwänzten Menschen. Ebendaselbst, Bd. 15. 1884. S. 45. —
Ein ^^^^ "^^'^ ^^^ angewachsenem Menschenschwanz. Ebendas., Bd. 13. 1881. S. 411. •—
ji»k .^®^^<io8chwanz beim Menschen (Lipoma penduium caudiforme). Deutsche Zeit-
^^^ für Chirurgie, Bd. XX.
jr^^ 2) Einen sehr bemerkenswerthen Fall dieser Art theilt mit: Piatnitzky, J. J.,
r^ ^'rage über die Schwanzbildung beim Menschen. Diss. inaug. Moskau, 1893,
^ ^^^iflcher Sprache.)
128 Angeborene Sacraltümoren.
muskulöser Wand gefunden i), auch von Bewegungen auf Reize und von einer Art
Erection dieser Anhänge wird bestimmt berichtet; das würde sich daraus erklären.
Tritt erst nach begonnenerWirbelbildung eine Wachsthumssteigerung ein»
welche zur Vergrösserung der einzelnen Wirbel führt, ohne dass es jedoch zu ver-
mehrter Wirbelbildung kommt, dann liegt eine andere Form von Schwanzbildung
vor. Dahin gehören meines Erachtens vielleicht die Fälle von Braun, Lissner und
Raub er so wie auch ein Fall von Ornstein. Diese Formen können den Thierschwänzen
homologisirt werden, denn auf die Zahl der Wirbel kommt es bei dem Entscheide, ob
eine Schwanzbildung vorliegt, nicht an. Man könnte übrigens, falls sich die Wirbel
nicht vermehrt zeigten, diese Form auch zu den Bildungshemmungen rechnen, indem
es nicht zu der normalen Vorwärtskrümmung des Steissbeines gekommen wäre.
Der Annahme Bartels', dass die freien weichen Schwänze sich aus einem ver-
mehrten Wachsthume der bindegewebigen und Hautanlagen des embryonalen Schwanzes,
bevor es noch zur Wirbelbildung gekommen sei, erklären, steht nichts entgegen.
Fälle, wie die von Piatnitzky beschriebenen, wo sich Nerven und gestreifte Musku-
latur finden, die also auf Segmentbildungen schliessen lassen, reihen sich den Thier-
schwänzen an. Auch die äussere Form erinnert oft auffallend an solche 2).
Die Frage, ob Mensehenstämme mit freien Wirbelschwänzen existirt
haben oder noch existiren, muss nach unserem heutigen Wissen verneint werden^).
In praktischer Beziehung soll hervorgehoben werden, dass in einzelnen
Fällen die schwanzförmigen Anhänge ihren Inhabern lästig wurden und zur
Abtragung Veranlassung gaben. Gefahr ist damit wohl kaum verbunden, ob-
wohl ein Todesfall berichtet wird; doch können bei grossem Gefässreichthume
unangenehme Blutungen entstehen. Zieht von dem Anhange ein Fortsatz hoch
zum Becken hinauf, so ist Vorsicht wegen etwaiger Verbindungen init anderen
Theilen, insbesondere auch mit dem Sacralkanale geboten. — Häufig sind mit
Schwanzbildung noch andere Bildungsanomalien vergesellschaftet^).
Angeborene Sacraltnmoren.
Die angeborenen Sacraltumoren (Sacralteratome) erweisen sich, wenn
wir von den Doppelbildungen, insbesondere den parasitären Formen —
bei denen der eine Zwilling ganz verkümmert ist und als caudaler „Parasif*
dem besser entwickelten Genossen „Autositen", ansitzt — und von den vor-
hin besprochenen schwanzförmigen Anhängen absehen, als Neubildungen vom
Charakter der Mischgeschwülste, indem sie verschiedene Gewebe, u.a. auch
1) Virchow, R., Ueber Schwanzbildung. Archiv für pathol. Anatomie. Berlin,
1880. Bd. 79. S. 176.
2) Vergl. hierzu den bei R. Wiedersheim: Der Bau des Menschen als Zeug-
niss für seine Vergangenheit, 2. Aufl., Freiburg i. B. und Leipzig, 1893. S. 25, abge-
bildeten Fall von Howes (Scientific American, 11. Mai 1889).
I Z3 3) Vergl. hierzu: Bartels 11. cc, Ecker I.e. (S. 40?) und Mohnike: Ueber ge-
schwänzte Menschen. Münster, Westfalen. 1878.
4) S.: H.W.Freund, Ueber Schwanzbildung beim Menschen. Virchow's Arcb.
f. pathologische Anatomie. Bd. 104. S. 531. 188(5. (Diese Arbeit enthält auch die
interessante anatomische Untersuchung eines weichen angewachsenen Schwanzes.
Das fünfwirblige Steissbein war durch ein unpaares medianes Gelenk mit dem Kreuz-
beine verbunden und war nach hinten gekrümmt.)
Parasitäre Doppelbildungen. 129
''Ösenschläuche und cystische Bildungen, vielfach mit Flimmerepithel versehen,
önren. Dieser bunte Bau erklärt sich daraus, dass einmal an der Schwanzspitze
^^ie,42) noch undifferenzirtes Material vorhanden ist, welches sich bei weiterer
Ucherung in die verschiedensten Gewebsformen umzubilden vermag, und dass
^ödererseits MedullaiTohr, Chorda und Darm (Schwanzdarm) nebst Muskel- und
keletanlagen hier dicht aneinander stossen (Fig. 42), sodass von verschiede-
^D Bildungen aus Stücke in ein sich entwickelndes Neoplasma , übergehen
<>önen. So dürfen z. B. drüsenschlauchähnliche Bildungen von dem Schwanz-
^^nne abgeleitet werden; Muskelfasern lassen sich auf die im Caudalstticke des
*-öibryo vorhandenen Ursegmente beziehen, Zellenhaufen von epithelialem Cha-
^kter auf die Chorda-, Darm- und MeduUarreste; zu allem diesem tritt das
^ der Anlage ebenfalls vorhandene Bindegewebe.
Von parasitären Doppelbildungen, die nicht immer leicht von einem
^ttiplicirt gebauten congenitalen Sacraltumor unterschieden werden können,
P^cht man, sobald irgend ein als solcher erkennbarer Körpertheil, wie Hand,
ttss, Wirbelstück u. s. f. vorliegt. Ist der Parasit auf das äusserste zurück-
S^bildet, oder unentwickelt geblieben, so ist die Unterscheidung in der That
^^ht leicht. Einzelne, wie u. a. Ahlfeld ^), möchten fast alle angeborenen
teisggeschwtilste, namentlich die Cystosarkome, als wenig differenzirte parasi-
**^ö Doppelbildungen ansehen.
In praktischer Beziehung ist auf folgendes zu achten : Zunächst muss
^^enostisch festgestellt werden, ob man es mit einer parasitären Bildung zu
^n hat, oder ob ein kongenitales Neoplasma vorliegt, was freilich, s. das vor-
^^ Angegebene, in manchen Fällen nicht möglich sein wird. Bei den para-
*wen Bildungen muss man, falls zur operativen Entfernung geschritten werden
^''*e, immer daran denken, dass die Gefahr einer Eröffnung des Wirbelkanales
^steht; aber auch die echten Neoplasmen reichen mit ihrer Wurzel oft sehr
<^ch an der vorderen Kreuzbeinwand hinauf, oder in den Kreuzbeinkanal hinein.
^^ Entwicklungsweise aller dieser Dinge erklärt dies Verhalten. Sitz der
^^^schwülste hinten lässt eine Verbindung mit dem Wirbelkanale annehmen;
lese ist bei cystischen Neubildungen erwiesen, wenn durch Druck auf letztere
^ötanellenspannung und Erscheinungen von Hirndruck auftreten. — Bei den
ö'^osseren Tumoren dieser Art kann die Arteria sacralis media stark entwickelt
; sie versorgt die Geschwülste 2).
^ 1) Ahlfeld, Fr., Die Missbildungen des Menschen. Leipzig, Grunow, 1880.
^^* l S. 53.
2) Weiteres über die Sacral- und Steissbeingeschwülste, insbesondere über die
geborenen, s. bei Braune, W., Die Doppelbildungen und angeborenen Geschwülste
j.f '^, ^^euzbeingegend. Leipzig, 1862. — Duplay, S., Des tumeurs cong^nitales de la
gion sacrococcygieune. Arch. g^n. de m6d. T. XIL 1868. — Holmes, Surgical
^ ent of the diseases of infant and child. London, 1868. — Lannelongue et
j^^^nard, Traite des kystes cong^nitaux. Paris, 1886. — v. Bergmann, E., Zur
^gnose der angeborenen Sacralgeschwülste. Berliner klin. Wochenschr. 1884.
^' ^Ö u. 49. — Duplay, S. et R6clus, P., Traite de Chirurgie. T. VII, Article:
^Äldeyer, Das Becken. ^
130 Beckenfrakturen.
Beckenfrakturen.
Die anatomischen Verhältnisse lassen uns die Beekenfrakturen in zwei
Gruppen theilen:
1. Die Beckenringbrüche^).
2. Die Beckenstückbrtlche m.
Das Wesentliche der Beckenringbrüche liegt darin, dass die Bruchlinie
an irgend einer Stelle den knöchernen Beckenring völlig durchtrennt; Die
Existenz eines knöchernen Beckenringes, innerhalb dessen wichtige Weichtheile
gelegen sind, schafft in Bezug auf die Frakturen ähnliche Verhältnisse, wie sie
beim Schädel und beim Thorax vorhanden sind. Das heisst, es kommen hier
Sprengbrtiche durch Kompression des gesamten Beckenringes zu Stande, und
zwar wie beim Schädel auch durch den sogenannten „Contre-coup", an einer
der unmittelbaren Einwirkung entgegengesetzten Stelle, und es kompliziren
sich mit der Fraktur nicht selten Verletzungen der Beckeneingeweide.
Da die Dislokation der Bruchstücke, falls die veranlassende Gewalt nicht
geradezu Zertrümmerungen zu Wege brachte, den anatomischen Verhältnissen
nach, meist eine geringe ist, so sind die Verletzungen der inneren Becken-
organe in praktischer Beziehung vielfach die Hauptsache.
Eine gewöhnliche Form des Beckenringbruches ist der Malgaigne'sche
„doppelte Vertikalbruch''. Hierbei findet man meist zwei im ganzen ver-
tikal verlaufende Bruchlinien, von denen die eine hinten im Kreuzbeine
sich an die Foramina sacralia hält, die andere vom im Ischiopubicum ent-
weder das Foramen obturatum durchsetzt, oder neben demselben gelegen ist.
In der unteren Begrenzungsspange des Foramen obturatum läuft die Bruchlinie
gern durch die Synostosis ischiopubica. Im Kreuzbeine ist meist nur
eine Bruchlinie vorhanden, im Ischiopubicum kommen nicht selten mehrere vor.
Ausnahmsweise nur ist das Iliosacralgelenk eröffnet.
Kusmin*) fand durch experimentelle Prüfung bei einer sagittalen Kom-
pression sehr häufig diese Bruchform eintreten, bei einer frontalen Kompression,
zwischen beiden Darmbeinen oder zwischen beiden Trochanteren, dag;egen nur die
vordere Längsfraktur im Schambeine und dazu noch eine Darmbeinfraktur. — Auch
schwere Geburten bei engem Becken können zur Sprengung des Beckenringes führen. —
„Bassin** par Ch. Walther, p. 452. Paris, 1892, Massen. — Tourneux, F., et Herr-
mann, G., Sur la persistance de vesti^es medullaires coccygiens pendant toute la
Periode foetale chez Thomme et sur le röle de ces vestiges dans la production des
tumeurs sacro-coccygiennes conj^^nitales. Journ. de l'anatomie et de la physiologie.
T. XXIII, 1887, p. 498. — Feldmann, 0., Beitrag zur Kenntniss der congenitalcn
Sacraltumoren. Diss. inaug. Berlin, 1895, 8^. (Mit Litteratur.) — Virchow, R., lieber
einen Fall von Hygroma cysticum glutaeale congenitum. Arch. f. pathol. Anat.
Bd. 100, 1885, S. 571.
1) Rose, Edm., Beiträge zur Kenntniss der Verletzungen des Rumpfes. Die
Diagnostik der einfachen Beckenfrakturen, Charite-Annalen, Bd. XIII, Heft 2. Berlin,
18G5. (Hier wird zuerst die Bezeichnung „Brüche des Beckenringes** gebraucht.)
2) Kusmin, Wiener medicinische Jahrbücher, 1883, Heft IL
Beckenfraktoren. 131
_^»nen gut beschriebenen Fall eines Beckenringbruches, wie er sich bei sagittaler
^Kompression einzustellen pflegt, veröffentlichte (mit Abbildung) jüngst Rochs^).
Von Weichtheiien werden am häufigsten betroffen: die Harnblase, die
**arnröhre und das Rectum; Befunde, die sich unmittelbar aus den topo-
S'^aphisch-anatomischen Verhältnissen erklären.
Einen merkwürdigen Fall von Einklemmung der vorderen Harnblasenwand in
me Prakturspalte des Schambeines beobachteten wir jüngst auf dem Berliner anato-
mischen PräparirsaaleS).
Zur Diagnose, sowie zur Einrichtung von etwaigen Dislokationen
^^nn die Untersuchung per Vaginam und per Rectum wichtig sein. Man lagere
^'^ zu untersuchenden Leute auf die gesunde Seite und in nach vorn ge-
p^gter Stellung (zur Erschlaffung der Bauchmuskeln und des Iliopsoas.) —
^^ die Hüftpfanne gebrochen, dann kann der Oberschenkelkopf durch den
^^sprengten Pfanuenboden in das kleine Becken vorstossen, wobei dann eine
^^rkttrzung der betreffenden Extremität eintritt. — Symptome einer
ertetzung vonseiten der Harnblase sind: Harnverhaltung (meist unmittel-
^r nach dem Unfälle eintretend), Blutungen aus der Harnröhre, erschwerte
'^atheterisirung, Harninfiltration; von Seiten des Mastdarmes: Koth-
^^fhaltung, Blutabgang, lokale Schmerzempfindung, besonders bei
^»"euz- und Steissbeinbrttchen. Hierzukommen häufig noch: Lateral-Rotation
^8 Fusses (wegen Lähmung der Adductoren), und Schmerzen im Verlaufe
^8 Nervus obturatorius, dessen langer Lauf im Becken dicht an den ge-
wöhnlichen Bruchstellen vorbeiführt, s. Figg. 20 und 5L
Von den Beckenstückbrüchen d. h. den Brüchen, welche nicht den
^Öchernen Ring eröffnen, sondern nur ein umschriebenes Stück des Beckens
abtrennen, können wir hier absehen; nur auf die Schussfrakturen ist auf-
^rksam zu machen ; bei diesen ist aber die Weich theilverletzung weitaus das
^«sentlichere.
Stichinstrumente und kleinkalibrige Kugeln können, den anatomischen Verhält-
ssen zufolge, durch die verschiedenen Beckenzugänge eindringen, ohne den Knochen
^ auch ohne einen der Weichtheile des Beckeninneren zu verletzen; auch die
^/^uzbeinlöcher sind hier mitzurechnen. B6clard (citirt bei Riebet, A., Trait6 pra-
(^r^ *^'^oatomie mödico-chirurgicale, IV 6dit. S. 245) beobachtete einen solchen Fall
g **^liyerletzung durch ein Foramen sacrale). Der Hiatus lumbosacralis und der Hiatus
*^^*'^s bieten — der erstere freilich nur bei gebeugter Haltung — bequemere Zu-
nge. — Stumpf einwirkende Gewalten können bei der spongiösen Beschaffenheit des
^ ^euzbeines zu Quetsch brüchen und Zermalmungen führen. Bei Quer- und Schräg-
^chen des Kreuz- und Steissbeines wird das untere Bruchstück stets nach vom
In P^^^°' <ia die betreffenden Muskeln so laufen, und da das obere Stück fixirt ist.
, <^lge dieser Dislokation kann die Defäkation behindert sein. — Steissbeinbrüche
^öien wohl nur bei älteren Leuten vor 3).
1) Rochs, Zur Casuistik der Beckenrinffbrüche. Berliner klinische Wochen-
schrift, 1894, Nr. 25.
Srt ^ ^) ^erota, D., lieber einen Fall von Beckenfraktur. Arch. f. klin. Chirurgie.
''^^ ö2. S. 701. 1896.
Qu ^^ Ueber Beckenbrüche vergl. noch: F6r6, 6tude experimentale et clinique sur
^ Piques fractures du bassin. Progr^s m6d. 1880. P. 363, 385, 403, 421. — Barth^lemy,
132 Beckenluxationen. Entzündliche Zustände der Beckenknochen.
Beckenluxationen.
Bei den Beckenluxationen ist wegen der bedeutenden Gewalt, die ein-
wirken muss, um eine Verrenkung zu Stande zu bringen, meist auch die Weicb-
theilverletzung die Hauptsache. Man muss die Diastase, d.h. die einfache
Trennung ohne Verschiebung, von der vollständigen Sprengung der Gelenke
mit Dislokation wohl unterscheiden. Die Diastasen kommen nicht selten bei
engen Becken durch eine Geburt zu Stande; auch operativ — bei der Symphyseo-
tomie — wird das Iliosacralgelenk diastatisch eröffnet (Farabeuf)^ ich komme,
hierauf bei der anatomischen Schilderung der Operationen zurück.
Am häufigsten zeigt sich die Symphysis ossium pubis betroffen, dann
die Articulatio sacroiliaca, sowie die Symphysis sacrococcygea.
Entsprechend dem anatomischen Verhalten muss die Verschiebung in den luxirten
Gelenken meist gering sein; stets ist auf die lokale Schmerzhaftigkeit zu achten
und die normale Beweglichkeit des Hüftgelenkes zu prüfen. Es sei hier eine
Bemerkung über die Verschiebungen des Beckens bei Coxalgie, welche Til-
laux*) eingehend erörtert, angefügt. Bei fixirtem Oberschenkel kann sich das
Becken um drei Axen in der zugehörigen Hüftpfanne drehen; um eine Quer-
axe, um eine sagittale Axe und um eine vertikale Axe (Rotation des Beckens).
Nach allen diesen Bewegungen treten in dem erkrankten Gelenke Verschie-
bungen auf: das Femur ist gegen das Becken gebeugt, das Becken neigt sich
ferner auf die kranke Seite, und in späteren Stadien tritt auch eine Einwärts-
rollung des Femur mit Adduktion ein^).
Entzündliche Zustände der Beckenknochen und Beckengelenke.
Epiphysenlösungen. Neurosen.
Bei den entzündlichen Zuständen des Knochens und der Weichtheile können
sich eitrige Produkte, wie aus den zahlreichen Zugangspforten zum Becken er-
sichtlich ist, die verschiedensten Ausgänge bahnen-, es sei hierfür auf S. 81
und auf das Kapitel „Beckenabscesse" verwiesen. Tuberkulöse Ostitis kommt
verhältnismässig häufig an dem dicken spongiösen hinteren Pfannenrande vor^).
Erkrankungen der Schaufel des Darmbeines werden an der Schwellung des
Knochens, die gut durchzufiihlen ist, leicht erkannt.
Chronische Entzündungen mit Ausgang in Ankylose finden sich sehr häufig
am Iliosacralgelenke. — Stets muss bei jedem Verdachte auf eine
Des complications viscerales des fractures du bassin. Bullet, de la Soc. elinique.
Paris, 1878. — L essen, H., Die Verletzungen der unteren Extremität. Deutsche Chi-
rurgie. Lief. 65. 1880.
1) Tillaux, P., Traite d'anatomie topographique avec applications ä la Chi-
rurgie. V 6dit, Paris, 1887.
2) Ueber Beckenluxationen im allgemeinen vergl. man: Sali er on, Luxations
traumatiques du bassin. Arch. g6n. de m6d. 1871.
3) König, Fr., Lehrbuch der speciellen Chirurgie. IV. Aufl. Bd. III, S. 261.
Berlin, 1886.
Geschwülste am Bänderbecken. Iä3
^^ckenknochen-Erkrankung derZustand des Hüftgelenkes geprüft
^^rden, um Verwechslungen zu vermeiden.
Bei der grossen Menge der Epiphysenstücke am Becken wird man
"^i den verschiedensten Knochen-Erkrankungen jugendlicher Personen eine
^der die andere Epiphysenlösung erwarten dürfen; eine solche kann, z. B. an
^^^ Darmbeincrista, noch in späteren Jahren (24. — 25. Jahr) vorkommen.
S. Seite 90.
Wegen der an den Beckengelenken — das Hüftgelenk sei hier,
^^ diese Verhältnisse in Bd. I nicht besprochen worden sind, mit einbegriflfen —
^^^ht selten vorkommenden Neurosen, die den Nervenbahnen entlang aus-
®t»*ahlende Schmerzen veranlassen, sollen auch die Gelenknerven beschrieben
^^rden, welche besser gekannt sind, als die Knochennerven. (S. S. 89.)
Für die Articnlatio sacroiliaca werden die Nerven von den hinteren
^^sten der drei oberen Sacralnerven abg^egeben. Von der Schamfuge sind
**ie Nerven noch nicht bekannt.
Zum Hüftgelenke gelangen die Nerven aus vier Quellen: 1) von der Portio
^hialis des Nervus ischiadicus und 2) vom Nervus glutaeus inferior zur
hinteren Wand, 3) von den tiefen Muskelästen des Nervus femoralis, insbe-
®^ödere vom Aste für den Musculus rectus femoris, zum lateralen Theile, 4) vom
^Ättius posterior des Nervus obturatorius, unter dem Musculus pectineus hin,
^Um medialen Theile der vorderen Wand. Falls ein sogenannter Nervus ob-
^ratorius accessorius, welcher vor dem Schambeine zum Oberschenkel zieht,
**8teht, kann auch dieser Zweige zum Hüftgelenke abgeben i).
Geschwülste am Bänderbecken.
Am häufigsten wurden von Geschwülsten des knöchernen Beckens gefun-
^^^' die Osteome, Myeloidsarkome undEnchondrome. Letztere gehen
^ohl meist von den zahlreichen Epiphysenknorpeln und deren Resten aus. Da
^ie Beckenknochen fast durchweg spongiös sind, so erklärt sich auch das häu-
"8^^e Auftreten der Myeloidsarkome. Die angeborenen Sacraltumoren wurden
bereits vorhin abgehandelt; auch wurde auf die geburtshülfliche Bedeutung
^^ Beckentumoren aufmerksam gemacht.
Öie bösartigen Neubildungen können auf die Spur der zu den Beckenknochen
S^hörigen Lymphdrüsen (regionäre Lymphdrüsen des knöchernen Beckens)
^*^ren. in einem von Gussenbauer (Prager Zeitschr. f. Heilkunde Bd. XI) beschrie-
^nen Falle — Melanosarkom des Os ilium — waren die Inguinal-, Iliacal- und
'^öibaldrüsen ergriffen.
^ 1) ßüdingcr, N., Die Geienknerven des menschlichen Körpers. Erlangen, 1857.
r" Luschka, H., Die Halbgelenke des menschlichen Körpers. Berlin, 1858. S. 136. —
^-smarch, F., Ueber Gelenkneurosen. Kiel, 1872. S. 12 und 13.
IM t)ie Weichgebilde der Beckenwand. Eintheilung und Uebersicht.
Die Weichgebilde der Beckenwand.
Eintheilung und Uebersicht.
Im Vorhergehenden wurde nach einer Besprechung des Beckens im all-
gemeinen, nach der Aufzählung seiner Regionen und seiner äusseren Form-
verhältnisse (S. 1—15) zuerst die knöcherne Beckenwand mit den zuge-
hörigen Bändern, kurz, das „Bänderbecken^ abgehandelt (S. 16—133). Von
der Ansicht ausgehend, dass, wenn irgendwo im Körper eine genaue Kenntniss
des Knochen- und Bändergerüstes für die topographische und praktisch-medizi-
nische Betrachtung nöthig ist, dies beim Becken der Fall sei, habe ich diesen
Abschnitt ausführlich berücksichtigt. Auch Hessen sieh nicht immer die Weich-
gebilde von den Knochen trennen und musste schon manches von den ersteren
mit besprochen werden.
Im folgenden sind nun die Weichgebilde des Beckens im besondern ab-
zuhandeln, und zwar, der eingangs angegebenen Grundeinthcilung gemäss:
1) Die Weichgebilde der Beckenwand,
2) Die Weichgebilde der Beckenhöhle.
Wie bei der Besprechung der knöchernen Gebilde der Beckenwand ein
Abschnitt der Schilderung der knöchern begrenzten Beckenhöhle, Cavum
pelvis, gewidmet wurde, so muss auch im folgenden die Beckenhöhle, wie sie
sich unter Berücksichtigung der Weichtheile gestaltet, besonders be-
handelt werden. — Bei der Darstellung des Bänderbeckens brauchten wir, un-
geachtet mancher wichtigen Verschiedenheiten, die beiden Geschlechter nicht
zu trennen; dies wird aber im folgenden nöthig sein. Ferner müssen wir uns
an die Regionen binden, was beim Bänderbecken unnöthig war, ja, wider-
sinnig gewesen wäre. Wir treten somit nunmehr in eine streng topographisch
gehaltene Darstellung ein.
Nur bei einem Kapitel, welches naturgemäss jeder Besprechung der
Weichtheile voraufgehen muss, können wir noch von einer Scheidung nach
den Regionen und nach den Geschlechtern absehen: das ist die Schilderung
der äusseren Haut des Beckens.
Aeussere Haut des Beckens.
Wenn wir das Becken in der Weise abgrenzen, wie es hier S. 16 ge-
schehen ist, dann gibt es keine Gegend des Körpers, in welcher die Haut
so viele Verschiedenheiten zeigte, wie am Becken. Das Corium weist die
dicksten Stellen (Gesäss, 2— 3 mm) und die dünnsten (Glans penis, 0,3 mm
— innere Fläche der Labia minora, 0,6 mm — Penis und Scrotum, 0,7 — 1,0 mm)
auf, die es überhaupt gibt. Die Dicke der Epidermis schwankt freilich nicht
so sehr. Dagegen zeigt der Panniculus adiposus wieder die erheblichsten
Unterschiede: am Gesässe haben wir das stärkste Fettpolster des Körpers, am
grössten Theile des Penis und des Scrotum, an den Labia minora und dem
Aeussere Haut des Beckens. 136
tauteren medialen Theile der Labia majora^) fehlt es gänzlich; dazwischen
"öden sich alle erdenklichen Mittelstufen.
Die Haut ist zart, glatt und weich am Penis, Scrotum, an den Labia
^^jora und minora, sowie an der Innenfläche der Oberschenkel, fester und
fauher am Gesässe und an der Trochantergegend, besonders bei Männern;
8»6 ist (bei den hellfarbigen Rassen, namentlich bei den Weibern) fast weiss
^^ der Innenfläche und Vorderseite des hierher zu rechnenden Oberschenkel-
gebietes und am Gesässe, dagegen mehr oder weniger pigmentirt, auch
ei hellfarbigen Rassen, an den äusseren Geschlechtstheilen, am After und am
amme; sie hat drüsen reiche, drüsenarme und drüsenlose Be-
irke, desgleichen haarreiche, haararme und haarlose.
Af ^^''^senreich ist die Umgebung' des Afters; hier findet sich 1— 1,5cm von der
»^«röffnung entfernt ein 1—1,5 cm breiter Ring zahlreicher grosser Knäueldrüsen
■p Glandulae circumanales Gay2). zahlreiche Talgdrüsen hat die Glans penis,
ainentlich um die Corona glandis herum, im Sulcus retroglandularis und in den seit-
oen Grübchen am Frenulum praeputii (Fig. 75). Man hat diese Drüsen mit einem be-
pnderen Namen, Tyson'sche Drüsen, belegt (Glandulae praeputiales BNA);
^ unterscheiden sich jedoch im wesentlichen nicht von gewöhnlichen Talgdrüsen,
eringer ausgebildet sind die homologen Drüsen in der Präputialtasche der Clitoris,
0 sie das innere Blatt des Praeputium besetzen. An beiden Orten gehören die Talg-
i'Usen zu den kleineren ihrer Art; sie sondern das Smegma praeputii ab.
Schweissdrüsen fehlen in der Haut der Eichel des Penis und der Clitoris
owie am inneren Präputialblatte beider Geschlechter gänzlich; auch in der Haut der
ates sind sie nicht zahlreich. Talgdrüsen sind, abgesehen von den genannten Stellen«
^gends zahlreich; an den vorderen Theilen der Glans penis oder clitoridis pflegen
r.k^^ ^^Wen; gross sind sie am Scrotum, jedoch sparsam vertheilt. Selbst verständ-
finden sie sich an den stark behaarten Theilen entsprechend der Zahl der Haare
entwickelt.
Haarreich und mit starkem krausen Haar versehen sind der Mons pubis und
^ Aussenfläche der Labia majora, individuell und nach Rassen allerdings sehr
^chselnd; haar arm und nur Lanugo tragend ist die Haut des Penis, und die [nnen-
^ne der Labia majora; haararm, jedoch starkes Haar führend, die Haut des Scrotum,
Carlos die Innenfläche des Praeputium (bei beiden Geschlechtern) und die Haut der
^*oia minora^).
Ünf ^^ ^^^ ^^ ^^^ Labia majora eingeschlossene Fett ist zum grossen Theile kein
^ Whautfett, sondern bildet einen gut abgegrenzten für sich bestehenden Fettkörper
(j/*^P^s adiposum labii majoris m. — , welcher durch den Leistenkanal hin-
g/^ui"*^*' ^^^ subperitonaealen Fettmassen zusammenhängt. S. weiter unten „äussere
^««chlechtsorgane des Weibes".
h^Y' k^^ ^^yy ^'t ^i^ Circumanaldrüsen des Menschen. Wiener akadem. Sitzung3-
'''•ichte, mathem. naturw. Klasse. LXHI. Bd., H. Abth. 1871.
Inn ^^- ^^^ findet in manchen Handbüchern und Abhandlungen die Ueberzüge der
«enseite des Präputium und der Eichel beider Geschlechter, sowie die der kleinen
Q *^hppen als ^Schleimhaut« bezeichnet (z. B. bei Klein in Stricker's Handb. der
aichf *^^^^ und bei Testut, Trait6 d'anatomie humaine, T. HI, p. 987). Dies ist
Enth ^^ billigen. Von einer „Schleimhaut*' kann nur die Rede sein, wenn von ihrem
Schi • *^** (Becherzellen), oder von Drüsen, welchiB von ihrem Epithel ausgehen,
die i^^"^ gebildet wird; das ist aber an den genannten Stellen nicht der Fall. Auch
^^ ^Entwicklungsgeschichte spricht gegen diese Auffassung. — Bezüglich der Grenze
^^»ehen Haut und Schleimhaut am Pudendum muliebre (Limbus cutaneus vestibuli)
^^^ daä Kapitel: „Aeussere Geschlechtsorgane des Weibes*" verwiesen.
Id6 Aeossere Saut des Beckens.
Bemerkenswerth ist die starke Entwicklung der Hautmusku-
latur am Damme, am Hodensacke (Tunica dartos, s. w. u.), an der ünter-
fläche des P e n i s und einem Theile der g r o s s e n Schamlippen (Homologon
der Tunica dartos). Am After gehen gestreifte Muskelfasern vom Sphincter ani
externus in die Haut über.
üebergänge von Haut zu Schleimhaut haben wir an mehreren
Stellen: Orificium urethrae virilis externum, Limbus cutaneus vestibuli vaginae m.
(vgl. darüber w. u.) und Anus; dies gibt, wie die Hautmuskulatur, eine Aehn-
lichkeit mit dem Verhalten der Gesichtshaut.
Falten finden sich nebst Furchen an den vorhin (S. 5 flf.) ange-
führten Stellen, ferner am Damme, wo auch der R a p h e p e r i n e i, die sich
beim Manne aufs Scrotum fortsetzt — Raphe scroti — (Figg. 10 und 11) zu
gedenken ist.
Die Querruuzeln der Scrotalhaut sind mir durch die Zusammenziehung der
Tunica dartos bedingt; ist diese erschlafft, so zeichnet sich die hetreflFende Haut
gerade durch besondere Glätte und Weichheit aus.
Radiärfalten von ganz charakteristischem Verhalten weist das anale Integu-
ment auf; sehr feine Längsfalten sieht man an der Haut der Glans penis. Von
den besonderen Falten der äusseren Geschlechtsorgane (Praeputium penis et clitoridis,
Frenula etc.) wird in den betreffenden Kapiteln gehandelt werden.
Von den eigenthttmlichen Hautgrübchen der Lumbal- und Sacral-
gegcnd war vorhin^ S. 7 und 120) eingehend die Rede; hier sei nur noch
angeführt, dass die Cutis an diesen Stellen durch Bindegewebsstränge mit den
benachbarten Muskelfascien fester verbunden ist; die Grübchen verschieben
sich mit den Muskelbewegungen. Durch solche festere Verbindung der Leder-
haut mit den Fascien und indirekt hierdurch mit den unterliegenden Muskeln
zeichnet sich auch die Gesässhaut aus; sie kann bekanntlich bei gut er-
haltenem Fettpolster durch Kontraktion des Musculus glutaeus maximus straflf
gespannt werden und zeigt dann zahlreiche kleine Einziehungen. Auf ähn-
lichen fibrösen, an elastischen Fasern reichen Verbindungen (Retinacula cutis)
beruht auch die Glutäalf alte, welche jedoch dem unteren Rande des Musculus
glutaeus maximus nicht entspricht. Die Retinacula setzen sich hier einerseits
an die Haut, in einer nach abwärts convexen Bogenlinie vom Sitzhöcker zur
Basis des Trochanter major verlaufend, andererseits an die Fascia lata und in
besonders starken Zügen an den medialen Rand des Tuber ischiadicum an, so
dass man von Ligamenta ischiocutanea sprechen könnte. Diese Bil-
dungen halten das Gesässfettpolster fest zusammen und machen es erst zu
einem wahren Sitzpolster^).
Der untere Rand des Musculus glutaeus maximus geht von medianwärts
und oben nach lateralwärts und unten; die Glutäalf alte läuft (beim Stehen mit
1) Luschka, H., Die Anatomie des Mensehen mit Rücksicht auf die Bedürf-
nisse der praktischen Heilkunde. Bd. H, Abth.2: Das Becken. S.419. Tübingen, 1863.
— Symington, J., The fold of the nates. Journal of anatomy and physiology cond.
by Humphry etc. Vol. XVIII. 1884. P. 198. — Thi^ry, R, Sur les rapports anato-
miques du pli fessier. Bulletins de la soci6t6 anatomique de Paris. LXVI ann^e, 5 S6r.
T. V. p. 272. 1891.
Bursae mucosae subctttaneae. 137
S^treckten Beinen) quer (Fig. 8), lateralwärts biegt sie noch ein wenig auf-
— »rts; die Kreuzung mit dem Muskelrande liegt etwa in der Mitte des hinteren
^oersehenkelumfanges. Veränderungen in den Beziehungen beider Reliefs
*^Önnen diagnostisch von Werth sein.
Sehr wichtig ist das Verhalten der Haut zu ihren Unterlagen.
Iß liegt ziemlich fest, wenig verschieblich, und bei gutem Fettpolster unfaltbar
^' den Nates, an der vorderen und lateralen Oberschenkelfläche, auf dem
''ßuzbeine und dem Steissbeine. Am Kreuzbeine findet sich dazu noch wenig
^tt, so dass die Haut dem Knochen dicht anliegt; auch ist gerade hier die
ßfässversorgung spärlich ; dies alles begünstigt unter umständen das Auftreten
^n Druckbrand der Haut (Decubitus). Sehr verschieblich dagegen und
icht in Falten fassbar ist die Haut um den Anus, am Damme, an den inneren
. ^chen der Oberschenkel und an den äusseren Geschlechtstheilen; zugleich
Sie hier sehr elastisch und dehnbar, wovon man sich bei jeder 6e-
^ tiberzeugen kann. Kommt es doch sogar hierbei in einzelnen Fällen
p ^öimgeburt) zu einem Austritte des Kindes durch den Damm, mit centraler
erforation der Haut des letzteren! Wichtig ist dies Verhalten der Haut auch
/ die in so zahlreichen Fällen noth wendig werdenden plastischen Operationen
^»^ser Gegend.
An einzelnen Stellen des Beckens sind Bursae mucosae subcutaneae
^bachtet worden, so die von Luschka entdeckte Bursa subcutanea
<^ralis an der Kreuzsteissbeingrenze, von etwa 1,5 — 2,5cm Durchmesser,
J^ Bursa trochanterica subcutanea von gleichen Dimensionen und
^ Bursa subcutanea Spinae iliacae anterioris superioris.
^*peau (citirt bei Hyrtl, topogr. Anat.) spricht noch von einer Bursa sub-
^ tanea tuberis ischiadici, die jedoch nach Hyrtl nur eine accidentelle
"dung sein soll; sie darf nicht mit dem tiefen Schleimbeutel am Tuber
Cuiadicum verwechselt werden. Man wird der genannten Schleimbeutel bei
schriebenen Entzündungen, Schwellungen und Abscessen dieser Gegenden
^'ögedenk sein müssen^).
Einzelne von diesen subcutanen Schleimbeuteln (Vernois'* und Testut's
«rses sereuses professionelles) entwickeln sich neu oder vergrössern sich bei
J^^^j die einer besonderen Beschäftigung obliegen, an denjenigen Haut-
len, welche dabei einem Drucke mit gleichzeitiger häufiger Verschiebung
»gesetzt sind; dahin gehören die Bursa subcutanea trochanterica
^r<ihorgelspielern, die Bursa subcutanea sacralis bei Schornsteinfegern,
^ Bursa Spinae iliacae anterioris bei Webern und die Bursa sub-
^^^^^^a tuberis ischiadici bei Drechslern (Hein).
g^ ^) Luschka, H., Zeitschr. f. rationelle Medicin, Bd.VHT. S. 219. — W. Krause,
^ «abuch der menschl. Anatomie. 3. Aufl. von C. Krause's Handbuch. Bd. II. Han-
P. 1?' ^^"^^^ ^- 301/302. — Testut, Trait6 d^anatomie humaine. T. III. Paris, 1894.
WIa * "* Hyrtl, J., Handbuch der topographischen Anatomie. VI, Aufl. Bd. II, S. 490.
^nd*** ^^^^* "■ Synnestvedt, A. S. D., En anatomisk Beskrivelse af de paa over-og
Hjl^^^^^tremiteterne forekommende Bursae mucosae. Christiania, 1869. — Bei Testut
^ynnestvedt findet sich die weitere Literatur.
2) Vernois, Bourses sereuses professionelles. Paris, 1862.
138
Blutgefässe und Nerven der Beckenhaut.
Blutgefässe*) und Nerven*) der Beckenhaut.
In tabellarischer Form, den hier (S. 3) angenommenen Gegenden nach
geordnet (s. Fig. 45, 46, 47, 48), sind nachstehende Blutgefässe und Nerven
mit der Versorgung der Beckenhaut betraut:
Blutgefässe.
Gegenden.
Nerven. (Fig. 44.)
Die Farbenangaben beziehen sich auf
die Figg. 45, 4ß, 47 und 48.
A. pudenda externa (superior
Manchot) — A, femoralis —
Vv, pudendae externae —
V. saphena magna —
Regio pnbis.
(1)
a) N. ilioin^uinalis — Plexus
iumbalis (N. lumbalis I) (grün,
bogig gestrichelt).
b) N.iliohypogastricus-Ple-
xus lumbalis (N. lumbalis T und
thoracalis XII) (grün, quer
gestrichelt).
a) A, pudenda externa supe-
rior: kleinerTheil der Wurzel
desScrotum an dessen vor-
derer Fläche.
b) A. pjttdenda externa (infe-
rior Manchot) — A. femoralis
— mit den Ranii scrotales an-
teriores a) die Vorderfläche des
Scrotura, ß) die Seitentheile und
die Unterfläche des Peniskör-
pers.
c) A. pudenda interna — A.
hypogastrica — mit a) der A.
dorsalis penis, die Haut der
Rückenfläche desPeniskörpers
und die gesamte Eichelhaut,
mit ß) den Aa. scrotales po-
steriores, die Hinterfläche des
Scrotum. Hier sollen (T h e i 1 e 8)
noch Zweige der A. circum-
flexa femoris medialis —
A. profunda femoris — ein-
greifen.
d) A. obturatoria — A. hypo-
gastrica — mit dem R. anterior
die laterale Fläche des Scro-
tum 4).
Regio pndenda-
lis viri.
(2)
a) N. ilioinguinalis: Wurzel
des Penis und des Scrotum;
kann den N. spermaticus ex-
ternus vertreten und umge-
kehrt. (Grün, bogig gestri-
chelt).
b) N. spermaticus externus
(vollgrün) — Plexus lumbalis
— (N. lumbalis I und II), ist
zusammen mit dem N. lumbo-
inguinalis Ast des N. genitofe-
moralis: vordere Fläche und
Seitenflächen des Scrotum =
Nn. scrotales anteriores.
c) N. pudendus (vollblau) -^
Plexus pudendus -— (Nn. sa-
crales III, IV, II) mit a) den
Nn. scrotales posteriores, die
Hinterfläche des Scrotum und
mit ß) dem N. dorsalis penis,
die Penishaut.
1) Nach Manchot, C, Die Hautarterien des menschlichen Körpers. Leipzig»
1889. F. C. W. Vogel.
2) Vgl. Hasse, C, Handatlas der sensiblen und motorischen Gebiete der Hirn-
und Rückenmarksnerven. Wiesbaden, 1895.
3) Theile, Gefässlehre. In Sömmerring's Handbuch: „Vom Baue des mensch-
lichen Körpers. II. Aufl. Leipzig, 1841.
4) Aa. scrotales laterales Manchot.
Blutgefässe und Nerven der Beckenhaut.
139
Blutgefässe.
IM
A. pu(jej^(j^ externa supe-
^ior: kleiner Theil des Labiuni
^^jiis an dessen Uebergange
iö den Mons pubis.
^ "^. pudenda externa infe-
^|or: vordere Hälfte des La-
^i^m majus = Aa. labiales
Anteriores.
Ä. pudenda interna, mit
**) der A. dorsalis clitoridis, die
Haut der Glans clitoridis, mit
H)den Aa. labiales posteriores,
<iic hintere Hälfte des Labium
^ajus und des Labium minus.
^ -A- obturatoria, mit dem Ra-
'"^^s anterior einen kleinen
'T'ieil der Seitenfläche des La-
*>i^m majus.
Pie Venen gehen theils durch
^^ Vv. pudendae externae zur
V. saphena magna, theils (V.
dorsalis subcutanea penis [cli-
^cO^ **^''*<iis,VsJPig^) zur V. dor-
® * * i s J> eTTTsTciitöridisO th eils
^J^ V. pudenda interna,
^ie V. saphena führt zur V.
^^moralis, die beiden anderen
^^f V. hypogastrica. Auch mit
^^J* V. obturatoria kommen
**^8tändige Anastomosen vor,
s. Pigg. 77 und 79.
^' ^»moralis i
^a)A. pudenda ex-
terna superior,
ß)A, epigastrica
superficialis
inferior 1),
y) A. circumflexa
ilium superß-
Cialis.
Die Venen sind dieselben;
®^^ gehen zur V. saph. magna.
Gegenden.
Regio pudenda-
lis feminae«
(2)
Nerven. (Fig 44.)
Die Farbenan^abeii beziehen sich auf
die Figg. 4f>, 46, 47 und 48.
Regio inguina-
lis.
(5)
a) N. ilioinguinalis: einen
kleinen Theil des vorderen
Bezirkes der Labia majora;
Vertretung zwischen a und b
wie beim Manne (grün, bogig
gestrichelt, Fig. 46).
b) N. spermaticus externus
= Nn. labiales anteriores: vor-
dere Hälfte der Labia majora
(vollgrünj.
c) N. pudendus (vollblau) mit
a) den Nn. labiales posterio-
res, die hintere Hälfte der La-
bia majora und die Labia mi-
nora und mit ß) dem N. dor-
salis clitoridis, die Haut des
Praeputium clitoridis und die
der Glans clitoridis (s. Hasse,
1. c. Taf. XllL -» Taf. XH
ist das Praeputium und Fre-
nulum clitoridis demselben
Nervengebiete zugetheilt, wie
die Labia minora, d. i. dem
N.perinei(hellblau); Hasse
theilt diesem Zweige, und
nicht den Nn. labiales poste-
riores, die Innervation der La-
bia minora zu; er nennt den
betreffenden Zweig: N. vesti-
buii vaginae et urethrae. S a p-
pey lässt die Nerven der Labia
minora vom N. perinei ab-
stammen, die Nerven des Prae-
putium clitoridis dagegen vom
N. dorsalis clitoridis).
N.iliohypogastricus— Plexus
lumbalis (Nn. intercostahs XII
und lumbalis I) (grün, quer-
gestrichelt, Fig. 47).
*) Manchot, 1. c.
140
Blutgefässe und Nerven der Beckenhaut
Blutgefässe.
Gegenden.
Nerven. (Fig 44.)
Die Farbenangaben bezichen sich auf
die Figj?. 45, 46, 47 und 48.
a) A, pudenda interna, mit
tt) der A. perinei und ß) Rami
haemorrhoidales inferiores (für
die Analhaut; hier betheih'gt
sich auch noch die A. perinei).
b) A. glutaeainferior (Theile
1. c).
Die Hautvenen fliessen ab
haupts4lchlich lateral durch die
Vv. haemorrhoidales in-
feriores zur V. pudenda in-
terna, sie haben aber auch Ver-
bindungen nach vorn zur V. sa-
phena magna und V. obtu-
ratoria (Fig. 77); nach hinten
zu den Venen der Afterhaut
und der Gesässhaut. Wichtig
ist ferner ihre Verbindung
mit dem zwischen Schleimhaut
des Rectum und dem Musculus
sphincter ani extcrnus gelege-
nen Plexus venosus hae-
morrhoidalis. S. darüber das
Nähere beim Kapitel „Rectum".
Regio perinealis
(R. urogenita-
lis+R-analis).
(3)
Figg. 45 u. 40.
a) N. pudendus mit a) den Nn.
scrotales (labiales) posteriores,
ß) dem N. perinei, y) den Nn.
haemorrhoidales inferiores :
ringförmiges Stück der Haut
um den Anus — (voll blau)«
b) N. cutaneus femoris poste-
rior — Plexus sacralis (Nu«
sacrales 1, 11^ Hf) — mit seinen
Rami perineales. (Voll gelb.)
Siehe hierzu Kapitel „Regio
perinealis*' und Fig. 77, linke
Seite.
A. sacralis lateralis, Rami
dorsales — A. hypogastrica — .
Unter Zurechnung der beiden
letzten Lendenwirbel würden
auch noch die hinteren Aeste
der beiden unteren Lum-
balarterien in Betracht
kommen.
Die Venen haben Verbin-
dungen mit den tiefen Venen
der Region und durch diese
mit den Venen des Wirbelka-
nales, ferner aber mit den Haut-
venen der Regio glutaea, s.
diese. Luschka, Anatomie d.
Beckens, 1. c, gibt an, dass die
V. spinalis anterior durch den
Hiatus canalis sacralis Anasto-
mosen mit den subcutanen
Venen eingehe.
Regio sacralis.
Rami dorsales der unteren Nn.
lumbales, der Nn. sacrale»
und coccygei — (gelb, quer-
gestrichelt).
Nach Montagu Griffi»
reicht auch der hintere Ast
des letzten Intercostal-Nerven
noch in dieses Gebiet. (Som^
varieties of the last dorsal and
first lumbar nerves, Journ. oi
anatomy, vol. XXVI, p. 48.)
Blutgefässe und Nerven: der Beckenhaut.
141
Blutgefässe.
A.fe
Jöoralis
Venen
^agna.
zur
'a)Aa. pudendae
externae supe-
riores et infe-
riores (medial)
ß) BesondereZwei
ge von Mus-
kelästen (late-
ral).
V. saphena
Gegenden.
Regio sabiugui-
nalis.
Nerven. (Fig. 44.)
Die Farben angaben beziehen sich auf
die Figg. 45» 46, 47 und 48.
a) N. lumboinguinalis ~N.
genitofemoralis des Plexus
lumbalis — (voll grün).
ß) N. sperniaticus externus
— (vollgrün).
^-^^ lumbalis V, Rami dorsales.
^^' iHolumbalis.
Die Venen haben Verbin-
dungen mit den Hautvenen der
Äegiogiutaea und mit den Vv.
J^ircumflexae ilium superficia-
les und cutanea femoris late-
™*s (zur V. saphena magna).
A.
^ircumflexa femoris late-
''alis.
vv. zur V. cutanea femoris
i^.^^^1 i s (V. saphena magna).
l^-iliolumbaiis,
^^.circumflexa
^^naoris late-
'^alis.
^^•glutaea su-^
/?• glutaea in
f) 1"''""'
'f-Pudendain-
^^^- eaeralis la-
^^'«Hs (Rami
"^ Für den obe-
ren lateralen
Bezirk, an-
grenzend an
den Musculus
glutaeus me-
dius.
Für den unte-
ren und me-
dialen Bezirk,
welcher dem
Musculus
glutaeus ma-
ximus ent-
spricht.
spinales),
Die Venen fliessen ab a) zu
^n tiefen Venen (Vv. glutaeae
"perior et inferior), b) zu den
. • oaemorrhoidales inferiores,
> 2u den Vv. circumflexa ilium
^^f^<5iali8, cutanea femoris
*'<>sterior und lateralis.
Regio coxae.
(7)
Regio trochau-
terica.
a) Rami laterales der Rami poste-
riores nervorum lumba-
lium == Nn. clunium superio-
res — (vollgrün).
b) N. iliohypogastricus, Ra-
mus cutan eus lateralis —(grün,
schräg gestrichelt).
(Nach Hasse's Tafel XIV
würde auch noch der N. ilio-
inguinalis in Betracht kommen ;
jedenfalls ist dies jedoch va-
riirend.)
N. cutaneus femoris latera-
lis — (grün, punktirt).
Regio glutaea«
(0)
a) Nn. clunium superiores,
von den Rami laterales der
Rami posteriores nervorum
lumbalium (oben hinten) —
(vollgrün).
b) Nn. clunium medii, von
den Rami laterales der Rami
posteriores nervorum sacra-
lium (hinten und in der Mitte)
— (gelb, schräg gestrichelt).
c) Nn. clunium inferiores
des N. cutaneus femoris poste-
rior (unten und an der Damm-
grenze) — (vollgelb).
d) Ramus cutaneus lateralis
des N. iliohypogastricus
— (grün, schräg gestrichelt).
e) N. cutaneus femoris late-
ralis — (grün, punktirt).
142
Blutgemsse und Nerven der Beckenhaut.
Wie man sieht, kommen von grossen Arterien in Betracht: die Aorta
abdominalis die Iliaca communis bezw. die Sacralis media (A.
Inmbahs V), die Femoralis und die Hypogastrica, welcher letzteren
bei weitem der
grösste Hautbezirk
zufällt: so deckt
sieh auch hier wie-
der die arterielle
Hautversorgung
mit der der tieferen
Theile desselben
Körperbezirkes.
Von allen Zweigen
der Hypogastri-
ca, welche sich be-
theiligen, hat die
Arteria obtura-
toria am wenig-
sten zu leisten. —
Alle Hautarterien
laufen stark ge-
schlängelt.
Als (namentlich
bei Personen mit
reichlichem Panni-
culus) besonders
stark entwickelter
Stamm, welcher bei
Verletzungen er-
hebliche Blutungen
veranlassen könnte,
ist die Arteria
epigastrica su-
perficialis zo
nennen.
Von den grösse-
ren Venen fölW
der Vena s^tphe-
n a magna,, und
damit der V e n »
femoralis da6
Plexus lunibalis, sacralis, pudendus. Nervus meiste zu; es be-
coccygeus. Filum terminale. steht also ein be-
(W. Krause praep. - Museum inst. anat. I. Berolin.) merkenswert her
N. iUohypogastricus
N. ilioinguinalis
N, genitofemoralis
N. luviboinguinalis
N, spermaticus ext.
Ganglion spinale
N. coccygei I
N, cutan. femor, lat.
i^^^.... N, femoralis
N. saphenus
^^\li ^ ^' ohturatorius
Trunc. lumbosacralis
N. peroneus
N, tibialis
N, cuianeus fem, post
N. glutaeus superior
N. glutaeus inferior
N. pudendus (Hx.pud,)
Filum termin. ext
N. coccygeus I
Behaarung. ^^
unterschied in den Zuleitungs- und Ableitungskanälen für das Blut der Becken-
Die Lymphgefässe der gesamten Beekenhaut ziehen zu den Lym-
Phoglandalae inguinales superficiales. Näheres bei den einzelnen
**gionen.
Der Plexus lumbalis — 8. bezüglich der Vertheilung der einzelnen
Nerven auf die Plexus, Fig. 44 — betheiligt sich zu etwa zwei Dritteln an der
^ermittelung der Haut-Sensibilität; der geringere Ranmantheil, der auf den
^•exussacralis fällt, wird aber aufgewogen durch den überwiegenden An-
^'»eil, den er an dem Zustandekommen der Wollustempfindung hat. Die vorderen
hegenden und der grösste (laterale) Theil der hinteren, sowie die seitlichen
gehören zum Plexus lumbalis, die hinteren medialen, das Geschlechtsglied, der
Anus und der Damm zum Plexus saeralis.
Behaarung.
Die Verschiedenheiten der Behaarung der Beckengegend nach Individuali-
% Rasse, Alter und Geschlecht wird wohl am besten hier besprochen, da der
stärkere Haarwuchs mehrere Territorien in Anspruch nimmt: Die Regio pubis,
Pndendalis, saeralis und perinealis. Vorhin wurden bereits die haarreichen, haar-
*'T»en und haarlosen Hautstrecken einander gegenüber gestellt; auch derLumbal-
''»* Sacraltrichose ist gedacht worden (S. 123). Individuelle Verschiedenheiten
Si^t es in den verschiedensten Graden, sowohl in der Entwicklung der regel-
mässig starken Haarbekleidung amMons pubis und an den äusseren Geschlechts-
'»'■ganen bis zur Afteröffnung hin, wie auch darin, dass Stellen, die sonst haar-
^, oder nur mit Lanugo bekleidet sind, haarreieh und mit starkem Körperbaar
"ekleidet erscheinen können, wie z. B. die Regiones sacrales und glutaeae.
-, Die mittelländischen Rassen, dann die Ainos (auf Jesso und
^^balin) zeigen die stärkste Behaarung auch am Becken. Dass manche Volker
"'« Sehamhaare zu entfernen pflegen (Epilation) ist bekannt.
Schon im kindlichen Alter zeigt sich an den Stellen, welche später die
'^eschlechtsbehaarung bekommen, eine stärkere Lanugo; die Entwicklung des
Jtälrkeren Geschlechtshaares ist eines der ei-sten und sichersten Zeichen der ein-
jetenden Geschlechtsreife. Die Haare werden im höheren Alter, ähnlich dem
farthaare, dicker und härter und sind dem Ergrauen unterworfen, welches
J/^^och meist später eintritt, als am Kopfe und am Barte. Die einzelnen Haare
"iben, wie in gerichtsärztlicher Beziehung noch bemerkt werden mag, den Cha-
rakter der Barthaare, pflegen aber etwas dünner zu sein. Sie sind also ge-
^'■«ht, sind durchweg markhaltig und haben, bei bedeutend grösserer Stärke als
7^ Kopfhaar, einen unregelmässig gestalteten Querschnitt — dreiseitig mit
"■skehlungen und abgerundeten Ecken.
TV, 1) Ueber das feinere Verhalten der Hautgefässe vergleiche: Spalteholz, W.,
r?« Vertheilung der Blutgefässe in der Haut. Arch. f. Anat. u. Physiologie, anatom.
^Heilung. 1893. - Derselbe. Die Arterien der menschlichen Haut. Dreizehn
'^'■«oakopische Tafeln. Leipzig, 1895. Veit & Comp.
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**"^''^ iiiil iliT Sr'1'ijiiiiliin^lii' aJ'is'^'1iiH/iili''r : ih'n'h ixwhi i-s AnsriMlniH'iij ilti'ci! im'ii'"'
^'^''^'^^- l>:iriels !iiilllnill: 'J: in ihii <liin*li<r!iiiiiHii'li M'nrkvrvn und lrni,^'ii:t'ii
' ''^'^''iiiiliJUiriii di'< Miiiiiir'H. Il'is Srluiiiilia:ir dj/r l''niii<'ii. iiMi!H"ij|Jii'li dtT zil
«l'rirki.n.p Fi*f ii'iilwii'kliiii.i!' liripnidcii, |illi'*;i:1 kurz iiiifl >l:irk avkriiiisrll zii hvm,
Wrmi liit,. lind d;i bidi.'iutilci \vird. diis'^ bi-iiti Wi.'il'N' dit- sliirkti'r lirli;!;!
^^''^s iiir (Hter srlUii mmI" diii l^.iüiiii idN^rpdH', \\r> bt'iiii M;tiiiH" sii't< stiirkti*
'"^^^■'^vif'kidf'i' IL'iarr pd'iiiidiii \M-nhMh so isl ikis iitrhl yjilrtd'fi/iid : iti.iii liiidii
'"'^''' ''nc-ilii sidtiii Ih'I Widlifiii >{iirkt'*r('K Baiiiiii" iiitd AiirdJ'iaar * ".
7'''''* ^I'^'risflH'iL '/j/Hschiwru' K\hii^4i^-i^' i*Hl/\"!ll. I.^Td: Xl„ 1:^7!»; XIIL ISKL S^ :nir|j
.*^'*^^''^ ^^It'ii.M'lH'it. Srhi-ilYtMi <iiT p}i\-ikidi-rli «■'ki»iM»iiiisr!H-ii < .i-^rH-idiaJi /u lv'Hi!u'!-''H'r:r
'''''*• '!•'*- J;!,lir.^:;iri-*. !.-^7.>^. - <:.f;\:l, llr-filiriclfl iiii::<'ii iüid Mi/t>ii hijrq- | f mmtI rH"t,H».-i'.
'''''"^"'<t*)lf._i:isf|ir S{J:idf<,'!L iirf;i,il^;r<'-vlM'ii \ f;ii I '., n . H fl Ii ,i. IL K'iiln'. L li<'ii, i I;i tlil:H!r,ü*
j'""' ^'»*i}»zit;\ 1:^:^}, li'olhr, fr., riiii'rsiichiiii-r'it iibi-i' <lit' rH-l;:iarii!i-: *lvr Fi-,iJJi'it.
,,;''^^'*' HowH' ih'v ItUnnvhi'u I'^-ixT-vhiM*'. Lnihr. IN^I. f I'hofo-rjifdüt'ii \".'ti ,1. l i r hu in.?
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146 Pathologische Zustände der Beckenhaut.
Vertex coccygeng. Glabella coccygea, Foyeola coccygea.
An dieser Stelle sind wohl am passendsten noch die von A. Ecker') ge-
nauer gewürdigten Bildungen: Vertexcoccygeus, Glabellacoccygea
und Foveola coccygea, zu besprechen. Da, wo die Steissbeinspitze bei
ihrem allmählichen Untertauchen verschwindet, kommt es an der dartiberliegenden
Haut häufig zur Bildung eines besonders ausgeprägten Haarwirbels: Steiss-
haarwirbel, Vertex coccygeus. Gegen die Zeit der Geburt ent-
steht, meist unter langsamem Schwunde des Haarwirbels, eine haarlose Stelle,
Glabella coccygea, die auch zu einem Grübchen vertieft werden kann.
Die Glabella coccygea zeigt eine dünnere Haut und ist gefässärmer; sie
ist besonders deutlich im 4.-7. Fötaimonate; sie liegt in der Gegend des Hiatus sa-
cralis, oberhalb des Vertex coccygeus. Die Foveola coccygea entsteht entweder
durch Einsinken der gesamten Glabella-Haut, oder des untersten Theiics derselben.
Luschka, Anatomie des Beckens, 1. c. p. 57, beschreibt sie zuerst unter dem Namen
Foveola retro-analis. Lawson Tait (citirt bei Ecker) sah sie, ebenso wie Luschka,
nicht selten bei Erwachsenen, namentlich jüngeren Weibern. Ecker nennt einen Fall,
in welchem bei einer Erwachsenen das Grübchen 8 mm Tiefe hatte; sein Ende ent-
sprach der Steissbeinspitze. Auch bei Männern bleibt es zuweilen bestehen.
An dieser Stelle mag angefügt werden, dass nach Baelz^) die neuge-
borenen Japaner- und Koreaner-Kinder auf der Haut der Kreuzbeinraute oder
am Gesäss einen Pigmentfleck besitzen, der schon beim Foetus vorhanden ist,
doch meist in den ei*sten Lebensjahren schwindet. Das Pigment sitzt in der
Cutis in der Umgebung der Haarbälge.
Pathologische Zustände der Beckenhaut.
Bei den verschiedenen Bauverhältnissen der Beckenhaut, bei dem Auftreten
stark behaarter und wenig oder gar nicht behaarter Stellen, unter Berücksich-
tigung der Ausmündung der Harn- und Geschlechtswege und des Anus im
Gebiete dieser Haut, bei den vielen Faltenbildungen und — last not least —
bei der geringen Neigung vieler Menschen, selbst der gegenwärtigen Kultur-
völker, zur Reinhaltung gerade dieser Körpergegenden, kann es nicht Wunder
nehnuen, wenn wir hier den mannigfaltigsten parasitären und entzündlichen
Hautaffectionen begegnen. Besonders sind fettleibige Personen den entzündlichen
Processen ausgesetzt; Ekzeme und Erytheme bilden das grösste Kontingent.
Dazu kommen dann leicht Excoriationen, Intertrigo und Schrundenbil-
dung (Rhagaden). Abnorme Pigmentirungen, die hier häufig vorkommen, er-
klären sich ebenfalls unmittelbar aus dem anatomischen Verhalten. Oft beobachtet
1) Ecker, A., Der Steisshaarwirbel (Vertex coccygeus), die Steissbeinglatze
(Glabella coccygea) und das Steissbeingrübchen (Foveola coccygea), wahrscheinlich
Ueberbleibsel embryonaler Formen in der Steissbeingegend beim ungoborenen, neu-
geborenen und erwachsenen Menschen. Archiv für Anthropologie. Bd. XII. 1879-
(Mit Litteratur.)
2) Baelz, E., Die körperlichen Eigenschaften der Japaner. Thl. II. Mitth. der
deutschen Ges. f. Natur- u. Völkerkunde Ostasiens. Bd. IV. Heft 32. 1885.
PathologiBche Zustände der Beckeuhsut. 147
Verden Warzenbildnngen inFonn der Condylomata acnminata. Auch
^fangreiche Papillargeschwülste, insbesondere am Präputium und der
^^«WMi penis, die nicht mit Krebsen zu verwechseln sind, kommen vor. Ich
'«Ihst hatte Gelegenheit einen derartigen Tumor aus Middeldorpf 's chi-
•^fgischer Klinik in Breslau zu untersuchen. — Echte Carcinome der Haut
sind hier übrigens, entsprechend der Thatsache, dass sie überhaupt nicht selten
*^ den Körperöffnungen vorkommen, häufig genug zu beobachten; eine eigen-
ttttmliche Stelle nimm.t darunter das Hautcarcinom des Serotum ein, welches
Vorzugsweise in England bei Kaminkehrem, aber auch in anderen Ländern bei
Theer- und Paraffinarbeitem beobachtet ist. Eine ausreichende Erklärang dieses
Pfundes fehlt noch. Sehr bemerkenswerth, meist an tropische Klimate ge-
*>«nden, sind die elephantiastischen Hypertrophien der Haut
•^es Serotum, der Labia majora und des Penis, die es bis zu geradezu
»Jonströsen Tumoren bringen können; auch hier fehlt noch die anatomische Er-
klärung; ob die Filaria sanguinis die Ursache ist, darüber sind noch
Weitere Untersuchungen abzuwarten»). Wichtig ist die Neigung des Serotum
^i allerlei pathologischen Affectionen, insbesondere entzündlichen, zur Gangrän.
Vielleicht spielt hier die starke Schwellung, die in dem lockeren ünterhaut-
^webe eintritt und die Blutgefässe dehnt, eine Rolle; doch kann dies nicht
*pein die Ursache sein. — Die nicht seltenen Atherome des Serotum erklären
**ch aus der Anwesenheit der grossen Talgdrüsen. — Das Vorkommen von
ttberzäbligen Brüsten, die selbst Milch absonderten, in der Regio inguinalis,
Sttbingninalis und am Labium majus wird mehrfach erwähnt*).
Bemerkenswerth sind endlich noch die Fälle von vorzeitiger Entwicfeilung
^es Schamhaares bei kleinen Kindern, von denen B a r t e 1 s I. c. mehrere anführt.
Dass die genannten anatomischen Verhältnisse, vorzugsweise auch die Be-
•»aarung, in mancher Beziehung für das Verfahren bei Anlegung von Verbänden
'»"d bei Operationen von Wichtigkeit sind, braucht nicht besonders gesagt zu
^'erden. Auf zwei Dinge kommt es hier vor allem an: auf die peinlichste Sorge
^ Reinlichkeit und auf das Vermeiden von Druck bei Verbänden und bei der
Werung; von der so wichtigen Gefahr des Druckbrandes wurde ja be-
'«»ts gesprochen; günstig ist, wie erwähnt, die meist reichliche Vas-
^'»larisation der Haut und ihre grosse Dehnbarkeit und Elastici-
**t an vielen Stellen. Der grösseren oder geringeren Dicke der Haut und
Ares Fettpolsters muss bei allen operativen Eingriffen gebührend Rechnung
^tragen werden.
1) Scheube, Die Filariakrankheiten. Volkmann's klinische Vorträge. Nr.2^.
, 2) Hennig, C, Ueber menscliliclie Polymastie und über Uterus blcornis. Arch.
^ Anthropologie. Bd. XIX, S. 185. 1891. - Ein inguinaler Stand wird von Einigen
»«zweifelt; vgl. Nagel, W., Weibliche Geschlechtsorgane. In K. v. Bardelebens
«aidbuch der Anatomie des Menschen. Jena, 18%. S. 117 und Leichtenstern, Ueber
J*8 Vorkommen und die Bedeutung supernumerärer (aceessorischer) Brüste una
'»'nstwarzen. Virchow's Arch. f. pathol. Anatomie. 73. Bd. S. 1. 1878.
148 KreuzbeiDgegend des Mannes: Aeusseres. Schichtenfolge*
Beckenwandungen des Mannes nach den
einzelnen Gegenden.
I. Kreuzbeingegend (Regio sacralis.) (4).
Grenzen nnd äussere Form,
Wenn wir die beiden letzten Lendenwirbel zum Becken hinzunehmen,
dann bildet eine quere Verbindungslinie zwischen beiden Httftpunkten (s. S. 17)
die obere Grenze der Kreuzbeingegend; denn diese Linie triflFt meist den
Dornfortsatz des 4. Lendenwirbels ^) (s. Fig. 28). Seitlich und oben bilden
die Hüftbeinkämme, weiter unten die Nates, zwischen denen die Gegend zu-
gespitzt bis zum Ende des Steissbeines sich erstreckt, die Grenze. Die untere
Grenze (gegen die Regio an aus) ist in der Steissbeinspitze gegeben.
Oben stösst die Begio mediana dorsi an, seitlich die E e g i o n e s g 1 u-
taeae. Im Ganzen hat also die Kreuzbeinregion eine dreieckige Gestalt mit
der Basis nach oben, und entspricht ziemlich genau dem Kreuzbeine samt dem
Steissbeine.
Die Gegend des IIL Kreuzwirbels springt nach hinten stärker, hervor
(Kreuzbeinbuckel); wie bemerkt (S. 23 und 65), entspricht sie vorn
der tiefsten Stelle der Kreuzbeinkrümmung. Das Steissbein ist durch
seine Lage in zweifacher Weise geschützt, einmal, indem es sich nach vor-
wärts krümmt, und so von den Nates gedeckt wird — dies Verhalten schützt
es beim Liegen — , dann dadurch, dass die beiden Tubera ischiadica
weit (etwa 8 cm) tiefer stehen (s. Fig. 28); dies gewährt den Schutz beim Sitzen.
üeber die äusserlich sieht- und fühlbaren Theile: Fossulae
lumbales etsacrales, Crista sacralis media, Dornfortsätze
der Lendenwirbel, Crista sacralis articularis und Gelenk-
fortsätze des letzten Lumbal- und erstenKreuzwirbels, Steiss-
bein und Steissbeingelenke, Wülste der Musculi sacrospinales
vergleiche man S. 7, 21, 27, 63 und 120. — In Figur 49 (rechte Seite) ist
durch ein Kreuz oberhalb der Spina iliaca posterior superior die Stelle der
Fossula lumbalis lateralis inferior bezeichnet. Siehe S. 8 Anm., S. 66 u, 77.
Schichtenfolge.
In dorsoventraler Richtung vordringend treffen wir:
1) Die Haut mit dem Ligamentum caudale.
2) Das Unterhautgewebe.
3) Die Hautnerven uud die Hautgefässe.
4) Die Bursa subcutanea sacralis.
1) Die obere Grenze, wie sie durch die ENA. festgesetzt wurde, liegt einen
Lendenwirbel tiefer; sie fällt mit der oberen Grenze des Kreuzbeines zusammen.
Ereuzbeingegend des Mannes: Schichtenfolge. ' 149
5) Den fascialen und aponeurotischen Apparat:
a) Fascia superficialis.
b) Aponeurosis glutaea.
c) Lamina superficialis fasciae lumbodorsalis = Aponeurosis musculi
latissimi dorsi.
d) Aponeurosis musculi sacrospinalis et multifidi.
6) Die hintere Musculatur:
a) Musculus sacrospinalis.
b) Musculus multifidus.
c) Musculus glutaeus maximus.
d) Musculus extensor coccygis medialis.
e) Musculus extensor coccygis lateralis.
f) Musculus abductor coccygis dorsalis.
g) Musculus levator ani.
7) Die hinteren Kreuz- und Steissbeinbänder;
a) Ligamentum iliolumbale.
b) Ligamentum sacroiliacum posterius longum.
c) Ligamentum sacroiliacum posterius breve.
d) Ligamenta sacroiliaca interossea.
e) Ligamentum sacrococcygeum posterius superficiale.
f) Ligamentum sacrococcygeum laterale.
g) Ligamentum sacro tuberosum,
h) Ligamentum sacrospinosum.
i) Ligamentum anococcygeum.
k) Bursa coccygea.
8) Die hintere Fläche des Kreuzbeines und des S t e i s »-
b e i n e s, mit den aus den Foramina saerah'a posteriora heraus-
tretenden Gefässen und Nerven, insbesondere dem Plexus veno-
sus vertebralis externus; ferner die Steissbeinspitze mit
der Steissdrüse.
9) Den Kreuz beinkanal mit seinem Inhalte:
a) Epidurales Fettgewebe mit dem Plexus venosus vertebralis internus.
b) Duralsack — Ende desselben mit der Cauda equina.
c) Ligamentum sacrodurale.
d) Filum terminale und Filamenta lateralia durae matris.
e) Zuführende Nervenstämme des Plexus sacralis u. des Plexus coccygeus.
f) Ligamentum sacrococcygeum posterius profundum.
g) Vapa spinalia.
h) Plexus nervosus raeningeus posterior et anterior.
10) Den vorderen Theil des Kreuzbeines und des Steiss-
b e i n e s mit den auf der vorderen Fläche dieser Knochen ge-
legenen Theilen:
a) Ligamenta sacroiliaca anteriora.
b) Ligamentum longitudinale anterius (Pars sacralis et sacrococcygea).
c) Arteria et Venae sacrales mediae -— Arteriae et Venae sacrales
laterales (Plexus venosus sacralis).
d) Plexus nervosus lumbalis (Pars inferior) — Plexus sacralis — Plexus
coccygeus — Pars sacrococcygea trunci sympathici.
e) Ursprünge des Musculus piriformis.
f) Musculus coccygeus.
ibO Ereuzlbeingegend des Mannes: l^räparat Üntersnchung am Lebenden.
g) Musculus levator ani (vordere Fläche des Ansatzgebietes).
h) Fascia pelvis (Pars musculi coccygei) und die mit der medianen
unteren Vereinigung der beiderseitigen Ligamenta sacrococcygea
anteriora zusammenhängende Sehnenplatte des Musculus levator
ani, welche die Vorderfläche des II. bis letzten Steiss wirbeis bedeckt
und in das Ligamentum anococcygeum übergeht,
i) Musculus sacrococcygeus anterior..
k) (Median) Vorderfiäche des Ligamentum anococcygeum und der
(glatte) Musculus rectococcygeus.
1) (Median und unten) hintere Wand des Rectum mit der Fascia
propria recti.
m) (Höher oben) Ansatzstelle des Mesorectum nebst den eingeschlossenen
Blutgefässen, Lymphgefässen, Lymphdrüsen und Nerven.
n) (Lateral) das Bauchfell.
11) Die Beckenhöhle.
Präparat and Untersuchung am Lebenden.
Man bringe die Leiche in die Bauchlage und erhöhe das Becken durch einen
untergelegten Klotz. Querer Hautschnitt der oberen Grenze entlang, rechts und links
je ein nach unten convergirender seitlicher Schnitt (s. Fig. 49). Der Hautlappen
wird nach unten zurück präparirt. Man beachte dabei das Ligamentum caudale und
die die oberflächliche Fascie durchbohrenden Hautnerven und Hautgefässe, welche
den aus den hinteren Kreuzbeinlöchern hervorbrechenden Kami posteriores angehören.
Von oben kommen noch die hierhergehörigen Zweige des letzten Thoracalnerven und
der Lumbalnerven hinzu.
Nach Entfernung des hier oft ödematösen Unterhautgewebes und der ober-
flächlichen Fascie und nach der Darstellung der querfaserigen Aponeurose des Mu-
sculus latissimus dorsi und der oberflächlichen Aponeurose des Musculus glutaeus
maximus, wobei man die Ursprünge des letzteren beachte, spaltet man die längs-
faserige starke Aponeurose des Musculus sacrospinalis, welche medianwärts den
Musculus multifidus deckt. Zur Darstellung der hinteren Schwanzmuskeln muss die
mit dem Ligamentum sacrotuberosum verbundene und den Sulcus sacralis dorsalis
deckende tiefe Ursprungsaponeurose des Musculus glutaeus maximus gespalten werden.
Die Musculi sacrospinalis, multifidus und die etwa vorhandenen hinteren Schwanz-
muskeln werden entfernt, um die hinteren Kreuzbein- und Steissbeinbän der freizulegen;
dabei beachte man den das Ligamentum sacrotuberosum durchbolirenden Zweig des
Nervus pudendus.
Man eröffnet nun den Kreuzbeinkanal zur Präparation des unteren Endes des
Duralsackes, der Kreuz- und Steissbeinnerven, des Filum terminale, der Filament»
lateralia durae und des inneren Venenplexus. Dann wären die Ansätze des Musculus
levator ani und das Ligamentum anococcygeum darzustellen.
Nach querer Durchsägung des Kreuzbeines in der Höhe des oberen Randes
der Incisura ischiadica major und nach vorsichtiger Lösung der Bänder und Muskel-
ansätze an den Seiten wird das mit dem Steissbeine zusammengebliebene untere
Knochenstück fusswärts umgelegt. (Fi gg. 84 A und B.) Man gelangt so zur hinteren
Wand des Rectum und zum Cavum pelvis in ähnlicher Weise wie bei der Kr ask ersehen
Operation (S. 24). Auch kann man so die Theile an der vorderen Kreuzbeinfläche
präpariren ; zur Genüge lässt sich das letztere indessen nur von vorn her nach Weg-
nahme der Beckeneingeweide ausführen. (S. Fig. 61.)
Für die Untersuchung am Lebenden kommt insbesondere die Inspektion
und Palpation in der Rückenansicht, beim Stehen sowohl wie in der Bauch- und
Seitenlage, in Betracht.
Kreuzbein^egend des Mannes: Hautschicht. Muskel- und i*ascienschicht. 151
Die vordere Fläche des Kreuzbeines erreicht man beim Lebenden am besten
^on der Scheide oder vom Mastdarme aus (s. S. 77). Selbstverständlich wird sie
^^i Laparotomien in der Trendelenburg'schen Lage für die Untersuchung grossen-
t*ieils frei.
Schilderung der einzelnen Theile der Kreuzbeingegend.
Aus der vorhin gegebenen Aufzählung der einzelnen Bestandtheile der
Kreuzbeingegend in ihrer Schichtung erweist sich, dass wir als grössere A b-
^heilungen von der Haut bis zur Beckenhöhle folgende vier anzunehmen haben:
A. Die Hautschicht mit Zubehör.
B. Die Muskel- und Fascienschicht.
C. Den Knochen- und Bandapparat samt dem Kreuzbeinkanale.
D. Die Weichtheile an der vorderen Kreuzbein- und Steissbeinfläche.
Nach diesen vier Hauptschichten sollen nun im folgenden noch diejenigen
Theile, welche eine genauere Besprechung erforderlich machen, abgehandelt
Werden.
A. Hautsohiolit mit Zabehtfr.
Das Verhalten der Haut, des ünterhautgewebes, der Hautnerven und der
Hautgefässe bedarf nach dem vorhin (S. 134—147) Angeführten keiner weiteren
Erörterung mehr. Als Ligamentum caudale beschreibt Luschka ( Anat.
des Beckens, S. 29, Abbild. S. 58) fibröse Züge, welche von der Hinterfläche
der Steisswirbel in der Medianebene zur Haut ziehen, insbesondere zur Fossula
^^nibalis medialis inferior. Auf die nicht beständige Bursa sub-
^iitanea sacralis werden wir beim Abschnitte: „Pathologische Zustände"
zurückkommen.
B. Xiuikel- und Fucleuoliiolit.
Unter der subcutanen schwach entwickelten Fettschicht liegt ein dünnes
oberflächliches Fascien blatt, welches seitlich in die Fascia glu-
*aea sich fortsetzt.
Im oberen Bereiche der Gegend folgt dann die quergefaserte Fascia
Jumbodorsalis, und zwar deren oberes Blatt, welches die Rttckenstreck-
|*^UBkeln hinten deckt und mit deren ürsprungsaponeurose verwachsen ist; sie
ist zugleich ürsprungsaponeurose des Musculus latissimus dorsi. Weiter abwärts
^ommtdie oberflächliche ürsprungsaponeurose des Musculus
Slutaeusmaximus; wo diese an die ebengenannte Fascia lumbodorsalis
®JÖ88t, liegt sie oberflächlicher (näher der Haut) als die Fascia lumbodorsalis;
®^e führt auch von beiden Seiten einander kreuzende Fasern.
Der Musculus multifidus liegt medianwärts neben dem Musculus
^rospinalis; er lässt sich leicht von diesem trennen und wird von dessen
^huenursprüngen überlagert.
Bezüglich der Muskeln sei angegeben, dass die ürsprungsfasem beider
Öl^taei maximi sich am meisten in der Gegend des Kreuzbeinbuckels einander
^»hern. Die neuerdings von Lart schneid er I.e. (S. 86) beschriebenen
•»mteren Steissbeinmuskelchen: Musculi extensor coccygis mediahs,
152 Kreuzbeingegend des Mannes: Knochen, Bänder. Kreuzbeinkanal.
extensor coccygis lateralis und abductor coccygis dorsalis
liegen im Sulcus sacralis, und zwar in einem fibrösen Fache eingeschlossen;
welches sich kranialwärts in das Muskelfach des Multifidus und des Sacro-
spinalis fortsetzt, während es fusswärts und lateral unter dem Ligamentum
sacrococcygeum laterale auf die dorsale Obei-fläche des Ligamentum sacro-
tuberosum ausläuft, medial mit dem Hiatus canalis sacralis kommunicirt (Fig. 27).
Der Boden dieses Faches ist vom Kreuzbeine und dessen dorsalen Bandapparate
gebildet, die Decke von der tiefen ürsprungsaponeurose des Mus-
culus glutaeus maximus, welche am Kreuzbeinrande mit der vorhin erwähnten
oberflächlichen ürsprungsaponeurose des Muskels verschmilzt und bis zur Crista
sacralis articularis und media weiterzieht, lateralwärts aber mit der Rückenfläche
des Ligamentum sacro tuberosum verwachsen ist. um das Fach zu eröff^nen, muss
die oberflächliche Schicht des Musculus glutaeus maximus samt der ürsprungs-
aponeurose der tieferen Schichte dieses Muskels durchgeschnitten werden.
Pathologische Processe im fibrösen Fache der langen Rückenstreckmuskeln,
wie z. B. Eiterungen, können sich auf Grund der erwähnten Verbindung in
das Fach der Steissbeinmuskeln fortsetzen, wo sie unter den Musculus ghitaeus
maximus gerathen; sie können sich bis zur Steissbeinspitze hinabsenken^).
C. B^noohen- und Bandapparat samt Krenxbeinkanal.
Man wolle hierzu die Figg. 26, 27, 28, 32, 49 und das S. 21 ff., 30 ff.
und 63 ff. Gesagte vergleichen, femer folgendes beachten :
unterhalb des Ligamentum sacroiliacum posterius breve
(in der Ansicht von hinten her) liegt die G e 1 e n k 1 i n i e der Articulatio
sacroiliaca (Fig. 49); man gewahrt sie nach Freilegung des Bandes leicht, wenn
man das Kreuzbein in der Richtung von vorn nach hinten zu bewegen sucht;
bei jugendlichen Personen erzielt man eine nicht unerhebliche Verschiebung.
Die Gelenklinie führt zu einer Grube, welche beständig sich ^zwischen den
beiden Ligamenta sacroiliaca posteriora und den beiden Spinae iliacae posteriores
findet. In Fig. 49 (linke Seite) ist sie mit einem weissen Sternchen bezeichnet.
Das Ligamentum anococcygeum^) (Fig. 49) ist eine theils muskulöse,
theils fibrös-elastische Bildung, welche von der Steissbeinspitze in die Analhaut
ausstrahlt und sich wie eine Fortsetzung des Steissbeines ausnimmt, weshalb
sie hier in der Schicht C aufgeführt wurde. Es setzen sich an dasselbe an
und laufen in ihm der Länge nach Fasern der Musculi 1 e v a t o r a n i und
sphincter ani externus, ferner Bündel longitudinal^r glatterMuskel-
fasern, die mit der glatten Muskulatur des Rectum, insbesondere mit dessen
1) Vgl. Lartschneider, 1. c. (S. 86) pag. 39.
2) Symington, J., The Rectum and Anus. Journ. of anatomy, conduct. by
Humphry etc. Vol. XXIIL pag. 106. 1889, und mit ihm die neueren englischen Hand-
bücher von Cunningham, D. J., Manual of practical anatomy. II edit. 1896. Vol. I
und Quain: Elements of anatomy, X edit. by E. A. Schaefer and G. D. Thane,
Vol. III P. IV. Splanchnology, bezeichnen diese Bildung als ,,anoeoccygeal body.**
•fe IMX ,;'.
, %^
154 Ereuzbeingegend des Mannes: ßursa coccygea, Steissdrüse. Vordere Fläche.
der Thiere^). Die Insertion der lateralen wie des medialen Bündels erfolg*
nicht direkt am Steissbeine, sondern an einer sehnigen Platte, welche
allerdings ihrerseits am Steissbeine (2 — 4 Steisswirbel, ventrale Fläche) befestig*
ist. Diese Platte bildet die gemeinsame Endsehne eines Theiles der Portio
pubica des Musculus levator ani und hängt auch mit den Ligamenta sacrococ-
cygea anteriora zusammen. Alles dieses gehört zum Ligamentum ano*
coccygeum. Wir kommen auf dasselbe bei Besprechung des Rectum und
des Dammes noch zurück.
Die unbeständige Bursa coccygea liegt zwischen der Steissbeinspite^
und der Steissbeininsertion des Musculus sphincter ani extemus.
Dicht auf der Hintei-fläche des Kreuzbeines und des Steissbeines triff*
man den untersten Theil des Plexus venosus vertebralis externus
posterior; dieser Plexus hängt mit den subcutanen Venennetzen und ^
durch die Kreuzbeinlöcher — mit den inneren und vorderen Venenplexus zu-
sammen; vgl. die bei Besprechung der Haut gegebene Geiässtabelle.
Die Steissdrüse, Glomus coccygeum, wurde von Luschka*)
entdeckt; sie ist ein gi*anröthliches feinlappiges oder grannlirtes Knötchen voll
meist Linsengrösse, welches an dem Endzweige der Arteria sacralis media be*
festigt ist, so dass dieser Zweig in dem Knötchen sich verliert. Letztere^
liegt in dem Fette zwischen der oben erwähnten Endsehneuplatte des Musculus
pubococcygeus (Levator ani) und der Steissbeinspitze; es kann selbst bis aflf ,
die dorsale Fläche der Steissbeinspitze verschoben sein. Die Arteria sacralis
media tritt durch einen ovalen Ausschnitt der Sehnenplatte zu ihrem GlomüÄ,
(s. Fig. 84^. Irgend eine praktische Bedeutung hat die Steissdrüse noch nich*
erlangt; Luschka hatte s. Z. den Werth seiner Entdeckung überschätzt.
Wichtig ist die von H, v. Meyer (s. Lehrbuch der Anatomie des Men-
schen, 3. Aufl. S. 62) gegebene ünterecheidung einer Pars pelvina üoa
einer Pars perinealis des Kreuzbeines ; erstere umf asst die drei oberen
mit dem Os ilium in Verbindung tretenden Kreuzwirbel, letztere den Rest dei^
Knochens, der sich in gleicher Krümmung in das Steissbein und in das Lig^'
mentum anococcygeum fortsetzt und etwa einen Viertel-Kreisbogen bildet; dieser
Theil ist es, welcher nahe Beziehungen zu den Beckeneingeweiden, insbesondere
zum Rectum hat.
Für die im Kreuzbeinkanale befindlichen Theile genügt die Figur 49
und die vorhin gegebene Aufzählung. Dass der offene Duralsack bis zü^
3. Kreuzwirbel ^ehen kann, wurde vorhin, S. 24, angegeben.
Der Verschluss des Hiatus sacralis durch die Ligamenta sacro'
coccygeum posterius superficiale und laterale ist ein sehr fester.
1) Ich folge hier der Darstellung Lartschneider*s I.e. (S. 86), pag. 20, der
ich, nach eigenen Präparaten, zustimme.
2) Luschka, H. Der Hirnanhang und die Steissdrüse des Menschen, Berlin, lÖ^
Kreuzbeingegend des Mannes: Weichtheile der vorderen Kreuzbeinfläche. 165
]>. Bie Weichtheile an der vorderen Kreuzbein- nnd SteiMibeinfl&che.
Dicht am Knochen befinden sich die vorhin aufgezählten Bänder und das
önost; letzteres umrandet die Foramina sacralia anteriora und zieht durch
^€se hinein in den Kreuzbeinkanal In der Mitte (Fig. 84A) laufen die Arteria
^cralis media mit einer oder mit zwei Begleitvenen, seitlich, medianwärts
^hen den austretenden Stämmen des Plexus lumbosacralis, die Vasa sacralia
^^^ralia. Die Venen bilden den Plexus venosus sacralis ante-
^^^ (Fig. 61); sie liegen theils vor, theils hinter den Arterien 5 ziemlich
^^gelmässig finden sich querverlaufendc anastomotische Venenäste genau vor
^n Grenzen je zweier Kreuzwirbel. Es bestehen ausgiebige Verbindungen mit
^^ Venae glutaeae, namentlich mit der Vena glutaea inferior.
Einige kleine Lymphdrtlsen finden sich an der vorderen Fläche des
J'euzbeines; zu ihnen ziehen Lymphgefässe der hinteren Beckenwand,
^8 Rectum und des Kreuzbeinkanales; sie bilden zwischen den Drüsen den
*^xus lymphaticus sacralis. Die Abflüsse geschehen zu den Lym-
P'^oglandulae lumbales^).
Die Ganglien des Truncus sympathicus liegen vor den Fora-
^öa sacralia anteriora.
Vor dem Steissbeine kommen von hinten nach vorn gezählt: die Arteria
^J^alis media mit ihrem zur Steissdrüse ziehenden Endaste und feinen den
ztercn begleitenden sympathischen Nervenfäden, dann das Ligamentum
^^rococcygeum anterius, und, an dieses befestigt, die vorhin erwähnte End-
'^'^enplatte der Portio pubica musculi levatoris ani = Musculus pubococcygeus;
^ diesem, in der Mitte, das dem Afterschweifbande homologe glatte Muskel-
^^del und seitlich die Musculi rectococcygei. Noch weiter lateral wärts lie-
*^|^ die Musculi sacrococcygei anteriores; diese sind vorn von der Fascia
Pulvis bedeckt. Das Lageverhältniss der Musculi sacrococcygei anteriores zu
^ ^ Musculi coccygei und levator ani ist dieses, dass die Sacrococcygei vor
^^ Coccygeus und der ihn deckenden Fascie, jedoch hinter den Levator*
Sätzen gelegen sind; indessen befestigen sich auch die vorderen Bündel der
^J'ococcygei an der vorhin beschriebenen Levator-Sehnenplatte.
In der Fortsetzung des Steissbeines zeigt sich das Ligamentum ano-
ccygetini mit seiner Vorderfläche, die von den genannten glatten Muskeln
S^nommen wird. Diese Theile wurden, um die zusammenhängende Beschrei-
. f*8 nicht zu stören, bereits bei Schicht C besprochen, müssen aber auch hier,
* Schicht D, wieder genannt werden.
, , Die durch die Kreuzbeinlöcher ein und austretenden Theile bedürfen
iner weiteren Beschreibung mehr; dass die Nerven in dem Schutze ihrer
^öchenrinnen liegen, wurde erwähnt (S. 62). Entfernt man vorsichtig das
Abh-i ^^ ^^** ^' ^^*^s^» Handbuch der menschl. Anat. IIL Aufl. Bd. II. S. 719. —
|i "*^^«g bei: Bourgery et Jacob, Trait6 complet de TAnatomie de rhomm.
^^* 1851. T. IV. PL 89. — Mascagni, P., Geschichte und Beschreibung der ein-
^«nden Gefösse, übersetzt von Chr. Fr. Ludwig. Leipzig, 1789. 4, S. 61.
156 Pathologische Zustände der Regio sacralis.
Kreuzbein mit dem Steissbeine und mit den Ligamenta sacrococcygea anterittS
und lateralia, unter Abtrennung der Ligamenta sacrospinosum und sacrotubero-
sum, sowie des Musculus piriformis an den Ansatzpunkten am Kreuzbeine, so
^ S^cL stellt sich folgendes Bild dar (s. Fig. 84]äF^ &): Abgesehen von den genannten
Gefässen und dem Truncus sympathicus hat man ein stark fetthaltiges Binde-
gewebe vor sieh, welches sich zwischen die Blätter des Mesorectum und gegen
die Foramina suprapiriforme und infrapiriforme hin fortsetzt. Man erkennt die
Stellen dieser Foramina an den in das Fettgewebe eingebetteten, zu den Oeff-
nungen ziehenden Nervenstämmen. Lateral und oben liegt der Piriformis-
Stumpf, lateral und unten die Ligamenta sacrotuberosum und sacrospinosum.
Bei der Durchtrennung des Knochens unter dem 2. Kreuzbeinloche bleibt der
Nervus sacralis H jederseits in einer Strecke von 4—5 cm., ziemlich steil
abwärts ziehend, sichtbar-, er zieht zum Foramen infrapiriforme, wo er mit dem
Nervus sacralis III zusammentrifft. Die Nervi sacrales IV und V sieht man
als ungleich viel dünnere Stränge zur Vorderfläche des Levator ani treten.
lieber die Ansicht der hinteren Beckenwand von vorn her, sowie über
die Lage des Rectum wird später gehandelt werden.
Pathologische Zustände der Regio sacralis.
Das meiste von pathologischen Veränderungen hier zu erwähnende ist be-
reits besprochen worden: Die Frakturen (S. 130), Luxationen (S. 132), die De-
formationen der ganzen Gegend bei den Maass- und Formfehlern des Bänder-
beckens (S. 107 ff.), die Missbildungen und angeborenen Sacraltumoren (S. 122 ff.);
die Hautveränderungen (S. 146), der Decubitus (S. 137) und die Eitersenkungen
im Sulcus sacralis dorsalis (S. 152).
Bezüglich des Decubitus soll noch erwähnt werden, dass er zuerst ana
Kreuzbeinbuckel aufzutreten pflegt, denn dort ruht der Körper beim Liegen
am festesten auf^ dies, und nicht die Festigkeit der Bänder erklärt auch den
Schutz, den der Hiatus sacralis beim Durchliegen zu haben pflegt, denn dieser
wird durch den Buckel maskirt und erfährt selber keinen starken Druck (Hein).
Es sind Fälle von Hygrombildung der Bursa subcutanea sacralis?
welche in der Gegend des Hiatus canalis sacralis liegt, beobachtet worden *)•
Die Coccygody nie, eine nicht selten, insbesondere bei Frauen nach
schweren Entbindungen auftretende Neurose, zu der aber auch Entzündungen
der Steissbeingelenke beitragen können, erfordert unter Umständen ein opera-
tives Eingreifen; man hat Exstirpation des Steissbeines, ganz, oder zum Theile^
geübt, oder aber Durchtrennung der sämtlichen am Steissbeine inserirenden
Weichtheile. Bei dieser Encheirese durchschneidet man wohl sicher die aus
dem Pl.exus coccygeus stammenden Nervi anococcygei, welche
beiderseits dicht neben dem Steissbeine um den unteren Rand des Musculus
1) Luschka, H. v., Dir Anatomie des Mensehen. IT. Bd. 2. Abth. „Becken**
S. 27. Tübingen, 18G4.
Gesässgegcnd. Hüftgcgcnd. Rollhügelgegcnd. 157
glntaens maximus nach rückwärts zur Haut verlaufen und in gewissen Fällen
als Träger der Neuralgie angegeben werden müssen.
II. Gesässgegend (Regio glutaea) (9). Süftgegend (Regio coxae) (8).
Rollhügelgegend (Regio trochantenca) (7).
ZngehörIgkeSt dkser Gegenden. Allgemeines.
Die Gesässgegend, die Hüftgegend und ^J,^ Tr«ch-tergegend^^^^^^^^^^^^
Theil der hinteren und die seitliche Partie ^^^ß^^^^^^'.^;;,'^^^^^^^^^^^^
lateralwärts an die Kreuzbeingegcnd an und gehen ohne ««^-f^^'^" '^^^^^^^^
i»^ einander über. Vom praktischen Standpunkte aus ist es g^^«^^^^^^^^^
imZusanimonbange .u behandeln. Sie gehören .. den ^"P^^JPj ^^\ *^^^^
Gebieten des Körpe.-« und sind ebenso der unteren Extremität, .^'« f "^f^^^^^^^^^^^^
-weisen. luder^That .äblen ^^^T^^^^tZ^^^
^^öd trochanterica eehöriffen Gebilde: das (jelcnKsiucK uc» ^^^
r^i de: toTanteren und'dem .«nächst anstossemlen Theiie des Knocl.n^^^^^^^
die Gesässmuskulatur mit ihren Nerven und Gemssen und der Nerj« . f «adi^
«»« zur unteren Extremität, während das Hüftbem sejne ^^-f^^^^fj^l
Becken mit der zur unteren Extremität theilt. Auch ^^'^UrsprungsstücU e^^^^
M««keln (Piriformis, Obturator internus und Obturator ^f'^^'^'J^^Tmln
taea „„d der Nervi: glutaei, ischiadicus und cutaneus femons P-^e^ or f l^"
<i«m Becken z«. Eigenartig ist das topographische Ve'-halten de« Ne^^v"^^^^^^^^
dendus und der Vasa pudenda interna; ^^i««<^ ««^f ^ ^^^^ " CkeThrerVeT
i«« engeren Sinne an, treten aber in der Regel auf «^"^« ^»f ^«^^.l^^^^^^^
Win das Gebiet der Regio glutaea über. Diese ü™«tand gestatt^^^^^^^^^^^
di« in Rede stehenden drei Gegenden bei der t«P'>^-P^'«,t'^.^"t^^^^^^^
Backens ganz zu umgehen, um so weniger, als --^^•^!^^^^ ^'^Zt^me
de^ Wandgebilde wichtige Lagebeziehungen zu den im 1°"«;;" j^^f j'^^
gelegenen Organen eingehen. Wir beschränken uns ^^ J^^^^Xiehungen
««mmarische feebersicht der betreffenden Wandgebildc ™'^;"^ ^^^^^^^^^^
derselben zu den Organen des Beckeninneren, indem wir die genauere bcluiae
^^S der Topographie der unteren Extremität überlassen.
Abgrenzung dieser Gegenden. Aensseres Bild.
^ Die Regio glutaea, s. Fig. 2, S. 3, ist im f-^J;;'^^^^^^^^
bestimmt- ffccen die Regio sacralis ist sie durch den Darmbcmkamm, g fe
J- DammS den sJcus glutaeoperinealis, gegen ^^^^^^^^^^^^
*«» Sulcn« glutaeus, gegen die Regio trochanterica J«'-''\'^'^^ J' ^^^^^^^
J«ge« die 4io coxac durch den oberen Rand f^ ^T^J^XLein-
fWenzt. Die Regio coxae grenzt sich nach «^^»/"'f\." ," ,i„ ab-
^'»'«m von der Regio lumbalis und von der Regio abdominalis lateralis ab,
158 Schichtenfolge der Regiones glutaea, coxae, trochanterica.
von der Regio trochanterica wird sie durch den oheren Umfang des Trochanter
major geschieden; nach vorn bildet der vordere Rand des Musculus tensor
fasciac latae die Grenze gegen die Regio suhinguinalis und die Regio femoris
anterior. Die Regio trochanterica wird leicht durch die Grenzen des gut
abtastharcn grossen Rollhügcls bestimmt.
Das äussere Bild der drei Gegenden ist bereits S. 7 ff. geschildert worden.
Topograph IhcIic Ucbcrsicht der Regiones glutaea, eoxae und trochanterica*
Schiclitenfolge.
Nach Wegnahme der Haut stösst man auf das mächtigste Fettpolster des
Körpers (Regio glutaea) und auf die in der Tabelle 8. 141 aufgeführten Haut-
gefässc und Nerven. Es folgen dann — s. Fig. 50 — vorn, gedeckt von
seiner weissen, starken Ursprungsaponeurosc, der Musculus glutaeus medius,
dessen Fasern fast senkrecht absteigen, hinten der diesen Muskel zum grossen
Theile deckende Musculus glutaeus maximus mit seiner grobbnndligen
schräg von hinten oben nach vorn unten ziehenden Faserung. Die ihn deckende
Fascie ist weit schwächer, als der freiliegende Theil der Aponeurose des
Glutaeus medius; sie geht am vorderen Rande des Glutaeus maximus in die
Aponeurose des Glutaeus medius über.
Genauer genornnicn s pal tet sich die Aponeurose des Glutaeus medius am vorderen
Rande des Glutaeus maximus in zwei Blätter; das eine Blatt geht, schwächer werdend,
vor dem Glutaeus maximus her, indem es sich mit aponeurotischen Ursprungsf'asern
des letzteren kreuzt; das andere, namentlich unten noch schwächere, geht hinter
dem Glutaeus maximus her; oben wird dieses durch aponeurotische Fasern des Glu-
taeus maximus verstärivt. Wenn man will, kann man auch noch ein tiefes drittes
Fascienblatt annehmen, welches zur hinteren Fläche des Musculus glutaeus medius
gehört, und den vom Glutaeus maximus bedeckten Theil des medius überkleidet;
dies Blatt verliert indessen völlig seinen fascialen Charakter.
Wichtig ist das topographische Verhalten des lockeren fetthaltigen
Bindegewebes zwischen dem grossen und mittleren Gesässmuskel; dasselbe
gestattet Eiterungen und Ergüssen eine grosse Ausbreitung. Es steht in Ver-
bindung 1) mit dem gleichartigen lockeren Bindegewebe der Tasche zwischen
Glutaeus medius undminimus (s. w. u.), 2) durch die Foramina supra- und infra-
piriforme mit dem Beckenbindegewebe, 3) mit der Tela subcutanea am unteren
Rande des Glutaeus maximus, 4) mit dem Fettbindegewebe der Fossa ischio-
rcctalis durch die Tela subcutanea und durch das Foramen ischiadicum minus,
5) mit dem subfascialen Bindegewebe der hinteren Oberschenkelfläche längs
des Nervus ischiadicus. Senkungen können sich hier bis zur Kniekehle hio
erstrecken. Vgl. das Kapitel „Hernia ischiadica" und „Beckenabscesse".
Zwischen Musculus glutaeus maximus und Trochanter major findet sich
einer der grössten Schleimbeutel des menschlichen Körpers — Bursa tro-
chanterica musculi glutaei maximi — ; er ist meist in mehrere kommuni-
cirende Fächer getheilt. Ein zweiter, jedoch unbeständiger und oft wenig
scharf begrenzter Schleimbeutel, die Bursa ischiadica musculi glutaei
maximi, liegt zwischen Tuber ischiadicum und Glutaeus maximus. Hierbei sei
|J;M';?,. ro\;tr, I i^t.i'li;i ill
^•rkL i|;i^- iiir'^iT .llll>kfl j|»*j|ii Silzni m^Ii iVJi'h *»iHii \'ti>rIiM"iliL >o d.'l^
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^^•^ 'MiirriiH' i'f j>o<n'ri«M*, h-tzlrrr /wi-t'lif n ihi- Splint' ilr> i ^illl^M•l!^ iih'
*^^''^^ <I<'N rnilHriiiis, i'jiKflirli -iiid JiiiT. :tiii ,-ri»^>rn 'Trnrlj.iiil^'r., ikk'Ii zn
160 Schichtenfolge der Eegiones glutaea, coxae, trochanterica.
nennen die Schleimbeutel unter den Ansatzsehnen der Musculi glutaeus mini'
mus, piriformis und obturator internus — Bursa trochanterica muscuh
glutaei minimi, Bursa musculi piriformis, Bursa tendinis obturato-
ris interni, diese zwischen der Obturator-Sehne und den nach vorn gelegenen
Musculi gemelli sowie der Htiftgelenkkapsel. — Selten zeigt sich eine Bursa
unter der Ansatzsehne des Musculus obturator externus in der Fossa tro-
chanterica; häufiger eine solche zwischen Quadratus femoris und Trochanter
minor sowie zwischen diesem Knochenfortsatze und dem Adductor minimus.
Nach Synnestvedt I.e. (S. 137)p. 50 kommuniciren diese beiden Bursae wohl
miteinander. Am Tuber ischiadicum haben wir ausser der Bursa subcutanea
und der schon genannten Bursa unter dem Musculus glutaeus maximus, noch
die Bursae semitendinosa und semimembranosa;
Unter dem Musculus glutaeus medius liegt der Musculus glutaeus mini-
mus, der mit seinem Sehnenspiegel dem Musculus temporalis ähnlich sieht;
seine mittleren Fasern steigen senkrecht abwärts; vorn ist er beständig v^At
dem Glutaeus medius derart verwachsen, dass man sagen kann, der vordere
Rand des Glutaeus medius rolle sich in den Glutaeus minimus um. So bilden
beide Muskeln eine hinten offene, vorn geschlossene Tasche, ähnlich wie die Ansatz-
sehne des Musculus pectoralis major eine Art Tasche durch Umschlag bildet.
In dieser „Glutaeustasche" können sich Eitermassen und anderes absacken.
Der hintere Rand des Glutaeus medius schiebt sich keilförmig zwischen
Glutaeus minimus und Piriformis ein. Letzterer liegt ein wenig mehr hautwärtö
als die nach unten sich anschliessenden, allmählich von der absteigenden in
eine quere Richtung übergehenden Muskeln: Gemellus superior, Obtu-
rator i nternus (Sehne), Gemellus inferior und Quadratus femoris»
Hinter dem Ursprünge des Quadratus femoris gewahrt man die gemein-
same Ursprungssehne des Musculus semitendinosus und des Caput longum nius-
culi bicipitis femoris.
Auf den Musculi piriformis bis quadratus femoris, also mehr hautwärts,
liegen : hinten in halbmondf öimigem Bogen das Ligamentum s a c r o t u b e-
rosum, an welchem der Musculus glutaeus maximus haftet, und, mehr nach
vorn und abwärts sich ausbreitend, die tiefen Blutgefässe, Lyraphge-
fässe und Nerven dieser drei Gegenden. Sie verlassen das Cavum pelviS
durch die bereits genannten Foramina suprapiri forme und infrapit^'
forme. Durch das Foramen suprapiriforme treten:
1) Die Arteria glutaea superior,
2) die Venae glutaeae superiores,
3) die Vasa lymphatica glutaea superiora,
4) der Nervus glutaeus superior.
Der Stanun der Arteria glutaea superior mit den beiden Venen und nii^
den Lympbgefüssen sowie 8—4 Lymphdrüsen — Lymphoglandulae glutaeae
superiores — ^) liegt mehr medianwärts nnd oben dicht am Knochen (Darm-
1) Bourgcry et Jacob, I.e. (S. 155). T. IV, PJ. 82 (18: Ganglions fessiers). '-'
W. Krause, 1. c. (S. 155), S. 718/719. — Mascagni -Ludwig, 1, c. (S. 155), S. 57.
Regio glutaea. 161
'^fiö), der Nerv mehr lateralwärts und unten. Im grossen und ganzen liegen
diese Gebilde in einer zwischen der Spina iliaca posterior superior und der
spitze des Trochanter major gezogenen Linie, Linea iliotrochanterica
^arabeufi), und zwar an der Grenze des medialen und mittleren Drittels dieser
L^nie, Die Arterie gabelt sich in zwei Hauptäste-, der hintere (untere) Rand
^^s Musculus glutaeus medius wird von dieser Gabel umfasst. Der eine (ober-
flächliche) Hauptast der Arterie zieht nach hinten und nach oben zum Mus-
<5ulus glutaeus maximus, der andere (tiefe) nach vorn, dicht auf dem Darm-
"^ine am oberen Umfange des Musculus glutaeus minimus entlang, zwischen
diesem und dem Musculus glutaeus medius; letzterer ist oft in einen oberen
^^d unteren Ast gespalten. (S. Fig. 84.) Der Nerv wird durch ein apo-
^^iirotisches Ursprungsbündel des Musculus glutaeus medius von der Arterie
S^trennt; er versorgt die Musculi glutaeus medius, minimus und
*^nsor fasciae latae.
Durch das Foramen infrapiriforme treten:
1) Der Nervus pudendus,
2) die Arteria pudenda interna zusammen mit
3) der Vena pudenda interna,
4) die Arteria glutaea inferior zusammen mit
5) den Venae glutaeae inferiores,
6) der Nervus glutaeus inferior,
7) der Nervus cutaneus femoris posterior,
8) der Nervus ischiadicus.
Diese Reihe von Gefässen und Nerven liegt in einer Linie, welche parallel
^^^ Linea iliotrochanterica verläuft, aber etwa 3 Centimeter mehr fusswärts
^'s letztere. Die nach abwärts zum Musculus glutaeus maximus sich erstreckende
Hauptverästelung der Arteria glutaea inferior deckt von hinten die
Nerven 6, 7 und 8 ; ihre kleineren nach hinten gewendeten Aeste decken den
Nervus pudendus und die Vasa pudenda interna. Der Stamm der Arteria
S^'itaea inferior ist meist länger als der der Arteria glutaea superior; er liegt
S^nau im Winkel zwischen Musculus piriformis und Ligamentum sa-
*^^ötuberosum.
Der Nervus cutaneus femoris posterior hängt bei seiner Entstehung
^'is dem Plexus ischiadicus meist mit dem Nervus glutaeus inferior
^^sammen; dieser gemeinsame Stamm wird als Nervus ischiadicus minor (Nerf petit
^^latique) bezeichnet; anfangs liegt er medianwärts dicht am Nervus ischiadicus,
^Päter hinter (hautwärts) letzterem; er liegt also, wie dieser, lateralwärts von
.^^ Stämmen der Arteriae pudenda interna und glutaea inferior. Der Nervus
^^^^hiadicus steigt senkrecht hinab, ziemlich in der Mitte zwischen Tro-
^anter major und Tuber ischiadicum (näher dem letzteren), genau auf den
^^kel zwischen unterem Rande des Musculus glutaeus maximus und vorderen
g. 1) Farabeuf, L.H., Precisdemanueloperatoire. Paris, 1889. G. Massen, p. 105.
^^^ auch: Farabeuf, Article: „Fessiere" im „Dictionnaire encyclopedique«.
^aldeyer, Das Becken. ^^
162 N. und Vasa pudenda. Weichtheile an der inneren Hüftbeinwand.
Rande des Musculus semitendinosus, der hier noch mit dem Musculus biceps
femoris vereinigt ist, zu. (Fig. 50.)
Der Nervus und die Vasa pudenda werden in dieser Gegend nur anf
eine kurze Strecke sichtbar; sie liegen der Regel nach unmittelbar bei ihrem
Austritte aus dem Becken vor oder lateral neben dem Stamme der Arteria
glutaea inferior. Der abwärts ziehende Hauptast dieser Arterie kreuzt jedoch
alsbald die Vasa pudenda, sie dabei hautwärts (von hinten her) deckend, so
dass er die mehr laterale Lage gewinnt und die Vasa pudenda mit ihrem
Begleitnerven medial zu liegen kommen. Der Nervus pudendus liegt median-
wärts neben der Arteria pudenda interna. Abweichungen kommen vor^). Der
Nervus und die Vasa pudenda zielien abwärts, wenden sich dann um die Spina
ischiadica herum zur Fossa ischiorectalis, wo wir sie genauer zu besprechen
haben werden. S. Regio perinealis.
Mit den Vasa glutaea inferiora treten auch tiefe Lymphgefässe, an
denen einige Lymphdrüsen gelegen sind 2), durch das Foramen infrapiri-
forme in die Beckenhöhle ein.
Als tiefste Weichgebilde dieser Gegend sind noch zu nennen: Die Sehne
des Musculus obturator externus, welche man in dem Spalte zwischen den
Musculi gemellus inferior und quadratus femoris findet, und die Vasa circum-
flexa femoris medialia, welche aus dem Spalte zwischen dem Quadratus
femoris und dem Adductor minimus auftauchen. Hierzu kommt noch ein
konstanter Schleimbeutel an der Rollstelle des Musculus obturator internus
zwischen diesem und der Incisura ischiadica minor: Bursa ischiadica mus-
culi obturatoris interni, und (selten) 1 — 2 Schleimbcutel zwischen den
Musculi gemein und der Hüftgelenkkapsel ^).
Die Weichtheile an der inneren Wand des Hüftbeines
von aussen her gesehen.
Unmittelbar unter den eben geschilderten Weichtheilen liegt in den Re-
giones coxae und glutaea der Hüftbeinknochen, und in der Regio trochanterica
noch der Trochanter major mit Hals und Kopf des Oberschenkelbeines; der
Kopf des letzteren ist durch den Bandapparat des Hüftgelenkes im Acetabulum
festgehalten. — Es hat nun ein topographisch-anatomisches Interesse, auch
von aussen her die Lage derjenigen Theile zu bestimmen, welche in den
1) Chalot, Gazette hebdom. de Montpellier, 1884, Nro. 33-36. „De la determi-
nation des points d'emergenee des arteres fessiere, ischiatique et honteuse interne
pour la ligature de ces vaisseaux" fand 13 mal unter 100 Fällen bei ihrem Austritte
die Arteria pudenda interna medianwärts von der A. glutaea inferior.
2) Bourgery et Jacob 1. c. PI. 82.
3) Vgl. über diese, sowie über die vorhin aufgezählten Schleimbeutel, ausser
der S. 137 citirten Monographie von Synnestvedt, noch Heinecke, Anatomie und
Pathologie der Schleimbeutel und Sehnenscheiden. Erlangen, 1868.
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164 Weichtheile der inneren Hüftbeinwand.
genannten drei Regionen die Wand des Bänderbeckens von innen her, d. h.
von der Beckenhöhle her, bedecken, auf welche wir also, von der Haut zur
Beckenhöhle hin fortschreitend, nach Entfernung des Hüftbeines zunächst
stossen würden.
Bei der Präparation der Theile zur Gewinnung einer solchen Ansicht em-
pfiehlt es sich, nicht das ganze Hüftbein einer Seite fortzunehmen, sondern dasselbe
oben hinten in der Articulatio sacroiliaca und vorn in der Mitte des Foramen ob-
turatum zu durchsägen. Auch lasse man die Spina ischiadica mit dem Ansätze des
Musculus coccygeus am Präparate, indem man sie mit einer starken Knochenzange
von dem wegzunehmenden Theile des Hüftbeines abtrennt. Alles dieses muss unter
sorgfältiger Schonung der von der Beckenhöhle her anliegenden Weichtheile geschehen.
Von Weichtheilen sind, abgesehen von den aussen aufliegenden vorhin besprochenen,
glatt und scharf, ohne jede Zerrung und Dehnung, zu durchschneiden: der Musculus
iliopsoas, der Nervus cutaneus femoris lateralis, der Nervus femoralis,
die Nervi und Vasa glutaea sowie der Musculus piriformis; ferner die beiden
Musculi obturatores mit der Membrana obturatoria, die Vasa und der Ner-
vus obturatorius, die Vasa femoralia und das Ligamentum sacrotuberosum
nahe seinem Ansätze am Tuber ischiadicum. Der Nervus und die Vasa pudenda
interna können erhalten bleiben, oder bei ihrem Austritte aus dem Foramen infra-
piriforme durchgeschnitten werden.
Man gewinnt auf diese Weise ein Präparat, bei welchem die stehengebliebenen
Knochentheile die Orientirung erleichtern; ein solches ist in Figur 51 wiedergegeben.
Dasselbe stammt von der Leiche einer 18jährigen Jungfrau, kann aber auch hier, wo
es die Verhältnisse bei einem männlichen Becken zu schildern gilt, mit Nutzen ver-
werthet werden, zumal wenn man die Figur 52 (männliches Becken) zu Hülfe nimmt
Die in Fig. 51 blossgelegten Theile gruppiren sich in drei über-
einander liegende ungeföhr gleich hohe Abschnitte. Der oberste reicht vom
Processus transversus des vierten Lendenwirbels (3, Fig. 51) bis zur Linea
terminalis, der mittlere von da bis zum Arcus tendineus musculi leva-
toris ani, der sich zynischen dem Schambeinreste (29) und der Spina ischia-
dica (8i) in einem nach unten convexen Bogen ausspannt, der untere von da
bis zur Afteröflfnung, zum Damme und zu den äusseren Genitalien. Von der
Seite her werden ja diese letztgenannten Theile durch das Gesäss und den
oberen Theil des Oberschenkels eingeschlossen, fallen daher bei einer topogra-
phischen Betrachtung, me wir sie jetzt vornehmen, in unser Bereich.
Den oberen Abschnitt anlangend, kommen als der Beckenwand dicht
anliegend nur die Vasa iliolumbalia, der Musculus iliacus und der
Nervus cutaneus femoris lateralis in Betracht. Die anderen in der
Figur 51 gezeichneten Theile: Nervus femoralis (4), Psoas minor (1);
Ureter (5), Aorta (19), Vena cava inferior (27) und die Vasa iliaca
CO mm. (18 und 26) liegen weiter ab, näher der Mittellinie.
Der mittlere Abschnitt ist hier der wichtigste; er entspricht in seiner Lage
dem Hüftgelenke und den beiden Incisurae ischiadicae. Ueberblicken
wir ihn in der Eichtung von hinten nach vorn, so zeigt sich hinten zunächst
das Ligamentum sacrotuberosum (7, 7), dann der Stumpf des Musculus
piriformis (9) und die Austrittsstellcn der vorhin geschilderten Vasa glu-
taea und pudenda nebst den begleitenden Nerven. In der Mitte, nahezu
Weichtheile der inneren Hüftbeinwand. 165
Senkrecht herabsteigend, finden wir das grosse Gefässpaket der Vasa hypo-
&^strica, vor ihnen den Ureter. Die Lage des letzteren entspricht nahezu
^^1* Mitte des Pfannenbodens; er zieht 4—5 mm hinter dieser Mitte,
^Wischen derselben und der Basis der Spina ischiadica her. Mit seinem unteren
Stücke tritt er mitten durch den Plexus venosus vesicoprostaticus (vesico-
^^ginalis beim Weibe), dessen einer Theil lateralwärts, dessen anderer medianwärts
^^ ihm gelegen ist^) — s. Figg. 51 u. 52. Alle diese Theile sind aber durch
*^iiskeln noch vom Knochen getrennt, oben durch den Iliopsoas, unten durch
^^^^ Obturator internus, der Ureter ausserdem noch durch sämtliche 6e-
^^sse, welche er auf seinem Laufe trifft, — Vorn werden die Gefässe und Nerven
Nieder spärlicher-, es sind: die Vena obturatoria (24), die Arteria obtura-
^»'ia und der lang an der Beckenwand herabziehende Nervus obturato-
lUs (4j^ ferner die Ursprünge der Arteriae umbilicales und vesicales
öteriores. Vorn kommt dann noch der Ductus deferens, welcher, vom
i'unde der Blase aufwärts steigend, die Vasa obturatoria und die Arteria
Oibilicalis sowie den Nervus obturatorius kreuzt (Fig. 61). Von diesen
heilen liegt nur die Vena obturatoria vollständig an der inneren Fläche des
oturator internus, vom Knochen also durch Muskelfleisch geschieden. Die
*'teria obturatoria und der Nervus obturatorius verlaufen an der Grenze
"fischen Knochen und Muskel. Der Ductus deferens ist unten durch den
nskel vom Knochen geschieden, oben durch die Arteria umbilicalis, dann
*irch die Vasa iliaca externa und durch den Psoas major (event. minor);
J* hegt von allen an der seitlichen Beckenwand befindlichen Theilen der
^^kenhöhle am nächsten. Am Psoasrande liegen die Vasa femoralia
na in der Furche zwischen Musculus psoas major und iliacus der Nervus
^^öioralis.
Im unteren Abschnitte gelangen wir nach Wegnahme des Knochens
J^l den Musculus obturator internus; oben, an dessen medialer Fläche, im
^^kel zwischen ihm und dem Ursprünge des Levator ani, auf den Nervus
^^ die Vasa pudenda; der erstere ist mehr caudalwärts und medianwärts
^^^egen, beide in ein besonderes fibröses Fach der Fascie des Obturator in-
j^i*nu8 eingeschlossen. (S. darüber weiter unten: „Regio perincalis''.) Es folgt
ann der Fettkörper der Fossa ischiorectalis und, nach dessen Ent-
jnung, die Muskulatur des Beckenbodens, des Anus und der äusseren Geni-
^lien: Coccygeus (33), Levator ani (34, 34), Sphincter ani externus
^h Transversus perinei (45), Ischiocavernosus (43) und Bulboca-
^^J'nosus (44). Ein sehr grosser Theil dieser Muskulatur nebst den von
^^11 Umschlossenen Eingeweiden liegt schon ausserhalb des Bänderbeckens;
1) Indem ich hier die Bezeichnungen : Plexus vesicoprostaticus und vesico-
j^f-ginalis annehme, weiche ich etwas von den ENA. ab. Das, was Testut in seiner
pl^ur 1535 — Fig. 52 hier, S. 166 -Plexus seminalis nennt, ziehe ich mit zum
^ exus vesicoprostaticus. Siehe über Alles dieses die Kapitel: „Venöse Beckenplexus
® Mannes** und „Venöse Beckenplexus des Weibes".
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I: Aiih Ti'-V if 1 : *rV;iih"' ilWiL-iinüiM' li!i!ii;;iiM-, r 111, l'"i-;. r».'5r», S. StM,
Pathologische Verhältnisse der Regiones coxae, glutaea, trochanterica, 167
^s ist das ein wichtiger Umstand, und man wolle deshalb anmerken, dass in
^\S' 51 die Stelle, welche der unteren Ziffer (34) entspricht, die Lage des
^^^tz Punktes raarkirt; dieser liegt also nahe/u senkrecht über dem Anus in einer
^ ^ontalebene mit dem letzteren. Man sieht sofort, dass ein beträchtlicher Theil
^^8 Rectum, und beim Weibe noch ein Thcil der Scheide und der Harnröhre
^ ^ s s e r h a 1 b des knöchernen Beckens gelegen ist. Auf diese Ver-
hältnisse wird später noch zurückzukommen sein. — Eine weitere Erläuterung
^^r Fig. 51 folgt bei Besprechung der Regiones glutaea, coxae und trochante-
^icia des Weibes.
Pathologische Verhältnisse der Regiones coxae,
glutaea und trochanterica.
Die das Hüftgelenk betreffenden pathologischen Zustände
^lii*den bei der topographischen Anatomie der unteren Extremitäten zu be-
®pi*eehen sein ; der hier vorkommenden Gelenk n cur ose n wurde bereits
Erwähnung gethan (S. 133).
Von sonstigen pathologischen Vorkommnissen sind anzuführen die Ab-
®^<^8se, die Hygrome, die Hernien, die Neubildungen, die Aneurys-
"^en der Glutaealarterien und die Verletzungen.
Die Abscesse werden wir mit den Abscessen der übrigen Becken-
pgenden zusammen in einem besonderen Kapitel: „Beck enabscesse" ab-
handeln ; es sei hier nur gleich bemerkt^ dass die Foramina ischiadica
ichtige Abflusspforten für Beckenabscesse abgeben.
Von H y g r 0 m c n sind insbesondere bemerkenswerth die einschlägigen
*-rkrankungen der Schleimbeutel am Tuber ischiadicum und am Tro-
^hanter major; es ist hier zwischen den hoch- und tiefliegenden Schleim-
"ßütelgeschwülsten zu unterscheiden; sie können eine ansehnliche Grösse (bis
^^U der eines Kindeskopfes und darüber) erreichen.
Koni gl) gibt an, dass Hygrome am Tuber ischiadicum ab und zu bei Leuten
^obachtet werden, die angestrengt im Sitzen arbeiten. — Auch die sämtlichen übrigen
^i*hin aufgezählten Schleimbeutel können zur Entstehung von Hygromen führen;
^^ersberg2) bringt eine grössere Reihe von Fällen nebst der betreffenden Litteratur.
Die Hernien der Regio glutaea^ früher schlechthin als „Herniae
^^hiadicae" bezeichnet, theilt man am besten, den Bruchpforten entsprechend,
^'^in: Herniac suprapiriformes, infrapirifornies und s p 1 n o-
^'^^rosae. Ich möchte^ obwohl ich mich hiermit an die genaueste der
^'^handenen Darstellungen, die von Garrc^) anschliesse, dennoch dessen Be
Zeichnungen: Hernia glutaea superior, Hernia glutaea inferior und Hernia
^hiadica durch die obigen ersetzen.
1) König, Fr., Lehrbuch der speziellen Chirurgie, 4te Aufl. Bd. HI. S. 269.
. 2) Mauersberg, P., Schleimbeutcl-Hygrome in der Beckengegend. Dissert.
^^^^ur. Berlin, 189G.
, ^) Garr6, C, Die Hernia ischiadica. In: „Beiträge zur klinischen Chirurgie",
^^«^«sgegeben von R Bruns. Bd. IX. 1892.
168 Herniae ischiadicae.
Hernia glutaea superior und inferior ist topographisch minder scharf bezeich-
nend, als Hernia suprapiriformis und infrapiriformis, und da „Hernia ischiadica** ein
seit langer Zeit gebrauchter guter Sammelname ist, so könnte es zu Missverständ-
nissen führen, ihn ausschliesslich für die Hernien des Foramen ischiadicum minus
anzuwenden. Hernia spinotuberosa ist topographisch unzweideutig.
6arr6 bringt für alle drei Bruchpforten gut beglaubigte Fälle bei, ini
ganzen 10 aus der vorhandenen Litteratur und einen eigenen, den er auf dem
anatomischen Präparirsaale zu Tübingen, wo Henke den Fall entdeckte, genau
untersuchen konnte. Es handelte sich um eine Hernia suprapiriformis (glutaea
superior Garre). Die Eingangspforte zum Bruchsacke erschien, von der Becken-
höhle aus gesehen, als eine scharfrandige kreisrunde Oeffnung von 2 cm Durch-
messer. Sie fand sich im Hintergrunde einer ovalen Nische oder Grube der seit-
lichen Beckenwand, die zwischen der Arteria hypogastrica und der Artcria
obturatoria gelegen war. Ob diese Nische mit der unten zu beschreibenden
Fossa ovaritc^den tisch ist, lässt sich weder aus der Beschreibung noch aus der
Abbildung sicher erschliessen. — In der Nische lagen das Ovarium und die Tube.
Der Bruchsack selbst, von 4 — 5 cm Länge, war bei der Leiche leer; er
trat aus dem Foramen suprapiri forme hervor, zwischen Musculus glu-
taeus maximus nach oben und Musculus piriformis nach unten. Der grosse
(tiefe) querlaufende Ast der Arteria glutaea superior lag oberhalb des Bruchsack-
halses, der Nervus glutaeus superior unterhalb desselben, so dass also der Bruch
zwischen Arterie und Nerv hervorkam. Es erklärt sich dies aus der vorhin
(S. 161) erwähnten Thatsache, dass der Nerv von der Arterie durch ein apo-
neurotisches Bündel getrennt ist.
Am häufigsten ist die Hernia suprapiriformis beobachtet worden, am
seltensten die Hernia spinotuberosa, von der bis jetzt nur der unten
genauer angeführte Schillbach'sche Fall vorliegt:
Die Brüche können angeboren vorkommen. Von den bekannt gewordenen
Fällen zeigten sich die meisten bei Frauen. Als Bruchinhalt wurde 3 mal das
Ovarium, dann Darm und einmal ein Blasendivertikel beobachtet. Einklemmung
fand sich dreimal. Meist sind die Bruchgeschwülste klein gewesen, sodass sie
äusserlich — gedeckt vom Glutaeus maximus — nicht sichtbar waren. Wenn
sie grösser waren (bis kindskopfgrosse sind beobachtet worden), traten sie unter
dem Glutaeus maximus hervor.
Schillbach 1) theilt den auf Grund einer Obduktion beschriebenen Fall einer
Hernia spinotuberosa dextra mit, welche das Ovarium nebst der Tube betraf.
Ausdrücklich gibt Schill b ach an, dass die Bruchpforte zwischen dem Ligamentum
sacrotuberosum und sacrospinosum, also im Foramen ischiadicum minus gelegen war.
Der Bruchsack hatte sich am unteren Rande des Musculus piriformis entlang vorge-
schoben, so, dass er vor die Arteria glutaea inferior und vor den Nervus ischiadicus
gerathen war. — Die owte Berliner anatomische Anstalt besitzt ein aus dem Präparir-
kursus des Winters 1895/96 stammendes Präparat, welches eine unvollständige Hernie
dieser Art darstellt. Der Eierstock nebst einem kleinen Stücke der Tube liegt iii
1) Schillbach, Hernia ischiadica ovarii dextri. Jenaische Zeitschr. für Medizin
und Naturwissenschaften. Bd. I, S. 242. 1864.
Hegiones glutaea, coxae, trochanter ca : Neubildungen, Verletzungen. 169
^^^er tiefen Tasche der seitlichen Beckenwand, welche der Fossa ovarii, s. w. u., ent-
Pncht. Nach Blosslegung des Foramen infrapiriforme und des Foramen ischiadicum
J^mus zeigt sich, dass der obere hintere Theil des Grundes der Tasche dicht an
^tzterem gelegen ist; bei Druck auf den in der Tasche befindlichen Eierstock wölbt
Sich der Taschengrund deutlich in Gestalt eines Bruchsackes aus einer oder der
^^deren dieser Oeffnungen vor, je nach der Richtung, in welcher man den Druck
^inwirken lässt. Die Tasche ist so tief, dass man von dem Eierstocke nichts sehen
^^n, und es kostet Mühe, den letzteren aus der Tasche hervorzuziehen, da er etwa
^^ die Hälfte des Normalen vergrössert ist und die Vergrösserung wahrscheinlich
^rst erfolgte, als der Eierstock bereits in der Tasche steckte. Auch in Schillbach's
alle bestand Vergrösserung des Ovarium mit Einklemmung desselben, deren Folgen
^i^ Kranke erlag.
Ueber den anatomischen Weg, den die Herniaespinotuberosae ein-
^chlagen, ist zu bemerken, dass sie durch eine Lücke des Levator ani (wohl zwischen
^ssen Portio pubica und iliaca) hindurchtreten müssen; sie gelangen dann in den
Orderen und oberen zugeschärften Blindsack (Recessus pubicus) der Fossa ischio-
^ctalis (s. w. u.) und von da sofort längs des Musculus obturator internus in das
oramen ischiadicum minus; sie kreuzen den Nervus und die Vasa pudenda.
Unter den Neubildungen müssen die von der Beckenhöhle her a u s-
f>^Wanderten — hier kommen wieder die Foramina suprapiriforme und
^^irapiriforme in Betracht — von den im Bereiche der in Rede stehenden Ge-
genden selbst entstandenen geschieden werden; letztere können nun auch
*^ das Cavum pelvis oder in die Fossa ischiorectalis einwandern. Die ana-
^^Diischen Verhältnisse erklären das häufige Vorkommen von Lipomen; aber
^^ch andere Arten von Neoplasmen kommen vor. Sehr bemerkenswerth ist die
^^schiebung von Geschwülsten teratoiden Charakters — ähnlich den angebore-
^ß sacralen Mischgeschwülsten — nach der Glutaealgegend hin, von denen
' * i r c h 0 w *) ein interessantes Beispiel beschrieben hat.
Im Anschlüsse sei das nicht gar seltene Vorkommen von Echinokok-
^^säcken, sowohl subglutäal, als intraglutäal gelegen, berührt.
Für das Operations verfahren bei allen diesen Dingen geben das
^wke Fettpolster, der mächtige, fast Alles deckende Musculus glutaeus maximus,
^^ Musculus piriformis mit den Foramina supra- und infrapiriforme und mit
^^ diese passirenden Gefässen und Nerven die Richtschnur. Tumoren, welche
/^ Unteren Rande des Musculus glutaeus maximus zum Vorschein
^mmen, wurzeln gewöhnlich höher oben im Gebiete des Foranien ischiadicum
^jns. Bei Ischias hat man unter anderem an Geschwülste, welche auf
^ Nervus ischiadicus drücken, zu denken.
Die Verletzungen, Aneurysmen und Unterbindungen der A r t e-
^^ glutaeae und pudenda interna mögen in JösseTs topogr. Anat.
^^* Extremitäten, Bd. I, S. 296, nachgesehen werden. Nur einer wichtigen
^^ietät der A. glutaea inferior sei hier noch gedacht: sie tritt mit-
. % zusammen mit der Arteria glutaea superior, aus dem F o r a m e n supra-
^^^i forme und durchsetzt den Musculus piriformis, um zum Foramen infra-
^ 1) Virchow, R., lieber einen Fall von Hygroma cysticum glutaeale congenitum.
J^chiv für patholog. Anat. Bd. 100. S. 671. 1885.
170 Regiones in^uinalis et subin^uinalis : Abgrenzung.
piriforme zu gelangen (ß. Fig. 84). Sie würde in einem solchen Falle bei
der Wegnahme des Kreuzbeines gefährdet sein. Die Aneurysmen sind meist
traumatische.
Bezüglich der V^erletzungen sei an das S. 131 Gesagte erinnert.
Knotz^) beschrieb jüngst einen beachtenswerthen Fall von Stichverletzung der
Arteria glutaea superior sinistra und des linken Ureter durch das Foramen
suprapiriforme hindurch. Der Sticli war hinter dem Trochanter major eingedrungen.
Mit Rücksicht auf die Regio t r o c h a n t e r i c a sei bemerkt, dass hier
der Seh enkclknochen und das Hüftgelenk die Hauptsache sind.
III. Leistengegend (Regio inguinalis) (5). Unterleistengegend
(Regio subinguinalis) (6).
Zugehörigkeit dieser Gegenden. Allgemeines.
Die Regio inguinalis gehört als Theil der Regio h y p o g a s t r i c a
zwar dem Bauche an, die Regio subinguinalis dem Oberschenkel — s»
Pig., j _„. gi(3 können aber, wie die im vorigen Abschnitte behandelten Ge-
genden hier nicht übergangen werden, da sie auch Thcilc des Beckens mit-
umfassen. Für einen grossen Theil des zu Besprechenden darf auf JösscTs
topogr. Anatomie der Extremitäten und des Bauches verwiesen werden; für
manches aber, wie für die Topographie der znm Foramen obturatum ge-
hörigen Theile, ist hier dor Platz, diese behandeln wir genauer, während wii'
das übrige, des Zusammenhanges willen, zwar aufzählen, jedoch nur kurz.
Wir fassen die beiden Gegenden, wegen ihrer nahen Beziehungen zu einander,
zusammen.
Abgrenzung der beiden Gegenden. Aeussores Bild.
Die Regio inguinalis wird nach unten begrenzt durch die Leisten-
beuge, nach oben durch die Verbindungslinie beider Spinae iliacae anteriores
superiores, medianwärts durch den lateralen Rand des Musculus rectus abdominis;
lateralwärts endet sie spitzwinklig an der Spina iliaca anterior superior. Kopf-
wärts grenzt sie an die Regio abdominis lateralis, fusswärts an die Regio sub-
inguinalis, medianwärts an die Regio pubica.
Die Regio subinguinalis entspricht dem dreieckigen Felde zwischen
dem Musculus iliopsoas und dem Musculus pectineus, Fusswärts grenzt sie an
die Regio femoris anterior, kopfwärts an die Regio inguinalis, medianwärts endet
sie an der Regio pudendalis, lateralwärts in der Fossula femoralis (S. 83)
unterhalb der Spina iliaca anterior superior, und an der Regio coxae. (Siehe
hierzu die Figg. 1 und 2.) Die Gegend umfasst wesentlich die Vasa fenio-
1) Knotz, J,, Ein bisher noch nicht beschriebener Fall von Ureteren-Stichvei-
letzung durch das Foramen ischiadicum majus. Prao:er mediz. Wochenschrift IHi)«^-
Nr. 43 und 44. — Centralbl. für ChirurLne 189G. Nr. 4.
^giones iDguinalis et subinguinalis : Topographische Uebersicht Schichtenfolge. 171
J^^ia [medial] und das „Psoasfeld" (meplat du Psoas*iliaque Richcr^) [lateral].
^s äussere Bild beider Gegenden ist bereits S. 5 ff. geschildert worden.
Man vergleiche auch Fig. 20.
Topographische Uebersicht der Regiones inguinalis
und subinguinalis. Schichtenfolge bis zum Beckenknochen.
A. Hautg^ebiet der Regiones inspainalii nnd subinguinalis.
Nach Wegnahme der Haut^ der oft starken Fettlage und der meist deut-
^^h doppeltblättrigen Fascia subcutanea stösst man (Fig. 53) in der
r\f ^'^guinalis auf die Vasa epigastrica super ficialia inferiora
^ ^nchot) und circumflexa ilium super fi ci alia, in der Regio sub-
S^inalis auf die Vasa pudenda externa und die Vena saphena
^&na, welche fast alle hier liegenden subcutanen Venen aufnimmt. Vgl. die
'' 139 und 141 gegebene Tabelle; dieselbe möge auch für die Haut nerven
»achgesehen werden.
In derselben Schicht liegen dann die oberflächlichen Lymphgefässe und
yiiiphdrüsen, Lymphoglandulae inguinales und subinguinales
^»^Perficiales.
B. Tiefere Sohiohten der Regio inguinalis.
In der Regio inguinalis folgen nun aufeinander:
1) Die Fascia proprifi des Musculus obliquus externus abdoniinis.
-) Die Aponeurose des Musculus obiiquus externus abtfominis mit dem
subcutanen Leistenringe (Annulus inguinalis subcutaneus) und den
ihn begrenzenden beiden Pfeilern, Crus superius' und Crus inferius
(Fig. 123).
3) Der Samenstrang (Funiculus spermaticus) beim Manne, das runde
Mutterband (Ligamentum teres uteri) beim Weibe.
4) Das Ligamentum inguinale reflexum (Collesi).
5) Die Musculi: rectus abdominis, obHquus internus abdominis und trans-
versus abdominis samt den zwischen ihnen befindlichen lockeren Binde-
gewebsschichten und Fasciae propriae, den Vasa epigastrica late-
ralia (zwischen Musculus obliquus internus abdominis und Musculus trans-
versus abdoniinis), sowie Zweigen des letzten Thoracalnerven, des
Nervus iliohypogastricus und des Nervus ilioinguinalis.
ö) Die mit den Musculi obliquus internus abdominis und transversus abdo-
minis zusammenhängenden aponeurotischen Bildungen des Ligamentum
interfoveolare und der Falx inguinalis.
7) Die Fascia transversalis.
8) Das subperitonaeale Bindegewebe mit den Vasa epigastrica infe-
riora, den Vasa circumflexa ilium profunda und dem distalen Theile
der Vasa iliaca externa im Spatium retroinguinale m. Hierher
gehören auch einige Lymphdrüsen und Lymphgefässe: Lympho-
glandulae iiiacae externae und epigastricao inferiores.
9) Das parietale Bauchfell.
I) Hicher, P., 1. c. (S. 8) — p. 187.
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Regio subinguinalis: Tiefere Schichten. 173
C. Tiefere Sohiohten der Regio snbins^iiinalis.
1) Fascia lata (Lamina superficialis) mit der Fascia cribrosa, der vom
Margo faiciformis umsäumten Fossa ovalis und mit dem Ligamen-
tum inguinale an der Grenze der Regio inguinalis und subinguinalis.
Unterhalb der Fascie müssen zwei durch ein starkes Septum, die Fascia
^öpectinea, getrennte Bezirke unterschieden werden, ein lateraler und
^^n medialer. Der laterale ist der Bezirk des H üftgelenkes, der
^<^diale der des Foramen obturatuin. Die offenbleibende Partie des
oramen obturatum, der Canalis ob tura torius, bildet eine wichtige
''iichpforte, die Durchtrittsöffnung für die Herniae obturat ori ae.
Zwischen den beiden Bezirken befindet sich die Fossa iliopectinea
Gestalt eines Dreieckes, dessen Basis am Ligamentum inguinale (bei + in
^&. 20) gelegen ist und dessen Spitze abwärts sieht. Die Fossa iliopectinea
^ii'd durch die grossen Schenkelgefässe ausgefüllt, welche somit, na-
^ntlich bei ihrem Vortreten unter dem Ligamentum inguinale, in der Mitte
^^ischen den beiden Bezirken Hegen. Wir werden sie bei dem medialen
^zu'ke aufführen, weil sie medianwärts von der Fascia iliopectinea liegen,
nd weil sie sich weiter abwärts auch ganz dem medialen Bezirke zuwenden.
^^ Annulus femoralis, durch welchen die grossen Schenkelgefässe hervor-
taten, stellt die Schenkelbruchpforte dar. Somit umfasst der mediale
^zirk auch zwei der wichtigsten Bruchpforten.
Die Fascia iliopectinea (s. Fig. 20, wo sie abgeschnitten darge-
^Ht ist) gehört zu den topographisch wichtigeren Theilen dieses Gebietes: sie
^^twickelt sich aus der F a s c i a i 1 i a c a und steigt mit dem Musculus iliopsoas
^ Trochanter minor hinab, wo sie sich anheftet. Auf diesem Wege
geht sie Verbindungen ein mit dem L i g a m e n t u m i n g u i n a 1 e, mit der
Trinen tia iliopectinea, mit der Fascia lata, deren tiefes Blatt sie
^ ^en hilft, und mit der Hüftgelenkkapsel. Wenn ein Musculus psoas
inor vorhanden ist, so geht dessen Sehne, aponeurotisch ausgebreitet, in die
^^cia iliopectinea über. Die letztere bildet auch das intermuskuläre Septum
^^ischen dem Iliopsoas und den Streckmuskeln des Oberschenkels einerseits
^ der Adduktorengruppe andererseits. Unter ihr liegt ein besonderer Fett-
^^^per, s. Fig. 20.
2) Lateral: Oberes Stück des Nervus cutaneus femoris lateralis.
Medial: Oberes Stück des Nervus lumboinguinalis, Arteria fe-
moralis, Septum vasorum femoralium, Vena femoralis, Lym-
phoglandulae sub inguinales profundae, insbesondere die Lym-
phoglandula annuli femoralis (Rosenmülleri), Ligamentum
1 a c u n a r e (G i m b e r n a t i).
3) Lateral: Fascia iliopectinea. (Diese Fascie muss, weil sie oben
flächenhaft über den Musculus iliopsoas ausgebreitet ist, beim lateralen
Bezirke aufgeführt werden.)
Medial: Fascia pectinea. Die Fascia iliopectinea und die Fascia
pectinea stossen unterhalb der grossen Schenkelgefässe zusammen und
bilden in ihrer Vereinigung das sogenannte tiefe Blatt der Fascia
lata; von dieser Vereinigungsstelle senkt sich der das Muskelseptum bil-
174 Regio subinguinalis: Tiefere Schichten.
dcndc Theil der Fascia iliopectinea in die Tiefe zur Hüftgelenkkapsel
und zum Trochanter minor hin.
4) Lateral: Nervus femoralis und Musculus iliopsoas. Der Nervus
femoralis liegt in der Rinne zwischen dem Musculus iliacus und dem
Musculus psoas, also eigentlich auf dem Musculus iliopsoas.
Medial: Musculi: pectineus, adductor longus und gracilis.
5) Lateral: Ursprungssehne des Musculus rectus femoris, Vas»
circumflexa femoris lateralia, tiefe Muskeläste des Nervus fe-
moralis, Bursa iliopectinea.
Medial: Muskeläste des Nervus und der Vasa obturatoria zum
Pectineus, anastomotische Zweige der genannten Gefässe zu den Vasa
circumflexa femoris medialia (s. Fig. 20), Musculi adductor brevis
und adductor minimus, Fascia musculi obturatoris externi.
6) Lateral: Hüfigelenkskapsel und Hüftgelenk.
Medial: Ligamentum pubofemorale (Ursprung), Musculus obtu-
rator extcrnus mit den durchtretenden tieferen Zweigen des Nervus
und der Vasa obturatoria, Vasa profunda femoris und circumflexa
femoris medialia, oberes Ende des Musculus adductor magnus;
ferner, in tieferer Schicht: Ischiopubicum, Membrana obturatoria»
Apertura externa (femoralis) canalis obturatorii mit den aus-
tretenden Nervus und Vasa obturatoria. S. hierzu die Figg. 18—23.
Von S c h 1 e i m b c u t c 1 n sind hier ausser der schon genannten Bursa
iliopectinea (subiliaca) noch zu erwähnen: 1) die Bursa iliaca s u ta-
ten d i n e a zwischen der Sehne des Hiopsoas und dem Trochanter minor, 2) die
Bursa musculi recti femoris, zwischen der hinteren unteren Ursprungs-
sehne des Rectus und dem Pfannenrande, 3) die Bursa musculi pectinei
an der Ansatzstcllc des Muskels am Os femoris.
Eine besondere Schilderung der Lage der Theile an der inneren, oder
Beckenwand der Regiones inguinalis und subinguinalis, wie sie sich von aussen
her gesehen darstellen würde, ist nicht erforderlich; es kann für die Haupt-
sachen auf JösseTs topographische Anatomie der Extremitäten verwiesen
werden. Dasselbe gilt ftlr die Präparation der Regiones inguinalis und
subinguinalis, sowie für das Meiste hier in der Schichtenfolge aufgezählte.
Auch auf das in JösseTs Topographie des Bauches Gegebene ist zu verweisen.
Folgendes muss hier aber noch eingehender besprochen werden: Die Lympb'
drüscn der Regio inguinalis und subinguinalis — das Li g^'
mentuminterfov-eolare und die Falx inguinalis — die Art er i»
cpigastrica lateralis — das Spatium retroinguinale (Bogrosi)
— das Foramen obturatum nebst den zugehörenden und durchtretenden
Theilen, insbesondere unter den pathologischen Zuständen die Hernia ob-
turatoria.
Lymphdrüsen der Regio inguinalis und subinguinalis.
Von Lymphdrüsen sind hier zu unterscheiden: 1) Lymphoglandulae in-
guinales, 2) Lgl. subinguinales superficiales, 3) Lgl. sub-
inguinales p r 0 f u n d a e, 4) Lgl. i 1 i a c a e e x t e r n a e und 5) Lg'*
e p i g a s t r i c a c inferiores,
I-<eisteiidrüsen. Uiiterleisteudrüscii. Ligani. interfoveolave. Falx inguinalis. 175
Das Wesentliche über die Lymphoglandulae inguinales und
subinguinales gehört in die Topographie der unteren Extremitäten. Es
^urde bereits erwähnt — S. 143 — , dass sie die regionären Lymphdrüsen
^^^ Hautbezirke des Beckens seien. Hier ist noch einer neuerdings von
^uenu^) im Anschlüsse an Sappey^) gegebenen topographischen Eintheilung
^^r Lymphoglandulae inguinales und subinguinales superficiales zu gedenken,
Welche dadurch gewonnen wird, dass man durch die Einmtindungsstelle der
^^na saphena in die Vena femoralis zwei einander rechtwinklig kreuzende
Linien legt. Diese theilen die oberflächlichen Leistendrüsen in vier
^^'ttppen ein: eine mediale obere, eine mediale untere, eine laterale
^ b e r e und eine laterale untere. Hierzu kommt noch eine vor der Vena
saphena magna liegende fünfte Gruppe. Poirier») unterscheidet drei Gruppen:
groupe genital, groupe fe ssier und groupe crural.
Die Lymphoglandulae iliacae externae bilden die Fortsetzung
*^^r L y m p h 0 g 1 a n d u 1 a e s u b i n g u i n a 1 c s p r 0 f u n d a e; als verbinden-
des Zwischenglied ist die Lymph ogl andula annuli femoralis
^ß 0 s e n m tt 1 1 e r i) zu betrachten. Sie liegen, 3—4 an der Zahl, in dem alsbald
"^^ besprechenden Bogros'schen Räume, dicht an den Vasa iliaca externa; be-
sonders gross und von länglicher Gestalt ist die der Vena iliaca externa an-
legende Drüse. — Längs der Arteria circumflexa ilium profunda finden sich
^uch noch einige (1—2) kleine Lymphdrüsen, die man als Ly mph ogl an-
gine cir cum f lex ae ilium bezeichnen könnte; ebenso trifft man 2 — 3
*eme (linscn-erbsengrosse) Lymphdrüschen längs der Vasa epigastrica inferiora
^n: L y ni p h 0 g 1 a n d u 1 a e e p i ga s t r i c ae i n f e r i 0 r e 8*). Die beiden letzt-
Senannten kleinen Drtisengruppen nehmen Lymphgefässe aus den Bauch- und
eckenwandungen auf, die Lymphoglandulae iliacae externae hauptsächlich
^»^he, welche von den tiefen subinguinalen Drüsen kommen.
lis
Li^amentam interfoveolare. Falx ingiiinalls,
Hesselbach und Henle haben gefunden, dass die Fascia transversa-
le der Gegend der medialen Leistengrube durch zwei diese Grube ein-
^"hessende aponeurotische Faserzüge verstärkt wird, während die Gegend der
J'Ube selbst schwachwandig bleibt nnd den dünnsten Theil der Bauchwand
^^stellt. Darin ist eben ihre Disposition für die Entwicklung von Hernien ~
sind dies die Herniae inguinales directae — gegeben. Braune
1) Quenu, A., Vaisseaux lymphatiques de TAniis. Bulletins de la Societe ana-
^^ique de Paris, 1893. Nro. 16. Juin.
2) Sappey, 1. c. (S. 88).
3) P Girier, P., Quinze lec^ons d'anatonüe pratique. Paris, 1892.
4) Gerota, D., Ueber die Lymphgefässe und die Lymphdrüsen der Nabcl-
«^^end und der Harnbhise. Auiitomischer Anzeiger. X[I. Bd. Nr. 4 u. 5. S. 89. 1896.
^ S. auch: Mascagni- Ludwig- 1. e. (S. 155) Tat'. I, 22 und 25, Tai'. II, 65; lerner
p/ krause 1. c. (S. 155) S. 718 und Bourgery et Jacob 1. c. (S. 155) Taf, 88,
*=>• 1 (Glandulae circuintiexae ilium).
176 Arteria epigastrica lateralis.
führte den wichtigen Nachweis, dass beide Verstärkungszüge mit der Sehne
des Musculus transversus abdominis zusammenhängen und dessen
Beckeninsertionen darstellen, und dass in dem lateralen hinteren Zuge
stets gestreifte Muskelfasern, die dem Musculus transversus abdominis ange-
hören, zu finden sind. Der mediale vordere Zug, der inbesondere auch
mit der Scheide des Musculus rectus abdominis zusammenhängt, wird von
Braune als Henle'sches Band ~ Falx inguinalis BNA — , der laterale
als Hesselbach'sches Band — Ligamentum interfoveolare (Hessel-
bachi) BNA — bezeichnet. Die in ihm (an seiner Vorderfläche) enthaltenen
Muskelfasern könnte man mit His als Musculus interfoveolaris (Braunü)
bezeichnen.
Die englischen Autoren betonen den Zusammenhang des vorderen (medialen)
aponeurotischen Zuges nicht nur mit dem Musculus transversus abdominis, sondern
auch mit dem Obliquus internus abdominis; daher die übliche Bezeichnung der eng-
lischen Handbücher: „conjoined tendon". Nicht immer sind die beiden vorhin
unterschiedenen Züge, welche indessen wesentlich dem Transversus abdominis zuge-
hören, scharf getrennt (Dancer Thane & Godlee).
Die Bedeutung dieser Bildungen für den Einfluss des Musculus transversus
abdominis auf das Zustandekommen und eine etwaige Einklemmung direkter
Leistenhernien ist einleuchtend^).
Arteria epigastrica lateralis.
Die Arteria epigastrica lateralis (Führer, Hermann Stieda)
ist wohl auch bei der topographischen Anatomie des Beckens zu erwähnen-
Da sie, als starkes Gefäss, bei Operationen und Verletzungen am Bauche be-
achtet werden muss, so sei sie hier kurz besprochen. Die Arterie entspringt aus
der Arteria circumflexa ilium profunda, 4—6,5 Centimeter medianwärts von
der Spina iliaca anterior superior (längs des Ligamentum inguinale gemessen)
und steigt zwischen Musculus obliquus internus abdominis und Transversus ab-
dominis nahezu parallel der Arteria epigastrica inferior bis zum Nabel aufwärts.
Auf diesem Wege kreuzt sie die sogenannte Monro'sche Linie, d.i. die Ver-
bindungslinie zwischen Nabel und Spina iliaca anterior superior. Meist findet
die Kreuzung schon unterhalb des Mittelpunktes dieser Linie statt, so dass die
Arterie dann lateral vom Mittelpunkte liegt; sie kann aber auch in den Mittel-
punkt fallen^).
1) Vgl. Braune, W., Das Venensystem des menschlichen Körpers. Text, S. öo«
Leipzig, 1884. — Douglas, Kenneth M., The anatomy of the transversalis muscle and
its relation to inguinal hernia. The Journal of anatomy and physiology, cond. ^y
Humphry etc. Vol. XXIV, p. 220. 1890. — G. Dancer Thane & Godlee, Super-
ficial and surgical anatomy. Appendix to „Quains anatomy". X edit. London, 189^'
P. 56. — Cunningham, D. J., Manual of practical anatomy, II edit. Vol. L p. 392.
1896. — His, W., Die anatomische Nomenclatur. Leipzig, 1895. p. 121. (Separat-
abdruck aus dem Archive für Anatomie und Physiologie.)
2) Genaueres s. bei Herm. Stieda: „Ueber die Arteria circumflexa ilium.
Anatomischer Anzeiger Bd. VIT, S. 232. 1892. Daselbst auch die Literatur.
Spatium retroinguinale. Foramen obturatum. 177
Man hat den Mittelpunkt der Monro'sehen Linie als Ort der Wahl für die
^nctio abdominis angegeben; die Lage der Arteria epigastrica lateralis kommt da-
^^^ in Frage.
Spatium retroinguinale (Bogrosi).
Während die Fascia transversalis beim Uebergange von der vorderen
Rauchwand zur hinteren sich unmittelbar au die von ihr bekleideten Theile
^^^j den unteren Winkel der Bauchhöhle am Ligamentum inguinale also dicht
anschliessend austapezirt, löst sich das Peritonaeum schon oberhalb des
•Ligamentum inguinale von der vorderen Bauchwand (speziell von der Fascia
transversalis) ab und geht über die Vasa iliaca externa hinweg auf die hintere
Rauchwand (speziell die Fascia iliaca) über. Somit muss zwischen Bauchfell
^^^ Fascia transversalis (bezw. Fascia iliaca) in dieser Gegend ein (auf dem
^Verschnitte) dreieckiger Kaum entstehen, dessen unterer Winkel am Ligamen-
vni inguinale liegt. Dieser Raum ist der Bogros'sche Raum^), Spatium
^'^troinguinale m.
Derselbe ist mit einer grösseren Menge subperitonaealen lockeren, oft
^i'k fetthaltigen Bindegewebes ausgefüllt, und erlaubt infolgedessen das
eritonaeum leicht auf eine grössere Strecke hin abzulösen, so dass man in
leser Gegend, von aussen her durch die Bauchdeeken einschneidend, nach
paltung der Fascia transversalis, weit längs der Vasa iliaca und deren Aeste
Jibperitonaeal in das grosse und kleine Becken hinein vordringen kann.
<>ßiit darf der Raum eine erhebliche chirurgische Wichtigkeit beanspruchen,
Medianwärts geht derselbe in die prävesicalen und paravesicalen Binde-
Sewebsräume über, lateralwärts ist er noch eine kurze Strecke längs der Vasa
i**cumflexa ilium profunda zu verfolgen, bis er mit dem Beginne des äusseren
l'^ttels des Ligamentum inguinale aufhört. Im Bogros'schen Räume finden
^*'* 1) Die Vasa iliaca externa, 2) die Ursprungsstticke der Vasa cir-
Umflexa ilium profunda, epigastri ca inferiora und 1 ateralia,
) die vorhin aufgezählten Lymphdrüsen, 4) den Nervus lumboingui-
^*^8» 5) beim Manne die Vasa spermatica interna, den Nervus
^Permaticus externus und den Ductus deferens an ihrem Eintritte
^ den abdominalen Leistenring, beim Weibe das Endstück des runden
'^^terbandes mit dem Nervus spermaticus externus.
y Das Ursprungsstück der A. epigastrica inferior liat eine horizontale
^^aufsrichtung, und wird von den darüber wegziehenden Vasa spermatica in-
^^^a, dem Nervus spermaticus externus und dem Ductus deferens (beim
^ne), vorn Ligamentum tcres uteri imd dem genannten Nerven (beim Weibe),
^^kreuzt.
Foramen obturatum nebst zugehörigen Theilen*
Das For amen obturatum mit den zugehörigen Knochentheilen und
^^ödern samt dem Canalis obturatorius ist bereits Seite 34-44 genau
j^ 1)S. v. Bergmann und Rochs, Anleitende Vorlesungen für den Operations-
j,^^sus an der Leiche. 3. Aufl. Berlin, 1896. S. 54 u. 56. - Bogros, A. J., Essai sur
^^/latomie chirurgical de la r^gion iliaque et description d'un nouveau proccdc pour
*^® la ligature des artcrcs epigastriquc et iliaque externe. Paris, 1823,
^aldeyer, Das Becken. ^^
178 Nervus obturatorius.
genau beschrieben worden. Von den Museuli obturatores, dem Nervus
und den Vasa obturatoria kann hier Abstand genommen werden, da sie
zur unteren Extremität in Beziehung treten. Die Ursprünge der Musculi obtu-
ratores am Becken wurden erwähnt S. 84 und 85.
Hier ist noch nachzutragen Einzelnes über die Verästelung und die
Lage des Nervus und der Vasa obturatoria, wozu Fig. 54 (S. 183)
verglichen werden möge. In dieser Figur ist das knöcherne Becken in die
Weichtheile eines weiblichen Körpers hineingezeichnet, und zwar in der bei
Untersuchungen und Operationen üblichen Lage. Man erkennt daraus die topo-
graphischen Beziehungen der hier zu besprechenden Theile im grossen und
ganzen. Auch Figur 20, welche die untere Extremität in gestreckter Stellung
zeigt, ist zu benutzen.
Nervus obturatorius.
Ueber den Ursprung des Nervus obturatorius giebt Fig. 44 Aufschluss:
er entsteht gewöhnlich aus dem 2., 3. und 4. Lumbalnerven, und zwar an der
Vorderseite des Plexus lumbalis. Mit dem Nervus femoralis bildet er die bei-
den stärksten Zweige des Plexus, welche Zweige den Musculus psoas major
zwischen sich fassen, der Nervus femoralis lateral, der Nervus obturatorius
medial am Muskel gelegen. Beide Nerven durchmessen in sagittaler Richtung
die ganze Beckenhöhle in ziemlich gleicher Ausdehnung. Der Nervus ob-
turatorius kommt auf seinem Wege — s. Fig. 51 (Weib) und Fig. 61 u. 6^
(Mann) — mit folgenden Theilen in topographische Beziehung: An seinem Ur-
sprünge mit dem Processus transversus des V. Lendenwirbels, dann kreuzt
er nacheinander den Truncus lumbosacralis, die Vasa hypogastrica
(welche ihn vom Ureter trennen), die Arteria umbilicalis, und beim Weibe
den oberen Umfang des Eierstockes. Zwischen den Vasa hypogastrica und
der Arteria umbilicalis verläuft er eine Strecke lang parallel der Arteria
uterina; bei allen Kreuzungen liegt der Nerv lateral. Nun tritt er?
immer dicht an der seitlichen Beckenwand hinziehend, in den flach vertiefte»
dreieckigen Raum, der (beim Manne) hinten vom Ureter, vorn vom Ductus de-
ferens (beim Weibe: Ligamentum teres uteri) und oben von den Vasa iliaca
externa begrenzt wird. In diesem Felde bildet er mit der Vena obturatoria
eine charakteristische üreiecksfigur, deren Basis an den Vasa hypogastrica und
dem Ureter, deren Spitze im Beckeneingange des Canalis obturatorius liegt;
die Arteria obturatoria, sofern sie normal entspringt, nimmt die Mitte dieses
Dreieckes ein. Bei gefüllter Harnblase kommen der Nervus obturatorius und
die Vasa obturatoria in das Bereich derselben, wenngleich durch die beidersei-
tigen serösen Bekleidungen von einander getrennt.
Hier sei noch angeführt, dass die BNA. statt der Bezeichnungen: ober-
flächlicher und tiefer Ast, die Namen: Ramus anterior und posterior
haben.
Arteria obturatoria. 179
Arteria obturatoria.
Ueber die Arteria obturatoria sei Folgendes bemerkt; Bei normalem ür-
^pi'unge aus der Arteria hypogastriea ist die Arteria obturatoria etwa halb
so lang wie der Nervus obturatorius. Nach ihrem Ursprünge kreuzt sie sofort den
'^reter und die Arteria deferentialis (Mann), uterina (Weib), bei letzterem auch
^^^sOvarium; sie liegt lateralwärts von diesen Theilen, immer dicht der Becken-
rand an. Im Canalis obturatorius (vgl. Fig. 51) gewinnt der Nervus
obturatorius die laterale, die Vena obturatoria die mediale Lage, die
Arterie bleibt zwischen beiden, rückt aber mehr in die Tiefe (s. Fig. 21).
I^ie Verästelung der Arteria obturatoria anlangend, so theilt sich dieselbe
^^^'^ im Bereiche des Canalis obturatorius in ihren vorderen und hinteren Ast,
*' ^ig. 23. Letztere liegen, soweit die Membrana obturatoria zweiblättrig ist, in dem
^^ischen diesen Blättern befindlichen Räume; der Ramus anterior wendet sich zum
^^^hanibeine und zur Symphyse, der Ramus posterior zum Sitzbeine und zum Hüft-
gelenke. Ein Zweig des Ramus anterior tritt oberhalb des Crus tendineum externum
2Ur Symphyse, der andere durch eine Oeffnung des letzteren oder unterhalb desselben
^yf die Aussenfiäche des Os pubis; ähnlich tritt ein Zweig des Ramus posterior auf
le Aussenfiäche des Os ischii; beide Zweige umkreisen, jeder von seiner Seite
^^) das Foramen obturatum und anastomosiren am unteren Umfange des letzte-
^^ mit einander. Von dem äusseren Zweige geht auch die Arteria acetabuli ab,
^Iche zwischen den beiden Tubercula obturatoria lateralia in das Hüftgelenk ein-
^ingt, ferner die wichtige Anastomose zum Ramus acetabuli arteriae circum-
^xae femoris medialis, welcher im Sulcus tuberoglenoidalis liegt (s. Fig. 23,
' 40 und 66). Auch der Ramus anterior hat Anastomosen mit der Arteria circum-
*^Xa femoris medialis. — Ein anderer bislang übersehener Zweig des hinteren Astes,
^^ Ramus internus desselben i), steigt auf der inneren oder Beckenfläche der
^^hrana obturatoria hinab, zwischen dieser und dem Musculus obturator internus;
^^ ist wesentlich Knochenarterie für das Sitzbein und oft von ansehnlicher Grösse;
^^ endet an der Innenfläche des Tuber ischiadicum. In Fig. 53 ist an der linken
eite der Figur unten im Foramen obturatum sein Endstück sichtbar; es durchbohrt
^^^ die Membrana obturatoria unterhalb eines Verstärkungszuges derselben, um als-
* ^ wieder an die Innenfläche des Tuber zu treten.
Wichtig ist der in etwa ein Drittel der Fälle vorkommende Ursprung der
**teria obturatoria aus der Arteria epigastrica inferior, oder aus der Arteria
laca externa. Falls eine Abzweigung aus der Arteria epigastrica inferior be-
^"t, so wird der gemeinsame Stamm als Truncus epigastricoobtu-
^*^riu8 bezeichnet.
, Der sehr beständigen Anastomose der Arteria circumflexa femoris medialis mit
/^ Ramus posterior der Aiteria obturatoria wird in den meisten Handbüchern
Cht gedacht; fast alle lassen nur die Anastomosen mit dem Ramus anterior zu.
krause macht eine Ausnahme^).
Wichtig sind ferner die Zweige des Ramus anterior arteriae obtura-
^^^^ zum Hodensacke bezw. zu den grossen Schamlippen. Die
Whi ^^ Waldeyer, W., Bemerkungen zur Anatomie der Arteria obturatoria. Ver-
loolf *^ngen der anatomischen Gesellschaft auf der 9. Versammlung in Basel. Jena,
^^^- G. Fischer. S. 100.
8ch ^^ Krause, W., Handbuch der menschlichen Anatomie. 3. Aufl. desC. Krause-
^^^ Handbuches. Hannover, 1879. Bd. 2, S. 640 und S. 654.
l80 Vena obturatoria. Pathologische Zustände: Biibonen.
Arteria obturatoria ist M u s k e 1 a r t e r i e für die Museuli o h t u r a t o r e s und
den oberen Theil der A d d u c t o r e s, K n o c h e n a r t e r i e für das I s c li i o-
pubicum, Gelenk- und ßän d er arterie für die Schoossfuge, das
Hüftgelenk und die Membrana obturatoria. — Anastomosen ausser den
genannten, bestehen noch mit der Arteria glutaca inferior.
Vena obturatoria.
Die Vena obturatoria ist einfach; sie tritt erst an dem inneren Eingänge
des Canalis obturatorius mit der gleichnamigen Arterie zusammen und hat di*^'
selben bemcrkenswerthen Ursprungsanomalien, wie diese. Sie bezieht nudirerc
starke Zweige aus den äusseren Gcsehlechtstheilen (Hodensack und Labia majora)-
Von konstanten Anastomosen sind wichtig die mit der Vena pudenda internal
mit dem Plexus vcsicoprostaticus (vesicovaginalis) und pudcndalis, mit
der Vena circumflexa femoris medialis und mit der Vena glutaca
inferior. Vgl. hierzu die Abbildungen Figg. 23, f)!, 52, 61, G2, 64, 7H,
79 und 80.
Pathologische Zustände und Vorkommnisse in der Regio inguinalis
und subinguinalis.
Wenn wir bezüglich der pathologischen Vorkommnisse an der Haut ain
das S. 139 und 141 Gesagte hinweisen dürfen, so bleiben uns hier noch /U
besprechen übrig:
1) Die B ubo n cn,
2) Die Phlebektasien,
3) Die L y m p h e k t a s i e n,
4) Die H y g r o m e,
5) Die Muskelhernie n,
6) Die Rei t k n 0 ch cn,
7) Die Herniae ob t u r a t or iae.
Der Leistenhoden wird noch weiter bei den pathologischen Zuständen
des Hoden erörtert werden. Die Becken abscesse, von denen hier auch 7M
reden wäre, sollen, wie bereits bemerkt^ in einem besonderen Kapitel abge-
handelt werden.
Buboneni).
Die Lymphdrüsen einer bcstinnntcn Körpergegend werden um so häufig^'*
Anschwellungen und tiefer greifenden pathologischen Prozessen unterliegen, J^
mehr die zu einer bestimmten Gruppe von Lymphdrüsen gehörige Regi^^
Reizungen oder infektiösen Einwirkungen ausgesetzt ist; hierbei spielt natürlich
auch die räundiche Ausdehnung der betreifenden TfCgend eine Rolle. Von
1) Bovßojv = Sclianigogeiid, Drüse dvx Sclianigegend.
Bubonen. Phlebektasien. Lymphektasien. 181
^lleu Lymphdrüsen des Körpers werden am meisten die Bronchialdrttsen
^ffieirt, die man kaum jemals bei einem älteren Individimm völlig gesund finden
^^i»'fte. Diesen zunächst stehen die Leistendrüsen, deren Schwellungszustände
^^^ Namen „l^u honen" führen. Wenn man bedenkt, dass sie ehiem grossen
^"eile der l^auchhaut, der Olutaeal- und Danunregion, den äusseren Ge-
^Cüleehtsorganen^ dem After und der gesamten unteren Extremität als nächstes
^-'yuiphrcservoir dienen^ so kann es nicht Wunder nehmen, sie häufig erkrankt
Oder wenigstens angeschwollen zu finden. Man hat also bei PLrkrankungen
^^^»' Leistendrüsen die genannten Oegcnden zu untersuchen^ um nach des Uebels
Q»ielle zu forschen.
Hierher geluirt noch die Angabe, dass die unteren Gruppen mit den in
^^^i' Längsaxe des Oberschenkels liegenden Drüsen zur unteren Extremität ge-
"*">ren, die, welche parallel dem Ligamentum inguinale liegen, zur Bauchhaut
^ind zu den äusseren (Jenitalien, insbesondere die medialen, zu denen auch vor-
Wiegend die analen Lymphgefässe sich begeben.
Ferner ist nocli hervorzuheben die weit grössere Schwierigkeit, die sich
"^1 operativen Eingriffen seitens der tiefen Drüsen, insbesondere der Rosen-
l^üller'schen Drüse ergibt. Immer muss man daran denken, namentlich bei
^^tektiösen Erkrankungen, dass sieh der Prozess bereits weit in die Becken-
vniphdrüsen fortgesetzt haben kann.
Geseh wollene Drüsen können oft sehr starke Arterien und Venen, wie
^*^ch auffallend grosse Lymphgefässe zeigen. Die Blutgefässe kommen von
^^11 Vasa pudenda externa.
Vielfach gehen die Neubildungen der in Hede stehenden beiden Ge-
S^nden auch von den Lymphdrüsen aus.
Phlebektasien und Lymphektasien.
Die Phlebektasien sind meist Theilersclteinung von varikösen Vencn-
^i'Weiterungen des Bauches (Caput medusae)*) und der unteren Extremität,
-^uatomischerseits sei hier auf die grosse Varixform aufmerksam gemacht,
)Vclchc mitunter an der Vena saphena magna, an deren Einmündungssteile
^*^ die Vena femoralis beobachtet wird. Sie ist schon mit Schenkelhernien
(Wegen ihrer weich elastischen Konsistenz und des Zurtickweichens bei Druck)
^^rvvechselt worden. Man bemerke aber, dass ein Venentumor an dieser Stelle
^<inwinden wird, wenn man die Vena saphena magna — und, wenn vorhanden,
^Uch die Vena saphena accessoria, unterhalb der Geschwulst komprimirt.
^*^s muss freilich in liegender Stellung des zu Untersuchenden geschehen, weil
Sonst der vom Herzen her auf der Einmündung der Saphena lastende Druck,
^^^ langen Blutsäule und der mangelhaften Klappen wegen, ein zu hoher ist^).
1) Braune, W., Das Venensystem (1. c. S. 176). Text S. 24 ff.
2) Trendelenburg, F., Ueber die Unterbindung der Vena saphena magna bei
^»iterschenkelvaricen. „Beiträge zur klinischen Cliirurgie", herausg. von P. Bruns.
^^' VII, S. 195, 1890.
182 Hygrome. Muskelhernien. Reitknochen. Hernia obturatoria.
Lymphangiektasien müssen in hoch- und tiefliegende unterschieden
werden; sie sind weit seltener. Sie pflegen oft mit Elephantiasis ver-
bunden zu sein.
HygTome.
Das wichtigste Hygrom dieser Gegend ist das der Bursa iliopectinea
(subiliaca), es kann eine bedeutende Grösse erreichen und mit dem Hüftgelenke
kommuniziren. Die anderen kommen kaum in Betracht.
Muskelhernien und Reitknochen.
Mit dem Namen „Muskelhernien" hat man Zustände bezeichnet, bei
denen nach Zerreissung einer Muskelfascie ein Stück des von der Fascie um-
schlossenen Muskels durch den Fascicnriss prolabirte und eine subkutane oder
auch tiefer liegende Geschwulst erzeugte'). Dieser Zustand kommt ebenso wie
der folgende, der Eeitknochen, wenn auch selten, bei Leuten, welche viel
reiten, in der Regio inguinalis vor, also an den Adductoren. Der Reitknochen
bildet sich durch Verknöchcrung des Perimysium eines der oberflächlichen
Adductoren.
Hernia obtnratoria, 2)
Obwohl der Tlüftlochbruch weitaus überwiegend bei Frauen vorkommt
— unter 96 von Englisch zusammengestellten Fällen kamen nur 12 auf Männer —
so mag derselbe doch schon hier, wo von den pathologischen Zuständen der
Regio subinguinalis insbesondere des Mannes die Rede ist, abgehandelt werden.
Damit mag es auch seine Erklärung finden, dass wir die Figur 54 hierher-
setzen, welche das knöcherne Becken in situ innerhalb des Gesamtbeckens eines
Weibes darstellt; dieselbe soll unter anderem zur Veranschaulichung der Lage
des Foramen obturatum, bezw. der Hernia obturatoria zum Becken und zum
Oberschenkel im ganzen dienen.
Die Herniae obturatoriae treten durch die innere oder „Becken-
öffnung" des Canalis obturatorius in diesen ein; ihre Austrittsstelle aus
dem Kanäle ist aber eine verschiedene.
Entsprechend der Lage und Richtung des Canalis obturatorius (s. Figg«
18 — 23), nehmen die Httftlochbrüche die laterale obere Ecke des Foramen
1) Rawitz, B., Lang-enbeckVs Archiv, Bd. XXTV, Heft 2.
2) Ausser den S. 38 und 39 aufgeführten Schriften von Gtinz, E. Rose,
Vinson, Roman Fischer und Picque et Poirier wolle man ver«:leichen: Ber-
g e r, P., Article: „Hernies" in D u p 1 a y et R e c 1 u s : Traitt'*. de Chirurgie. Tome Vi,
Pag. 543 seqq., insbesondere S. 810, Paris, 1892, und Eng-lisch, J., Ueber Hernia ob-
turatoria. Leipzig und Wien, 1891. — Picqu6 und Poirier geben die eingehendste
anatomische Schilderung; bei Englisch ist die bis 1891 vorhandene Literatur fast
vollständig aufgeführt, leider mit sehr vielen, zum Theil unglaublichen Druckfehlern.
— Weitere bislang noch unbeschriebene Fälle, darunter einen aus der Berliner chi-
rurgischen Universitätsklinik nebst einigen anatomischen Untersuchungen gibt die
Inauguraldissertation von M. Pichert: „Ueber einen P^all von Hernia obturatoria."
Berlin, 1891. 8.
]s:i
184 Hernia obturatoria.
obturatuni ein ; sie haben einen lateroniedianwärts und zugleich — bei aufrechter
Stellung — von oben nacli unten gerichteten Lauf. Entsprechend ihrer Austritts-
stclle auf die Schenkelfläche des Beckens unterschied Roman Fischer,
gestützt auf das von ihm genau erforsclite anatomische Verhalten, vier Varie-
täten; von diesen sind drei durch die Befunde bei Autopsien sicher gestellt:
1) Der Bruchsack tritt durch die äussere oder „Schenkelöffnung"
des Canalis obturatorius hervor.
2) Der Bruchsack tritt zwischen der oberen (kleinen) und der unteren
(grösseren) Portion des Musculus obturator externus zu Tage.
3) Der Bruchsack versenkt sich noch innerhalb des Canalis obturatorius
zwischen die beiden Y-Schenkel der Membrana obturatoria in die Tiefe, und
tritt somit gar nicht vor den Musculus obturator externus, sondern bleibt von
diesem bedeckt.
Man wolle zur Verdeutlichung des Gesagten und der nunmehr zu gehen-
den Erläuterungen die eben genannten Figuren vergleichen.
In allen drei Fällen — s. die Anatomie des Foramen obturatuni, S. 36 ff. — i^t
die Bruchöffnung, sowie der Anfan^'stheil des Bruches, der Bruehsackhals, von drei
Seiten her: oben, medial und lateral von Knochen unmittelbar umgeben; nur
nach unten hat er Weichtheile zur Begrenzung: zunächst die mit dem Crus tendi-
neum internum zusammenhängende innere fibröse Arkade, welche den Eingang
zum Kanäle von unten her umsäumt (s. S. 41), dann das Corpus adiposum ob-
turatorium (Ca in Fig. 20, Corp. adip. obtur. I u. II in Fig. 19), in welchem das
Gefäss und Nervenbündel eingehüllt ist, darunter dann den Musculus obturator
internus. Die Knochenbegrenzung bleibt auch bis zum Austritte des Bruches die-
selbe — es betheiligen sich mit einem g'rösseren Abschnitte das Schambein, mit einem
kleineren (lateral) das Sitzbein — ; aber die untere (Weichtheilbegrenzung) ändert sich
erheblich mit den drei Varianten.
Im ersten Falle verläuft der Bruch mit dem vorderen Aste des Nervus
obturatorius und mit der Hauptgefässverzweiguno: (Figo;«. 19, 21, 22 und 23); er
durchsetzt die ganze Länge des Canalis obturatorius; der Bruchkörper hat auch den
oberen Rand des Musculus obturator externus als Unterlage und schliesslich
die äussere, mit dem Crus tendineum externum verbundene fibröse Arkade.
Beim Austritte aus dem Kanäle umschlingen ihn von unten her beide Hauptäste
der Arteria obturatoria, und deren Ramus pubicus anterior liegt ihm medial
dicht an, desgleichen die betreffenden Venen.
Der über den Obturator externus hinwegß'etretene Bruch liegt zunächst unter
dem Musculus pectineus. Wird er grösser, so kann er, vgl. Fi^. 20," im Scar pa-
schen Dreiecke bis an die Vasa circumflexa femoris medialia vorrücken. Er
muss sich aber bei weiterem Wachsthume stets medial wenden, weil ihm lateral die
Fascia iliopectinea ein Hinderniss bietet. Medial kann er nun unter den Adductor
brevis rücken, oder über ihn hinweg unter den Adductor longus. Dass eine Hernia
obturatoria sich durch den Spalt zwischen Adductor longus und Pectineus bis zur
Fascia lata vorgedrängt hätte, davon ist mir kein Fall bekannt geworden. Die Hernia
obturatoria bleibt in der Tiefe, während die Hernia femoralis in den weitaus
meisten Fällen sich zur Oberfläche (subkutan) vorschiebt. Das ist auch diagnostisch
nicht unwichtig.
An der Becken-Bruchpforte ist das Verhalten der Gefässe und des Ner-
vus obturatorius zum Bruchsackhalse nicht immer das gleiche. Den anatomischen
Thatsachen nach (s. Fi^g. 19—23, 51, 61 und 62) müssen der Nervus und die
Vasa obturatoria unten und lateral am Bruchsacke liegen, der Nerv etwas
11. -tl
'ln'iifsiiiiH
iit'iijot'iii'S
186 Hernia obturatoria: Arten derselben.
mehr nach oben. Entspringet die Arteria obturatoria zusammen mit der Epigastrica
inferior, dann tritt sie von oben an den Bruch sack heran, beg-ibt sich aber doch zu-
meist auf die laterale Seite; der Nerv ist dann p-anz isolirt (s.Fi^^. 55b). — Es kommen
aber auch Fälle vor, in denen das Gefäss- und Nervenbündel am oberen Umfange
des Bruchsack halses lieg-t (s. F\g. 55a).
Schwer anatomisch verständlich ist ein von Trc^lat mitf^etheilter FalM), in wel-
chem der Nerv medial, die Gefässe lateral und unten laf2;'en. Dass der Bruch den
Nerven von den Gofässen g-etrennt hatte, ist öfters beobachtet worden, nicht aber diese
Art der Trennun«:.
Im zweiten Falle (vgl. hierzu Fig-g. 19 und 21) verläuft der Bruch mit dem
Ramus posterior des Nervus obturatorins, und tritt mit diesem zwischen der
kleinen Portio superior und der grösseren Portio inferior des Musculus obturator
externus aus. Da liegen dann am Austritte aus dem Canalis obturatorius die
Hauptgefässe und Nervonstärnme vor dem Bruchsacke. Tm weiteren Verhalten be-
steht gegenüber der T. Varietllt kein Unterschied. Der von Pich er t I.e. beschriebene
Fall irehört hierher; das Gefass- und Nervenbündel lag lateral und unten vom Bruch-
sackhalse, der Nerv am meisten lateralwärts, die Vene in der Mitte, die Arterie am
meisten medianwärts.
Zu wesentlichen Verschiedenheiten führt der dritte Fall. Hier versenkt
sich der Bruch mit dem Ramus posterior der Arterie und des Nerven, sowie mit
dessen kleinem Muskelzweige für den Obturator externus, zwischen den b(M'den oberen
Blättern der Membrana obturatoria in die Tiefe. In Figg. 19 und 22 ist der Weg der
Hernie klar zu erkennen. Wir sehen in Fig. 22 den weiten, zwischen den beiden
Crura tendinea befindlichen Schlitz, in welchem die beiden (in der Figur abge-
schnittenen) Hauptäste der Arteria obturatoria samt dem (gleichfalls abgeschnittenen)
Ramus posterior nervi obturatorii gleichsam untertauchen. In diesen sonst nur mit
sehr weichem Fette gefüllten Raum dringt auch die Hernie ein. Geht sie nicht weit
in die Tiefe, dann bleiht sie noch durch das Crus tendineum externum vom Musculus
obturator externus getrennt; bei weiterem Vorschreiten jedoch drängt sie sich zwi-
schen diesem und der Membrana obturatoria, durch eine der hier vorhandenen Fett-
lücken (Corp. adip. obtur. TTI und TV in Fig. 19) nach aussen vor, und liegt nun
unmittelbar an der inneren (oberem) Fläche des Musculus obturator ex-
ternus, zwischen diesem und der Membrana obturatoria.
Es ist nicht richtig — vgl. das S. 37, 38 und 43 Gesagte — wenn Picqu^^
und Poirier und auch Berger angeben, dass dann der Bruch zwischen Musculus
obturator externus und Membrana obturatoria interna liege; hier in diesem unteren
Bezirke ist die Membrana obturatoria einfach. Man vergleiche auch Fig. 23.
Die Hauptverschiedenheit dieser Bruchvariante besteht also darin, dass der
Bruch aussen vom Musculus obturator externus bedeckt bleibt. Möglich
wäre es immerhin, dass er, bei schwach entwickeltem oder schlaffem, degenerirten
Musculus obturator externus, sich auch noch weiter Unten einen Weg durch den
Muskel nach aussen bahnte; wenigstens findet man in ziemlich regelmässigen Ab-
ständen noch Gefässzweige durch den Muskel treten; diesen könnte der Bruch unter
solchen Umständen folgen.
Als vierten Weg lässt R. Fischer noch die Bahn des Ramus acetabuli
der Arteria obturatoria zu; ein Fall der Art ist jedoch noch nicht beobachtet
Die beschriebenen sonstigen Abweichungen: eingeschnürter, zweilappiger Bruchsack,
Durchtritt durch eine in der Mitte der Membrana obturatoria gelegene Oeflfnung'»
die so häufige Einklemmung, u. a. erklären sich aus den anatomischen Verhältnissen,
namentlich aus den vorhin, 1. c, beschriebenen wechselnden Verstärkungszügen der
Membrana obturatoria.
1) Trelat-Bouchard, Bull, de la Societe de Chirurgie. 1872. p. 525.
Hernia obturatoria: Inhalt, Diagnose, Ursachen. 137
Inhalt der Hernia obtnratorla. Meist wurde Dünndarm gefunden, dann
^^ Processus vermiformis, das Ovarium, die Tube, und einmal
^^^ Einern von Krön lein beobachteten und von Brunner^) beschriebenen Falle)
^^ Uterus; ferner ein Rlasendivertikel. Dies alles erklärt sich leicht aus
^ö anatomischen Verhältnissen.
Diagnose der Hernia obturatoria. Für die Diagnostik kommen in Betracht:
^ tiefe Lage der Hernie, die infolgedessen keinen circumscripten subkutanen
'^or bilden kann, sondern höchstens eine diffuse Schwellung in der Adductoren-
^^i^d der Regio subinguinalis, falls sie überhaupt eine Anschwellung verur-
^^ dann der Weg zu einer Pforte unterhalb des oberen Schambein-
^^^s, /n der in einzelnen Fällen der nachdrängende Finger beim Untersuchen
^^itihrt wird, endlich die Lage zur Genitofemoralfurche hin; beim Weibe kann
^ ochwellung auf das Labium majus übergreifen. — Wichtig ist die Exploratio
r/ Vaginam oder auch per Rectum, nöthigenfalls mit der ganzen Hand und
Manuell. Die richtige Untersuchungslage ist die in Fig. 54 gezeichnete,
^1^ in dieser Position wird das Foramen obtnratum sowie die ganze Gegend
gbchst frei. Verwechselungen können vorkonmicn mit einer Hernia
^^''inealis, die zum Labium majus vordringt, und mit einem der seltenen
^Ue von Hernia f e m o r a 1 i s p e c t i n e a^). Schwierig ist die Erkennung
^^ gleichzeitig bestehender Hernia femoralis und obturatoria^).
Von Bedeutung ist, abgesehen vom lokalen Druckschmerze, das sogenannte
/^mberg'sche Symptom, d. h. ein im Gebiete des Ramus cutaneus nervi
«ratorii zur medialen Seite des Oberschenkels bis zum Knie hin ausstrahlender
"^erz. Kommen hierzu die allgemeinen Bruchsymptome, so kann damit
nach Ausschluss sonstiger Veränderungen — die Diagnose gesichert sein.
^'^i^stens stimmte dies in den zwei Fällen, die ich anatomisch zu unter-
^uen Gelegenheit hatte, und in denen die Diagnose (von Methner sen.^
^eslau) wesentlich mit auf Grund des Rombcrg'schen Symptomes gestellt
^uen war. Im ersten Falle war nicht operirt worden, im zweiten unternahm
^thner die Operation; der Tod erfolgte in beiden Fällen durch Peritonitis
^Jge von Gangrän des im Bruchsacke liegenden Darmstückes.
Ursachen der Hernia obturatoria. Wir sehen hier von den direkten Ver-
^ssungen ab und betonen nur die entfernteren anatomischen und physio-
tischen Momente. Dahin gehören wiederholte Schwangerschaften, Erschlaffung
j^ ^^ckenmuskulatur — die meisten Herniac obturatoriae wurden bei alten
auen beobachtet; auch die beiden von mir erwähnten betrafen solche — ,
le Beckenöffnung des Canalis obturatorius, Schwund oder übermässige Ent-
^ ^lung des Corpus adiposum obturatorium. Das Schwangerschaftsmoment
Chi "^^, -"^^^nner, C, Herniologische Beobachtun<>'eii. In: „IVdtrii^^'e zur klinischen
^^^gie", herausgeg. von P. BruiiS. Bd. IV. 1889.
2eit ^^ ^^i'g'lGiehe über diese: Alberti, Bruchschnitt einer Hernia pectinca. Deutsche
®^hr. für Chirurgie. Bd. 40. 1895. S. 426,
Qj , ^^ Auerbach, S., Beitrag zur Lehre von der Hernia obturatoria. Münchener
^- Wochenschr. 1890.
188 Hernia obturatoria: Hüllen, Operation. Regio perinealis.
sowie die Thatsaclie, class das Foramen obturatuni und der Canalis obturatorius
weiter sind, erklären die g:rösserc Häufigkeit der Ilcrnia obturatoria beim Weibe.
Bniclihüllen. Ausser dem Bruebsacke hat die Hernie eine Fascia
subperitonaealis mJ) in Gestalt eines oft sehr starken (in einem der von
mir untersucbten Fälle) Fctt~Bindci!:cwebes; hierzu trägt der obturatorische
Fettkörper bei. Die Beekenfascic ist sel])stvcrständlieh nicht betheiligt.
Operatlons-Aiiatoniie. Der von aussen zur Hernie vordringende Operateur hat
den Schnitt so zu führen, dass die lateral gelegenen Vasa femoralia und
ausserdem, beim Manne, der Ductus deferens vermieden werden. Man wähle
also einen Längsschnitt, der in der Leistenbeuge beginnt und längs des medi-
alen Pectineusrandes, medianwärts von der Eimnündungsstelle der Vena
saphena magna, verläuft. Man hat dann nteist noch den Musculus pecti-
neus dicht an seinem oberen Ansätze (jucr zu durchschneiden, eventuell auch
noeh (Variante HI) den Musculus obturator externus. Wegen der Abweichungen
in der Lage der Oefässe und Nerven lege man sich das 0|)erationsfeld völlig
frei. Als Operationslage ist die Trcndelenburg'sche zu wählen, s. P^ig. 54.
In einem Falle (Werner^) ist es gelungen durch einen bei der Exploratio
per Vaginam ausgeübten Zug die Hernie zu reponiren.
IV. Dammgegend (Regio perinealis) (3).
Allgemeines.
Die Dammgegend, Regio perinealis, bildet den Boden des Beckens,
und entspricht somit dem Beckenausgange; in ihr finden sich die äusseren
Oeffnungen der Eingeweiderohre, welche dem Becken angehören. Indem beim
Manne, dessen Dammgegend wir zunächst abhandeln, die Harnröhre, gleich
nach ihrem Durchtritte durch den Beckenboden, von dem der Regio pudendalis
angehörigen Bcgattungsglicde, dem Penis, aufgenommen wird, entzieht sie sich
alsbald wieder der Dammgegend. Beim Weibe durchsetzt auch die Geschlechts-
öffnung die Regio perinealis, während sie beim Manne in die Harnröhre mündet.
Der hier hervorgehobene Unterschied bezieht sicli mir auf die topographischen
Verluiltiiisse. Dn die Harnröhre des Mannes, distal von der Mündung der Ductus
ejaculatorii, dem Sinus urogenitalis, d. h. dem Vestibulum vaginae des Weibes mor-
phologisch entspricht, so bleiben sich im übrigen die Dinge gleich. Vgl. die später
folgende entwicklungsgeschichtliche Uebersicht.
Die genannten Oeffnungen sind in einen Muskel- und Band-Rahmen ein-
gelassen, von welchem sie fest umfasst werden. Unmittelbar auf diesem Rahmen
ruhen die Beckeneingeweide.
Umgrenzuiij^. Eintlieiliing. Aeusseres Bild.
Die Dammgegend (s. Figg. 8 und 4) erstreckt sich vom unteren Rande
der Schamfuge bis zur Steissbeinspitze; die zeitlichen Grenzen bilden vorn die
Rann inferiores ossis pubis und ossis ischii bis zu den Tubera ischiadica*, yon
1) Fascia peritonaei autt.
2) Werner, Württemberg'sches Correspondenzblatt 1862.
Regio perinealis: Eintheilung, äusseres Bild. 189
^^ ab hinten die medialen Ränder beider Ligamenta saerotuberosa. Sonach
hat die ganze Gegend eine Rautenforni.
Ein wenig vor der Linea interischiadica liegt die hintere Grenze des
**päter zu besprechenden Trigonum urogenitale; diese Grenze läuft der
^^J^ea interischiadica parallel und entspricht Ilcnle's^) „transversalem
^ ^ p t u m der P e r i n e a 1 m u s k e 1 n" . Sie geht beim Manne dicht hinter
^^m Bulbus urethrae vorbei; beim Weibe dicht hinter der Schanispalte. Sie
'^hcilt die Regio perinealis in ein vorderes und hinteres Dreieck; das vordere
^^nl als Regio u r o g e n i t a 1 i s, das hintere als R c g i o a n a 1 i s bezeichnet,
^^h nenne diese Linie^ welclie von der Linea interischiadica wohl unterschieden
Verden muss: Linea septi per in ei.
Behn aufrechten Stehen schliessen die Oberschenkel fast die ganze Gegend
^^^7 ebenso beim Liegen mit gestreckten Beinen. Werden letztere im Liegen
S^lioben, dann wird die Regio perinealis frei.
Von der D a m m g e g c n d (R e g i o p e r i n e a 1 i s) nmss der D a m ni
^^ ^i'ineuni) geschieden werden. Unter der letzteren Bezeichnung versteht
'^^an den zwischen Afteröffnung und hinterer Grenze der äusseren Geschlechts-
teile befindlichen, seitlich von beiden Oberschenkeln, genauer, den vorderen
■"^atesfortsätzen (n in Figg. 10 und 11) eingeschlossenen Bezirk.
Der D a m m des M a n n e s erstreckt sich vom vorderen Rande der Af ter-
unung bis zur hinteren Grenze der Scrotalanheftung; er ist schmaler, aber
^^^ger als der des Weibes; seine Maasse sind genauer nur nach der Längeu-
^^sdehnung anzugeben, und betragen beim Manne etwa 2,5 — 3 cm. Seine Breite
gewinnt der Damm erst bei gespreizten Beinen, indem er sich erst in dieser
^situr gewissermaassen entfaltet; vorn, unmittelbar an den Geschlechtstheilen,
^st er am breitesten; er verschmälert sich gegen den After hin; seitlich be-
&**enzen ihn die beiden Glutaeoperinealfurchen. Bei geschlossenen Beinen
^J'scheint der Damm als eine schmale vertiefte Stelle zwischen den beiden eben
genannten Natesfortsätzen, kaum breiter als die mehr oder weniger deutlich
^^twickelte Raphe per ine i. Alles dieses erhellt aus den beiden Figuren
^^ nnd 11; s. auch S. 10.
Die Handbücher der beschreibenden und topographischen Anatomie äussern
»ich verschieden über den Begriff* ,,Damm". Ich folge Luschka (Anatomie des
eckens, S. 42/43), wenn er den Ausdruck „Perineum" (Damm) für die Brücke zwi-
^hen After und Geschlechtsöffnunff, das „Interf or amineum" R. de Graaf's
luunt, g^ehe aber nicht mit ihm, wenn er einen „Damm*' nur dem weibh'chen Ge-
.. /^*^^hte zuerkennen will. Der Bezirk des männlichen Beckenbodens zwischen After-
uung' und hinterer Hodensackgrenze ist, wie klar aus der Entwicklungsgeschichte
^^llt, dem weiblichen Damme homolog, denn unmittelbar vor der Anheftung des
^^otum bricht ja der Theil der männlichen Harnröhre, welcher dem Sinus urogeni-
aiis des Weibes, d. h. dem Vestibulum vaginae, entspricht, durch den Beckenboden
^J^durch; er ist nur mehr nach vorn gerückt, als beim Weibe; dadurch entsteht aller-
jj,. 1) He nie, J., Handbuch der systematischen Anatomie des Menschen. Bd. H.
*|*^geweidelehre. 2te Aufl. S. 513. (Ks ist dort als Druckfehler „System" statt „Septum"
stehen g«^blieben.)
190 Regio perinealis: Aeussere Untersuchung, Präparation.
dings eine Differenz zwischen dem männlichen und weiblichen Damme, welche jedoch
nicht dazu berechtigt, den Damm für den Mann fallen zu lassen.
Andere, ich nenne nur G. Dane er Tliane und Godlee (Quain's anatoiny»
10 edit. „Superficial and surgical anatomy", London, 18%, p. ()2), bezeichnen mi**
„Perineum" den gesamten dem Beckenausgange entsprechenden Becken boden; dies
nenne ich mit den BNA. die „Regio perinealis". Am besten hat Gegenbaur
(Lehrbuch der Anatomie des Menschen. ()te Aufl.., 1896, S. 182 und 194) die Sache
auseinandergesetzt.
Die Eintlicilung in eine Regio urogenitalis und a n a 1 i s ist eine
durch die anatomischen Verhältnisse oline weiteres sich ergebende und natür-
liche; deutlich sind beide durch die Linea septi perinei beim Manne geschieden,
und sind hier fast von gleiclier Gestalt und Grösse; beim Weibe erstreckt sich
die Kegio pudendalis mitten in die Regio urogenitalis hinein bis
zur Linea septi perinei hin.
Die Stelle, welche der Mitte der Linea septi perinei entspricht, ist zu-
gleich der Mittelpunkt der Regio perinealis; es empfiehlt sich, sie besonders
zu benennen und wähle ich dafür im Anschlüsse an die Engländer die Bezeich-
nung „Centrum perineale^ (Central point of the perineum). — Siehe
weiter unten.
Die Linea interischiadica trifft etwa die Mitte des Anus, siehe
Fig. 3. In Fig. 4 ist der Anus etwas zu weit nach hinten gezeichnet.
Das Centrum perineale liegt 2,5 cm vor der Mitte des Anus.
Beim Manne setzt sich die Raphe perinei, s. Fig. 11, auf das Scrotum
und von da auf den Penis fort : Raphe scroti, Raphe penis. Sie er-
klärt sich aus der Vereinigung der ursprünglich bilateral symmetrischen An-
lagen aller in der Mitte des Körpers befindlichen, später scheinbar unpaaren
Organe. Vgl. die entwicklungsgeschichtliche Uebersicht.
Bezüglich des äusseren Bildes s. S. 10.
Aeussere Untersnchung, Präparatiou.
Wir schicken die Besprechung der „Präparation" diesmal der „Schichten-
folge" vorauf, weil dieselbe gleich für die gesamte Regio perinealis angegeben
werden kann, während für alles Weitere die Regiones urogenitalis und anahs
getrennt behandelt werden müssen. Auch sollen die Bemerkungen über die
Untersuchung der äusseren Genitalien, der Scheide, des Rectum, der Harnblase
und der Harnröhre von aussen her hier gleißli angefügt werden.
Die Leiche liegt auf dem Rücken mit erhöhtem Becken; bei Männerleichen
werden Scrotum und Penis nach vorn geschoben. Die Oberschenkel werden gesprei^»'
und gegen den Bauch gebeugt; in dieser Lage werden die Beine mit gebeugten
Knieen befestigt. Die Lage der Theile und insbesondere auch die Lage des Beckens
innerhalb der Weichtheile ist dann aus den Figuren 10, 11 und 54 ersichtlich.
Nach Säuberung der Theile und Entfernung der Haare wird das Rectum S^'
reinigt und mit Watte oder Werg ausgestopft; ebenso bei Weiberleichen die Scheide-
Es empfiehlt sich, bei gefüllter Harnblase dieselbe mittelst des Katheters zu entleeren,
bei Weibern auch ein Speculum in die Scheide einzuführen, um die Portio vaginalis
zu besichtigen; überhaupt werden erst alle äusserlich sieht- und fühlbaren Theile
untersucht und bestimmt. So versäume man nicht beim Manne nach Entleerung des
Regio perinealis: Präparation. 191
^^ctum mittelst des eingeführten Fingers die Prostata und die Samenblasen abzu-
ästen, was unschwer gelingt, desgleichen die vordere Kreuzbeinfläche und das Steiss-
^6in, welches auf seine Beweglichkeit geprüft wird. Beim Weibe touchire man vom
Rectum und von der Scheide aus und bringe von den Bauchdecken her mit der
*^nderen Hand (bimanuelle Untersuchung) die Beckenorgane, insbesondere die Gebär-
mutter, dem in die Scheide oder in das Rectum eingeführten Finger entgegen. Die
läse kann man wiederholt füllen und entleeren, um ihren Stand bei verschiedener
üllung. festzustellen und sich im Katheterisiren zu üben. Auch empfiehlt es sich, die
^iche in der Knieeilenbogenlage zu untersuchen; die beweglichen Eingeweide sinken
^nn stark nach vorn und der Beckenraum wird frei. In dieser Stellung sieht man
^1 Eröffnung des Afters durch zwei oben und unten eingesetzte stumpfe Haken sehr
^^t die verschiedenen Falten des Rectum; es gelingt dies auch bei der Rückenlage
^^^ erhöhtem Becken i).
Beim Manne taste man durch die unverletzte Haut den Bulbus urethrae und
^e Corpora cavernosa penis ab, ferner die Hoden, Nebenhoden, den Samen-
*J^ang, und lerne in letzterem den knorpelhart sich anfühlenden mehr nach hinten
Gelegenen Ductus deferens von dem Gefässbündel trennen. Beim Weibe ver-
*Ume man nicht schon bei dieser Präparation auch die äusseren Geschlechtstheile zu
^tersuchen, und sehe insbesondere auch nach den Bartholin 'sehen Drüsen und
eren Mündungen sowie nach den Ductus paraurethrales; in beide versuche man
^^e Sonden einzuführen, um die Richtung der Kanäle festzustellen.
Die Hautschnitte werden jederseits von der Steissbeinspitze zum Tuber
chiadicum, und von da beim Manne bis zur Basis des Scrotum, beim Weibe in der
enitofemoralfurche bis zum Mons pubis geführt.
Bei der Abpräparirung der Haut achte man auf die Hautmuskulatur: Haut-
ern des Sphincter ani externus, des Levator ani und des nicht selten vorkommen-
. ^ ^'i*ansversus perinei superficialis; vorn gegen das Scrotum, bezw. die Labia ma-
^^ hin die Tunica dartos perinealis.
P In der Regio urogenitalis folgt dann die Fascia perinei, welche von den zur
Ut durchtretenden feinen Nerven und Gefässreiserchen durchbohrt wird. Man er-
te diese Fascie sorgfältig und stelle ihren Uebergang in die Fascia penis beim
nne und in die oberflächliche Fascie des Mons pubis beim Weibe fest, constatire
Her ihre Befestigung am hinteren Rande des Trigonum urogenitale in der Linea
Pti perinei und an beiden unteren Schambeinästen, und die Existenz eines von ihr
geschlossenen mit lockerem Fettbindegewebe, welches sich zum Bauche hin fort-
^h gefüllten Raumes, in welchem u. a. die Nervi et Vasa scrotalia (labialia) poste-
^ nach vorn verlaufen. S. Fig. 56 das blau gezeichnete.
fe oberflächliche Fascie wird nun im Gebiete des Trigonum urogenitale ent-
, t, Und die Muskeln, Nerven und Gefasse desselben präparirt, desgleichen die Vor-
Unt ^^^^* ^^' ^^^^^^ ^^^ Figuren 56, 57 u. 77.) In derselben Weise präparire man,
j. ^^ Erhaltung der Gefasse und Nerven, die Regio analis mit der Fossa ischio-
^''^is, bei vorsichtiger Ausräumung des Fettkörpers der letzteren.
*> I^s empfiehlt sich, nachdem an beiden Seiten die oberflächlichen Gefasse und
hV h^^ Pi*äparirt sind, letztere an einer Seite zu entfernen, um einen klaren Ueber-
^ über die Muskeln und Fascien an dieser Seite gewinnen zu können.
An der Seite, wo die Nerven und Gefasse entfernt sind, durchschneide man
nmehr das Corpus cavernosum penis bezw. clitoridis, und löse das Grus
and^^ ^*^^^toridis) von seinen Befestigungen am Os pubis soweit ab, dass es nach der
^^en Seite bequem hinübergelegt werden kann. Dann ist das Trigonum urogeni-
«In ^^ ^tis, Walther J., Anatomische Untersuchungen am menschlichen Rectum und
neue Methode der Mastdarminspektion. Leipzig, 1887.
192 Reg-io perinealis: Topographische ITebersicht.
tale dieser Seite völlig* auszupräpariren, ferner vorn, unter dem Schambogen, das
Ligamentum praeurethrale m. (Ligamentum transversum pelvis Henle)
und die Durchtritte des Nervus und der Vasa dorsalia penis (clitoridis). S. Fig. 57 a*
Nach Einführung eines Katheters wird dann die Durchtrittsstelle der Harnröhre
durch das Trigonum urogenitale präparirt, ferner, unter Einschneiden der Damm-
schicht des Trigonum, der Nervus und die Vasa pudenda interna (s. die angezogenen
Figuren, sowie die später folgende Beschreibung). Man gehe diesem Gefäss- und
Nervenbündel . nach in seinem Laufe durch die Fossa ischiorectalis bis zu seinem
Durchtritte durch das Foramen infrapiriforme, wobei der fasciale Gefässkanal (Alcock-
sche Kanal) aufzuschneiden und der Glutaeus maximus und das Ligamentum sacro-
tuberosum einzuschneiden sind.
Schliesslich schneide man im Centralpunkte des Dammes, dem Laufe der Line»
septi perinei nach, quer ein, trenne stumpf Rectum und Urogenitalorgane voneinander,
und gehe nach oben vor bis zum Fundus der Excavatio rectovesicalis (Mann),
rectouterina (Weib). Beim Manne (s. Fig. 58) sieht man dann von hinten her
die Prostata mit dem Ductus deferens und den Samenblasen durch ihre
Kapsel durchschimmern; beim Weibe die hin tere Scheiden wand. Ist die Bauch-
höhle von vorn her geöffnet, so kann man das die genannten Excavationen aus-
kleidende Bauchfell sich entgegendrängen und vom Damme her präpariren. Beim
Manne wolle man den Katheter in die Harnröhre einführen, mit demselben die Prostata
sich so entgegendrängen, wie das beim Damm-Steinschnitte geschieht und dann regel*
recht die Partes membranacea und prostatica urethrae mit dem Skalpell eröffnen; vor-
her ist noch die Pars membranacea vollständig freizulegen. Beim Weibe sind die
Bulbi vestibuli zu präpariren. — Es gilt natürlich, für die Zwecke der topographi-
schen Präparation, bei weiterem Vorschreiten stets die gegenseitige Lage der Theile
im Auge zu behalten^).
Topographische Uebersicht der Begio perinealis 2).
Die S c h 1 e i m h a u t r 0 h r e, welche die Regio perinealis durcbset/eo?
treten in der Medianebene, vom Hehambogen bis zur Steissbeinspitze, hindurch!
seitlich senkt sich das Cavum peritonaeale nicht bis zu dem muskulösen Beckeu-
boden hinab, indem sich reichlich P'ett zwischenlagert; etwas tiefer reicht eS
in dem medianen Bezirke zwischen den Scbleinihautrohren hinunter.
Der fascial-muskulöse Boden ist in den knöchern-ligamentösen Rahmeo
des Beckenausganges (s. die Figg. 29, 30, 56, 57, 57 a und 65) einge-
spannt, und zwar in zwei verschiedenen Abschnitten: dem Diaphragn^^
pelvis und dem Trigonum urogenitale. Das Diaphragma pelvis
nimmt den ganzen Beckenboden ein, indem es einen Trichter bildet, desseii
1) Jüngst hat Nussbaum (für den männlichen Damm) ein Verfahren ang^'
geben, welches gewisse Vortheile hat. Sind hinreichend Leichen zur Verfügung, ^^
empfiehlt es sich, nach der Präparation in der hier vorgeschriebenen Weise, an eine
zweiten Leiche noch nach Nussbaum 's Vorschrift die Dammregion und die inneren
männlichen Harn- und Geschlechtsorgane zu behandeln. S. Anatomischer Anzeige^
18%. Bd. XL Nr. 2L ,
2) Der Einfachheit wegen gebrauche ich im Folgenden die Worte „oberflächlich
und „tief" gleichbedeutend mit „hautwärts" und „beckenwärts". Da bei den Unter-
suchungen und Operationen der Körper in einer Lage sich befindet, in welcher e
seine Dammgegend dem Untersuchenden zuwendet, so ist es zweckmässig, bei de
Beschreibung auch vom Damme aus gegen das Becken vorzudringen und „oberfläcV
lieh" und -tief" in diesem Sinne zu verwenden.
Regio perinealis: Topographische Uebersieht. Fossa ischiorectalis. 193
p^slass der Anus darstellt Die Grundlage dieses Trichters ist der Musculus
^Vator ani samt dem Musculus coccygeus, deren Fasern hauptsächlich vom
^ööchernen Beckenrahmen entspringen und zum Anus hin convergiren (Fig. 65).
So weit das Ischiopubicum den Beckenausgang begrenzt, ist diesem
"^^skulösen Diaphragma ein starkes ligamentös-muskulöses Blatt oberflächlich
^''gelagert; welches in Gestalt eines Dreieckes den Raum zwischen der Sym-
physis ossium pubis und den beiderseitigen Schamsitzbeinästen ebenso ausfüllt,
^1^ der Musculus mylohyoideus den Knochenrahmen des Unterkiefers,
^^eses Blatt ist das Trigonum urogenitale.
So weit das Trigonum urogenitale nach hinten reicht, haben wir, wie gesagt,
^^^ Regio urogenitalis; von der hinteren Grenze, der Linea septi perinei
^% wird das Diaphragma pelvis, welches vorn durch das vorgelagerte Trigonum
urogenitale verdeckt war, frei, und es beginnt dort die Regio analis.
Vorn, so weit das Diaphragma pelvis durch das Trigonum urogenitale
^^rdeckt ist, hat das Diaphragma einen medianen Längsschlitz; durch diesen
*6ten die urogenitalen Schleimhautrohre mit einem Theile ihrer Adnexa
^Murch, um zum Trigonum zu gelangen. Mit dem Diaphragmaschlitze
Sehen diese Rohre keinerlei Verbindung ein; für sie tritt die
^uskelverbindung mit dem Beckenboden erst auf, während sie
^s Trigonum urogenitale durchsetzen.
Das Diaphragma pelvis geht Verbindungen nur mit dem End-
'^iicke des Rectum ein; sonach hat jedes der durchtretenden Schleimhaut-
^hre nur Verbindungen mit je einem Muskelstratum des Beckenbodens.
Indem, wie vorhin bemerkt wurde, das Diaphragma pelvis eine Trichter-
^^^^ hat, vom knöchernen Beckenrahmen ziemlich hoch kranialwärts entspringt
J^^d zur Mittellinie nach dem After hin convergirt, muss zwischen der knöchernen
v^edialen) Beckenwand und der Aussenfläche (lateralen Fläche) des Diaphragma
Pulvis jederseits ein dreiseitig prismatischer Raum übrigbleiben, der seine Basis
'^^ Haut des Dammes kehrt, seine Kante zum Beckenraume ; die Kante liegt
^ Ursprünge des Diaphragma vom Knochen. Dieser Raum ist der Hauptsache
ach mit Fett ausgefüllt, ausserdem durchsetzen ihn noch Gefässe und Nerven.
a er sich zwischen Rectum und Tuber ischiadicum einschiebt, wird er die
«^^ossa ischiorectalis" genannt. — Das ihn ausfüllende Fett hängt mit dem
"^^örhautfett der Gesässgegend zusammen. (Figg. 111, 112.)
, Die Fossa ischiorectalis ist wichtig für die Defäkation, für den Durchtritt
^indeskörpers bei der Geburt, so wie für alle Operationen, welche von der
^ren Beckenapertur ausgehen. Der ihn ausfüllende mobile Fettkörper weicht beim
drängen der durchpassirenden Massen seitlich und nach unten aus, so dass Raum
gönnen wird. In dieser Beziehung ist auch noch auf das bewegliche Steissbein
auf die seitUche Begrenzung der Regio analis durch Bänder aufmerksam zu
cnen. Der Geburtsweg geht, der Hauptsache nach, durch die Regio analis. —
^ deiche Fettkörper gewährt aiisserdem Schutz gegen den Knochendruck.
- Da vorn, im Bezirke des Ischiopubicum, dem Diaphragmatrichter die
. ^*te des Trigonum urogenitale vorgelagert ist, so wird hier ein Cavum
®^hiorectale nicht mehr frei vortreten können, sondern es wird oberflächlich
^aldeyer. Das Becken. ^^
194 ftegio perinealis: Topographische Üebersicht.
(hautwärts) vom Trigonum gedeckt sein. Die Fossa isehiorectalis jeder Seite
hat also einen hart an der Symphyse zugespitzt endenden, in die Regio uro-
genitalis sich hineinerstreekenden Fortsatz, welcher medianwärts vom Diaphragma.
(Levator ani), lateral vom Knochen, und hautwärts vom Trigonum urogenitale
begrenzt ist. Wir nennen ihn die Schambeinnisclie, Recessus pubicus,
der Fossa isehiorectalis.
In grossen Zügen geschildert, wird vorn, im Gebiete des Trigonum
urogenitale, zwischen seröser Beckenhöhle und Haut ein dreitheiliger Auf-
bau des Becken bodens vorhanden sein.
Von der Haut zum Cavum pelvis vordringend, treflfen wir nämlich:
1) ein Spatium subcutaneum,
2) ein Spatium musculo-aponeuroticum,
3) ein Spatium subserosum (vergl. Figg. 111, 112, 113).
Das Spatium subcutaneum wird durch die Fascia pcrinei nochmals
in zwei Abtheilungen geschieden: in das Spatium pracfasciale und sub-
fasciale. Das erstere liegt zwischen Haut und Fascia perinei; es enthält das
subcutane Bindegewebe und die in diesem verlaufenden Hautgefässe und Nerven?
das zweite, oder der Colles'sche Raum^), wie man ihn nennen könnte, enthält,
ausser lockerem Fettbindegewebe, die Nervi und Vasa scrotalia (labialis)
posteriora, und die Musculi ischiocavernosi, transversus perinei und
bulbocavernosus, samt dem Bulbus urethrae.
Das Spatium musculo-aponeuroticum umfasst das Trigonum uro
genitale samt der Pars membranacea (muscularis) der Harnröhre und
der Glandula bulbourethralis (Cowperi) beim Manne, Harnröhren-
ende, Endstück der Scheide und Glandula vestibularis major (Bar-
tholini) beim Weibe.
Das Spatium subserosum wird wiederum in zwei Theilc geschieden,
in einen lateralen und medialen; die Scheidung geschieht durcli den Mus-
culus levator ani, also durch das Diaphragma urogenitale. Der laterale Theü
ist identisch mit dem vorhin genannten Recessus pubicus fossae isehiorectalis,
der mediale liegt beim Manne zwischen Levator ani (lateral) und Prostata
(medial); er wird im wesentlichen ausgefüllt durch den venösen Plexus vesi-
coprostaticus, F'ettbindegewebe und die Beckcnfascie. Nur dieses Spatium
liegt streng genommen subserös, das laterale ist durch den Levator ani von
der Serosa getrennt (s. Figg. 111, 112, 113). Indem es sich nach hinten in dio
Fossa isehiorectalis fortsetzt, welche ein subcutaner Raum ist, gehört es,
streng genommen, zum subcutanen Spatium.
Hinten, in der Regio analis, haben wir nur einen zwcitheiligeJ^
Aufbau. Der oberflächliche Raum, das Spatium subcutaneum, umfasst die
Fossa isehiorectalis, so weit diese unter der Haut liegt, d. h. also bis zur
Linea septi perinei. An dieser Linie beginnt der zur Regio urogenitalis gß'
1) Nach Abraham Colles, welcher zuerst genau die Dannnfascie und de«
unter ihr gelegenen Kaum beschrieb, (s. Treatise on surgical anatorny. 3 edit.
Dublin, 1814.)
Regio perinealis: Schichtenfolge.
1Ö5
hö;
^ '*'ge, eben besprochene Recessus pubieus fossae ischiorectalis. Das zweite
^Patium, das Spatium subserosum, begreift das Diaphragma pelvis und
^ subseröse Bindegewebe nebst der Beekenfascie in sich.
Im Spatium subcutaneum dieser Gegend liegt lateralwärts am Musculus
^^turator internus das Bündel des Nervus und der Vasa pudenda interna,
^ßn der Fettkörper der Fossa ischiorectalis mit den ihn quer und schräg
^^rchsetzenden Nervi und Vasa haemorrhoidalia inferiora undperinei;
^s Spatium subserosum enthält, ausser den eben genannten Theilen, nichts
^^sonderes.
Dicht unter dem Peritonaeum liegt fast im ganzen Bereiche des Beckens
^me mehr oder minder mächtige Lage blätterigen, fetthaltigen Bindegewebes,
^^ Tela subperitonaealis-, sie hat hier eine ganz besondere Bedeutung und
'^i'd mit den Fascien in einem besonderen Kapitel besprochen werden. Vgl.
^^^h: Regio pubica.
Schichteiifolge.
Nachdem im grossen und ganzen der topographische Aufbau der Regio
Perinealis geschildert wurde, folgt eine tabellarische Aufzählung der Schichten
jeder Untergegend, wie sie von der Haut zur Beckenhöhle hin aufeinander lagern.
Regio urogenitalis:
1) Haut mit Tunica dartos. | spatium prae-
2) Tela subcutanea. ) fasciale.
3) Fascia perinei.
4) Subfasciales Fettbindegewebe.
5) Subfasciale Nerven und Gefässe:
a) Vasa et Nervi scrotalia (labialia)
posteriora.
b) Vasa et Nervi perinei.
6) Subfasciale Muskeln:
a) Musculus transversus perinei.
b) Musculus ischiocavernosus,
c) Musculus bulbocavernosus.
7) Schwellkörper:
a) Corpus cavernosum penis (clitoridis).
b) Bulbus urethrae und Anfangstheil
des Corpus spongiosum urethrae.
1) Aponeurotisches Blatt des Trigonum uro-
genitale.
2) Muskelschicht des Trigonum urogenitale =
Musculus trigoni urogenitalis.
In derselben Schicht liegen :
a) Der Nervus pudendus und die Vasa
pudenda interna.
b) Die Pars muscularis urethrae.
c) Die Glandula bulbourethralis (Cow-
peri) — Vestibül aris major (Bartholini)
— beim Weibe.
d) Vorn, unter dem Schambogen, der Nervus
und die Vasa dorsalia penis (clitoridis).
3) Fascia pelvis.
A. Oberflächliches
La<»er:
(Spatium subcutaneum)
ß- Mittleres Lager:
^^patium musculo-aponeu-
roticum)
196
Regio perinealis: Schichtenfolge.
C. Tiefes Lager:
(Spatium subserosum)
1) Tiefes Fettlager und tiefe Muskelschicht:
a) Das Fettgewebe des Recessus pubicus fossae
ischiorectalis.
b) Musculus levator ani.
2) Eingeweide:
a) Prostata.
b) Samenblasen.
c) Am p Ulla ductus deferentis.
d) Harnblase. (Vagina und Harnblase beini
Weibe.)
3) Venenplexus:
a) Plexus pudendalis.
b) Plexus vosicoprostaticus (vesieo vaginalis
beim Weibe).
4) Subfasciales Fettbindegewebe.
5) Fascia pelvis parietalis und visceral!^
(Fascia vesicae, prostatae etc.).
G) S u b p e r i 1 0 n a e a 1 e s B i n d (? g e w e b e.
7) Bauchfell.
A. OberflächHches
Lager:
(Spatium subcutaneum)
B. Tiefes Lager:
(Spatium subserosum)
Regio analis:
1) Haut und Hautmuskcln. Anus.
2) Fettgewebe der Fossa ischiorectalis.
3) Musculus sphincter ani externus.
4) Oberflächliche Gefässe und Nerven.
1) Tiefe Muskel schiebt (Musculus coccygcus
und Musculus levator ani).
2) Eingeweide (Rectum, Pars analis).
3) Subfasciales Fettbindegewebe.
5) Subperitonaeales Bindegewebe.
6) Bauchfell.
4) Fascia pelvis parietalis und visceralis^)
(Fascia recti).
Vgl. hierzu die Figuren 56, 57, 58 und 111, 112, 113, 114, 115.
Wenn in vorstehender Tabelle die Ausdrücke „subcutan" und „subserös" fü^*
Bildungen gebraucht sind, wie Musculus bulbocavernosus und Bulbus urethrae einer-
seits und Musculus levator ani andrerseits, so soll damit nichts anderes gesagt sei«»
als dass die erstgenannten der Haut, der letztgenannte der Serosa naher liegen.
Es kann befremdlich erscheinen, dass in der Tabelle auch eine Anzahl Eingß'
weide mit aufgezählt sind; wollte man indessen den gesamten Beekenboden i^^
1) Die BNA haben statt Fascia pelvis parietalis einfach Fascia pelvis, statt
Fascia pelvis visceralis: Fascia endopelvina. Ich glaubte zu den Hyrtl'schen Namen
zurückkehren zu sollen, weil sie so sehr bezeichnend und anschaulich sind, und weil
die BNA die Bezeichnung: „Fascia endothoracica" haben (endoabdominalis ist auch
noch vielfach üblich). Die Fascia pelvis der BNA liegt aber genau so zur Becken-
wand, wie die Fascia endothoracica zur Thoraxwand und die Fascia endoabdominali**
zur Bauchwand. Da kann es denn zu Verwechslungen führen, wenn der Name „Fasci^i
endopelvina" für das die Beckeneingeweide deckende Blatt beibehalten wird.
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198 Regio urogenitalis: Hautschicht. Fascia perinei.
Regio urogenitalis.
Wie bei den vorhergehenden Kapiteln, fassen wir, zur Gewinnung einer
tibersichtlichen Beschreibung, wo es angeht, mehrere in der „Schichtenfolge
einzeln aufgezählte Theile in Gruppen zusammen, die, wie frtiher, mit den
Buchstaben A, B u. s. f. bezeichnet werden.
A, Haut. Tnnloa dartos. Tela snboiitanea.
Wir verweisen für diese Schichten auf S. 134fr. Die Tunica dartoS
erstreckt sich vom Sero tum, wo sie näher besprochen werden wird, bis in die
Regio urogenitalis. Die Tela subcutanea hängt in der Raphe perinei fester
mit der Haut und der Fascia perinei zusammen; in der Mitte der Dammregiofl
ist sie fettlos, bekommt aber allmählich Fett zu den Oberschenkeln, bezw. zu
den Nates hin.
B. Fasoia perinei.
Die Fascia perinei*) beginnt hinten am hinteren Rande des Musculus
transversus perinei, um den sie sich herumbiegt, um mit dem hinteren Rande
des Trigonum urogenitale (s. Fig. 113) zu verwachsen. Seitlich erstreckt sich
die Verwachsungslinie bis zu den beiden Ossa ischii. Von da geht die
Fascia perinei nach vorn über den Penis und dessen Muskeln bis zum Scrotum
hin, und weiterhin in die Fascia superficialis des Bauches über. Seitlich ist
sie am Aussenrande der Musculi ischiocavernosi, längs der Ansatzlinie der
Adductoren, fester mit dem Perioste des Ischiopubicum verbunden. Die Be-
trachtung von Fig. 56 wird das leicht verdeutlichen; die Fascie ist dort mit
blauer Farbe gezeichnet.
Indem die Fascia perinei hinten und längs beider Seiten fest ver-
wachsen ist, vorn aber frei in die Fascia penis und die Fascia superficialis
des Bauches übergeht, erhalten wir ein nach vorn offenes Fascienfach,
welches den Penis mit einer Anzahl Nerven und Gefässe in sich aufnimmt,
und sich am Scrotum und an der Bauchhaut ohne Grenze unter der Fascia
superficialis verliert.
Pathologische Processe, wie Ergüsse, Eiterungen, Harninfiltrationen u. »•
haben infolgedessen die Neigung vom Damme aus sich nach vorn zur Unter-
bauchgegend und zum Penis und Scrotum hin auszubreiten, während sie hinten,
au der Verwachsungsstelle ein Hemmniss finden.
In der Mittellinie haftet die Fascie auch fester an der Raphe des Bulbo-
cavernosus, so dass das Fach noch in eine rechte und linke, meiner Erfahrung
nach jedoch nicht scharf geschiedene Hälfte zerlegt wird. Nach den Seite»
hin wird die Fascie stärker, als sie gegen die Mitte des Dammes ist.
1) Struthers, J., On tlie Fascia ofScarpa. .Monthly Journal of medical Science.
Edinburgh, 1854.
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C. Siibfasciale Meiwen iiiicl Gefässe.
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200 Regio urogenitalis: Subfasciale Nerven und Gefässe.
Die beiden ersteren stammen aus dem Nervus pudendus und stellen
die oberflächlichen Zweige von dessen Ramus perinei dar. Der laterale
Nerv verlässt als erster Zweig den Stamm, und verläuft zum Scrotum mehr
lateralwärts, der andere tritt weiter vorn vom Stamme ab und verläuft mehr
medianwärts.
Der Nervus perineus longus kommt vom Nervus cutaneus femorifl
posterior; er umkreist das Tuber ischiadicum an dessen unterer Fläche
sowie den unteren Rand des Glutaeus maximus, während die vom Nervus
pudendus kommenden Perinealzweige mit ihrem Stamme stets oberhalb des
Tuber ischiadicum zum Damme ziehen.
Die Muskeläste dieser Region sind zum Theil in dem subfascialen
Fache sichtbar; sie gehören jedoch der tieferen Abtheilung des Ramus
perinei nervi pudendi an, und gehen zu den Musculi ischiocavernosus,
bulbocavernosus, transversus perinei und zum Musculus trigoni
urogenitalis; meist entspringen sie schon in der Regio analis aus ihrem
Stamme.
In Fig. 57 (rechte Seite des gezeichneten Körpers) erkennt man an der lateralen
Seite der Arteria pudenda interna den Nervus perinei. Zumeist lateralwärts geht
von ihm ab der Muskelast zum Tschiocavernosus, dann zwei Nervi scrotales posteriores
laterales, dann, medianwärts neben der Arterie verlaufend, der Nervus scrotalis
posterior medialis, sowie Muskeläste zum Bulbocavernosus. An der anderen Seite der
Zeichnung ist der Nervus perinei abgeschnitten; man sieht den Muskelast für den
Musculus trigoni urogenitalis vom Nervus dorsalis penis sich abzweigen.
lieber den Rückenmarks-Ursprung dieser sämtlichen Nerven s. das Kapitel:
„Nervus pudendus". Der Nervus cutaneus femoris posterior entsteht meist
von den vorderen Aesten der drei oberen Sacralnerven, s. Fig. 44.
Die subfascialen Gefässe verzweigen sich ähnlich den Nerven; die
Venen zeigen allerdings einige Besonderheiten. Noch im Bereiche der Regio
analis, etwa dem Tuber ischiadicum entsprechend, theilt sich die Arteria
pudenda interna in die oberflächlicher gelegene Arteria perinei imd in
die tiefer verlaufende Arteria penis (clitoridis). Der Hauptzweig der Arteria
perinei verläuft in der Rinne zwischen Musculus ischiocavernosus und Mus-
culus bulbocavernosus zusammen mit dem Nervus scrotalis posterior medialis.
Er liefert Zweige zu den Muskeln der Regio urogenitalis, insbesondere " aber die
Arteriae scrotales (labiales) posteriores zur Haut (s. die Tabelle S. 138
und die Figuren 57 und 58).
Bezüglich der Venen ist zu merken, dass sie mehrfache Abflüsse zu
den tiefen Dammvenen und zur Vena obturatoria haben; sie sind genau
in Fig. 77 (beim Weibe) nach Präparaten von Dr. Frohse dargestellt;
zwischen Weib und Mann bestehen hier keine erheblichen unterschiede; des-
halb konnte hier auf diese Figur verwiesen werden.
Von Lymphgef ässen der Regio urogenitalis sind nur die oberfläch-
lichen genauer bekannt; sie ergiessen sich in die Lymphoglandulae in-
guinales mediales superiores zusammen mit denen, welche vom Scrotuna
(Labia majora und minora) und von der Regio analis herkommen. Die oberfläch-
lichen analen Lymphgefässe liegen lateralwärts neben denen der Urogenitalhaut.
Regio Tirogenitalis: Subfasciale Muskeln. 201
Von subfascialen Lymphgefässen, die aus den Corpora cavernosa,
^^m Bulbus urethrae und den Muskeln der örogenitalgegcnd kommen, werden
^*^äinmchen, welche mit den Vasa pudenda interna zu den Lynipboglandulae
^ypogastrieae verlaufen, erwähnt i). Eine genauere Darstellung derselben ist
^<>ch ein Bedürfniss.
B. Subfasolale Muskeln.
Musculus transversus perinei.
Dieser Muskel, s. Figg. 56, 57 und 77, stellt sich bei guter Ausbil-
^^^S als ein gänsefederkiel — kleinfingerdicker plattrundlichcr Strang dar,
^^Jcher am hinteren Rande des Trigonum urogenitale gelegen ist. Er entsteht
^"^r dem Ursprünge des Musculus ischiocavernosus und läuft von beiden
^^iten, ein wenig schräg nach vorne gewendet, auf das Centrum perineale zu.
^''t steht er sowohl mit dem Bulbocavcrnosus, als mit dem Sphinctcr ani
^^ternus und dem Trigonum urogenitale in Verbindung.
Sein Nerv kommt vom Ramus perinei des Nervus pudendus; seine
'^tgefässe von den Rami perinei der Vasa pudenda interna.
Der Muskel ist sehr veränderlich, sowohl seiner Grösse, als scMiinn Ursprünge
^^^' Zuweilen kommt hier ein jlchter Hautmuskel vor, der nicht vom Knochen,
'^uern von der Fascia glutnea und von der Gesässhaut entspringt, und am Centrum
i^meale mit dem Muskel der anderen Seite, sowie mit den übrigen daselbst zu-
i^^menstossenden Muskeln sich verbindet. S. Fig. 77, rechte Körperseite, Musculus
«^nsversus perinei (superficialis). — Lesshaft'-) will diesen Muskel als Trnnsvcr-
s perinei superficialis, den vorhin beschriebenen als Trans versus perinei
^dius bezeichnet wissen.
Topographisch hat der Muscul us trans versus per i nei ein gc-
^sses Interesse insofern, als er beim Einschneiden in dieser Grenzgegend, zwi-
^nen Trigonum urogenitale und Analbezirk, zuerst in Sicht kommt und somit
^Hr Orientirung dient. — Die untere oder Dammflächc des Muskels wird von
^^ Fascia perinei bedeckt, welche^ wie bemerkt, auch seinen hinteren, frei
^ Analregion schauenden Rand umgreift; seine obere oder Beckenflächc ruht
der Aponeurose des Trigonum urogenitale, unter ihm, an seinem lateralen
n k-^' ^^^rfaufen, ihn kreuzend, die vorhin beschriebenen Vasa et Nervi scrotalia
^lalia) posteriora, tiber ihm (beckenwärts) die Arteria penis mit der Vena
^ *^lunda penis und dem Nervus dorsalis penis, sowie, mehr medianwärts, die
^^*^ria bulbi urethrae (s. Fig. 57).
Muscnlos bulbocavernosus.
Dieser Muskel (Figg. 56, 57) deckt vom Damme her den Bulbus urethrae
^^einen Theil des Corpus cavernosum urethrae. Seine Fasern umfassen
Y 1) Siehe W.Krause, Handb. d. mensehl. Anatomie 1. c. S. 719 und Mascagni, P.,
g *^rum lymphaticorum corporis humani historia et ichnographia. Senis, 1787. Fol.
*^ypographia Pazzini Carli (S. 40).
Ar k ^^ L^sshaft, P., lieber einige die Urethra umgebende Muskeln und Fascien.
^ • f- Anat., Physiol. und wissensch. Medicin. herausg. v. Reichert und du Bois-
^ymond. Jahrg. 1873. S. 17.
202 Ref^io urogenitalis: Musculus bulbocavcruosus. Musculus ischiocavernosus.
von einer medianen Raphe aus in sehr charakteristiseher Weise die genannten
Theile; die oberflächlichen weichen vorn, schon im Bereiche der Symphyse?
in zwei schmale platte ^ bald sehnig werdende Züge auseinander, welche
schlingenförmig auf die Rückenfläche der Corpora cavernosa penis tibergehen,
dort zum Theil in einander umbiegen (Houston'sche Muskelschlinge, Fig. 56,
M. bulbocavernosus I), zum Theil in die Fascia penis ausstrahlen. Die Schlinge
legt sich über die Vasa und Nervi dorsalia penis.
Die tiefere Hauptmasse der Muskelfasern setzt sich theils an die Albuginea
des Bulbus urethrae an, theils geht sie zwischen dem Corpus cavernosum urethrae
und den Corpora cavernosa penis von der einen Seite in die andere mittelst
kurzer Sehnenfasern über. Hinten bedecken die Muskelfasern vollständig die
freie Wölbung des Bulbus, inseriren hier am Centrum perineale, theils in
der Raphe ano-bulbosa, theils in der Aponeurosis trigoni urogenitalis,
theils gehen sie in die Faserung des Transversus perinei und des Sphincter
ani externus über.
Topographisch ist der Musculus bulbocavernosus wichtig als Deckmuskel
des Bulbus urethrae; bei Freilegen der Danimgcgend wird der Muskel und mit
ihm der Bulbus leicht als solcher an seiner charactcristischen Form erkannt.
Hinten und zu beiden Seiten des Muskels liegen die Glandulae bulboure-
thrales, s. w. unten und Fig. 56. Seine Raphe setzt sich in das Centruio
perineale und in die Raphe analis fort (Fig. 56). Nach vorn schliesst er sich
dicht an beide Musculi ischiocavernosi an, indem er den Raum zwischen
ihnen vollständig ausfüllt. Diese Lageverhältnisse sind übrigens durch die
Lage der drei Schwellkörper des Penis gegeben. In der Rinne zwischen
Bulbocavernosus und Ischiocavernosus verlaufen die medialen Zweige des Nervus
und der Vasa scrotalia posteriora (Fig. 57). Mit dem Bulbus ruht seine
Fläche auf dem Trigonum urogenitale.
Der Nerv des Muskels kommt vom Nervus perinei (Nervus pudendus);
er tritt von der Dammfläche her in den hinteren Abschnitt des Muskels ein.
Gleichfalls von hinten her, jedoch an die Beckenfläche des Muskels und des
Bulbus, tritt die Arteria urethralis und die Arteria bulbi urethrae
heran (Fig. 57).
Musculus ischiocayernosus.
Wie der Bulbocavernosus an den Bulbus und den Anf angstheil des Cor*
pus cavernosum urethrae, so schliesst der Musculus ischiocavernosns
an den Bulbus und»das Wurzelstückdes Corpus cavernosum penis an,
welches er von der unteren (Dammfläche) und medialen Fläche her bedeckt. Sein
sehniger Ursprung liegt unmittelbar hinter- und medianwärts vom Bulbus corporis
cavernosi penis am Perioste des Ramus inferior ossis ichii und überragt noch ein
wenig nach hinten den Transversus perinei. Dann folgt nach vorn ein g^*
muskulöser Theil, welcher in eine dünne Sehnenplatte sich fortsetzt; diese geW
da, wo der Penis beginnt sich von der Symphyse abzulösen, in die Albuginea
des betreffenden Corpus cavernosum über. Hinten inseriren auch Muskelfasern
nach kürzerem Laufe direkt in diese Albuginea.
Regio urogenitalis: Schwellkörper. Trigonum urogenitale. 203
Der vordere sehnige Ansatztheil wird dammwärts und seitlieh von den
zangenförmig auseinanderweichenden distalen Enden des Bulboeavernosus um-
S^'iffen; medianwärts stösst der Muskel an den Bulboeavernosus, beckenwärts
^11 das Trigonum, lateral an die Ursprünge der Adductoren (s. Fig. 56).
Der Muskelnerv kommt vom N. perinei (Fig. 57, rechte Körper-
®^ite); an der Dammfläche des Muskels trifft man die lateralen Zweige des
^^rvus und der Vasa scrotalia posteriora.
E. Sohwellkörper.
Die Lagebeziehungen der drei Schwellkörper des Penis sind vorhin bei
Besprechung der Muskeln angegeben worden (Fig. 56). Das Weitere, auch
^as auf die zugeh(3rigen Nerven und Gefässe bezügliche, folgt bei der Be-
sprechung der äusseren Geschlechtsorgane.
r. Trigronum uro^exiitale.
Es sei hier Alles das, was das Trigonum urogenitale bildet, und dasselbe
^ttrehsetzt, in einen Abschnitt vorerst zusammengef asst ; die durchsetzenden
Stücke werden später noch bei andern Kapiteln zur Sprache kommen müssen.
Wie erwähnt, bildet das Trigonum urogenitale eine muskulös-
sehnige Platte, welche, in Form eines Dreieckes in dem Räume zwischen den
l^eiden im Angulus pubis zusammenstosscnden unteren Schambeinästen ausgespannt
*8t (Fig. 57 a). Diese Platte wird nach Wegnahme der Fascia perinei, des
^öterliegenden lockeren Bindegewebes und der vorhin geschilderten Gefässe
^nd Nerven sichtbar jederseits in dem kleinen Dreiecke zwischen Bulboeaver-
nosus (Bulbus urethrae), den beiden Ischiocavernosi und den beiden Transversi
Perinei (Fig. 56). Die Scheitel dieser Dreiecke sind lateralwärts und nach
hinten gewendet, die Basen zum Bulbus urethrae, nach vom und medianwärts.
^^^i* liegen im Trigonum eingeschlossen, und daher nur durchschimmernd
^^^r nur durchfühlbar, in dem Winkel zwischen Centrum perineale und
^^Ibus, dicht dem letzteren angeschmiegt, die Glandulae bulbourethrales
^®- %g. 56 u. 57a). Das, was unmittelbar zu Tage tritt, ist das aponeu-
^^tische Blatt des Trigonum = Lamina aponeurotica trigoni uroge-
^*<^alis. Nach sauberer Präparation sieht es sehnig glänzend aus mit querer
Laserung, namentlich deutlich gegen den Knochenrahmen hin.
Will man das ganze Trigonum von der Dammseite her überblicken, so
**iÜS8en die Schwellkörper des Penis samt den deckenden Muskeln entfernt
^^rden. Dabei sind ausserdem zu durchschneiden:
1) die Nervi und die Vasa dorsalia penis,
2) die Nervi und Vasa profunda penis,
3) die Arteriae urethralis und bulbi urethrae,
4) die Urethra,
5) zahlreiche durch das Trigonum von den Schwellkörpern zu den
Venae pudendae internae hin tretende Venen.
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i-h'i !•!'. n!!'.-i \ -rH i'ilir'.li S«" il ;i ! li hl ' ! IK' /
iirrrl; aii'^ti'i
.|i:iiii!i|r!\ iiHi^i JN-sM r l'iihilbrii'^r ;!h-, -m-IiI liafti* Sl r:ii!.c : 4..1S Li;
Regio urogenitalis: Trigonum urogenitale. 205
Solchem der Bulbus urethrae mit der Trigonum- Aponeurose verwachsen ist,
^ä.nn der hintere freie Rand des Trigonum, in der Figur vom Musculus trans-
^^rsus perinei bedeckt. Die Stümpfe der sonst noch durchschnittenen Gefässe
^^^ht man durch das Trigonum in einer medialen und lateralen Gruppe durch-
^^^ten; die mediale umfasst die zum Bulbus urethrae und zur Urethra,
^*6 laterale die zum Corpus cavernosum penis gehörigen Gefässe; hier
^^^ht man in der Richtung von vorn nach hinten zuerst die Vasa profunda
P^öis^ dann die Vasa penis. Man kann in dritter Stelle noch die Vasa
P^i'inei anreihen, welche allerdings um den hinteren Rand des Trigonum,
^^ischen diesem und dem Transvcrsus perinei hindurchtreten. (Fig. 57 a, wo
*ö der linken Körperseite diese Gefässe durchgeschnitten dargestellt sind, an
^^f anderen im ganzen Verlaufe.)
Den wesentlichsten Bestandtheil des Trigonum urogenitale bildet der
^^sculus triguni urogenitalis. Derselbe stellt der Hauptsache nach einen
Pnincter urethrae dar, welcher sich vom Schnabel der Prostata (s. diese)
^s zum Eintritte der Harnröhre in das zugehörige Corpus cavernosum erstreckt.
•^^ Schnabel der Prostata beginnen die quergestreiften Fasern zunächst ver-
^^ozelt in dünner Schicht, welche zum Theil noch in der Prostata selbst liegt
JJd mit glatten Muskelfasern untermischt ist, die Harnröhre zu umgeben.
lese Schicht verstärkt sich alsbald zu einer kräftigen Ringmuskulatur ge-
i^^ifter Fasern, welche den aus der Prostata tretenden Abschnitt der Harn-
'^re (Pars membranacea) umgibt, indem sie sich aussen an deren glatte
^ökulatur anschliesst. Weiter peripher kommen Fasern, welche den ausge-
Pfochenen Sphinctercharakter verlieren, indem sie nicht mehr vollständige
i'^ise bilden, sondern sich in dem trigonalen Räume zwischen den beiden
^8a pubis ausbreiten, um neue Anheftungspunkte zu gewinnen. Vorn heften
^ sich an das Ligamentum praeurethrale, nach allen Seiten an das
Poneurotische Blatt des Trigonum urogenitale; hinten gibt es Fasern,
^Iche bis an die Schambeine herantreten und quer zwischen diesen, durch eine
^Phe mediana unterbrochen, verlaufen. Auf diese passt dann der von
^'i 1 e dieser gesamten Muskulatur gegebene Name : Transvcrsus perinei
Profundus.
, t>er Musculus trigonl urogenitalis, wie er hier aufgefasst ist, wiederholt
w /erhalten des Musculus sphincter ani externus. Dessen Grundlage ist auch eine
^^laserschicht; dazu treten äussere Lagen, welche weiter abliegende Anheftungs-
de A ' ^^^ ^^ " Knochen hin, gewinnen. Die Namen, welche einzelnen Theilen
l^j ^^sculus trigoni gegeben worden sind: Wilson'scher Muskel, Guthrie'scher Muskel,
Unrt^^^^^ compressor urethrae u. s. w., sollen hier nicht noch besonders besprochen
de .^^.^^^^'^ w^>*<ißn; je eher sie verschwinden, desto besser! In Fig. 57a ist übrigens
Jenige Theil des Musculus trigoni, welcher als „Wilson'scher Muskel" benannt
Ca "^^edergegeben worden. Sein Ansatz (an der oberen Fläche des Musculus bulbo-
^^nosus) ist abgeschnitten gezeichnet.
^ Die Beckenfläche des Trigonum wird von der Beckenfascie bekleidet.
^^^ stösst diese Fascie mit der (unteren) Aponeurose im Ligamentum
^^Urethrale zusammen, hinten gleicherweise in der Linea septi perinei,
^wch die Fascia perinei, wie wir sahen, Anschluss findet.
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Regio urogenitalis: Subseröses Lager. — Regio analis. 2ÖT
G. Tiefes (subseröses) Lager der Beg^io nrogrenitalis.
Beckenwärts vom Trigonum urogenitale vordringend gelangt man beider-
seits in den Recessus pubicus der Fossa ischiorcetalis (Fig. 111), Latc-
' ^Iwärts bildet der vordere Theil des Musculus o b t u r a t o r internus
*e Wand, median wärts der Musculus levator ani; beide Muskeln sind
^^n einer Fascie, die am Levator sehr dünn ist, bekleidet. Der Recessus pu-
^^^s ist nur ein schmaler Spalt, mit einer geringen Menge lockeren Fettbinde-
&ßwebes ausgefüllt; die oft wiederkehrenden schematisehen Figuren in den
*^9.ndbüchern geben ihn meist zu gross an. Henle's treffliche Figur 402
(Splanchnologie 2. Auflage) stellt die Sache richtig dar.
Der Musculus levator ani wird bei der Regio analis genauer be-
schrieben werden. Die auf der Beckenfläche des Trigonum aufruhenden Ein-
S^weide: Prostata, Samenblasen, Ductus deferens (Ampulle
esselben) und Harnblase, die Venenplexus, die Beckenfascie,
^s subperitonaeale Bindegewebe und die Beckenserosa wer-
^^ bei Besprechung der Contenta der Beckenhöhle abgehandelt, ebenso die im
'■Jgonum eingeschlossene Glandula bulbourethralis. Die Lage der
^<>stata, der Harnröhre und der Glandula bulbourethralis zum Trigonum uro-
genitale ist aus Figg. 57 a und 58 ersichtlich.
Regio analis.
Der Durchtritt des Rectum beherrscht die Anordnung der Theile in
fRegio analis in ähnlicher Weise, wie der der Harnröhre die der
^gio urogenitalis. In der letzteren wurden drei Schichten unterschieden,
e subcutane (äussere), die aponeurotische (mittlere) und die subseröse (innere).
^e vergleichend anatomische und embryologische Betraclitung ergibt, dass die
®^e und zweite Schicht zusammen der oberflächlichen Schicht der Regio
^1 IS, wie sie in der vorhin gegebenen Tabelle aufgeführt wurde, — wenig-
^s im grossen und ganzen — entsprechen. Es lässt sieh zeigen, dass in
^ Musculus sphincter cloacae der niederen Vertebraten die gemeinsame
^ yiogenetische Grundlage des Sphincter ani externus sowohl, wie die der
isten Muskeln der Regio perinealis gegeben ist. Von der oberflächlichen
.^^ dieses Sphincter cloacae sind die oberflächliche Schicht des Sphincter
p, externus und die Musculi bulbocavernosi (auch wohl die Ischiocavernosi
8&elingi)j m.) abzuleiten, von der tiefen die tiefe Schicht des Sphincter
externus und der Musculus trigoni urogenitalis.
jgQ ^J Eggeling, Die Dammmuskulatur der ßentelthiere. Diss. inaug. Heidelberg,
^ * ^- — Nach Ho 11 (Zur Homologie und Phylogenese der Muskeln des Becken-
Sganges des Menschen. Anatom. Anzeiger. Bd. XIL Nr. 3. 11. Mai 18%.) wäre der
(sii^^^^^^ ischioeavernosus noch zweifelhaft, und der Musculus transversus perinei
j^ Perficialis autt.) gehörte dem Systeme des Diaphragma pelvis (Levator ani) an. —
j^u ^*^*^hneider, J., Zur vergleichenden Anatomie des Diaphragma pelvis, Wiener
^^'^m. Sitzungsber. Mathem.-naturw. Classe. Bd. CIV, Abth. III. Juli 1895, leitet die
208 Regio analis: Haut, Fossa ischiorectalis, Musculus sphincter ani externus.
A. Haut. Hantmiuikeln.
Ueber diese ist das Nötige bereits S. 134ff. gesagt worden. Die Haut-
muskeln sind theils gestreifte (von der oberflächlichen Schicht des Musculus
sphincter ani externus), theils glatte, welche von der Längsmuskulatur des
Rectum in die Haut ausstrahlen^). Luschka (Becken 1. c. [S. 156] S. 148)
lässt auch den Levator ani betheiligt sein; desgleichen Roux und Ho 11 (1. c).
B. Fettgewebe der Fossa isohioreotalis.
Das die Fossa ischiorectalis ausfüllende Fettlager — Corpus adiposuiu
ischio rectale — s. Figg. 49, 84a, 112, gehört, wie bemerkt, zum sub-
cutanen Fettgewebe; Abbildungen der leeren Fossa ischiorectalis geben die
Figuren: 56, 57, 58 und 77. Vgl. im übrigen das S. 193 gesagte.
C. Masoaliui sphlnoter ani extemiui.
Der Musculus Sphincter ani externus stellt einen das unterste Ende
des Rectum (die Perinealkrümmung desselben) umfassenden Ringmuskel von
2 — 3 cm Höhe dar (s. Fig. 51 — das zwischen der Analöffnung [37] und der
untersten Ziffer 34 liegende Muskelrohr — , ferner Figg. 66, 95 u. 97). Eiu^
oberflächliche Portion ist von einer tiefen zu unterscheiden. Die obei-flächliche
strahlt unter Kreuzung (Fig. 77) in die Haut vor und hinter dem After auS;
und entspringt mit tieferen Fasern von der äusseren Fläche und von der Spitzt
des Steissbeines, sowie von dem Ligamentum anococcygeum (Fig. 56) ; andere
tief gelegene Fasern umgeben ringförmig das Rectum (Fig. 56). Beständig?
namentlich beim Weibe, sind Verbindungen (Faseraustausch) mit dem Bulbo-
cavernosus.
Durch die Fasern dee Sphincter, sich mit ihnen verflechtend, passireu
Bündel des Levator ani und der glatten Längsmuskulatur des Rectum.
Die Kenntniss dieser Verhältnisse des Musculus sphincter ani externus ist bei
allen Operationen am Dammtheile des Rectum von Wichtigkeit. — Der Nerv stamui*
vom Nervus pudendus; er läuft mit den Vasa haemorrhoidalia inferior»
schräg von hinten lateralwärts nach vorn medianwärts durch das Fett der FosH»
ischiorectalis zum Muskel, der Nerv vorn, die Gefässe mehr nach hinten gelegen-
(S. Fig. 57.)
Sehr bemerkenswerth bezüglich der Innervations Verhältnisse sind die neuere^^
Ermittelungen von Goltz und Ewald^). Nach Entfernung des gesamten Thorakal'
und Lumbosakralmarkes bis zum Filum terminale hin, stellt sich bei Hunden nac*^
einiger Zeit eine vollständige Funktionsfähigkeit des Sphincter ani extern uS
wieder her. Sonach dürften vielleicht in der Bahn des Sympathicus Fasern laufeD»
welche Einfluss auf den Musculus sphincter ani externus gewinnen können.
Portio pubica des Levator ani von der Hautmuskulatur der Thiere (Musculus cu-
taneus maximus), die Portio iliaca dagegen von der Wirbelsäulenmuskulat^^
(Schwanzmuskeln) ab. (S. dagegen Holl 1. c. und W. Krause, Anat. des Kaninchens.)
1) Roux, C, Beitrag zur Kenntniss der Aftermuskulatur des Menschen. Arcb'
f. mikroskop. Anat. Bd. 19. 1889.
2) Goltz, Fr., und Ewald R., Der Hund mit verkürztem Rückenmark. Arcb.
f. die gesamte Physiologie, herausgeg. von E. Pflüger. Bd. 63, S. 362. Bonn, 189^'
Regio analis: Oberflächliche Gefässc und Nerven. Musculus levator ani. 209
D. Oberflächliche Gefässe und Nerven der Regio anaUs.
Das Erforderliche ist S. 140 niitgcthcilt worden. Vgl. ausserdem das
Kapitel: „Vasa pudcuda interna" und „Nervus pudendus" (S. 212 u. 218).
Bei der tiefen (s u b s e r ö s c n) Schicht der Regio analis besprechen
^ir hier nur das muskulöse D iaphragma pcl vis und die an der Aussen-
^and der Fossa ischiorectalis gelegenen Gcfässe und Nerven (Vasa pudenda
interna, Nervus pudendus). — Die LymphgefUsse der Regio analis sind zum Theil
dieselben wie in der Regio urogenitalis (S. 200). Die Lymphgefässe der Pars
analis recti werden l)eim Kapitel „Rectum und Anus" beschrieben. —
Die übrigen in der Schichtenfolge aufgezählten Thcile: Rectum, sub-
fasciales Fettbindegewebe, Fascia recti, subperi tona eales
Bindegewebe und das Bauchfell werden zusammen mit den Becken-
eingeweiden und der Beckenfascie abgehandelt.
E- Diaphragma pelvis (Musculus levator ani, Musculus coccygeus).
Das Diaphragma pelvis hat mit dem Diaphragma thoraco-abdo-
«iinale grosse Aehnlichkeit, insofern es einen kuppeiförmigen Muskel darstellt,
dessen Fasern von verschiedenen Seiten her gegen eine mehr oder minder
central gelegene Sehne convergiren. Ein dritter ähnlich aufgebauter Muskel
ist der E p i c r a n i u s.
Das Beckendiaphragma ist indessen von den beiden anderen eben ge-
kannten Muskeln dadurch unterschieden, dass es auch Knochenansätze hat und
*ias8 seine Konvexität sich nach unten (fusswärts) kehrt; man hat es
deshalb auch eher mit einem Trichter verglichen. — Es besteht aus zwei
Mnskeln, dem Musculus levator ani und dem Musculus coccygeus.
Beide Muskeln leiten sich von der Schwanzmuskulatur der Säugethiere ab
(Kollmann, Eggeling), und treten somit, als Rumpfmuskeln, in einen Gegensatz
^^ den übrigen Dammmuskeln, die zu den Eingeweiden und zur Haut gehören,
^nch die Innervation, s. w. u., spricht für diese Trennung. — Lartschneider
^'echnet übrigens den Musculus pubococcygeus aucli zur Hautmuskulatur.
Musculus levator ani.
Der Musculus levator ani hat zwei Thcile : die M u s c u 1 i p u b o-
^ 0 c c y g e u 8 und i 1 i o c 0 c c y g e u s. Er entspringt in einer hakenförmig ge-
zogenen Linie am Schambeine. Diese Ursprungslinie beginnt am unteren
^i'ittel des Symphysentheiles des Os pubis, steigt neben der Symphyse steil
^nf und biegt dann lateralwärts im Niveau des Foramen obturatum gegen dieses
'^in um. (Diese Hakcnlinie ist in Fig. 65 rechts deutlich zu erkennen.)
^er Ursprung setzt sich dann nach hinten als Arcus tendiueusmusculi
'^vatoris ani^) zur Spina ischiadica hin fort und überbrückt dort, am
1) W. His in: Braune, W, und His, W., Leitfaden für die Präparanten der
^^atomischen Anstalt in Leipzig. 1883. S. 32.
W^aldeyer, Das Becken.
ÖIO Regio analis: Musculus levator ani.
Foramen ischiadiciim majus, den Musculus piriformis und die hier austretenden
Gefässc und Nerven (s. Fig. 65).
Den Musculus pubococcygeus rechnet man nur so weit, als der
Ursprung am Os pubis liegt, also bis dahin, wo der vordere Hakentheil nach
hinten abzubiegen beginnt. Er zerfällt, seinen Ansätzen nach, in zw^ei
leicht zu unterscheidende T h e i 1 e ; ein Theil seiner Fasern zieht seitlich an
der Prostata und am Rectum vorbei und umgreift, sich an das obere Stück
des Musculus sphincter ani externus anschliessend, das untere Ende des Rectum
schlingenförmig von hinten, w^obei eine Anzahl Fasern auch in der Haut des
Afters enden (Roux 1. c. [S. 212 Nr. 7] und Holl, Anat. Anzeiger Bd. X?
I. c. [S. 212 Nr. 4]). Der andere (grössere) Theil zieht, fast sagittal gestellt
(s. Fig. 58, das resecirte Stück) rechts und links neben dem Rectum vorbei
zu einer schon erwähnten Sehnenplatte, dem Ligamentum sacrococcy-
geum anterius, worin sich die Muskeln beider Seiten treffen. Zwischen
dieser Platte und dem Steissbeine liegt ein mit etwas Fettgew ehe ausgefüllter
kleiner Raum, in welchen die Vasa sacralia media hineintreten, um sich znr
Steissdrüse (Fig. 84) zu begeben. Diesen Abschnitt des Pubococcygeus
nennt Holl „Compressor recti".
Der Musculus iliococcygeus nimmt mit seinem Ursprünge die Strecke
vom vorderen Umfange des Foramen obturatum an, da, wo sich der Arcus
tendineus levatoris nach hinten umzubiegen beginnt, bis zur Spina ischia-
dica ein. Sein Ansatz Hegt am Seitenrande der letzten Steisswirbel
(die mehr dorsal gelegenen Bündel) und am Ligamentum anococcygeum
(die mehr ventral gelegenen Bündel).
In Fig. 65 treten die verschiedenen Abtheilungen des Levator ani nicht her-
vor; dagegen ist der Ansatz an das Ligamentum anococcygeum zu sehen.
Der Musculus pubococcygeus ist diejenige Abtheilung, welche einzig und
allein mit dem Rectum Beziehungen eingeht; ein Theil seiner Fasern wirkt al^
Sphincter recti, der andere, im Sinne von Holl, als Compressor recti. — Der Musculus*
iliococcygeus ist ein richtiger Träger des Beckenbodens, hat aber doch (durch das
Ligamentum anococcygeum) Beziehungen zum Anus.
Der Nerv des Musculus levator ani stammt vom Plexus sa er alis; er tritt
von der Beckenfläche her an den Muskel heran (Figg. 84 und 84a) (zwischen
Portio puboeoccygea und iliococcygea hinein), während die zur Gruppe des Sphincter
ani gehörenden Muskeln ihre Nerven von der Damm fläche her (aus dem N. P^'
dendus) beziehen (s. Fig. 57 u. 84), worauf Gegenbaur (Lehrbuch, 6. Aufl. Bd. 1^
S. 196) aufmerksam macht.
Der Name ^Iliococcygeus" hat seine Berechtigung in vergleichend anatomischen
Beziehungen, worauf insbesondere Kollmann 1. c. (S. 212 Nr. 5) hingewiesen ha*»
bei den unterhalb der Anthropoiden stehenden Säugcthieren reicht nämlich der Mu*
sculus iliococcygeus mit seinem Ursprünge bis an die Linea terminalis heran, so da^^
ein grosser Theil seiner Fasern in der That vom Os ilium kommt. Das wird »'^
Varietät auch beim Menschen beobachtet.
Wichtig sind die topographischen Verhältnisse des Muskels. E^
bildet mit dem Coccygeus den muskulösen Becken b öden; auf ihm nih^^
die Beckeneingeweide, für welche er Durchlässe besitzt.
Seine Beckenfläche wird zunächst von der Beckenfascie (s. "W» ^'
Musculus coccygeils. 211
Kapitel: „Beckcnfascie" und Fig. 65 linke Seite), dann auch von den Venen-
Plexus und der Prostata (z. Thl.) bedeckt. Nimmt man den vorderen Theil
^^s Muskels weg, so werden damit in vollem Umfange Rectum, Samenblasen und
"i'ostata — allerdings noch von ihrer fascialen Kapsel umhüllt — blosgelegt
(s. Fig. 58). Seine Dammfläche schaut zum guten Theile lateralwärts und
bildet die mediale Wand der Fossa ischiorectalis; sie ist von einer dünnen
^pezialfaseie bekleidet. Die Vasa obturatoria treten oberhalb des Arcus
^^ndineus levatoris zum Foramen obturatum.
Zwischen den beiden Portionen des Muskels, sowie zwischen ihm und
<l^in Musculus coccygeus, bleiben oft ansehnliche Lücken, wo dann das
Bauchfell und die Beckenfascie, oder die letztere allein, den Beckenverschluss
^^ilden, denn von dem dünnen Bindegewebsblatte auf der Dammfläche des
Muskels, welches kaum den Namen einer Fascie verdient, kann hier abgesehen
Verden. Diese Lücken sind für den Durchtritt der.Herniae perinei, von
Abscessen und Neoplasmen wichtig. — Die Portio pubica liegt da, wo
^*6 mit der Portio iliaca zusammentrifft, mehr beckenwärts.
Bezüglich des Ligamentum anococcygeum, welclies auch zur Regio an*alis
^^ n allen Beziehung steht, ist auf S. 152 ff. zu verweisen. Als Abbildungen desselben
*^önnen die Figuren 65 und 84 dienen.
Musculus coccygeus.
Der Musculus coccygeus (s. Figg. 65 und 77 und 84) nimmt ge-
^au die Beckenfläche des Ligamentum sacrospinosum (s. Figg. 31 u. 32) ein^
*^ Welches er kontinuirlich übergeht. Dieses Ligament samt dem Muskel bildet
^'ües der klarsten Beispiele von der Entstehung eines Bandes aus einem
Wuskel durch Rückbildung. Das Verhältniss zwischen Muskel- und Bandfasern
^st individuell sehr verschieden. Der Nerv kommt vom Plexus sacralis.
Ho 11 1. c. iuf. bespricht eingehend die Varietäten, welche dadurch entstehen,
^8s Reste des Musculus iliococcygeus (dorsal gelegene Portionen), die bei Thieren
^gelmässig vorkommen, beim Menschen aber sich der Regel nach zurückbilden, bei
etzteren erhalten bleiben. Diese decken dann den Coccygeus von der Beckenseite
^r und sie, nicht der Coccygeus, bilden in solchen Fällen die untere Begrenzung
es Foramen ischiadicum majus. Ist eine solche Muskelvarietät nicht vorhanden, so
^aet sich an ihrer Stelle, als untere Umrahmung des genannten Foramen, immer, eine
^^f die rückgebildete Muskelportion zu beziehende besondere sehnige Platte^).
1) Die hier gegebene Beschreibung der Dammmuskulatur weicht von der in
J^^ Handbüchern und sonstigen Detaildarstellungen gegebenen darin ab, dass sie
*^ fibrösen Grenzlamellen des Trigonum urogenitale nicht als besondere Fascien-
•ätter aufituhrt. Sie passen eher zu dem Begriffe „Ligament" oder „Aponeurose", und
^hen zu ihrem Muskel in ähnlicher Beziehung, wie das Ligamentum sacrospinosum
Um Musculus coccygeus. In der Auffassung des Musculus trigoni urogenitalis
9.he ich mich an Gegenbaur's Darstellung angeschlossen, selbstverständlich auf
ynnd zahlreicher eigener Präparate und Präparate der Herren Hein und Dr. Frohse.
*^ Oegenbaur'sche Bezeichnung: „Musculus urethralis" ist wohl zu eng gewählt;
^^ Henle'sche passt nur auf den hinteren Theil des Muskels; von den vielen Theil-
, ^Zeichnungen Hess sich keine für den ganzen Muskel verwenden; so wählte ich den
^^ Text gebrauchten Namen, der wolil unanfechtbar sein dürfte. — Für weitere In-
^1^ Arteria pudenda interna.
F. Vasa pudenda interna. Nervi reg^ionia perinealis.
Die Vasa pudenda interna und die Nerven der Regio perinealis
bedürfen einer zusammenhängenden Beschreibung, obwohl einzelne Aeste der-
selben bereits bei der Darstellung der Schichten zur Sprache kamen. Diese
Beschreibung soll zunächst folgen.
Arteria pudenda interna.
Die Arteria pudenda interna, einer der wichtigsten Zweige der
A. hypogastrica, ist ein Beckengefäss xax' e^oxrjVy denn nur auf eine unbe-
deutende Strecke tritt sie in das Gebiet der unteren Extremität über; sonst
folgt sie in langem, den unteren Umfang des Foramen obturatum umfassenden
Bogen der Innenfläche des Os ischii (Fig. 61, 83). Man kann an ihr drei
Abschnitte unterscheiden: die Pars pelvina, cir cum spinös a und is-
chiorectalis.
I. Im C a V u m p e 1 v i s liegt sie, von ihrem Ursprünge aus dem vorderen
Aste der Hypogastrica bis zum Durchtritte durch das Foramen infra-
piriforme, in einer Strecke von etwa 2 — 3 cm auf der medialen Fläche des
Musculus piriformis und des Plexus ischiadicus.
IL Nach dem Durchtritte durch das Foramen infrapiri-
forme schlingt sie sich in Begleitung der Vene und des Nervus pudendus
bogig hinten um die Spina ischiadica (Fig. 51, 61, 84 a). Dieser Theil des
Gefässes, die Pars circumspinosa, ist von 1,5 — 2 cm Länge und greift
(in der Regio glutaca) in das Gebiet der unteren Extremität ein. Ueber die
Lage der Gefässe im Foramen infrapiri forme vergl. das S. 161 gesagte. Aß
der Spina ischiadica liegt der Nerv hinter und medianwärts neben der Arterie,
die Vene lateralwärts (Fig. 51 und 83).
formirung sei verwiesen auf: 1) Gegenbaur, Lehrbuch der Anatomie des Menschen,
6. Aufl. 1896. Bd. IL S. 194 if. — 2) Eggeling, 1. c. (S. 207) und „Morphol. Jahrb.
Bd. 24. 189G." S 405. — 3) Henle, J., Handbuch der systematischen Anatomie des
Menschen. Bd. II, Eingeweidelehre. 2. Aufl. 1873. S. 51L — 4) Holl, M., Ueber den
Verschluss des männlichen Beckens. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1881. S. 225. -^
Zur Homologie der Muskeln des Diaphragma pelvis. Anat. Anzeiger. Bd. X. Nr. l^.
1895. — Zur Homologie und Phylogenese der Muskeln des Beckenausganges des Men-
schen. Ibid. Bd. XII, Nr. 3. 1896. — 5) Kollmann, J., Der Levator ani und CoccygeUS
bei den geschwänzten Affen und Anthropoiden. Verhandl. d. anatom. Gesellsch. VIIL Bd.
1894. S. 198. — 6) Lartschneider, 1. c. (S. 86) u. Wiener akad. Sitzungsber. Math.-
naturw.Kl. Bd. 104. Abth. HL 1895. — 7) Roux, C, Beiträge zur Kenntniss der After-
muskulatur des Menschen. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 19, S. 721. 188L — 8) Lesshaft»
P., Ueber einige die Urethra umgebende Muskeln und Fascien. Arch. f. Anat. u. Physiol«
von Reichert und du Bois-Reymond. 1873. S. 51. — 9) Tschaussow, Resultat^
makro- und mikroskopischer Untersuchungen über die tiefen Muskeln des vorderen
Dammes beim Manne und über das Verhalten der Venen zu ihnen. Arch. f. Anat. und
Physiol. von His, Braune und du Bois-Reymond. Anat, Abth. 1883. S. 317. -^
10) Cadiat, Etüde sur les muscles du perin^e en particulier sur les muscles dits de
Wilson et de Guthrie. Journ. del'anatomie (par Robin et Pouch et). 1877. p.39. -^
llj Paul et, Recherches sur ranatomie comparee du perinec. Ibid. 1877. p. 144.
Arteria pudenda interna. 213
III. Die Arterie tritt nun, /wischen Ligamentum saerotuberosum
^^i s a c r 0 s p i n 0 s u m, welchem letzteren das Gcfäss- und Nervenbündel^ wie
^^ einer Rinne, diclit anliegt, in das Foramen ischiadicum minus ein und
•beginnt damit ihren dritten und letzten Abschnitt, die Pars ischiorectalis.
^ie verläuft hier 8—3,5 cm oberhalb des Tuber ischiadicum längs der lateralen
"^^nd der Fossa, dicht an der medialen Fläche des Musculus obturator in-
ternus. Die häufig doppelten Begleitvenen umgreifen mit zahlreichen kurzen
-^ßastomoscn die Artciie; der Nerv liegt caudalwärts (näher der Haut). Das
ganze Bündel ist eingeschlossen von einer auf dem Querschnitte spindelförmigen
fibrösen Scheide, die von der Fascia obturatoria interna geliefert wird (Alcock's
Kanal der englischen Autoren). - S. Figg. 52, 61, 83, 84, 84a, 111, 112.
Noch bevor die Arterie den Musculus transvcrsus perinei erreicht, theilt sie
^^^h in ilire beiden Endäste, die Arteria penis und die Arteria perinei.
Während dieses ganzen Laufes bleibt die Arterie immer 1 — IV2 cm oberhalb
^^s unteren Knochenrandes liegen, so dass sie sehr geschützt ist.
Die verbreitete Angabe, dass auf diesem Wege die Arterie vom Processus falci-
^^^mis des Ligamentum saerotuberosum gedeckt sei (s. U.A. Gegenbaur, Lelirbuch,
^' Aufl. Bd. TT, S. 285. 1896), ist nicht zutreffend. S. die Bemerkung Pfitzner's (Ver-
*jaiidlungen der anatomischen Gesellschaft. TXte Versammlung in Basel 1895. S. 104.
'^^^^a, 1895, G. Fischer). Der Raum zwischen dem I^nochen und dem T^rocessus falci-
^i'mis wird gewöhnlich ganz vom Muskelfleische des Obturator internus ausgefüllt.
An namhaften* unmittelbaren Aesten giebt die Arteria pudenda interna
^wr ab die
A r t e r i a c h a e m 0 r r h 0 i d a 1 e s inferiores.
Dieselben, meist 2—3 jederseits, treten aus dem erwähnten fibrösen K^anale, von
^^ sie eine dünne Scheide mitnehmen, seitlich ab, durchsetzen quer das I^ettgewebe
J^ Fossa ischiorectalis, und versorgen die Haut und die Muskeln des Afters, so wie
*^ Pars perinealis recti. Sie anastomosiren mit den gleichnamigen Arterien
^'•Gegenseite, den Arteriae sacralis media, haemorrhoidalis media und
®^Perior (Fig. 57, 61 (9), 84, 84a u. 112).
Von den E n d ä s t e n liefert die A r t e r i a perinei M u s k e 1 z w e i g e
^ der Damnnnuskulatur, von denen ein starker Ast gcwöhnlieh quer am
^^sculus transversus perinei verläuft (Rami perinei), und die vorhin be-
^Pi'ochcnen Arteriae scrotales (labiales) posteriores (Figg. 57 und
*-^). Die Arteria penis setzt den Lauf der Arteria pudenda interna
^^*- Sie liegt ähnlich wie der Stamm in einem fibrösen Fache im Trigonum
^•"^genitale hart am Knochen (Fig. 111). Ihre Aeste sind:
a) Die A r t e r i a b u 1 b i u r e t h r a e,
b) die Arteria urethralis,
c) die Arteria profunda penis (clitoridis),
, d)dieArteriadorsalispenis (clitoridis) ;
^tztere ist zugleich die Fortsetzung des Stammes.
Arteriabulbiurethrae.
, Diese ansehnliche Arterie entspringt aus dem Anfangstiickc der Arteria penis,
'"IV2 cm vor dem hinteren Rande des Trigonum urogenitale. Sic läuft in Begleitung
214 Anomalien der Arteria pudcnda interna.
mehrerer Venen, eingeschlossen in die Masse des Trigonum, meist bis an den hinteren
Bulbus-Unifang, wo sie das Trigonum verlässt, um in den Bulbus einzutreten. Ein
Zweig geht nach rückwärts zur Glandula bulbourethralis. Auch der Musculus
bulbocavernosus, das Trigonum urogenitale, die Prostata und die Pars membranacea
der Harnröhre erhalten von ihr Zweige. [Figg. 57, 57 A, 58, 61 (10)].
Arteria urethralis.
Die Arteria urethralis, schwächer als die vorige, entspringt meist mit ihi*
zusammen (Figg. 57, 58), oder 0,5—1 cm vor derselben. Sie tritt in das Corpuö
cavernosum urethrae ein, da wo dasselbe sich an die Corpora cavernosa penis
anlegt. Sie lässt sich bis zur Glans penis verfolgen und anastomosirt mit den End-
ästen der Arteria penis.
Arteria profunda penis.
Die Arteria profunda penis tritt als Stamm oder in mehrere Aeste aufgelöst
in der Nähe des Angulus pubis von der medialen Seite her in das Corpus cavernosum
penis ein, dringt in schräger Richtung bis zur Mitte desselben vor und läuft dann
mit Aesten des Plexus cavernosus penis in der Axe des Crus penis vorwärts bis zn
dessen Spitze, sendet aber auch einen rückläufigen Ast zum Ursprünge des Crus.
Beim Weibe entspricht ihr die Arteria profunda clitoridis (Figg. 57, 57 A, 58 und 71)-
Arteria dorsalis penis.
Die Arteria dorsalis penis ist der längste Zweig der Arteria pudenda in-
terna und setzt das Stammgefäss bis zur Eichel des Penis (oder der Clitoris) fort.
Sie verlässt unmittelbar vor dem Ligamentum praeurethrale, im Winkel zwischen
beiden Crura penis, das Fach des Trigonum und tritt zwischen Symphyse und Cor-
pora cavernosa penis auf deren Rückenfläche (s. Figg. 57, 57A, 58, 61 (11), '71)-
Auf dem Penis-(Clitoris-)Rücken liegt sie jederseits zwischen dem Nervus und der
Vena dorsalis penis (clitoridis). Sie versorgt hauptsächlich die Eichel, aber auch die
Corpora cavernosa penis (clitoridis). Alle Penis-(Clitoris-)Arterien anastomosircn
miteinander.
Anomalien der Arteria pudenda interna.
Unter den zahlreichen Verschiedenheiten im Ursprünge und Verlaufe der Al-
tena piidenda interna und ihrer Aeste ist die bemerkenswertheste die in Figg. ^^
und Gl (rechte Seite, 11. 11) dargestellte. Hier verläuft die Arteria penis an der
Innenfläche des Beckenbodens, auf der Beckenfläche des Levator ani, und tritt
schliesslich unter dem Schambogen hinweg auf die Rückenfläche des Penis. Die be-
treffende Arterie liegt dann nicht, wie gewöhnlich nahe am Knochenrande, sondej'n
mehr in der Mitte der betreffenden Dammhälfte, nahe der Prostata und der
Harnblase. Auch der Stamm der Arteria pudenda kann so verlaufen. — Zur Zeit,
wo man den lateralen Steinschnitt übte, s. w. u., war bei einem solchen Laufe die
Arterie der Gefahr einer Verletzung ausgesetzt.
Die Arteria pudenda interna kann mit der Arteria obturatoria zusannnen ent-
springen; die Arteria bulbi urethrae dicht am hinteren Trigonum-Rande: letzteres ge-
dingt ebenfalls eine Verletzungsgefahr beim Lateralschnitte.
Vena pudenda interna.
Die Vena pudenda interna (Fig. 77) setzt sich aus Zuflüssen z«'
sammen, welche den Aesten der Arterie gleichen Namens entsprechen, die
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216 Venöse Beckenplexus.
beim Weibe), so wie endlich (durch Vermittlung des Plexus pudcndalis) eine
Verbindung mit der Vena obturatoria hergestellt wird.
Hciilc Hineilt mit Hecht darauf aufmerksam, dass die Veiiae profuiidae
penis, welche zur Vena pudenda interna ziehen, nicht zusammen mit der <»lcich-
namigen Arteric aus dem Corpus cavernosum penis treten, sondern weiter nach hinten
an der Wurzel des cavernösen Körpers *), und dass diese V(uien mehr median war ts
durch den Musculus trigoni uro<i-enitah*s verlaufen, Avälirend die Arteria profunda
hart am Knochen in fibrösem Gewebe ein<^ebettet lie^'e. Kr leitet Iiierfius eine
Bezieliung des genannten Muskels zur Erektion ab, indem der Muskel die Venen
comprimircai, und so den Ilückfluss des Blutes iK^minen könne.
Die Vena pudenda interna läuft mit der gleichnamigen Arterie.
Häufig ist, wie vorhin bemerkt, die Vene doppelt, mit Anastomosen, welche
im Alcock'sclicn Kanäle die Arteric umstricken. Oft ist die Spina ischiadica
von einem Venenkran/c umgeben (Fig. 51). An der Mündung, welche ge-
wöhnlich in die Vena glutaea inferior, oder doch unter einer Anastomose mit
letzterer erfolgt, ist die Vena pudenda interna einfach (Figg. e51, 52, 84a).
Venöse Beckenplexus des Mannes,
Es erscheint am zweckmässigsten an die Besprechung derjenigen Vene,
welche mit sämtlichen venösen Beckenpl e xu s Verbindungen eingeht,
eine ül)ersichtlichc zusammenfassende Darstellung der letzteren selbst anzu-
schliessen. Beim Manne haben wir:
1) Den Plexus pudendalis,
2) den Plexus vesicoprostaticus^),
3) den Plexus haemorrhoidalis,
4) den Plexus sacralis anterior,
5) den Plexus pamp inifo rm is.
Der Plexus pudendalis liegt als ein unpaares Geflecht (Plexus pu-
bicus impar) unmittelbar hinter dem Ligamentum arcuatum pubis, zwischen
diesem und der Prostata (Mann), Blase und Harnröhre (Weib). S. Figg. 52
und 64. Zuflüsse bezieht derselbe hauptsächlich aus den Vv. dorsales
penis (clitoridis), aus den Symphysen-, Blasen- und Prostata- Venen. Die Haupt-
abflüsse geschehen nach beiden Seiten durch die Vv. pudendae internae,
durch die Verbindungen mit der Vena obturatoria und mit dem Plexus vesico-
prostaticus, in welchen der Plexus pudendalis kontinuirlich nach beiden Seiten
übergeht.
Der Plexus vesicoprostaticus ist beim Manne der grösste aller Becken-
plexus; er liegt paarig je an der Seite der Harnblase, und füllt die zwischen ihr
und der Prostata bleibende Rinne aus. Er erhält die Blasen-, Prostata-, Samen-
blasen- und Ductus deferens-Venen, hängt, wie gesagt, vorn mit dem Plexus
pudendalis, hinten mit dem Plexus haemorrhoidalis zusammen und nimmt somit
1) Veines posterieures des corps caverneux Testut (Traite d'anatomie. T. Hl*
1 edit. P. 992). ~ Die französischen Autoren gebrauchen den Namen ^Vena profunda
penis" nicht.
2) „Plexus vcsicalis" BNA. Vgl. die Anmerkung zu S. 165.
Lympli^efässe der Regio analis. Nervi perineales. 217
^«ch an deren Abflüssen Tlicil. Sein Ilanptabfluss gcscliicbt durcb die Vv.
y^sicales inferiores zur Vena bypogastrica. Beim Weibe entspricbt
^'»m der Plexus vesi CO vaginalis. [S. Figg. 52 (Mann), 83 (Weib).]
Der Plexus h a e ni o r r b o i d a 1 i s kann in zwei Abtlieilungcn^ eine
innere und eine äussere, zerfällt Avcrdcn. Der Plexus baemorrboidalis in-
^rnus ist der bedeutendere und wird gemeint, wenn man scblccbtliin vom
»äniorrboidalplexus spricbt. Er liegt submukös bezw. subkutan in der Pars
^^^\k recti, im Gebiete der Columnac rectales und um den Anus berum;
^'^^e Zuflüsse kommen vom Rectum, den analen Muskeln und dem zugebörigen
Hautgebietc, seine Abflüsse gesebebcn zum Plexus b acm o rr b oid alis
^^ternus bin. Dieser ist im perireetnlen und perianalen Fettgewebe ent-
^^ckelt, zwiscben der Muskelwand des Rectum und der Faseia recti und liegt
^^^^^ Rectum so, wie der Plexus vesicoprostaticus zur Blase und zur Prostata
^^k^' 52 und 67). Er entleert sieb durcb die Vv. bacmorrboidalcs, bangt
^^^y aucb mit dem Plexus vesicoprostaticus und sacralis zusammen. Nälieres
"^^ diese Plexus und ibre Zu- und Abflüsse beim Kapitel: Rectum und Anus.
Der Plexus sacralis anterior setzt sieb aus der geflecbtartigen
^rt)indung der Vv. sacralis media und sacralcs laterales zusammen. S. Fig.
^^ iiiid S. 155.
Der Plexus pampiniformis liegt im Samenstrange, und wird von
en Vv, Sperma ticae intcrnae und dcferentiales gebildet. Sein
"fluss gescbiebt vorzugsweise durcb die Vv. spermaticae internae. Nälieres
^>eim Kapitel „Aeussere Gescblechtstbeile des Mannes".
Einige wiebtige allgemeine Verbältnisse der venösen Cirkulation im Becken
önncn erst später, nachdem aucb die Eingeweide abgehandelt sind, bc-
"PJ'ochen werden.
Nerven der Regio pcrinealis.
^ Drei Nerven versorgen sämtliche Thcile der Regio perinealis: Der
*^ ^ V u s pudendus, der Nervus c u t a n e u s f e m o r i s posterior und
^ ^^ u s k e I z w e i g e für das Diaphragma p e 1 v i s. Der erstcre stammt
8 dem Plexus pudendus, der sich hauptsächlich aus dem III. Sacral-
^ven rekrutirt, jedoch auch vom II. und IV. imd meist noch vom I. — ,
^ andere aus dem Plexus sacralis, und zw^ar aus dem I — III. Sacral-
^j^ ^^n, meist mit dem Nervus glutaeus inferior zusammen (N. ischiadicus minor
i>\. ■ "^^ ^^S' 44'). Der Ramus perinei des N. cutaneus femoris posterior
ort der ventralen Abtheilung des Plexus sacralis an (Eislcr), und kommt
^ II. nnd III. Sacralnerven. Die Muskclzwcigc des Diaphragma kommen
^'•«ehmlieh aus dem IV. Sacralnerven.
Ph ^^ Genaueres über die Ursprünge dieser Nerven s. bei Paterson, A., The mor-
XXt^^^ ^f the sacral Plexus in man. Jouni. of anat. cond. by Humphry etc.; Vol.
Wk ^' ^^^" ^^^^ ^"^ ^^^' XXVIII, p. 84 u. 169. 1894; ferner Eislcr, P., Der Plexus
, oosacralis des Menschen. Anatomischer Anzeiger. Bd. VI, S. 274. 1891 und Abhandl.
uaturforsch. Gesellschaft in Halle a./S. Bd. XVII. 1892.
218 Nervus pudendus. Nervus cutaueus fernoris posterior.
Nervus pudendus.
Der Nervus pudendus hat das Kaliber einer starken Stricknadel und
ninunt seinen Lauf mit den Vasa pudenda, zieht also durch das Foramen infrii-
piriforme, umkreist die Spina ischiadica^ läuft zwischen Ligamentum sacro-
tuberosum und sacrospinosum durch das Foramen ischiadicum minus zur Fossa
ischiorectalis, w^o er hautwärts von den Gcfässen im Alcock 'sehen Kanäle?
also oberhalb des T u b e r ischiadicum, nach vorn zieht (Figg. 84, 1 1^)-
Wie auf diesem Wege der Nerv zu den Gefässen liegt, ist S. 162 und 212
angegeben vs^orden.
Die Aeste sind:
1. Nervus perforans ligamcnti sacrotuberosi (Schwalbe)^).
Nerv für dieses Band und Hautnerv für den medialen Theil des Gesässcs;
tritt mitten durch das Ligament (Fig. 8i). Es können mehrere Nervenzweige daö
Ligament durchsetzen (Frohse).
2. Nervi haemorrhoidales inferiores.
Gemischte Nerven; sie laufen mit der gleichnamigen Arterie zur Haut des
Anus und zum Musculus sphincter ani externus (vgl. S. 208). (Figg. 45, 46, 57, 84).
3. Nervus perinei.
Gemisch ter Nerv. Die Verbreitung seiner sensiblen Fasern ist in Figg- ^^
und 46 durch die blaue Farbe bezeichnet. Von Muskeln versorgt er den BulbO'
cavernosus, Ischiocavernosus, Transversus perinei und den Musculus tri-
goni urogenitalis; mit den Muskelzweigen verläuft auch der Nerv zum Bulbufc*
urethrae und zum hinteren Abschnitte der Harnröhrenschleimhaut. Er zerfäl**'
alsbald in zwei Zweige, den Nervus scrotalis posterior medialis und late-
ralis, welche mit den Vasa scrotalia posteriora verlaufen (S. 199). Sie treten durch
die Basis des Trigonum urogenitale in den subfascialen Raum des Dammes und
können vor oder hinter dem Musculus transversus perinei gelegen sein. (Figg- ^''
58, 84.)
4. Nervus dorsalis penis (clitoridis).
S. über diesen Nerven Weiteres beim Kapitel „Aeussere Geschlechtstheilc". ^'^^
Damme liegt er im Trigonum urogenitale, lateralwärts von der Arteria dorsalis pem**
(clitoridis), und tritt zwischen Ligamentum praeurethrale und arcuatum pubis a^^
den Rücken des Geschlechtsgliedes. (Figg. 57, 57 a.)
Nervus cutaneus fernoris posterior.
Der von diesem Nerven zum Damme tretende sensible Nerv wird ^'^
Nervus perineus longus (Söramerring'schcr Nerv) bezeichnet (s.S. 200)*
Er verläuft in langem Bogen unterhalb des Tuber ischiadi cum ^^^
liegt anfangs ausserhalb des subfascialen Raumes, lateralwärts von den vorhi»
genannten Rami perinei des Nervus pudendus, schliesslich jedoch auch in den»
genannten Räume, indem er die Fascia perinei durchbohrt. Sein Gebiet is*
in den Figg. 45 und 46 gelb angegeben. — Alle sensiblen Nerven der
Danmiregion anastomosiren mit einander.
1) Schwalbe, G., Lehrbuch der Neurologie. Erlangen, 1881. S. 981. — Nad^
Eis l er gehört dieser Zweig zum Nervus cutaneus femoris posterior.
Damm: Muskelzweige. Centrum perineale. Pathologische Zustände. 210
Muskelzweige.
Die Nerven für die Muskeln der Regio urogcnitalis und für den Sphincter
^«i externus liefert der Nervus pudendus (S. 199 u. 208). — Die für den
^^sculus coccygeus und für den L e v a t or a n i bestimmten Nerven
^®' auch das S. 209 u. 210 gesagte) kommen entweder vereint oder getrennt
^^ IV. Sacralnerven und treten von der Beckenfläche her in ihre Muskeln
^% gelangen daher gar nicht an den Damm (Fig. 84); nur dringt noch
^in vom IV. Sacralnerven kommender Zweig, unter Durchbohrung
^^8 Musculus coccygeus, zur Haut vor.
G. Centram perineale.
Das Centrum perineale ist identisch mit Henle 's Septum trans-
^^J'sum musculorum perinei. Zwischen Musculus bulbocavernosus und
sphincter ani externus stossen zusammen: von unten kommend die Aponcurosis
^^goni urogcnitalis und die Fascia perinei; von oben her die Bcckenfascie,
^P<iziell der als Fascia rectovesicalis (Capsula prostatica) bezeichnete Thcil, so
^^ss an dieser Stelle eine etwa 1 cm (von links nach rechts) breite festere
*^oröse Masse sich findet. Diese ist das „Centrum perineale" (Fig. 77
^- 114). Wie bemerkt, heften sich Fasern der Musculi: bulbocavernosus, sphincter
^^1 externus und transversi perinei, nach Einigen auch des Levator ani, dort an.
Pathologische Zustände der Regio perinealis.
Die pathologischen Vorkommnisse und Zustände au der Regio
P*^i*incalis sind so eng mit den Erkrankungen der äusseren Geschlechts-
'^Gile und der ßeckeneingeweide, insbesondere der Ausmündungsstellen
^''selben, verknüpft, dass es praktisch richtiger erscheint, diese Dinge erst
^t den pathologischen Erscheinungen der genannten Theile zusammen abzu-
^^^deln. Sie müssen dann z. Th. nach den Geschlechtern getrennt besprochen
<^men. Einige allgemeine Dinge mögen hier jedoch vorweg ihre Erledigung
nnden.
Die wichtigsten pathologischen Processe am Perineum sind: 1) Die Ver-
öd er un gen der Haut, 2) die Verletzungen, 3) die Hernien und
^^'fälle, 4) die Neubildungen, 5) die Missbildungen.
Die Veränderungen an der Haut sind, so weit dies hierher ge-
^^% bereits S. 146 besprochen worden, insbesondere wurde auch wiederholt
aie grosse Sorgfalt aufmerksam gemacht, die bei allen pathologischen Vor-
^mmnissen und chirurgischen Eingriffen in dieser Gegend bezüglich der Rein*
^^ög und der Vermeidung von Gangrän erforderlich ist.
Was die Verletzungen anlangt, so liegt bei diesen das Schwergewicht
ö der Betheiligung der Harn- und Geschlechtstheile, beim Manne vor allem
^^ Harnröhre und des Scrotum, beim Weibe der äusseren Ge-
*^ '^ 1 e c h t s 0 r g a n e und der S c h e i d e. Ein weiterer allgemein zu berück-
220
Regiones pubica et pudendalis: Schichtenfolge.
sichtigender Punkt, auf den die Anatomie hinzuweisen hat, sind die VeneD-
p 1 c X u s und die erektilen Organe, deren Verletzungen arge Blutungen
und Häinatonil)il düngen nach sieh ziehen. Drittens endlich möge auf die Ad*
Ordnung der F a s c i e n aufmerksam gemacht sein, welche a) im S p a t i u m
subfasciale eine Ausbreitung von Infiltraten nach vorn begünstigt, b) eine
Trennung des rectalen Bezirkes vom urogenitalen ergibt, und c) an gewissen
Stellen eine leichtere Verbindung zwischen Beckencavum und Damm gestattet.
Für diese Punkte sei auf das Kapitel „Beckenfascien" verwiesen; dort kann
dies alles besser erörtert w^erdcn.
Die Hernien und Vorfälle werden zusammen abgehandelt, da sie
nicht selten zusammen vorkommen. Vorzugsweise finden sie sich beim Weibe;
sie sollen daher nach Besprechung der weiblichen Danungcgend und der
Beckenorgane des Weibes ihren Platz finden. An dieser Stelle, in einem
besonderen Abschnitte, sind auch die M i s s b i 1 d u n g e n beider Geschlechter
zu behandeln, während die Neubildungen beim Manne und Weibe g^
sondert, nach Kenntnissnahme der betreffenden Beckeneingeweide, zu erledigen
sein werden.
V. Schossgegend (Regio pubica) (1) und Schamgegend
(Regio pudendalis) (2).
Wir fassen diese beiden Gegenden des Beckens wiederum zusammen,
zumal sie ohne scharfe Grenze in einander übergehen. Die Regio pubica be-
greift den als Mons pubis bekannten Bezirk, die Regio pudendalis die äusseren
Genitalien. Betreffs des äusseren Bildes und der Abgrenzungen vgl*
das S. 3 — 12 gesagte und die alsbald folgende tibersichtliche Schilderung der
äusseren Geschlechtstheile.
Regio pubica.
Schichteiifol^e.
Von der Korperoberfläche bis zum Cavum serosum pelvis finden wir:
1) Die Haut, das subkutane Fettpolster und die subkutanen Oe'
fasse und Nerven.
2) Die Fascia superficialis, das subfasciale Bindegewebe
mit dem Samenstrange, das Ligamentum Suspensorium
penis, das Ligamentum fundiforme penis, die subfasci*'
len Gefässe.
A. Oberer 3) Die vordere Rectusscheide.
(kranialer) l 4) Den Musculus pyramidalis.
Abschnitt: 5) Den Musculus rectus abdominis.
G) Das Spatium suprapubicum praefasciale.
7) Die Fascia transversalis.
8) Das Spatium suprapubicum retrofasciale (praevesicalö
Retzii) mit der Tela subperitonaealis, dem Urachus und
den Ligamenta vesicalia lateralia.
9) Das parietale Bauchfell.
^- Unterer
(cautialer)
Abschnitt:
Regiones pubica et pudendalis: Haut. Fascia superficialis. Ö21
3a, 4a, 5a) Die Symphysis ossium pubis.
6) Die Vasa retropubica.
[7) Die Fascia trans versalis]i).
8) Das Spatium praevesicaie (Retzii) mit der Fascia vesi-
calis und der Tela subperitonaealis, darunter den Plexus
pudendalis.
10) Die vordere Blasenwand mit ihren Gefässen, insbesondere
den vorderen Blasenvenen. (Zu den Seiten der Blase das pa-
rietale Bauchfell, s. Fig". 80.)
Der untere Abschnitt wird vor der Symphyse zum grossen Theile
Vom Penis gedeckt — beim Weibe von den grossen Schamlippen und
^^1' Clitoris;
Die Schichten 1 und 2 des oberen Abschnittes fallen mit den entsprechenden
J^ Regio pudendalis zusammen (s. diese) und sind daher sub B. nicht aufgeführt;
le Symphysis ossium pubis tritt an die Stelle der Schichten 3, 4 und 5 des oberen
Abschnittes.
A. Hautsohloht.
Man vergleiche bezüglich derselben und des Mons pubis das S. 5^
15 und 134 ff, gesagte.
B. Fasoien der Baaohwand im allgemeinen. Fasoia anperflcialis.
In der Leisten- und Schamgegend spielen die Fascien des
Ruches eine wichtige Rolle. Wegen ihrer Beziehungen zum Samenstrange,
Um Penis und zum Scrotum kommen sie auch hier, bei der Topographie der
^^gio pubica und pudendalis zur Sprache.
j^ Wenige Kapitel der Anatomie zeigen eine so geringe Uebereinstimmung in der
i*8tellung als hier; Manche beschreiben nur eine Fascie vor dem Musculus obliquus
ernus abdominis, Andere zwei; wieder Andere geben eine Fascie an, die nach
^, en zweiblättrig werde. Dazu kommt dann noch eine Fascia intercolumna-
Ispermatica externa, Cooperi) und, von Einigen wieder unterschieden, eine Fascia
^uiasterica. Endlich wird die fetthaltige Tela subcutanea selbst als „oberfläch-
^^^'les Fascienblatt« aufgeführt.
Wir unterscheiden in der Regio inguinalis und pubica wie an der
&^Samten vorderen Bauchwand:
1) Die Fascia superficialis.
2) Die Fascia propria musculi obliqui externi abdominis an-
terior.
3) Die Fascia propria musculi obliqui externi abdominis
posterior.
4) und 5) Dieselben beiden Fascienblätter am Obliquus in-
ternus abdominis.
6) Die Fascia propria musculi transversi abdominis anterior.
7) Die Fascia endoabdominalis.
g 1) Bezüglich der Einklammerung von Nr. 7 wolle man die weiter unten folgende
**^*iuterung vergleichen.
222 Fascia siiperficialis des Bauches. Subfasciale Gefässe.
Zur Fascia endoabdominalis gehört als einer ihrer Abschnitte die Fascia
propria musculi transversi abdominis posterior, die man gcwöhnlicb
schlechthin als „Fascia transversalis^ bezeichnet.
Die Fascia superficialis abdominis (Fascia Scarpae autt.) M
grenzt das am Bauche^ bei gesunden, normal ernährten Menschen stets
fetthaltige ünterhautbindcgewebe gegen die Muskelwand ab. Sie wird vom
Nabel an nach unten hin stärker, und zeichnet sich durch eine reich-
liche Einlagerung von elastischen Fasern vor allen anderen Körpei''
fascien aus. Insbesondere ist das der Fall in der Linea alba, vor allei«
in der Regio pubica. Die Fascie hängt hier fest niit der Bauchaponeurose
zusammen, und geht sowohl in das Ligamentum Suspensorium penis
(clitoridis) wie auch in das Ligamentum fundi forme über. S. später beitw
Abschnitte: „Penis".
Ferner hängt die Fascia superficialis auf der Strecke von der Spin^
iliaea anterior supcrior bis zum Annulus inguinalis subcutaneus mit dem Lig^'
mentum inguinale zusammen, geht aber von da wieder in die Fasci^
superficialis des Oberschenkels über.
Anders verhält sie sich in der Regio pubica und pudendalis, zwischen
l)ciden subkutanen Leistenringen. Hier heftet sie sich nicht an unterliegende
Theile an, sondern geht in die Fascia penis (clitoridis) und in die Tunie^
dartos des Hodensackes (der Labia majora) und weiter von da auf den Danin);
in dessen Fascie über. Auf die Wichtigkeit dieses Verhaltens bezüglich der
Ausbreitung von Ergüssen, Infiltrationen u. A. wurde bereits (S. 198) hinge*
wiesen.
Wenn Einige mehrere Blätter der Fascia superficialis abdominis beschrieben
haben, so ist dies nicht ohne Grund geschehen. Bei einer so stark entwickelten Tel*
subcutanea, wie am Bauche, kommt es häufig vor, dass sich das Bindegewebe 55
mehreren blattförmigen fascienähnlichen Lamellen verdichtet und das Fett in mehrer
übereinanderliegende Strata zerlegt. Gegen die Gepflogenheit aber, das gesamt^*'
Unterhautgewebe als eine besondere oberflächliche Lage der Fascia superficialis z^
■ boschreiben, muss Einsprache erhoben werden.
Die Nervi und Vasa epigastrica super ficialia liegen in d^''
Tela subcutanea, zwischen Cutis und Fascia superficialis. — In Fig. 78 is
das Fach der Fascia clitoridis dadurch eröffnet, dass deren seitliche Anh«^»'
tungen an den Arcus pubis durchgeschnitten sind — die Schnittlinien sin
bezeichnet; führt man sie weiter (in der Figur nicht zum Ausdrucke gekommen;
bis zum lateralen Pfeiler des Leistenringes, dann hat man den Verbindungsweg
zwischen dem subfascialen Bauchraume und dem subfascialen Räume am Feni^?
bezw. der Clitoris. In der Figur gibt die Stelle oberhalb der dort gezeichneten
Symphysenvene den Weg an.
Subfasciale Gefasse.
Oben, etwa in der ll(")he des subkutanen Leistenringes und auch etw^
tiefer, dicht oberhalb der Wurzel des Penis (der Clitoris), sind beide PlexU^
1) S. Struthers, J., 1. c. (S. 198).
Fasciae creniasterica, intermusculares, endoabdominalis (transversalis). 223
P^nipiniformes durch quere Anastomosen mitsamt verbunden^). Ferner
^''^tt aus der unteren Symphysenpartie ein kleiner Venenast (Ramus venosus
^ymphysicus ad venam dorsalem clitoridis subfascialem, Fig. 78, Frohse), zur
'^^na dorsalis penis (clitoridis). Kleine Arterienäste entstammen der Art. ob-
^^i'atoria und der Art. spermatica externa. (S. S. 179.)
Lockeres, meist nur wenig fetthaltiges Bindegewebe trennt die Fascia
^^^perficialis von der Fascia propria musculi obliqui externi abdominis
^^terior; diese ist es, welche da, wo die beiden Pfeiler des subcutanen
^^istenringes auseinanderweichen, recht deutlich, als Fascia intercolumna-
^*s? sichtbar wird und als Fascia cremasterica (Cooperi) sich mit dem
^^anienstrange bis zum Scrotum fortsetzt.
Andere fassen die Fascia cremasterica (Cooperi) als eine Fortsctzung/aer sehr
^rdünnten Aponeurose des Musculus obliquus externiis abdominis auf. Ein sicherer
^i^tscheid ist schwer zu geben.
^- X'agoiae intermnsoalares abdominis und Fasoia endoabdominalis (trans-
versalis) mit den Spaüa snprapubica praefasoiale, retrofasciale
und praevesicale (Retzii) nnd der Tela subperitonaealis.
Für eine klare Darlegung der Spatia suprapubica und des Spatium
Pi*aevcsicale so wie der später abzuhandelnden Lage der Bcckencingeweide
^usg hier etwas näher noch auf die Bauchfa seien und die Tela subperi-
^^aealis eingegangen werden.
Abgesehen von der beschriebenen Fascia superficialis und der
^scia propria musculi obliqui externi abdominis anterior, hat der
wiere Muskel noch eine Fascie auf seiner hinteren Seite, und es haben
J|ch der Musculus obliquus internus abdominis und der Musculus transversus
^odominis jeder eine Fascie auf ihren beiden Seiten. Es sind dies die
^sciae propriae oder die Specialfascien der breiten Bauchmuskeln.
^^ kann diejenigen von ihnen, welche zwischen je zwei Muskeln einge-
^hlossen sind, also die in der Schichtenfolge unter Nr. 3—6 (einschliesslich)
^^'hin aufgeführten, auch als die intermuskulären Bauchfascien
j^sammenfassen. Sie sind sehr wichtig, indem sie bei Laparotomien im
^i'eiche des Muskelfleisches der Bauchwand, z. B. beim Lumbaischnitte, die
^sten Fingerzeige dafür abgeben, in welcher Tiefe man sich mit dem Schnitte
^ndet. Da, wo diese Fascien muskulöse Partieen bekleiden, liegen sie zwar,
/^ bei allen breiten Muskeln (Trapezius, Latissimus), ihrem Muskel fest an,
^^^ jedoch sehr deutlich, als gut abziehbarc Blätter entwickelt 5 da wo sie
^^ Aponeurosen überziehen, werden sie, wie begreiflich, dünner und ver-
inielzen mit den letzteren, so dass sie kaum in grösseren Stücken präparirbar
^^^*- Dies muss festgehalten werden, wenn man das Verhalten der Bauch-
^ Beckenfascien verstehen will.
1) Perier, Gh., Considerations sur TAnatomie et la Physiologie des veines Hpcr-
^tiques et sur un inode de traitenient du Varicocele. These de Paris, 1864. (Zeich-
*^^& nach Farabeuf.)
S24 Fasciae endoabdominalis et transversalis. Tela subperitonaealis.
So verhält sich auch die Fascia tr ansversalis *); sie stellt daB
jenige Stück der gesamten Fascia endoabdominalis dar, welches
die innere Fläche des Musculus transversus abdoniinis überkleidet, ist also,
wie vorhin bemerkt, identisch mit der hinteren Spczialfascie des Musculus
transversus abdoniinis ==-. Fascia propria musculi transversi abdominis posterior.
Auf der Aponeurose des Transversus wird sie dünn und bleibt solch ein
dünnes Blatt auch hinter den Musculi recti abdominis. Fügen wir gleich hiuü«?
dass diese Fascie, wo sie, von ihrer Anheftung an dem oberen Symphysen-
rande ab, sich hinter der Syniphyse her zur Beckenfascie fortsetzt, ganz be-
sonders dünn wird, so dass hier also nur ein sehr schwaches Blatt, welches noch
dazu fest mit der Symphyse verwachsen ist, diQ Verbindung mit der Becken-
fascie herstellt.
WoUte man an der hinteren Flüche der Symphyse überhaupt eine Fortsetzung
der Fascia transversalis läugnen, so würde auch das annehmbar sein. Luschka^)
z. B. bestreitet jede Fortsetzung* der Fascia transversalis zur Beckenfascie,
Unter dem Namen: „Fascia endoabdominalis" ^^ wird der ganze
Fascienzug verstanden, der, ähnlich wie das Bauchfell, nach aussen von diesem,
die gesamte innere Fläche des Bauchraumes überzieht. Man unterscheidet a»
ihr mehrere Unterabtheilungen, insbesondere die Fascia transversalis (s.o.)?
die Fascia diaphragmatica, die Fascia iliaca; — die Fascia pelvis
ist ihre Fortsetzung in das Becken.
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft das subperitonaeale Bindegewebe-
Dasselbe verhält sich in verschiedenen Gegenden des Bauches verschieden.
Bald ist es reichlich entwickelt mit vielem Fette, und dann oft deutlich lamellosa
bald spärlich und dann einfachem lockeren Bindegewebe gleich. Der Umstand,
dass es nicht selten in deutlich entwickelten Lamellen auftreten kann, hat
dazu geführt, dass man — sehr ungeeigneter Weise — die gesamte Tela sub'
peritouaealis mit dem Namen einer „Fascie" belegt hat. So nannte sie s. 2-
1) Die Fascia transversalis ist zuerst beschrieben worden von Sir Astley
Co 0 per und Hesselbach, später, in einer eingehenden Darstellung, von J. Cloque^»
dieser gab ihr auch den Namen; wenigstens gebrauchen ihn Hesselbach und CoO'
per (letzterer in der I. Aufl. von 1804) noch nicht. Die Abhandlung Co o per 's vom
Jahre 1807 stand mir nicht zur Verlügung. S. Cooper, A., The anatomy and surgica-l
treatment of inguinal and congenital hernia, London, 1804. Fol. -— The anatomy ^n«
surgical treatment of crural and umbilical hernia. London, 1807. — The anatomy ^n^
surgical treatment of abdominal hernia. 11. edit. by Aston Key. London, 1827. i'ol ^
Hesselbach, F. C, Anatomisch-chirurgische Abhandlung über den Ursprung ^^^
Leistenbrüche. Würzburg, 1808. — Cloquet, J., Kecherches anatomiques sur *^^
hernies de l'abdomen. These de Paris, 1817.
2) Luschka, H., Die Anatomie des Menschen. Bd. II, Abth. 1, Der Bauch-
Tübingen, 18G3. S. 139. ~ Gras er, E., Die Unterleibsbrüche, Wiesbaden, 1891; S.3&;
nennt diese Fascie: „Fascia intraabdominalis", Langer-Tol dt, Lehrbuch der sy^^^'
matischen und topographischen Anatomie, 5te Aufl., Wien, 1893, S. 179: ^Fascia endo*
gastrica". Der Luschka'sche Name dürfte aus mehrfachen Gründen den Vorzug
verdienen. Die BNA. iiaben keine Bezeichnung für di(*. all'-emeine innere Bauch fiis^Ji^'
22G Spatia praefasciale et praevesicale.
Der Thatsacbe aber, dass die Tela subperitoiiaealis sich faseicnäbnlich
entwickehi kann, ist Reebnun^ zu tragen. So ist es z. B. in dem Fettbigcr
der Nieren i). Man kann dann passender Weise solcbc faseicnäbnlicbc, ans
der Tela subperitonaealis entwickelte Lamellen mit der generellen Bezeichnung*
Fasciac subperitonaeales^) belegen.
Nach dieser Klarstellung der Namen, welche für die Bauchfascicn 7M
gelten hätten, können die Spa tia pr aef as ciale und praevcsicalc
leicht verständlich gemacht w^erden.
Da die Fascia tr ans vcrsalis sich an den oberen hinteren Rand
der Sympbyse ansetzt, der Musculus rectus abdominis sich aber a«f
die Vorderfläche der Symphyse begibt, so weichen, je näher dem oberen
Syniphysenrande, desto mehr der Muskel und die Fascic auseinander; zwischen
beiden entwickelt sich ein mit lockcrem, fcttbaltigem Bindegewebe gefüllter,
auf dem senkrechten Durclischnittc dreieckiger Raum. Dieser Raum ist das
Spatium j) r a c fas ciale m. (Fig. 59 a). Er setzt sich nach unten in das
Cavum pclvis nicht fort, weil ja die Fascia tr an s vcrsali s mh den oberen
Symphysenrand und, weiter lateralwärts, an das Ligamentum inguinale sieb
anheftet. Nach oben wird der Raum, da die Fascic sich dichter an den Muskel
anlegt, immer enger; er geht schliesslich auf in den zwischen Musculus rectus
alxlominis und dessen hinterer Scheide befindlichen Raum, das S p a t i u ni
vaginale m u s c u 11 r e c t i abdominis posterior, in welcliem di*^
V a s a e p i g a s t r i c a verlaufen.
Grösser und wichtiger als dieser, von den Autoren auch als „submusku-
lärer oder retromuskulärcr" bezeichneter Raum, ist das Spatium pracvcsi'
c a 1 e. Dieses liegt zwischen der F a s c i a t r a n s v c r s a 1 i s bczw. der h i W'
t e r e n S y m p h y s e n f 1 ä c h e und demjenigen Thcile der F a s c i a p c 1 v i s?
welcbcr die Blase vorn und seitlich übcrkleidet : F a s c i a v c s i c a c. (Fas c i ^
vcsicalis Charpy^). Auf diesen Raum bat zuerst A. Retzius^) die Auf-
mcrksandvcit gelenkt. Wenn er ihn auch etwas anders begrenzte, als es heute
geschieht, so verdient doch die Bezeichnung „Cavum Retzii" erhalten zu bleiben.
Nach oben hin ist dieser grössere Raum nicht scharf begrenzt; für S^'
wohnlich reicht er nicht weiter, als die Linea semicircularis (Douglasi), indem
dort das ihn erfüllende lockere subperitonaealc Gewebe schwindet und souii*
1) Vgl. Gerota, D., Beiträge zur Kenntniss des Befestigungsapparates der Niere-
Archiv für Anat. und Physiologie. Anat. Abth. 1895. S. 265.
2) Man braucht seit langem für diese Blätter bei den Hernien sclion den Namen-
^Fascia peritonaci lierniae" ; s. z. B. König, (1. c. S. 167) Bd. TL S. 280 ~ Grasei*
(1. c. S. 224) S. 11; das könnte aber zu Verwechslungen mit rein peritonaealen Bildun^*^^
füliren. Der Ausdruck: „Fascia sul)peritonaealis'* ist unzweideutig.
3) Charpy, A., La gaine des muscles droits et la Cavite prevesicale. Etude^
d'anatoniie appliquee. Paris 1892. p. 183.
4) Ketzius, A., Some remarks on the proper design of the semilunar lines oi
Douglas. Edinb. med. Journ. 1858. p. 865. — Hyrtl, J., Notiz über das Cavum V^^^'
peritoneale Ketzii in der vorderen Bauchwand des Mensclien. Wiener acadeiö-
Sitzungsber. Math. natw. Klasse. 29. Bd. 1858.
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228 Spatia praevesicale et perivesicale.
Der praevesicale Raum besitzt jederseits einen halbmondförmigen Ausläufer,
welcher alsSpatium perivesicale sich nach hinten so weit um die
Blase erstreckt, bis er die zur Blase tretenden grösseren Gefässstämnic und die
Ureteren, welche in einer von der Beckenwand zur Blase tretenden Duplikatur
der visceralen Beckenfascic liegen, erreicht, womit der weiteren Ausdehnung
der perivesicalen Spatia nach hinten Halt geboten wird, s. Fig. 59 b. Nach
unten reichen der praevesicale und die perivesicalen Räume bis zum Becken-
boden, d. h. bis zum Umschlage der parietalen in die viscerale Beckenfascic
hinab, vorn (liinter der Symphyse) also bis zu dem von dieser Fascic gedeckten
Plexus pudendalis (Fig. 59a). Das Fettgewebe, welclies bei Erwach-
senen in dem Cavuni praevesieale und perivesicale liegt, ist meist in Gestalt
eines sehr weichen, fast vollständig abgeschlossenen, ghitt begrenzten Fett-
körpers angeordnet, der nur wenig Verbindungen mit den Wanden des Raumes
eingeht. Pierre Del b et erwähnt diesen cigenthümlichen Fettkiirper, des-
gleichen Berry Hart (Selected papers in Gynaecology and ObstetricS; Edin-
burgh and London 1893, p. 13). (Vgl. auch die Figg. 59 a und b.)
Es ist hier, dem Gebrauche gemäss, von „Räumen" gesprochen worden,
obwohl, wie ja auch bemerkt wurde, dieselben mit fettlialtigem Bindegewebe
gefüllt sind und daher keine „Hohlräume", „Cava", darstellen; lateinisch
wurde dalier auch die Bezeichnung „Spatium" genommen. Bei Kindern bis
zum 4. Lebensjahre jedoch ist ein echter, leicht injicirbarer Hohlraum in^
Spatium praevesicale und perivesicale vorhanden, der im letzteren auch
bei Erwachsenen erhalten bleibt. Genaueres über diese Verhältnisse enthält
die sorgfältige Arbeit von Disse^), dessen Präparate zum Theil in der Samm-
lung des L Berliner anatomischen Institutes aufbewahrt werden. Beim Kapitel
„Harnblase" wird auf diese Räume zurückzukommen sein.
Die sehr einziehenden Beschreibungen; namentlich der französischen Autoren,
haben nicht in allen Stücken zu der gleichen Auffassung «-eführt. Meine eigenen
Untersuchung-en bringen mich zu der Ansicht Pauzat's, Leusser's und Charpy%
die mit der liier mitgetheilten in allem Wesentlichen übereinstimmt.
Folgende Punkte sind noch hervorzuheben: Beide Räume, der praefascialc,
wie der praevesicale, zeigen oberhalb der Symphyse ein medianes dünnes Septum,
welches jedoch unvollständig ist. Dem entsprechend findet man bei pathologischen
Processen mitunter einseitige Füllungen der betreffenden Räume. Eine solche septal^*
Verbindung besteht ja, wie wir sahen, auch zwischen der Linea alba und der Fascia
superficialis abdominis.
Indem die Räume sich bis zum Nabel hin erstrecken, wird es begreiflich, dasS
Beckenabscesse sich am Nabel entleeren können.
1) Disse, J., Beiträge zur Kenntniss der Spalträume des Menschen. Arch. für
Anat. und Physiol. Anatomische Abth. 1889 S. 222. — Vgl. ferner: Charpy, A. (h ^'
S. 226). — Delbet, Pierre, Des suppurations pelviennes chez la femme. Paris 1891. 8. -^
Drappier, E. A., Contribution ä i'etude du plancher pelvien et de hi cavite prevesi-
cale. These de Paris, 1893. 4. — Delbet, Paul, Anatomie chirurgicale de la Vessie
Paris, 1895. 8. In diesen fünf Schriften findet sich auch die weitere Literatui*, ^^^
der insbesondere noch die Arbeiten von Pauzat, Leusser und Pinner hervorzi^''
heben sind.
Symphysis ossium pubis. §29
Der praefasciale Raum soll nach Charpy nicht mit dem Spatium vag-inale
^J^terior des Musculus rectus abdominis kominuniciren, indem das Perimysium des
^usculus rectus sich nach links und rechts in Gestalt von Flüg-elplatten (ailerons) über
^n MuskelUörper hinaus bis zum Vereinigen *>'swinkel der vorderen und hinteren
^heide des Rectus fortsetze; dadurch würden beide vaginalen Räume von einander,
^fl damit auch der praefasciale Raum, der ja nach oben in den hinteren vag*ina-
^'^ Raum überg*eht, vom vorderen vaginalen Räume getrennt.
Nach Charpy findet zuweilen auch eine ho ri zontale Trennung im Bereiche
^^s pva(.vesicalen Raumes statt, indem sich der oberhalb der Symphyse liegende
/^^il (Spatium suprapubicum retrofasciale m.) von dem hinten* der Symphyse liegen-
^^^ (Spatium praevesicaie im engeren Sinne) durcli bindegewebige Blätter sondern
^ann; es ist dies durch das Verhalten pathologischer Ergüsse wahrscheinhch gemacht.
Indem zwischen Fascia vesicae und Bauchfell, oder da, wo die Fascie fehlt, un-
mittelbar zwischen ßlasenwand und Bauchfell auch noch eine mehr oder minder dicke
^^ß^ lockeren fetthaltigen Bindegewebes vorhanden ist, kann man mit Charpy in
^cksicht auf pathologische Processe, welche sich in dieser Schicht isolirt entwickeln,
Och von einein Spatium snbperitonaeale vesicae sprechen. Zu diesem Lager
^tthaltigen Bindegewebes gehört auch das zwischen Fascia vesicae und Blasenwand
befindliche subfasciale Fett; s. die Figuren 59 a u. b.
Für die Operationen an der Blase, namentlich für die von vorn her vorzuneh-
^nden, ist es sehr wichtig zu wissen, dass man hier, bevor man an die Blasenwand
g'elangt, auf eine glatte Schicht stossen wird, die Fascia vesicae, hinter der
^^h ein Fettlager (subfasciales Fett) kommt, dann erst auf die Blasenwand mit ihrem
^eiio.ripiexus.
Die Fascia vesicae wird von Farabcuf, wie Pierre Delbet mittheilt, als
»■^ponevrose ombilico-vesicale" bezeichnet Dieselbe ist meines Erachtens, ebenso wie
l^^e gesamte Fascia pelvis visceralis (endopelvina BNA.) von einer stärkeren
^»nellären Entwicklung der Tela subperitonaealis abzuleiten, gehört also zu den
^sciae subperitonaeales (s. das vorhin Gesagte).
Mit Disse stimme ich übercin, wemi er die Entwicklung des ganzen
Pi'ävesicalcn Raumes, insbesondere des Spatium snprapubicuni retrofasciale, auf
^^ liohc Lage der Blase im frühen Kindesalter zurückführt. Selbstverständlich
spielt dabei die Bewegung der Blase ihre Rolle. S. das Kapitel: Harnblase.
D. Symphysis ossinm pubis.
lieber die Symphysis ossium pubis ist das Nöthige bereits S. 33
^^gegebcn worden. Hier ist nur nachzutragen, dass sich die Sehnen der Mus-
^^^i recti, namentlich deren medialer Theil, noch 1—1 V2 ^^^ weit auf der
^J'derflächc der Symphyse hinab verfolgen lassen (s. die Längsfaserung bei
' A^ig. 23), ebenso wie Querfasern von den ürsprungsschnen der Adductoren,
^^cbe sich untereinander und mit den Rectusfasern verflechten. Der obere
y^^ipbysentheil gewinnt dadurch eine ansehnliche Verstärkung,
Unten zeigt die Vorderfläche der Symphyse eine flache Rinne (Fig. 23, b),
^Iche zur Orientirung bei Operationen nützlich sein kann. Au dieser Stelle
^ten kleine Gefässe ein, von denen die Venen mit der Vena dorsalis subfas-
^^alis penis (clitoridis) anastomosiren (Fig. 78).
230 Hinter der Symphyse gelegene Theile.
E. Die hinter der Symphyse gelegenen Theile,
^insbesondere die Vasa retropubica.
Hinter den Ansätzen der Musculi rccti stösst man zunäclist (von den vorhin
bcseliriebenen Faseien abgesehen) auf das gemeinsame Ikckcnansatzbündel der
Museuli obliquus internus und transversus abdominis (conjoincd tcndon), s.S. 176;
in der Mittellinie dann auf das sogenannte Adminiculum lineae albae.
Vor und hinter diesem, dem oberen Sympliysenrandc entlang, laufen im prac-
vcsicalcn Räume die anastomosirenden Ranii pubici der Vasa cpiga-
strica inferiora mit ihren Verbindungen zu den vorderen Acsten der Vasa
obturatoria.
Grade hinter dem Mittclstücke der Symphyse treffen wir zahlreiche kleine,
die Symphyse versorgende Zweige der Vasa obturatoria; am unteren Rande,
in der Vertiefung zwischen beiden Ligamenta puboprostatica, den von der
Beckenfascic gedeckten Plexus pudendalis, in den die Vena dorsalis pcnis
(clitoridis) subfaseialis einmündet; zwischen diesem und den Venae obturatoriae
bestehen auch Anastomosen hinter der Symphyse.
Alle diese Gefässc, mit Ausnahme des Plexus pudendalis, sind so unbe-
deutend, dass ihre Verletzung nicht störend wirkt.
Die Fascia transversalis ist, wie bemerkt, hinter der Symphyse so dünn,
dass sie präparatorisch niciit darzustellen ist; deshalb wurde sie in der Schichten-
tabelle in Klammer gesetzt. Wollen wir eine dünne Fortsetzung derselben zur Becken*
fascie gelten lassen, so müssen die Symphysengefitsse diese dünne Lamelle durch-
bohren, um zur Symphyse selbst zu gelangen; sie wären also von vorn her (vgl. das
S. 34 Gesagte) durch dies dünne Blatt noch gedeckt.
In Fig. 80 ist die Lage der Theile dargestellt, welche sich unmittelbar
nach Wegnahme der Symphyse zeigen. Rechts (im Bilde) haben wir die zii'
nächst hinter der Symphyse folgenden Theile: die Aeste der Vasa obtura-
toria; hinter diesen das praevcsicale und subperitonaeale Fettgewebe, wodurch
die Blasenwand verdeckt wird; man sielit den Vertex der Blase mit dem
Ligamentum umbilicalc medium (Urachus) etwas darüber hinausragen. Links ist
durch Wegnahme des Fettes die vordere Blasenwand mit den sie deckenden
grossen Venen, die zum Plexus pudendalis ziehen, freigelegt. Man sieht fcrnei*
die Vena dorsalis clitoridis zwischen Ligamentum pracurcthralc und Lig'^'
mentuni arcuatum pubis hindurchziehen, sowie unter der Clitorisvenc, im Winkel
zwisclien beiden Crura clitoridis, bedeckt von den Venae urethrales, ein
Stück der Harnröhre. Alles dieses kann auch für das männliche Becken
gelten, weshalb hier eine besondere Figur nicht nöthig war. Man wolle
übrigens auch Fig. G6 vergleichen.
Sehr wichtig ist für die Operationen in dieser Gegend, ausser dem eben
dargelegten, noch das Verhalten des Bauch feil sackes; man sieht das Peri"
tonaeum links im Bilde dicht oberhalb der Blase und zur Seite des Urachus
unmittelbar nach Wegnahme des Fettkörpers vortreten. Weiteres im Kapitell
IIa r n bl asc.
Ile<^io pndendalis. 231
Regio pudendalis.
Die üussercn Gcschleclitstheilc^ welche die Regio pudendalis
^mnclimcn, sind unmittelbar unter der Regio pubica gelegen. Beim Manne sind
^^^ sebarf von dieser Gegend abgesetzt, und bestehen aus dem männlichen
^Hcde, Penis, dem Hodensacke, Scrotum mit dessen Inhalte und aus
^^ni Samenstrange, Funiculus spermaticus.
Ob man den Inhalt des Scrotnni, d. h. Sameiistrang, Hoden und Nebenhoden,
^^ wie deren Anhano^sgebilde mit zu den äusseren Geschlechtsorganen rechnen
Solle, kann ang-ezweifelt werden; jedenfalls ^^-ehören sie zur Keg-i o pudendalis.
^om Samenstrange liegt nur die untere Hälfte in dieser Gegend; die obere zieht man
^^r Regio pubica.
Die Grenzen und das Aeussere der Regio pudendalis viri zu schildern,
^st tiberflüssig; es mag auf die Figuren 1, 2, 5, 7, 11, 61, 66 und 75 ver-
wiesen sein. Auch muss von der Darstellung einer „Schichtenfolge" im ganzen
Abstand genommen werden, da diese bei der Heschreibung der einzelnen
Organe zur Sprache kommt.
Folgendes nur gehört wohl am besten in eine Schilderung der Gegend im
Zusammenhange:
Der Penis im erschlafften Zustande ist vor dem Scrotum gelagert,
^asselbe mehr oder minder bedeckend. Ist die Tunica dartos erschlafft, und
^st der Musculus cremaster unthätig, dann reichen gewöhnlich die beiden Hoden-
^^ckhälften etwas tiefer hinab, als die Eichel des Penis und sind zur Seite
desselben deutlich von vorn her sichtbar; meistens ist der Stand der linken
Hodensackhälftc etwas tiefer als derjenige der rechten, was man durch lang-
sameren Abfluss des Blutes der Vena spermatica interna sinistra zu erklären
gesucht hat. Anders, wenn die beiden genannten Muskelhäute in Thätigkeit
s^*^d. Das Scrotum wird dann fast kugelig, die Hodenkontur ist äusserlich
nicht gut mehr wahrzunehmen, und beide Hoden mit dem Scrotum rücken
^^hr oder minder hoch hinauf hinter die Wurzel des Penis an den Damm,
indessen gelten für diese Lageverhältnisse viele individuelle Verschiedenheiten.
^^ Penis und Scrotum können, was chirurgisch bemerkenswerth ist, einer
^nsgcdehnten Verlagerung und Verschiebung unterworfen werden, ohne Schaden
^n nehmen.
Im erigirten Zustande nimmt nicht nur der Penis an Volumen zu,
Sondern er erhebt sich gegen den Bauch hin, sodass der Schambeinwinkel des-
s^^lben, den er im erschlafften Zustande aufweist, völlig ausgeglichen wird; auch
^in^mt bei voller Erektion das Glied eine bauchwärts leicht konkav gekrümmte
^^stalt an. Die Eichel erreicht erst bei hoher geschlechtlicher Erregung, kurz
^or der Ejakulation, ihre volle Schwellung. Bei normalen Verhältnissen soll der
^%irte Penis von der medianen Lage nicht abweichen. Ueber die Hälfte der
Länge des männlichen Gliedes (erschlaffter Zustand) liegt am Damme in der
^^gio urogenitalis, wo die hintere Grenze des Bulbus bis an den Musculus
^Phincter ani externus herangeht, während die Corpora cavernosa penis nur bis
232 Regio pudendalis.
zur Synostosis iscliiopubica reiclicn. Von diesem Inntcrcn Ende erstreckt sicU
die Pars fixa (occnlta oder perinealis) penis bis zur Aiilicftung des Ligamen-
tum susi)ensorium um den unteren Rand und die vordere (untere) Fläelic
der Symi)hyse herum in einem ganz flaelien^ dorsal konkaven Hogen. An der
Anlieftung des genannten Bandes liegt die ^spitzwinklige K nie knngss teile
(etwa 60**); dieselbe befindet sieh noch 0,5—1^5 cm vor dem oberen Symphy*
senrande. Die Knickung wird wesentlich mit durch das Ligamentum Sus-
pensorium und das Ligamentum fundiformc penis (s. w. u.) bedingt
schneidet man beide durch, so sinkt der vordere freie Theil des Penis, l*ars
libera (pendula), der von der Knickungsstelle ab zurechnen ist, so weit hinab,
dass der Winkel zu einem stumpfen wird.
Die Pars fixa penis liegt der Symphyse am Angulus pubis dicht «iiii
kaum, dass die Vena dorsalis penis noch Platz findet, um zwischen beiden
Corpora cavcrnosa penis zum Plexus pudendalis hin durchzuschlüpfen. Weiter
nach vorn und oben vergrössert sicli die Entfernung zwischen Rücken des
Penis und Vorderflächc der Symphyse inmicr mehr; Fett und die vorhin ge-
nannten Venen liegen zwischen beiden. Der Abstand beträgt 0,5—1 cm.
Bei der Erektion nimmt der freie Theil des Penis die Richtung der Pf^i*^
fixa an und setzt dieselbe fort, sodass die dorsal-konkave Krünnnung noch etwas
verstärkt wird; dabei nähert sich der Penis der Symphyse.
Der Hodensack setzt vorn am Knickungswinkel des (erschlafften) Penis
an die Pars fixa desselben an, so, dass seine vordere Grenze noch v o i' den
oberen Symphysenrand fällt; die hintere Grenze liegt vor der Mitte des
unteren Symphysenrandes (1 — 1,5 cm). Die Breite des Scrotalansatzes beträgt
3,5 — 4 cm; sie verläuft schräg abwärts nach hinten^). — Bei geschlossenen
Beinen ist unter normalen Verhältnissen von hinten her von den äusseren Gc-
schlecbtstheilen weder des Mannes noch des Weihes etwas zu sehen; dieses
Lageverhältniss gewährt namentlich dem Hodensaeke einen unverkennbaren
Schutz. Erst bei gebückter Stellung und gespreizten Oberschenkeln sind die
betreffenden Theile auch von hinten her zugängig.
Alles weitere soll erst nach vollendeter Beschreibung der Beckenwan-
dungen erledigt werden, indem wir zweckmässig die äusseren Geschlechtsthcile
den inneren anreihen, und sie zusammen mit den übrigen Ikckeneingeweiden
abhandeln. Dabei soll auch die Untersuchung am Lebenden und an der
Leiche, sowie das Präparationsverfahren zur Sprache gebracht werden.
1) In Fig. fiß ist der Scrotalansatz ein wenig 7AI weit nacli hinten verlegt.
Caviim pelvis musculare. Uebersicht. 03,3
Innere Topographie des männlichen Beckens:
Die Weichtheile der inneren Beckenwand und die von
ihnen begrenzte Beckenhöhle = Oavum pelvis musculare.
Die vorstellend gegebene Beschreibung der Beckenwand mit ihren
^^chichten von der Haut bis zum Bauchfelle hin genügt zu einer genauen topo-
Si^aphisehen Kcnntniss noch nicht. Hierfür ist es noch erforderlich, die Theile,
Welche wir an der inneren Beckenwand unmittelbar unter der Serosa treffen,
Von der Beckenhöhle aus zu untersuchen, und zu beschreiben, wie sie von
^3. aus gesehen zu einander, zu der inneren Beckenwand und zu den Becken-
^^ngeweiden liegen. Dann wird eine Schilderung der Becken höhle zu geben
Sein, wie sie sich bei erhaltenen Weichth eilen gestaltet.
Im Anschlüsse hieran sollen die grösseren Gefässe und Nerven
^^es Beckens im Zusammenhange, nnd, so weit sie noch" nicht erledigt
^^i*en, auch im einzelnen besprochen werden. — Alles übrige bedarf nur
^'^or kurzen Zusammenstellung.
Auch bei dieser Schilderung müssen beide Geschlechter gesondert werden-
^11' besprechen zuerst die Verhältnisse beim Manne.
Uebersicht.
Unmittelbar auf der Innenwand des Bänderbeckens liegen die Binnen-
^^skeln des Beckensi dann folgen die grösseren Nervenstämrae,
^lann die Beckenfascie, dann, in der reichlich entwickelten Tela sub-
P^^itonaealis, die Gefässe und Lymphdrüsen; zu innerst die Becken-
^*^^*osa. Ein grosser Thcil dieser Bildungen schinmiert bei normalem Bauch-
^*'e durch dasselbe hindurch, ein anderer Theil kann noch durch Betastung
Wahrgenommen werden.
S. 78 — 82 haben wir die B e c k e n h ö h 1 e beschrieben, wie sie im
^^-nderbecken erscheint: das Cavum pelvis osseum; jetzt ist das Cavum pelvis
'^ Untersuchen, wie es sich gestaltet, wenn die Muskeln und die grossen Gc-
ass- und Nervenstämme erhalten sind. Ua die Muskeln hierbei die Haupt-
9.che sind, so bezeichnen wir diese Höhlung des Beckens als Cavum pelvis
Usculare. Wir sehen dabei von den Eingew ei den ab. Erst nach der
Einstellung dieser kann der eigentliche Hohlraum des Beckens, das Cavum
Pulvis sc r OS um, das Peliocoeloma, besprochen werden.
Die Weichtheile der inneren Beckenwand im ganzen.
Ein Bild des muskulösen Beckeninnenraumes, etwas unterhalb der Mitte
^^s kleinen Beckens, gibt Fig. GO. Die ßeckenhöhlc ist von länglich-
^aler Form, mit dem grösseren Durchmesser von vorn nach hinten; der
^^'^^sste Querdurchmesser liegt im hinteren (rectalen) Abschnitte. Vorn (Sym-
234 Allg-cmeines über die Lagerung der Theilc im Becken.
physe), hinten (Kreuz-Steissbein) und seitlich in der Mitte (Os ischii) haben
wir knöcherne, seitlich vorn und seitlich hinten niuskuicisc Begrenzung*: Mus-
culi obturator cxternus und coccygeus mit dem Ligamentum sacrospino-
sum. Der vordere Weichtheilauslass (Foramen obturatum mit Canalis obtura-
torius) führt in das Adductorengebict des Oberschenkels, der binterc (Foraniiua
iscbiadica) zur Gesässgcgcnd; der Musculus obturator internus bildet das
stärkere Wandelcment. Die mittlere seitliche Knochenwand trägt das Hüft-
gelenk. Die ganze Innenwand des Cavum pelvis ist mit einem Fascicnblattc
(Figg. 59b und 114), der Fascia pelvis parictalis ausgekleidet, welche
sich vom Beckenboden aus mit der die Bcckcncingeweide deckenden Fascia
pelvis visceralis verbindet. Die Fascia pelvis parictalis ist in Fig. 59a
imd in Fig. 59b blau eingezeichnet, die Fascia pelvis visceralis gelb; die
Verbindungsstelle liegt an den Vasa hypogastrica. In die schematischen Fi-
guren sind die Samenblasen, deren Durchschnitt samt Blase und Rectum
man in Fig. 6.0 sieht, nicht mit aufgenommen worden.
Die allgemeine Lagerung der Weichthcile zur Beckenfascie
ist die, dass die Muskeln und Nerven nach aussen von ihr liegen, also
zwischen Fascie und Knochen, die Gefässe nach innen, d.h. zwischen
Fascie und Bauchfell; diese Lage haben auch die wandständigen
Eingeweide wie Ureteren und Ductus deferentes, ja, streng genommen,
auch alle tibrigen Eingeweide. Demnach müssen alle Gefässe, w^elche das
Becken verlassen (z. B. A. femoralis, glutaeae, obturatoria, pudenda
interna) die Fascia pelvis parictalis durchbohren, die begleitenden Nerven
nicht; umgekehrt haben diejenigen Nerven die Fascie zu durchbohren,
welche zu den Eingeweiden treten, die begleitenden Gefässe nicht. I»
beiden Fällen werden die durchbohrenden Gefässe und Nerven von dünnen
Fortsätzen der Fascie eine Strecke lang in Scheidenform begleitet; schliesslich
verlieren sich diese Scheiden. (S. Fig. 112 — V. haemorrhoidalis inf. — )
Jede der drei grossen Knochenabtheilungen des Beckens hat ihre
besondere Muskeldecke: zum Kreuzbeine gehört der Musculus pii'i'
formis, zum Darmbeine der II io psoas, insbesondere dessen Portio iliaca,
zum Ischiopubicum der Obturator internus. Dazu kommen der Theil der
Bauchmuskeln, welche in die Kegiones inguinales und pubica hinabreichen
und die Muskulatur des Beckenbodens = Musculus levator ani und Muscu-
lus coccygeus.
Die grösste Anhäufung von Gefässen findet sich an der Grenze zwischen
grossem und kleinem Becken (Vasa iliaca externa) und vor der Kreu/--
darmbeingrenze (Vasa hypogastrica); die Nerven sind mehr zerstreut;
jedoch (Plexus sacralis) in grösserer Masse mit den Vasa hypogastrica
zusammengelagert.
Die wandständigen Eingeweide (beim Manne) liegen an der vorderen
(Urach us) und seitlichen Beckenwand (Ductus dcfcrens und Ureter) von
allen Thcilen der Serosa am nächsten, abgesehen von den Vasa spermatica
interna.
<s. /,
/////.
1, ./
M.
Is-. üv
V l i\ n !1 ni I II ' «" I : ^1 :
23C Weichtheile der hinteren und seitlichen Beckenwand.
Die Weichtheile der hinteren Beckenwand.
Die (las Kreuzbein und das Steissbein deckende Fascie ist in der Mitte
sehr dünn, auf den Seitentheilen wird sie stärker. Hier liat sie aber, ent-
sprechend den t'oraniina sacralia anteriora, rundliche Ausschnitte für die
von den (Jrenzstranggang-lien konnnenden Rann comniunicantes und die Gefäss-
äste, welche in den Kreu/beinkanal eintreten. An der recfiten Seite des Kreuz-
beines in Fi^. 61 zwisclien 6, 5, ß und 20 ist ein Stück der Fascie erbalten,
welche bei 5 und 6 von Arterienästen durchbohrt wird. Zwei sympathische
Gani^licn (zwischen 5 und 20 und bei ß unten) sieht man je in einem solchen
Aussclmitte liegen; deren Rami comniunicantes treten hinter die Fascie,
während deren Rami viscerales (bei ß unten und vom dritten untersten Ganglion)
vor der Fascie verbleiben, und zum Rectum und der Blase ziehen.
Vor der Fascie, also zum Beckencavum hin, finden wir zunächst hinter
dem Rectum, in dem dasselbe umgebenden Fettgewebe (perirectales Fettgewebe)
eingebettet die Vasa und Nervi haemorrhoidalia superiora (a, Fig, 61). Näher
zum Knochen hin, jedoch vor der Fascie, liegen 1) der Grenzstrang des
Heckensympathicus, dessen Ganglien, wie eben erwähnt, an den Foramin^
sacralia in Ausschnitten der Fascie gebettet sind; 2) in der Mittellinie die
Vasa sacralia media (Fig. 61, 20); 8) seitlich die Vasa sacralia late-
ralia (Fig. 61, 6). Die Venac sacrales so w^ic die Lymphgefässe,
welche letztere nicht abgebildet sind, bilden je einen Plexus: Plexus venosus
sacralis anterior, Plexus lymphaticus sacralis.
Die Weichtheile der seitlichen Beckenwand.
Die seitliche Beckenwand zeigt eine so dichte Bedeckung mit Ge-
fässen, Nerven und Eingeweiden, dass von der Muskelwand (M. obturator in'
ternus, innere Wand des Psoas) nur wenig sichtbar wird. Nach Wegnahme
des Bauchfelles zeigt sich ein meist sehr reichlich entwickeltes subperitonaeales
Fettbindegewebe von blättrigem Gefüge, in welchem die Gefässe lagern, so wie
diejenigen Nerven, welche die parietale Fascie bereits durchbohrt haben. Ein
fast immer deutliches subperitonaeales Blatt hängt jederseits mit der Arterifi
umbilicalis (Ligamentum umbilicale laterale) (s. S. 227 u. 229) zusammen.
Indem bei der im Niveau der Synchondrosis sacralis I/II (oder ein wcni?
darüber) stattfindenden Th eilung der Vasa iliaca communia der eine
grosse Gefässzug (Vasa iliaca externa) dem Psoas folgt, also am Eingange
des kleinen Beckens bleibt, der andere (Vasa hypogastrica) aber vor der
Articulatio sacroiliaca als eigentliches Beckengefäss in die Tiefe des Beckens
hinabsteigt, ist dadurch die Hauptlage der Theile an der seitlichen Beckenwand
bestimmt (Fig. 61). Die Arteria umbilicalis und die Vasa ol)turatori^
schliessen sich dem oberen Zuge, dem der Vasa iliaca externa, an, der Urctei*
den Vasa hypogastrica. Der Ductus defcrens, indem er weiter vorn an der
seitlichen Beckenwand aufwärts steigt, bildet gewissermaasscn die Grundlinie
des zwischen den beiden genannten Zügen freibleibenden dreieckigen Feldes.
Fi-, ul
238 Weichtheile der seitlichen Beckenwand,
Von oben nach unten folgen in dem oberen Zu^e: 1) Die Arteria iliaca
externa (3,3); diese g*ebt in derselben Flucht proximal in die Arteria iliaca coin-
munis (2) über; 2) die Vena iliaca externa. Vorn an der Bauch wand sieht ni^n
in der Fi^'ur die Vasa epig-astrica inferiora (14) aus diesen Gelassen entsprint>'cn. -"
Falls die Vasa obturatoria anomaler Weise aus den Vasa epi^^astrica inferiora oder
iliaca externa kommen, werden sie in der Gegend unter den Vasa epigastrica in*
feriora angetroffen (13 und 22 Fig. 61),
Unter der Vena iliaca externa kommt zunächst die Arteria umbilicalis (12, 16)>
dann der Nervus obturatorius (^), der von den Rami vesieales (superiores) der
Arteria umbilicalis (15) gekreuzt wird.
Im unteren (Hypogastrica-) Zuge erscheint vorn die Pars pelvina des
Ureter, welche die vorhin genannten Gefässe sämtlich kreuzt und parallel der Arteria
hypogastrica verläuft; er liegt dicht unter dem Bauchfelle, nach innen von sämtlichen
gekreuzten Gefässen. Zunächst nach hinten folgt (piroximal) der Stamm der Artcria
oder der Vena hypogastrica (letztere in Fig. 61), distal die Vasa pudenda interna-
In Fig. 61 ist ein Fall abgebildet, wo die Artcria dorsalis penis (11. 11. 11. ^^^
sich alsbald von der Arteria pudenda interna (8) abzweigte, und am Beckenboden zur
Seite der Blase und der Prostata verlief, um unter der Symphyse auf den Pcniö-
rücken überzugehen (s. S. 214),
Weiter hinten folgen die Vasa glutaea und sacralia lateralia (5,6).
Der Ductus deferens (d) kreuzt fast alle genannten Theile, unten an der
Blase auch den Ureter; von allen Gebilden liegt er dem Bauchfelle ai»
nächsten.
In Fig. 62 sind die an der seitlichen Reckenwand gelegenen Tbci»^?
wie sie vom Bauchfelle bedeckt erscheinen, abgebildet. Bei normalen^
Bauchfelle und nicht zu starker subperitonaealer Fettentwickluug vermag nian
fast alle vorhin aufgezählten Stücke durch das Bauchfell hindurchzuschen-, bd
der Wichtigkeit einer schnellen Orientirung an der inneren seitlichen Becken-
wand ^ soll die Erklärung der Zeichnung hier noch folgen.
Zu oberst auf dem Musculus psoas major verlaufen die Vasa spcrmatica i^'
terna (6). 8 und 9 sind die Arteria und Vena iliaca externa, die aus den VaS»
iliaca communia entpringen. (15 = Arteria iliaca communis dextra und sinistr^,
24 = Vena iliaca communis sinistra; die Vena iliaca communis dextra ist in dcii^
Winkel zwischen 7 und 15 (rechts) zu sehen, jedoch nicht bezeichnet.) 22 ist die VcnJ^
Cava inferior, 23 das Endstück der Aorta abdominalis; 20 bedeutet das Promontoriui«?
21 die Schnittlinie des von der Aorta abgelösten Bauchfelles. Vorn sieht man dic
fast leere Harnblase (25), über welche die Plica vesicalis transversa (4) quer hinüber-
zieht, um sich in der Gegend des abdominalen Leistenringes, zwischen den Vasa ep^'
gastrica inferiora (3) und dem Ductus deferens (5) zu verlieren. Bei mageren 1^'
dividuen ist auch der Ureter (7) leicht zu sehen.
Durch diese drei Bildungen werden vier ungleich grosse Felder abgegrenzt:
1) vor der Plica vesicalis transversa die Fossa paravesicalis anterior nio
in dieser liegen, von aussen nach innen gezählt: der Anfang der Vasa epi-
gastrica inferiora, der Anfang einer anomal entspringenden Arteria oAet
einer meist vorhandenen Vena obturatoria (siehe Figur 61), das vordere mehr
in einer Frontalebene verlaufende Stück der Arteria umbilicalis (2) und ein
Stück einer oder der anderen Arteria vesicalis superior; 2) zwischen
Plica vesicalis transversa (4) und Ductus deferens (5) die Fossa paravesicaD^
posterior m.; in dieser finden sich nur Theile der Arteria umbilicalis uu^
240 Weichtheile der vorderen Beckenwand.
Eierstock. Der tiefste Winkel der Grube ist hinten, da wo der Ureter sich
mit der Vena iliaca kreuzt; aus diesem Winkel tauchen der Nervus obturatorius
und die Arteria umbilicalis auf, letztere nach innen vom Nerven gelegen u»d
ihn unter spitzem Winkel kreuzend.
4) Die Fossa hypogastrica ni. zwischen Ureter (nach vorn) und lateralem
Kreuzbeinrande (nach hinten). Die Unterlage derselben bildet wesentlich der
Musculus piriformis. Auf ilini liegen subfascial die Stämme des Plexus
sacralis, auf diesen und subperitonaeal, also durch die (dünne) parietale
Beckenfascic von den Nerven getrennt, die Vasa hypogastrica mit ihren
Verzweigungen. In der Figur gewahrt man als gewöhnlich am meisten vor-
springende Tlicile: den vorderen und hinteren llauptast der Arteria hypogastrica
(IG u. 17) und der Vena hypogastrica (18).
In der Fossa hypogastrica tinden sich die Beckenöffnungen der Fora-
mina supra- und infrapiriforme; der Zugang zum Foramen ischiadicuni
minus liegt in der Fossa obturatoria.
Der Musculus obturator internus, welclier die Wand der Fossa
obturatoria bildet, zeigt einen eigenthlnnlichen Wi nke 1, der auf Frontal-
sclinitten deutlich liervortritt (Fig. 19, Angulus m. obt. int.). Während nämlieh
der ol)ere Theil bis zum Arcus tendineus musculi levatoris ani schräg mcdian-
wärts streicht, fällt der untere zu gunsten der Ausbildung der Fossa ischio-
rectalis fast senkrecht ab.
Nach den hier gegel)enen und durch die Figuren 61 und 62 versinu-
lichten Daten wird man sich leicht an der seitlichen Beckenwand orientircn
können .
Die Weichtheile der vorderen Beckenwand.
Die Innenfläche der vorderen Beckenwand (im Gebiete der Kegio pubica
und ingninalis) zeigt — s. Fig. 63 — folgende Theile: In der Mitte zieht
vom Blasensclieitel in der Plica umbilicalis media das Ligamentum umbilicalß
medium aufwärts, reclits und links, zu demselben konvergirend, die obliterirtcn
Arteriae umbilicales in den Plicae umbilicales laterales, und weiter laterahvärts
in derselben konvergenten Richtung die Vasa epigastrica inferiora in der Pli^*^
epigastrica. Schräg, etwa vom unteren Drittel der Plicae vesicales aufsteigend,
gewahrt man (meist nur durch das Gefühl wahrnehmbar), das Ligamentuiii
inguinale. Zwischen diesen Vorsprüngen erscheinen die Leistengruben: Fovea
supravesicalis, Foveae inguinales medialis und lateralis, senkrecht
unter diesen beiden die Fovea femoralis. Laterahvärts von der letzteren ver-
lassen die grossen Sehenkelgefässstämme die Beckenhöhle; über die Vasa cpi'
gastrica inferiora sieht man den Ductus dcferens (Ligamentum teres uteri beini
Weibe) zur äusseren Leistengrube ziehen. Die Vasa spermatica intern^
und der Nervus S])ermaticus externus, welche auf der oberen Psoasfläche
zu derselben Grube ziehen, sind in der Figur nicht angegeben worden.
Die Fovea ingninalis lateralis dient den Herniae canalis inguinaH^
(Heruiae inguinales externae oder obliquae oder indirectae autt.) zum Eintritte;
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MH\ i\:t sr'iiit* -t'iili^'hi'i! Wrlstmliiiif:'^''^
ilic \'i'}t ;i il i»r^:i 1 i,s |M'i! is zu iNm*
Dil:) Weiehtheile der unteren
Beckenwand.
/ !5f<*kt'tiitoi!ili\ win! \oii dnti lH:i'
ii ri II .-i ri ;l PlrAii-i i? ii «h* n iJ ;i 1 1 ", \'«'!i;h' , , - . i« i *i i . i> ; .l.,«!*
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riiiliiji^^H' sikdtlk.jir p/m.-M'lif wvi'äv^^*
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!■ !\s MMi'H ihi'i M!fM'j" V<T;u;J;i:<;sii!}:r Um» N;iii,i--n: lii«rhi;i r-'ni;iiis i ji ,ii"y in«' '^ ^ '^
(S. iSi' lljt'h'l krir-/ i'ijiiir«' l-';i!h' inil S. «;!»;!,'.
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^''hmtxi^n r:r.-vii liitrr, wrüri^i-r «b/ii >lll,^rIIal^ i-inf'^ntiH iilirThriickt. Arcus siipra-
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244 Blutgefässe der inneren Beckenwand.
piriformis m. (Bandelette prösciatique Testut I.e. (S. 242) p. 1020) und das
Foramen suprapiriforme lateralwärts umkreist (13).
Die von den Muskeln bedeckten Knochengrenzen des Becken ansganges sind
durch eine punktirte Linie markirt.
Die Figur zeigt ferner die Durchtrittsöffnungen der Gefässe und Nerven: füf
die Venen des Plexus pudendaÜs (vor 6), für den Nervus und die Vasa obtura-
toria (16), das Foramen suprapiriforme (links leer, rechts mit der Arteria gl^'
taea superior (17), endlich den Spalt zwischen dem Musculus piriformis und cocey-
geus (Foramen infrapiriforme), durch welchen die Nervi und die Vasa glutaea
inferiora, pudenda und der Nervus ischiadicus durchtreten; in der Figur sind diese
durchtretenden Theile nicht gezeichnet. An der linken Seite der Figur ist die Fascia
pelvis erhalten, rechts treten alle Theile von der Fascie entblösst hervor.
Blutgefässe der inneren Beckenwand.
Wir bal)en, s. Eig. 61, an der innereji Beckenwand folgende Blutgefässe:
1) Die Vasa iliaca, externa und deren Aeste:
a) Rami lympho glanduläres.
b) Vasa circumflexa ilium profunda.
c) Vasa epigastrica infeiiora.
2) Die Vasa hypogastrica und deren Aeste:
a) Vasa obturatoria,
b) Vasa pudenda interna.
c) Vasa glutaea inferiora.
d) Arteria umbilicalis mit den Arteriae vesicales superiores.
e) Vasa vesicalia inferiora mit den Vasa defercntialia.
f) Vasa uterina (Weib).
g) Vasa h a e m o r r h 0 i d a 1 i a media.
h) Vasa i 1 i o 1 u m b a 1 i a.
i) Vasa glut aea sup eriora.
k) Vasa sacralia lateralia.
3) Die Vasa sacralia media.
4) Die Vasa spermatica interna:
a) Vasa testicularia (Mann).
b) Vasa ovarica (Weib).
Hierzu kommen 5) die vorhin (S. 216) besprochenen Venenplexus.
Abgesehen von kürzeren Bemerkungen über einzelne dieser Gefässe (Vasa
sacralia, S. 155, Vasa glutaea und pudenda interna, S. 160 und 169)
sind bereits beschrieben vt^orden: die Vasa iliaca externa und deren Aeste
(S. 176 — Arteria epigastrica lateralis), die Vasa obturatoria (S. 179)
und die Vasa pudenda interna (S. 212 if,)- Die Topographie der grossen
Gefässe und deren noch nicht genauer besprochenen Aeste finden im Nach-
stehenden ihre Erledigung.
1« Yasa iliaca communia et externa.
Wir schicken bezüglich der topographischen Beziehungen zwischen den
Arteriae und Venae iliacae (communes und externae) die Bemerkung vorauf?
dass die Venen stets die mediale Seite der Arterien aufsuchen und da, wo sie
einander kreuzen, hinter den Arterien verlaufen. Somit werden, da die Veü^
Vasa iliaca. 24&
^ava inferior rechts neben der Aorta abdominalis liegt, beide Venae ili-
^cae communes die Arteria iliaca communis dextra kreuzen müssen,
Während mit der Arterie der linken Seite keine Kreuzung nöthig ist. Rechts
"^^rläuft die Vena iliaca communis dextra noch eine Strecke weit lateral-
^ärts neben ihrer gleichnamigen Arterie, tritt dann hinter sie und kreuzt sie
hinter sehr spitzem Winkel dicht oberhalb der Theilung in die Arteriae hypo-
gastrica und iliaca externa, während die Kreuzung der Vena iliaca commu-
nis sinistra mit der Arteria iliaca communis dextra unter fast rechtem
Kinkel und dicht unterhalb der Aortentheilung stattfindet.
Für die Unterbindung der betreffenden Gefässe sind diese Verhältnisse
nichtig; man wird sich zu erinnern haben, dass man die Vene rechts an der
lateralen Seite der Arterie und hinten von ihr trifft, während links die
''^^ne an der medialen Seite der Arterie liegt.
An der Theilungsstelle der Vasa iliaca communia kreuzen, entweder
^ßchts wie links die Venae iliacae externae die betreffenden Arteriae hypo-
gastricae dicht an derem Ursprünge, wobei dann die Arteria hypogastrica in
die Venengabel und die Vena iliaca externa in die Arteriengabel zu liegen
l^ommt, oder es findet gar keine Kreuzung dieser Gefässe statt. Dies ist der
Fall, wenn die Theilung der Vene erst distal von der Arterientheilung beginnt,
8- Fig. 61 (rechte Seite).
Wichtig ist die Beziehung der Ureter en zu den grossen Darmbeinge-
fässen: sie kreuzen dieselben, indem sie vor ihnen in das kleine Becken hinab-
Ziehen. Dabei gilt als Kegel, dass 1) der rechte Ureter weiter distal die
^reuzung vornimmt als der linke, 2) dass er bei der Kreuzung stärker wink-
"& gebogen ist, als der linke, welcher in geradem, schlanken Laufe dem kleinen
^^cken zustrebt.
Infolge des ersteren Umstandes ^) wird man häufiger den rechten Ureter
^öi* der Arteria iliaca externa verlaufen sehen (Fig. 61), den linken vor
^^r Arteria iliaca communis; laufen beide vor der Iliaca communis, dann
"*ifft man dennoch den rechten Ureter mehr distal, den linken mehr proximal
l^feuzend an ; der linke liegt demnach der Mittellinie in der Regel etwas näher.
Zu der Arteria hypogastrica und den benachbarten grossen Venen
"'eten die Ureter en in folgende Beziehung: Nach der Kreuzung mit den
*^asa iliaca liegen die Ureteren je an der medialen Fläche der betreffenden
-^J'teria hypogastrica, sobald die Kreuzung nahe der Theilungsstelle der
'^'^teria iliaca communis erfolgte. Dabei rückt der Ureter mehr an den
Hinteren oder an den vorderen Umfang der Hypogastrica, je nachdem die
1) Luschka*s Behauptung (Anatomie des menschlichen Bauches. Tübingen,
^863, 8. S. 294), dass der rechte Ureter den Anfang der Arteria iliaca externa, der
ij^ke das Ende der Arteria iliaca communis kreuze, geht in ihrer allgemeinen
fa-ssung zu weit. Man kann gar nicht so selten den rechten Ureter auch die Arteria
*^iaca communis überschreiten sehen, und wohl auch den linken den Anfang der
^'^teria iliaca externa. Die Regel muss nach der im Texte hier gegebenen Fassung
^^fgestellt werden.
2^0 Vasa iliaca.
Kreuzung ober- oder unterhalb der Theilungsstelle stattfand. Entfernt sich die
Kreuzung weiter von der Theilungsstelle, dann berührt der Ureter die Hypo-
gastrica nicht mehr (s. Fig. 61) i). Rückt der Harnleiter an den hinteren
Umfang der Hypogastrica, so trifft er beiderseits (am sichersten links) die Vena
iliaca communis; rückt er an den vorderen Umfang, so trifft er die Vena
iliaca externa (Fig. 61). Sein Verhalten zu den Venae hypogastricae
wird durch die Lage der Theilungsstelle der Vena iliaca communis zu der
der gleichnamigen Arterie bestimmt; so kann er dann auch bald die Vena
hypogastriea auf eine grössere Strecke berühren, bald nicht.
Vgl. über die Lagebeziehungen des Harnleiters zu den grossen Beckongefässen
und über diese selbst noch das Kapitel „Ureter" und die Figuren 51, 6J, 82, 83
und 85.
Hinter den Vasa iliaca communia verläuft der Nervus obturatorius
und der Grenzstrang des Sympathicus; vor ihnen treten sympathische
Zweige vom Plexus aorticus abdominalis zum Plexus interiliacus
(s. w. u.) und zum Plexus haemorrhoidalis ins Becken hinab, sowie an
der linken Seite noch die Vasa haemorrhoidalia superiora. Beim Weibe
ziehen auch die Vasa ovarica (spermatica interna) nebst ihrem sympathischen
Nervenplexus vor den Vasa iliaca externa ins kleine Becken.
Die Theilungsstelle der Vasa iliaca communia liegt, wie bemerkt,
gewöhnlich in der Höhe der Synostosis sacralis I, H, oder etwas höher (Fig. 61)
auf den Partes laterales des Kreuzbeines dicht an der Synchondrosis sacroiliaca;
doch kommen häufig Aenderungen vor, so dass, da auch die Lage der Aorten-
und Cava-Theilung wechselt, die Länge der Vasa iliaca communia grossen
Schwankungen unterliegt (2—8 cm, meist jedoch über 5 cm, Barkow)^).
Die Vasa iliaca externa laufen am medialen Psoasrande, dicht
oberhalb der Linea terminalis, zum inneren Schenkelringe, indem sie dabei
eine leichte Krümmung, mit der Konvexität nach al)wärts gerichtet, zeigen
(Fig. 61). Kurz vor dem Eintritte in den inneren Schenkelring durchsetzen
sie den Bogros 'sehen Raum, wo die Arteria iliaca externa bei ihrer Unterbin-
dung aufgesucht wird. Hier werden sie vom Ductus deferens (Mann) Li-
gamentum teres uteri (Weib), medianwärts gekreuzt; ferner kommen die
Nervi spermaticus externus und lumboinguinalis in manchen Fällen vor
sie zu liegen; in anderen bleiben der Nervus spermaticus externus oder beide
Nerven lateralwärts von den Gefässen.
lieber die diese Blutgefässe begleitenden Lymphgefässe und Lymph-
drüsen 8. w. unten.
Nennenswerthe Aeste geben die Vasa iliaca communia nicht ab;
nur ist zu merken, dass gewöhnlich die Venae iliolumbales und Zweige
1) Dass der Ureter so weit von der Arteria hypogastriea ab nach vorn üe^*»
ist selten. Die Fig. 61 ist getreu nach dem betreffenden Präparate, bei dessen Her-
stellung jede Verschiebung der Theile vermieden war, gezeichnet.
2) Barkow, H. C. L., Die angiologische Sammlung im Anatomischen Museum
der K. Universität zu Breslau. Breslau, 1869. 4. S. XC.
Vasa hypogastrica. 247
des Plexus venosus sacralissich in die Vena iliaca communis ergiessen,
^ßd dass die Vena sacr aus media in die Vena iliaca communis
sinistra mündet.
In 1—2 Procent der Fälle sind Klappen in den Venae iliacae communes vor-
'landen; öfter findet man ein Kiappenpaar am Beginne der Venae iliacae externae.
Varietäten und Abnormitäten. Wir führen nur die praktisch wichtigen
^^' In erster Linie ist auf die im höheren Alter meist in Folge atheromatöser Pro-
zesse so häufigen Verbiegungen und Krümmungen der Vasa iliaca communia und
externa aufmerksam zu machen. Am meisten stellen sich diese als excessive Ent-
wicklung der schon vorhin erwähnten normalen Krümmung der Vasa iliaca externa
dar, wobei die Arteria iliaca externa sehr tief in das kleine Becken hinabsteigen
^ann und mit dem Scheitel der Krümmung tiefer zu liegen kommt als die Vene. ~
Ferner ist zu merken, dass in seltenen Fällen die Arteria wie die Vena iliaca com-
munis einer Seite fehlen können; dann münden die Vasa iliaca externa und hypo-
^astrica dieser Seite direkt in die Aorta, bezw. die Vena cava inferior. Rechtsseitig
*st dies für viele Säugethiere die Regel. — Die Arteria iliaca externa gibt bei fehlender
•^i'teria hypogastrica am oberen Umfange der Incisura ischiadica major deren Aeste
ab. _ jjj seltenen Fällen hört der Stamm der Arteria iliaca externa schon im Schenkel-
^^*^g:e auf; sie wird dann am Beine durch eine stark entwickelte Arteria glutaea inferior
^i'Sietzt. — Die Vena iliaca communis kann eine Strecke lang doppelt vorhanden sein.
2. Vasa hypogastrica.
Die Stämme der Vasa hypogastrica sind nur kurz (im Mittel 2,5—3 cm);
^iß sind schwächer als die Vasa iliaca externa (Arteria hypogastrica 7 mm,
Arteria iliaca externa 10- 12 mm, W. Krause, 1. c. (S. 179) Bd. IL S. 637).
^hre Richtung geht nach abwärts und nach hinten anf den oberen Umfang
^^s Foramen ischiadicum majus zu. Zugleich wenden sie sich ein w^enig me-
dianwärts und müssen dabei eine leichte Krümmung um die Linea terminalis
"^schreiben, da, wo diese die Articulatio sacroiliaca kreuzt. Ihr oberes Ende
''uht hinten auf der medialen Psoasfläche, dann auf der Articulatio sacroiliaca,
^0 insbesondere die Vene noch den Kreuzbeintheil des Musculus iliacus treifen
*^^nn. Hinter ihnen liegen endlich noch der Truncuslumbosacralis
Vom Plexus lumbalis (Fig. 51) und die Vasa i liolurabalia.
Die Lage des Ureter zu den Vasa hypogastrica wurde bereits erörtert.
■^ Die Vene liegt im Durchschnitte an der lateralen Seite der Arterie;
^'so näher der Beckenwand; diese Lagebeziehung halten auch die Aeste
"^i ihrem Ursprünge noch ein; mehr zur Peripherie hin verdoppeln sich die
'^^nen und umflechten mit Anastomosen die Arterien. Der Stamm der Vena
hypogastrica kann dabei aber vor die Arterie rücken (Fig. 61) oder etwas
*^ i II t e r sie zu liegen kommen (Fig. 83). — Bei den Gefässen liegen median-
^ärts unmittelbar unter dem Bauchfelle der starke sympathische Plexus hy-
P^^gastricus und die Vasa lymphatica hypogastrica, während
die Lymphoglandulae hypogastricae sich in die Lücken zwischen
d<in in rascher Folge abgehenden zahlreichen Aesten einschieben.
Beim Fötus ist die Arteria hypogastrica viel stärker als die Arteria iliaca
externa und ihr Stamm setzt sich direkt in die Nabelarterie fort, während die
Ö4Ö Arteria umbilicalis.
übrigen Aeste sehr unbedeutend erscheinen. Ja, das Kaliberverhältniss ist so zti
Gunsten der Arteria umbilicalis verschoben, dass diese wie ein unmittelbarer Ast der
Aorta sich ausnimmt. Nach Unterbindung der Nabelschnur obliterirt das Stück der
Arteria umbilicalis vom Nabel bis zum Abgange der Arteria e vesicales supß'
riores; die Strecke der Arterie von da bis zum Abgange des nächsten Astes des
Hypogastrica-Stammes bildet sich erheblich zurück, und so erscheint die Arteria
umbilicalis später nicht mehr als Fortsetzung der Hypogastrica, sondern als einer
ihrer Aeste.
Die Aeste der Vasa hypogastrica zerfallen topographisch in eine vordere
und hintere Abtheilung, ihrer Verbreitung nach in Wandäste und Ein*
geweideäste. Die Wandäste kann man topographisch wieder zerlegen in
solche, w^elehe das Cavum pelvis verlassen (äussere Wandäste) und solche,
welche an der innern Beckenwand verbleiben (innere W a n d ä s t e).
Die vorder eAbtheilung enthält die äusseren Wandäste: Vasa
obturatoria, pudenda interna und glutaea inf eriora, und die sämtlichen Einge-
weideäste: Arteria umbilicalis [vesicales superiores] — ohne begleitende
Venen — , Vasa vesicalia inferiora (beim Weibe hierzu die Vasa uterina), Vasa
haemorrhoidalia media ; die hintere Abtheilung umf asst die inneren Wand-
äste: Vasa iliolumbalia und sacralia lateralia, und die zu den äusseren Wand-
ästen gehörigen Vasa glutaea superiora.
Arteria umbilicalis.
Nach dem vorhin über die Arteria umbilicalis des Fötus Gesagten hat die Ar-
teria umbilicalis des Erwachsenen einen blutführenden und einen obliterirten
Theil, das Ligamentum umbilicale laterale. Der erstere verläuft an der seit-
lichen Beckenwand dicht unterhalb der Vena iliaca externa am oberen Umfange der
Fossa obturatoria [Fig. 61 (12), Fig. 62 (10)]; der obliterirte [Fig. 61 (16)] behält
ungefähr bis zu der Stelle, wo er vom Ductus deferens (Ligamentum teres uteri) ge-
kreuzt wird, Lage und Lauf bei, biegt dann in eine mehr frontale Richtung, sich
dem Blasenscheitel nähernd, um und zieht endlich als Ligamentum umbilicale laterale
an der vorderen Bauchwand zum Nabel. Venen begleiten diese Arterie und die
Stämme der Arteriae vesicales superiores nicht. Der Nervus obturatorius Heg'*'
dicht der Arterie an, zwischen ihr und der Beckenwand {6 in Fig. 61); er wird ge-
wöhnlich von ihr unter sehr spitzem Winkel gekreuzt. Der Ductus deferens kreuzt
die Arterie unter fast rechtem Winkel nahe dem vorderen Ende ihres Beckenlaufes
(5 in Fig. 62; in Fig. 61 kreuzt der Ductus ungewöhnlich weiter hinten, weil der vor-
handene Truncus epigastricoobturatorius weit rückwärts entspringt).
Die Angabe^), dass die Arteria umbilicalis und deren Fortsetzung, das Lig^*
mentum umbilicale laterale, der Blase seitlich anliege, da, wo das parietale Blatt des
Bauchfelles sich als viscerales am Seitenrande der Blase auf letztere umschlägt (lateral
false ligaments der englischen Autoren) gilt nur für die kindliche Blase und für
die stark gefüllte Blase Erwachsener, wenigstens der Regel nach. Bei leerer Blas©
Erwachsener kommt weder die Arteria umbilicalis, noch deren Fort-
setzung, das Ligamentum umbilicale laterale, mit ihr in Berührung. Es bleibt
zwischen beiden eine weite Strecke Beckenwand frei (Figg. 61, 62). Die hoch-
stehende Blase junger Kinder schiebt sich so weit aufwärts, dass sie den Winkel
zwischen beiden Ligamenta umbilicalia lateralia auch im leeren Zustande ausfüllt.
1) Siehe z.B. bei Cunningham 1. c. (S. 176) p. 550 und 571 und bei Quain
(Edw. A. Schaefer) 1. c. (S. 152) Vol. III, P, 4. p. 211.
Vasa vesicalia, haemorrhoidalia media, sacralia. 249
Die Grenze zwischen obliterirtem und durcligängi^em Stücke der Arterie wird
durch den Abgang" der Arteria (oder der Arteriae) vesicalis superior bezeichnet.
*^iese versorgt den Vertex vesicae urinariae und den grössten Theil des ßlasen-
^örpers. Sie wird ebenfalls vom Ductus deferens gekreuzt und gibt zuweilen letzte-
^^m bei der Kreuzung die Arteria deferentialis ab, welche ihn bis zum Neben-
hoden begleitet. In anderen Fällen entstammt die Arteria deferentialis der Arteria
^«sicalis inferior oder der haemorrhoidalis media. In dem der Fig. 61 zu Grunde
biegenden Präparate kam die Arteria deferentialis d extra aus der anomal am
^eckenboden verlaufenden Arteria dorsalis penis (11). Ferner anastomosirte hier
^i<i Arteria vesicalis superior sinistra vor dem Ursprünge des Ligamentum
^mbilicale medium mit der anomal entspringenden Obturatoria dextra. — Die Obtu-
^'atoria gibt vielfach Blasenzweige ab. Alle Blasenarterien anastomosiren
^it einander. Die diesen Arterien entsprechendey Venen gehören zum Plexus
^Gsicalis und zum Plexus pampiniformis.
Vasa vesiealia inferiora. Vasa haemorrhoidalia media.
Die Arteria vesicalis inferior kommt gewöhnlich mit der Arteria hae-
'^orrhoidalis media zusammen aus dem vorderen Aste der Arteria hypogastrica;
^^^ Ursprung variirt; nicht selten geht sie mit der Pudenda interna aus einem
Stamme hervor. Die Arteria haemorrhoidalis media ist häufig Ast der Arteria vesi-
<^aUs inferior. Beide Gefässe versorgen den Blas engrund, die Samenblasen, den
^^ctus deferens, die Prostata, und die Arteria haemorrhoidalis media auch
^^s Rectum. Eine bestimmt als solche festzustellende Arteria haemorrhoidalis media
^st nicht immer vorhanden.
Die entsprechenden Venen fliessen ab durch den Plexus vesicalis und durch
^^6 Vena haemorrhoidalis media zur Vena hvpoorastrica. Die Wurzeln der
^^na haemorrhoidalis media gehen z. Th. aus dem Plexus venosus haemor-
rhoidalis hervor. S. über diesen S. 216 und Kapitel „Rectum".
Vasa sacralia lateralia.
Die Arteriae sacrales laterales sind meist in der Mehrzahl vorhanden. Sie
leben gewöhnlich unabhängig von den Venen vor dem Musculus piriformis und dem
**^xus (nervosus) sacralis hin und verlaufen lateralwärts neben den Fora-
^^Jia sacralia anteriora und dem Truncus sympathicus. Sie versorgen das
^^^uzbein, dessen Bänder und Muskeln, und das Steissbein, ferner den Musculus piri-
^^oiis und den Plexus sacralis, dringen durch die Foramina sacralia anteriora in den
^^euzbeinkanal zu dessen Inhalte, und senden ihre Endzweige durch die Foramina
^Cfalia posteriora zur Haut der Kreuzgegend und den übrigen dort liegenden
'^^ilen. Sie anastomosiren mit der Arteria sacralis media.
Die Venen bilden mit den Venae sacrales mediae den Plexus venosus
**<^valis. Vgl. S. 87, 89, 140 und 155.
Die Vasa uterina werden bei Besprechung der weiblichen Becken-
^^•gane abgehandelt.
9. Tasa sacralia media.
Die Arteria sacralis media kommt als Fortsetzung der Aorta aus
öeren Theilungsstelle, geht in der Mittellinie vor dem letzten Lendenwirbel
^*^d der Beckenfascic, hinter der Vena iliaca communis sinis'tra
250 Vasa spermatica interna. Lymphatischer Apparat der inneren Beckenwand.
zum Sacrum und endet, unter die Sehnenplatte des Musculus levator ani tretend,
in dem Glomus coccygeum (der Steissdrüse). S. S. 154.
Das Gcfäss versorgt Kreuz- und Steissbein nebst deren Bändern und
Muskeln, die Steissdrüse und das Ligamentum anococcygeum. Bezüglich der
Venen genügt das S. 65 Gesagte,
4. Yasa spermatica interna.
Die Arteria spermatica interna entspringt aus der Aorta an
deren Vorderfläche, dicht unterhalb des Abganges der Nierenarterien. Nicht
selten kommt sie an einer Seite von der Nierenarterie oder einer Nebennieren-
arterie; sie kann an einer Körperseite doppelt vorhanden sein, oder die Arterien
beider Körperseiten entspringen mit einem gemeinsamen Stamme.
Der Lauf der Arteriac spermaticae internae richtet sich lateralwärts
und abwärts, wobei sie dem Musculus psoas major (wenn vorhanden, auch dem
Psoas minor) fast in dessen ganzer Länge dicht anliegen; sie kreuzen dabei
den Ureter, etwa am Ende seines oberen Drittels, unter spitzem Winkel, vor
ihm, dicht unter dem Bauchfelle, durch welches sie hindurchschimmern, gelegen*
Die rechte Arteria spermatica interna kreuzt vorher noch die Vena cava i»'
ferior und tritt in der Regio iliaca hinter dem unteren queren Ileumschenkel
hindurch, die linke hinter dem Colon sigmoideum. Beide Gefässe ziehen zum
Annulus inguinalis abdominalis, indem sie kurz vorher medianwärts und vor-
wärts einbiegen und so, im Bo gros 'sehen Räume, noch vor das Ende der
Arteria iliaca externa zu liegen kommen und sich mit den Vasa e p i g a s t r i c *
inferiora kreuzen. Im Leistenkanale und im Samenstrange liegt die Arteriß
mit den Venen nach vorn und lateralwärts vom Ductus deferens. Am
Hoden angelangt, thcilt sie sich in zwei Haupt äste, den Ramus tc&ti'
culi und den Ramus epididymidis.
Die Venen kommen für gewöhnlich: die rechte aus der Vorderfläche
oder dem Seitenrande der Vena cava inferior, die linke aus der Ven^
renalis sinistra; anfangs einfVich, verdoppeln sie sich bald und umstricken
dann mit gegenseitigen Anastomosen die Arterie; im Samenstrange bilden sie?
unter reichen Anastomosen mit den übrigen Venen desselben, deren Quellei*
durch die Arteriae deferentiales und spermaticae externae gegeben sind, den
Rankenplexus, Plexus pampin iformis. (Vgl. für den Mann Figg-
Gl, 62 und 75.)
Beim Weibe treten die Vasa spermatica interna (Figg, 82 und So)?
ein wenig unterhalb der Ureteren schräg über die Vasa iliaca externa hinweg
in einer Falte des Bauchfelles (Ligamentum Suspensorium ovarii) zum Eierstocke
zur Tube und zum Uterus; s. die betreffenden Kapitel.
Lymphgefässe und Lymphdrüsen der inneren Beckenwand.
Der lymphatische Apparat der inneren Beckenwand liegt mit den Bl^ '
gefässen in derselben Schicht, also zwischen Bauchfell und Fascie, in der Tel»
Lymphatischer Apparat der inneren Beckenwand. 251
subperitonaealis. Die Lymphgefässe bilden mehr oder minder reichliche Plexus
an und um die vvandständigen grösseren Blutgefässe; man unterscheidet (BNA)
einen Plexus iliacus externus, hypogastricus und sacralis me-
dius, der aber besser schlechtweg „Plexus lymphaticus sacralis" genannt
Würde, da er sich nicht auf die Gegend der Vasa sacralia media beschränkt.
Hierzu müssen noch die Vasa lymphatica spermatica interna,
die Vasa lymphatica obturatoria und circumflexa ilium pro-
funda gezählt werden, die ebenfalls der inneren Beckenwand angehören.
Vgl. S. 175.
Diese Plexus nehmen alle Lymphe der unteren Extremität, des gesamten
Beckens, einschliesslich der Beckeneingeweide, und eines grossen Theiles der
Bauchwandungen auf. Sie ergiessen dieselbe schliesslich meist durch zwei
Hauptstämme, die Trunci lymphatici lumbales dexter und sinister,
in die Cisterna chyli. Indessen münden einzelne kleinere aus diesen
I'lexus stammende Lymphgefässe noch besonders in die Cisternc aus.
Die Lymphdrüsen bilden nachstehende Haupt-Gruppen:
1. Die Lymphoglandulae iliacae.
2. Die Lymphoglandulae hyp ogastricae.
3. Die Lymphoglandulae lumbales.
4. Die Lymphoglandulae sacrales.
Dazu gesellen sich noch vereinzelte, längs der Vasa circumflexa ilium
profunda und obturatoria gelegene Drüsen, von denen schon vorhin die Rede
War.
Die Lymphoglandulae illacae zerfallen in communes und externae.
Bezüglich der Lymphoglandulae iliacae externae vergl. S. 175.
Die Lymphoglandulae iliacae communes, 3—4 an der Zahl, liegen ent-
'^ug den betreffenden Gefässen; sie nehmen die von den Lymphoglandulae iliacae
externae und zum Theil die von den Lymphoglandulae hypogastricae kommenden Ge-
isse auf.
Die Lymphoglandulae hypogastricae (9—12, W.Krause, I.e. [S.178] p.718)
Nehmen die Lymphgefässe des Beckens (Vasa lymphatica obturatoria, ischiadica, pu-
^^nda interna, sacralia z. Th. et visceralia) auf. Sie entleeren sich in die Lympho-
glandulae lumbales, z. Th. auch in die iliacae communes.
Die Lymphoglandulae lumbales bilden die grösste Gruppe; man kann an
*iieser wieder eine mittlere und zwei seitliche Abtheilungen unterscheiden. Die
J'iittleren Drüsen liegen längs der Aorta und der Vena cava inferior; zu
ihnen ziehen die sämtlichen Beckenlymphbahnen (auch die aus den Glandulae
^*crales kommenden, s. w. u.) und der Plexus lymphaticus spermaticus internus,
^azu gesellen sich die Lymphbahnen der vorderen Fläche des lumbalen Diaphragma,
*^pr Nieren und Nebennieren. Einige wenige und kleinere Drüsen bilden jederseits
^i^ laterale Lumbargruppe, welche hinter dem Musculus psoas an den Querfort-
»ätzen der Lendenwirbel gelegen ist und die Lymphgefässe von der hinteren Bauch-
^and, insbesondere deren Muskulatur aufnimmt.
Die Lymphoglandulae sacrales liegen zum Theil längs der Arteria sacralis
^^dia, zum Theil an den Foramina sacralia anteriora im Bereiche der Vasa sacralia
**<^eraha. Sie sind klein, etwa 5—6 an der Zahl, und ejnpfangen ihre Lymphbalmen
^<>n den Knochen, Bändern und den benachbarten Muskeln.
Ö52 Nerven der inneren Beckenwand: Plexus lumbalis.
Nerven der inneren Beckenwand.
Die Nerven der inneren Wand des Beckens gehören den Plexus
lumbalis, sacralis, pudendus, eoecygeus und dem Sympathicus
an. Der Plexus luml)alis wird mit dem Plexus sacralis, in Rücksicht auf di^
starke Anastomose zwischen beiden (Truncus lumbosacr al is) und den
grossen gemeinsamen Verbreitungsbezirk, unter der Bezeichnung Plexus 1 u m*
l)osacralis zusammengefasst. üebersichtlich sind die drei erstgenannten
Plexus in Fig. 44 dargestellt; ferner sind bezüglich der Lage die Figg. 51'
61, 62, 83, 84 und 84 a zu vergleichen.
Für das allgemeine Lagerungsverhältniss der Nerven der innereJ^
Beckenwand sei die Regel wiederholt (s. S. 234): dass sie sämtlich untei*'
halb der Fascie gelegen sind.
Plexus lumbalis.
Der Plexus lumbalis setzt sich zusammen aus den vorderen Aesten
des I. II. III. und IV. Lendennerven. Ein Theil des letztgenannten, etwa diß
Hälfte, wird an den vorderen Ast des V. abgegeben und gelangt mit dieseöi
als Truncus 1 u m b o s a c r a 1 i s zum Plexus sacralis. Dagegen erhält der
I. Lendennerv eine ansehnliche anastomotische Zugabe vom XII. Intercostal-
nerven. Die genannten vorderen Aeste nehmen an Stärke vom I. — IV. stetig
zu; medianwärts geben sie ihre Rami communicantes zu den Lumbalgangh®^
des Truncus sympathicus ab, welche unter den kleinen Sehnenbögen, die der
Musculus psoas major durch seine Wirbelkörperursprünge bildet, hindurchtreteD»
Wie Hirschfeld^) bemerkt, anastomosiren die einzelnen Aeste des Plexus
unter spitzen Winkeln miteinander und es entfernen sich, je weiter nach ^^'
wärts, um so mehr die anastomotischen Verbindungsäste von der Wirbelsäule
(bezw. dem Rückenmarke), so dass der Plexus im ganzen eine Dreiecksforni
mit der Spitze nach oben erhält (s. Fig. 44).
Dieses Nervendreieck liegt mitten im Muskelfleische des Psoas major;
zwischen dessen vorderer und hinterer Ursprungsportion, zur Seite der Lendeß'
Wirbelsäule vor den Querfortsätzen. Der Psoas major ist auch für die gesamte
Vertheilung des Plexus der Leitmuskel. Ein Theil der Zweige des Plexus tri*
an der medialen Seite des Muskels hervor (Truncus lumbosacralis und Nervus
obturatorius), ein anderer an der lateralen (Nervus iliohypogastricus, Nervuö
ilioinguinalis, Nervus cutaneus femoris lateralis und Nervus femoralis); derR^^
durchbohrt die vordere Muskelportion, um an deren Vorderfläche zu Tage ^^
treten (Nervus genitofemoralis).
Eine weitere Besprechung der Lage und Verästelung dieser Nerven Ist *
dieser Stelle unnöthig, da sie theils bei den Abtheilungen: Untere Extremität un
Bauch, theils schon vorhin gegeben wurde. (Vgl. S. 138 if.).
1) Hirschfeld, L., et Leveill^, J. B., N^vrologic ou description et icono^r^'
pliie du Systeme nervnuix et des organes des sens de Thomme. Paris, 1853. 2. Bd.
Nerven der inneren Beckenwand: Plexus sacralis. Plexus pudendus. 253
Für die topographische Lagerung des Plexus dient insbesondere Fig. 51,
ftus der man ersehen möge, wie der Truncus lumbosacralis (0) und der lange
Nervus obturatorius die Vena hypogastrica zwischen sich fassen, und wie der
^runcus lumbosacralis hart vor der Linea terminalis liegt, so dass er bei
^^ckentumoren und schweren Entbindungen Druckwirkungen ausgesetzt ist. Die
■'^^ge der Nerven zu den grossen Gefässen ist eingehend vorhin erörtert worden
<^- 246).
Flexas sacralis.
Der Plexus sacralis ist das Beckennervengeflecht im wahren
^inne, indem derselbe^ mit Ausnahme des vom Plexus lumbalis zu ihm stossen-
<ien Truncus lumbosacralis, ganz im Becken liegt, und zwar an dessen innerer
*^and auf dem Musculus piriformis. Er setzt sich zusammen aus dem
^^uncus lumbosacralis und aus den vorderen Aesten des L — IV. Sacral-
^erven; ein Theil des IV. vorderen Astes geht jedoch in den Plexus coc-
^ygeus tiber. Auch der Plexus sacralis hat eine Dreiecksform, indem seine
*^^standtheile fast sämtlich zum Foramen infrapiriforrae hin konvergiren. Seine
^iirzeln sind im allgemeinen mächtiger, als die des Plexus lumbalis und nehmen
^i'aniokaudalwärts an Stärke ab; auch liegen sie dichter zusammen und die
^öastomosen finden erst dicht oberhalb des Durchtrittes aus dem Foramina in-
^»"apiriforme und suprapiriforme statt. Alles dieses gibt dem Plexus sacralis
^*^n Charakter eines kompakten Nervenlagers.
Der Plexus ruht mit allen seinen Wurzeln auf der Vorderfläche des Mus-
**^IU8 piriformis, vorn gedeckt von der Reekenfascie und den Verästelungen
^^^ Vasa hypogastrica. (Fig. 131 und 182.) Beim Austritte aus dem Becken
andern sich öfters die Lagebeziehungen zwischen Nerven und Gefässen, so dass
^^ eben Gesagte nur für die Hauptstämme gilt. (Vgl. Fig. 83.) ~ Von
^^keneingc weiden liegt ihm medianwärts das Rectum nahe.
Die genaueren Beziehungen zum Musculus piriformis sind folgende: Der
ordere Ast des Nervus sacralis I liegt am kranialen, der des Nervus sacralis TIT am
^dalen Rande des Musculus piriformis; der Ast des II. Sacralnerven tritt durch den
^skel auf dessen Innenfläche. Der Ramus anterior nervi sacralis IV liegt an der Innen-
^he des Musculus coccygeus. — Die Arteria glutaea superior tritt zwischen
^^ncus lumbosacralis und Pars sacralis I, die Arteria glutaea inferior und die Arteria
^ denda interna zwischen Pars sacralis II und III, die letztere mitunter zwischen III
^ IV hindurch. Die vorderen Aeste der Sacralnerven liegen anfangs in den von den
*'*imina sacralia anteriora ausgehenden Rinnen und zwischen den Urspnmgszacken
^8 Musculus piriformis gut geschützt (s. S. 62). Beim Austritte der Nerven aus den
^^niina senden sie medianwärts zu den dort liegenden sympathischen Grenzstrang-
/^glien ihre Rami communicantes; die eintretenden Aeste der Arteria sacralis late-
is liegen meist lateralwärts von den Nerven.
Vom Plexus sacralis wird passend als eine Unterabtheilung noch der
^xus pudendus gesondert. Derselbe rekrutirt sich vornehmlich aus dem
^- Und IV. Sacralnerven und hat folgende Besonderheiten: 1) sind seine Wurzeln
^1 Schwächer und zeichnen sich durch eine geflechtartige Anordnung vor der
^^pakten Masse des proximalen Theiles des Sacralplexus aus^ 2) liefert er
^^schliesslich Zweige zu den Beckeneingeweide n, und zu den an diese
Muskelnerven :
254 Nerven der inneren Beckenwand: Plexus sacralis.
sich anschliessenden äusseren Geschlechtstheilen, nebst deren Haut
und Muskulatur. Der Plexus sacralis (im engeren Sinne) hingegen versorgt
mit dem Plexus lumbalis die Haut und Muskulatur, soweit diese dem S k e 1 e t-
gebiete des unteren Rumpfendes und der unteren Extremität angehören.
Die Verästelung des Plexus sacralis ist folgende :
1. Nervus glutaeus superior,
2. Nervus glutaeus inferior;
3. Die Nervi rotatorum feraoris,
4. Die Nervi diaphragmatis pelvis,
Gemiscliter Nerv: 5. Nervus ischiadicus,
Hautnerv: 6. Nervus cutaneus femoris posterior.
Nervi glu taei.
Die Nervi glutaei versor4>en die Musculi: glutaeus maximus (N. glutaeus i»'
ferior), glutaeus uictlius, minimus und tensor fasciae latae (N. glutaeus superior).
Nervi rotatorum femoris.
Die sogenamiteu Rollmuskelnerven des Oberschenkels, Nervi rotatorum
femoris, werden meist besonders auf<2:ezählt. Als selbständige Zweige des PlexUB
sacralis erscheinen sie, wenn sie schon vom proximalen Theile desselben abtreten,
lösen sie sich distalwärts ab, dann nehmen sie sich wie Zweige des Nervus ischiadicU*«»
und zwar zu dessen Portio tibialis gehörig, aus. Man zählt drei Nerven: 1) Nervus
obturatorii interni et gemelli superioris, 2) Nervus quadrati femoris e
gen» eil i inferioris, 3) Nervus piriformis.
Der Nervus musculi obturatoris interni et gemelli superioris komm
aus der Schlinge zwischen IL und III. Sacralnerven, zieht mit dem Nervus p^'
dendus durch das Foramcn infrapiriforme zur Regio glutaea, gibt den Zweig «^^^
Gemellus superior ab, läuft dann durch das Foramen ischiadicum minus zur
Beckenfläche des Musculus obturator internus, wo er in diesen eintritt. Die VaS»-
pudenda interna liegen zwischen ihm und dem Nervus pudendus.
Der Nervus quadrati femoris et gemelli inferioris tritt gleichfalls durc
das Foramen infrapiriforme aus der Beckenhöhle zu den betreffenden Muskeln. ^^
wird ihm auch ein Zweig zum Hüftgelenke zugeschrieben.
Der für den Musculus piriformis bestimmte Nerv (vom Nervus sacralis ^
und III) bleibt in der Beckenhöhle, und tritt von der Innenfläche in seinen Muskel ein*
Bezüglich der Nerven für das Diaphragma pelvis (Musculus Icvator aiH
und coccygeus) vgl. S. 219.
Nervus ischiadicus.
Der Nervus ischiadicus setzt sich am kaudalen Rande des Musculus pi^^'
formis zusammen und bildet die kompakte Masse des Sacralplexus, die das Becke^
durch das Foramen infrapiriforme verlässt. Die beiden Hauptbestandtheile des Nei*'
ven, der hintere = Nervus peronaeus und der vordere = Nervus tibiali^'
sondern sich aber schon häufig im Becken von einander, indem der Nervus perona^J^
mitten durch den Musculus piriformis hindurchtritt, während der Nervus tibia»^
den gewöhnlichen Weg am unteren Rande des Muskels beibehält. Die nähere p^'
Schreibung des Nerven gehört zur unteren Extremität.
Nerven der inneren Beckenwand: Plexus pudendus. Plexus coccygeus. 255
Nervus cutaneus femoris posterior.
Dieser Nerv ist bereits S. 1^ und W9 eingehend beschrieben worden.
Plexus pudendus.
Der Plexus pudendus liegt am unteren Rande des Musculus pirifor-
mis und auf dem Musculus coccygeus. Er setzt sich aus Theilen des IL, III.
lind IV, Sacralnerven, selten auch des I. (Eisler), hauptsächlich aber aus
^^m III. und IV. zusammen. Er gibt ab den Nervus pudendus, welcher
eingehend S. 218 beschrieben wurde, und die Eingeweideäste. Diese
^^rbinden sich mit dem Beckensympathicus zu ungemein dichten und
Massigen Geflechten, welche in Begleitung der Gefässe zu den einzelnen Or-
ganen treten. Sie sollen genauer im Zusammenhange mit diesen besprochen
^^i*den. Solcher Eingeweidezweige des Plexus pudendus zählt man fol-
gende drei (BNA):
1. Die Nervi haemorr h oidales medii.
2. Die Nervi vesicales inferiores^).
3. Die Nervi vaginales.
Plexus coccygeus.
Der Plexus coccygeus schliesst sich unmittelbar an den Plexus pu-
dendus an. Er wird gebildet vom v o r d e r e n A s t e des Nervus s a c r a 1 i s V
^^^ des Nervus coccygeus (eventuell der beiden Nervi coccygei), wozu
^^ kleiner Antheil des Nervus sacralis IV (Ansa IV/V) und einige weitere Ver-
^J^dungsfäden mit dem Plexus pudendus, sowie mit dem IV. und V. Ganglion
^^erale und dem Ganglion coccygeum des Sympathicus kommen. Der Plexus
eoccygeus liegt an der inneren Beckenwand vor dem Musculus coccygeus.
^e aus dem Plexus hervorgehenden Nerven, Nervi anococcygei (4 — 5,
^- Krause) wenden sich, mit Ausnahme einiger Zweige für die Musculi
Jevator ani und coccygeus (W. Krause 1. c. [S. 179] 917), sämtlich nach
^nten, wo sie sich mit den hinteren Aesten der Sacral- und Steissnerven
^^ einem Geflechte (Plexus sacralis posterior autt.) verbinden. Aus dem
"^teissbeintheile dieses Plexus werden die Haut über dem Steissbeine und über
^^ Ligamentum anococcygeum innervirt. Wahrschcinfich liefert der Plexus
oceygeus auch die Nerven für die vorderen und hinteren kleinen Steissbeinmus-
^^'n, welche S. 55 und 56 aufgeführt wurden.
Schwalbe (Neurologie, S. 983) beschreibt nur einen Ast als Nervus ano-
ccy^eus, der aus der Ansa sacralis IV/V oder aus dem Nervus sacralis V kommt,
si k ? "* Musculus coccygeus hinabsteigt, dann zwischen diesem und dem Levator ani
ch rückwärts wendet und lateralwärts von der Steissbeinspitze zur Haut über dem
^^mentum anococcygeum tritt. Er verbindet sich dort mit einem Faden
.^ 1) Die Nervi vesicales superiores sind ausschliesslich sympathischen
■^Sprunges.
256 Beckensympathicus.
des Ramus dorsalis nervi coccygei, dessen Haupttheil die Haut über dem Steisö-
beine versorgt.
Die dorsalen Aeste der Nervi sacralis V und coccygei treten durch den
Seitontheil des Lig-amentum saerococcygeum posterius superficiale nach hinten (Rai^'
ber, Lehrbuch der Anatomie, IV. Aufl. S. 517).
Beckensympatliicus (Pars pelvina systematis sympathici.)
Der Bcekeiisynipathicus besteht aus 1) dem Endt heile des Truncus
sympathieus, 2) dessen Rami communican tes, 3) den centrale^
B e c k e n g e f 1 e c h t c n, 4) deren peripherischen Verzweigungen*
Truncus sympathicus pelVinus,
Derselbe liegt paarig^ /um obersten Steisswirbel hin convergirend, dicht
vor dem Kreuzbeine; jedoch ebenso wie alle sympatliischen Beekengeflechte
mit den Blutgefässen innerhalb d er B e ck cn fas ci e, zwischen dieser
und dem Bauchfelle. Es sind im Truncus 4—5 Ganglien vorhanden,
welche an der medialen Seite der Foramina sacralia anteriora ihren Platz haben
und durch die zuweilen doppelten Rami in tergangliar es zum Tnincus
verbunden sind. Eine dem Beckentruncus (und Lendentruncus) eigenthümliche
Erscheinung sind die Rami transversi, welche je zwei symmetrische Gang-
lien durch eine Queranastomosc verbinden. Vor dem ersten Steisswirbel pflegen
beide Trunci unter einem spitzen Winkel, oder mit einer Schlinge in einander
überzugehen. Zuweilen befindet sicli in diesem Uebergange, oder doch m'*'
ihm verbunden, das unpaarc Ganglion coccygeum. Von diesem strahlen
unter anderem Fäden zum Ligamentum anococcygeum aus.
Die Rami communicantes treten durch die Foramina sacralia zum Kreuz-
beinkanale. Von den Ganglien ziehen starke Fäden (Nervi moUes) zu de^^
primären sympathischen Beckengeflechten, ferner zu den benachbarten Gefiisscn
(Vasa iliaca communia, hypogastriea und deren Zweigen), insbesondere zu den
Arteriae sacrales laterales und sacralis media, mit der sie zur Steissdrüse
gelangen.
Primäre sympathische Beekengeflechte.
Man kann als primäre sympathische Beckengeflechte diejenigen bezeich'
nen, welche an der inneren Beckenwand zu beiden Seiten des Kreuzbeines
längs der Vasa hypogastriea und deren Verästelungen zu den Seiten der
Beckeneingeweide, insbesondere des Rectum, über dem Levator ani gelegen
sind. Nach vorn gehen ihre Ausläufer bis zum Blasengrunde; beim Weibe
sind sie besonders stark zur Seite des Fornix vaginae entwickelt. Sie enthalten
zahlreiche Ganglien in einem dichten Nervengeflechte, welches aus cerebrospi'
nalen und sympathischen Fasern gemischt ist, und stellen intermediäre Sammel-
stationen zwischen dem Truncus sympathicus und den cerebrospinalen^Nerven
des Plexus pudendus einerseits, und den speziellen sympathiscl)en]^Nerven der
Beckeneingeweide und der Beckengefässe andererseits dar. Es treten central-
Beckensympathicus. ^57
^ärts in sie ein als Nervi i n g r e d i e n t e s (proximales) : Fäden vom Truncus
sympathiciis pelvinus, von den proximal gelegenen grossen sympathischen
Banchgeflechten und vom Plexus pudendus; es treten von ihnen ab zu den
Eingeweiden und zu verschiedenen Gefässen die Nervi egredientes (distales).
Diese primären Beckenplexus werden die Plexus hypogastrici genannt.
Nach der Lendenwirbelsäule hin stehen sie in Verbindung mit dem Plexus
^ympathicus interiliacus m.^), einem unpaaren Geflechte ähnlicher Art,
Welches in länglich rechteckiger Form zwischen den Vasa iliaca communia
beider Seiten liegt, und sich von der Theilungsstelle der Aorta bis zum Pro-
^iontorium hin erstreckt, wo es sich in die Plexus hypogastrici gabelt.
Periphere sympathische Verzweigungen. (Sekundäre Geflechte.)
Die peripheren sympathischen Verzweigungen gehen sowohl direkt vom
^^'enzstrange, als auch insbesondere von den primären Beckenplexus aus. Sie
^^^i'fallen im Becken in die Gefässnerven und in die Eingeweidenerven
^^d stellen die sekundären Beckcngeflcchte dar.
Die Gefässnerven begleiten zur Innervirung der Gefässmuskulatur sämtliche
*^^ckengefässe bis zu den kleinsten Kapillaren hin, deren bewegliche Wandungszellen
^^nter ihren Einfluss gestellt sind. Diese Fäden sind alle niarklos und stammen von
sympathischen Ganglienzellen ab.
Die Eingeweidenerven sind geflechtartig verbundene, auch mit eingestreuten
^^uglien versehene Nervenbündelchen, welche als Fortsetzungen der primäi-en Plexus
^ den Eingeweiden aufzufassen sind. Meist ziehen sie den Gefässen entlang zu ihren
*^dstationen; zu ihnen treten theilweise auch direkt die vorhin aufgeführten cerebro-
Pmalen Nerven des Plexus pudendus hinzu. Die Haupteingeweidegeflechte des
^^'Ckens sind:
1) Der Plexus haemorrhoidalis superior, der mit der Arterie gleichen
Namens zum Rectum zieht; in ihn treten noch besonders starke sympathische
Fäden vom Plexus mesentericus inferior und Plexus interiliacus («in Fig. Ol)
— Nervi haemorrhoidales superiores — ein.
2) Der Plexus haemorrhoidalis medius, tritt zum mittleren und unteren
Theile des Mastdarmes und ist mit dem oberen Plexus (l) verbunden.
Zu ihm treten die cerebrospinalen Nervi haemorrhoidales medii vom
Plexus pudendus.
3) Der Plexus prostaticus zieht im Anschlüsse an den vorigen zur Prostata;
von ihm aus entwickeln sich zu den Samen blasen, zu den Ductus de-
ferentes und zu den Corpora cavernosa penis die unter 4, 5 und 6
aufgeführten:
4) Plexus seminalis,
5) Plexus deferentialis, welcher sehr stark ist, und mit dem Ductus deferens
bis zum Nebenhoden läuft, und
1) Dieser Plexus hat eine Menge Namen: Tiedemann bezeichnete ihn als
ßxus uterinus communis, Henle als unteren Theil des Plexus aorticus; gebräuch-
^^ ist auch der Name: Plexus hypogastricus superior. Die BNA. bezeichnen ihn
Jc^t; deren Name „Plexus iliacus" bezieht sich auf das spezielle Geflecht der Arteriae
^cae communes und externae. Wegen seiner besonderen Form, Abgrenzung und
'^ge verdient er aber wohl einen eigenen Namen, als welchen ich den obigen vor-
^«ihlage.
^'aldeycr, Das Becken. 1^
25ft Beckensjmipathicus.
6) Plexus cavernosus. Dieser zieht von dem Plexus prostatieus zunächst
zur g-latten Muskulatur der Pars membranacea der Harnröhre, durchbohrt
z. Thl. vor der Symphyse den Musculus trigoni urogenitalis, zum Theil tritt
er durch den Plexus venosus pudendalis unter dem Ang'uliis pubis hervor,
verbindet sich mit dem Nervus dorsalis penis, und sendet nun Aeste i^^
die Wurzel der Corpora cavernosa penis (Nervi cavcrnosipenis minores);
theils läuft er mit den Nervi dorsales penis jederseits auf dem Rücken der
Corpora cavernosa penis (Nervi cavernosi penis majores); diese treten
auch zum Corpus cavernosum urethrae und zur Artcria dorsalis
penis. In die Bahn des Plexus cavernosus gelangen auch diejenigen cerebro-
spinalen Nerven des Plexus pudendus, von denen die Erektion abhängt»
ist. (Nervi er ige nt es, Eckhard.) S. darüber das Kapitel „Penis".
7) Der Plexus vesicalis. Er stellt das vordere P]nde des Plexus hy-
pogastricus dar, und hängt am Blasengrunde mit den vier vorigen Plexus
zusammen ; es gehen aus ihm selbständig verlaufende Nerven hervor, die ftl^
Nervi vesicales inferiores bezeichnet werden, andere als Nervi vesi*
cales superiores; zu den ersteren gehören auch die cerebrospi'
nalen Nervi vesicales inferiores vom Plexus pudendus. Ein Theil der
letzteren senkt sich aber schon in den Plexus hypogastricus ein.
8) Der Plexus uterovaginalis beim Weibe. Dieser ist einer der stärksten
Verzweigungen des Plexus hypogastricus. Er liegt seitlich an der Cervix uteri
und am Fornix vaginae und nimmt aus dem Plexus pudendus die Nervi
vaginales auf, die dem III. und IV. Sacralncrven entstammen. Er ist m^*'
zahlreichen und grossen Ganglien versehen.
9) Der Plexus cavernosus (clitoridis) beim Weibe. Derselbe ist ein Ab-
kömmling des Plexus vesicalis und erhält auch Fäden vom Plexus vaginalis*
Aus ihm gehen die Nervi cavernosi clitoridis majores (zwei) und
minores (mehrere feinste Fäden) hervor, die sich genau so verhalten, ^^^
die entsprechenden Nerven des Penis. (No. 6.)
10) Kommt zu diesen vom Plexus hypogastricus abhängigen Geflechten
noch der Plexus spermaticus (beim Manne) oder der Plexus arteria^
ovaricae (beim Weibe) hinzu. Beide stammen vom Plexus aorticus ^^'
dominalis ab und hängen auch mit dem Plexus renalis zusammen. An-
fangs reine Gefässplexus, treten sie in ihrem distalen Theile beim Manne
mit Hoden und Nebenhoden, beim Weibe mit Tube, Eierstock, breiten^
Mutterbande und Uterus in Beziehung.
Es sind hier, um eine übersichtliche und zusammenfassende Darstellung
der Beckennerven zu gewinnen, auch die zu den Eingeweiden tretenden Zweigt»
insbesondere nach ihrer Lage und ihrer llauptverästelung schon mit aufgeführt;
bei den einzelnen Eingeweiden wird für manche Verhältnisse noch auf diese
Nerven zurückzukommen sein.
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass die sympathischen Geflechte?
in Folge ihrer Lagerung an den Blutgefässen, allen Einflüssen der so häufigen
pathologischen Veränderungen dieser letzteren und der sie einhüllenden Tel^
subperitonacalis ausgesetzt sind.
Beckeneingeweide des Mannes. 259
Beckeneingeweide des Mannes.
Als B c c k c 11 c i 11 g: e w c i (l c werden diejenigen Eingeweide bezeichnet^
Welche in der Höhle des kleinen Beckens ihre normale Lage haben. Ein über-
sichtliches Bild der Beckeneingeweide des Mannes geben die Figg. 60, Gl u.
"^' Von hinten nach vorn zählend finden wir im Mittelraume des Beckens:
^*as Rectum, die Sanienblasen nebst der Ampulle des Ductus deferens,
^^*c Harnblase mit den Mündungsstücken der üreteren nebst der Prostata
^^*^<^1 dem Anfangstheile der Harnröhre. Seitlich, an der Beckenwand, haben wir
^^^ini Manne nur ein Stück des Ureter und des Ductus deferens (Fig. 61).
Zu den Beckeneingew^eiden gehören auch die äusseren Geschlechts-
^^'^ane; sie sind als nach aussen vorgeschobene Theile der Harn- und Ge-
sehlechtswerkzeugc an/Aisehen und liegen ebenfalls in der Körpermitte. Sie be-
stehen beim Manne aus dem Hodensackc mit seinem Inhalte, den Hoden,
^^benhoden und den Anfangstheilen beider Ductus deferentes, ferner
*^^is dem Samenstrange und dem männlichen Begattungsgliede, dem Penis,
^»t dem von ihm umschlossenen grösseren Abschnitte der Harnröhre.
Ausser den aufgeführten Bildungen nehmen indessen noch andere Eingeweide,
^^gelmässig oder in Ausnahmefällen, den von den genannten Organen nicht in
^^^spruch genommenen Beckenraum ein; es sind dies Theile des Darmkanales.
^^m dieselben auch bereits bei der Schilderung der Bauchorgane zur Sprache
^^Kommcn sind, so müssen sie hier, da zwischen ihnen und den Beckeneinge-
^ciden wichtige Lagebeziehungen obwalten, abermals kurz berührt werden.
^dererseits liegen gewisse Theile der Urogenitalorgane beständig, oder vorüber-
gehend, oder ausnahmsweise in der Bauchhöhle, zu welcher die grosse Becken-
^^>hle zu zählen ist.
Die grosse Beckenhöhle wird fast ganz von Darmschlingen belegt:
T^ecum, Processus vermiformis, Anfangstheil des Colon ascendens in
e**i'echten, und Colon sigmoideum in der linken Darmbeingrube, dazwischen
. *^iimsehlingen. Von den Harn- und Geschlechtsorganen finden sich
^'^^ grossen Becken und darüber hinaus in der eigentlichen Bauchhöhle: der
SJ'össere Theil des Ureter und des Ductus deferens, der Urachus und,
ei starker Füllung, der obere Theil der Harnblase. Bei Kindern bis zum
• Lebensjahre liegt dieser Theil auch der leeren Blase stets im Bereiche
^^ Bauchhöhle, und zwar ein um so grösserer Theil, je jünger die Kinder
Sind, (Weiteres darüber beim Kapitel „Harnblase.")
Wichtig ist die Frage nach dem Vorbandensein von Damit heilen,
sbesondere von Dünndarmschlingen, im kleinen Bec ken.
Beim Manne findet man unterhalb der Linea terminalis, bei leerer
^^ massig gefüllter Blase, stets Ile umschlingen, welche den Raum
lochen Rectum und Blase ausfüllen helfen und beiden Organen aufliegen;
^^ starker Füllung der Blase (s. Fig. 68) werden sie in das grosse Becken
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Rectum. Anus. 261
Will man für den Wurmfortsatz überhaupt eine reguläre Lage zulassen, so ist
^'8 die „Beckenlagc", bei der er, gewöhnlich mit der Hälfte seiner Länge, über den
Hand des Psoas und der Vasa iliaca externa oder communia in das kleine Becken
"1 nahhängt. Kr li^ot dort in unmittelbarer Nachbarschaft des Ureter, entweder nach
voi*n oder nach hinten von ihm, oder unmittelbar an seiner medialen Seite.
Dass das distale Stück des Colon sigmoideum rait seinem Mesen-
*6Hum in das kleine Becken hinabsteigt, braucht nicht besonders hervorgehoben
zu werden. Luschka hat diesen Theil des Colon als „Rectumschenkel",
»'öiinesco als „Colon pelvieu" beschriebea (I.e. [s. unten Nr. 7] p. 340).
Siehe darüber Kapitel „Rectum'*.
Mastdarm (Rectum) und After (Anus).
Der Mastdarm, Rectum, ist das Endstück des Darmrohres; er be-
ginnt im kleinen Becken in der Höhe des 3. Kreuzwirbels und endet am
Dannne, unterhalb und vor der Steissbeinspitze mit seiner äusseren Oeffnung,
dem After, Anus.
Indenj hier der Be<>inn des Mastdarmes an den dritten Kreuzwirbel verlegt
^^i'd, folgen wir dem Vorgänge von Treves, v. Samson, Jonnesco und Testut^). -—
Michigan med. Society. Vol. V. Detroit, 1892. — Ferguson, J., Some important points
^^'garding thc appendix vermiformis. Americ. Journ. of med. Sciences. Vol. 101. 1891.
^ Fromont, H. P., Contribution k i'anatomie topographique de la portion sousdia-
Phragmatique du tube digestif. Lille, 1890. — Gerold, Untersuchungen über den
^ i'ocesHUs vermiformis des Menschen. München, 1891. Dissert. inaug. — Hewson, A.,
-^uatomy of the vermiform appendix. Americ. Journ. of med. Sc. Vol. 103. 1893. —
^lildebrand, Die Lage Verhältnisse des Coecum und ihre Beziehung zur Entstehung
^on äusseren Cöcalbrüchcn. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie. Bd. 33. 1892. S. 182. —
Lafforgue, E., Recher ches anatomiques sur l'appendice vermiculaire du caecum.
^'^ternat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiologie. 1893. — Legueu, F., La Situation du
Caecum chez Fenfant. Bullet, de la societe anat. de Paris. 1892. — Lock wo od, C. B.,
^^d Rollest on, H. D., The fossae round the caecum and the position of the vermi-
/>nn appendix etc. Journ. of anat. and physiol. Vol. 2G. 1891. — Purser, Cec. and
^^unie, G. H, The position of the vermiform appendix. Transact. of the intercolonial
^^^' Congress. Sidney, 1893. — Schief f er decker, P., Beiträge zur Topographie
<ies Darmes. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1886. Anat. Abth. — Sonnenburg, E., Pa-
thologie und Therapie der Perityphlitis. Leipzig, Vogel. 1897. 3. Aufl. — Struthers,
^•> On varieties of the appendix vermiformis, caecum and iliocolic valve in man.
f^^^inb. med. Journ. 1893. — Tarenetzky, A., Beiträge zur Anatomie des Darmkanals,
^em. de l'Acad. imp6r. de St. Petersburg. VII Ser. Tome 28. 1881.
1) 1) Treves, F., Lectures on the anatomy of the intestinal canal and peritoneum
j^ Ulan. British med. Journ. 1885, Nro. 1261. — 2) von Samson, Einiges über den
9.rm, insbesondere über die Flexura sigmoidea. Archiv für klin. Chirurgie. 1899.
|Auch als Dorpater Inauguraldissertation erschienen, 1890.) — 3) Testut, Trait6
^'^natomie (I.e.). T. III. p. 553. 1893. — 4) Jonnesco, Th., Le colon pelvien pen-
^^nt la vie intra-uterine. Th6se. Paris, 1892. — 5) Derselbe, Le colon pelvien chez
^mbryon et chez le nouveau-n^. Paris, 1892. — 6) Derselbe, Hernies internes r^tro-
P^nton6ales ou hernies formees dans les fossettes normales du p6ritoine. Paris, 1890.
?^eiiiheii. 304 pp. — 7) Derselbe, Traite d'anatomie humaine publ. par P. Poirier.
J: IV prem. fasc. Tube digestif. Paris, Bataille et Cp. p. 340 ff. — Jonnesco gibt
*® eingehendste Begründung dieser Abweichung von der bisherigen Darstellung.
262 Theile des Rectum.
Schon Luschka, indem er einen besonderen „Rectumschenkel'' des Colon sigmoideurn
unterschied, bahnte diese Auffassung* an; nichts destowenig-er lässt er noch, „Anatomie
des Bauches", Tübingen, 1863. S. 228, und „Anatomie des Beckens", ebend. 1864. 8.202,
das Rectum am Beckcneing-ang-e beginnen. Dies ist weit willkürlicher, als die hu*r
ang-cnommene Auffassung-, der zufolge der im kleinen Becken liegende Dickdarin-
abschnitt, soweit er noch ein Mesenterium besitzt, also frei beweglich ist und meist
eine deutliche Schlinge bildet, noch zum Colon sig'moideum gerechnet wird. Man
kann mit Jonnesco diesen Abschnitt des Colon passend als „Colon pelvinuin
besonders benennen.
Mit dieser Aenderung- verbleiben dem Rectum nur zwei Abschnitte, und es
wäre das „M es o rectum" aus der anatomischen Nomenklatur zu streichen. Das so
begrenzte ,,Rectum" entspricht auch weit besser seiner Beneiniung' und unterscheidet
sich durch Lage, Bau, Befestigung* und physiologisclie Bedeutung viel schärfer von
der proximal anstossenden Darmabtheilung, als das „Rectum" der bisher üblichen
Beschreibung.
Theile des Bectum.
Das Rectum in der eben l)CgTüiidetcn Ausdclinung zerfällt in zwei
durch Lage, Richtung, Form, Grösse, Bau und physiologische Bedeutung gut 'i^^
trennende Theile, die Pars p elvi na und die Pars p erinealis ^). D^*^
Pars p e 1 V i n a beginnt mit dem dritten Kreuzwirbel und endet an der Stelle,
wo das Mastdarmrohr das Diaphragma pelvis, d. i. den Musculus levator
ani erreicht, mit anderen Worten, da, wo die obersten Levatorfasern an daB
Rectum herantreten. Diese Stelle trifft ungefähr zusammen mit dem geraden
Durchmesser des Beckenausganges 2) (Diameter recta exitus pelvis, S. 48) und
mit dem unteren Ende (Schnabel) der Prostata (beim Weibe mit einem Punkte
etwas unterhalb der Scheidenmitte).
Die Pars perinealis reicht von da bis zum Anus; sie ist die kürzere
Strecke. Man kann sagen, dass die Pars pelvina o b c r h a 1 b des muskulösen
Beckenbodens, die Pars perinealis unterhalb desselben gelegen sei.
Beide Theile haben eine verschiedene Richtung; die Pars pelvina ver-
läuft wie das untere Ende des Kreuzbeines und des Steissbeines nach vorn
und abwärts und ist dabei leicht nach vorn konkav — Flexura sacrali^
BNA. — Die Pars perinealis wendet sich in massigem Grade nach hinten
und stärker nach abwärts, sie erscheint öfters auch ein wenig nach hinten
konkav — Flexura perinealis BNA. — Die Abgrenzung beider Theile gegen
einander markirt sich, namentlich bei gefüllter Pars pelvina, unter einem deut-
lichen Winkel.
1) Die BNA. haben diese Bezeichnungen nicht; die Pars perinealis heisst bei
ihnen „Pars analis", die Pars pelvina wird nicht besonders benannt. Der wichtig'^^e
Unterschied für die topographische Anatomie des Rectum liegt aber in dem Verhalten
desselben zum Diaphragma pelvis. Deshalb glaubte ich die hier gebrauchten Be-
nennungen verwenden zu sollen. Sie schliessen sich an die von H. v. Meyer fi^i
die Theile des Kreuzbeines gewählten Bezeichnungen (S. 94) an. — S. H. v. Meye^^'
Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 3. Aufl. 1873. S, G2/63.
2) Sie liegt ein wenig tiefer.
Theile des Rectum. Ampulla recti. 263
Die Pars pelvina recti ist, was Form und Grösse anbelangt, namentlich
bei Erwachsenen, aucli im leeren Zustande, erheblich geräumiger, als das Colon
pelvinum und die Pars perinealis. Bei Neugeborenen und im ersten Kindes-
alter tritt dies noch weniger hervor. Die Haupterweiterung, Ampulla recti,
üimmt den mittleren und unteren Bezirk der Pars pelvina ein. Bei leerem
Rectum liegt hier die vordere Wand dicht an der hinteren; auf dem queren
Durchschnitte erscheint also die Lichtung der Ampulle als ein Querschlitz.
Von manchen Seiten ist die Existenz einer Ampulla recti als normaler Bil-
^luno- an<^ezweifelt worden. Indessen zeigt sich, insbesondere bei Erwachsenen, falls
überhaupt Fäkalmas.sen im Rectum vorhanden sind, dass diese in dem g-enannten er-
weiterten Abschnitte liegen, wobei in der Regel das Colon pelvinum und die Pars
perinealis leer gefunden werden. Ausgüsse des Rectum lassen stets die betreffende
Erweiterung erkennen, die auch beim Aufblasen deutlich hervortritt. Die Ampulla
recti muss daher als ein wohl zu unterscheidender Theil angesehen werden, dem
die Bedeutung einer „Kothblase" zukommt, bestimmt die Fäkalmassen und Darmgase
vor ihrer Entleerung in der unmittelbaren Nähe der Austrittspforte zu sammeln.
Vgl. das Kapitel J^hysiologische Bemerkungen" S.TT^: 2^t
Bei Füllung des Rectum zeigt sich häufig der untere Theil der Pars pel-
vina nach voni; bei Männern zum Schnabel der Prostata hin, bei Weibern zur
Mitte oder zum Beginn des unteren Drittels der liinteren Scheidewand, in eine
besondere kleinere blindsackigc Erweiterung ausgedehnt. (S. Figg. 81
^nd 68). . Die so instruktive Abbildung Disse's^ zeigt ebenfalls die kleine
vordere Aussackung bei einem männlichen Becken; auch in Fig. 66a lässt
*^ie sich erkennen (dicht oberhalb R).
Ist das Rectum stark mit Kothmassen oder Gasen erfüllt, so erstrecken
sich diese auch in das Colon pelvinum hinein; immer aber lässt sich dabei die
^Gr Kreuz-Stcissbein-Höhlung entsprechende ampulUire Erweiterung erkennen.
(Vgl. die eben angezogene Disse'sche Figur.) — Eine bei starker Füllung
erhärtete und nach der Härtung entleerte Ampulla recti zeigen Figg. 76, 110
*^nd 112. Dagegen erscheint in Fig. 60 das Rectum in auffallender Weise
'^usanunengczogcn; der Schnitt geht durch das unterste Stück des Os sacrum.
Die Pars perinealis recti wird, wenn nicht gerade eine Entleerung
stattfindet, oder (bei der Leiche) noch nach dem Tode ein Herabdrängen von
Koth stattgefunden hat, stets frei von Darminhalt angetroffen. Sie stellt einen
fest in die Muskulatur und die Fettmassen des Beckenausganges eingelassenen
Kanal dar, der gleichsam den Ausführungsgang des Rectum, insbesondere
^^Y Ampulla recti, bildet. Die Wandungen des Kanales liegen von beiden
leiten her dicht aneinander, sodass er auf dem Querschnitte als ein Längs-
s<^hlitz (im Gegensatze zu dem Verhalten der Pars pelvina) und auf dem
^i'ontalschnitte als ein linearer Spalt erscheint 2).
1) Bisse, J., Untersuchungen über die Lage der menschlichen Harnblase und
ihre Veränderung im Laufe des Wachsthums. Anatomische Hefte, herausgegeben von
^«rkel und Bonnet. L 1891. Taf. L II. Fig. 1.
2) Vgl. hierssu insbesondere Symington, J., The Rectum and Anus. Journ. of
^^atomy and physiology. VoL XXIII. 1889. p. 106.
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:illrli iii! lL*iil dif'Sii' >«'lii<'}f!tii
In Ai:r V :i r - jM' 1 V I ti :i
Theile drs Rectum. Pars perinealis. 265
transversales recti^ welche die Hälfte oder drei Viertel des Rolirum-
fanges halbmondförmig- umkreisen, und besonders bei dem von Otis (eitirt
S. 191) angegebenen Untersuchungsverfahren deutlich sichtbar werden.
Gut treten sie auch nach Forniolliärtung dos Rectum hervor; dabei thuss jedoch
^as Orf2:an während der Härtung in seiner natürlichen Lage im Becken verbleiben,
(Vgl. Figg. 110 und 112.)
Die untere Falte, von Kohlrausch i) als „Plica transversalis recti**
l>ezeichnet (auch „Kohlrausch'sche Falte" benannt), liegt 6—7 cm oberhalb
des Anus und gewöhnlich rechts (in der Fig. 112 ist es die rechtsseitig ge-
legene grössere Falte). Die obere, 2,5 cm höher, liegt dann links (Fig. 110).
(In Fig. 112 nicht sichtbar.) Mitunter kommen drei, selten vier bis fünf
Falten vor; dann liegt die erste links unterhalb der Kohl rausch 'sehen Falte
in 4,5—6 cm Höhe über dem Anus, oft nur wenig angedeutet (Fig. 112).
Zwischen den Falten machen sich ähnliche Aussackungen (Sacculi)
bemerkbar, wie am Colon (Otis); dieselben sind jedoch nur wenig ausgeprägt.
An der Bildung der Falten nehmen die Mucosa und Submucosa Theil; auch
erstreckt sich die Ringmuskulatur ein wenig in deren Basis hinein (S. Fig. 112).
Die Farbe der Schleimhaut in der Pars pelvina ist ähnlich der des Colon;
<lie Mucosa ist aber dicker; ihre Kryx>ten sind länger; die punktförmigen Mündungen
<^lerselben sind leicht mit freiem Au<^e zu sehen; es finden sieh zahlreiche Lym])h-
^nötchen (Noduli lymphatici solitarii).
Die Tela submucosa enthält die grösseren Stämme der zur Tunica mucosa
^H^henden und von da kommenden Blut- wie Lymphgefässe. Die Lymphknötchen
*'cichen unter Durchsctzun«;' der Lamina muscularis mucosae in die Submucosa hinein.
Die als „Taeniae coli" bekannten besonderen Züge der Längsmuskulatur des
Dickdarmes lösen sich allmählich an der Pars pelvina recti auf, indem ihre Fasern
sj*^h auf die gesamte Rectumoberfläche ausbreiten; doch lassen sich bis zum P^ndc
*^cr Pars pelvina an deren vorderer und hinterer Wand je ein stärkerer Längs-
^nuskelzug deutlich unterscheiden (Otis, 1. c. [S. 191], Laimer^).
Die Ringfnserschicht bietet an dem oberen Abschnitte des Rectum nichts Be-
sonderes; nur ist sie ein wenig stärker als die des Colon.
Die Pars perinealis recti zeigt manche bemerkenswerthe Beson-
^l^rheiten in ihren Bauverhältnissen, die ihrer praktischen Bedeutung wegen
^uch hier zu besprechen sind : Die Farbe der S c h 1 e i m h a u t ist viel heller ;
Querfalten fehlen; an deren Stelle treten 8— 10 Längsfalten, Columnae
^^ctales (Morgagnii) auf, welche an ihrem distalen Ende am stärksten sind,
^^d nach oben allmählich verstreichen, so dass sie an der Grenze beider Rectum-
abschnitte schon fehlen. Am distalen Ende stehen sie durch kleine halbmond-
törmige Schleimhautfältchen^), Valvulae semilunares, in bogiger Verbin-
^*ung; je zwei Columnae mit der verbindenden Bogenfalte schliessen eine kleine
Winde Tasche ein, Sinus rectales, deren also ebenfalls 8 — 10 sind. Die
Columnae sind durch stärkere Längsztige glatter Muskelfasern bedingt.
1) Kohlrausch, Zur Anatomie u. Physiologie der Beckenorgane. Leipzig, 1854. 4.
2) Laimer, Beitrag zur Anatomie des Mastdarmes. Wiener mediz. Jahrbücher
o83. — Kinio-es zur Anatomie des Mastdarmes. Ebendas. 1884.
3) Gally, J., Des valvuies du Kectum et de leur role pathogenique. Toulouse,
1893. (Th^se.)
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Thcile des Rectum. Pars perinealis. 267
Man kann ferner an der Pars perinealis drei ringförmig über ein-
ander liegenden Zonen unterscheiden: die oberste ist die Zona columna-
^'is m.; sie unifasst den Bereich der Coluuuiae rectales und die dazwischen
liegenden Sinus (Fig. 67); das Epithel dieses Bezirkes ist auf der Höhe der
ColumnaC; namentlich in deren unterem Theile, ein unverhorntes geschichtetes
l^lattcnepithel, in den Sinus ein Cylindcrepithel von derselben Beschaffenlieit
^ie im übrigen darüber gelegene Dannabschnitte. Lieberkühn'sche Krypten
zeigen sicli nur im oberen Bereiche dieser Zone; ihr Schwinden wird öfters
<leutlich durch eine leicht- festonnirte Linie (Linea anorectalis Herrmann)
angezeigt. In der Tiefe der Sinus zeigen sich nach Herrmann ^j oft noch
vereinzelte Kry})ten, aber auch Drüsen mit einzelnen Acinis besetzt, die vielleicht
^lit den Analdrüscn gewisser Thierspecies zu vergleichen wären.
Die mittlere Zone, Zona intermedia (siehe „Vasa lymphatica muc.
Ani" in Fig. 67), hat eine glatte helle Schleimhaut mit geschichtetem nicht
Verhorntem riattenepithcl und kleinen Papillen. Die unterste, die Zona cu-
tanea (Fig. 67: Vasa lymph. zonae cut. ani) hat ein verhorntes Platten-
<^l>ithel mit stärkerer Pigmentirung; auch hat die bindegewebige Unterlage alle
Cliaraktere der Cutis; sie führt Papillen, Haare und Talgdrüsen nebst grossen
Knäueldrüsen (Glandulae circumanalcs Gay) an der Grenze ^a^^n den
Dannn. Sie muss zum Rectum gerechnet werden, weil sie noch rohrförmig
geschlossen ist. Die untere Grenze des Musculus sphincter ani internus reicht
nahezu bis zur oberen Linie des verhornten Epithels hinab.
Das wichtigste bei der Pars perinealis recti ist das Verhalten ihrer Mus-
*^nlatur: Mit dem Beginne dieses Tlieiles tritt eine ziemlich scharf nach oben
^bgegrenzte Verstärkung der glatten Eingmuskulatur, der Sphincter ani
internus, auf. Unmittelbar nach aussen von ihm finden wir in der Höhe
^<^ines oberen Umfanges den Levator ani dicht herantreten; der dann den
inneren Sphincter noch eine Strecke weit analwärts begleitet. Dann schliesst
^ich der Sphincter externus an, der mit dem Sphincter internus bis zur Haut
niuabreicht. Das untere etwas verjüngte Ende der Portio pubica des Levator
^ni schiebt sich zum Theil zwischen Spliincter internus und externus ein, wo
Seme Fasern sich theils der Längsmuskulatur des Rectum anschliessen, theits
^11 Sehnenbündelchen übergehen, die in dem Bindegewebe zwischen beiden
^phincteren bis zur Analhaut sich verfolgen lassen (Holl, Roux, Lesshaft
'• I- c. c. und Eggeling2).
lieber die Verhältnisse des Ansatzes der Musculi levator ani, coccygeus und
sphincter ani ist bereits S. 208—211 das Notlüge mitgetheilt worden.
Die Muskelfasern des Sphincter internus, sowie die longitudinalcn
glatten Fasern, strahlen vom Rectum nach allen Seiten aus. Besonders mögen
^^Igende Punkte hervorgehoben sein:
1) Herr mann, G., Sur la structurc et le developpement de la muqueuse anale.
^h6se de Paris. 1880.
2) Egg Clin gs H., Zur Morphologie der Dammmuskulatur. Morphologisches
"^^hrb. 1896. Bd. 24. S. 405 u. 511, insbes. S. 622.
268 Fascia recti. Perirectales Gewebe. Perl rectale Biiidegewebsräume.
1) Nach unten treten sowohl Theile der longitudinalen, wie der circiilären
Fasern (Laimer 1. c.) überall in der Umgebung des Rectum in die Haut ein.
2) Nach vorn treten sie zur Fascia rectovesicalis und am unteren Ende
derselben, wo sie am Centrum perineale haftet, zu diesem, um sich dort mit
Fasern vom Bulbocavernosus, Sphincter ani externus, Transversus perinei, und
Musculus trigoni urogenitalis zu durchkreuzen und dort ihr Ende zu finden.
Hier ist auch die Stelle, wo eine Verbindung zwischen den glatten Längsmus-
kelfasern der Urethra (Pars membranacea) des Mannes und des Rectum
stattfindet (Musculus rectourethraHs Roux*) und wo die Muskulatur des
Rectum mit der Fascia perinei in feste Verbindung tritt. 3) Nach hinten treten
reichlich glatte Muskelfasern vom Rectum zum Ligamentum anococcygeuna
und zum Steissbcine.
Diese Verhältnisse der Muskulatur lassen die Pars perinealis recti fest
eingepflanzt in den fascialen und nuiskulösen Heckenboden, sowie in die
Heckenhaut erscheinen, ein für die chirurgisclien und funktionellen Beziehungen
wichtiger Punkt. — Nicht unwichtig ist auch der Umstand, dass die Schleim-
haut der Zona intermedia partis perinealis nur durch lockeres Bindegewebe
mit der Muskclliaut verbunden ist, namentlich an beiden Seiten, während vorn
und hinten, in der Raphe perinei und am Ligamentum anocoecygeum, iu
Folge der Ausstrahlung der Muskeln zur Haut eine stärkere Befestigung be-
steht. Beim Pressen stülpt sich daher seitlich die Schleimhaut leichter vor und
ist Verletzungen leichter ausgesetzt.
In viellficlK^r Bcziehun«^ bestellen Aehnliclikeiten zwischen der Pars perineales
recti und d(^r Wan^-en- und T^ii)pen})firtie des Mundes, namentlich insofern, als a»
beiden Stellen das betreffende Schleinihantrohr in innige Verbindung* mit den mn-
gebenden muskulösen und cutanen Wandungen gebracht ist. Aber beim Munde; fehlt
die unwillkürlich wirkende <>latte Muskulatur, die beim Rectum eine so grosse Roll*?
spielt, und beim Munde ist der Schwerpunkt der Muskelanordnung auf die Oeffnung
gelegt, beim Rcjctum hingegen auf den Verschluss.
Fasoia reoti. Perirectales Oewebe. Perirectale Binde^ewebsräume.
Die Pars pelvina recti ist in ein lockeres Bindegewebe eingelagert und
ausserdem zu einem kleinen Theile (oben, vorn und seitlich) vom Bauchfell^
und zu einem grösseren Theile (soweit das Bauchfell nicht reicht), von einer
besonderen Fascie, der Fascia recti, umgeben. Dieselbe bildet einen Theil
der visceralen Beckenfascie (S. 196 u. 224—229). Die Figuren 59b, 67,
76, 112 und 113 lassen die Fascia recti im Quer- und Längsschnitte, sowie
(Figg. 67 u. 84 a) als ganzes I^latt in seiner Lage zum Rectum erkennen. Kaudal-
wärts beginnt diese Fascic (Fig. 1 12) in dem Winkel zwischen Musculus levator
ani und sphincter ani internus mit dem Arcus tendineus fasciae pelvis (o i^
Fig. 114 — Uebergang der blauen in die gelbe Linie in Fig. 112), kranial'
wärts verliert sie sich mit dem Uebergange des Rectum in das Colon pelvinuna?
allmählich dünner werdend und in lockere Bindegewebslamellen aufgelöst. Vorn
1) Koux, 1. c. [S. 208].
Faseia recti. Perircctales Gewebe. Perirectale Bindegewebsraiime. Ö69
geht sie unterhalb der Exeavatio rectovesicalis von beiden Seiten her in die
Fascia rectovesicalis über, und endet vorn oben mit dieser am Boden
der genannten Excavation (Exeavatio rectoiiterina beim Weibe). (Figg. 113
Und 114.) Sie reicht also hinten höher liinauf, und zwar um so höher, je
weiter man nach hinten geht. In einem Querschnitte, welcher oberhalb
des Fundus der Exeavatio rectovesicalis (rectouterina) gelegen
ist, wird man die Fascie also nur hinten und an den Seiten treffen, wo sie
sich in Begleitung der Eingeweideäste der Vasa hypogastrica mit dem parietalen
Blatte der Beckenfascie verbindet. (In Fig. 59 b ist diese letztere Verbindung
schematisch dargestellt.)
Sowohl zwischen der Beckenwand und der Fascie, als auch zwischen
dieser und dem Rectum befindet sich lockeres Bindegewebe, welches mehr
oder weniger fetthaltig ist, je nach dem Fettreichthume des bctreflfendeu Indi-
viduum. Zwischen Fascia recti und Kreuzbein (Tcla adiposa rctrorcctalis
in Fig. 59 b) ist es sehr locker und wenig fetthaltig, so dass man hier von
^. einem retrorectalen (Bindegewebs)-Raume, Spatium rctrorectale (Loge
7 rctrorectale Quenu, 1. c. [S. 28g p. 12) sprechen kaim. Dieser Raum ist durch
Verschiebung des Rectum sehr auszuweiten, und man kann leicht mit den
Fingern in ihn eindringen und das Rectum vom Krcuz})cine ablösen. Unten
findet dies seine Grenze, indem dort die Fascia recti in die parietale Becken-
t>odenfascie auf dem Ligamentum anococcygeum übergeht (Fig. 113 — Ueber-
gang der gelben in die blaue Linie); seitlich begrenzt sich der Raum durch
die Verbindung der Fascia recti mit der parietalen I5eckenfascie an den Vasa
•»ypogastrica; oben, wo die Fascia recti überhaupt aufhört, geht er in den
Raum zwischen beiden Blättern des Mesocolon sigmoideum, d. h. in das lockere
prävertebrale Bindegewebe, über.
Auch vor dem Rectum, zwischen diesem und den Samenblasen (genauer:
^'cr diese hinten deckenden Fascia rectovesicalis), befindet sich ein ähnlicher
Bindegewebsraum, Spatium praerectale (Loge prerectale, Quenu, I.e.).
Soweit die Fascia rectovesicalis reicht, s. Fig. 11^ ist dieser Raum durch die 3/
seitliche Anheftung der Fascia recti beiderseits abgeschlossen und von dem
Spatium rctrorectale getrennt; höher im Becken geht er, so weit hier noch eine
F'ascia recti besteht, in das lockere Gewebe zwischen Fascia recti und Rcctum-
^and, in welchem die (von oben hereingedrüngenen) Vasa haemorrhoidalia
superiora liegen, über, während er, um die Exeavatio rectovesicalis herum,
nach vorn in das subpcritonäale Gewebe der hinteren Blasenwand und seitlich
in das die Vasa hypogastrica begleitende lockere Bindegewebe, zum Foramen
ischiadicum majus hin sich verliert. Schliesslich gehen alle diese Räume mit
ihren Ausläufern in die Tela subperitonaealis über. (Vgl. Figg. 59 b, 113 u. 114.)
Noch zwei seitliche perirectale Räume (Logos perirectales Quenu) zu unter-
scheiden, ist überflüssig.
Die Fascia recti He^t dem Rectum ziemlich dicht an, und zwischen ihr uml
*iem Rectum ist nicht so viel lockeres Bindegewebe an^^j-ehäuft, wie im Spatium retro-
J'C'ctale. Ich bemerke dies mit Rücksicht auf die schematischen Figuren, insbesondere
^'^^ Beziehungen des Rectum zum Bauchfelle.
59 a und 59 b, in denen alle diese Räume, um die Uebersicht zu erleichtern, zu ^ross
gezeichnet sind. Das Bindegewebe zwischen Rectum und Fascia recti ist zuweilen
fettreich; dies Fett ist indessen nicht so locker, wie das, welches sich im Spatium
praevesicale befindet, und, gelegentlicli, auch im Spatium retrorectale. Es sei noch
einmal hervorgehoben, dass, wie aus der Beschreibung und den Figuren ersichtlich
ist, das Gewebe zwischen Rectum und Fascia recti nach oben und "nach den Seiten
hin unmittelbar in die Tela sul)peritonaealis übergeht.
Bei Besprechung der Harnblase werden wir auf ganz gleiche Verhältnisse
kommen; desgleichen werden diese Dinge bei der später zu gebenden zusammen-
hängenden Darstellung der Beckenfascien und des Beckenbindegewebes, ferner beim
Kapitel „Beckenabscesse" wieder aufgenommen werden müssen.
Die Pars analis recti zeigt keine besondere Fascic und keine pcri-
rectalcn Räume; sie ist vielmehr, wie wir sahen, fest in die Muskulatur des
Dammes eingelassen, und weiter peripher von dem Fettgewebe der Fossa
ischiorectalis umgeben. Indessen muss bemerkt werden, dass zwisclien den
einzelnen Muskeln sich etwas lockeres Bindegewebe befindet, in welchem eine
Fortleitung pathologischer Processe vorkommenden Falles sich vollzieht, ins-
besondere zwischen den beiden Sphincteren (internus und externus). Die Kom-
munikation mit dem Bindegewebe der Fossa ischiorectalis findet am oberen
Rande des Sphincter extermis statt.
Beziehungen des Rectum zum Banchfelle.
Excavatio rectoYesicalis* Recessus pararectales.
Das Bauchfell bekleidet nur einen Theil der Pars pelvina recti?
so dass man an diesem Abschnitte eine Pars per i tonaealis und extra-
peritonaealis unterscheiden kann. Der oberste Theil des Rectum bat
einen noch fast vollkommenen serösen Ueberzug; dann lüsst, weiter abwärts,
das Bauchfell mehr und mehr die Seiten des Rohres frei, so dass, etwa vom
4. Kreuzwirbel ab, nur noch die Vorderfläche bekleidet ist. Indem sich
schliesslich die Serosa auf die Harnblase (bez. den Uterus) überschlägt, bildet
sich ein seröser Blindsack, die Excavatio rectovesicalis (Mann) — rccto-
uterina (Weib). Der Fundus der Excavatio rectovesicalis liegt häufig in der
Höhe des I. Steisswirbels, doch schwankt dies sehr (vgl. die Maass- und Zahlen-
tabelle). Bei Neugeborenen und jungen Kindern steht der Fundus viel tiefer;
etwas tiefer auch beim Weibe als beim Manne. Bei gefülltem Rectum und
gefüllter Blase rückt er höher hinauf; auch bei älteren Männern pflegt er,
wegen der stärkeren Prostata, meist höher zu stehen.
lieber den Einfluss der Füllung von Rectum und Blase auf den Stand deB \
Fundus excavationis rectovesicalis herrseht keine Einigkeit. Quenu z. B. (1. c. [S. 28^]) ^j
gibt an, dass die Füllung beider Organe den Fundus bis zu 4 cm über den gewöhn-
lichen Stand (5— 6 cm oberhalb des Anus) erheben könne; Jonnescoi) dagegen findet
kaum einen Einfluss. Nach unseren Erfahrungen darf man in maximo eine Erhöhung
von IVs""^ em annehmen.
An der Excavatio rectovesicalis (Figg. 60, 61 D, 66, 66a)
müssen zwei Abtheilungen, eine obere und untere, unterschieden werden, von
1) Jonnesco 1. c. (S. 261 Nr. 7).
Befestigungen des Rectum. Arterien des Rectum. 271
denen man die obere mit der Bezeichnung „Atrium excavationis rectovesicalis"
belegen kann. Die untere, Fundus, ist seitlich durch die beiden Plicac
i'öctovesicalcs abgeschlossen; zwischen diesen Plicae zieht sich vor dem
Rectum noch eine zarte lialbmondförmige seröse Verbindungsfalte hin, die bei
V^erschiebungen von Rectum und Blase besonders deutlich wird; diese Ver-
*>indung8falte bezeichnet die Grenze zwischen dem Atrium und dem Fundus
^er Excavation. Bei Neugeborenen und Kindern sind diese Verhältnisse immer
deutlich zu sehen, bei Erwachsenen verstreichen sehr oft diese Falten. In den-
selben liegen stärkere Bündel subseröser Muskelfasern.
Zwischen den Plicae rectovcsicales nebst der seitlichen Rectumwand
einerseits, und der Beckenwand andererseits bleibt je ein flach rinnenförmiger
Seröser Raum, der sich zum Kreuzbeine hinerstreckt, Recessus pararectalis m.^).
^it der Füllung und Entleerung des Rectum wird er schmäler oder breiter;
^^ seiner lateralen Wand finden wir Aeste der Vasa hypogastrica und den
Ureter (Fig. 61). In seltenen Fällen, bei Tieflage, können rechts der Pro-
eessns vermiformis und das Caecum, links (häufiger) das Colon pelvinum hincin-
gelagert sein. In Fig. 84a sind beide Recessus von hinten her dargestellt,
^ö Fig. 111 auf dem Querschnitte.
Befestigungen des Bectnm.
Abgesehen vom Bauchfelle, den Gefässen und Nerven, trägt zur Befesti-
gung der Pars pelvina recti bei die Fascia recti, indem sie sich von den
^eitentheilen des Organes zu den Vasa hypogastrica hinüberzieht und sich auch
mit der Fascia rectovesicalis verbindet. Bei dieser verhältnissmässig schwachen
Befestigung bleibt dem oberen Theile des Rectum noch eine ziemliche Be-
weglichkeit erhalten.
Dass der untere Theil, die Pars perinealis recti, fest eingemauert
Jl^ der Muskulatur des Diaphragma pelvis und im Fette der Fossa ischiorectalis
^^gt, wurde schon gebührend hervorgehoben. Es kommen als Befestigungs-
^Jttel hier noch hinzu das C e n t r u m perineale und das Ligamentum
^öococcygeum.
Axterlen des Rectum.
Die Arterien des Rectum stammen aus vier Quellen: 1) aus der
^i*tcria mesenterica inferior, welche die Arteria haemorrhoidalis
^perior zum Colon pelvinum und zum Rectum sendet, 2) aus den Artcriae
^ypogastricae direkt die Arteriae haemorrhoidales mediae, 3) aus
^^^ Aa. hypogastricac in zweiter Linie (Aa. pudendae internae) die Aa. hae-
morrhoidales inferiores, 4) kleine Zweige aus der Arteria sacralis media.
Die unter 1, 2 und 4 genannten Gefässe versorgen wesentlich die Pars
pelvina; die Aa. haemorrhoidales inferiores sind für die Pars perinealis, insbe-
sondere deren Muskulatur, bestimmt. Die Arterien 1 und 4 «ind unpaar,
paarig.
2 Und 3
1) Fosse recto-pelvienne Jonnesco 1, c. (S. 261 Nr. 7).
272 Venen des Rectum.
Indem die Arteria pudenda interna den oberhalb des Diapliragma pelvis g^'
legenen Raum verlässt, um in die Fossa ischiorectalis einzutreten, geht auch ihr
Rectalast, die Arteria haemorrhoidalis inferior, unterhalb dieses Diaphragma zW
Pars perinealis. Man kann daher anch bei den Gefässen (Blut- und Lymphgefässen)
— und dies gilt auch für die Nerven — die supradiaphragmalen von den infra-
diaphragnialen unterscheiden.
Die Arteria haemorrhoidalis superior geht zwar bis zum Hautgebiete
der Pars perinealis mit ihren Zweigen hinunter, und anastomosirt hier sogar mit Zweige^
der Arteria haemorrhoidalis inferior; jedoch liegen diese Anastomosen, an denen
auch die Arteria haemorrlioidalis media theilnimnit, in derTela submucosa rectij
wogegen die ziemlich zahlreichen und stärkeren Anastomosen zwischen den beiden
infradiaphragmalen Rectumarterien subfascial aussen auf dem Rectum liegen.
Diese Anastomosen zwischen den drei grösseren Rectumarterien
sind praktisch wichtig. Das Hauptgefäss ist die Arteria haemorrhoi-
dalis superior.
Diese Arterie theilt sich oben am Rectum in einen vorderen und hinteren Ast,
welche an der Pars pelvina entlang laufen, der vordere Ast zugleich mehr links,
der hintere mehr rechts; nicht selten findet sich hinten noch ein mittleres Gr^'
fjlss, welches dann als Fortsetzung des Stanmies erscheint. G bis 8 Seitenzweige, mei?*'
longitudinal, aber auch quer verlaufend, gehen von den Haui>tästen ab.
Von einem oder dem anderen Hauptzweige, jedoch nur einseitig (Quenu), treten
auch Reiser zur Prostata oder zur Sc Ji ei de.
Die Arteria haemorrhoidalis media kommt entweder aus der Arteria hy-
pogastrica direkt, oder aus einem ihrer Aeste, läuft zur Seite der Vesiculae seminales
(Mann) ^ der Vagina (Weib) — zum unteren Ende der Pars pelvina. Sie gibt auch
dem Musculus levator ani Zweige. Ihre Anastomosen mit den beiden anderen Arteri*i<5
haemorrhoidales wurden erwähnt. Hauptsächlich verzweigt sie sich jedoch an dci
Prostata, den Samenblasen und der Scheide; ihre Mastdarmäste können (jedoch selten;
fehlen.
Die Arteriae haemorrhoidales inf(M-iores konnnen gewöhnlich ^'^
hintere und vordere (erstere am Dammrande des Musculus glutaens maximu^'i
letztere am hinteren Rande des Trig*onum tirogenitale) aus der Pudenda interna h^'*'
vor und durchsetzen mit den begleitenden Venen und Nerven das Fett der Fossii
ischiorectalis.
Die kleinen Zweige aus der Arteri a sacralis media trifft man vom
4. Kreuzwirbel ab kaudalwärts; sie haben ebenfalls Anastomosen mit den beiden
oberen Haemorrhoidalarterien.
Quenu sah bei seinen Injektionen der Arteria mesenterica inferior von den
Rectum-Anastomosen aus die Hypognstrica und von da die Femoralis und, rückläufig?»
die Aorta sich füllen, so dass also di(*, Arteria mesenterica inferior, nach Unterbindun»
der Arteria iliaca externa, an der Herstellung des Kollateral kreislaufes sich betheili^^^
kann.
Venen des Reotnm.
Die Venenstämme des Rectum entsprechen den Arterien. Wir liaben
also eine Vena haemorrhoidalis superior, zwei mcdiae, mehrere infe^*^'
ores und kleine Zweige zum Plexus venosus sacralis; sie treten mit den
Stammarterien zu den gleichnamigen Stammvenen.
Alle diese Venen haben Anastomosen miteinander durch die PlexU^
venosi haemorrhoidales, deren man im wesentlichen zwei unterscheidet
Venen des Rectum. 273
kann: den Plexus hacmorrhoidalis internus (submucosus) und den Plexus
haemorrhoidalis externus (subfascialis). S. S. 216.
Der Plexus venosus haemorrhoidalis internus gehört der Tela
submucosa des gesaraten Rectum an. Bei Erwachsenen findet sich hier fast
i'egelmässig eine Besonderheit in den Glomera venosa haemorrhoidalia.
Diese Bildungen liegen, als Theile des Plexus venosus submucosus, in der Zona
intermedia der Pars perinealis recti, und zwar in der Gegend der Valvulae sinuura
**ectalium. Sie bestehen je aus mehreren kleinen Venen, die zu einem rund-
lichen oder länglichen Knäuel zusammengeballt sind; auch ampulläre Dila-
tationen kommen an diesen Knäuelvenen vor, oder zeigen sich an einzelnen
Venen zwischen den Knäueln. Aus einem solchen Knäuel treten die Venen
nach mehreren Richtungen hin hervor, und man kann zu- und abtretende Aest-
cihen unterscheiden. Bei einigermaassen grossen Knäueln ist dieses sehr deut-
lich^). Von Anderen ist mehr die Ampullenbildung als Ursache der Venen-
knoten betont worden. Jedenfalls existirt in der genannten Zone der Pars
perinealis recti ein Ring von Venenaufknäuelungen und Venenerweiterungen, der
Annulus haemorrhoidalis (BNA.).
Ich halte den Annulus haemorrhoidalis für eine normale Bilduns", woran für
''erwachsene aucli kaum ein Zweifel besteht. Ich habe ihn wiederholt schon bei Kinder-
reichen beobachtet, natürlich in geringerer Ausbildung. Ich theile hier die Mei-
nung von Sappey (Traite d'anatonüe) und Duret (I.e. S. 286 Nr. 0), während Andere
"~^ ich nenne insbesondere Charpv (I.e. S. 286 Nr. 9) ~ sich dagegen ausgesprochen
haben.
Aus dem Plexus submucosus entwickeln sich nun stärkere Venenstämme;
^^iinächst in den Columnae rectales aufsteigend, durchbohren sie die Muskelhaut
^^i treten zu den subfascialen Venen, welche den Plexus haemorrhoidalis
Externus bilden. Aus diesem Plexus gehen schliesslich durch Zusammenfluss
^^^ starke Vena haemorrhoidalis superior, welche zur Vena mesen-
^rica inferior, und durch diese zur Vena portae zieht, sowie Zuflüsse zu
^^n (kleineren) Venae haemorrhoidales mediae hervor. Letztere er-
halten indessen ihr Hauptkontingeut von den Venen der Blase, der Prostata,
^nd der S a m e n b 1 a s e u (Mann), Vagina (Weib) -~ also vom Plexus
^^sicoprostaticus (vesicovaginalis) — S. 216 — .
Aus dem Plexus submucosus, sowie aus den Muskeln der Pars
P^nnealis gehen aber auch oberhalb und unterhalb des Musculus sphincter ani
Externus, sowie durch den Muskel hindurchtretend, Venen hervor, welche zu-
^öimen mit den Venen der Analhaut, die einen Plexus subcutaneus
^^1 bilden, in die Venae haemorrhoidales inferiores und durch
*^se zu den Venae pudendae internae fliessen.
Nach den Untersuchungen von Quenu, die Dr. Frohse bestätigt, stehen die
s den Analmuskeln und der Analhaut kommenden Venen auch mit den Venae scro-
^s (labiales) posteriores, sowie mit den Hautvenen der Steiss- und Kreuzbeingegend
*^ Verbindung (s. S. 140). — Ferner stellte Quenu fest, dass es viel leichter gelingt,
^ö der Vena mesenterica inferior (also vom Pfortadergebiete aus) durch die Plexus
1) Nach Injektionen von Dr. G. Jablonowski.
^aldeyer, Das Becken. lÖ
Ö74 Lymph^efasse des Rectum.
haemorrhoidales die V(Miae pudendae zu füllen, als uingekehrt. Man darf sonut
schliessen, dass die anastomotischeii Beziehungen der Rectum-Venen, d. h. die Abflüsse
der Plexus haemorrhoidales zu den Venae haemorrhoidales mediae und pudendae iß'
ternae, wesentlich zur Entlastung der Pfortader dienen. Charpy (1. c. S. 286 Nr. 9)
findet die Hauptanastomosen zwischen der Vena haemorrhoidaüs superior, also dem
Pfortadergebiete, mit dem Gebiete der Vena cava inferior, nicht in den Anastomosen
mit den subkutanen Analvenen und denen der Sphincterenvenen, sondern in den-
jenigen Zweigen, welche sich von Seiten der Vena haemorrhoidalis superior und
media zur Prostata und Samenbhise (Scheide, Weib) begeben und den Plexus vesico-
prostaticus bilden helfen. — Die von den Venae haemorrhoidales superiores kommenden
Aeste laufen in den Plicae rectovesicales (Douglas!) zum Plexus vesicoprostaticus.
LymphgefäBse des Beotnm.
Nach den Untersuchungen von Gerota^), dessen Originalabbildung i^
Fig. 67 wiedergegeben ist, und Anderen, muss man unterscheiden: 1) die
Vasa lyniphatica zonae cutaneae partis perinealis rccti (lö
der Figur als Vasa lyniphatica zonae cutaneae ani aufgeführt). Diese senden.
2 — 3 Stämmchen (Vasa l y m p h a t i c a h a e ni o r r h o i d a l i a i n f e r i o r a)
um die innere Fläche des Oberschenkels herum zu den Leistendrüsen;
und zwar am häufigsten zu deren innerer oberer Gruppe (S. 175). Sie bilden
am Anus ein Netz, welches sowohl mit den Lymphgefässen der benachbarten
Haut des Dammes, der Oberschenkel und des Gesässes, als auch mit den folgenden
Lymphgefässen anastomosirt. 2) Die Vasa lymphatica zonae inter-
mediae (Vasa lymphatica mucosae Ani Fig. 67). Diese anastomosiren so-
w^ohl mit dem unter 1 aufgeführten Lymphgcfässnetze, als auch — hauptsäch-
lich in den Columnae rectales aufsteigend — mit 3) den Lymphgefässen der
Pars pelvina recti. Letztere entstehen aus einem reichen Netze von mukösen
und submukösen Lymphbahnen der Rectumschleimhaut. Gerota zeigte, dass
von den unter Nr. 2 genannten, in der Pars perinealis recti liegenden
Lymphgefässnetzen auch direkt Stämmchen abgehen zu einer Gruppe von
Lymphdrüsen, die, 5 — 'i an der Zahl^ subfascial am unteren Theile der P^^^
pelvina recti zu linden sind; in diese münden indessen auch noch Lyrapbg^'
fasse aus der Pars pelvina. Mit Rücksicht nun darauf, dass die Pars pe^^'
nealis recti auch als Pars a n a 1 i s bezeichnet wird (BNA.), wurden diese Drüsen
von Gerota „Lymphoglandulae anorectales" benannt. Die Lympn*
gefässe der Pars pelvina recti gehen ferner, nach Durchbohrung der Muskelb^^^?
zu den seit langem bekannten Lymphoglandulae haemorrhoidales
superiores (Vasa lymphatica haemorrhoidalia superiora).
(qiuenu hat eine Lymphdrüse nachgewiesen, welche am Foramen ischi»*^*
cum majus liegt, und zu der die aus der Zona intermedia stammenden Lymp"'
gel'ässe (Vasa lymphatica haemorrhoidalia media Quenu^) ziehen sollen. Nach ^e-
1) Gerota, D., Die Lymphgefässe des Rectums und des Anus. Archiv 1^
Anatomie und Physiologie. Anatomische Abtheilung. 1895. S. 240.
2) Quenu, Vaisseaux lymphatiques de l'Anus. Bullet, de la Societe anatom-
Paris. 1893. Juin. Nro. IG.
Nerven des Rectum. Anüß, 275
^ota's Untersuchungen ist diese Drüse nicht beständig; beständig aber ist der
l^yniphabliuss aus der Zona intermedia zu den genannten Lymphoglandulae ano-
rectales.
Die Lymphgefässe der Muskulatur des Rectum sind beim Menschen äusserst
schwierig zu füllen; es ist bis jetzt noch nicht gelungen, ihre Bahnen zu sichern.
Dagegen gelang es Gerota leicht, sie bei Thiercn (Hunden z.B.) zu iujiciren. ^ Sie
iiehmen hier ihren Weg zu den Lymphoglandulae anorectales und haemorrhoidales
superiores.
Nerven de» Beotnin.
Zur Pars pelvina recti treten zahlreiche sympathische und cerebrospinale
^ aden aus den Plexus interiliacus und hypogastricus. Wir sahen
vorbin (S. 257), dass in die Plexus hypogastrici Fäden vom Plexus pudendus
eintreten. Die zur Längsmuskulatur des Mastdarmes gehörenden Fäden sollen
^u der Bahn der Nervi erigentes verlaufen (s. über diese das Kapitel „Penis"),
^ie zur Quermuskulatur ziehenden aus dem sympathischen Antheile des Plexus
'hypogastricus stammen. Bezüglich der peripheren Nerven der Pars peiinealis
^'^cti und der Muskelnerven zum Levator ani und Sphincter aui externus vgl.
S. 210 und 255.
Kin Keflexcentrum für die Schliessmuskeln des Afters (Centrum genitospi-
^*ale J. Budge^), Centrum anospinale Masius^) liegt im Lendentheile des
^Rückenmarkes ~ beim Kaninchen in der Höhe des 4. Lendenwirbels.
Dafür sprechen auch die Untersuchungen von Goltz an Hunden. Bei diesen
treten, nach Abtrennung dieses Ceritrums vom Gelürne, eigeuthümliche rhythmische
^Kontraktionen des Sphincter ani externus ein, sobald irgend ein Gegenstand in das
^Rectum eingeführt wird. Heftige sensible Hautreize bringen diese Kontraktionen
^^m Stillstande. Sh erringt on-^) fand bei Macacus rhesus die motorischen Nerven
^^s Sphincter ani externus in der 7., 8. und 9. subthoracischen vorderen Wurzel (N.
*^nib. \'H, sacral.iu.il) aus dem Uückenmarke treten; so lange noch eine einzige
dieser Wurzeln auf einer Kürperseite nicht durchschnitten war, bUeb der Anus geschlossen.
Die motorische Zone des Grosshirns beeiniiusst nach Slierrington's Ver-
**iichen auch den Sphincter ani externus, insbesondere ein kleines Feld an der
^Orderen Centralfurche nahe der Mantelkante. Budge erzielte auch Kontraktionen
^*^r analen Muskulatur vom Kleinhirn aus.
Anus.
Unter Anus (abgeleitet von „annus'^ — „auulus" — Ring) soll hier mit den
*^NA. die äussere Oeftnung des Kectum verstanden sein. In diesem öiune wird das
1) Budge, J., Lehrbuch der speziellen Physiologie des Menschen. 8. Autl. Leipzig,
1*^62. S. 786.
2) Masius, Rccherches experimentales sur Tinnervation des sphinctcrs de l'anus
^^ de la vessie. Journ. de l'anat. et de la physiol. (par Kobin). 18Gi). — Bullet, de
*'Acad. de Belgique. XXIV et XXV.
3) Goltz, Fr. und Freusberg, A., Ueber die Funktionen des Lendenmarks des
^lundes. Püüger's Arch. f. die gesamte Physiologie. Bd. VHL S. 479. 1874. — Sher-
*'^^gton, C. S., Notes on the arrangement of some motor fibres in the lumbo-sacral
^i*ixus. Journ. of Physiol. VoL Xlli. 1892.
276 Lage des Rectum und des Anus.
Wort nicht immer gebraucht, sondern man hat den untersten Theil der Pars
perinealis recti, soweit derselbe mit geschichtetem Plattenepithel ausgekleidet
ist, in den Begriff „Anus" einbezogen. Entwieklungsgeschichtlich, s. w. ii. ini
Kapitel „Entwicklungsgeschichte der Beckenorgane", ist dies wohl begründet.
' Der Anus liegt im Gebiete der äusseren Haut und ist, solange er nicht
dem Darminhalte zum Durchtritte dient, geschlossen. Er ist bei gesunden nor-
mal ernährten Personen ganz in der Crena ani verborgen (s. Fig. 83, wo die
Stelle des Anus durch einen blauen Punkt markirt ist), während er bei abge-
magerten Menschen mit schlaffem Gesässe in der weiten Crena ohne weiteres
sichtbar ist. Eine trichterförmige Erweiterung des Zuganges zum Anus (Anus
infundibuliformis) ist ebenfalls abnorm.
Der Anus ist nicht, wie sein Name sagt, eine ringf(3rmige, sondern eine
medianschlitzförmige Oeönung (s. Figg. 49, 54, 61, 77 und 9;])^; ^^^^
Eingange der Oeffnung ist die Haut in charakteristische Radiärfalten gelegt
[Fig. 51 (37)]. Es sind also am Anus eine vordere und eine hintere
Kommissur und zwei Seitenränder zu unterscheiden. Bei der Digitalunter-
suchung des Rectum, bei der Einführung von Instrumenten und der Extraktion
von Fremdkörpern ist stets zu beachten, dass die Richtung der Pars perinealis
recti vom Anus ab nach oben und vcjrn geht, und dass erst die Pars pelvina
sich nach hinten wendet; ferner, dass auch das Lumen der Pars perinealis
einen Medianschlitz darstellt. Bezüglich der AnaUiaut vgl. S. 134 ff., besonders
S. 135.
Lage des Rectum und des Anus.
Die holotopische, skeletotopische und idiotopische Topographie
des Rectum ist bereits im vorigen genügend berücksichtigt worden; bezüglich
der Idiotopie sei daran erinnert, dass hierher die Lage beider Abschnitte des
Rectum zu einander, sowie die Lage der Ampulle, der Quer- und Längsfalten
und der Zonen der Pars perinealis recti zu den übrigen Theilen des Organes
gehört. Holo topisch mag noch hervorgehoben sein, dass im geraden Durch-
messer des Beckenausganges die Mitte der Lichtung des Rectum ziemlich ge-
nau mit der Mitte dieses Durchmessers zusammenfällt, also in der Mitte zwischen
Angulus pubis und KSteissbeinspitze gelegen ist.
Bei der Darlegung der Syntopie des Rectum, zu der wir jetzt über-
gehen, müssen die beiden Tbeiie des Organes gesondert behandelt werde«.
Ssrntople der Pars pelvina reotl.
Hinter der Pars pelvina recti treffen wir, am weitesten vom Rectum ßO*'
fernt und von der Fascia pelvis bedeckt, die drei letzten Kreuz wirbel?
das Steissbein und das Ligamentum sacrococcygeum anterius. Vor
1) In Fig. 92 tritt diese Form des Anus, wegen einer sehr stark entwickelten
und in den Anus vorjspringendciu Uaphe perinei, nicht hervor.
Syntopie der Pars pelvina recti. 277
dem Kreuzbeine nimmt der Mastdarm den Raum zwischen den Foramina
sacralia antcriora ein, überschreitet denselben jedoch beiderseits bei stärkerer
Füllung. Im Spatium rc trorectale^ zwischen Fascia recti und Fascia pelvis,
Hegen die 8. 155 sub D. aufgeführten Thcile: Vasa sacralia media und
lateralia samt dem Plexus venosus sacralis, die Lymphoglandulae
sacraleSy die Trunci sympathici mit den abgehenden Nervenfäden; unten,
Vor dem Stcissbeine, noch die Schnenplatte des Musculus levator ani
(Portio pubococcygca), die kleinen Steissbeinmuskcln und neben dem
Rteissbeinc die Musculi coccygei und die sie von hinten deckenden Liga-
menta sacrospinosa. Letztere fallen in den Bereich der hinter dem
Rectum gelegenen Theile, namentlich dann, wenn dasselbe gefüllt ist. Ist die
Ausdehnung stärker, so kommen hinten und seitlich auch noch Theile des
Plexus sacralis. insbesondere die zu den Musculi levator ani und cocey-
^ens tretenden Nerven, sowie das ürsprungsstück des Musculus piri-
formis in Betracht. Das Rectum kann dann bis an die Foramina supra-
^nd infrapiriforme hinanreichen. Vergl. hierzu die Figg. 61 , 76 u. 84.
Alle diese Theile sind durch die Fascia recti von der Wand des
^»^ganes getrennt. Dicht der letzteren an, von der genannten Fascie mit
Eingeschlossen, liegen die Vasa h aem orrh oi dali a superiora mit den
Lymphoglandulae ano rectales und haemorrhoidales superi-
^i'es, von fetthaltigem Bindegewebe umgeben.
Vor der Pars pelvina liegt, getrennt durch die Excavatio rectovesicalis,
'^ie Harnblase; weiter unten, und durch die Fascia rectovesicalis vom Rec-
tum geschieden, treflFen wir die Samen blasen, die Ampullen der Ductus
<^eferentes und die Endstücke der üreteren; endlich, noch weiter kaudal-
^ärts, die Prostata mit der Pars pros'tatica urethrae und den Ductus
E.iaculatorii, Auch die Prostata mit den genannten von ihr umschlossenen
^äui^en ist vom Rectum noch durch die Fascia rectovesicalis (Prostatakapsel)
getrennt. Die untere Spitze der Prostata (Schnabel der Prostata) entspricht,
^ie schon bemerkt, der (rrenze zwischen der Pars pelvina und perinealis recti.
Da sich das Bauchfell zwischen beiden Ampullen der Ductus deferentes
Ein wenig weiter abwärts senkt, als über den Samenblasen, so bleibt in der
^edianebene nur ein kleiner Theil der hinteren Blasenwand dicht oberhalb der
^»•ostata frei vom Bauchfelle. Diese Partie der hinteren Blasenwand liegt
zwischen beiden Ampullae deferentiales und kann deshalb als Pars inter-
^inpuliaris vesicae bezeichnet werden. Sie hat eine dreieckige Gestalt mit
*^Er Basis nach oben zum Bauchfelle, mit der Spitze nach unten zur Prostata
**'ngekehrt. An dieser Stelle kann vom Rectum aus subperitonaeal die Blase
Piinktirt werden.
Leicht lassen sich vom Rectum her die genannten Theile palpiren, worauf
'^^i der Besprechung der Harnblase und der Prostata zurückzukommen ist.
^*^i' ist noch zu erwähnen, dass die Samenblasen nebst den Ampullen des
Ö«etus deferens nicht nur der Blase, sondern auch dem Rectum dicht anliegen
^^d den Bewegungen der vorderen Rcctumwand folgen, was insbesondere
27H Syntopie der Pars perinealis recti.
Jonnesco und Paul Delbet (1. c. S. 261 und 228) betonen. Näheres über
diese Verhältnisse beim Kapitel „Samenblasen".
Ist das Rectum leer, dann le^t sich dessen vordere Wand dicht an die
hintere und mit seiner Ampulle ruht das Or^an breit auf der hinteren Becken-
wand und dem Beckenboden; seine Seiten sind also nur schmal; bei starker
Filllun^ zci,e:en aber auch sie einen erheblichen Umfang. Folgende Theile
£rren/en seitlich an: Dicht an der Rectal wund liefen zwischen ihr und der
Fascia recti die seitlichen Zweite der eigenen Gefässc und Nerven des Or^anes,
dann folgen (lateralwärts) die Fascia recti und die seitlichen Ausläufer des
retrorectalcn Raumes. Endlich kommen (mehr unten) die an der seitlichen Recken-
wand irole^enen von dünnen Bindej2:ewebslamellen umhüllten Gefässe und Ner-
ven (F\q;. 112): Verzweigungen der Vasa hypo^astrica, Lymph^efässe nii*^
Lymphdrüsen, zusammen mit den Plexus hypop:astrici des Sympathicus, und,
weiter lateralwärts, die Nervenstämme des Plexus sacralis, gedeckt von der
Beckenfascie. Von besonderem Interesse ist es, dass die Samenblasen, wenn sie
fi:ross und gefüllt sind, mit einem Theile ihres oberen Abschnittes noch seitlich
neben dem Rectum liefen. Höher oben schiebt sich der Bauchfellsack nii*
den beiden Recessus pararcctales, s. vorhin, zwischen Rectum und Beckenwand
ein. Bei starker Füllung des Rectum kommen seitlich noch die Ureteren
in Betracht.
Der untere Theil der Pars pelvina wird zur Seite vom Levator ani umfasst,
der ihn von dem obersten Theile der Fossa ischiorectalis und vom Muscultis
obturator internus trennt. Man vergleiche zu dem Gesagten die Figg. 59 b,
61, 76, 83, 112 und 114.
Syntopie der Pars perinealis reotl.
Hinter der Pars perinealis recti haben v?ir in der Mitte das Li?^'
mentum anococcygeum und den Sphincter ani externus mit seiner
dünnen Specialfascie (Fascia analis der englischen Autoren, Fig. H^)-
Weiter hinten kommt noch der dicke Rand des Musculus glutaeus maxim^^^
(Fig. 83). — Seitlich liegt, abgesehen vom vSphincter, das Fettgewebe der
Fossa ischiorectalis.
Die wichtigsten Lagebeziehungen sind vorn zu merken (Fig. 61, '^"
und 83 (Weib). Hier finden wir: Centrum perineale, Bulbus urethral
mit den anliegenden Co wp er 'sehen Drüsen, dann, am hinteren oberen Ü^'
fange des Trigonum urogenitale, die Pars membranacea urethrae, die
dort in den Musculus trigoni eintritt. Indem nun die Urethra nach vorn?
das Rectum nach hinten sich wendet, besteht hier zwischen beiden Theil^^
ein das Centrum perineale umfassendes Gewebsstück von dreieckiger Form?
die Spitze nach oben, die Basis nach unten zum Damme gekehrt, das Tri^^'
num rectourethrale. Dies ist eine der topographisch wichtigsten Stellet
der Danimrcgion, indem man von hier aus bei einer grossen Anzahl chirurgische^
Eingriffe in die Tiefe vordringt.
La^e des Anus. Maasstabelle. Altersunterschiede beim Rectum. 279
laagre des Anus.
Im Anschlüsse an das S. 189 und 190 bei der Schilderung der Damm-
i'egion Gcsa^4e, ist hervorzuheben, dass der Anus erheblich tiefer liegt, als die
durch die Steissbcinspitze und durch den unteren Rand der Symphysis ossium
pubis gelegte Horizontale. Die Entfernung der Mitte des Afters von beiden
genannten Knochenpunkten ist nahezu dieselbe, die von der Symphyse etwas
Weiter (s. die Maasstabelle). Die Mitte der Oeffnung entspricht ferner, wie
schon früher bemerkt, der Linea i n t e r i s c h i a d i c a. l^eim Manne kommen
als angrenzende Theile die Nates, insbesondere die Natesfo rtsätze (s.
S. 190), an deren Grenze gegen die eigentliche Rundung der Hinterbacke der
Anus liegt, und das Scrotum in Betracht.
In der Rückenlage bei erhöhtem Becken, kommt die Stcissbeinspitze in
<^as Niveau des Anus zu liegen. Vgl. Fig. 54. Praktisch wichtiger sind die
Lageverhältnisse des Anus beim Weibe. S. darüber beim Kapitel: Beckenein-
gevveide des Weibes.
Blaasstabelle.
1) Länge des Rectum vom 3. Kreuzwirbel bis zum Anus .... 13—15 cm
a) Län<>e der Pars pelvina 10—12 „
1)) „ y, n perinealis 2,5-3 „
c) Abstand des Promontorium vom Anus 18 „
-) Umfang der Atnpulla recti an der weitesten Stelle 8—16 „
(kann bis zu 30— 34 cm (Sappey) ansteigen; der Breitendurehniesser
ist stets der grössere.
3) Umfang der Pars perinealis 5—9 „
4) Zahl der Columnae rectales 8-10 Stück
^) Entfernung der (unbeständigen) untersten Qu er falte des
Rectum vom Anus 6 cm
^) Der beständigen mittleren 7—8 cm
7) Der beständigen oberen 9—10 ,,
^) Höhe der Anastomosen zwischen Arteria liaemorrhoidalis media
und supcrior über dem Anus 5—6 „
^) Entfernung der Hautzone der Pars perinealis von den Sinus rectales 1,5—2 „
10) Entfernung der Mitte des Anus von der Steissbeinspitze . 3—4 „
(Der Anus des Mannes liegt meist dem Steissbeine näher.)
^1) Höhe der Excavatio rectovesicalis über dem Anus .... 5—6 „
*2) Höhe der Excavatio rectovesicalis über einer durch die Steiss-
beinspitze gelegten Horizontalen 1—1,5 „
^^) „ „ „ ^ über dem oberen Prostatarande 1—1,2 „
^4) a) Höhe des Sphincter ani externus 2 cm
b) Dicke „ „ „ „ 8 mm
1^) a) Höhe des Sphincter ani internus 3 cm
b) Dicke . „ „ „ , ... 6 mm
16) Winkel des Trigonum rectourethrale 20—300.
Altersantersohiede beim Reotnm.
Bei Neugeborenen und jungen Kindern hat, konform der geringeren
Kreuzbeinkrümmung, das Rectum einen mehr geraden Verlauf und die Ampulle
280 Physiologische Bemerkungen.
ist nicht so deutlich ausgeprägt. Die Excavatio rcctovesicalis (rectouterin^)
ist tiefer^ aber sehr enge. Die Wandungen des Organes sind erheblich dünner;
die Pignientirung und Behaarung der Analhaut fehlt noch.
Hei alten Leuten mit starker Abmagerung zeigt sich oft eine Trichter-
forni des Anus; die Sphincteren des Anus sind schlaffer, daher tritt nicht selten
eine kleine Auswärtsstülpung der Haut- und Schleimhautbekleidung der Pai'S
perinealis ein (Ectropium ani^ Roscr). Häufig finden sicli stark erweiterte
Haemorrhoidalplexus. Auch pflegt die Ampulle weiter zu sein als im jugend-
lichen Alter.
Physiolog^ische Bemerkung^en.
Die anatomischen Befunde und die physiologischen Erfahrungen ergeben, dass
man die Pars pelvina recti, insbesondere deren Ampulle, als das zur Ansamm-
lung einer für die demnächstige Entleerung bestinmiten Kothmasse dienende
Endstück des Darmrohres, als „Kothblase" anzusehen habe. Die Fäces pflegen
normaler Weise in einer für längere Zeit genügenden Menge beim Stuhlgange
rasch und ohne rectalen Rückstand entleert zu werden; auch findet man sehr
oft bei der Untersuchung gesunder Leidender und bei Leichen die Ampu^'^
recti stark gefüllt, während der darüber gelegene Darmabschnitt und die Pa^"^
perinealis recti leer sind. Alles dieses spricht dafür, dass die AmpuUa recti
eine normale Einrichtung ist. Dem gegenüber ist die Pars perinealis recti
lediglich als Ausführungsgang aufzufassen. S. das S. 263 gesagte.
Die Zurückhaltung der Darmgase und des Kothes wird, abgesehen von
der elastischen Spannung der Sphincteren, begünstigt durch die Einlassung
des Analrohres auf eine relativ lange Strecke in die Fettmassen der Fossa
ischiorectalis, durch die Quer- und Längsfalten und durch die Gloraera hae-
morrhoidalia, deren Bedeutung wohl darin zu suchen ist.
Auf die von Goltz und Ewald neuerdings gefundenen merkwürdigen
Innervationsverhältnisse des Sphincter ani externus wurde schon vorhin (S. 208
u. 275) aufmerksam gemacht. — Der Levator ani wirkt mit einem Theile
seiner Fasern wesentlich als Unterstützer des Sphincter externus*); im übrigen
hat er der Bauchpresse zum Schutze des Beckenbodens entgegen zu arbeiten-
Der Stuhldrang entsteht dann, wenn die Fäkälmassen mit grösserem
Drucke auf dem oberen Eingange der Pars perinealis zu lasten beginnen.
Sind die Fäkalien erst in das Analrohr eingetreten, dann werden sie leicht
durch Druck von oben her entleert, wie es die Richtung dieses Darmabschnittes
begünstigt; dagegen liegt die Pars pelvina recti so, dass der normale intraab-
dominale Druck überhaupt, sowie der Bauchpressendruck und die Last der
etwa aufgelagerten Eingeweide, ihre vordere gegen die hintere Wand anpresst.
1) Henlc J., EiTigowoidelehre, 2. Aufi. S. 544. — Budge, J., Berliner klinische
Woehensehrift, 1875.
Pathologische Zustände des Rectum und des Anus. 281
Pathologische Zustände des Rectum und des Anus.
I. Die Verletzungen des Rectum und des Anus werden, wie sich aus den
anatomischen Verhältnissen unmittelbar ergibt, unter Umständen gefährlich 1) wegen
^^r Betheiligung wichtiger Nachbarorgane: Blase, Prostata, Harnröhre, Bulbus
^rethrae, Scheide, Uterus; 2) wegen der starken Blutung: bei Sphincterschluss
^ann sich, oft unbemerkt, eine erhebliche Menge Blutes in der Ampulla rccti an-
^iftufen, so dass GefVihr der Verblutung entsteht; 3) bei Infektion wegen der Pylephle-
^itis und abscedirenden Periproctitis (s. w. u. „Entzündungen"); 4) wegen der
^f>^lichen Vorfälle anderer Eingeweide durch die Mastdarmwunde und 5) wegen
^^Y Gefahr einer zurückbleibenden Striktur. — Auch Emphysem kann von einer
V^erletzung oder geschwürigen Eröffnung des Rectum ausgehen.
TT. Anomalien der Kothentleerung. Hier sind besonders die übermässigen
Anfüllungen mit Koth und die retardirten Kothentleerungen zu erwähnen. Die Pars
^nipullaris erträgt unglaubliche Ausdehnungen; bei pathologischen Fällen von Re-
t^rdirung ist hier zuerst zu untersuchen. Bei langdauernder Koprostase nimmt
schliesslich das ganze Colon an der Füllung theil. Bemerkenswerth ist, dass neben
f?»'ossen Massen harter Fäkalien, namentlich, wenn sie von rundlicher Form sind, Flatus
^nd selbst dünnbreiiger Stuhl leicht vorbeipassiren und so die Verstopfung maskiren
*^Önnen; die in die Quere ausgedehnte Form der Ampulle begünstigt dies.
TTT. Fremdkörper. Die im Rectum angetroffenen Fremdkörper sind entweder
V^Y Os oder per Anum hineingekommen, oder, unter Perforation der Rectum wand,
^on anderen benachbarten Körpertheilen her eingewandert. Es ist erstaunlich, welche
P^i'osse, und zum Theil auch rauhe, scharfe Körper den übrigen Darm und die Valvula
^*^Ji ohne Schaden passiren können, bis sie dann im Rectum angehalten werden. Die
Zeit der Wanderung durch das gesamte Darmrohr dauert 1—8 Tage. Kleine spitzige
^^genstände, wie Knochensplitter, Fischgräten u. a. können in den Sinus rectales
festgehalten werden. Letzteres, so wie die Thatsache, dass die Pars perinealis einen
^^ffittalen Schlitz bildet, wolle bei schwierigeren Extraktionsversuchen beachtet
Verden. Sehr erschwerend wirkt die nicht leicht zu überwindende Kontraktion des
Sphincter externus. Tiefe Narkose und, im äussersten Falle, Spaltung des Sphincter
^^i externus führen zum Ziele. Die Spaltung hat lege artis im TJgamentum anococcy-
?enm, also in der hinteren Mittellinie, bis zur Steissbeinspitze hin zu geschehen.
TV. Entzündungaformen. Abscesse. Dieselben sind, da wir eine Uebergangs-
^^^^lle von Haut zu Schleimhaut vor uns haben, sehr mannigfaltig. Man hat zu unter-
st^heiden: 1) kutane Formen,
2) muköse Formen,
3) submuköse Formen,
4) periproktische Formen.
ß^züglich der kutanen Entzündungen vgl. S. 14f>, Auf die grossen Talgdrüsen sind
Manche Hautentzündungsformen zurückzuführen. Furunkel sind nicht selten.
*Jnter den mukösen Entzündungen, die auch bis in die Submukosa hineinreichen, seien
^*^ häufig und von tiefgreifenden Verschwärungen gefolgt, die follikulären hervor-
*?<'hoben, welche von den zahlreichen grossen Lymphknötchen ausgehen.
Die Periproktitis führt, wegen des massigen Fettbindegewebes in der Fossa
^schiorectalis, oft zu bedeutenden Zerstörungen. Wichtig ist die Unterscheidung der
^^pralevatorischen von den infralevatorischen Abscessen; die ersteren breiten
Sich in das Becken bindegewebe, die anderen zum Damme hin aus. Ferner ist bedeut-
sam die Möglichkeit der Bildung von Kothabscessen, die leicht infektiös werden,
^^i infektiösen Erkrankungen des Rectum mit Thrombose der Venen besteht, wegen
^er Zugehörigkeit der grössten Rectumvene, der Vena haemorrhoidalis superior,
Zum Pfortadergebiete, die Gefahr einer Verschleppung der krankhaften Processe
^^r Leber (Leberabscesse, Pylephlebitis, Thrombose der Pfortader).
282 Pathologische Zustände des Rectum und des Anus.
V. Fisteln. Die Bildung fistulöser Gänge gehört beim Rectum zu den
häufigeren Vorkommnissen^). Man muss zwei Abtheilungen unterscheiden: 1) die vom
Rectnm zur Haut führenden Gänge und 2) die fistulösen Verbindungen mit den be-
nachbarten Hohlorganen. Die unter 1 genannten Formen führen meist von der Pa^B
perinealis recti zur Hautoberfläche in der Nähe des Afters; sie werden eingetheilt i"
vollständige und unvollständige, letztere wieder in innere und äussere. ^^'^
den inneren unvollständigen Fisteln liegt die Oeffnung dos blinden Ganges im Rectum»
bei den äusseren auf der Haut. Bei den vollständigen Fisteln und bei den innere»
unvollständigen liogt die rectale Oeffnung meist dicht oberhalb des Anus, häufig
gerade in einem der kleinen Sinus rectales; sie kann daher mitunter sehr schwer 5!«
entdecken sein. Die HautöfTnung liegt gewöhnlich dicht am After, mitunter jedoch
weiter entfernt (bis zu mehreren Centimetem).
Wichtig sind die Fälle der sogenannten komplicirten Fisteln, bei dene»
mehrere rectale oder mehrere kutane Oeffnunjrfn, q<\vr beiderlei in der Mehrzahl 55^'
gleich, vorhanden sind. Die kutanen OefTnungen können an verschiedenen Seite»
des Rectum liegen, und der sie verbindende Gang im Halbkreise um das Rectum
herumlaufen (Hufeisenfistel).
Bedeutsam ist ferner die Unterscheidung der Fisteln, welche gänzlich an der
Innenfläche der Rectummnskulatur, submukTis und subkutan liegen, von denen, welcii®
in einem Theile ihres T.aufes nach aussen vom Sphinrter ani externus gelegen si»<**
Von diesen gewöhnlichen Formen, die in ihrer Gesamtheit auch als Fistul**®
ani bezeichnet zu werden pflegen, sind diejenigen viel selteneren Formen zu trennt"'
welche mit ihrer mukösen OefTnung, oder mit ihrem blinden oberen Ende, im Bereich^
der Pai's pelvina recti srelejren sind, und in länjrerem Laufe die Fossa ischiorectah^
durchsetzen; diese reichen über das Diapbrasrma pelvis nach oben hinaus und sin*^
meist unvollständige äussere Fisteln. Die hochreichenden Rectumfisteln entstehen i^
Folge eines Abscesses der Fossa ischiorectalis, der gewöhnlich sich nur nach aussei
entleert.
Wichtig ist für die Diaernose daran zu erinnern, dass in der Umgebung ^^^
Anus sich auch Fistelgänge öffnen können, welche von den Beckenknochen, oder
von den Harn- und Geschlechtsorganen ihren Ausirang nehmen.
Für die Häufigkeit der gewöhnlichen Mastdarmfisteln können auch einige ai^**^'
tomische und physiologische Verhältnisse in Anspruch genommen werden. Ist a«
irgend einem Wege eine Kommunikation entstanden, so wird diese beim Rectum 55«m
Theil deshalb so leicht stationär und fistnlös, d. h. zu einem kanalförmigen Geschwirr®
umgewandelt, wei' die Verunreinigung mit Fäkalmassen oder zersetzten Hautsekre*
ten sich kaum vermeiden lässt und weil, falls die Kommunikation innerhalb de
Sphincterringes liesrt, dieselbe stets zusammengeschnürt wird, wobei auch Reibunge
an den Wänden nicht ausbleiben. Aus diesem leitet sich auch der Erfolg der a^
meisten geübten Therapie her, die Fistel ausgiebig zu öffnen und sie dem Einflüsse
der Sphincteren zu entziehen.
Die fistulösen Verbindungen des Rectum mit den Harn- und ^^'
seh lechtswegen sind seltener. Beim Manne sind fast alle hierher gehörigen Ver-
bindungen Fistulae rectourin ari ae. Sieht man von den äusserst seltenen Fälle
einer fistulösen Verbindunir zwischen einem tuberkulösen oder eitrigen Heerde de
Prostata, der Samenblasen und der Glandula bulbourethralis mit dem Rectum ab, so si»
die Fistulae rect ogenitales auf das Weib beschränkt. Siehe Rectum des Weihes-
1) Nach den Beobachtungen Allingham's, dem wohl das grösste Material vo
Erkrankungen des Rectum zu Gebote stand, bildeten die Rectumfisteln ein Viertel all^
Fälle seines Spitales. Nach Ball müsste dies für die Gesamtheit aller Rectumkran
heiten auf ein Sechstel herabgesetzt werden, da Allingham's Spital gern von Fiste*
kranken aufgesucht wird.
Pathologische Zustände des Kectum und des Anus. 2SS
Die Fistulae rectourinariae des Mannes zerfallen den anatomischen Ver-
^lältnissen nach in Fistulae rectouretericae, rectovesicales und rectoure-
tHrales, Nach der mir zu Gebote stehenden Literatur und eigener Erfahrunfj; sind
f^uf natürlichem WcjLTe entstandene Fistulae rectouretericae noch nicht beobachtet
Kordon, wohl aber hat man versucht (Simon, Küster u. A.) in Fällen von Behinde-
^nnj2r der Harnentleerung auf natürlichem Wejre, z. B. nach Blasenexstirpationen, die
tFreteren in das Rectum einzupflanzen. Die Erfolo-e waren bislanfr nicht sehr auf-
munternd; doch berichtet jüngst v. Eiselsberor- von zwei «rlücklich verlaufenen
I*^Jlllon (Operation wehren Ektopie der Blase), wo, nach erfolf^ter Einheilunj?, der Harn
^— Bmal per rectum tä^-lich ohne Störun<r entleert wurde, und die Patienten auch
Nachts meist völlig trocken blieben. (Deutsche med. Wochenschrift, 28. Jan. 1897,
^ereinsbeilaire, S. 23.)
Die Fistulae rectovesicales sind meist traumatischen Ursprunges*); aber
^uch Abscedirunffen und tuberkulöse Processe spielen ihre Rolle. Die weitaus hflu-
fiffste Veranlassunjr sind Schusswunden: bemerkt sei, dass auch in einzelnen Fällen
^^r Katheterismus und der Dammschnitt anjreschuldijrt werden mussten. Zum Theil
^uf anatomische Verhältnisse zurückzuführen ist der wichtiofe Umstand, dass die Fistel
^^ch mitunter erst monatelang nach der stattsrehabten Verletzung (Schuss, u. a.) zeigte,
^m ffanzen sind übri<rens die Rectum Blasenfisteln auch seltene Erscheinungen, jedoch,
^ie aus den anatomischen La<rebeziehun,£ren erklärlich, unter den Blasenfisteln des
'Cannes die häufiirste Form (25 auf 03 Fälle; von den übrijren kamen 15 auf das Colon
^^isrmoideum, 12 auf den Dünndarm 2). Der Harn entleert sich in solchen Fällen oft
5!iim Theil durch das Rectum; Gase und Fäkalien treten zum Theil durch die Harnröhre
^us; doch kann auch nur eines dieser Symptome vorhanden sein. Die Sphincteren
^^f's Anus vermö'ren den Harn 1—2 Stunden im Rectum zurückzuhalten.
Seltener noch als die Blasenrectumfisteln sind die Harnröhrenreetumfisteln;
sie haben dieselben Ursachen; diagnostisch ist von Bedeutung:, dass die P'.ntleerunjr
Von Harn durch den After bei der Fistula rectourethralis nur während der natür-
''^hen Harnentleerun«: erfoI«rt. Tn eini^ren FJillen wird auch von Entleerun«: von
'^amenflüssifrkeit durch das Rectum berichtet.
Schliesslich sollen noch die seltenen Fistulae rectointestinales erwähnt
Verden. Sie kommen einerseits vor bei Prolapsus recti, wenn sich in den dabei ent-
stehenden peritonäalen Blindsack Darmschlinaen hinabsenken, einjreklemmt werden
^^d ji^ano-ränesciren, oder Wenn Darmgeschwüre bestehen; andererseits sind einige
'i^erkwürdijre Fälle von Perforation des Processus vermiformis in das Rectum
verzeichnet. Anatomisch erklärt sich, dass alle diese fistulösen Darmkommunikationen
^ür mit dem kleinen Abschnitte des Rectum sich herstellen können, der vom Bauch-
^^He bedeckt ist.
Von den an^^eborenen Fisteln des Rectum wird im Kapitel „Missbildun^en**
?^ehandelt werden.
VT. Prolapsus recti. Die hierher orehöriffen Fälle werden am besten im Zu-
^ammenhang-e mit den ähnlichen Zustünden an der weiblichen Scheide und mit den
^ammbrüchen behandelt. Siehe das betreffende Kapitel bei den Becken orjranen des
Leibes.
Vn. Haemorrhoiden. Dieses so häufige Leiden besteht in einer übermässigen
-^^sbildun^ und Anschwelluno- der Plexus venosi haemorrhoidales und der
1) Vffl. die Arbeit von Bartels, M., Die Traumen der Harnblase. Archiv für
^'in. Chirurs'ie. Berlin, 1878. Bd. XXH.
2) Harrison Gripps, The passaf?e of air and faeces from the Urethra. Lon-
**<>n, 1888. ~ Einige neue Fälle sind mitgetheilt in der Dissertation von Dr. J.Becher;
^^W die Operation der Blasen-Mastdarmtisteln, Berlin, 1896. 8.
284 Pathologische Zustände des Rectum und des Anus.
Glomera haemorrhoidalia oder der schon normal vorkommenden ampullären
Venenerweiterun<T^en. Aus den erweiterten Venen treten häufig Blutungen ein und
diese bilden eines der wesentlichen Symptome. Daher leitet sich auch der Name
„Haemorrhoiden" (Haemorrhois) ab, wovon wieder die betreffenden normalen Gefässe
ihre Bezeichnung erhielten.
In vielen Fällen, insbesondere wenn vorzugsweise die Glomera haemorrhoidali»
betroffen sind, bilden sich grössere Venenknoten „Haemorrhoidalknoten". Man
unterscheidet sie in äussere (subkutane) und innere (submuköse). Die ersteren
liegen dauernd ausserhalb des Afters, dicht am Rande desselben, und treten
als bläuliche Knoten, die unter dem Fingerdrucke schwinden, meist einen Kranz um
den Anus bildend, hervor. Sie entstehen aus dem subkutanen Abschnitte des Plexus
haemorrhoidalis. Die submukösen Knoten bilden sich aus dem Plexus submucosus;
sie fallen indessen, wenn sie tief sitzen (sogenannte intermediäre Knoten), nament-
lich beim Stuhlgange, leicht vor. Charpy (1. c. S. 286) ist der Meinung, dass auch
die äusseren Haemorrhoidalknoten ursprünglich submuköse waren, die herabgedn^ng*
seien. — Allingham (I.e. S. 286) spricht noch von kapillären und arterielle^
Hämorrhoidalknoten. Kapillarerweiterungen sollen nicht in Abrede gestellt wer-
den; für die arteriellen schliesse ich mich gern der Erklärung Charpy 's an, iu'
dem ich hinzufüge, dass eine zu grossen alten Hämorrhoidalknoten tretende Arterie
die zur Versorgung der Knotenwandungen dient, sich sehr erweitern kann, so daSS
sie dem Knoten Pulsation ertheilt und beim Anschneiden spritzt.
Bei hohem Grade des Leidens, massenhafter Entstehung von Knoten und starkem
Vordrängen derselben, bilden sich äusserst beschwerliche, und durch Entzündungen;
Abscedirung, Fisteln, Fissuren und starke Blutungen sehr ernst zu nehmende Zustände
heraus.
Man kann fragen, was die Häufigkeit dieses Leidens bedinge? Zunächst muss
daran erinnert werden, dass Haemorrhoidalknoten nicht häufiger sind, als die Stauungen
und Varicenbildungen an den Venen der unteren Extremitäten; diese werden nur nicht
so beachtet, weil sie in denjenigcm Graden, in welchen die erweiterten Mastdarmvenen
schon lästig zu werden beginnen (sog. Molimina haemorrhoidalia), noch ohne jede
Beschwerde bleiben. Die Klappenlosigkeit der Pfortaderstämme spielt wohl eine Rolle?
jedenfalls aber keine bedeutende, da die Pfortaderzweige, so weit sie in der muskulösen
Darm wand verlaufen, gut schliessende Klappen haben, da die Hülfsabflüsse nach dc^
Beckenvenen reichlich vorhanden und mit Klappen ausgerüstet sind und da schliess-
lich den klappenlosen Pfortaderstämmen eine sehr kräftige Muskulatur zukommt )•
Das von Verneuil hervorgehob(»ne Moment, dass die Rectumvenen die Muskelwand
des Darmes durchbohren müssten, und demnach häufig Einschnürungen erlitten, wir*^
hinfällig, seit wir wissen, dass gerade diese Theile der Venen Klappen haben, und
wenn wir bedenken, dass die Venen des ganzen übrigen Darmkanales denselben We^
nehmen müssen.
Es kommen also generell nur dieselben Dinge in Betracht, welche überhaupt'
zu Stauungen und Erweiterungen der Venen im Bereiche der untern Körperregi^n
führen: die lange Blutsäule^), die Rückbildung der Klappen und der Muskulatur im
späteren Alter u. A. Für den Mastdarm kommen jedoch als prädisponirende Momente
hinzu: die Existenz der Glomera haemorrhoidalia schon als normaler Bildungen, di^
Stuhlentleerung, namentlich, wenn sie dauernd erschwert ist, langes Verweilen grosse-
rer Fäkalmassen im Rectum und endlich die Thatsache, dass das Rectum eben das
1) Koeppe, H., Muskeln und Klappen in den Wurzeln der Pfortader. Archiv
für Anatomie und Physiologie. Herausgegeben von His, Braune und du BoiS"
Reymond. Physiol. Abtheilung. 1890. S. 168.
2) Vgl. insbesondere die Ausführungen von Charpy, der die vertikale Haltung^
des menschlichen Rumpfes als ursächliches Moment betont (L c. S. 286 Nr. 9).
Untersuchung des Rectum. Verschiedenes. 285
Endstück des ganzen langen Darmrohros darstellt und mehr oder weniger bei sehr
vielen Erkrankungen des übrigen Darmkanales, auch dessen oberer Abschnitte, in
"Mitleidenschaft gezogen wird.
VII r. Neubildungen. Es sind Neoplasmen aller Art am Rectum und am Anus
beobachtet worden. Aus den anatomischen Verhältnissen heraus erklärt sich die häu-
fige Polypenform derselben (Mastdarmpolypen, meist Adenome und Fibroade-
nome), das Vorkommen von abgeplatteten Formen und mehrfachen Heerden am
After durch Druck der Nates und hierdurch bedingte Berührungsinoculation), das
Vorkommen von Atheromen (Circumanaldrüsen) und der zwei Formen der Car-
cinome: Plattenepithelkrebs und Cy linderepitheikrebs mit Schleimnestern
(sog, Gallertkrebs) und Uebergängen zum Adenom.
Die wichtigsten der bei grösseren Tumoren meist, so quälenden Symptome er-
l^lären sich durch die anatomische Nachbarschaft (Harn- und Geschlechtswege) und
*iurch die Funktion des Rectum. Bezüglich der Erkennung derselben und Unterschei-
dung von anderen Leiden sei insbesondere für die Krebsgeschwülste auf die Lage
^er Lymphbahnen und der regionären Lymphdrüsen hingewiesen. Metastasen werden
**>ch häufig im centralen Pfortadergebiete, insbesondere in der Leber finden müssen.
V^l. hierzu den wichtigen Nachweis Goldmann 's von dem fast regelmässigen Ein-
wachsen der Krebsmassen in die Venen ^).
IX. Behinderungen der Entleerung des Rectum. Strikturen. Ausser der
-^nfüllung mit harten Kothmassen (S. 281) können pathologische Zustände der be-
nachbarten Organe, insbesondere des Uterus und der Prostata, sowie Strikturen,
^enen das Rectum wie jedes kanaUörmige Organ ausgesetzt ist, die normale EntU'e-
^^ng behindern. Die letzteren (wir erwähnen an dieser Stelle nur die erworbenen
wikturen) werden am häufigsten an der Grenze zwischen Pars perinealis und Pars
Pt'lvina beobachtet. Kohlrausch '^) fand einmal eine Striktur an der Basis der von
^*^ni als Plica trfinsversalis recti beschriebenen Falte, bedingt durch eine bedeutende
Entwicklung der Ringmuskulatur.
X. Anus infundibuliformis. Die Trichterform des Analeinganges kann bedingt
^ßin durch Tumoren, durch Schwund des Fettes in der Fossa ischiorectalis und Atro-
phie des Musculus glutaeus maximus, s. Altersveränderungen. Auch gewohnheits-
niässige passive Päderastie kann diese Form zu Wege bringen. Doch lässt die
Ti'ichterform weder mii Notliwendigkeit einen positiven Schluss auf Paederastie zu,
noch ihre Abwesenheit einen negativen 3).
Untersuchung' des Rectum. Verschiedenes.
In Rücksieht auf die anatonnschen Verhältnisse sei hier Folgendes bc-
^ncrkt: Die Aktion der IJauchpressc lässt einen Theil der Pars perinealis reeti
^^»'tretcn. Die volle Hand kann in die Pars ampullaris recti eingeführt werden;
^^ soll aber (Simon, 1, c. c.) nur eine Hand dazu gewählt werden, deren
I^ austunifang 25 cm nicht übersteigt; auch hüte man sich nach oben zu weit
^^d zu rasch vorzudringen; nicht selten sind dabei an der Grenze des Colon
P^lvinnni gegen das Rectum, wo häufig eine Verengerung besteht, Zerreissuugen
"^obachtct worden. Die dem Kectuni anliegenden Organe und Beckentumoren,
1) Goldmann in „Beiträge zur klinischen Chirurgie, herausg. von P. Bruns.
^<i. 18. 1897.
2) Kohlrausch, Zur Anatomie u. Physiologie der Beck enorganc. Leipzig, 1854.
3) Lacassagne, Verhandlungen des X. internationalen medizinischen Kon-
^^^sses. Bd. V. Abth. XVII. S. 49. Berlin, 1891. A. Hirschwald.
286 Harn Organe des Mannes.
sowie Katheter, Sonden, Pessarien u. A., welche in die Harnröhre oder Scheide
eingeführt werden, lassen sich daher leicht exploriren. Bis zu einem g®'
wissen Grade gelingt das natürlich auch dem eingeführten Finger, oder der
Mastdarmsonde.
Sehr förderlich für die Untersuchung bei hochsitzenden Veränderungen
ist die Knieellenbogenlage: die Baucheingeweide sinken dabei nach vorn,
das Rectum weitet sich, wenn gleichzeitig ein Speculum eingeführt ist, durch
eindringende Luft aus. Dilatation durch Haken, durch Specula, Endo-
skopie brauchen nicht noch besonders hervorgehoben zu werden.
Es mag noch erwähnt sein, dass das Rectum auch als Zuführungsrohr für
die Nahrungsaufnahme und für Medikamente*) dienen kann; auch die Aether-
narkose vom Rectum aus ist versucht worden.
Harnorgane des Mannes.
Die Harnorganc sind bei beiden Geschlechtern mit den Fortpflanzungs-
organeu verbunden, insonderheit beim Manne.* Sie bestehen aus den beiden
absondernden Drüsen, den Nieren, Renes und den beiden Harnleitern?
üreteres, welche das Nierenexkret, den Harn, ürina, zu einem unpaaren
Reservoir, der Harnblase, Vesica urinaria führen; von dieser leitet ihn ei^^
gleichfalls uupaarer Ausführungsweg, die Harnröhre, Urethra, nach aussen
ab. Mit der Harnblase steht noch ein zum Nabel aufsteigendes, unpaares,
grösstentheils obliterirtes Rohr, der Harngang, Urachus, in Verbindung.
Die Verbindung der Harnorgane mit den Geschlechtsorganen beim Manne
ist theils eine rein topographische, theils eine physiologische, letzteres insofern;
1) Eine Zusammenstellung von Litteratur betreffend die Resorption vom Kectui
aus findet sicii in der Dissertation von Dr. A. Paradies: Untersucliungen zur Frag^
der Resorption vom- Rectum aus. Berlin, 1895. 8. — Ueber die topo^^raphisclicn Vei-
häitnisse und pathoiogisclien Zustände des Rectum überliaupt vergleiche mau ausse
den bereits angetülirteu Werken noch: 1) Esmarch, Fr., Die Krankheiten des Mas -
darmes und des Afters. Deutsche Chirurgie, herausg. von ßillroth und LuecUe-
Lieferung 48. Stuttgart, 1887. F. Enke. (Mit eingehender Litteratur-Angabe.) — QuenU,
E., und Hartmann, H., Chirurgie du Rectum. Paris, Steinheil, 18^5. (Mit Litteratur-
angaben.) — S) Aliingham, On diseases of ttie rectum, tiieir diagnosis and treatn^'^Y
London, 1879.— 4) ball, The rectum and anus. London, lö87. — 5) Zuckerkan<i*'
E., Zur Anatomie der Becken- und Perinealvenen. AUgem. Wiener med. Zeitung, heraUH
gegeben von B. Kraus. 23. Jahrg. 1878. S. 3. — G) Dur et, H., Note sur la dispositi^n
des veines du rectum et de l'anus. Bullet, de la societe anatomique de Paris. 1^'
S. 168. — 7) Konstantinowitsch, Die Anordnung der Gefässe des Mastdarmes. ^'
Petersburger med. Zeitschrift. N. F. 111.6. 1873. — 8) Berry Hart, Selected papei*^
in Gynaecology and obstetrics. London, 1893, (Richtung der einzelnen Abschnitte de
Rectum.) — 9) Charpy, A., Les Veines du Rectum et les Hemorroides. Midi medica •
25 Mars et 2 Avril 1893. Toulouse, Imprimerie Marques et Cie. — 10) Simon, ^^
Ueber die künstliche Erweiterung des Anus und Rectum zu diagnostischen, operative
und prophylaktischen Zwecken etc. Arch. f. klinische Chirurgie. Bd. XV. Berlin, l"*
287
als die Harnröhre mit ihrem weitaus grössten Theile auch Ausftihrungsgang der
öeschlechtsprodukte ist.
Die Niereu, ein grosser Theil der üretereu und der ürachus liegen
in der Bauchhöhle; die übrigen Theile gehören topographisch zum Becken.
So weit sie in der kleinen Beckenhöhle gelagert sind: Harnblase, Endstück
der Ureteren, Anfangstheil der Harnröhre, sind sie vom Rectum durch die Ex-
cavatio rectovesicalis, und durch die Fascia rectovesicalis getrennt; der Rest
der Harnröhre tritt am Damme in den Penis ein und bildet nunmehr mit
dem letzteren einen Theil der äusseren Geschlechtsorgane.
Harnblase (Vesica urinaria).
Wir begi«nen die Darstellung der Becken-Harnorgane mit der Betrachtung
des umfangreichsten und gewissermaassen centralen Theiles derselben, mit der
Harnblase; für dieselbe ist auch der abgekürzte Name „Blase" üblich.
Form und TheUe der Harnblase.
Die leere Harnblase des erwachsenen Mannes liegt hinter der Sym-
Pliyse und stellt ein von vorn nach hinten abgeplattetes Ovoid dar, dessen
verjüngtes Ende nach oben, dessen breiterer Theil nach unten schaut.
Man unterscheidet demnach an der leeren Blase eine Spitze, den so-
genannten Scheitel, Vertex vesicae, den Körper, Corpus vesicae, und
den Grund, Fundus vesicae, eine vordere und eine hintere Fläche,
l'acies anterior und posterior, sowie zwei (abgerundete) Seitenränder,
Margines laterales. Hierzu kommt noch derjenige Theil der Blase, welcher
niit der Prostata verwachsen ist, und von dem die Harnröhre abgeht; er ist
^^war, insbesondere bei leerer Blase, ein Theil des Fundus, wird aber, seiner
Dichtigkeit wegen, mit einem eigenen Namen, Blasenhals, Collum vesicae,
belegt.
Die massig gefüllte Blase bietet naturgemäss mancherlei Abweichungen
Von dieser Form dar. Die wichtigste ist, dass die hintere Fläche — das
l>etretfende Individuum in aufrechter Stellung gedacht — indeni sie sich ins-
•^esondere an) Fundus von der vorderen Fläche abhebt, zu einer oberen, die
Vordere theilweise zu einer unteren wird. Ferner bildet sich am Fundus
^»lie hintere Fläche aus, da wo die Samen blasen liegen, und aus den beiden
^eitenrändern werden zwei Seiteuflächen, Facies laterales. Die ur-
sprüngliche vordere, bei der Füllung zur unteren hinzugezogene Fläche
geht dann in den Blasenhals ohne Niveaudifferenz über. Dies zeigt besonders
sehön der wohlbekannte Braune'sche Gefrierschnitt, Taf. I seines Atlas.
Bei stärkster Füllung tritt abermals eine Formänderung ein. Das
^»'gan, s. Fig. 08, zeigt wieder eine vordere und hintere, so wie zwei
^^itenflächen, daneben aber eine grosse untere, an der die Harnröhren-
Mündung sich befindet; die hintere Fläche geht in die untere durch eine ungefähr
l^r'
^^m.
lÄgi-
P
Maat
Harnblase: Form und Theile. 289
Ürachus verjüngt. Erst im Laufe von mehreren Jahren wandelt sich langsam
diese Form in die des Erwachsenen um; mit dem Beginne der Pubertätsent-
^icklung dürfte dies meist vollzogen sein.
Von den geschilderten typischen Formen kennt man manche Abweichungen.
Selten sind in leerem Zustande kuglige Blasen, häufiger schon birn förmige; auch
die längliche Rohrform des Kindes kann in das reifere Alter mit hinübergenommen
Verden. Nicht selten zeigt sich, s. Fig. 81, eine scharfe Abknickung der hinteren
^on der oberen Wand bei massig gelullter Blase. Auch Fig. Q6 zeigt dies. Beim
Weibe legt sich der Knick in den vorderen Beugungswinkel des Uterus in der Gegend
des Orificium uteri internum hinein (Fig. 81).
Die Schüssel g est alt der leeren Blase, bei der die obere Wand eingebuchtet
^st, so dass auf dem Medianschnitte eine Y-Form des Lumens hervortritt, kommt
^^i Männern selten vor; bei Frauen (s. w. u.) ist sie häufiger.
Die Dicke der Blasenwand hat ebenso wie deren Füllungsgrad auf die Ge-
staltung einen wesentlichen Einfiuss; so findet man die Schüsselform fast nur bei
dünnwandigen Blasen.
Zwei, namentlich bei den Praktikern übliche Bezeichnungen für besondere
Theile der Blase müssen noch näher erörtert werden: Der Blasenhals,
Collum vesicae, und der von den Franzosen unterschiedene B a s - f o n d.
Wenn man, wie üblich, unter „Hals" eines Organes ein gegen den Nachbar-
theil verjüngtes Stück versteht, so hat die menschliche Harnblase keinen
flals, man müsste denn den Anfangstheil der Harnröhre, der noch von einem
Verdickten Theile der Blasenmuskulatur umgeben wird, s. Fig. 66 a, als
Solchen nehmen wollen. Nun ist es aber, wie vorhin bereits angedeutet, von
grosser praktischer Wichtigkeit, denjenigen Abschnitt des Blasengrundes, von
Welchem die Harnröhre abgeht, und welcher beim Manne mit der Prostata
verwachsen ist, besonders zu unterscheiden und zu benennen. Dieser Abschnitt
(s. Fig. 66 a) urafasst das Orificium urethrae internum mit dem dahinter ge-
legenen Trigonum vesicae bis zu den Ureterenwülsten, von welchen Dingen
später die Rede sein wird. Obwohl auf ihn, wie gesagt, formell die Bezeich-
nung „Hals" nicht passt — „Basis'* wäre besser — so will ich doch von dem
Eingebürgerten bequemen Namen, den die Praktiker ohnebin nicht fallen lassen
Verden, nicht abgehen, und bezeichne diesen Abschnitt also mit dem Namen
^3lasenhals^' Collum vesicae. Vgl. hierüber auch Charpy, Cours
^E ^planchnologie, Organes genitaux. Paris, 1891.
Unter Bas-fond verstehen die französischen Autoren den unmittelbar
nmter den Ureterenwülsten gelegenen, etwas vertieften Theil der Blase, der,
n^nientlieh im höheren Alter, eine besondere Ausbuchtung erleiden kann,
^lehe Fig. 69 „Fossa retroureterica'^ ; auch in Fig. 66 a erkennbar. S. w. u.
Als praktisch wichtiges Ergebniss der Formbetrachtung der Blase muss her-
vorgehoben werden, dass sie, im leeren wie auch im gefüllten Zustande, stets
eine reichliche Querausdehnung darbietet, so dass eingeführte Instrumente
^ßi allgemeinen nach dieser Richtung hin am wenigsten Widerstand finden
^^^den. Die leere oder schwach gefüllte Blase hat namentlich unten am
^lasenhalse ihre stärkste Querausdehnung; ihr Lumen zeigt dort nach rechts
^^d links hin eine Art spitzzulaufenden Recessus.
^^altleyer, Das Becken. 1^
290 äarnblase, Kapacität derselben.
Fassnngsraum (Kapacität) der Blase.
Bei einem Hohlorgane mit nachgiebigen Wänden, wie es die Blase ist,
kann von einer absoluten Kapacität nicht die Rede sein; wir müssen vielmehr
bei der Blase des lebenden Menschen unterscheiden: a) Die Füllung, bei der
die Gefahr der Ruptur beginnt =^ M axim alf ü 11 ung, b) die Füllung, l>^*
w elcher der Harndrang beginnt = P h y s i o 1 o g i s c h e F ü 1 1 u n g , c) die
Füllung, welche für praktische (Untersuchungs- und operative) Zwecke die
genügende ist = C h i r u r g i s c h e Füllung.
Für a und b lassen sich keine bestimmten Angaben machen; die zald-
reichen, von Barkow^), K. E. E. Hoffmann^), Duchastelet-^) u. A. an-
gestellten Injektionsversuche an der Leiche haben keinen anderen Werih, ali^
Anhaltspunkte zur Gewinnung einer Ziffer für die chirurgische Füllung z;^
liefern. Als eine mittlere Füllung, bei der ein stärkerer Widerstand an der
Leiche sich bemerkbar macht, dürfen 700 — 800 ccm angegeben werden-
Ruptur der Leichenblase trat bei 1000 — 2200 ccm Füllung ein. Beim Lebenden
sind weit grössere Maximalfüllungen — bis zu 3 — 4 Liter und darüber -^
ohne dass Ruptur eintrat, gefunden worden, z. B. bei Blasenlähmungen. ^^
Fig. 68 ist ein derartiger Fall, der von mir zu einem Gefrierdurchschnitte
benutzt wurde, abgebildet. Die Blase nimmt dann fast den ganzen Rauio
des kleinen Beckens ein und reicht nach oben noch weit darüber hinaus, bis
zum Nabel und weiter. Die Versuche von Paul und Pierre Delbet, sowie
von Guyon^) ergeben, dass leichter Harndrang, also physiologische Füllung?
schon bei 40 — 280 ccm eintrat, stärkerer bei 40—510 ccm, je nach den ver-
schiedenen Personen. Als praktische Regel ist jetzt allgemein angenominen?
dass man zu Untersuchungs- und operativen Zwecken nicht mehr wie
200—300 ccm in die Blase des Lebenden einführen soll (Chirurgische Füllung)-
Die Injektion geschehe langsam, und die Flüssigkeit sei auf Körpertemperatur
erwärmt. Man verwendet gewöhnlich eine 1 *^/o Karbolsäurelösung (König)
oder eine 3 ^/^ Borsäurelösung (Borwasser).
Namhafte Differenzen in der Kapacität der männlichen und weiblichen
Harnblase gibt es nicht; gewöhnlich wird angegeben, dass die Harnblase dei
Männer geräumiger sei.
Wegen der Raumverhältnisse des Beckens erreicht der Querdurchnicssci*
der Blase bei der Füllung sein Maximum am ehesten.
1) Barkow, H. C. L., Anatomische Untersuchungen über die Harnblase des
Menschen. Breslau, 1858.
2) Hoff mann, K. E. E., Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Erlanget'
1880. Bd. I.
3) Duchastelet, Capacite et Tension de la Vessie. These de Paris. 1886.
4) Delbet, Pierre, Recherches sur la Vessie et rUrethre. Annales des organeB
genito-urinaires. 1892. p. 179. — Delbet, Paul, Anatomie chirurj>icale de la Vess'^*
Paris, 1895. 8. Henri Jouve. — Guyon, Physiologie de la Vessie. Gaz. hebdoni. «^
Medeciue et de Chirurgie. Paris, 1884.
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Innere Blaseiiwaad nebst Bemerkimge» ttber iem Bau ier Blase.
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P'alicii, in uvIi'Ih' sirli bri Iwrcm i^w mir iiiiis>i- -vliillu-iii Orpiiir dit'-
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Miilir'rii 1"b"jl, diii I» I ;i s r II li ;t I s, <''i>!hiiii V ISS h* :h' uiiil in iiiu'ii
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^^ ^ :- i i' ;i r .i^^ii Itf tll . i ^ l;il I \\ liiHÜ,!:; rrsi-liriiil «lif :i4 iiinxiiiüiiji ^,it*t^frilllv^ llln^v
'''i^''t'r:ill ; liir \ <»r<li"!i.'i}d»' S./ijjliirriiiKr lir'/it-iil >!<'!{ auf ilif iiiiiss!^<:' _i:Triillfr liL'isi«.
'^Hi' ,-'tir/Ji-li I.M/Ti,' l>Li><- zri-l l'riiK' l"';i!lii! ilrr ."^«/lllriiiilliHlf JilH'li im i>l.i><i!ilij|jsi\
^^i^." -iMlt^' *.i!»T mir tV{iif:ilf i-'i* flr<i'}},.jir,ii!i..!i /ü'-vh .'itii*Ii iln' luiiiiitlflliar vor
^i*i' iiiii'ti'tii ll:ir!!r«j|jriiiiiiriiiiliiii/r ,i!*t'h\i:'«iH' Hirü, s,o v, ii' <Ik^ T I .111:1 |i;ini-
^ r i n; I, ,i .,5 I j ;, ^ s. w . IL l^rT fii"sl iler liiMSiiisplilfitiiliniil i!:il ><'lir ,i:i'<»sHt\ iiiiisf
^H*s yji I <.||, iiihI iL-iriihiT hifhi\ ^vhliü'U' F«ill<ii, du' v<ir^\'i<'-'fiid !«iii-;ilinliii:}|
l'M,llV|i: ,l{,r Iriijrii l-','il|i'ii «Irs riilliiiii \'rs}<'*;i<' 7.ii'li<il ^'oii alftii »Sriltii /jim
^^rili^'iiiiii iirrliiFMi- iiilfriuiiii hiii.
IJir f ■ r<" I I* r I' 11 f*ji; I I r- 11. P I i r ji r I! r r !«• r i (' JM- ^:. slrliiii '/nci llarli-
^''^J^»I1!'-!h" ll'i'VüriM-'iui.üHii 'i"t\\ji villi ilvr Sliirki* eim^s I iiiusi'fViliTkifli'S <l;iiv
'^^'■<*li^</lii liliriiriii^ in ihn-r IH^'k«- üvm! Fiiiiiri- l'Hi <ltii v«i'sf''i!it"<iiiH'ii Iii<lh1iliirii,
'"^»^^ Mil>|i"!M'ii ilMilnr^li. iliss <tft^ V'rvirrvn Hclirilu* ilii-' !li:isriiu:t,iH! iliin-'hsi'i/.vii,
^t^»'i isii ilirsi'lfMv ;iiif.iii2*s Miiskiilaltir iiikI Si*Iik'iiiili;iii1, srliüvsslieli dir Ir-t/.fti-v
'^''^''iiL ^'Mrwfilfini, Uli' MiiiHliiiiii' svlhst }i:t! die iU'Hlnit i'iiies >i'Iiriti4' «t'j-
s^'^'fdiiiii{t'iit>ii LN)lir<iid<"S. s<jd:iss di<' zu ^l<ii iifissiTfii Sidiivlih''» <lii' ii!;isr
:'-«dvi'iii'ii= W'ntifl dF" Ifiiipi-*' isl. Hi^^p UfsFill dr-r ^IfiiMliiiic^-, eil Ihh* di' fifitv,
'''^'<"^t»iiiiiiiiNi' «Nlt-r !''rd,iTS{diii{|lfnriii. *'r!*'irlitr!i s<H\itljI dtii Aiisirill d<'H ll:iriu*H
'^l'"^ ik'iN ICiiiftdirvii v<«ii Iii.sfroiii'niliii in di<.' Frtdii"rn x^ni dii' Fd;isr ;uis. imii'iii
^•'•^1 .Nirli 7JI iiivrkrii }i;ifv dass diisi- luslriiiiiviilf' p^pii dii'^ Pd:i:<t'inv:iiii! iiiid
'■^^"Sät -vp'ii dir Li'idiliiii;!:" Idii ,ii*idi:iit*ii wt^ulvii iiiiissvii. |-»vziiiiiiidi d«i* Fiil-
^''^'iioiiii' iMi'iIvi" ^irmdiiii/i'iii von riiuiiidciv ;s. d. MiiassfuJirlh«.
Iitd<iii sidi!i*->slirli iiiir iiorli dif Pd'iH<ii,s<diIfiiidi<iiil dir ziir Fiidiliiii,!:' i:v^
^"^^dirii' S-iir dvN diirrddH»lir«'inliii Fri1«'r< dvrkF ^.u'nl «Ivr ;iiii iiirislfii ziiiiicdi'
l^"*M:'tiid»' lijiiid d«> l'liritiiiiiiuiid'i'S v<ni ciiHiii sriir IViin-u ,Stddtiiidi:i!ilsniiiiit\
*''^''-^ iiiriiHT Aii'^iid'if iLirli, tiitSidiHMlcii wie </diie Scddiis^kkifiiH' ^virktü iimss,
^^■''dff'ki: i(di iiniiiv <lirs dvn ,.M n n d 11 11 p:ss.i 11 iip\,
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«hiüL'Ti!^ VI',::. 7^'^ /.t'iyf. i'iiir
^*t•u^^^^ srlililzJTfniiiy;!'' riT-it--
rciiriiriiiiiiir, wiilirviitl «Itidlani-
l'i:J.\ rO,
I- IHi' Fr;ikiilv.-i' -'{''hvanrlivu xivl d'n^ lU^'/A'ivhumvj:: JL'iriik'Üci-wiilsr". Ihmi
'-'Unh.: 'l
i'H< iirrU'ni'il:-" <'IU,^|
»f'^c-lK'». WiiN ii'li, .iiit'li f'iir lH',hhrr liall/r. ;ils FliiM iir.
294 Innere Blasen wand.
leiterwulst (Plica ureterica) kaum hervortritt; umgekehrt zeigt Fig". TOa einen starken
Harnleiter willst mit kleiner kaum erkennbarer ^rübchenförun'ger Oeffnung^).
Nahe der Mittellinie, da, ^\o beide üreterenfalten scheinbar in einander
übergehen, treffen wir ein verschiedenes Verhalten. In einigen Fällen,
s. Fig. 69j besteht eine deutliche Trennung zwischen beiden Ureterwttlsten ;
diese Stelle mag als Area in t eru r e te ri ca bezeichnet werden, zumal sie
sich mitunter zu einem flachen Zwischenfelde ausdehnen kann, sodass beide
Ureterenwttlste weit von einander abstehen (Fig. 69a). In anderen Fällen
scheinen in der That die Wülste völlig in einander überzugehen. Doch ist
dieser Uebergang nur scheinbar; bei genauerer Betrachtung zeigt sich inmier
ein Absatz jedes Ureterenwulstes gegen die in diesen Fällen selbst vorspringende
Area interureterica (s. Fig. 69 b). Sehr häufig findet man in der Mitte der
Area interureterica, also in der Mitte der Basis trigoni, einen Einschnitt,
Ineisura trigoni m.
Durch die Ureterenfalte ist eine natürliche Eintheilung der Basis der
Blase in eine Pars praeureterica und retroureterica gegeben,
s. d. Figg. 69, 69a und 69b. Ich schlage, wie bemerkt, vor, die Pars prae-
ureterica mit Einschluss der nächsten Umgebung der Harnröhre kurz als „Collum
vesicae^', „Blasenhals^^ zu bezeichnen, die Pars retroureterica a'^
,,Fundus vesicae^^ Blasengrund; beide Abschnitte unterscheiden sich
wesentlich von einander.
Mehr vorn im Blasenhalse und in der Mittellinie liegt die dritte Oeffniing
der Blase, das Orificium urethrae internum. Bei leerer Blase zeigt
sich hier gar keine Lichtung; nur eine ganz geringe Vertiefung mit halbmond-
förmiger Begrenzung, zu der feine Fältchen radiär hinziehen, deutet die Stelle
an. Injicirt man die Blase stark mit erhärtenden Flüssigkeiten, z. B. mit einer
10^ Iq alkoholischen Formollösung und hängt sie in diesem Zustande noch in
eine gleiche Formollösung zum Durchhärten hinein, so klafft die Oeflfnung häufig
in einer sehr charakteristischen Kartenherzform Fig. 69 und 69a. Bei weiter
Oeflfnung (Fig. 69) kann man von der Blase aus bis zum Beginne der Pars
membranacea urethrae (Terminus proximalis partis membranaceae Fig. 69) sehen
und auch den Colliculus seminalis gut erkennen. Deutlich erscheint
dann auch das Bild des die Urethralöflfnung umgebenden muskulösen Ring'
Wulstes, des Annulus urethralis (s. w. unten). Das Blasencavum fällt steil
und scharfrandig gegen das ürethrallumen ab; s. dazu auch die Fig. 66a).
Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, dass eine gefüllte Blase beim Leben-
den oder in der Leiche, aus der nichts ausfiiesst, meist eine streng geschlossene
Urethralmündung haben wird und dass die klaflFenden Mündungen der Figuren 69,
69a und b Ergebnisse einer forcirten Eröffnung durch den starken Injektionsdruck
sind; auch die Formolbehandlung mag mitwirken; immerhin hat diese Beobachtung ein
gewisses Interesse, insofern bei sogenannter „übervoller Blase** von einigen Praktikern
ein Vordringen des Harnes bis zur Pars membranacea urethrae, also eine Eröffnung
1) Nitze, M., Kystophotographischer Atlas. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1^^^'
Taf. II. Fig. 3 und Fig. 6. Vgl. ferner Posner, C, Diagnostik der Harnkrankheiten.
Berlin, 1896.
Innere Blasenwand. 295
<ies Orificium urethrae internum angenommen wird. Wir halten dann den Harn
«iurch willkürliche Kontraktion des Musculus trigoni urogenitalis zurück.
Zwischen dem Orificium urethrae internum und den üreterenwülsten er-
streckt sich ein dreieckiges, leicht erhabenes, besonders glattes Feld, welches
sich auch bei leerer Blase nicht in deutliche Falten legt, das Trigonum
^ e s i c a e (L i e u t a u d i) »); seine Basis wird von den Plieae uretericae gebildet
seine Spitze verliert sich am hinteren Umfange des Orificium urethrae mit
einer kleinen länglich-rundlichen Erhabenheit, der Uvula vesicae (Luette
vesicale), die besonders im höheren Alter deutlieh wird. Von ihr geht eine
kleine mediane Leiste /um CoUiculus seminalis. Indem die Uvula sich in das
orificium urethrae vorschiebt, bekommt das Lumen die erwähnte Halbmondform,
yas Trigonum erscheint sehr verschieden, je nach dem Verhalten der x\rea
interureterica; zieht hier ein deutlicher Wulst von einer Ureterenfaltc zur
^nderen^ so ist das Trigonum als ein erhabenes dreieckiges Feld abge-
setzt; ist die Area flach, dann verliert sich das Trigonum mehr und mehr;
^er Incisura trigoni wurde vorhin bereits gedacht. Bei deutlichem Trigonum
Sieht man rechts und links von ihm je ein flach vertieftes Feld, welches noch
glatt oder wenigstens faltenarm erscheint, Planum paratrigonale m.
(f'jgg. 69 und 69b). Auch das zunächst vor dem Orificium uretlirae in-
ternum gelegene Feld, Area praeurethralis m., ist faltenarm.
Das Trigonum vesicae entspricht in seinem vorderen Theile der Prostata,
^eine Länge, d. h. die Entfernung der Harnröhrenmündung von der Basis tri-
goni beläuft sich auf 1—2 cm bei leerer, 2—3,5 cm bei gefüllter Blase.
^* die Maasstabelle.
Die Grundlage des Trigonum bildet eine Schicht dichtgedrängter querverlau-
ender glatter Muskelfasern, über welcher, dicht unter der Mucosa, noch die aus-
'^trahlenden Längsmuskeln der Ureteren liegen; eine Subnmcosa fehlt.
Die Uvula vesicae wird durch eine Verdickung der Schleimhaut mit einstrah-
^nder Trigonum-Muskulatur gebildet; unter normalen Verhältnissen liegt keine Pro-
statasubstanz darin.
Einfacher gestaltet sich die Formation des Fundus vesicae. Ist
^ine deutliche vorspringende Area interureterica vorhanden, die dann als ein
^orus intern retericus erscheint, dann vertieft sich unmittelbar hinter
^^mselben der Fundus zur Fossa retroureterica, s. Figg. 66a, 69 und
J^^b. Die Fossa retroureterica hat bei leerer Blase die Form eines queren,
^^ der Mitte etwas erweiterten Spaltes. Bei gefüllter Blase dehnt sie sich zu
^^nem seitlich spitzwinkligen Felde von Mandelgrösse aus. Vorn gibt die Basis
^'''^oni die Grenze; die hintere Grenze kommt dadurch zu Stande, dass netz-
förmig verschränkte stärkere Muskelbündel erst in Fingersbreite (gefüllte Blase)
^^tfernt vom Trigonum auftreten, während in dem Felde selbst nur schmale
allere Bündel sichtbar sind; in Folge dessen hebt sich das Feld meist ziemlich
&^t ab. Mitunter springt ein stärkeres Muskelbündcl an der hinteren Grenze
^% und auf solche Fälle bezieht sich wohl Nitze's Schilderung^). Nitze
lor. ^) Waldeyer, W., Das Trigonum vesicae. Sitzungsb. d. K. Preuss. Ak. d. Wiss.
^^97. 8. Juli.
2) Nitze, M., Lehrbuch der Kystoskopie. Wiesbaden, 1884.
29ß Bau der Blase.
gibt ausserdem an, dass beim Lebenden bei der Sonden-Exploration dies Feld
weniger nachgiebig gefunden werde, als die unmittelbar dahinter und darüber
liegende Partie. Indessen zeigt es sich bei älteren Leuten oft mehr oder
weniger sackartig vertieft, was wohl zu der vorhin (S. 289) erwähnten Be-
nennung: „Bas-fond" Veranlassung gegeben hat. Fremdkörper und Konkremente
können sich dann leicht hier festsetzen.
Oft bewirkt das Rectum mit den Samenblasen und den Ductus deferentes
beim Manne, der Uterus und die Scheide beim Weibe, eine flache Vorwölbung
des mittleren Theiles der hinteren Blasenwand zum Blasenlumen hin^ die auch
bei der inneren Exploration der Blase nachzuweisen ist. Der Fundus buchtet
sich dann rechts und links davon taschenartig aus. Auch dies ist im höheren
Lebensalter häufiger und deutlicher.
Aus dem vorn Baue der Blase Bekannten sollen hier einige Punkte von be-
sonderer praktischer Wichtigkeit hervorg-ehoben werden: Zunächst mag* daran er-
innert sein, dass wir eine zuweilen, namentlich bei alten Leuten, stark entwickelte
subperitonäale Fettschicht haben, welche die Muskelwand der Blase überall
deckt, auch da, wo, wie an der vorderen Wand, die Serosa fehlt (vgl. S. 224 ff.)- ^^
diesem Fettlager liegt der Venenplexus der Blase nebst den zutretenden Arterien
und Nerven.
Die Muskelwand der Blase ist hinten stärker als vorn (s. die Maasstabelle); si®
ist einer ausserordentlichen Ausdehnung fähig. Ihre Elemente sind Bündel glatter
Muskelfasern, welche netzförmig zusammenhängen. In der medianen Blasenregion laufen
vorn und hinten die Bündel vorwieg-end longitudinal und gestreckt, mit sehr engen
Maschen; so entsteht der Anschein einer äusseren Längsschicht, die seit Adriaan van
den Spieghel als „Detrusorurinae" bekannt ist. Seitlich, und in der Tiefe, laufen die
Bündel mehr quer und bilden die stärkste, als Ringfaserschicht beschriebene Lage;
bei den innersten Bündeln sind die Maschen weit, so dass die netzförmige Anord-
nung ohne weiteres hervortritt. Es ist dies am besten zu sehen bei Blasen, welche
im gefüllten Zustande erhärtet wurden, wenn man sie vom Lumen her betrachtet
Griffiths*) betont insbesondere den einheitlichen Zusammenhang aUer dieser Schich-
ten unter einander, ferner eine gewisse seitliche Symmetrie in der Anordnung <ler
Muskelbündel; ich finde diese bei manchen Thierblasen, z. B. denen der Schweine,
besonders deutlich.
Die Muskulatur des Trigonum ist von der eben beschriebenen verschieden-
Sie bildet eine dicht gelag^erte kompakte Masse feinbündliger Zü^e, die einerseits quet
verlaufen, andrerseits von den Ureteren gegen die Blasenöffnung ausstrahlen. S'^
hängt nach oben mit der Muskulatur der Ureteren, nach unten mit der der Harnröhre
zusammen und ist die Grundlage des Musculus sphincter vesicae internus der
Autoren. S. über diesen das Kapitel „Harnröhre".
Bauchfell und Fettschicht sind leicht von der Muskellage abzuziehen. — ^^^
dem Verhalten der Schleimhaut, ihren Faltenbildungen und dem Fehlen einer Sn*»'
mucosa am Trigonum war bereits vorhin die Rede.
Das Epithel der Blase ist ein JTeborgangsepithel** gleich dem des Nieren-
beckens und der Ureteren. Zunächst der Lichtung findet man sehr grosse platte
Zellen mit sphärischen Hohleindrücken von selten der tiefer gelegenen Zellen ver-
sehen. Diese sind verschieden gestaltet, meist keulenförmig oder rundlich, ebenfalls
1) Griffiths, J., Observations on the urinary bladder and Urethra. P. L "f^^
Journal of anatomy and physiologv cond. by Humphry, Turner and Mc Kendrid^-
Vol. XXV, p. 535, 1891.
Richtung der Blase. 297
niit Reliefeindrücken der Nachbarzellen. Wie hatiptsächlich v. Brnnn^) nachgewiesen
^at, zeigt das Bindegewebe der Schleimhaut feine Leisten, welche ein Gitterwerk
bilden, in dessen Maschen sich Zapfen des Epithels einsenken — Epithelnester,
'^. Brunn. Diese können sich vom Epithel abschnüren. Ich finde sie nicht selten
Von eigenthümlich concentrischer Anordnung, einigermaassen an Kankroidkörper er-
innernd; auch prominiren sie zuweilen über die Oberfläche. Bei der Ausdehnung der
Blase mögen manche dieser Nester verstreichen.
Die Kenntniss dieser Verhältnisse ist nicht unwichtig, insofern abgestossene
Epithelzellen, einzeln oder in Häufclien, im Harne gefunden werden. Auf abgestossene
Epithelnester möchte ich concentrisch geschichtete Zellenhaufen zurückführen, auf
Welche mich J. Israel aufmerksam machte, und welche er, mitunter in grösseren
Mengen, im Harnsedimente, insbesondere bei Frauen, gefunden hat.
Kleine tubulöse oder alveoläre Schleimdrüsen kommen am Trigonum, wo
sie wiederholt beschrieben wurden, in der That vor, wie ich an Präparaten von 0.
Kalischer mich überzeugen konnte; sie sind allerdings selten. Durch Abschnürung
der v. Brunn'schen Epithelnester und Wucherung derselben können Drüsen vorge-
täuscht werden; auch kann dies zu Cystenbildungen führen. Ob Papillen an der
Blasenschleimhaut, insbesondere am Trigonum, vorkommen, ist mir zweifelhaft ge-
blieben; Durchschnitte der Gitterleisten können als Papillen erscheinen. Vgl. hierüber
die Angaben von Hey^) und Aschoff^).
Riohtnngr der Blase.
Unter „Richtung der Blase ^^ versteht man die Richtung ihrer
jeweiligen in der Medianebene gelegenen längsten Axe. Dieselbe ist nach
Lebensalter und Füllung sehr verschieden. Bei Kindern, bis nahe zur Pubertäts-
zeit hin, steht diese Axe sowohl bei leerer^ wie bei gefüllter Blase fast
Vertikal und etwas mit dem oberen Ende nach vorn geneigt. Bei der leeren
ßlase Erwachsener hat, wenn wir von der Schüsselform absehen, die Axe un-
gefähr die Richtung der Symphysenlängsaxe.
Massige Füllung lässt die lange Axe bald, fast horizontal (in der Median-
ebene) gelegen erscheinen, wie dies z. B. in dem Braun ersehen Durchschnitte
(Pig. 1 seines Atlas) oder auch in Figg. 66 imd 81 hier der Fall ist, bald
schräg, so dass das obere Ende mehr nach vorn geneigt ist (s. Figg. 61 und
62 hier), oder so, dass das obere Ende nach hinten geneigt ist — also un-
gefähr parallel der Conjugata vera fConjugaten-Neigung) — Abbildungen in
Renle's Splanchnologie 2. Aufl. Fig. 293 und bei Disse 1. c. inf., Fig. 1 u. 2.
Starke Füllung ergibt entweder senkrechte Axenstellung, Disse, Fig. 8,
^der Neigung des oberen Endes nach vorn (Fig. 68), oder die Conjugaten-
Neiginig. letztere scheint unter diesen Umständen die häufigere zu sein.
1) V. Brnnn, A,, Heber drüsenähnliche Bildungen in der Schleimhaut des Nieren-
beckens, des Ureters und der Harnblase beim Menschen. Archiv für mikroskopische
^uatomio. Bd. 41. 1893. S.294.
2) Hey, Die Drüsen der Harnblase, f^in Beitrag zur Histologie der Harnblase
^^'S Menschen. Beiträge zur klinischen Chirurgie, herausg. von P. Br uns. Bd. 13. S. 427.
3) Asch off, L., Ein Beitrag zur normalen und pathologischen Anatomie der
Schleimhaut der Harnwege und ihrer drüsigen Anhänge. Virchow's Arch. f. pathol.
-Anatomie. Bd, 138. S. 119 u. 195. 1894.
208 Fascia vesicae. Perivesicale Räume. Bauch fellüberzug der Blase.
Auch eine Seitwärts-Nei^iing der Blase kommt vor; so gibt Fritsch^)
an, dass das obere Ende bei stark gefüllter Blase sich nach rechts neige.
Fascia vesicae. Perivesicale Bindeg^ewebBräame.
Die Fascia vcsicae, so wie die mit lockeren fetthaltigem Binde-
gewebe erfüllten Räume, welche die Blase zunächst umgeben, sind Seite 226 ff.
abgehandelt worden. P]s soll hier nur, um Alles, w^as zu einem Organe gehört;
im Zusammenhange darzustellen, nochmals ein kurzes Bild unter Hinweis auf
die Figuren gegeben werden.
Wir unterschieden vor der Blase, getrennt durch die Fascia pelvis (Fort-
setzung der Fascia transversalis), die Spatia praefasciale und prae-
vesicale. Das Spatium praevesicale setzt sich zu beiden Seiten der Blase in
das Spatium perivesicale fort, welches nach hinten bis zur Fascia recto-
vesicalis reicht (Figg. 59a, 59b, 111 und 113). Die zusammengehörigen
Spatia praevesicale und perivesicale sind mit einem sehr weichen, lockeren
Fettkörper gefüllt und durch die Fascia vesicae von der Blase geschieden.
Die Fascia vesicae ist ein Theil der visceralen Beckenfascie; vorn
gellt sie zwischen den beiden Ligamenta vcsicalia lateralia bis zum Nabel
hinauf; seitlich und hinten trifft sie, s. Fig. 113, mit der Fascia rectovesicalis
zusammen. An den oberen Theilen des Blasenkörpers verliert sie sich, dünner
und dünner werdend, sodass diese als membranöse Bekleidung nur das Bauch-
fell haben. Unten, am Beckenboden, verbindet sie sich mit dem parietalen
Theile der Beckenfascie.
Zwischen der Fascia vesicae und der Muskelwand der Blase, ferner da,
wo die Fascie fehlt, zwischen Bauchfell und IMuskelwand, findet sich ein bei
älteren und fettreicheren Personen ziemlich beträchtliches Fettlager, welches
dem subperitonäalen Fettgewebe angehört und fester ist, als das Fett des
perivesicalen und prävesicalen Raumes. Figg. 59 a u. b.
Beziehungen der Blase zum Bauchfelle.
Das Verhalten zum Bauchfelle ist einer der wichtigsten Punkte in der
Anatomie der Harnblase. Das Bauchfell überzieht die leere Blase Er-
w^achscncr nur an ihrer Mintcrfläche bis zu den Seitenrändern hin. Es lässt
selbstverständlich den Fundus vesicaC; so weit diesem die Samenblasen,
Ductus defercntes und üreteren anliegen, unbekleidet; nur zwischen den beiden
Ampullen der Ductus deferentes steigt es liinab, so dass sich hier der tiefste
Theil der Excavatio rectovesicalis findet. Im allgemeinen reicht das Bauchfell
an den Samenblasen bis zu deren Mitte abwärts, während es zwischen beiden
Am]mllen der Ductus deferentes noch 0,5— 1,0 cm tiefer geht. Es kann hier
bis zum oberen Rande der Prostata sich hinabsenken; dann fehlt eine bauch'
1) Fritsch, Krankheiten der weiblichen Blase. In: Handbuch der Gynäkologie»
herauis<?. von J. Veit. Bd. II. Wiesbaden, 1897.
Bauchfollüberzug der Blase. 299
fellfreie Pars in t e rampu 11 ar is vesicae 8. S 277. Bezüglich der Ent-
fernung des tiefsten Punktes der Exeavatio rectovesicalis vom Beekenboden,
bezw. vom Anus s. die Tabelle S. 279. Je jünger di»s betreffende Individuum
ist, desto tiefer steht dieser Punkt; bei Neugeborenen reicht er meist bis zum
Beckenboden, jedenfalls bis über die Mitte der Prostata ^).
Vorn oben, an der Spitze der Blase, geht das Bauchfell von der hin-
teren Symphysenwand, ohne sich zwischen dieser und der Blase blindsackig
einzusenken, unmittelbar auf die letztere über (Fig. 83, Fig. 66, blaue Linie).
Nur w^ird durch den ürachus und durch die beiden ümbilicalarterien, nament-
'ieh dicht oberhalb der Blase, das Bauchfell in drei kleinen Falten abgehoben^
die P 1 i c a e u m b i 1 i c a 1 e s media und laterales, zwischen denen sich,
^'s seichte Vertiefung^ jederseits die Fovea su pr a vesi calis befindet
(Fig. 63).
Zu beiden Seite n geht das Bauchfell bei jungen Kindern
his zur Arteria umbilicalis an der Blase hinab, um sich dann zur Beckenwand
^uizuschlagen. Die Blasen Erwachsener zeigen dieses Verhältniss
^icht mehr, wenigstens nicht im leeren Zustande. Die Umschlagsstelle liegt
hier viel tiefer als die Arterie, die, eine beträchtliche Strecke von der Blase
entfernt, der scitliclicn Ik^ekenwand aufruht (vgl. Figg. 62 und 63, sowie
das S. 248 Gesagte). Der Umschlag geschieht im Grunde einer rinnenförmigen
Vertiefung, Exeavatio parietovesicalis m., die an den beiden angezogenen
Figuren, so wie an Figg. 85 nnd 111 (oberhalb beider Ureteren) deutlich
hervortritt.
Diese seitlichen Vertiefungen gehen (beim Manne) in die Exeavatio recto-
vesicalis über; jedoch sieht man, namentlich beim llinüberlegen der Blase auf
^le eine Seite, so dass das Bauchfell der anderen Seite sich anspannt, und
^le Plica rectovesicalis deutlich hervortritt, dass die letztere die beiden Ex-
eavationes, parietovesicalis und rectovesicalis, von einander trennt. Im Grunde
*ler Plica rectovesicalis trifft man, um dies gleich hervorzuheben, den Ureter,
d^s proximale Stück des Ductus deferens und die Arteria vesicalis inferior
^it begleitenden Nerven. Auch die Arteria vesicalis superior kann, wenn sie
^lef entspringt, mit ihrem Anfangsstücke in der Falte liegen. Fig. 61 zeigt
beträchtliche auf beiden Seiten obw^altende Verschiedenheiten.
Wichtige Veränderungen treten mit der F ü 1 1 u n g der Blase
^^f. Hierbei hebt sich vor Allem die obere und hintere Wand von der mehr
Gefestigten unteren und vorderen Wand ab. Dabei bildet sich naturgemäss
^Uch zwischen vorderer B a u c h w a n d und Blase ein anfangs seichter,
^it der stärkeren Füllung mehr und mehr sich vertiefender Blindsack, Exca-
^^tio pubo vesicalis, welcher von dem Ligamentum umbilicale medium,
hezw. der Plica umbilicalis media der Länge nach durchsetzt wird. Stark
hervor tritt jedoch dies Band auch bei reichlicher Blasenfüllung nicht, weil
1) Zuckerkandl, 0., Beiträge zur Lehre von den Brüchen im Bereiche des
^öuglas'schen Raumes. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 31, S. 590. 1891.
300 Bauchfellüberzug der Blase.
die Blase einmal dicht an der vorderen Bauchwand liegen bleibt, und zum
anderen der Urachus meist nicht von der Blasenspitze, sondern unterhalb der-
selben von der vorderen Blasenwand abgeht. Tritt derselbe gerade von der
Spitze ab, so kann auch die Plica umbilicalis media stark vorspringen. Imro^^'
wird durch das bei der Füllung sich vollziehende Abheben der oberen von der
vorderen und unteren Wand des Organes auch das Bauchfell von der vorderen
Bauch wand abgehoben; eine „Mützenbedeckung" der oberen und vorderen
Blasenwand durch das Peritonäum („coiffer" der französischen Autoren) findet
erst bei sehr starker Ausdehnung der Blase statt. Erst dann tritt auch ein
nennenswerther vorderer peritonäaler Blindsack, Excavatio pubovesicalis, aui.
Seitlich werden die beiden P^xcavationes parietovesicales ebenfalls aiis-
geglichen, sodass bei starker Füllung die Umschlagstelle wieder mit der
Arteria umbilicalis zusammenfällt.
Die Frage, ob sich auch der Fundus der Excavatio rectovesicalis bei
der Blasenfüllung hebe, wurde bereits beim Kapitel „Rectum*' erledigt und
zwar (S. 270) dahin, dass in der That eine solche Hebung in massigem Grade
stattfindet, jedoch nur bei starker Füllung (vgl. Fig. 68).
Die Figuren 68, 81, 86, 94 und 95 lassen verschiedene Abstufungen und Ver-
hältnisse des vorderen peritonilalen Blasen-Blindsackes erkennen. Fig. 86 zeigt den-
selben bei einem jungen Mädchen, dessen Blase noch kindliche Form hat, S^^^
seicht; in Fig. 81 tritt er, bei massiger Blasenfüllung*, etwas stärker hervor und ist
von Darmschlingen eingenommen. Dass er auch bei leerer Blase nicht ganz zU
fehlen braucht, lehren Figg. 86 und 95.
Von besonderer praktischer Wichtigkeit ist der in Fig. 94 abgebildete
Fall; hier findet sich ein scharf ausgesprochener vorderer Blindsack bei
geringer Blasenfüllung, der mit seinem Fundus zur Symphyse reicht. In etwa
l_2o/^j der beobachteten Fälle konmit ein derartiges Verhalten, was mau
als Verwachsung des Peritonäum mit der Symphyse bezeichnet
hat, vor. Es bleibt dann auch bei der Hebung der Blase, wie sie durch die
Füllung erzielt wird, oberhalb der Symphyse zwischen Blase und Bauchwand
Bauchfell liegen, und der Operateur läuft bei hohem Blasenschnitte Gefahr in
die Bauchhöhle zu gelangen. Für diese Operation sind auch gerade die Ver-
hältnisse des Bauchfelles zur Blase so wichtig; es sei hierzu noch auf S. 306
verwiesen, wo von der f>hebung der Blase über die Symphyse durch Füllung
der Blase unter Mitwirkung der Füllung des liectum die Rede ist.
Bemerkenswerth ist, dass man von vorn her nach den Seiten und nach
oben hin das liiuclifell leicht von der Blase zurückschieben und sich so eiu
freieres Operationsfeld schaffen kann. Bei kranken Blasen und Blasen älterei
Personen mit starker Fctthülle ist indessen hierbei grosse Vorsicht, des leichten
Einreisscns wegen, geboten. Elbcnso sei man vorsichtig im Ikreiche des
Urachus und der Ligamenta umbilicalia lateralia.
Bei Leuten mit starkem Fettbelage der Blasen, bei solchen mit ver-
grösserter Prostata, namentlich, wenn sie daran gewöhnt sind stärkere Füllungen
der Blase zu ertragen, steht der vordere Bauchfellumschlag meist höber
als sonst.
Befestigungen der Blase. 301
Ausser den genannten serösen Falten gibt es noch eine zuerst von
Henle (Splanchnologie) abgebildete und kurz erwähnte, quer über die hintere
Wand bei leerer Blase verlaufende Bauchfellfalte, die sehr charakteristisch ist
Und unter Umständen sehr wohl zur Orientirimg dienen kann, die Plica
vesicalis transversa m. Sie scheidet seitlich an der Blase die Fossac
para vesicalis anterior und posterior — s. S. 238. Man vgl. die
Abbildungen in Fig. 62, 81a und 83. Sie ist eine Reservefalte, da
sie bei starker Füllung der Blase vollständig verstreicht. Auch der quere
bei Kindern meist sehr deutliche Theil der Douglas'schen Falte pflegt bei ge-
füllter Blase zu verstreichen, wälirend er bei Füllung des Rectum sich mehr
anspannt. Vgl. den Abschnitt: „Douglas'schcr Raum" bei der Besprechung der
weiblichen Beckenorgane.
Befestigungen der Blase.
Die Blase des Mannes wird in ihrer Lage festgehalten einmal durch das
Bauchfell und die Fascia vesicac, welche bereits Gegenstand der Be-
sprechung waren. Beiderlei Bildungen tragen übrigens, namentlich bei leerer
Blase, nur wenig zur Befestigung bei; wirksamer sind sie allerdings bei ge-
füllter Blase. Die Fascia vcsieae wird wichtig durch ihren wiederholt hervor-
gehobenen Zusammenbang mit der parietalen Beckenfascie, welche letztere mit
den festen Aponeurosen und Fascien der Dammregion in Verbindung steht.
Wichtigere Befestigungsmittel sind: die Prostata, die Ligamenta
ümbilicalia und puboprostatica, ferner die Musculi pubovesi-
<iales und rectovesicalcs. Hierzu kommen noch die Ge fasse.
Indem die Blase mit der Prostata, im wesentlichen durch den Zusammen-
hang der muskulösen Elemente, fest verwachsen ist, die Prostata aber wieder
^it der Pars membranacea der Harnröhre und dem Trigonum urogenitale
S'-usammenhängt und durch dieses fixirt ist, wird die Prostata zu dem wich-
tigsten Befestigungsmittel der männlichen Blase. Dazu konmien vorn die
Ligamenta puboprostatica, welche vom Perioste der Symphyse und von den
Arcus tendinei fasciae pelvis und den Arcus musculi levatoris ani ausgehen;
sie inseriren hauptsächlich an der Prostata, aber auch an der Blase. Zwischen
beiden Ligamenten ist eine von oben zugängige Vertiefung, in deren Grunde
der Plexus pudendalis (S. 216) liegt (Fig. 64). Verstärkt werden diese Liga-
'^ente durch glatte Muskelbündel, welche in ihnen verlaufen; auch isolirt ver-
laufende Muskclchen lösen sich von der Blasenwand ab und ziehen zwischen
^en Venen des genannten Plexus hindurch zur Symphyse; alle diese Bündel
Verden als Musculi p u b o v e s i c a 1 e s bezeichnet.
Als Musculi rectovesicalcs sind Fasern zu bezeichnen, welche
*ö der Basis der serösen Ligamenta rectovesicalia verlaufen, und mit der
Prostatakapsel und der Fascia recti zusammenhängen, S. 268. Selten erstrecken
sie sich beim Manne bis zum Sacrum.
Der Musculus levator ani soll nach Disse 1. c. [S. 305] ebenfalls zur Be-
festigung der Blase (Prostata) beitragen^ indem seine an der Prostata vorbeistreichen-
^en Ränder durch straffes Bindegewebe an die Kapsel des Organes angeheftet seien,
302 Gefässe der Blase.
Die vom Scheitel der Blase abgehenden Ligamenta umbilicalis
medium (der obliterirte Urachus s. w. u.) und 1 a t e r a I i a (die obliterirten
Nabelarterien, s. S. 248) sind insbesondere bei Kindern wichtige Befestigungs-
mittel des Organes; sie halten die gefüllte Blase an der vorderen Bauchwand,
mit der sie sonst nur locker verbunden ist, fest.
Da die von der Seitenwand unten und hinten zur Blase gehenden
Arterien nur klein sind, so kommen sie nicht sonderlich in Betracht. Das-
selbe gilt von den Venen, die hauptsächlich mit dem Plexus vesicoprostaticus
zusammenhängen, und durch diesen mit den Venen der Symphyse, des Penis,
des Dammes und des Rectum.
Alles in allem wirkt jedes einzelne der genannten Befestigungsmittel,
mit Ausnahme der Prostata, für sieh nur wenig; alle zusammengenommen
fixiren die Blase jedoch in namhafter Weise, insbesondere unten und vorn.
Praktisch wichtig ist, dass die Blase nach unten hin am wenigsten verschieb-
lich ist, wegen der Befestigung am Beckenboden. Nach oben und, oberhalb
der Symphyse, auch nach vorn kann sie sowohl im ganzen erheblich ver-
schoben werden, als auch in einzelnen Theilen, besonders in der oberen Wand,
welche bei der Füllung der Blase freien Spielraum hat, während die untere
fixirt bleibt.
QefUsse der Blase.
a. Arterien.
Die Arterien der Blase werden eingetheilt in obere und untere.
Die Arteriae vesicales superiores entspringen in je einem oder mehreren
Stämmchen aus dem offen bleibenden Theilc der A. umbilicalis; sie ver-
sorgen die Scheitelpartie der Blase bis etwa zur Mitte des K(">i-pers hin ; feine
Zweige begleiten den ürachus und gehen Anastomosen mit der A. epig^'
strica inferior ein. Die Aa. vesicales inferiores sind die stärkeren
und sind meist selbständige Zweige der A. hypogastrica; sie treten häufig y^^
mehreren jederseits an die unteren Seitcntheile der Blase lieran und versorgen
Blascnkörper, Blasengrund und das Trigonum vcsicae.
Als hintore BLasen art orien werden noch kleine Z\vei*i'e der Am. liaemorrlioi-
dalew mediae (uterinae, Weib) bezeichnet, welche zur liinteren unteren Blasen wand
treten, als vordere benennt man Aestehen, welche nicht selten (Mann) von der A'
pudenda interna und (bei beiden Geschlechtern) von der A. obturatoria kommen. Wenn
der ^anze Stamm der A. pudenda interna oder eine sogenannte Arteria pudenda
accessoria oberhalb des Diaphragma pelvis bis zur Symphyse verläuft, Figg. 59 u. *Ji'
pfleg-en stärkere Blasenzweige von ihnen abzugehen.
Eine besondere chirurgische Bedeutung kommt den Blasenarterien nicb<^
zu; da ihre stärkeren Stämme von den Seiten her zur Blase treten, werden
sie bei den üblichen Blasenoperationen nicht gefährdet. Als der gefässreichste
Abschnitt der Blase wird der Blasenhals mit dem Trigonum bezeichnet, wäh-
rend die Gegend des Vertex gefässarm ist. Die Blasenarterien anastomosiren
unter einander.
Venen nnd Lymphgefässe der Blase. 303
b. Venen.
Die Blasenvenen sind neuerdings von H. Fenwiek^), dessen Beschrei-
bung ich folge, geschildert worden. Sie bilden drei reich entwickelte Plexus:
Plexus submucosus, niuscularis und s ubper i tonaealis^), welche
unter einander anastoniosiren. Die venösen Kapillaren, aus denen der sub-
ttiuköse Plexus sich entwickelt, lassen sich bei der Endoskopie der Blase
leicht erkennen. Der Plexus subperitonaealis vesicae (Figg. 52 u. 64) nimmt
schliesslich alle Blasenvenen auf und überliefert sie dem Plexus pudendalis und
den Plexus vesicoprostatici.
Ah der vorderen BlasenAvand findet sich ein vom Scheitel bis zur Grenze zwi-
schen mittlerem und unteren Drittel herabziehender medianer Venenzug, der sich
Unten gabelt, um seitlich an der Blase herum nach hinten und unten zum Plexus
vesieoprostaticus zu ziehen. In dem Felde zwischen den beiden Schenkeln des um-
gekehrten \ finden sich nur wenige kleine Venen. Dieser Venenzug ist für die
Sectio alta wichtig. — Hinten bilden nach Fenwick die Venen häufig ein H.
Nur das Rete submucosum und die kleinen Venen zwischen den beiden Schenkeln
des ^ sind klappenlos; alle übrigen besitzen einen starken Klappenapparat, insbe-
sondere beim Eintritte in den Plexus vesicoprostaticus.
Die Venen des Blasengrundes und des Trigonum ergiessen sich in
den hinteren Theil (Endtheil) des Plexus vesicoprostaticus; sie nehmen noch
auf die Venen der Prostata z. Th., die Venen der Samenblasen^ der Ampullen
der Ductus deferentes und des unteren Theiles der üreteren; alle diese sind
mit einem gut funktionirenden Klappenapparate versehen.
Bei älteren Leuten, insbesondere Männern, sind mitunter die submukösen Venen
des Blasenhalses varikös erweitert.
c. Lymphgefässe.
Man hat an der Harnblase zu unterscheiden die feineren Lymph-
gefässe der Muskelhaut und die grösseren von der Blase wegführenden
Lymphstämme, welche subperitonäal verlaufen; in ihren Lauf sind einige
kleine Lymphdrüsen, Lyraphoglandulae vesicales, eingeschaltet.
Lymphgefässe der Bl a s e n s c h 1 e i m h a u t sind noch nicht nachgewiesen ^).
Albarran*) beschreibt zwar ein dichtes Netz von Lymphkapillaren und grösse-
i'en Stämmen in der gesamten B 1 a s e n s c h l e i m h a u t auf Grund von Silber-
präparaten; ich kann jedoch (mit Gerota) die Vermuthung nicht abweisen, dass, den
1) Fenwick, H., The venous System of the bladder and its surroundings. The
Journ. of anat- and physiol. cond. by G. Humphry, Turner and Mc'Kendrick.
1885. Vol. XrX, pag. 320.
2) Gillette, P., Recherches anatomiques sur les Veines de la Vessie et sur les
l^lexus veineux intrapeiviens. Journ. de l'Anat. et de la Phvsiologie (par K o b i n).
1869, p. 470.
3) Gerota, D., lieber die Lymphgefässe und die Lymphdrüsen der Nabelgegend
Und der Harnblase. Anatom. Anzeiger, Bd. XII, Nr. 4. 1896. Ferner: Archiv für Ana-
tomie und Physiologie, Physiologische Abtheilung, 1897. S. 428. Hier ist eine irrthüm-
hche Angabe der Mittheilung im Anat. Anzeiger, betreffend das Vorkommen von
Lymphgefässen in der Blasenschleimhaut, richtig gestellt.
4) AI bar ran, J., Les tumeurs de la Vessie, Paris, 1892.
304 Nerven der Blase.
Abbildungen Albarran's und den Blutgefässinjektionen der Blase nach zu urtheile»,
Albarran Silberbilder von Blutgefässen erhalten habe.
Die Lymphgefässe der Blasenmuskulatur sind bei einiger Uebung nicht
schwer darzustellen. Ihre wegführenden Stämmchen ziehen zu dem die Arterfae uin-
bilicales, bezw. die Ligamenta vesicoumbilicalia lateralia umgebenden Fettgewebe,
in welchem stets einige Lymphdrüsen, Lymphoglandulae vesicales laterales m.
lagern; diese Drüsen sind z. Th. bereits von Mascagni 1. c. (S. 155) beschrieben
worden. Ausserdem wies Gerota in dem prävesicalen Fettgewebe noch andere
Lymphdrüsen, Lymphoglandulae vesicales anteriores m. nach. An der hinteren
Blasenwand fehlen die Lymphdrüsen.
Man kann obere und untere Blasenlyraphgefässe unterscheiden;
die oberen ziehen nach abwärts^ die unteren nach aufwärts zu den genannten
Lymphdrüsengruppen der Harnblasenwand. Von den letzteren gehen Stämme
zu den Lymphoglandulae hypogastricae, und zwar zu einer an der Haupt-
theilung der A. hypogastrica befindlichen Drüse; andere verlaufen zu Drüsen,
welche längs der A. iliaca externa, unterhalb derselben, gelegen sind (zu den
Lymphoglandulae iliacae BNA gehörig).
Nerven der Harnblase.
Die Nerven treten zur Harnblase aus zwei Quellen, einer oberen,
sympathischen und einer unteren spinalen.
Bei Thieren (Hund, Katze, Kaninchen), wo die anatomischen Verhältnisse ein-
facher und klarer vor Äugten liegen, ist die obere, sympathische Quelle gegeben
in dem sogenannten Nervus hypogastricus. Derselbe stammt aus dem sympathi-
schen Ganglion mesentericum inferius und zieht als grauer Nerv (nur vereinzelte
markhaltige Fasern wurden in ihm gefunden) vor den Körpern der Lendenwirbel znr
Seite des Rectum hinab. Im Becken trifft er — ich folge der von Griffiths (l ^*
Bd. XXIX) beim Hunde gegebenen Beschreibung— mit den markhaltigen spinalen
Blasennerven jederseits in einem ansehnlichen Ganglion zusammen. Von diesem
treten mehrere Fäden ab, welche einen Plexus mit zahlreichen eingestreuten
kleineren Ganglien bilden und aus diesem Plexus gehen dann die direkt zur Blase
ziehenden Zweige, obere, mittlere und untere ab; letztere entsenden bei männlichen
Thieren noch Zweige zum Anfangstheile der Harnröhre, bei weiblichen ausserdem
noch zur Gebärmutter und zur Scheide. Zum Ganglion mesentericum inferius, a^^^
zum Muttergebilde der sympathischen Blasennerven, treten Fäden aus dem Plexus
aorticus abdominalis und 2—3 Zweige aus dem lumbalen Grenzstrange. — ^^^
spinalen Nerven stammen (Hund) vom ersten und zweiten, bisweilen auch vom
dritten Sacralnerven; sie enthalten auch den Nervus erigens Eckhard^.
Gas kell bezeichnet sie als „Nervus splanchnicus pelvinus".
Aus diesem Verhalten lassen sich die seit den Untersuchungen von
Johannes Müller und Tiedemann beim Menschen bekannten anatomischen
Thatsachen, die eingehend in Valentins Nervenlehrc beschrieben sind, erst
verstehen. Beim Menschen liegt zur Seite der Blase, namentlich an deren Grunde,
ein starker gangliöser Plexus, Plexus vesicalis, welcher proximal Verbin-
dungen hat mit dem Plexus hypogastricus, d. i. dem primären Beckenplexus,
dessen einen sekundären Zweig er darstellt i). Beide Plexus hypogastriei
1) So viel ich sehe, sind die Ausdrücke: „primär" und „sekundär" beiden sym*
pathischen Plexus zuerst von L. Hirschfeld gebraucht worden (N<^vrologie, 1- ^'
Nerven der Blase. 305
schliessen jederseits proximal sich dem uiipaaren Plexus i n t c r i li a c u s an^
in welchen Fäden vom Ganglion mcsentericum infcrius eintreten. Dieses
wieder hängt mit dem Plexus aorticus abdominalis zusammen; in
letzteren aber sowohl, wie in den Plexus interiliacus gehen Fäden vom lumbalen
Grenzstrange ein. Wenn sonacli beim Menschen auch kein isolirter Nerv be-
^'^telit, ähnlich dem Nervus hypogastricus der Thiere, so haben wir in den vor-
stehend erwähnten untereinander verketteten Plexus unzweifelhaft die dem
Nervus hypogastricus entsprechende sympathische Blasen bahn
^Is eingelagert anzunehmen.
Klarer liegt die spinale Bahn beim Menschen vor, indem hier vom
•^- und 4, Sakraincrven, häufig auch vom 2., markhaltige Fäden in den
ßlasenplexus eintreten. Nach Hirsch! cid zeichnet sich in diesem Plexus
häufig ein jederseitig im Niveau des üretereintrittes Hegendes Ganglion aus.
Der Plexus vesicalis hat Verbindungen beim Manne mit den Plexus haemor-
i'boidalis, deferentialis, prostaticus und seminalis, beim Weibe mit dem Plexus
^terovaginalis.
Aus dem Plexus vesicalis gehen nun beim Menschen die direkten
^lasennerven hervor; sie sind vorwiegend marklos; ich finde jedoch, wie
^uch von anderer Seite ^) angegeben wird, auch markhaltige Fasern in die
Blasenwand bei Thieren eintreten. Griffiths läugnet, dass beim Hunde die
^ws dem Plexus vesicalis zur Blase tretenden Nerven noch markhaltige Fasern
führten-, Schaefer spricht sich über diesen wichtigen Punkt — s. w. unten
«physiologische Bemerkungen" — etwas weniger bestimmt aus 2). In der
Blasenwand finden sich auch beim Menschen reichlich Ganglienzellen
(R u d. Maie r, 1. c. inf .).
Die Handbücher z. Th. und die ENA. unterscheiden beim Menschen die aus dem
"lexus vesicalis abtretenden Nerven als obere und untere Blasennerven, Nn. vesi-
^''^les superiores und inferiores, und rechnen sie als Abkömmlinge der sympa-
thischen Beckenplexus dem S^^mpathicus zu. Daneben werden aber auch die aus
^6m Plexus pudendus (2, 3 und 4 Sakralnerven) hervorkommenden spinalen
lasenüste, welche zum Plexus hinzutreten, als „Nn. vesicales inferiores" aufgeführt,
^rauf bezieht sich meine Anmerkung-, S. 255, „dass die Nn. vesicales superiores aus-
schliesslich sympathischer Natur seien**. — Ich finde diese Nomenklatur nicht glück-
ich gewählt, insofern zwei verschiedene Dinge mit demselben Namen belegt werden;
berhaupt sind beim Menschen Nervi vesicales superiores und inferiores nicht gut
topographisch zu unterscheiden.
Was diejenigen Theile des Gehirnes und des Rückenmarkes an-
angt, die wir als Blasencentren anzunehmen haben, so wissen wir seit den
Untersuchungen von Budge, Nawrocki, Giannuzzi, Masius, Goltz u,A.,
^8. 252), Texte, p. 238; ich verwende sie gleichfalls, synonym mit den Bezeichnungen
»«centrale imd periphere Plexus'*, s. S. 256.
1) Vgl. Obersteiner: in Strickers Handbuch der Gewebelehre, Artikel: Harn-
blase. Leipzig, 1871. Kölliker, Gewebelehre, 5. Aufl., spricht von dunkelrandigen
Nervenfasern in der Blasenwand, Rud. Maier, Virchow's Archiv, 85. Bd. 1881. S. 57
^on feinen dunkelrandigen (also markhaltigen) Fasern auch in der Blasenschleimhaut.
2) Quai n 's anatomy, lOth edit. Splanchnology, p. 215. London, 1896.
Waldeyer, Das Becken. 20
306 Lage der Blase.
class das Reflexcent r um der Blasenbewegung bei Thieren im unteren
Lendenmarke gelegen ist; beim Menschen muss es in demjenigen Theile des
Rückenmarkes, aus dem die Wurzeln der Sakralnerven — nach Sarbo^ des
I. — IV. — hervorgehen, angenommen werden (vgl. die Bemerkung in Hermanns
Lehrbuch der Physiologie IL Aufl. S. 425). Dies Centrum wird natürlich auch
vom Gehirne aus beeinflusst.
Im Gehirne sind nach Bechterew zwei Blasencentren gelegen: ein
reflektorisches in der vorderen Abtheilung des Thalamus und ein
willkürliches nahe der Mantelkante, im inneren Theile des vorderen und
hinteren Abschnittes des Gyrus sigmoideus (Hunde und Katzen). Dies
Rindencentrum ist mit dem Thalamus -Centrum verbunden, letzteres wieder
durch die innere Kapsel und die obere Lage des Grosshirnschenkels mit dem
Rückenmarke 2). Ob das unstreitig als ein Sammelheerd wirkende Tha-
lamuscentrum noch anderweite centrale VerbinduDgen hat, ist unbekannt,
aber wegen der fast vom gesamten Körper her auszulösenden Blasenreflexe wohl
anzunehmen.
IsKge der HarBblase.
Holotopisch bildet die Blase mit der Prostata das unterste und
vorderste Eingeweide des menschlichen Körpers, wenn wir von den
äusseren Geschlechtsorganen, insbesondere vom Hoden, absehen. Sie ruht;
durch Vermittelung der Prostata, auf dem Beckenboden und liegt mit ihrer
vorderen Wand dicht hinter der Symphyse. Im leeren Zustande liegt sie
bei Erwachsenen völlig im kleinen Becken, während sie bei starker Füllung
~ bei Kindern auch als leeres Organ — mit einem beträchtlichen Stücke m
die Bauchhöhle emporragt.
Meist ist die Blase symmetrisch zur Mittelebene des Körpers gelegen; sie kann
jedoch auch, in Folge von Verwachsungen oder durch den Druck benachbarter Ein-
geweide, vorübergehend oder dauernd verschoben werden. Vgl. hierzu die Bemerkung^
über die Rechtswendung des Scheitels der gefüllten Blase S. 298.
Was die Lage der Blase zumr Skelete angeht, so ist ihre wichtig^
Beziehung zur Symphyse schon wiederholt erwähnt worden. Für genauere
Angaben gilt es, bei der Beweglichkeit des grössten Theiles des Organes
und seiner mit dem Füllungsstande veränderlichen Form und Ausdehnung, einen
möglichst feststehenden Punkt desselben ausfindig zu machen, dessen Lage znm
Skelete zu bestimmen ist. Es ist dies, wie insbesondere Disse^), dessen An-
gaben ich grösstentheils folge, dargethan hat, das Orificium urethrae intei"
1) Sarbo, Beitrag zur Lokalisation des Centrum für Blase, Mastdarm nn
P^rcjktion beim Menschen. Ar eh. f. Psychiatrie und Nervenkrankh. Bd. 25. 1894. S. 40 •
2) Bechterew und Mislawsky, Die Hirncentra für die Bewegung der Ham
blase. Neurolog. Centralblatt 1888, Nr. 18.
3) Disse, J., Untersuchungen über die Lage der menschlichen Harnblase un
ihre Veränderung im Laufe des Wachsthums. Anatomische Hefte, herausgegeben vo
Fr. Merkel und R. Bonnet. Heft I. 189L S. 1.
Lage der Blase. 307
tium, die innere Harnröhrenmündung. Dieselbe ändert ihren Platz nur,
wenn die Blase als Ganzes verschoben wird, und auch dann höchstens
um 1—2 cm (Langer) i). Sie liegt im Mittel 5,5 cm von der Konjugata des
Keekeneinganges entfernt (Länge der von der Harnröhrenmündung auf die Kon-
jugata gefällten Lothlinie). Von der zwischen Angulus pubis und dem unteren
Ende des V. Kreuzbein wirbeis gezogenen Geraden, welche Disse mit
ßecht der Linie zwischen Angulus pubis und Steissbeinspitze vorzieht,
betrugen die Entfernungen 2—22 mm.
Der Abstand der inneren Harnröhrenmündung vom oberen Ende der Sym-
physe belief sich auf 6 cm im Durchschnitte (nach den in der Disse'schen
Tabelle mitgetheilten Maassen). Diese Maasse zeigen, dass man beim hohen
Blasenschnitte mit dem Finger stets noch das Orificium urethrae internum
einreichen kann.
Von der Innenfläche der Symphyse ist die Vorderwand der leeren Blase
Verschieden weit entfernt; vom oberen Rande nach meinen Messungen bei Er-
wachsenen = rund 0,5—1 cm, vom unteren Rande = 0,1 — 2 cm, von der Mitte
= 0,1 — 0,2 cm. Bei der Füllung rückt sie noch näher heran. Die innere
Harnröhrenmündung steht vom nächstliegenden Punkte der Symphyse ab bei
Männern = 2 cm, bei Weibern = 1,5 cm. Alle diese Maasse werden von ver-
schiedenen Faktoren beeinflusst, insbesondere jedoch vom Füllungszustande
des Rectum, worauf wir gleich zurückkommen, und von der Grösse der
i^rostata. Der Füllungszustand der Blase selbst hat kaum einen Eiufluss.
Eine durch das Orificium internum urethrae gelegte H o r i z o n t a I e b c n e
*^ällt meist in das Niveau des 4. und 3. Steisswirbels, kann aber auch bis
^^um zweiten hinaufreichen; die verschiedene Krümmung und Länge des Steiss-
deines kommt hier mit in Betracht. In Figur 68 steht bei übermässiger
ßlasenfüllung das Orificium internum tiefer als die Steissbeinspitze. Dieselbe
Horizontale trifft bei leerer Blase und richtiger Beckenneigung in die obere
"älfte der Symphyse, meist in die Grenze zwischen oberem und mittlerem
I^rittel derselben. D e 1 b e t, I. c. p. 208, gibt die Grenze von unterem und
mittlerem Drittel an; das triffi wohl für die stark gefüllte Blase zu, s. Fig. 68,
uicht jedoch für die leere; — s. die Figuren von Braune, v. Bardeleben,
*op. chir. Atlas, und Disse, 1. c, sowie Fig. 66 hier.
Dass die Blase bei starker Füllung die seitliche Beckenwand erreicht,
^urde erwähnt.
Was das Verhältniss des Blasenscheitels zur Symphyse und zur Ebene
d^s Beckeneinganges anlangt, so steht er bei leerer Blase Erwachsener noch
Unterhalb des oberen Symphysenrandes, oder höchstens in dessen Niveau,
ß^i gefüllter Blase kann sich der Scheitel bis zu 5 cm und mehr über den
^l>eren Symphysenrand erheben und somit die Konjugata weit überragen;
^aximalfüUung bringt selbst die durch den Scheitel der Blase gelegte Hori-
1) Langer, C. v., Zm* Topographie der männlichen Harnorgane. Wiener mediz.
'^^hrbücher I. 1862.
308 Lage der Blase.
zontalc weit über das Promontorium hinauf (Fig. 68). Die gefüllte Blase
kann jedoch auch unter dem Niveau der Ebene des Beckeneinganges bleiben,
und zwar 1) wenn ihre Längsaxe parallel der Konjugata gerichtet ist «n^
2) wenn das Rectum leer ist.
Der Einfluss der Füllung des Rectum auf den Stand der Harn-
blase ist einer der wichtigsten Punkte in der topographischen Anatomie der
Beckenorgane. Langer 1. c. (S. 307) hat wohl zuerst darauf hingewiesen.
Erst bei Füllung des Rectum kann man sicher sein, dass die gefüllte Blase
mit ihrer Scheitelpartie über den oberen Rand der Symphyse für operative
Zwecke hinreichend emporragt, und sich, was gleichfalls wichtig ist, der
vorderen Bauchwand dicht anlegt, so dass sie bequem zugängig ist (hoher
Blasenschnitt). Man erzielt diese Erhebung der Blase nach den Ermittelungen
Braune's und Garson's^), Petersen's^) und Fehleiscn's'*) durch chirur-
gische Füllung der Blase und gleichzeitige Ausdehnung des Rectum durcn
einen Prokteurynter, wodurch der Blasenhals nach vorn gehoben und damit
ein beträchtlicherer Theil der bauchfellfreien Vorderwand der Blase über den
oberen Symphysenrand hinaus gerückt wird (4—7 cm). Die Wirkung ist äugen'
fälliger bei Männern als bei Weibern; man darf aber bei letzteren nicht etwa
die Scheide zur NebenftiUung wählen, weil das Rectum, seiner Lage «nd
Richtung wegen, allein geeignet ist, eine ergiebige Verschiebung nach vorn un^
oben bei seiner Erweiterung zu bewirken. Der Prokteurynter soll nicht mehr als
300 — 400 ccm fassen und darf aus naheheliegenden anatomischen Gründen -^
s. S. 277 — nicht über die Pars ampullaris hinaus nach oben geschoben
werden. Wegen der Füllung der Blase s. S. 290. Es ist nach Lage der Ding^
leicht einzusehen, dass bei diesem Verfahren die Prostata sowie die Pars mem-
branacea der Harnröhre gedehnt werden.
Prostatahypertrophie und andere Beckentumoren sowie reichliche Fett-
ablagerung in der Fossa ischiorectalis können ebenfalls einen Hochstand de
Blase herbeiführen.
Bei Wei b er n' steht das Orificium internum urethrae tiefer als bej
Männern — im Mitt^ 6 cm unterhalb der Conjugata-Ebene — ; der Scheite
der massig gefüllten Blase erreicht die Ebene des Beckeneinganges nicht-
Dies beruht auf dem Fehlen einer Prostata, und es muss daher der Tiefstan
der Weiberblase als ein Geschlechtsunterschied bezeichnet werden.
Skeletotopie der Blase bei Kindern. Hierüber haben insbe-
sondere Disse und Mettenheimer I.e. [S. 314] genaue Aufschlüsse gegeben-
Bei neugeborenen Knaben wie Mädchen steht die (leere) Blas^ .
1) Garson, Die Dislokation der Harnblase und des Peritoneum bei Ausdehnung
des Rectum. Arch. f. Anat. und Physiol. Anat. Abth. 1878. S. 171. Siehe auch: The
effect oi Distension of the Rectum on the other pelvic viscera. Brit. med. J*^^'^
London, 1882.
2) Petersen, Arch. für klin. Chirurgie. 1880.
.3) Fehleisen, Ueber die Verschiebung der Harnblase bei der Tamponade
Rectum. Arch. für klin. Chirurgie. 188.5. Bd. 32. S. 56.'5.
Lage der Blase. 309
sehr hoch; das Orificium internum urethrae liegt nur etwas unterhalb der Ebene
des Beckeneinganges, der Blasenscheitcl weit darüber (2,5—3 cm). Der grösste
Theil der Blase liegt der vorderen Bauchwand dicht an, so dass es aussieht,
als ob die letztere in der Bauchwand selbst gelegen wäre (Gegenbaur)^).
Am p:nde des 2. Lebensjahres steht der Scheitel der leeren Blase schon
in der Ebene des Beckeneinganges. Die Blase ist also beträchtlich tiefer
gerückt; der Scheitel der gefüllten Blase erhebt sich jedoch noch stets über
^lie Symphyse. Im 2. Lebensjahre bildet sich der Blas engrund aus. Bis
zum Beginne des 4. Jahres senkt sich die Blase stark.
Von da ab bis etwa zum 9. Jahre findet eine langsamere Senkung der
Blase statt, jedoch kann schon bei Kindern dieses Alters selbst die gefüllte
Blase ganz im kleinen Beckenraume bleiben. Bis zum 14. Jahre zeigt sich,
^ie es scheint — es sind noch zu wenig Daten vorhanden — keine weitere
Aenderung in der Blasenlage; dann, mit dem Beginne der Pubertäts-
entwicklung, kommt wieder eine Periode rascherer Senkung, die mit dem
17.-20. Jahre zu dem dauernden Stande führt. Bei weiblichen Kindern ist
<Jer Ablauf der Blasensenkung im ganzen ebenso; nur scheint der Status der
Erwachsenen etwas früher erreicht zu werden.
Die Ursache des Herabsteigens der Blase liegt augenscheinlich, der Haupt-
sache nach, in der vom L Lebensjahre bis zur Vollendung des Wachsthumes
fortschreitenden Erweiterung der Beckenhöhle, welche auch in senkrechter
Richtung erfolgt. Da die Blase mit den im Beckenboden ausgespannten
fascialen und muskulösen Apparaten in fester Verbindung steht, diese aber
niit dem Tiefenwachsthume des Beckens hinabrücken, so muss die Blase
*'olgen, falls, wie es thatsächlich der Fall ist, ihre oberen Befestigungen
lockerer sind.
Disse berichtet über zwei Fälle von dauerndem Hochstande der Blase bei
einem 7jährigen und einem 19jährigen Mädchen nach Beobachtungen an den lebenden
I^ersonen. Im gefüllten Zustande bildete hier die Blase einen flachen für das Gesicht
^«d das Gefühl erkennbaren Tumor, der an einen schwangeren Uterus erinnerte,
^^er nach vollzogener Harnentleerung, die ohne Störung erfolgte, völlig schwand,
^eber die Ursache dieser Lagehemmung konnte nichts ermittelt werden.
Syntopie der Blase. Oben gehen vom Blasenscheitel mitten der
^rachus (Ligamentum umbilicale medium), links und rechts die
Ligamenta umbilicalia lateralia ab. Beim Manne decken Dünn-
darnischlingen die Blase, sowie das Colon pelvinum; bei stärkerer Füllung
können auch das Caecum und der Wurmfortsatz in Betracht kommen. — Bei
leerer Blase zeigt sich die Plica vesicalis transversa (s. S. 300).
Hinten am Fundus haben wir seitlich und mehr oben die Ureteren,
f^ diese medianwärts anschliessend die Samenblasen, welche, je nach
ihrer Füllung, einen verschieden grossen Theil der Blasenwand decken
l^önnen; sie sind von der Blasen wand, s. Figg. 113 u. 114, noch durch ein
dünnes Fascienblatt, welches einen Theil der Fascia vesicae bildet, geschieden.
1) Gegenbaur, 1. c. (S. 212) VI. Aufl.; 1895. S. 408.
310 Lage der Blase.
Weiter medianwärts kommen dann die Ampullen der Ductus
deferentes. Zwischen diesen bleibt die Pars interampullaris der
hinteren Blasenwand frei, nur durch die Fascia vesicae und lockeres Fett-
bindegewebe vom Rectum geschieden (s. S. 277 und 298). — Die Samenblasen
und die Ampullae deferentiales reichen bis zur Prostata hinab, welche auch
noeh einen kleinen Theil der hinteren Blasenwand decken hilft. Bezüglich
des Verhaltens des Bauchfelles zu diesen Theilen vgl. S. 298.
Die Ductus deferentes biegen am oberen Ende ihrer Ampulle fast
rechtwinklig lateralwärts um, indem sie das obere Ende der Samenblascn
umkreisen; diese ümbiegungspartie der Samenleiter liegt dicht an der hinteren
Blasenwand und ist vom Bauchfelle bedeckt. Da, wo weiter lateralwärts
Ureter und Ductus deferens sich kreuzen, liegt der letztere vor und median-
wärts von dem Ureter, d. h. näher der Blasenwand an; das obere Ende der
betreffenden Samenblase legt sich gewissermaassen zwischen beide Gänge.
Bei seiner Einmündung in die hintere Blasenwand liegt der Ureter zwi-
schen Harnblase (nach vorn) und oberem Theile der Samenblase (nach hinten)-
Vergl. hierzu die Figuren 60 und 61; in letzterer sieht man namentlich
links, da, wo Ureter und Ductus deferens abgeschnitten dargestellt sind, diese
Verhältnisse.
Durch die Excavatio rectovesicalis getrennt, steht die Pars pel'
vi na recti zur hinteren Wand des Fundus vesicae in Beziehung. Wir sahen,
dass bei leerer Blase sich Dünndarmschlingen in die Excavatio einschieben;
bei stark gefüllter Blase werden sie verdrängt und Blase und Rectum liegen
dann dicht einander an.
Unten ruht die Blase in kontinuirlichem Uebergange auf der Prostata,
und es setzt sich hier die Pars prostatica urethrae aus ihr fort; vor und
oben an der Prostata kann als untere Begrenzung, namentlich der gefüllten
Blase, noch der Plexus pudendalis genannt w erden.
Seitlich kommen die S. 236 genau in ihrer Lage geschilderten, an der
Beckenwand gelegenen Theile in Betracht; sobald die Blase gefüllt ist, ü^?*'
sie denselben dicht an. Sie berührt dann, nur durch die Fascien, Fett, GefässC;
Nerven und Ductus deferentes getrennt, welche aber wenig Raum einnehmen?
die Musculi levator ani und obturator internus (Fig. 111); ^^
ihrer unteren Seitenfläche findet sich der Plexus venosus vesico-
prostaticus.
Besonders wichtig sind die syntopischen Verhältnisse der Harnblase nach
vorn, wegen des mehr und mehr in Aufnahme kommenden hohen Blasen-
schnittes.
Ich verweise auf die S. 220 gegebene tabellarische Aufzählung der
Schichten, welche zwischen der äusseren Haut und der vorderen Blasen-
wand liegen, sodann auf die S. 221 — 229 erfolgte genaue Schilderung und die
dort stehenden und citirten Abbildungen, insbesondere auf die Figuren 59^
und 59 b, 78, 79 und 80, sowie 83, wo der zwischen Blase und Sy^'
pliyse gelegene, auf dem Medianschriittc dreieckig erscheinende untere Fett-
Untersuchung' der Blase; operative Zugänge. 311
körper (11) zur Ansicht gebracht ist. Eine grössere Fettansammlung (oberer
Fettkörper) findet sich häufig auch vor der Scheitelpartie der Blase (10 in Fig.
83). Auch das S. 303 über die Blasenvenen Gesagte ist zu vergleichen.
Vorhin, S. 307, wurden die Entfernungen zwischen vorderer Blasenwand und
hinterer Öyniphysenfläche angegeben.
Idiotopie der Blase. In dem bisher gesagten, namentlich in der Be-
schreibung der Blasenform und der der Innenfläche des Organes, ist bereits
Manches zur Idiotopie gehörige enthalten. Wenn wir kurz das wichtigste
5'^nsammenstellen, so wäre Folgendes hervorzuheben: Das Orificium internum
^^*cthrae nimmt die tiefste Stelle der inneren Blasenwand ein. Wenn
^Jn grosser divertikelähnlicher Bas-fond vorhanden ist^ wie nicht selten bei
alteren Männern, so kann dieser, insbesondere bei ausgedehnter Blase noch
tiefer liegen. Die beiden üreterenmündungen (vgl. Fig. 66 a)
liegen seitlich in der Basis des Trigonum, und, bei leerer Blase, ebenso wie
^i^se Basis, etwa 3 — 4 mm höher als die innere Harnröhrenmtindung; bei ge-
füllter Blase rücken sie höher hinauf und entfernen sich bis zu 4 cm von
Einander; sonach liegt das Trigonum schräg von hinten oben nach vorn
^J^ten abgedacht, und zwar umsomehr, je stärker die Blase gefüllt ist. —
Der Abgangspunkt des ürachus von der Harnblase liegt selten genau im
Vertex, meist rückt er etwas tiefer auf die vordere Blasenfläche hinab.
Untersaohung der Blase bei liebenden. Operative Zugäng^e zur Blase.
Die Untersuchung der Blase geschieht, abgesehen von den Auf-
^eblüsscn, welche uns die Prüfung des Harnes gewährt — wir sehen von dieser
hier ab — durch Inspektion von aussen her, durch Palpation, durch die
^^ndirung von der Harnröhre, oder von einer künstlichen oder pathologisch
^^^tstandenen Oeflfnung aus, durch Inspektion des Blaseninneren, Kysto-
^'^opie und durch die Skiagraphie (Durchleuchtung des Körpers mittelst
d^r Röntgen-Strahlen).
Bei mageren Bauchdecken können die Umrisse einer hochstehenden Blase von
^^ssen her gesehen werden (vgl. die Bemerkung S. 309). Die Palpation geschieht
^^n den Bauchdecken aus, oder vom Rectum (Mann) bezw. von der Scheide aus. Auch
^eiiTi Weibe kann die Rektalpalpation mit eingeführter ganzer Hand wichtige Auf-
**chiüsse ergeben. Die bimanuelle Palpation, ferner die Unterstützung der Scheiden-
Jl^er Rektalpalpation durch eine in die Blase eingeführte dicke Sonde liefern die
^^sten Resultate.
Die Basis der Blase ist nur vom Rectum oder von der Scheide aus zu erreichen ;
^lls ein tiefer Bas-fond besteht, wird auch dieser leicht zu konstatiren sein, am besten
Unter Zuhülfenahme der Sondirung. Ueber diese und den Katheterismus vergl. das
^Pitel „Harnröhre des Mannes**.
Die Sondirung der Blase und die Kystoskopie sind in neuerer Zeit, insbesondere
J^Ui'ch Tuchmann, Dittel, Grünfeld, Guyon, Nitze u A, ausgebildet worden;
^^h halte mich in der nachfolgenden kurzen Darstellung im wesentlichen an das
^^hrbuch Nitze'si).
1) Nitze, M., Lehrbuch der Kystoskopie. Wiesbaden, Bergmann. 1889.
312 Untersuchung der Blase; operative Zugänge.
Mit der kurzschnabligen Blasensonde kann man, auf dem Blasenboden hingleitend,
die Harnleiterwülste fühlen, in der Art eines „Holperns" der Sonde. Nachdem Simon
zuerst beim Weibe die Ureterenmündung sondirt und Tuchmann sie mit der „Harn-
leiterpincette" bei sich selbst zugeklemmt hatte, ist nunmehr ihre Sondirung unter
Leitung des Kystoskopes, insbesondere durch die Bemühungen von Nitze und Gas per*)
methodisch ausgebildet worden. Die Blasensonde kann ferner Aufschluss über die
Ausbildung eines Bas-fond, über die Existenz von Blasendivertikeln, baikige Hyper-
trophie der Muskulatur, Fremdkörper, Steine u. a. m. geben. Es kommt hier vor allem,
wie auch bei der Kystoskopie, darauf an, dass das Instrument nach bestimmter Reg^l
geführt wurd.
Während die am Lebenden bei chirurgischen Operationen eröifnete Blase meist
ein lebhaft rothes Kolorit (fast himbeerroth) zeigt, erscheint sie in der kystoskopischen
Beleuchtung heller (hell gelbroth, oder fast rosaroth, zuweilen noch heller, ähnlich der
Conjunctiva bulbi) — man muss mit rein weissem Lichte untersuchen und das Glüh-
lämpchen des Kystoskopes nicht zu nahe an die zu beleuchtende Stelle heranbringen.
Die Schleimhaut erscheint im ganzen glatt, insbesondere die des Trigonum,
welche zugleich ein gelb glänzendes Aussehen zeigt. Man kann die Muskelvor-
sprünge erkennen sowie die Gefässe, insbesondere die arteriellen. Nitze gibt an,
dass er Venenektasien am Trigonum noch nicht beobachtet habe. Mehrfach ist das
Gefässbild der Blase mit dem der Netzhaut im Augenspiegelbilde verglichen worden.
Charakteristisch ist das Bild, welches man beim Eindringen des Kystoskopes in
die Blase wahrnimmt. Man sieht dann auf dem runden Gesichtsfelde einen hellen
Theil und einen dunklen halbmondförmigen; dieser entspricht dem Orificium urethrae
internum. Dies Bild erscheint in dem Augenblicke, in welchem der Spiegel des In
strumentes die Harnröhrenöffnung passirt. Das dunkle Feld verschwindet, sobald der
Spiegel gänzlich im Inneren der Blase liegt.
Zur Orientirung kann eine kleine Luftblase dienen, welche man in die Blase
eintreten lässt; dieselbe wird immer den höchsten Theil der Blase einnehmen; sie
reflektirt auch das Bild des elektrischen Lämpchcns.
Um die Harnleiterwülste und die Uretermündungen zu sehen, schiebt man
das Instrument so weit vor, dass der Spiegel gänzlich eingedrungen ist; dann dreht
man es, bis der Schnabel fast quer steht und schiebt langsam nach der Trigonum-
basis vor; man wird dann den einen Harnleiterwulst als etwas stärker glänzenden
Vorsprung in der Richtung von oben nach unten laufend, erkennen, und ebenso die
Ureterenmündung. Durch entsprechende Drehung des Instrumentes bringt man sich
dieselben Bildungen der*. Änderen Seite in Sicht. Vergl. die Figg. 70 u. 70 a. ^^^
Uretermündungen erscheinen öfters deutlicher, als an der Leiche (von der aufgeschnit-
tenen Blase aus gesehen). Man vermag auch — ich hatte Gelegenheit in der Güter-
bock'sehen Poliklinik dies selbst zu beobachten ~- den Austritt des Harnes aus den
Uretermündungen wahrzunehmen; derselbe erfolgt stossweise in Zwischenräumen von
einigen Minuten; man erkennt ihn an einem Anschwellen des Harnleiterwulstes und
an Bewegungen der Mündungen, welche von einem aufsteigenden Flüssigkeitswirbel
begleitet sind.
Die skiagraphische Untersuchung ergibt insbesondere bei Konkrementen
und Fremdkörpern werthvolle Aufschlüsse.
Operativ dringt man zur Blase, insbesondere zum Blascninneren vor
durch die Harnröhre mit dem Katheter und katheterähnlichen Instrumenten
(Lithotriptoren, Steinsonden) oder mit Glühschlingen unter Leitung des Kysto-
1) Casper, L., Der Katheterismus der Ureteren. Deutsche mediz. Wochen-
schrift. 1895. Nr. 7. (Mit Literaturangaben.)
Altersunterschiede der Harnblase. 313
skopes zum Abtragen von Neubildungen (Nitze*), ferner vom Damme aus —
Sectio perinealis — durch die Pars prostatica der Harnröhre, dann vom
Rectum oder der Scheide aus, und endlich von der Bauchwand unmittelbar
oberhalb der Symphyse aus — Sectio alta, Taille hypogastrique — .
Ueber die anatomischen Gesichtspunkte^ welche diese Handgriffe und
Operationen leiten sollen, wird später im Kapitel: „Operationsanatomie"
gehandelt werden. Ich führe hier bezüglich der anatomischen Verhältnisse der
Bauchwand unmittelbar oberhalb der Symphyse nur noch folgendes der S. 221
bis 229 und S. 311 gegebenen Darstellung hinzu:
Die Dicke der subkutanen Fettschicht ist sehr wechselnd; im Durch-
schnitt kann man 1 — 1,5 cm annehmen. Die subperitonäale Fettlage ist meist
gering, kann aber auch sehr beträchtliche Dimensionen aufweisen.
Löhlein^) fand bei einer 42jährigen Nullipara von 240 Pfund Gewicht und
138 cm Leibesumfang-, bei der er die Laparotomie auszuführen hatte, eine subkutane
"ettschicht von 11cm und eine subperitonäale Fettlage von 2 cm Dicke!
Von Interesse ist auch das Verhalten der Musculi recti abdominis.
Oelbet, 1. c. [S-. 290] macht die Angaben, dass am medialen Rectusrande die
Muskelfasern bereits wenige Millimeter oberhalb der Insertions-Sehne beginnen,
Während das lateral erst in einer Entfernung von 3 — 5 cm geschehe. Bei
schmalen Rectussehnen finde sich ein gut entwickelter Musculus pyramidalis,
hei breiten ein schwacher; endlich seien beim Weibe die Rectussehnen durch-
schnittlich breiter als beim Manne.
In der Höhe des queren Einschnittes bei der Sectio alta (2 cm oberhalb
<icr Symphyse) stehen die medialen Ränder des subkutanen Leistenringes weit
genug von einander ab, um für einen genügenden Schnitt Raum zu gewähren
"^ nach Delbet im Mittel 7 cm beim Manne, 8 cm beim Weibe (3,5 bezw.
4cm jederseits von der Medianlinie)^).
Altersantersohiede der Harnblase.
Die Blase Neugeborener und junger Kinder unterscheidet sich sowohl
durch die Form, wie durch die Stärke ihrer Wandungen, ihre Grösse,
ihr Verhältniss zum Bauchfelle und ihre Lage von der Blase Erwachsener.
Einiges davon wurde bereits vorhin S. 288 und 309 berührt; doch wird es sich
^öipfehlen, der üebersichtlichkeit halber, alles zusammenzustellen, was auf die
pi*aktisch so wichtigen Altersverschiedenheiten Bezug hat.
Die Form der Blase beim Fötus, bei Neugeborenen imd bei jungen Kin-
dern ist im leeren Zustande die einer Spindel; gefüllt nimmt sie Ei form oder
1) Nitze, M., Die intravesicale Operation der Blasengeschwülste. Centralbl. für
^ie Krankheiten der Harn- und Sexualorgane. Bd. VII. 1896.
2) Löhlein, Abtragung des carcinomatös erkrankten Corpus uteri von der
Bauchhöhle aus. Deutsche med. Wochenschrift. 1896, Nr. 12. Vereinsbeilage. S. 60.
3) Vergleiche zur Anatomie der vorderen Bauchwand noch: Ledderhose, G.,
^*e chirurgischen Erkrankungen der Bauchdecken und die chirurgischen Erkrankun-
§'en der Milz. Deutsche Chirurgie. Lieferung 45 b.
314 Altersunterschiede der Harnblase.
selbst die Form eines Cylinders mit abgerundeten Enden an; die umgekehrte
Flaschenform j welche Harrison^) erwähnt, habe ich nicht gesehen; vielmehr
fand ich beim Ovoid das geräumigere Ende unten. Die kontrahirte Blase be-
hält eine abgeplattete Form^), so dass sie sich von der erschlafften leeren Blase
kaum unterscheidet.
Ein Blas engrund, als stärker nach hinten vorgebuchtete Partie am
Uebergange der unteren in die hintere Wand felilt; derselbe bildet sich, wi6
bemerkt, erst mit dem zweiten Lebensjahre aus. — üreterenfalten, Trigonum und
Uvula vesicae treten weniger deutlich hervor; das Trigonum steht als Ganzes
mehr senkrecht; erst kurz vor Beginn der Pubertätszeit kommt es in die
schräge Dauerstellung. — Die Lichtung der leeren Blase erscheint als schmale?
ohne deutliche Grenze sich in die Harnrölire fortsetzende Spalte, ähnlich wie
es bei der Wciberblase der Fall ist.
Die Stärke der Wandungen ist etwa die Hälfte bis zwei Drittel von der
der völlig ausgebildeten Blase; der Unterschied zwischen hinterer und vorderer
Wand ist schon vorhanden, wenn auch nicht so deutlich ausgeprägt, wie später.
Die Kapacität der Blase Neugeborener beträgt bei starker Füllung im Mittel
80 — 100 cm ^). Im Ganzen kann man sagen, dass die kindliche Blase zwar
absolut viel kleiner, relativ jedoch grösser sei, als die der Erwachsenen.
Schon vorhin wurde, was das Verhältniss zum Bauchfelle angeht, die
Angabe Gegenbaur's erwähnt, dass beim Fötus die leere Blase wie in die
vordere Bauchwand eingelassen erscheine. Der Urachus geht bis gegen das
Ende der Fötalzeit noch genau vom Scheitel der Blase ab; von da ab rückt
er auf die vordere Fläche hinab; ein vorderer seröser Blindsack existirt nicht.
Seitlich reicht das Peritonäum bis zu den Umbilicalarterien, welche der Blase
dicht anliegen; dieselben sind, ebenso wie der Urachus, noch eine Zeitlang nach
der Geburt dicke Stränge, die am Scheitel der kleinen schmalen Blase dicht
an den Urachus herantreten.
Hinten reicht, wie angegeben, das Bauchfell in der letzten Fötalzeit und
beim Neugeborenen bis zur Prostata bezw. bis zur Horizontalebene der inneren
Harnröhrenmtindung^) hinab; es kann selbst noch ein Stück der Prostata tiber-
ziehen.
Die Gesamt läge der Blase ist eine weit höhere als im späteren Leben.
Dem S. 308/309 über die Topographie der Kinderblase Gesagten sei hier für
Neugeborene, nach Mettenheime r 's Befunden^), noch Folgendes angefügt:
1) Harris on, R., Todd's Cyclopaedia of Anatomy and Physiology, Bd. I, S.S^^
1836, Artikel: „Bladder«.
2) Kolli k er, A. v., Ueber die Lage der inneren weiblichen Geschlechtsorg^^*^'
Festschrift für J. He nie. Bonn, Fr. Cohen. 1882. 4. S. 53.
3) Eigene Messungen.
4) Syniington, The topographical anatomy of the child. Edinburgh, 1887.
5) Mettenheim er, H., Ein Beitrag zur topographischen Anatomie der Brust-,
Bauch- und Beckenhöhle des neugeborenen Kindes. Morphol. Arbeiten, herausge^*
von G. Schwalbe. Bd. III. S. 301. 1894. (Mit vollständiger Literatur.)
Altersunterschiede der Harnblase. 315
Die Vorderwand der Blase nimmt etwa Vs des Raumes zwischen Nabel und
Symphyse ein i) und liegt eine Strecke weit auf dem oberen Symphysenrande,
dessen Höhe auch das Orificium urethrae internum entspricht. Meist liegt nur
ein Viertel der Blase Neugeborener im kleinen Becken, drei Viertel ausserhalb
desselben (Metten heimer, Ballantyne). Im Mittel steht das Orificium
urethrae internum bei c^ Neugeborenen 7,7 mm, bei $ 6,25 mm unterhalb der
Conjugata vera, und 15,7 a^, 9,88 $ oberhalb des Diam. r. ang. pelvis.
Vergleichen wir das S. 93 über die Beckenentwicklung Angeführte mit
dem S. 309 über die Topographie der Kinderblase Gesagten, so zeigt sich,
dass die Lageveränderung der Blase eng an die Form- und Raumveränderung
des kleinen Beckens geknüpft ist imd mit dieser gleichen Schritt hält.
Das Bauchfell folgt der Senkung der Blase in den ersten beiden Jahren
niclit in gleichem Maasse, so dass meist mit dem dritten Lebensjahre schon
ein Stück des Blasengrundes frei wird, und nur durch subperitonäales Binde-
gewebe und die Fascia rectovcsicalis vom Rectum getrennt ist. Doch zeigen
sich viele individuelle Verschiedenheiten. Bei Neugeborenen beträgt die Ent-
fernung des Fundus excavationis rectovcsicalis von der Mitte der Analöffnung
25 mm; bei zweijährigen Knaben 48 mm (Disse 1. c. [S. 306] p. 56).
Blase alter Leute (Greisenblase). Bemerkenswerth sind auch die mit
dem höheren Alter eintretenden Blasenveränderungen. Die Blase ist durch-
schnittlich ein wenig grösser, als bei jüngeren Erwachsenen; sie gewinnt
namentlich in der Breite. Die Energie ihrer Muskulatur, wohl aber auch die
ihrer Innervirung nimmt ab, obwohl wir häufig ein stärkeres Hervorragen der
submukösen Muskelbalken sehen, was sich bei bestehenden Erschwerungen des
Harnabflusses zur Entwickelung einer sogenannten „Balkenblase" (Vessie ä
colonnes) steigern kann; hierzu gesellen sich dann nicht selten kleinere oder
grössere Divertikel. — Der Bas-fond ist deutlicher ausgeprägt, oft zu stö-
render Tiefe ausgesackt; das Trigonum springt stärker vor und ist dunkler
gefärbt, zuweilen mit erweiterten submukösen Venen versehen.
Die von Barkow beschriebenen Urethralmündungswülste der Schleimhaut
zeigen sich nicht selten, und bei der so häufigen Altershypertrophie der Prostata
springt unter der Luette vesicale oft ein sogenannter dritter Prostatalappen
vor. Zöttchen und Epithelknötchen werden, namentlich in der Umgebung der
Ürethralmündung, häufig angetroffen.
Die Färbung der Schleimhaut ist weniger lebhaft roth, sondern mehr
grau-violett. Die Blasenwand ist mitunter brüchiger und weniger elastisch;
^las subperitonäale Fett ist meist reichlicher, zuweilen mit lappigen Appendices,
ähnlich denen des Darmes versehen.
Falls keine Prostatahypertrophie besteht, ist der Stand der Blase bei
Mageren alten Leuten durchschnittlich ein tieferer, als bei jüngeren Erwach-
senen; die Blase liisst sich dann auch schwer zu genügender Höhe über die
1) Symington, 1. c.
316 Harnblase: Maasstabelle.
Symphyse durch Anfüllung bringen, und auch dann pflegt ein tieferer vorderer
peritonäaler Blindsack zu bleiben.
Testut, citirt bei Roraaryi), beobachtete bei einem 92jährigen Manne eine
starke Blasenfüllung, so dass deren Scheitel nahe am Nabel stand; hier fand sich ein
sehr tiefer peritonäaler Blindsack, indem dessen Grund sich nur 18 mm über der
Symphyse erhob. Bei Prostatahypertrophie treffen wir meist wieder einen höheren
Blasenstfind auch bei alten Leuten^).
Maasstabelle.
I. Blasen Erwachsener.
a) Grösste Länge der leeren Blase 5 — ß cm
b) „ Breite „ „ „ 4 — 5 ^
c) ^ Dicke (Diameter antero-posterior) der leeren Blase 2 —2,5 p
Dieselben Maasse bei massiger Blasenfüllung (150 ccm):
a) Grösste Länge 7 —8 w
b) „ Breite 7—8 ^
c) „ Dicke 5 —6 »
Dieselben Maasse bei starker Füllung (500 ccm und darüber):
a) Grösste Länge 12 —14 ^
b) „ Breite 8 —10 »
c) „ Dicke 8 —10 „
II. Blasen von Neugeborenen und Kindern des ersten Lebensjahres.
Leere Blase:
a) Grösste Länge 2,5—3 cm
b) „ Breite 2,0 v
c) „ Dicke 0,5—1,5 »
Stark gefüllte Blase:
a) Grösste Länge 5 —5,5 cm
b) „ Breite 3 —5 »
c) „ Dicke 3 —4 n
Wandungsdicke der leeren Blase Erwachsener (Muskelwand + Schleim-
haut) hinten ... 0,8 —1,5 >»
Wandungsdicke der leeren Blase Erwachsener vorn 0,6 —0,8 cm
„ „ stark gefüllten Blase 0,2 —0,5 r
„ „ leeren Blase Neugeborener hinten 0,4 »
« „ „ „ „ vorn 0,2 —0,3 v
„ „ stark gefüllten Blase Neugeborener hinten ... 0,1 n
u „ „ „ „ „ vorn. . . . 0,05-0,07 n
Physiologische Füllung der Blase Erwachsener im Mittel 150— 200 ccm
Grenzen derselben 40— 500 »
Chirurgische Füllung 200— 300 »
Maxinialfüllung 700— 800 »
Füllung mit Gefahr der Zerreissung 1000—2000 »
Pathologische Füllungen steigen an bis 4CKX) ccm und
darüber.
1) Romary, L., Rapports de la region antcrieure de la Vessie avec le peritoine
aux differents Ages. These de Lyon. 1895. 4.
2) Vgl. über die Blase alter Leute ausser der Dissertation von Romary (1- c)-
Launois, De Tappareil urinaire des vieillards. These de Paris. 1885 und Miquct,
L*appareil urinaire chez l'adulte et chez le vieillard. Paris, 1894. Bailli6re et fils.
Harnblase: Maasstabelle. 317
Abstand der inneren Harnröhrenmündung vom oberen Symphy-
senrande: Erwachsener (Männer) 6,0 cm (Disse;
(Weiber) 6,2 „ ( „ '
von Kindern von 5 — 9 Jahren .3,0 „ ( „
Neugeborener 0,6— -1,0 „ ( „
Abstand der inneren Harnröhrenmündung von der Konjugata
Vera (J_): Erwachsener (Männer) 5,5 « ( „
(Weiber) 6,0 „ ( „
von Kindern von 5—9 Jahren 2,5—3,0 „ ( „
Neugeborener 0,3—0,7 » ( „
Abstand der inneren Harnröhrenmündung von der Disse'sclien
Linie des Beckenausganges (D. r. ang.):
Erwachsener (Männer) 0,2—2,2 » ( „ )
„ (Weiber) 0,4 „ unterhalb
0,7 „ oberhalb
von Kindern von 5—9 Jahren 0,3—1,4 „
Neugeborener 1,0—1,5 „
Abstand der inneren Harnröhrenmündung von der hinteren
Symphysenfläche Erwachsener in der Horizontalebene : Mann 3 cm
Weib 1,5—2,5 „
Entfernung vom nächsten Punkte der Symphyse: Mann ... 2 „
Weib . . . 1,0-1,5 „
Entfernung der Symphyse von der Vorderfläche der Muskel-
wand der Blase Erwachsener:
oben 0,5—1 „
in der Mitte der Symphyse 0,1—0,2 „
unten am Arcus (Angulus) pubis 0,1—2,0 „
(Die geringsten Maasse fanden sich bei Schwangeren; grossen Einfluss hat die
Entwicklung des ynteren Fettkörpers.)
Entfernung des Peritonäum von der Symphyse beim Umschlag
auf die Blase Erwachsener:
physiologische Füllung 1 — 2 cm
bei chirurgischer Füllung und gleichzeitiger Füllung
des Rectum 2 — 5 „
I>ieselbe Entfernung bei gefüllter Blase 2~8jähriger Kinder . 5 — 6 „
Entfernung des Fundus der Excavatio rectovesicalis vom Becken-
boden beim Fötus 0 „
Entfernung des Fundus exe. rectov. bei leerer Blase und leerem
Rectum gesunder Erwachsener vom oberen Prostatarande 1,2— -1,5 „
I^ieselbe Entfernung bei Füllung von Blase und Rectum nach
Delbet 5 — 7 cm
(Bei Kindern ist diese Distanz um so geringer, je jünger sie sind.)
Höhe des bauchfellfreien Trigonum interampullare bei
leerer Blase Erwachsener 1,5 cm
Höhe bei gefüllter Blase Erwachsener 5 — 7 „
ßreite desselben an der Basis 4,0 „
Entfernung des Scheitelpunktes der gefüllten Blase von der
Abgangsstelle des Urachus „ . 0,1—1,4 „
Entfernung beider Ureteren von einander beim Eintritte in
die Blasenwand ....^ 5—6 „
Entfernung beider Ureterenmündungen von einander im Inneren
der leeren Blase Erwachsener 1,2—2 „
Neugeborener 0,6—0,8 „
2,0-
0,7-
-4,0
-1,5
cm
1 -
2 -
-2
-3,5
»
318 Harnblase: Physiologische Bemerkungen.
Entfernung derselben bei gefüllter Blase Erwachsener . . .
Neugeborener . . .
Abstand der inneren Harnröhrenmündung von der Basis tri-
goni Erwachsener: leere Blase
•»e füllte Blase
Physiolog^lsche Bemerknngen.
Nach dem S. 304 ff. Mitgetheilten kommen für die physiologisclicii Lei-
stungen der Blase in Betracht:
1) die obere Nervenbahn,
2) die untere Nervenbahn,
3) der Nervus pudendus,
4) die lokalen gangliöscn Bläsencentren,
5) die Eückenmarkscentreu der Blase,
6) die Hirncentren der Blase.
Die obere oder sympathische Nervenbahn führt von der Blase beim
Menschen durch den Plexus sympathicus hypogastricus zum Plexus interiliacnS;
zum Ganglion niesen tericum inferius und zum Plexus aorticus; von diesen Plexus
zum sympathischen Grenz st ränge, und durch die betreffenden Rami com-
nmnicantes zu den unteren Lumbalnervenwurzeln und mittelst dieser zinn
Lendenmarke.
Nach den Experimenten an Thieren (Hunden, Katzen, Affen) laufen in dieser
Bahn sowohl centrif ugale, als auch centripetale Fasern. Die centrifugalen
Fasern sind kontraktil-motorische und relaxirend-motorische (hemmende). Die kon-
traktil-motorische Wirkung kann sowohl durch Reizung* der betreffenden Lumbal-
nervenwurzeln erzielt werden (Sh errington, Langley), als auch durch Reizung
des Nervus hypogastricus, welcher schliesslich die Fasern der oberen Bahn (bei Thieren)
zur Blase führt. Die Zusammenziehung ist nicht so bestimmt unilateral und ^veit
schwächer als die, welche von der unteren Bahn beherrscht wird, umfasst aber sämt-
liche Muskellagen der Blase. Wichtig* ist, dass in der oberen Bahn ein Reflex hem-
mungsmechanismus steckt: Reizung des centralen Endes des N. hypogastricus
erschlafft die kontrahirte Blase; Reizungen der einen Seite gehen dabei auf ^^^
andere über. Ob in dieser Bahn auch sensible Empfindungen bis zum Gehirn geleitet
werden, ist zweifelhaft.
Die untere Bahn führt von der Blase durch deren gangliöscn Plexus
und die sakralen Nervenzweige, denen auch die sogenannten Nervi erigentes
angehören, zu den Wurzeln des 2. — 4. Sakralnerven und mit diesen zu einem
zweiten und tiefer im Lumbaimarke gelegenen Centrum, dem Centrum vesi-
cospinale.
In dieser Bahn verlaufen diejenigen kontraktil-motorischen Fasern der Blase,
welche die stärkste Aktion ausüben und auch die, welche von dem willkürlichen
Blasenhirncentrum abwärts leiten; die willkürliche gewöhnliche Entleerung der Blase
steht also unter dieser Bahn. Reizung der betreffenden Sakralwurzeln sowohl, a^*»
auch der peripher zur Blase ziehenden Zweige bedingen starke Kontraktionen der
sämtlichen Blasenmuskeln einer Seite; der Effekt ist also ein unilateraler, aber totaler,
was die Schichten der Blase anlangt; eine besondere Aktion der Längsmuskeln u""
der Ringmuskeln hat sich experimentell, wenigstens mit wünschenswerther Sicherheit,
Harnblase: Physiologische Öemerkungen. 319
nicht erzielen lassen. Weiterhin laufen in dieser Bahn reflex-motorische Fasern
zur anderen Seite, und die hauptsächlichsten sensibeln Fasern der Blase zu den
höher gelegenen Theilen des Rückenmarkes und des Gehirnes. Reizung des peri-
pheren Endes der durchschnittenen sakralen Blasennerven einer Seite, gibt (sehwache)
Kontraktionen der anderen Seite, wenn die sakralen Blasennerven dort erhalten sind,
lerner allgemeine Konvulsionen und dyspnoisches Athmen.
Wir können dem Vorstehenden zufolge diese Bahn passend als die cerebro-
spinale, willkürliche Blasenbahn bezeichnen. Nach den Erfahrungen von Apolant
hezüglich des Verhaltens des Nervus oculomotorius zum Ganglion ciliare^) ist anzu-
nehmen, dass die motorischen markhaltigen Fasern der in Rede stehenden Blasenbahn
m den Blasenganglien mit Endbäumchen die sympathischen Ganglienzellen umgeben
Und so ihren Einfluss auf sympathische Neurone übertragen ; letztere erst würden mit
ihren Enden zu den glatten Muskelfasern herantreten. Die markhaltigen Nerven der
ßlasenschleimhaut wären dann als sensible anzusehen. Vgl. über diese Retzius, G.,
Biologische Untersuchungen, Neue Folge Bd. IV. 1892. S. 43, und Bd. VI. 1894. S. 63,
^0 eine eigenthümliche Endigungsweise der Art beschrieben wird, dass die Nerven-
^ndfäden, nachdem sie bis in die oberen Epithelschichten eingetreten sind, dort wieder
nmbiegen, um erst in den tieferen Epithellagen ihr knopfförmiges Ende zu finden.
Auch Kalischer, Sitzber. d. Preuss. Akad. d. Wissensch. 1894, sah Nervenfasern in
tias Blasenepithel eintreten.
Der Nervus pudendus kommt dadurcli in Beziehungen zur Blase, dass
ßv die Vcrsehlussmuskeln der Harnröhre (Muse, sphincter vesicae extcruus llcnle^
i^nd M. trigoni urogenitalis) versorgt. Ferner bringt Reizung seines peripheren
Endes Erschlaffung der Blasenrauskulatur zu Wege.
Nach Griffiths, 1. c. [S. 322] ist dies insofern von Wichtigkeit, als der Nerv damit
^u den reflektorisch hemmenden Blasenzweigen sich stellt. Von seinem peripheren Ver-
l>reitungsgebiete am Damme, am After und an den äusseren Genitalien können solche
lieflexe ausgehen und manche Fälle von Urinretention erklären, welche nach Opera-
tionen in dieser Gegend beobachtet werden. Ferner erzeugt er reflektorisch Ver-
schlusskontraktionen der gesamten Dammmuskulatur, welche mit dem Sphincter ani
^xternus beginnen, auf den Musculus trigoni urogenitalis und die übrigen Damm-
Muskeln übergehen und mit dem M. bulbocavernosus enden. Wollen wir die Blase
fest verschliessen, so setzen wir auch diesen ganzen Apparat in Thätigkeit, und die
Einhaltung dieser Reihenfolge, von hinten nach vorn weiter gehend, wirkt so, dass
tiabei der etwaige Inhalt der Urethra sicher nach der vorderen Mündung hin ausge-
*^Heben wird, während sich an der Pars membranacca der Abschluss vollzieht
(Oriffiths).
Gaule sowohl wie Griffiths sind der Ansicht, dass in den Ganglien der
blasen wand ein lokaler Reflexmechanismus wirksam sei, eine Ansicht,
^ler man wohl zustimmen kann.
Die Rückenmarkscentren der Blase sind vornehmlich die beiden in
*lie obere und untere Bahn eingeschalteten Heerde des Lurabalmarkes. Wie
^ie Versuche von Goltz 2) gelehrt haben, kann das untere mit den Sakralnerven
^Gi' Blase in Beziehung stehende Centrum, auch nach Durchschneidung des
1) Apolant, H., lieber die Beziehung des Nervus oculomotorius zum Ganglion
biliare. Arch. f. mikrosk. Anatomie und Entwicklungsgeschichte. Bd. 47. 189G. S. 655.
2) Goltz, Fr., und Freusberg, A., Die Funktionen des Lendenmarks des
Sundes. Arch, für die gesamte Physiologie von Pflüger. Bd. VIII. S. 4G0. 1874.
320 Harnblase: Physiologische Bemerkungen.
Rückenmarkes oberhalb dieses Centriims, die normale Funktion der Blase unter-
halten.
Aber auch weiter aufwärts hat das Rückenmark Verbindungen mit der
Blase, wie die zahlreichen Reflexe lehren, welche fast von allen Theilcn des
Körpers auf die Blase wirken.
Bezüglich der Hirncentren für die Blase braucht dem Seite 306 Ge-
sagten nichts hinzugefügt zu werden. Die Bahn, auf welcher vom Gehirne aus
die Dammmuskulatur, also der willkürliche Verschlussmcchanismus der
Harnröhre (und der Blase) regiert wird, ist noch unbekannt, Walhrscheinlich
geht sie durch den Hirnschenkelfuss zu den Ursprungszellen für den motori-
schen Theil des Nervus pudendus. Diese Muskulatur kann sowohl willkürlich
als auch reflektorisch kontrahirt und erschlaff't werden. — Wir kennen auch
noch nicht den Lauf der centripetalen Blasenhirnbahn auf der Strecke zwischen
Centrum vesicospinale und Thalamus bezw. Rindencentrum^
Die gesunde Blasenschleimhaut empfindet Temperaturunterschiede und chemische
Differenzen; gegen Berührung ist sie, wie die der meisten Eingeweide, wenig em-
pfindlich. Durch krankhafte Störungen wird ihre Empfindlichkeit jedoch sehr ge*
steigert.
Verschluss der Blase. Wie die Erfahrung an Leichen mit über-
füllten Blasen, aus denen, trotz der beim Transporte unvermeidlichen Druck-
schwankungen, kein Harn ausfliesst, unwiderleglich beweist, haben wir durch-
aus nicht nöthig einen dauernden Tonus des sogenannten Musculus sphincter
vesicae internus, falls man darunter eine über die Gewebsspannung hinaus-
gehende dauernde Zusammenziehung versteht, anzunehmen, um die Zurück-
haltung des Harnes auch in der stark gefüllten Blase zu erklären. Die ana-
tomischen Verhältnisse genügen hierzu vollkommen bei beiden Geschlechtern?
selbst post mortem ; besser allerdings beim Manne als beim Weibe. Man wolle
nicht vergessen, dass beim Lebenden durch die Füllung des Gefässsystemcs
und durch den unzweifelhaft höheren Elasticitätsgrad der Gewebe der Ver-
schluss noch mehr gesichert ist. Ich leugne durchaus nicht, dass der Reflex-
mechanismus dabei sehr unterstützend wirkt, indem ich gern annehmen mag;
dass bei Druckschwankungen in der Blase durch Reizung der sensiblen'Nerven
auf reflektorischem Wege eine leichte aber vorübergehende Zusammenziehung
der schliessenden Muskeln herbeigeführt wird, wie es auch Griffiths an-
nimmt. Im Falle der Noth lassen wir sogar, ähnlich wie beim Rectum, d^"
gesamten Dammmuskelapparat spielen.
Wie vorhin bemerkt wurde, und es schon Kohlrausch anführt, tr'iig
die „Uvula vesicae", indem sie das Orificium urethrae internum zu einer halbmon '
förmigen Spalte verengert, zum Blasenverschlusse bei. Ich kann Griffiths nich
beipflichten, wenn er dieses Orificium „trichterförmig" nennt und sich dabei aut den
Befund an Durchschnitten gehärteter Blasen beruft, denn bei der Härtung T^^f^
(durch Schrumpfung der Gewebe) eine Oeffnung, wie der Blasenmund, trichterförmig
werden.
H a r n d r a n g, H a r n e n 1 1 e e r u n g. Es ist sehr merkwürdig, wie seni
sich die Blase grossen Spannungen und Dehnungen akkommodiren kann ; ^^^"^
wenn wir unter Schmerzen Harndrang verspüren und ihn überwinden, ste
Harnblase: Physiologische Bemerkung'en. 321
sich wieder Rübe ein und lässt sich die Blase noch weiter ausdehnen; ich
verweise hier auf die treffliche Auseinandersetzung von Griffiths. Diese
Eigenschaft der Blase hat aber auch ibre Schattenseite; jedenfalls sollte sie nicht
Dfiissbraucbt werden.
Was die Entstehung des Harndranges anlangt, so stimme ich denjenigen
bei, welche ihn von dem intravesicalen Drucke, bezw. der Spannung der Blasen-
Wand, ableiten; dass der Harndrang von der Urethra aus, und zwar in sehr
stürmischer Weise eingeleitet werden kann, wird damit nicht bestritten.
Ich bin nicht der S. 294/295 berührten Meinung Finger 's^) und Anderer, dass bei
Füllung der Blase allmählich die Pars prostatica bis zum Sphincter vesicae externus
^it in die Blase einbezogen werde, und somit ein „Blasenhals" in des Wortes bester
Bedeutung entstehe. Wie ist es denn damit, kann man fragen, beim Weibe? Auch
niüsste man bei den Medianschnitten durch gefrorene Leichen mit gefüllter Blase
so etwas zu sehen bekommen. Dass sich bei künstlicher Füllung von den Ureteren
^er der Anfangstheil der Harnröhre erweitert, ist selbstverständlich. Das Experi-
ment, dass man bei stark gefüllter Blase den Katheter weniger weit vorzuschieben
J^abe, um Harn zu entleeren, als bei schwach gefüllter, beweist nichts, denn so wie
der Katheter die Pars prostatica der Urethra berührt, tritt Harndrang ein und der Harn
kommt dem Katheter schon entgegen, insbesondere bei stark gefüllter Blase. Jeden-
falls muss man erst einen anatomischen Beweis abwarten. Auch Reh fisch, 1. c. [S. 322]
hat sich jüngst gegen die Ansicht Finger 's ausgesprochen.
Bezüglich der Regelung der Harnentleerung, wie wir sie in
den ersten Kinderjahren erlernt haben, scheint mir das Eichtige, anzunehmen,
dass bei eintretendem ersten leisen Harndrange reflektorisch der M. sphincter
Vesicae internus sich kontrahirt und den etwa eintretenden Zusammenziehungen
der übrigen Blasenmuskulatur entgegenwirkt. Es existirt, wie anatomisch leicht
^nachgewiesen werden kann (s. darüber das Kapitel: „Harnröhre"), eine mit der
Muskulatur des Trigonum vesicae zusammenhängende glatte Muskelschicbt,
Welche sich nach vorn um die Harnröhre herumlegt and sehr wohl als ein
Sphincter vesicae — besser: urethrae — wirken kann. In diese Muskellage
ist meines Erachtens der regelnde Verschluss der Blase zu versetzen, welcher
den Detrusor-Kontraktionen entgegenwirkt, nicht in die gestreifte Dammmusku-
•atur, welche erst in zweiter Instanz in Frage kommt. So lange die austreibende
ßlascnmuskulatur sich nicht kontrahirt, reicht der rein anatomische Vciscliluss
^^s, wie z. B. an der Leiche; wenn aber Kontraktionen beginnen, dann muss
diesen auch physiologisch entgegengewirkt werden.
Soll nun die Blase entleert werden, so setzen wir die Blasenwand-
^uskulatur in Aktion, und zwar, so bald wir Herr unseres Regelungsmccha-
^ismus geworden sind, vom Hirncentrum der Blase aus; gleichzeitig hemmen
^ii', wahrscheinlich von demselben Centrum aus, die Verschlussmuskulatur,
^ie Bauchpresse kann bekanntlich die Harnentleerung fördern, ist aber für die-
selbe nicht nothwendig.
Was endlich die Stellung der oberen, sympathischen Blasenbahn zur
1) Finger, E., Zur Anatomie und Physiologie der Harnröhre und Blase
Wiener mediz. Wochenschrift. 1896. S. 1153.
^Valdeyer, Das Becken. -^
325 Bamblase: Pathologische Verhältnisse*
unteren, cerebrospinalen anlangt, so könnte erstere wohl als die primitive
Einrichtung angesehen werden, welche in erster Linie funktionirt und allein
thätig ist, wenn der Gehirneinflnss, wie z. B. im ersten Kindesalter, oder i^
Schlafe, ruht^).
Pathologische Verhältnisse der Harnblase.
I. Rücklauf von Harnröhreninhalt in die Blase. Eine praktisch wich-
tige Frage ist die, ob unter gewöhnlichen Umständen Harnröhreninhalt?
namentlich pathologischer Art (Eiter, infektiöse Flüssigkeiten, Blut u. a-)? ^^
die Blase zurückfliesst, oder ob derselbe stets seinen Weg zum Orificium ex-
ternum urethrae nimmt. Damit verknüpft sich die weitere Frage, ob es g^'
lingt, vom vorderen Abschnitte der Harnröhre aus Flüssigkeiten in die Blase
einzutreiben.
So weit es erprobt worden ist, bildet die Pars membranacea der Harß'
röhre, s. w. u., hier eine wichtige Grenze, indem sie eine auch entwicklungs-
geschichtlich begründete Trennung in eine Urethra posterior (Pars prosta-
tica urethrae) und anterior schafft. Flüssigkeiten aus der Urethra posterior
treten leicht in die Blase zurück, aus der Urethra anterior ohne Injektion
wohl niemals. Injektionen, welche in die Urethra anterior gemacht werde»;
erreichen die Blase nur bei hohem Drucke.
Schon vorhin ist der Annahme gedacht worden, dass die Urethra posterior ge-
wissermaassen ein Anhang der Blase sei, der bei starker Füllung mit in die Blase
einbezogen werde; ich musste dies letztere zurückweisen. Dafür sprechen auch, '^^^
hier noch erwähnt werden mag, Versuche v. Zeissl's, welcher (bei Leichen) die Blase
von den üreteren aus füllte, nachdem vom Scheitel her ein Endoskop, unter festeßi
Verschlusse der Oeffnung, eingeführt worden war; er fand das Orificium urethrae
internum stets geschlossen.
II. Rücklauf von Blaseninhalt in die üreteren. Dass unter patholog*'
sehen Verhältnissen eine Rückstauung des Harnes zum Nierenbecken hin statt'
finden kann, ist nicht in Abrede zu stellen. Ueberraschender Weise habe»
aber L e w i n und Goldschmidt 2) gezeigt, dass bei lebenden Kaninchen?
1) Vgl. zur Physiologie der Blase noch: Gaule, J., Versuch eines Schemas der
Innervation der Blase, insbesondere der lokalen Reflexbahn. Arch. f. Anatomie "U^
Physiologie. 1892. -- Langley & Anderson, The innervation of the pelvic and ad-
joining viscera. Journ. of physiology vol. XIX, 1895 und vol. XX, 1896. — Sb er-
rington, C. S., The lumbosacral plexus. Ibid. vol. XIII. p. 678. — Griffiths, X, ^^'
servations of the urinary bladder and Urethra. The Journ. of anat. and physiol. vo •
XXIX. p. 61 and 254. — Born, Zur Kritik über den gegenwärtigen Stand von
der Frage von den Blasenfunktionen. Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie Bd. 25. 1^ '
S. 118. — Zeissl, M., Ueber den Blasenverschluss etc. Wiener med. Presse. 1^^ *
Nr. 21. — Derselbe, Ueber die entnervte Blase. Wiener klin. Wochenschrift. 1^^ *
Nr. 20. — Rehfisch, E., Ueber den Mechanismus des Harnblasenverschlusses ^^
der Hamblasenentleerung. Virchow's Arch. Bd. 150, 1897 (mit Literatur).
2) Lewin, L., und Goldschmidt, H., Experimentelle Studien über die ^
Ziehungen zwischen Blase und Harnleiter. Berliner klinische Wochenschrift. ^^
Nr. 32. S. auch Virchow's Archiv 1893.
Harnblase: Pathologische Verhältnisöe. 323
wenn die Blase muskelkräftig ist, insbesondere, wenn dabei die Urethra ab-
gesperrt ist und die Füllung nicht zu stark war, die injicirte Flüssigkeit
nicht selten bis zu den Nierenbecken zurückgetrieben wurde; durch peristaltische
Üreterenbewegungen wird sie dann auch wieder zur Blase geführt. Die
physiologische und vor allem die pathologische Bedeutung dieses Befundes
leuchtet ein.
III. Resorption von der Blasenschleimhaut aus. Gerota in seiner
S. 303 citirten Schrift (Arch. für Anat. und Physiol. 1897) führt aus, dass,
bei unversehrter Schleimhaut, eine Resorption im strengen Wortsinne nicht
stattfindet, sondern nur eine geringe Diffusion. Ist die Schleimhaut zerstört,
so kann eine Resorption sowohl von den Venen, wie auch von den Lymph-
gefässen der Muscularis ausgehen, insbesondere am Trigonum. Infektiöse Neo-
plasmen, welche hier wachsen, können daher auch leicht auf dem Wege der
Lymphbahnen, bezüglich deren S. 303 verglichen werden möge, sich weiter
verbreiten. — Morro und Gaebelein (Zeitschr. f. klin. Med. 32. Bd. 1897)
fanden auch bei unversehrter Schleimhaut, Resorption von Zucker, Harnstoff,
Cocain u. a. in nennenswerther Menge.
IV. Neurosen der Blase, Störungen der Harnentleerung. Die unter
Umständen, namentlich bei pathologischen Zuständen, hohe Sensibilität der
Blase erklärt sich aus den, insbesondere von Retzius I.e. (S. 319) nachge-
wiesenen intraepithelialen Nervenendigungen, unter den mannigfaltigen und so
wichtigen Störungen der Blaseninnervation, welche unter allen Neurosen mit die
bedeutsamste Stelle einnehmen, sei hier nur der Ischuria paradoxa gedacht.
Dieselbe stellt sich ein, wenn der Austreibungsniechanisnms der Blase gelähmt
ist, was auf verschiedene Weise geschehen kann, z. B. durch Lähmung des nervösen
Blasencentrums im Lendenmarke, durch übermässige Ausdehnung der Blasenmusku-
latur bei bestehenden mechanischen Hindernissen des Harnabflusses, u. a. Ist nun
infolge dieser Lähmung die Blase soweit gefüllt, dass der intravesikale hydrostatische
E)ruck allein ausreicht, um die natürlichen Abflusshindernisse zu überwinden, so fliesst
eben der Harn aus der Blase ab, wie aus einem übervollen Gefässe, tropfenweise,
^obei die Blase stark gefüllt bleibt. Auch bei bestehenden pathologischen Hinder-
iiissen für den Harnabfluss ist eine solche tropfenweise Entleerung wohl möglich,
l^er Ausdruck „Ischuria paradoxa** weist auf den Widerspruch hin, der zwischen der
starken Füllung der Blase und dem gleichzeitigen fortwährenden Harnabträufeln be-
steht. Insbesondere bemerkenswerth sind jene Fälle, bei denen den betreffenden
I'atienten, infolge der Lähmung auch der sensiblen Blasennerven, noch das Gefühl
*ies Harndranges abhanden gekommen ist.
Als pathologische Hindernisse der Harnentleerung sind am häufigsten Prost ata-
hypertrophien und Strikturen der Harnröhre zu nennen; nächstdem Ge-
schwülste und Stein bildungen in der Blase. Auf die übrigen Störungen der
Harnentleerung einzugehen, ist hier nicht der Ort.
V. Blasenblutungen. Falls nicht direkte Verletzungen der Blase vor-
liegen, die eine andere Stelle betreflfen, und man sich vergewissert hat, dass
das abgehende Blut in der That der Harnblase entstammt, ist in erster Linie
^^ eine Aflfektion der unteren Blasenwand zu denken, und zwar insbe-
öondere an Neoplasmen, oder an Steinbildungen; bei den letzteren sind
324 Harnblase: Pathologische Verhältnisse.
aber Blutunj^en viel seltener. Selten sind auch Blutungen aus varikös er-
weiterten Venen des Trigonum, sogenannte „Blasenhämorrhoiden", s. S. 303.
VI. Verletzungen der Blase; Blasenrupturen i). Zunächst ist bezüglich
der Blasenverletzungen hervorzuheben, dass sie zu den selteneren Traumen ge-
hören, wie sich aus der geschützten Lage der Blase erklärt. Wenn beim
Manne auch die bei Geburten vorkommenden Läsionen wegfallen, so wird dies
reichlich aufgewogen durch den Umstand, dass der Mann weit mehr anderen
Verletzungen des Beckens vermöge seiner socialen Stellung ausgesetzt ist. Ein
ansehnliches Kontingent von Blasenverletzungen liefern die Beckenschusswunden,
namentlich die mit Knochensplitterung komplicirten, und die Beckenbrüche über-
haupt; ferner die Blasenrupturen, welche durch Schlag auf den Bauch, z. B*
Hufschlag, bei gefüllter Blase entstehen; dies erklärt sich einfach aus den ana-
tomischen Verhältnissen.
Für die sehr seltenen Stichwunden der Blase liegen als anatomisch gegebene
Pforten vor: Der Damm einschliesslich des Rectum und des Anus, die Regi*^
pubica und das Foramen obturatum; kaum jemals wird die Blase durch Stich
von höheren Theilen des Bauches oder von den Foramina ischiadica her verletzt.
Blase nrupturen durch übermässige Füllung kommen, falls nicht noch ein
anderes mechanisches Moment hinzutritt, kaum vor; es sei denn, dass wir es mit nicht
mehr normalen, morschen Blasenwänden zu thun haben. Den Ermittelungen v. Stu-
benrauch's2) zufolge sind zum Zustandekommen einer Blasenzerreissung meist
starke Gewalten bei einem gewissen FüUungsgrade erforderlich. Indirekte Ein-
wirkungen, z. B. durch Sprung, sind fast ebenso wirksam wie direkte. Die hintere
obere Wand neigt am meisten zur Euptur, offenbar wohl, weil sie bei der Füllung
sich am meisten dehnt. Starke Bauchdecken, die Symphyse, die Wirbelsäule und ein
gefülltes Rectum schützen vor einer Ruptur. Immer gehen die Rupturen von innen
nach aussen, wie die unvollständigen Zerreissungen, welche stets in der Schleimhaut
beginnen, erweisen.
Einen wichtigen Unterschied bedingt der Umstand, ob die ßlasenwunden voll*
ständig oder unvollständig sind, d. h., ob sie alle oder nur einen Theil dev
Blasenwandschichten durchsetzen, ferner, ob die vollständigen Verletzungen nur sub-
peritonäale oder peritonäale sind; bei den letzteren, den sogenannten pene-
trirenden Blasenwunden, ist auch das Bauchfell verletzt.
Bei allen Verletzungen ist die erste Behandlungsregel, dass man für freien
Abfluss des Harnes Sorge trage, denn die Gefahren einer Harninfiltration sind»
wegen des lockeren, die Blase umgebenden Bindegewebes, der ansehnlichen Venen-
plexus, und der unmittelbaren Nachbarschaft der Peritonäalhöble, gross.
VII. Lageanomalien. Wir erwähnten, dass der Vertex der Blase bei
starken Füllungen zur Seite abweichen kann, ferner abnormen Hoch- nnd
Tiefstand der Blase. Ungewöhnliche Hochstände sind z. B. in den Figuren 66
und 86 beim Manne und Weibe zu sehen. Prostata- und Rektumanomalißi^
sowie Beckentumoren spielen zur Erzielung eines abnormen Hochstandes eine
grosse Rolle (vgl das S. 308 Gesagte).
1) Vgl. hierzu die monographische Arbeit von M. Bartels: Die Traumen der
Harnblase. Archiv für klinische Chirurgie. 1878. Bd. 22.
2) Stubenrauch, L. v., Ueber die Festigkeit und Elasticität der Harnblase.
Archiv für klinische Chirurgie. Bd. 51. S. 386. 1896.
Harnblase: Pathologische Verhältnisse. 325
Wichtig ist, dass die Blase durch Knochenfrakturen, in welche sie einheilt, aus
ihrer Lage gebracht werden kann i), ferner dadurch, dass sie den Inhalt von Hernien
^nd Vorfällen bildet. Beim Manne ist die Blase am häufigsten als Inhalt einer Leisten-
hernie gefunden worden (40 Fälle unter 56), dann als Inhalt einer Perinealhernie. Von
ß^itheiligung der Blase bei einem Prolapsus kann beim Manne nur der Prolapsus
^ecti in Frage kommen (Rectocele vesicalis) ; andererseits können aber Darmschlino-en
in einer Cystocele liegen. Es ist bei Blasenhernien zu merken, dass sie durch die
Harnentleerung abschwellen. Falls Darm und Blase gleichzeitig den Inhalt einer
Hernie bilden, liegt die Blase hinter dem Darme, weil dieser, als der beweglichere
Theil, zuerst in den Bruch einbezogen wird.
Zu den Lageanomalien können auch die grösseren ßlasendivertikel, und
jiie excentrischen wie koncentrischen Blasenhypertrophien gestellt werden,
insofern sie Blasentheile dorthin verschoben sein lassen, wohin sie nicht gehören, oder
'^ie Blase einen ungehörig grossen oder kleinen Raum einnehmen lassen.
Die Divertikel, über welche wir von Englisch^) eine eingehende Darstellung
besitzen, finden sich weitaus am häufigsten an der hinteren Wand, was mit anatomi-
schen und physiologischen Verhältnissen, z. B. der Fossa retrouretcrica, direkt zu-
sammenhängt. Die grossen Divertikel des Bas-fond senken sich weit zwischen Rectum
Und Prostata hinab zum Damme hin; sie erreichen zuweilen eine erstaunliche Grösse,
so dass sie die Blase, von der sie ausgegangen sind, an Umfang übertreffen 3). Im
Berliner anatomischen Institute beobachtete ich zwei Divertikel von je Nussgrösse,
Welche an der hinteren Blasenwand vollkommen symmetrisch sich entwickelt hatten.
Von den Divertikeln müssen sehr wohl die sogenannten „falschen Blasen"
Unterschieden werden; man versteht darunter abgesackte, umschriebene Anhäufungen
^on Harn in der Umgebung der Blase, wie sie mitunter nach Kontinuitätstrennungen
^^r Harnwege, insbesondere der Blase selbst, gebildet werden ; ihre Verkennung kann
^u verhängnissvollen Irrthümern führen.
VIII. Abnorme Kommunikationen, Blasenfisteln. Die abnormen Kora-
^unikationen des Blasenlumens, welche einen dauernden Charakter tragen, also
Tifistulös" geworden sind, können sowohl angeboren wie erworben sein; die
angeborenen behandeln wir im Kapitel: Missbildungen.
Die anatomischen Verhältnisse bedingen, dass wir bei Männern haben: 1) die
äusseren Blasenfisteln, welche entweder am Damme oder an der vorderen
^'^-uchwand oberhalb der Symphyse münden — nur ausnahmsweise kann wohl eine
andere Oeffnungsstelle noch vorkommen — , 2) die inneren Blasenfisteln, wobei
^s sich um Kommunikationen mit einem anderen Eingeweiderohre handelt. Hier
kommen beim Manne nur das Rectum (s. S. 282, 283), der Dünndarm und das Colon
So wie der Processus vermiformis — in sehr seltenen Fällen auch die Samenblasen —
in Betracht.
IX. Entzündliche Veränderungen. Nach der anatomischen Schichtung
^^^Y Blasenwand kann man — unter Berücksichtigung der von R. Virchow
*öi' die Gebärmutter gegebenen Nomenklatur — unterscheiden :
1) Die Pericystitis (Epicystitis), welche die Blasenserosa betrifft und
1) Gerota, D., lieber einen seltenen Fall von Beckenfraktur. Archiv für klin.
Chirurgie. 52. Bd. Heft 3. 1896.
2) Englisch, lieber Taschen und Ausbuchtungen der Harnblase. Wiener mediz.
Wochenschrift. 1894. S. 475.
3) Sick, Vorstellung eines Falles von enormem wahren Blasendivertikel. Deutsche
ö^ediz. Wochenschrift. 1897. Nr. 29. Vereinsbeilage. S. 140.
326 Harnblase: Pathologische Verhältnisse.
immer wohl nur Theilerscheinung einer Beckenperitonitis oder allgemeinen
Peritonitis ist; sie kann nur die hintere Blasenwand betreffen. 2) Die Para-
c y s t i t i s, worunter die Entzündung des die Blase umgebenden subperitonäalen
Bindegewebes zu verstehen ist. An diese schliessen sich die Entzündungen im
submuskulären (präfascialen) und prävesicalen Eaume (Cavum Retzii) an. Die
S. 223 ff. gegebene Schilderung dieser Bindegewebsräume legt die hier möglichen
Verhältnisse klar. 3) Die Cystitis, welche wieder in eine Endocystitis?
d.h. eine Entzündung der Blasenschleimhaut und in eine Cystitis inter-
stitialis zerfällt; bei der letzteren spielt sich der Process in der Submucosa
oder in der Muskel wand der Blase ab. Die weitaus wichtigsten und häufig-
sten Formen sind die Endocystitis und die Paracystitis.
X. Neubildungen der Blase i). Es ist hier nicht der Ort, alle in der
Blase vorkommenden Neubildungen aufzuzählen; es handelt sich vielmehr
darum, die anatomischen Momente, welche die Art, die Form und den Sitz
der Blasenneubildungen beeinflussen, hervorzuheben.
Was die Art der Blasengeschwülste anlangt, so kommen für die intravesikalen
Formen die epithelialen, fibrösen, angiomatösen und myomatösen Neubil-
dungen am meisten in Betracht, wie das nach dem Baue der Blasenwand erwartet
werden darf. Auch Cysten können vorkommen, und erklärt sich dies nach den
vorhin erwähnten anatomischen Befunden der v. Brunn'schen Epithelnester und der,
wenn auch selten vorkommenden Drüsen. Die in der Blase, wie überall, ein oder
das anderemal beobachteten Dermoidkystome harren noch ihrer Erklärung hier, wi®
anderwärts. Vgl. darüber das Kapitel: „Eierstock".
Es hat nichts auffälliges, wenn wir in der Blase so häufig einer villösen Fori»
der Neubildungen begegnen. Wenn von der Wand eines für die meiste Zeit mi*i
Flüssigkeit erfüllten Hohlraumes ein Neoplasma ausgeht, welches Gefässe führt, so
sind alle physikalischen Bedingungen für die Entstehung einer Zottenform gegeben.
Die Basis der Blase ist endlich der Ort nicht nur für die Entwicklung der
Neoplasmen, sondern für die meisten pathologischen Processe dieses Organes über-
haupt; es ist dessen „Zone pathologique" 2). Auch dafür lassen sich anatomisch-pby'
Biologische Gründe anführen: Die komplicirtere Zusammensetzung der Blasenbasis»
die Lage der Zugangs- und Abgangsöffnungen daselbst, die Nachbarschaft anderer
Organe und des Dammes, so wie die relative Unbeweglichkeit, welche zu Stagnationen
des Blaseninhaltes führt und die Entwicklung krankhafter Processe nicht stört.
XI, Blasensteine und Fremdkörper in der Blase. Fremdkörper und
Blasensteine können hier zusammen betrachtet werden, weil die Steine si*^*^
in vielen Fällen um Fremdkörper überhaupt erst entwickeln, und weil sie ßi^*^
ganz und gar, der Blase gegenüber, wie Fremdkörper verhalten. Während
aber Steine naturgeraäss — es bedarf wohl keiner weiteren Begründung "^
weit häufiger bei Männern sich finden, treffen wir Fremdkörper, der leichteren
Einführbarkeit wegen, mindestens eben so häufig bei Frauen wie hei Männern-
Steine, wie Fremdkörper werden in erster Linie an der Blasenbasis zu suchen
sein, falls sie (Fremdkörper) nicht etwa durch hakenähnliche Bildungen auch anders^^
1) Albarran, S., Les tumeurs de la Vessie, Paris, 1892. Steinheil.
2) Tuffier, Appareü urinaire. Duplayet Reclus: Trait6 de Chirurgie, T.v^^»
p. 763. 1892.
Urachus. Ligamentum umbilicale medium. 327
festgeheftet sind. Grössere Körper wird man am Trigonum und an der Stelle des
Bas-fond, falls ein solcher sich zeigt, also mehr in der mittleren Region, finden,
kleinere können auch in die Recessus laterales vesicae gleiten. Bemerkenswerth sind
die Lagerung in Divertikeln und die sogenannte interstitielle Lagerung; bei
letzterer gelangen Steine, die im intramuralen Theile der Ureteren abgeklemmt
wurden, in das Gewebe der Blasenwand; dasselbe kann auch bei vorhandenen partiellen,
z.B. ulcerativen Defekten der Blasenwand vorkommen. Lange, stabförmige Fremd-
körper wird man meist in der Querlage finden. .,„..,,
Aus der Lagerung der Fremdkörper und der Steine erklärt sich ein Theil der
Symptome und die verschiedenen oft sehr sonderbaren Stellungen, welche Steinkranke
annehmen, um ihren Harn lassen zu können.
Endlieh sei darauf aufmerksam gemacht, dass inkrustirte Pessanen und ver-
kalkte Uterusmyome beim Weibe, harte Skybala beim Manne Fremdkörper m der
Blase, insbesondere Steine, vortäuschen können.
Urachus. Ligamentum umbilicale medium.
Der ürachus, Harngang, ein Rest des fötalen Allantoisganges, stellt
beim Erwachsenen einen meist genau median liegenden Strang dar, welcher
vom Blasenscheitel bis zum Nabelringe sich erstreckt. Die Abgangsstelle von
der Blase, „point ouracal" s. S. 291, liegt bei Erwachsenen meist etwas vor
«nd unterhalb des höchsten Scheitelpunktes. In der Nähe der Blase, auf emer
Strecke von 1—2 cm, ist der Hamgang gewöhnlich etwas stärker, wird dann
ein feiner Strang, der auf den unteren zwei Dritteln seines Laufes bis zum
Nabel meist noch sehr deutlich ist und, wenn auch kein Lumen, so doch, ab-
gesehen von einer bindegewebigen und muskulösen Wand, ein centrales Epithel-
rohr — richtiger: Epithelfaden — erkennen lässt. Auf der letzten Drittelstrecke
bis zum Nabel findet man meist keine Epithelspur mehr; der Strang wird dann
zu einem dünnen Faden, welcher sich nur schwer noch verfolgen lässt und,
meist excentrisch, einfach oder auch in mehrere Fäden aufgelöst, am unteren
Rande des Nabelringes sich befestigt.
Mit seiner unteren Partie springt nicht selten der Urachus, indem er das Bauch-
feil in einer ansehnlichen Falte „Mesurachium" abhebt, stark vor; m solchen Fällen
Ist meist das gleiche bei den Ligamenta umbilicalia lateralia, den obhterirten
Nabelarterien, der Fall; ich bezeichne die auf diese Weise entstehenden Bauchfell-
falten als ,Mesangia umbilicalia". Die tiefen Taschen zwischen diesen Mesangien
lind dem Mesurachium können Gelegenheit zu Hernien, oder Absackungen von Darm-
schlingen geben; falls die Mesangien Fenster bekommen, können sie zu inneren Ein-
klemmungen führen.
Das praktisch Wichtigste beim Urachus ist aber der Umstand, dass «' ganz
oder theilweise offen bleiben kann. Dies führt unter Umständen, namentlich bei
Cystitis, zu Nabelfisteln oder zur Bildung von Cysten, die einen enormen Umfang
erreichen können. Auch fistulöse Kommunikationen mit dem Darme und der Ualien-
'>lase können sich herstellen, so dass Galle, ja selbst Gallensteine, m die Blase
gelangen 1). _,...
Gewöhnlich obliterirt das obere Ende des Urachus noch während der Fotalzeit.
Bei Neugeborenen ist das untere Ende noch ein dicker Strang und «"""•* »^'^''J''®
eiae Portsetzung der Blase aus. Vgl. zum Kapitel Urachus die Figg. 61, 63 u. üö.
1) Graf, Fr., Urachusfisteln und ihre Behandlung. Inaug.-Diss. Berlin. 1896.
328 Arteriae umbilicales. Ligamenta umbilicalia lateralia. Ureter.
Arteriae umbilicales, Ligamenta umbilicalia lateralia.
Wiederholt schon, insbesondere S. 248 und 327, ist von den Arteriaß
umbilicales und ihren Rudimenten, den späteren Ligamenta vesi-
c a 1 i a 1 a t e r a 1 i Ry die Rede gewesen ; es genügt darauf zu verweisen. Ic^
füge nur, mit Rücksicht auf eine unrichtige Angabe Mettenheimer's^) hinzu,
dass dieselben unterhalb der Ductus deferentes verlaufen, ebenso wie beina
Weibe unterhalb der Ligamenta teretia uteri.
Harnleiter (Ureter).
Man versteht unter Harnleiter, Ureter, den muskulös-häutigen Gang?
welcher den Harn vom Nierenbecken zur Harnblase führt. Da das Nieren-
becken sich allmählich zum Harnleiter verjüngt, so ist das obere (proximale)
Ende des letzteren nicht genau festzustellen; in der Blase endet er mit dem
scharf bestimmbaren und im vorigen Abschnitte beschriebenen Orificiuni
u r c t e r i s auf dem Trigonum vesicae.
Topographisch sind am Ureter eine Pars abdominalis und eine
Pars p e 1 V i n a zu unterscheiden ; die Pars abdominalis kann man wieder in
eine Portio a d r e n a 1 i s und eine Portio infrarenalis zerlegen, wäh-
rend die Pars pelvina in eine Portio par letalis und v i s c e r a I i s zerfällt
Wir verstehen unter der Portio ad renalis ureteris diejenige Strecke des
Ganges, welche noch dem inneren Nierenrande anliegt, tind die wir bis zum unteren
Nierenpole rechnen, wenngleich hier der Harnleiter sich schon von der Niere zu ent-
fernen beginnt, was zum Theil durch die Krümmung des unteren Nierenendes he-
dino't ist. Von da bis zur Berührung mit der Arteria iliaca communis (oder extern»)
reicht der infrarenale Theil der Pars abdominalis. Den wandständigen Abschnitt des
Beckentheiles rechnen wir vom Eintritte in das kleine Becken bis zu der Stelle, ^^
der Gang sich an die hintere Wand der Harnblase anlegt; von da ab beginnt sein^
Portio visceralis, die wieder in eine Portio extramuralis und intramuralis zerleg*
werden kann.
Beschreibend anatomlsohe Vorbemerkungen.
Die Länge der Ureteren des Mannes beläuft sich durchschnittlich ai^^
29 cm rechts, auf 30 cm links (Schwalbe I. c. [S. 335]). Das Kaliber des
im leeren Zustande von vorn nach hinten meist abgeplatteten Rohres wechselt.
In der Portio adrcnalis ist es weit (etwa 6 mm), verengt sich dann, bis in einei*
Entfernung von 4 — 9 cm vom Hilus renis die engste Stelle (oberer Isth-
mus, Schwalbe) mit 3,2 mm Durchmesser erreicht wird. Nun folgt in der
Portio infrarenalis etwas oberhalb der Arteria iliaca eine spindelförmige Erwei-
terung (Hauptspindel, Schwalbe) mit 8 — 15mm. Die Stelle, wo der
Ureter die Vasa iliaca kreuzt, ist wieder enge (unterer Isthmus, Schwalbe,
4 mm). Die Pars pelvina zeigt in ihrem parietalen Abschnitte meist ein gleich-
massiges Kaliber oder 1 — 2 kleine spindelige Erweiterungen (Holl, Schwalbe)*
1) 1. c. [S. 314] S. 3G3.
Ureter. 329
Der extramurale Blasentheil ist mit einer muskulösen von der Blasenmuskulatur
stammenden Seheide, Ureterscheide, umgeben, welche sich leicht ab-
präpariren lässt; nach Entfernung derselben erscheint das eigentliche üreter-
rohr hier eng, und bleibt auch, sich noch weiter verjüngend, enge im intra-
muralen Abschnitte bis zur Mündung (Fig. 83).
Die Ureteren sind sowohl in der Frontalebene wie in der Sagittalebene
verschiedentlich gekrümmt, üreterkrümmungen, Curvaturae ure-
teris, und zeigen insbesondere eine mehr oder minder scharfe Knickung,
Flexura m argin alis, Schwalbe, da, wo sie über die Vasa iliaca hin-
weg von der Pars abdominalis in die Pars pelvina tibergehen; hier gesellt
sich zu der frontalen Krümmung noch eine sagittale.
Die frontalen Krümmungen sind weniger beträchtlich als die sagittalen;
es sind deren zwei : eine in der Pars abdominalis mit medianwärts vorspringen-
der Konvexität, die zweite, auf welche bereits Freund und L. Joseph auf-
nierksam gemacht haben, in der Pars pelvina unterhalb der Vasa iliaca, mit
lateralwärts vorspringender Konvexität. Beide sind leicht erklärlich: die erste
wird durch die Lage der Portio adrenalis an dem medianwärts vorspringenden
unteren Nierenende eingeleitet und bedingt^ die zweite dadurch, dass der Gang
der seitlichen Beckenwand folgt, und infolge dessen unterhalb der medianwärts
vorspringenden Vasa iliaca wieder lateralwärts ausbiegt.
Die sagittalen Krümmungen geben dem üreterrohre in ihrer Ebene,
wie Funke mit Recht bemerkt, die Gestalt eines lumbosakralen Wirbelsäulen-
durchschnittes (vordere Grenzlinie des Schnittbildes). In der Pars abdominalis
besteht anfangs eine leichte Krümmung nach vorn wie die Lordosis der Lenden-
wirbelsäule: darauf folgt mit dem Uebertritte in das kleine Becken eine stark
nach hinten konvexe Ausbiegung, welche mit der Kreuzbeinkrümmung zu ver-
gleichen ist, während die Uebergangsstelle zwischen diesen beiden entgegen-
gesetzten Krümmungen ähnlich einem Promontorium vorspringt. In seinem
ferneren Laufe wendet sich der Ureter, der Steissbeinkrümmung vergleichbar,
wieder scharf nach vorn und etwas nach oben, um die Blase zu erreichen.
An der Stelle der Schwalbe'schen Flexura marginalis ist es, wo der
Gang in der Frontalebene lateralwärts abbiegt, um Fühlung mit der Becken-
wand zu behalten und sich gleichzeitig in der Sagittalebene mit der pro-
inontoriumähnlichen Krümmung stark nach hinten wendet. — An seiner tiefsten
Stelle erreicht der Ureter nahezu den Beckenboden.
Ausser diesen grösseren und beständigen Krümmungen zeigt der Ureter von
älteren Fötus und Neugeborenen fast regelmässig einige serpentinenförmige kleinere
Krümmungen (S olger, Gerota), welche sich mit dem stärkeren Körper wachsthume
ausgleichen. (Verhandl. der anat. Ges. 1896 (Gerota) und 1. c. inf. Solger.)
Dem Gesagten zufolge haben beide Ureteren zu einander zuerst eine Kon-
vergenz, dann, dicht oberhalb der Vasa iliaca, eine kleine Divergenz, auf den
Vasa iliaca wieder eine Konvergenz, der im kleinen Becken eine stärkere
Divergenz folgt; im Niveau der Spinae ischiadicae tritt schliesslich wieder eine
Konvergenz, zur Blase hin, ein. Vgl. die Maasstabelle.
330 GefUsse der üreteren. Lage der Ureteren.
Die üreteren sind unter normalen Verhältnissen weich und daher nicht
leicht zu fühlen; bei pathologischen Zuständen, insbesondere bei Tuberkulose,
treten sie aber als harte, bleistiftdicke, rundliche Stränge hervor, die dann,
namentlich in der Pars pelvina, sich von der Körperwand abheben und eine
mesenteriale Bauchfellfalte mit sich ziehen. Die üreteren sind ferner, da sie
nur an der Niere und beim Blaseneintritte stärker befestigt sind, und im locke-
ren subperitonäalen Bindegewebe liegen, überall leicht verschieblich; endlich
sind sie sehr dehnbar, aber nur in geringem Grade elastisch, so dass sie, v^^ß'
nigstens an der Leiche, wenn sie einmal gedehnt wurden, die gewonnene Länge
behalten. Bei topographischen Präparationen ist hierauf Rücksicht zu nehmen.
Oef&sie der Ureteren.
Die Arteria renalis reicht mit kleinen Aesten bis zum Anfangstheile des
Harnleiters; die folgende Strecke bis über die Flexura marginalis hinaus, fällt der
Arteria spermatica interna, der Rest der A. haemorrhoidalis media, und anderen
Zweigen der A. hypogastrica, insbesondere den Aa. vesicales inferiores zu.
Die Venen ziehen von der Portio adrenalis zum Venengeflechte der Nieren-
kapsel, oder, an deren medialem Rande entlang, auch zur Vena renalis. Eine bogen-
förmige Vene zieht in der Nieren fettkapsel um den konvexen Nierenrand herum;
diese steht unten mit Uretervenen und der Vena spermatica interna, oben mit den
Nebennieren und Nierenvenen in Verbindung i). Vom übrigen Theile der Pars ab-
dominalis gelangen die Uretervenen zum Plexus venosus spermaticus; von der
Pars pelvina gehen kleine Stämmchen zur Vena hypogastrica (oder auch zur Vena
iliaca communis), vom Endstücke des Harnleiters zum venösen Blasenplexus.
Ueber die Lymphge fasse des menschlichen Ureter ist, ausser einer kurzen
Angabe W. Krause's 2), welcher eine Abbildung von einem Lymphgefässnetze in der
Schleimhaut des menschlichen Harnleiters gibt, nichts bekannt. Beim Pferde fand sie
Sappey aus der Muskelhaut des Organes zu den lumbalen Lymphdrüsen ziehen; i»
der Schleimhaut waren sie nicht nachzuweisen.
Der Raum zwischen der muskulösen Ureterscheide und der eigenen Wand des
Harnleiters ist injicirbar; ich halte denselben für einen Lymphraum; allerdings ist 6S
mir bis jetzt nicht gelungen, von da aus Lymphgefässe zu füllen.
Die Nerven stammen vom Sympathicus, dessen Plexus renalis, spermaticus
internus, hypogastricus und vesicalis hetheiligt sind; neben marklosen Fasern
kommen auch reichlich markhaltige vor, sowie Nervenzellen im ganzen Gebiete des
Ureter (Protopopow 1. c. inf.).
Lag^e der Ureteren.
Die Gesamtlage der Harnleiter zum Körper und zu einander ergibt sich
aus dem vorhin über die Eintheilung und den Verlauf derselben Angeführten.
Das Lageverhältniss zum Skelete bestimmt *Tourneur durch eine
Senkrechte, welche man an der Grenze zwischen innerem und mittleren Drittel
des Ligamentum inguinale errichtet; sie entspricht ziemlieh genau dem Laufe
1) Lejars, Les Veines de la capsule adipeuse du rein. Arch. de physiol. 1891-
2) Krause, W., Handbuch der menschlichen Anatomie, 3. Aufl. des C. Krause-
schen Handbuches, Bd. I. Hannover, 1876. S. 248, Fig. 148. Nach mündlicher Mit-
theilung des Autors bezieht sich diese Figur auf den menschlichen Harnleiter.
Lage der Ureteren, 331
des Ureter, dessen proximales Ende ungefähr an dem Schnittpunkte dieser Linie
mit der 12. Rippe zu suchen wäre; besser jedoch wohl, nach der Angabe von
Parabeuf (citirt bei Hall e), an der Kreuzung mit einer Querliuie, die man
in der Höhe des Querfortsatzes des 3. Lendenwirbels zieht (etwa 5 Centimeter
oberhalb des höchsten Punktes der Crista ossis ilei). Dabei soll der linke
Ureter in der Höhe des oberen Randes des genannten Querfortsatzes, der
i*echte in der Mitte der Vorderfläche dieses Fortsatzes beginnen. Vorher schon
wurde darauf hingewiesen, wie misslich es ist, den (proximalen) Anfangspunkt
des Harnleiters zu bestimmen, da er ganz allmählich aus dem Nierenbecken
hervorgeht.
Die Mitte des Ureter entspricht (Halle) der Mitte der Entfernung zwi-
schen unterem Ende des Processus xiphoideus und oberem Rande der Scham-
f«ge; er liegt hier der Wirbelsäule am nächsten, etwa 3,5—4 cm von der
Mittellinie entfernt, und läuft ungefähr vor der Mitte des ÜL— V. Lumbal-
querfortsatzes (0,5-^1 cm medianwärts von den lateralen freien Enden dieser
Fortsätze), durch die Psoasfasern von den Knochen geschieden, herab. Ver-
letzungen dieser Knochentheile könnten also den Ureter beeinträchtigen.
Der linke Ureter liegt der Wirbelsäule etwas näher als der rechte. Die
Stelle der Flexura marginalis, also die Kreuzung mit den Vasa iliaca,
liegt ein wenig oberhalb der Horizontalebene der Spinae iliacae anteriores
superiores. Sie entspricht ungefähr der Synchondrosis sacroiliaca und ist von
allen Theilen des Ureters der vorderen Bauchwand am nächsten. — Am Pro-
Qiontorium ist der rechte Ureter etwa 2,5 cm von dem V. Lendenwirbelkörper
entfernt; der linke liegt etwas näher.
Im kleinen Becken streicht der Harnleiter dicht an der Basis der Spina
ischiadica her (vgl. Fig. 51) und ist sowohl vom Foramen infrapiriforme
^ns, wie vom Foramen ischiadicum minus her zu erreichen.
Syntopisch sind die Lagebeziehungen der Harnleiter, schon des langen
Laufes wegen, äusserst mannigfach; vorerst ist zu merken, dass sie in ihrer
längsten Strecke unmittelbar unterhalb des Bauchfelles, umgeben vom locke-
^'en subperitonäalen Bindegewebe liegen und durch einzelne fibröse Stränge mit
dem Bauchfelle verbunden sind, so dass sie beim Abstreifen des Peritonäum
von der hinteren Bauchwand diesem zu folgen pflegen.
Die Portio adrenalis grenzt lateral wärts unmittelbar an die betreflfende
Niere, und zwar näher an deren hintere Fläche; sie ist mit der Niere ziemlich
fest verbunden, so dass sie einem Zuge an derselben folgt, und liegt, einge-
schlossen in der Nierenfettkapsel, zwischen den beiden Blättern der Fascia
J'enalis, welche sich weiter abwärts verliert^). Zuweilen findet man diesen
Theil des Ureter in einer Rinne der Nierensubstanz eingebettet. Rechterseits
grenzt die Portio adrenalis medianwärts an die Flexura duodeni secunda, welche
diesen Theil auch noch von vorn her deckt. Von den Dünndarmschlingen,
1) Vgl. über die Fascia renalis Gerota, D., Beiträge zur Kenntniss des Befesti-
gnngsapparates der Niere. Arch. f. Anat. und Physiologie. Anat. Abtheil. 1895. S. 265.
332 Lage der Ureteren.
welche sonst fast die ganze Pars abdominalis beider Ureteren decken, ist eB
unnöthig weiter zu handeln.
Medianwärts bleibt ferner rechts in geringer Entfernung die Vena cava
inf. der Portio adrenalis benachbart; links liegt ihr die Vena spermatica interna
am nächsten. Die Aorta steht auf der ganzen Bauchstrecke weiter vom linken
Ureter ab, als die Vena cava vom rechten. Weiter unten kommen noch der
sympathische Grenzstrang und die lumbalen Lymphdrüsen den beiden Ureteren
nahe.
Hinten ruhen die Ureteren auf dem Musculus psoas minor (falls
vorhanden) und auf dem Psoas major; der Nervus genitofemoralis
zieht hier, kreuzend, hinter ihnen her. Vorn werden sie unweit der Vasa
iliaca von den Vasa spermatica interna mit dem Nervus spermaticus internus
unter spitzem Winkel gekreuzt; von dieser Kreuzung ab liegt der rechte
Ureter unmittelbar der Vena cava inferior an und zieht unter dem queren
Endstücke des Ileum her. Hier können auch der Blinddarm und der Pro-
cessus vermiformis, wenn letzterer normal gelagert ist und in das kleine
Becken hinabreicht, den Harnleiter erreichen. Links zieht der letztere unter
dem Mesosigmoideum her, entsprechend etwa dessen Fossa intersigmoidea
(Funke, Glantenay). Das Colon descendens selbst liegt weiter ab vom Ureter.
Die zum Colon ascendens und descendens tretenden Blutgefässe ziehen grössten-
theils vor den betreffenden Ureteren her: nur die Arteria und Vena mesenterica in-
ferior verlaufen eine Strecke weit am medialen Rande des linken Ureter.
Nunmehr treten die Ureteren in die S. 245 geschilderten wichtigen Lage-
beziehungen zu den Vasa iliaca und h y p o g a s t r i c a ; es sei darauf ver-
wiesen und hier nur kurz gesagt, dass der Ureter sich nach vorn medial wendet,
während die Aeste der Vasa hypogastrica nach hinten ziehen.
Auch im Becken halten sich die beiden Ureteren dicht an das Bauchfell?
folgen demselben aber beim Abziehen nicht so leicht, wie in der Bauchhöhle.
Zwischen die Muskeln der Beckenwand, welche die (laterale) Unterlage für den
Ureter bilden, und den letzteren schieben sich, vom Ureter gekreuzt, in der
Reihenfolge von oben nach unten ein: die Lymphoglandulae iliacae und,
weiter unten, die hypogastricae, der Nervus obturatorius, die Arten»
umbilicalis mit den Arteriae vesicales, dieArteria obturatori»?
die Vena obturatoria; endlich der hintere Abschnitt des Plexus ve-
nosus vesicoprostaticus. Zwischen den Ureter und die genannten
Theile lagert sich meist noch reichliches Fett ein, so dass er sich leicht aui
ihnen bewegen lässt. Was den Plexus vesicoprostaticus betrifft, so zieht das
Endstück des Ureter so durchihn hindurch, dass die meisten Venen auf seiner
lateralen, andere indessen auf seiner medialen Seite bleiben (vgl. hierzu die
Figuren 52, 61 und 62). Die Muskeln, mit denen der Ureter hier in Be-
ziehung tritt, s. Fig. 51, sind zumeist nach oben und hinten der Piriformis?
dann ein Stück des Obturator internus und, nach unten und vorn, der
Levator ani. Alle diese Muskeln aber sind durch die genannten Gefässe nebst
deren Fetthüllen und durch den Plexus nervosus sacralis vom Ureter getrennt»
Lage der Ureteren. 333
Medial befindet sich auf dieser Strecke unmittelbar am Ureter nur das
Bauchfell und die Beckenhöhle; doch müssen die Beziehungen zum Rectum
hier erörtert werden.
Der Harnleiter kommt dem Mastdärme am nächsten bald nach semem
Eintritte in das kleine Becken^ da, wo er in seiner dem Kreuzbeine ähnlichen
Sagittalkrtimmung am meisten nach hinten gelangt; die Entfernung beider
Theile beläuft sich hier jedoch noch auf 2,5 cm links; rechts ist sie noch
grösser (Funk e). Tiefer im Becken nähert sich zwar der Ureter wieder der
Mittellinie, wendet sich aber zugleich nach vorn, während das Rectum nach
hinten zieht. Immerhin ist jedoch hei der Operation hochsitzender Mastdarm-
tumoren, die das Volumen des Darmes vergrössern, oder bei Links- oder Rechts-
abweichung des Rectum an den Ureter zu denken. Vgl. hierzu die Figuren
51; 60 und 84 a.
Indem der Ureter die seitliche Beckenwand verlässt, um an den Blasen-
gi'und zu treten, zieht er nahe dem Beckenboden her zwischen Bauchfell und
Umschlagstelle des parietalen Blattes der Beckenfascie in das viscerale. An
den Blasengrund tritt er in der Richtung von hinten nach vorn, umgeben von
den Venen des Plexus vesicalis (s. Figg. 52 und 61 linke Seite, 70b und 70c).
Bevor er in die Blasenwand sich einsenkt, wird er noch vom oberen Ende
der Samenblase überlagert, welche sein Endstück von hinten her deckt.
Hier kommt er nun auch in Beziehung mit dem Ductus deferens,
welcher, von vorn und von der Seite her an die Blase tretend, zwischen
dieser und der Portio visceralis extramuralis des Ureter verläuft, um im Bogen
über das obere Ende der Samenblase hinweg an deren medialen Rand zu treten.
Somit kreuzt der Ductus deferens den Ureter, indem er medianwärts an ihm
vorbeistreicht; diese Kreuzung findet statt im Bereiche der hinteren Blasen-
Wand, in der Nähe des lateralen Randes derselben. Das obere Ende der
Sameublase füllt dabei den Winkel zwischen Ureter und Ductus deferens aus.
Das Bauchfell überzieht hier noch diese Gebilde eine kurze Strecke weit von
vorn und oben her. (Vgl. hierzu Figg. 70 b u. 70 c.)
Da der Ductus deferens von vorn her zur Seitenfläche der Blase tritt, um
hinter ihr zu enden, der Ureter aber von hinten her, um weiter vorn in die Blase
'^u münden, so müssen beide Gänge sich kreuzen. Wie gesagt, liegt dabei der Ductus
'Medianwärts vom Ureter, und zugleich mehr nach oben; ein sogenanntes „Reiten"
*i^s Ductus auf dem Ureter, wie man es wohl bezeichnet hat, findet jedoch meist
^icht statt; auch berühren die beiden Gänge für gewöhnlich einander nicht, indem
^lue 0,5—1 cm starke Fettschicht sie trennt.
Funke macht darauf aufmerksam, dass die Lagerungsverhältnisse zwischen
Ductus deferens und Ureter andere seien bei leerer, als bei gefüllter Blase. Bei leerer
ßlase rücken die beiden Ureterenmündungen einander näher, die Portio extramuralis
^^^ Ureter läuft mehr gestreckt und die Kreuzung erfolgt etwas weiter von der Ein-
Pflanzungsstelle der Ureteren entfernt. Ist die Blase gefüllt, so tritt die Kreuzung
blicht an der Einpflanzungsstelle ein. Ich bemerke hierzu, dass in den meisten Fällen
^er Ureter in sagittaler Richtung an die Blasenwand herantritt und sich sofort auch
*^ dieselbe einsenkt, ohne noch eine irgendwie namhafte Strecke quer an ihr zu
^^rlaufen. In der von Funke gegebenen Figur ist dagegen eine solche quere extra-
^Urale Strecke von grösserer Ausdehnung nebst einer Knickung des Ureter an-
S34 Üreteren: Physiologische und pathologische Verhältnisse.
gegeben. Ich finde, dass eine solche Umbiegung vom sagittalen in den frontalen
(queren) Verlauf erst da beginnt, wo der Ureter in die Muskelwand der Blase eintritt,
also am Beginne der (letzten) intramuralen Strecke des Ganges.
Da man vom Damme her durch Einschneiden des Trigonum rectourethralc
(Centralpunkt des Perineum) zur Prostata und zu den Samenblasen gelangen kann,
so gelingt es auch auf diesem Wege, indem man am lateralen Rande der Samenblasen
entlang geht, und das Bauchfell vor sich her schiebt, zur Portio visceralis der Üreteren
zu gelangen; störend ist hier die Lage zwischen den Venen des Plexus vesico-
prostaticus. Zur Unterscheidung zwischen Ductus deferens und Ureter diene, dass
der letztere breiter ist und sich weicher anfühlt, der Ductus rundlich und härter.
Andere und chirurgisch mehr betretene Zugänge zum Ureter verschafft m^-n
sich durch die Laparotomie, durch den insbesondere von Israel gewählten
Extraperitonaealschnitt in der Lumbaigegend, durch die Wegnahme eines
Stückes vom Sacrum (Sakral schnitt), wie bei der Kraske'schen Rectumoperation
(Cabot), durch den Inguinalschnitt, wie bei der Unterbindung der Arteria iliaca
und endlich von der Blase aus durch den hohen Steinschnitt.
Physiolo^sohe und pathologrlsohe Verhältnisse.
Einige physiologische Bemerkungen (Zurückfiiessen und Ausfliessen des
Harnes, Klappenbildung an der üreterenmtindung) wurden bereits bei der Blase
gemacht. — Von pathologischen Zuständen wurde auf die grössere Härte,
Dicke und das seitliche Vorspringen des Ganges bei Tuberkulose aufmerksaio
gemacht. Dasselbe gilt für die chronischen Entzündungen des Organes über-
haupt. Bei Harnstauungen können die üreteren bis zum Kaliber des Dünndarms
erweitert werden. Noch seien der verhältnissmässig häufigen Steinbildungen,
der grösseren cystischen Dilatationen und der doppelten üreteren ^) Erwähnung
gethan. Ich fand ebenso, wie es aus der jüngsten Zusammenstellung von
Haushalter und Jacques hervorgeht, den einen der gedoppelten üreteren
meist tiefer unten, mitunter am Eingange der Harnröhre münden. Auch 1^'
Perforationen eines solchen überzähligen Ureters kommen vor. Häufig sind
Kreuzungen doppelter üreteren; mehrfach wurden Knickungen, die zu cysti-
schen Erweiterungen führten, beobachtet^).
Schwalbe.
Maasstabelle.
1. Länge (rechts, Mann) 29 cm
2. „ (links „ ) 30
3. „ (rechts, Weib) 28
4. „ (links „ ) 29 ..
(Funke gibt für den linken Ureter im Durchschnitte 26—34 cm an; für den
rechten etwas weniger.)
5. Entfernung des oberen Isthmus vom Hilus renis . . . . 4— 9 cm 1 ^^ hwalbe«
6. „ beider üreteren von einander am Hilus renis ^ » J
1) Weigert, C, Ueber einige Bildungsfehler der üreteren. Virchow*s Archiv
für pathologische Anatomie Bd. 70, S. 490. 1877 und Bd. 72, S. 130. 1878.
2) Haushalter, P., u. Jacques, F., Des accidents cons^cutlfs ä Timperforation
de Textr^mitö v^sicale de l'uret^re et specialement des uret^res surnumeraires. Presse
mödicale, Nr. 42, 22 Mai. Paris, 1897.
Prostata. äSß
Schwalbe.
Schwalbe.
7. Entfernting beider Ureteren von einander an derFlexura
marginalis 5,7 cm
8. Entfernung- beider Ureteren von einander am lateralen
Scheitel der Curvatura pelvina 9,8 „
(Funke gibt durchschnittlich etAvas höhere Werthe an.)
9. Entfernung beider Ureteren von einander beim Weibe
am Orificium externum uteri 7,5 cm (Nagel).
10. Geringste Entfernung des linken Ureter vom Rectum . 2,5 mm (Funke).
11. Weite der Portio adrenalis 6 n
12. ^ am oberen Isthmus 3,2 „
13. „ in der Hauptspindel 8 — 15 »
14. „ am unteren Isthmus 4,0 „
Umi bei der Besprechung der Ureteren des Weibes die Maasstabelle nicht
wiederholen zu müssen, sind hier die wichtigsten Maasse vom Weibe schon
mit aufgenommen worden. Die topographischen Verhältnisse der weiblichen
Harnleiter werden bei den Beckenorganen des Weibes besonders besprochen^).
Geschlechtsorgane des Mannes-
Prostata *).
Mit der Prostata, zu deren Topographie wir zunächst tibergehen, treten
wir in die Besprechung der Geschlechtsorgane des Mannes ein. In einer
systematisch geordneten Darstellung würde wohl die Harnröhre unmittelbar
an die Darstellung der Harnorgane zu reihen sein; da sie indessen, beim Manne
1) Engelmann, W., Zur Physiologie des Ureters. Pflüger's Archiv für die ge-
samte Physiologie 1869. — Tourneu r, Uret^rite et periuret^rite. Th^se de Paris. 1886.
— Hai 16, Uret^rites et py^lites. Th6se de Paris. 1887. — Perez, Exploration des
uret^res. Th^se de Paris. — Rousseau, L., Contribution 4 l'^tude des uret^rites et
de leur traitement chirurgical. (Uret6rectomie.) Paris, Steinheil. 1893 (Th^se). —
Cabot, A. T., Observations upon the anatomy and surgery of the Ureter. The ameri-
can Journal of medical Sciences. New Ser. Vol. 103. Philadelphia, 1892. — Mathes,
Zur Kasuistik der Ureterenimplantation in den Darm. Deutsche Zeitschrift für Chi-
J'urgie. Bd. 45. — Solger, B., Anatomie des menschlichen Harnapparates und der
Nebenniere. „Anatomische Einleitung" zum „Klinischen Handbuch der Harn- und
Sexualorgane" herausgeg. von W. Zuelzer. Leipzig, 1894. Bd.I. — Solger, B., Zur
Kenntniss der spindelförmigen Erweiterungen des menschlichen Harnleiters, Anatom.
Anzeiger. Bd. XII. Nr. 14. 1896. — Schwalbe, G., Zur Anatomie der Ureteren. Ver-
handlungen der anatomischen Gesellschaft. Versammlung zu Berlin, 1896. Jena.
Fischer, 1896. — Funke, E., Ueber den Verlauf der Ureteren. Deutsche medizinische
Wochenschrift. 1897, Nr. 18. — Waldeyer, W., Ueber die sogenannte Ureterenscheide.
VerhandL der anat. Gesellsch. Versammlung in Wien, 1892. Jena, Fischer, 1892, S. 259.
-^ Protopopow, S. A., Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Ureteren. Pflü-
ger's Arch. f. die gesamte Physiologie. Bd. 66. 1897. S. 1. — Die ausführlichste Dar-
stellung der Topographie der Ureteren gibt L. Glantenay: Chirurgie de Turet^re.
r*aris, Bailliöre et fils. 1895.
2) Von jiQotoxa/Mui deutsch: „Vorsteherdrüse*.
336 Prostata.
wenigstens, in ihrem weitaus grössten Tlieile auch Ausftlhrungsweg der männ-
lichen Geschlechtsprodukte ist, und topographisch durchaus den Geschlechts-
organen angehört, soll sie bei diesen, und zwar am Schlüsse, abgehandelt
werden.
Wir besprechen in diesem Abschnitte zuerst die Prostata, die Samen-
blasen und die Ductus deferentes, weil diese Organe sich unmittelbar an
die Harnblase und an das Endstück der Ureteren anschliessen.
Besohreibend anatomisohe Vorbemerknngen.
Die Form der Prostata wird gewöhnlich mit der einer Esskastanie ver-
glichen. Das stärkere Ende, die Basis prostatae, sieht nach oben und
schliesst sich unmittelbar an die Blase an; das spitze Ende, Apex prostatae,
Schnabel der Prostata, wendet sich nach unten und vorn gegen den Angulus
pubis. In dieser Lage umschliesst das Organ zum Theil den Blasenhals (in
dem S. 289 angenommenen Sinne) sowie meist vollständig den unmittelbar aus
der Blase hervorgehenden proximalen Abschnitt der Harnröhre, und zwar
excentrisch, indem sein grösserer Theil hinter, sein kleinerer vor der Harnröhre
belegen ist. Dieser Harnröhrenabschnitt wird als „Pars prostatica urethrae"
bezeichnet.
Der Kastanienform entsprechend, werden an der Prostata, ausser der
Basis und der Spitze, noch eine vordere, eine hintere Fläche und eine
linke und rechte Seitenfläche unterschieden. Die hintere Fläche zeigt
öfters einen flachen medianen Sulcus, der oben in einen seichten Ausschnitt,
Incisura prostatae, ausläuft; hierdurch werden an dem hinteren Theile des
Organcs zwei leicht abgerundete Seitenlappcn, Lobus dexter und Lobus
sinister prostatae, gebildet, und es gewinnt das völlig rein präparirte, von
seiner Kapsel und den eintretenden Ductus ejaculatorii befreite Organ an seiner
hinteren Fläche eine Kartenherzform.
Die Incisura prostatae setzt sich nach vorn, zur Harnblase hin, in eine
leicht gekrümmte, im ganzen quer, von rechts nach links auf der Basis ver-
laufende Rinne fort, welche, einem Hilus vergleichbar, die beiden alsbald 7>u
beschreibenden Ductus ejaculatorii eintreten lässt. Diese Rinne, welche die
beiden Seitenränder der Prostata nicht erreicht, sondern jederseits nach vorn
ausläuft, trennt nun an der Basis abermals einen hinteren von einem vorderen
Abschnitte; der erstere trägt die eben genannte Incisur, der andere ist meist
sehr klein, mitunter aber springt er dicht an der hinteren Wand des Trigonum
vesicae deutlich vor, und wird dann als Lobus medius (tertius) prostatae
bezeichnet ^). Sein oberes abgerundetes Ende ragt frei vor und entspricht
etwa der Mitte des Trigonum; bei stärkerer Ausbildung, wie sie bei patho-
logischen Zuständen vorkommt, kann dieser Lappen einen Vorsprung an der
hinteren Blasenwand im Bereiche des Trigonum erzeugen, der auch in die
1) Home, Practical observations on the treatment of thc diseases of the pro-
state gland. London, 1811.
Prostata. 337
Uvula vesicae hineinreicht, und so zu einer Verengerung des Orificium urethrae
internum führt. S. S. 295. — Die vordere Fläche der Prostata steht fast vertikal
i^nd ist erheblich kürzer als die hintere, welche unter 45^ gegen die Horizontal-
ebene geneigt ist. S. Figg. 66 a und 68.
Die Substanz der Prostata besteht, abgesehen von einem nicht sonderlich
i'eich entwickelten Bindegewebe und von Gefässen und Nerven, aus reich verzweigten
tubulösen Drüsen, welche mit kleinen Oeffnungen um den Colliculus seminalis (s. w.u.)
herum in die Pars prostat! ca urethrae münden, sowie aus g-latten Muskelfasern,
zu denen sich vorn und oben erst vereinzelte, dann, weiter unten, zahh^eicher auf-
*^re.tende quergestreifte Muskelfasern gesellen. Henle hat diese, noch im Be-
^^'iche der Prostata gelegTne gestreifte Muskulatur als „Sphincter vesicae externus"
^beschrieben ; wir kommen bei Besprechung der Harnröhre darauf zurück.
Das Verhilltniss zwischen Muskel- und Drüsensubstanz ist individuell wechselnd;
^8 gibt muskulöse und glandulöse Prostatae; die ersteren fühlen sich fester und zäher
^n, die anderen weicher und brüchiger. Die Muskulatur ist vorzugsweise im vorderen
Theile der Prostata entwickelt, das Drüsengewebe seitlich und hinten. Ausserdem
'»Iden die Muskelfasern eine äussere Schicht, von der aus muskulöse Septa zwischen
^ie Drüsenpartien einstrahlen und letztere in einzelne Läppchen, die an Durchschnitten
'f'icht mit freiem Auge zu erkennen sind, zerlegen. Die einstrahlenden Muskelzüge
konvergiren gegen die Harnröhre, in deren glatte Muskulatur sie übergehen. Man
hat die innere, muskulös bindegewebige, hinter der Harnröhre die Ductus ejacuiatorii
^^ingebende Gewebsmasse auch wohl als „Centralkern" der Prostata bezeichnet („Noyau
^^ntraP der französischen Autoren). Die vorhandenen schematischen Abbildungen
*^t)nnen aber leicht eine falsche Vorstellung erw^ecken, denn so regelmässig, wie diese
Anordnung vielfach gezeichnet wird, ist sie bei weitem nicht.
In der Kindenschicht der Prostata triift man zahlreiche Venen, M^elche auch
•*^'imtliche das Organ durchziehende und in ihm lagernde Hohlräume begleiten und
^*it einer Art von erektilem und kompressiblem (Henle) Gewebe umkleiden.
Ausser der Harnröhre umschliesst die Prostata noch ein unpaares kleines
Hohlgebilde, den ütriculus prostaticus, und die paarigen Ductus ejacu-
iatorii, d. h. die vereinigten Ausführungsgänge der Hoden und der Samenblasen.
Der Ütriculus prostaticus stellt ein unter normalen Verhifltnissen
'anglich birnförmigcs, mit eigener muskulöser und Schleimhaut-Wand versehenes
Suekchcn dar^ welches hinter der Harnröhre sich zur Basis der Prostata er-
streckt und in dem Centralkernc zwischen beiden Ductus ejacuiatorii gelegen
^^t. Das Säckchen mündet mit fein spaltförraiger Mündung von 2—5 mm Länge
'^ der Medianlinie auf dem vorderen Abhänge des gleich zu schildernden
Colliculus seminalis. Ein wenig mehr hinten auf diesem Abhänge, und zu
^^^iden Seiten der Spaltmtindung des ütriculuS; trifft man die weit kleineren
Endlichen Mündungen der Ductus ejacuiatorii (S. 345).
Der Colliculus seminalis ist eine etwa 3 mm hohe und an ihrer
^^sis ebenso breite, länglich rundliche Erhabenheit, welche ungefähr in der
Mitte der Pars prostatica der Harnröhre von deren hinterer Wand her in das
^i^paen derselben vorspringt. Seine Länge lässt sich nicht genau angeben,
^^ er sich sow^ohl proximal wie distal in eine Schleimhautleiste, Crista ure-
*hralis, fortsetzt. Die proximale Leiste geht in die Uvula vesicae über, die
distale verstreicht in die Schleimhautfalten der Pars membranacea und bulbosa
^^'ethrae, häufig unter gabiiger Theilung, Frenula cristae urethralis.
^aldeyer, Das Becken. 22
338 Gefässe der Prostata.
Der Colliculus besteht in der Hauptsache aus einem kavernösen, mit den Vene^^
der Harnröhre und der Prostata kommunicirenden Maschenwerke, dessen Balken reich-
lich glatte Muskelfasern und elastische Fasern führen. Die Mitte des Colliculus wird
von einer nach dem Lumen der Urethra zu breiter werdenden festen Axensubstanz
(elastisches Gewebe und glatte Muskelfasern) eingenommen, welches da, wo Kanäle
hindurchziehen, zu einem kavernösen Gewebe aufgelockert ist. Das ganze Gebilde
ist von der Harnröhrenschleimhaut überzogen, hängt aber an seiner Basis mit der
Muskulatur und mit den Gefässen der Prostata zusammen. — Die Lage des ColliculiJ^
in der Pars prostatica wechselt; man findet ihn in der Mitte derselben, oder oberhalb
oder unterhalb der Mitte.
Ausser den auf dem Colliculus seminalis mündenden schon genannten
Theilen: Utriculus prostaticus und Ductus ejaculatorii, trifft man hinter der
Mündung des Utriculus (also näher zur Harnblase hin) und seitlich am Colli-
culus je einen grösseren Ausführungsgang der Prostatadrüsen; kleinere Aus-
führungsgänge derselben münden noch auf dem vorderen Abhänge vor den
Mündungen des Utriculus und der Ductus ejaculatorii ^),
Fig. 111 zeigt den Colliculus seminalis mit der längsspaltförmigen Mündung des
Utriculus; Fig. 68 kann eine gute Vorstellung von der Gestalt und Lage des letzteren
geben, obwohl das dort in der Substanz der Prostata abgebildete nicht den UtriculuS;
sondern einen der Ductus ejaculatorii darstellt, dessen erweitertes oberes Ende der
Uebergangsstelle in die Ampulla ductus deferentis entspricht.
Der Utriculus prostaticus misst für gewöhnlich von seiner Mündung his
zum blinden erweiterten Ende 10 — 12 mm; in diesem Falle überschreitet er die
Grenzen der Prostata nicht. Nicht selten findet man ihn grösser, so dass ^^
blindsackig, von der Prostatakapsel umhüllt, zwischen beiden AmpuUae ductuum
deferentium hervorragt. Diese Zustände in weiterer Ausbildung führen zu der
hermaphroditischen Missbildung eines „Uterus masculinus", eventuell mit Va-
gina masculina, da der Utriculus prostaticus das Rudiment der verschmolzenen
kaudalen Enden der Müller 'sehen Gänge, aus denen beim Weibe sich Uterus
und Vagina entwickeln, darstellt. (Vgl. das Kapitel Entwicklungsgeschichte
und Missbildungen.) Wenn der Utriculus stärker entwickelt ist, als gewöhnlich?
dann verlaufen die Ductus ejaculatorii auf der ganzen Strecke dicht an seinem'
Wand, so dass sie fast wie in die letztere eingelagert erscheinen. Alle die
hier in Betracht kommenden Wandungen (des Utriculusund der Ductus) siod
sehr dünn.
Gefftsse der Prostata.
Die Arterien der Prostata stammen von den Arteriae vesicales i^^
feriores und haemorrhoidales mediae; sie treten an verschiedene»
Stellen des Umfanges der Drüse, insbesondere aber mit den Ductus ejacula-
torii ein.
Die Venen sind sehr reichlich entwickelt, ihre kavernösen Bildungen i^
Innern der Prostata, sowie ihr zahlreiches Vorkommen in der Rindenschicht
wurde bereits berührt. Sie hängen mit den Venen der Samenblasen, der AiO'
1) Siehe He nie, J., Splanchnologie. 2. Aufl. S. 400.
Nerven der Prostata. Lage der Prostata. 339
pullen der Ductus deferentes, der Harnblase und des Rectum zusammen und
nitinden in die Plexus vesicoprostatici beider Seiten^).
Nach Sappey's Darstellung liefert die Prostata zahlreiche Lymphgefässe,
welche am hinteren und unteren Umfange der Drüse ein Netz bilden, aus
welchem vier Hauptstämme hervorgehen. Zwei obere dünnere begeben sich
5^-u je einer Lymphdrüse am oberen Umfange des Canalis obturatorius,
Zwei stärkere laterale ziehen, der eine rechts, der andere links, zu den Lym-
phoglandulae hypogastricae.
Nerven der Prostata,
Die Prostata nerven sind, so weit man sie kennt, sympathischen Ur-
sprunges, vom Plexus hypogastricus, und sind mit zahh-eichen kleinen Ganglien-
knoten versehen. An der Aussenfläche der Prostata finden sich Vater 'sehe
Kurperchen ^).
Lage der Prostata.
Die Gesamtlage der Prostata ist vorhin, S. 335/336, angegeben worden.
Skeletotopisch bestehen folgende Beziehungen: Die vordere Fläche des
Organes liegt hinter der Symphysis ossium pubis, deren Breite sie wenig tiber-
schreitet. Ihr oberer Rand reicht in der Horizontalebene meist bis zur Mitte
der Symphyse, kann aber auch höher oder tiefer gelegen sein; ihre Spitze
'i^gt etwas tiefer (0,5 cm) als der Schambogen, zuweilen auch in gleichem
Niveau, oder ein w^enig höher. Zwischen ihr und der Symphyse befindet sich
der Plexus pudendalis mit seinen beiden seitlichen Verbindungen zu den Plexus
Vesicoprostatici. Vom Schambogen ist sie nur durch einen Abstand von 4 — 8 mm
getrennt; höher oben beträgt derselbe 10— 12 mm. S. Figg. 66 und 66a.
Von den Beckenöffnungen liegt ihr, ausser der unteren Apertur am
Schambogen, das Foramen obturatum am nächsten. Stiche, w^elche am
i^aedialen Rande desselben eindringen, können, bei medianwärts gewendeter
liichtung, die Prostata treffen.
Bei der Syntopie der Prostata müssen deren verschiedene Flächen be-
sonders betrachtet werden. Oben ruht der Blasenhals auf der Prostata und
'liuinit die vorderen zwei Drittel derselben ein; das hintere Drittel dient zur
Unterlage für die Samenblasen und die Ampullen der Ductus deferentes, welche
*^icht auf der Prostata einander berühren.
unten ruht das Organ auf dem Musculus trigoni urogenitalis, bezw.
^^i dem unter dem freien Rande des Musculus levator ani herziehenden, den
Musculus trigoni deckenden Theile der Beckenfascie (Figg. 57 a [S. 204], 65
^iid 111). Da, wo vorn die Harnröhre liegt, erstreckt sich der Schnabel der
IVGuepin, Les Veines de la Prostate. La France mödical et Paris medical,
1897, Nro. 3.
2) Siehe Krause, W.» 3. Aufl. des C. Krause'schen Handbuches der mensch-
^»«ilien Anatomie. Bd. I. S. 272.
340 Lage der Prostata.
Prostata in den Musculus trigoni hinein, dessen Fasern sich als der He nie -
sehe Sphincter vesicae externus (s. S. 337 u. Kapitel Urethra) auf die vordere
Prostatafläche fortsetzen. Hier besteht also eine besonders innige Verbindung
zwischen Prostata und Beckenboden. Auch der untere freie Randtheil des
Musculus levator ani schiebt sich von der Seite her noch etwas unter die
Prostata (Figg. 111 und 58, S. 206). Durch den Musculus trigoni urogenitalis
getrennt, liegt noch der Bulbus urethrae im Bereiche des hinteren Theiles
der Prostata, und, wenn die Glandulae bulbourethrales gross sind, können
sie ebenfalls in diesen Bereich kommen. Freilich sind auch sie von der Pf<^'
stata durch Fasern des Musculus trigoni urogenitalis geschieden (Fig. 57 a).
Seitlich liegt innerhalb der Prostatakapsel, s. w. u., also dicht an der
Dfüse selbst, jederseits der Plexus venosus vesicoprostaticus; derselbe
nimmt insbesondere den oberen Umfang des Organes ein und füllt die zwischen
ihm und der Blase bleibende Rinne aus. Vorn haben wir in gleicher Lage
den Plexus pudendalis, der aus einem unpaaren Mittelstücke und ^wei
paarigen Seitentheilen besteht, welch' letztere sich ohne scharfe Grenze in die
Plexus vesicoprostatici fortsetzen. Der Plexus pudendalis ist vorn und oben
gedeckt durch die von der Harnblase und der Prostata zum Schambeine
ziehenden Ligamenta und Musculi pubovesicalia und puboprostatica*)»
Besonders ist hier auf die 'Vena dorsalis penis subfascialis aufmerksam
zu machen, welche unter der Symphyse her dicht vor der Prostata aufwärts
zum Plexus pudendalis zieht. (Vgl. hierzu Figg. 52, 59a, 61, 64, 66a, lH
und 113.)
Seitlich ist noch der Musculus levator ani zu erwähnen, dessen
unterer Rand der Prostata dicht anliegt. Nach einigen Autoren (u. a. Disse
1. c. [S. 206]) setzen sich Fasern dieses Muskels an die Prostatakapsel; ich habe
solche nicht finden können; doch will ich ihr Vorkommen als Varietät nicut
bestreiten.
Insbesondere wichtig ist die syntopische Beziehung der hintere»
Prostata fläche zum Rectum, und zwar handelt es sich um den unteren
Abschnitt von dessen Pars pelvina (Figg. 66 und 66 a). Zwischen der Rectum-
wand und der Prostata liegt hier nur wenig lockeres, fettloses Bindegewebe
und die dünne Prostatakapsel so dass man vom Rectum aus, zumal dessen
hier in Betracht kommender Theil nicht hoch liegt (3 cm vom Anus) und
schon sich zur AmpuUa recti zu erweitern beginnt, sehr bequem die Prostata
untersuchen kann. Man fühlt von da aus zuerst den Schnabel der Prostata?
dann deren hintere Fläche mit ihren beiden Lappen, endlich die Basis mi^
ihrer Incisur und die Samenblasen mit den Ampullae deferentiales. Vgl. hierzu
auch S. 277.
1) Diese beiderlei Ligamente bilden eine zusammenliegende Schicht; beiß'
Manne finden wir sowohl muskulöse und bindegewebige Züge, welche zur Blase»'
wand gehen, als auch solche, welche zur vorderen oberen Prostatawand treten, ^^f'
halb sind hier beide Namen gerechtfertigt. Beim Weibe haben wir natürlich nur die
Ligamenta pubovesicalia.
Zugänge zur Prostata. Kapsel der Prostata. 341
Von Belang sind endlich die idiotopischen Verhältnisse der Prostata.
Durch den vorderen Abschnitt des Organes zieht, wie gesagt, der Anfangstheil
der Harnröhre hindurch (Figg. 57a, 65, 66 und 66a). Gewöhnlich liegt,
wie bemerkt, nur ein geringer Theil drüsiger Substanz vor der Harnröhre,
wnd zwar mehr nach unten (Fig. 66 a); die Drüsen können hier auch völlig
fehlen, so dass nur Muskulatur gefunden wird, welche hauptsächlich den Henle'-
schen M. sphincter vesicae internus bildet (s. Kapitel „Urethra^) und mit der
Muskulatur des drüsigen Theiles der Prostata zusammenhängt. In diesen Ab-
schnitt der Harnröhre ragt, wie erwähnt, der Colliculus seminalis hinein.
Hinter der Harnröhre durchsetzen die Ductus ejaculatorii das Organ,
lind zwischen ihnen liegt der Utriculus prostaticus (s. vorhin). Die Ductus
ejaculatorii nähern sich während ihres Verlaufes durch die Prostata zu ihren
Mündungen hin immer mehr der Mittellinie. — lieber die Lage eines dritten
oder mittleren Prostatalappens wurde vorhin das Nöthige angeführt.
Zng^Singe zur Prostata.
Der gewöhnliche Weg, um zur Prostata zu gelangen, ist der Weg vom
Centrum perineale her. Man kann von hier aus die Prostata und die Samen-
hlasen in der Weise freilegen, wie das in Fig. 58 dargestellt ist. Auch vom
Rectum her gelangt man zur Prostata, z. B. zur Eröffnung von Prostataabscessen.
Langenbuch^) hat behufs Eröffnung der Harnblase den Zugang unterhalb der
Symphyse her empfohlen, dessen anatomische Führung von mir dargelegt wurde.
Dieser Weg leitet zum Schnabel der Vorsteherdrüse und zu deren vorderer Wand.
Kapsel der Prostata.
Wie Denonvill^ers*^) zuerst des genaueren gezeigt hat, ist die Prostata
von einer visceralen Fascie umgeben, welche sie, wie eine Kapsel von allen
Seiten, mit Ausnahme der vorderen Fläche, der Spitze und der Basis, umschliesst
und ihr grösstentheils dicht anliegt. Von derselben Fascie werden noch die
obere Fläche des Plexus pudendalis, die Plexus vesicoprostatici so wie die
Samenblasen und die Ampullen der Ductus deferentes mit eingeschlossen.
Diese Kapsel hebt sich an den Seiten und hinten von der parietalen
Beckenfascie ab, und erscheint wie ein Umschlag dieser Fascie auf die Pro-
stata. Von dieser geht sie über die genannten Venenplexus hinweg auf die
ßlase über, wo sie sich allmählich in dem die Blase deckenden subperitonäalen
Bindegewebe verliert. Vorn kommt die Prostata, da sie unter der ümschlags-
stelle liegt, nicht in Betracht. Hinten, zwischen Rectum und Prostata, ist die
Kapsel am stärksten; sie wird hier als Fascia rectovesicalis bezeichnet,
^ud ist am Grunde der Excavatiorectovesicalis mit dem Bauchfelle verwachsen.
Sie enthält hier auch glatte Muskelfasern und erstreckt sich mit einem
1) Langenbuch, K., Die Sectio alta subpubica. Eine anatomisch-chirurgische
Studie nebst einer Vorbemerkung von W. Waldeyer. Berlin, 1888. 8<*.
2) Denonvillers, Ch. P., Propositions et observations d'anatomie, de Physio-
logie et de Pathologie. Thöse de Paris, 1837.
342 Prostata: Altersunterschiede. Maasse. Physiol. und pathol. Verhältnisse.
medianen Fortsatze, der an die Harnblase im Trigonum interanipullare ange-
heftet ist, zwischen die beiden Ampullen der Ductus deferentes hinein. Id
den Figuren 111, 113 und 114 sind die einzelnen Theile dieser Kapsel nach
Präparaten zum Theil halbscheniatisch mit gelben Linien eingezeichnet. Fig. H^
gibt die Seitentheile, Fig. 113 das vordere und das hintere Blatt, Fig. H^
einen horizontalen Durchschnitt. Auf dem letzteren sind aber nicht die Fyo-
stata, sondeni die Samenblasen und die Ductus deferentes zu sehen; das Ver-
halten ist aber bei der Prostata dasselbe.
Altersimtersohiede der Prostata.
Bei Kindern bis zum Eintritte der Pubertät ist die Prostata nur schwach
entwickelt. Mit dem Beginne der Mannbarkeit erreicht sie rasch ihre volle,
dem jugendlichen Mannesalter entsprechende Grösse. Meist pflegt sie dann,
mit dem Beginne des Greisenalters, eine weitere Vergrösserung einzugehen, die
ohne alle störenden Folgen bleiben kann, oft aber zu den schwersten Behinde-
rungen der Harnentleerung führt. Seltener sind Altersatrophien. Häufiger als
im jugendlichen Alter findet man bei älteren Leuten auch die concentrischen
Prostatakörper.
Maass- und Zahlentabelle.
Winkel der Prostatalängsaxe mit der Vertikalen 20—25*'
Neigung der hinteren Prostatafläche gegen den Horizont 40—45^
Länge im jüngeren Mannesalter 28—^0 rtim
Breite „ „ „ 40-45 »
Dicke in der Mitte 20-25 -
Gewicht 20-25 gr
(In höherem Alter können diene Maasse auf das doppelte kommen.)
Entfernung von der Symphyse 8 — 12 mt^
(Wechselt nach der B^ntwicklung* der Prostata bezw. des Venenplexus und des
zwischengelag:erten Fettes.)
Entfernung- der Spitze vom Anus 30—40 i^^
Physioloerische nnd pathologrl>che Verhältnisse.
Verschiedene Gründe thun es unzweifelhaft dar, dass die Prostata zum Ge-
schlechtsapparate zu rechnen ist; so vor allem ihre starke Entwicklung* mit Beginn
der Pubertät, die Entleerung ihres Sekretes beim Beg-attuiij^sakte, und ihre Atrophi*?
nach der Kastration. Fürbringer*) hat gezeigt, dass hauptsächlich der emulsiv^»
milchige Succus prostaticus es ist, welcher dem Ejakulate dos Mannes den eigenthixn^'
liehen Geruch gibt, und dass die in dem Ejakulate auftretenden Kry stalle ebenfall'*
dem Prostatasekrete angehören. In demselben werden auch mitunter die meist bräun-
lich gefärbten sogenannten concentrischen Körper der Prostata gefunden. VVa*>
speciell die Bedeutung der Prostata für den Organismus und insbesondere für ^^^
Geschlechtsfunktion und das Ejakulat sei, ist noch unaufgeklärt; Fürbringer f«-^"'
dass der Succus prostaticus Spermien, welche noch nicht im Absterben begriffen, s^n-
nur physiologisch erstarrt sind, wieder in lebhafte Bewegung zu versetzen vermag'
1) Fürbringer, P., Die Störungen der Geschlechtsfunktion des Mannes. Wien»
1895. Holder. (Mit Literatur).
Samenblasen. 343
Pathologisch gehört die Prostata für den männlichen Harn- und Ge-
schlechtsapparat mit zu den bedeutsamsten Organen, hauptsächlich wegen der
schon erwähnten, im höheren Alter fast regelmässig eintretenden Hypertrophie,
die, wie bemerkt, zu den schwersten Störungen der Harnentleerung führen
kann; dann wegen verschiedener Neubildungen, bei denen insbesondere Car-
cinome, Myome und Adenome, entsprechend dem Baue des Organes, eine
gi'osse Rolle spielen. Endlich kommen Abscesse häufiger vor, zumeist im
Anschlüsse an eine gonorrhoische Infektion oder an eine Cystitis.
Die krankhaften Prostatahypertrophien mit Behinderung der Harnentleerung,
deren Träger als „Prostatiker" bezeichnet werden, hängen wohl, wie Guyon,
Qieines Erachtens mit Recht, bemerkt, vorzugsweise mit chronischen Arterien-
Erkrankungen, wie sie das höhere Alter aufweist, zusammen.
Die Hypertrophie betrifft vorzugsweise das Bindegewebe und die glatten Muskeln;
die Drüsen sind häufig atrophisch. Daneben bestehen venöse Stauungen i).
Die Abscesse können sich in die Blase, in die Harnröhre, in die Samen-
blasen und Ampullen (selten) oder in das Rectum eröffnen, freilich auch nach
<iem Damme hin oder in das Cavum pelvis. Mitunter kommt es infolge ihrer
Eröffnung nach beiden Seiten zu einer Blasen-Mastdarm-, oder Harnröhren-Mast-
darmfistel. Die vorhin besprochenen Lageverhältnisse erklären alle diese Vor-
kommnisse ungezwungen.
Samenblasen (Vesiculae seminales).
AmpuUen der Ductus deferentes (Ampullae ductuum deferentium).
Ausspritzungsgänge (Ductus ejaculatorii).
Die in der Ueberschrift genannten drei Organe gehören anatomisch wie
physiologisch zusammen; insbesondere können sie bei einer topographischen
Betrachtung nicht getrennt werden; die letztere hat auch die Portio vesi-
^alis extramuralis der Ureteren aufs neue einzubegreifen.
Beschreibend anatomisolie Vorbemerkung^en.
Die Samenblasen^ Vesiculae seminales, stellen sich als platt-
^llipsoidische Körper von flach-höckerigem Aussehen dar. Bei stärkerer FüHung
runden sich die Höcker zu traubigen Formen ab, wobei auch die Gesamt-Ab-
plattung sich verliert. Meist ist das obere Ende, Basis vesiculae seminalis,
^in wenig breiter als das untere, welches sich zu dem sogenannten Halse
^der Ausführungsgange der Samenblase, Ductus excretorius ves. sem., ver-
jüngt. Man kann ferner eine vordere oder Harnblasen-Fläche, eine
hintere oder Rectum- Fläche, und zwei abgerundete Ränder, einen me-
dialen und einen lateralen unterscheiden. Durchschnittlich haben die Or-
gane bei 4 — 5 cm Länge und 2 cm Breite eine Dicke von 1 cm; doch variirt
1) Vgl. Gas per, L., Experimentelle Untersuchungen über die Prostata mit Rück-
sicht auf die modernen Behandlungsmethoden der Prostata-Hypertrophie. Berliner
klin. Wochenschr. 1897.
344 Samenblasen. Ampullen. Ductus ejaculatorii.
dies nach Lebensalter und Individualität. Meist sind die Samenblasen einer
und derselben Person verschieden gross; häufig ist die rechte grösser als die
linke, jedoch kann auch das Umgekehrte vorkommen.
Die Samenblasen stellen sich dar als Divertikel der Pars ampullaris der
Ductus deferentes; sie bestehen aus einem grösseren, mit Erweiterungen und
Verengerungen versehenen, blind endenden Hauptgange, von dem eine ver-
schieden grosse Zahl von gleichfalls blind endenden Nebengängen nach beiden
Seiten hin ausgehen. So erhält man, wie es Rehfisch^) richtig beschreibt?
auf dem frontalen Längsschnitte des Organes das Bild eines gefiederten Kanal-
systems, welches besonders deutlich an injicirten Exemplaren hervortritt.
Das blinde Ende des Hauptganges ist häufig hakenförmig umgebogen, ebenso
die Enden der längeren Nebengänge. Alle Nebengänge sind eng aneinander
und an den Hauptgang angelegt, so dass das Ganze das Bild des eingangs
erwähnten traubigen Körpers darbietet. Dazu kommt, dass die einzelnen
einander bertthrenden Windungen und Gänge bindegewebig verknüpft sind;
erst nach Entfernung des Bindegewebes gelingt die Entwirrung; der isolirte
und gestreckte Hauptgang kann dann eine Länge von 10 — 12 cm zeigen. Das
Lumen sämtlicher Gänge ist noch durch anastomosirende Leisten und grubigß
Vertiefungen in zahlreiche Fächer zerlegt, so dass der Durchschnitt ein sehr
charakteristisches Bild gewährt. Die stark muskulöse Wandung der Samen-
blasen ist, wenigstens an der Leiche, etwas brüchig. Der Inhalt, von leicht
bräunlicher Färbung, stellt eine dickliche trübe Flüssigkeit dar, in der sich
bei gesunden Leuten während des geschlechtsthätigen Alters fast stets reife
Spermien befinden.
Mit dem Namen „Ampulle^^ — Ampulla ductus deferentis — belegte
He nie 2) die spindelförmige Erweiterung des Ductus dcferens, welche derselbe
im Bereiche der betreffenden Samenblase zeigt, während er an deren medialem
Rande herabläuft. Die Ampulle hat ein ähnliches höckeriges Aussehen, den-
selben fächerigen Bau (Diverticula am pull ae) und denselben Inhalt, wie die
Samenblasen, als deren Vorläufer man sie ansehen kann. Sie ist von vorn
nach hinten abgeplattet und hat etwa eine Länge von 3—4 cm bei 0,7 — 1,0 cm
grösster Breite.
In das verjüngte untere Ende der Ampulle mündet der Ductus ex-
cretorius der Samenblase ein, so dass von hier ab nur ein einfacher Kanal,
der Ductus ejaculatorius weiter geht, welcher alsbald in die Prostata ein-
tritt (s. S. 337 ff.).
Die Verhältnisse an der Vcreinigungsstelle sind nicht unwichtig. P'^
Mündung des Ductus cxcretorius findet sich in der lateralen Wand des Ampulle,
und ist verhältnissmässig weit; sie erscheint wie ein seitlich in diese Wand
eingelassenes Fenster und zeigt kaum einen Mündungssporn. Das Lumen der
1) Rehfisch, E., Neuere Untersuchungen über die Physiologie der Samenblasen.
Deutsche mediz. Wochenschrift, 1896. Nr. 16.
2) Henle, J., Handbtich der systematischen Anatomie des Menschen. 2. Aufl-
Bd. II (Eingeweidelehre). Braunschweig, 1873. S. 383.
Samenblasen: Kapsel, Gefässe, Nerven. 345
Samenblase oberhalb der Mündung ist weit, oder erweitert sich doch bald bis
fast auf 1 cra im Lichten, während das des Ductus ejaculatorius sich rasch bis
auf 1 — 2 mm verengert.
Die beiden Ductus ejaculatorii siud sehr enge und dünnwandige
Kanäle- sie haben bei 20—25 mm Länge am Anfange 1,5—2 mm Breite, und
verengern sich an ihrer rundlich-elliptischen Mündung bis auf 0,5 mm. In ihrer
letzten Strecke laufen die kleinen Kanälchen dicht an der Wand des Utriculus
prostaticus, ja sie erscheinen zuweilen in diese Wand eingelassen (s. S. 338);
selten nur kommt es indessen vor, dass sie in den Utriculus selbst münden;
selten ist auch eine einfaciic gemeinsame Mündung beider Kanäle.
Kapsel der Samenblasen.
Die Samenblasen mit der Ampulle des Ductus deferens sind von einer
fibrös-muskulösen Kapsel umgeben, welche nach unten in die Prostatakapsel
sich fortsetzt und einen Tlieil der Fascia rectovesicalis bildet (Figg. 70c, 113,
114). Vorn und hinten, gegen Blase und Rectum hin, ist die Kapsel geschlossen;
seitlich und unten treten die Gefässe und Nerven ein und es verliert sich hier
sowie nach oben die Kapsel in das Beckenbindegewebe bezw. in die Fascia
vesicae. Die (glatten) Muskelfasern finden sich vorzugsweise in der Pars inter-
anipullarisi) vesicae, wo sie von einem medianen Sehnenstreifen nach beiden
Seiten und nach hinten in die Samenblasen-Kapsel und von dieser zum Fundus
excavationis rectovesicalis und dessen Nachbarschaft hinziehen; sie hängen
nfiit der vom Rectum ausstrahlenden Muskulatur zusammen.
Mit ihrer Kapsel sind die Samenblasen ebenso wie die Ampullen nur
locker verbunden, so dass sie sich leicht herausschälen lassen. Die vordere
Kapselwand mit einer mehr oder minder starken Schicht Fettbindegewebe
trennt die Portio vesicalis cxtranmralis des Ureter von der Samenblase.
Gefässe nnd Nerven der Samenblasen und der Ampullen
der Ductus deferentes.
Die Arterien sind Zweige der Aa. vesicales inferiores, der Aa. hae-
uiorrhoidales mediae und auch der Aa. deferentiales; sie zeigen viele Ver-
**^*hiedenheiten in ihrem Ursprünge und in ihrer Vertheilung.
Die Venen sind sehr stark und zahlreich; sie bilden auf der hinteren Fläche
*^^*i' Sainenblasen ein erhebliches Geflecht, welches man als Plexus venosus se-
*»^ in aus zu unterscheiden pflegt; dasselbe ist ein Anhang- des Plexus vesicoprostaticus,
*ii den es abfliesst, und zeigt auch Verbindungen mit dem Plexus venosus haemorrhoi-
"alis. Auch die Ampullen sind von einem kleineren engmaschigen Venengeflechte um-
sponnen, welches sich weit am Ductus deferens hinauferstreckt; hierdurch kontrastirt
^er Ductus mit dem Ureter, bei welchem ein solcher Plexus fehlt.
Ueber die Lymphgefässe besitzen wir Angaben von Sappey^); sie sind, wie
^ie Venen, reichlich entwickelt, und bilden auch einen Plexus an der Oberfläche der
^^rgane, von wo sich jederseits 2—3 Stämmchen zu den Lymphoglandulae hypo-
S'astricae beg'eben.
1) V^I. Henle, Splanchnologie, 2. Aufl. 1873. S. 387, Fig-. 291.
2) S. dessen grrosses, weiter unten S. 352 citirtes Werk, Taf. 48.
346 Samenblasen: Alters Verschiedenheiten, Lag-e.
Die Nerven entstammen dem Plexus sympathicus hypogastricus und
ziehen mit dessen sekundären Abzweig-ungen, den Plexus vesicalis und hae-
morrhoidalis medius, läng-s der Arterien zu den Samenblasen; sie führen haupt-
sächlich marklose Fasern; markhaltige fehlen jedoch nicht. Den Geflechten der mark-
losen Fasern sind in der Aussenhaut der Samenblasen Häufchen von Nervenzellen
eingelagert. Timofeew*) fand solche beim Hunde auch am Prostata-Ende des Ductus
defercns. In der Muskelhaut der Ductus deferentes ist von ihm und Sclavunos*)
ein reichlicher Plexus markloser Nervenfasern — Plexus myospermaticus Scla-
vunos ~ beschrieben worden, von dem auch Fasern zur Mucosa verfolgbar waren.
Man darf annehmen, dass dieselben Verhältnisse bei den Samenblasen vorliegen.
Altersveriohledenheiten.
Bis zum Beginne des Eintrittes der Geschlechtsreife sind die Samenblasen i^
Verhältnisse zu den Nachbartheilen klein, ebenso die Ampullen. Ihre volle Entwick-
lung zeig'en sie erst im g'eschlechtsthätigen Alter. Wenn im höheren Alter die Ge-
schlechtsfunktion abnimmt, pflegt auch die Grösse der Samenblasen sich zu vermindern.
Man findet bei alten Leuten auch nicht selten dünnere Wände und eine gesteigerte
Brüchigkeit des Organes.
Isa,ge der Samenblasen nnd der Ampullen.
Zunächst ist für die Gesamtlage festzustellen, dass die in Rede stehenden
Organe, von ihrer Kapsel eingehüllt, unmittelbar oberhalb der Prostata, zwischen
Rectum und Harnblase, an der hinteren unteren Wand der letzteren ihren Plat^
haben. Die Ampullen liegen am medialen Rande der Samenblasen entlang;
letztere weichen von der Prostata an, wo sich die beiden Ampullen in der
Mittellinie berühren, allmählich von einander ab, so dass ihre beiden oberen
Enden (Basen) 6 — 7 cm von einander abstehen und sich der seitlichen Becken-
wand bis fast zur Berührung nähern. S. Figg. 60 und 70b. Die Ampullen
folgen in ihrem Uebergange zu den betreffenden Ductus deferentes dieser
Divergenz.
Wichtig ist es ferner zu merken, dass die Längsaxen der Samenblasen
und Ampullen bei aufrechter Stellung des betreffenden Menschen auch nicht in
der Vertikelebene liegen, sondern unter einem Winkel von 50—60*^ gegen den
Horizont geneigt bleiben, indem sie der Lage des unteren Theiles der Pars
pelvina recti folgen. (Vgl. Figg. 66 a und 70c.) Ich bemerke das umsomehr,
als manche der Figuren, in denen die Samenblasen zusammen mit der Pro-
stata und der Harnblase abgebildet sind, die Vorstellung von einer mehr senk-
rechten Lage leicht aufkommen lassen.
Skeletotopisch entspricht die Lage der Samenblasen ungefähr dem
Steissbeine (natürlich dessen Seitenränder gedacht); die Spitze des Steissbeines
dürfte, projicirt, der Pars interampullaris vesicae zugehören und dies würde
der Grenze zwischen unterem und mittleren Symphysendrittel gleichkommen.
1) Timofe'ew, D. A., Zur Kenntniss der Nervenendigungen in den männ-
lichen Geschlechtsorganen der Säuger. Anat. Anz. Bd. IX, S. 342. 1894. — S. auch
Inauguraldiss. Kasan, 1896. (Russisch.)
2) Sclavunos, G., lieber die feineren Nerven und ihre Endigungen in den
männlichen Genitalien. Anat. Anz. IX. S. 42. 1894.
S.-iiiniilil^i.-i'li: K;',:i
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Ma.r yn.n li..-l„.n. /,.. ,U'U ImvUuv,, un.l /,nn. üancliloli. im Zusamuu'Hl.ani:-.-
<l;,™,l...v,u obwohl .iM-sHbrn au.l, s,-l In. .!.;>, Kapür!,, üamhlas,. ■ S. :;u<J;,;in,
K'rcjuHi uN. -77 .lu.i rivl.T ^S. ;r,r,, iHTi.iin ^^.•^l.a. musslvn.
Kiu'. Till
!ii:|ii''li
^48 Samenblasen: Lage.
culae seminales entsprechen den seitlichen Funduspartien der Harnblase. Von
der Muskelwand der Harnblase sind sie, ausser durch den vorderen Theil ihrer
Kapsel, noch durch eine mehr oder minder starke Schicht perivesikalen Fett-
gewebes getrennt. Die mehrfach (s. S. 277) erwähnte Pars interampullaris,
welche mit spitzem Winkel nach unten schaut, da, wo beide Ampullen sich
berühren, blcil)t zwischen den letzteren, sowohl von diesen Organen, wie auch
vom Bauchfelle frei. Bei mittlerer Füllung der Harnblase misst ihre Basis
2 cm, ihre Höhe 1,5 cm. Uebrigens kommen viel grössere interampullare Felder
vor; in einem Falle fand sicli 4,3 cm Basisbreite bei 4,2 cm Höhe.
Man hat vor<,^eschIiigen, vom Rectum aus durch die Pars interampullaris hin-
durch die Blase zu punktircn (S. 277, 313); doch ist die Vornahme einer solchen
Operation, wegen der wechselnden Dimensionen des Operationsfeldes und der Schwie-
rigkeit dasselbe beim Lebenden genau abzugrenzen, nicht anzurathen, und man ist
auch davon zurückgekommen.
Nach hinten lagern die Sanienblasen auf dem unteren ampullären Ab-
schnitte der Pars pelviua recti, und kommen, da zwischen ihrer hinteren
Kapsclwand, welche zugleich, als Fascia rectovesicalis, einen Theil der Fascia
recti darstellt, und der vorderen Rectumwand gewöhnlich nur wenig lockeres
Bindegewebe zu liegen pflegt — nur fettleibige Personen machen eine Aus-
nahme — dem Rectum sehr nahe. Vgl. hierzu die Figg. 61, 66 und 66 a,
ferner 70c, 113 und 114, in welchen drei letzteren das Verhältniss der Samen-
blasenkapsel zur Fascia recti, bez. der Fascia rectovesicalis zum Ausdrucke
gebracht ist.
Erwägt man nun das vorhin geschilderte Verhalten der glatten Muskeln
der Kapsel zum Rectum, so ist leicht verständlich, wie die Samenblasen auch
den Bewegungen und Ausdehnungen des Rectum folgen müssen, s. S. 277.
Die Lagebeziehungen der Vesiculae seminales und der Ampullen zum Kectum
sind vor allem deshalb Avichtig, weil sie die Untersuchung dieser Organe durch
Palpation und auch durch Inspektion vom Rectum her gestatten, desgleichen manche
pathologische Vorkommnisse erklären und operative Zugänge ermöglichen. Füllung
der Blase, falls sie nicht zu stark ist, erleichtert die Palpation der betreffenden Organe
vom Rectum her; man kann bei einer gewissen Füllung der Samenblasen ihr Sekret
durch Fingerdruck in die Harnröhre entleeren i).
Was das Bauchfell anlangt, so deckt dasselbe, wie gesagt, von der
Excavatio rectovesicalis her das obere Drittel und, unter Umständen gar die
obere Hälfte der Samenblasen, je nach ihrer Grösse und Füllung und nach
dem Grade ihrer seitlichen Divergenz; im Bereiche der Pars interampullaris
senkt es sich etwas tiefer ein. Die obere Partie der Samenblasen und der
anliegende Theil der Ampulle wird sonach durch diese Bauchfelleinsenkung vom
Rectum geschieden und tritt damit auch in Beziehung zum Cavuni serosum
pelvis.
Was endlich die Lage der Ureteren zu den Ampullen imd zu den
Samenblasen betrifft, so deckt der obere (basale) Theil der letzteren mit
seiner lateralen Randpartie meist ein kleines Stück der Ureteren (deren Pars
1) Vgl. Kehfisch, 1. c. [S. iÖ28].
:iii^
350 Saraeublasen : physiologische und pathologische Verhältnisse.
vesicalis extramuralis). Es ist nicht richtig, dass von der extramuralen Strecke
noch ein Theil flu er vor den Samenblasen, zwischen diesen und der Harn-
blasemvand einwärts ziehe. Wo der Ureter au die Blasenwand tritt, senkt er
sich auch, nach nur w^enigen Millimetern freien Laufes, in dieselbe ein; den
mehr queren Lauf nimmt er erst in seiner intramuralen Strecke, d. h. in den
üreterenfalten ein. Der Ureter ist aber auch da, wo er im Bei-eiche der
Samenblase liegt, durch die Samcnblasenkapsel und Fettgewebe, wie bemerkt;
von der Samenblase noch getrennt.
Mit der Ampulle tritt der Ureter in keine Lagebeziehungen, wold aber
mit dem unmittelbar auf die Ampulle folgenden Theile der Ductus deferentes;
dieses Lageverhältniss mag schon hier, obwohl wir die Ductus erst im folgen-
den Kapitel abhandeln werden, des Zusammenhanges wegen, noch kurz be-
sprochen sein.
Da der Ureter von hinten nach vorn zur Blase zieht, der Ductus deferens
aber von vorn nach hinten, so müssen sich beide kreuzen, und diese Kreuzung
erfolgt im Bereiche der seitlichen Blasenwand, am Uebergange des Fundus
vesicae in die letztere. Bei der Kreuzung zieht der Ductus an der medialen
Seite des Ureter vorbei; ein sogenanntes „Reiten" des Ductus auf dem Ureter,
wobei er mediolateralwärts über den letzteren hinweg zur seitliehen Becken-
wand steige, findet nicht statt; Abbildungen, welche dieses zeigen, sind ungenau.
Wenn der Ductus sich von der Blasenwand abhebt, um lateral zur Beckenwand
zu treten, hat er die Kreuzung mit dem Ureter schon hinter sich. Bei der
Kreuzung berühren sich beide Gänge nur dann, wenn das perivesikale Gewebe
fettlos ist; gewöhnlich befindet sich eine 0,5—1,5 cm starke Fettgewebslage
zwischen ihnen. Wenn sich die Blase füllt, so entfernen sich, wie Funke^)
angibt, die Gänge noch mehr von einander bis zu 3 cm.
Physiolosriflohe nnd pathologische Verh<nUse.
Nach den neueren Untersuchungen, insbesondere von Rehfisch 2), kann
es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass, wenigstens beim Menschen, so lange
die Hoden Samenfäden in normaler Menge produciren, solche auch in den
Samenblasen gefunden werden. Wie sie dahin gelangen, ist noch nicht fest-
gestellt; doch müssen zwei Umstände hierbei in Betracht gezogen werden:
1) dass, wie schon Regnerus de Graaf nachwies, und wie sich (Rehfisch)
leicht bestätigen lässt, eine in den Ductus deferens injicirte Flüssigkeit zunächst
in die Samenblase dringt und dieselbe stark füllt, lievor sie aus der Mündung
des betreffenden Ductus ejaculatorius am Schnepfenkopfe heraustritt. Denselben
Vorgang wird man auch intra vitam von den den Ductus deferens passirenden
Inhaltsmassen annehmen dürfen. Es wird dies Verhalten verständlich durch
die S. 344 beschriebene Art der Zusammenmündung der Samenbiasen und der
Ductus deferentes, indem der Zugang zu den ersteren viel leichter ist, als der
Weg durch den engen Ductus ejaculatorius. 2) Dass die geschlechtlichen Er-
1) Funke, 1. c. [S. 335].
2) l c. [S. 344].
Samenleiter. 351
regUDgen, welche auf die männlichen Individuen einwirken, höchst wahrschein-
lich Bewegungen der Nebenhoden- und Ductus deferens-Muskulatur auslösen,
durch welche nach und nach das Hoden- und Nebenhodensekret mit seinen
Spermien in die Samenblasen zur Ansammlung und Aufbewahrung befördert
wird. Das während eines Begattungsaktes entleerte Ejakulat dürfte wohl, seiner
Hauptmasse nach, aus den Vesiculae seniinales ^) und der Prostata stammen.
Gleichwohl kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Samenblasen auch
ein eigenes Sekret liefern, da wir zahlreiche Becherzellen ähnliche Epithel-
zellen in ihnen finden und der Inhalt der Samenblasen von den anderen Se-
kreten des männlichen Genitaltractus verschieden ist. Ob nun dieses Sekret
nur mechanischen Zwecken dient, da eine hinreichend kräftige Ejakulation nur
bei einer gewissen Menge des Ejakulates denkbar ist, oder ob dasselbe auch
auf die Samenfäden in irgend einer Weise günstig einwirkt, lässt sich zur Zeit
nicht mit Bestimmtheit entscheiden.
Die pathologischen Vorkommnisse anlangend, so lehren die besprochenen
Lageverhältnisse verstehen, dass bei eitrigen Spermatocystiden Durchbrüche nach
der Harnblase, nach dem Rectum und nach dem Cavum serosum pelvis erfolgen
können, dass die entzündlichen Vorgänge ferner die Prostata, die Ductus deferentes
und die Ureteren interessiren können, indem sie sich dorthin fortpflanzen. Der ana-
tomische Bau erklärt das Vorkommen von Cysten und Ektasien an den Samen
blasen und Ampullen; hier kann eine Differentialdiag-nose mit Cystenbildun^en, welche
von der Prostata (ütriculus prostaticus) oder vom Ductus deferens ausgehen, oder
niit Blasendivertikeln unter Umständen Schwierigkeiten bereiten.
Fernerhin sind Konkremente in den Samenblasen gefunden worden, soge-
nannte Samensteine. Sie können vom Rectum aus gefühlt werden; man möge sich
aber vor Verwechslungen mit Phlebolithen, die gelegentlich in den Venengeflechten
der Samenblasen vorkommen, hüten.
Nicht selten sind tuberkulöse Prozesse der Samenblasen und der Ductus
deferentes mit den Ampullen bei allgemeiner Urogenitaltuberkulose. Die betreffenden
Theile fühlen sich dann bei der Palpation vom Rectum her besonders hart und
höckerig an.
Da die Samenblasen mit den Ampullen wohl von alten Beckenorganen am
meisten geschützt liegen, so begreift es sich, dass Verletzungen derselben sehr
selten sind.
Samenleiter (Ductiis deferens).
Unter Ductus deferens versteht man den vom Ende des Nebenhoden,
der Cauda epididymidis, durch den Leistenkanal hindurch zum Ductus ejacula-
torius führenden muskulösen Gang, dessen ampuUäres Endstück wir soeben be-
schrieben haben. Derselbe hat etvra die Dicke eines starken Kabenfederkieles
und die Länge eines menschlichen Vorderarmes einschliesslich der Hand. —
Durch diesen Gang werden die Produkte des Hoden und des Nebenhoden zu
der betreffenden Samenblase und dem Ductus ejaculatorius geleitet.
1) Hierfür sprechen insbesondere die von Reliquet unter dem Namen „Colique
spermatique** beschriebenen, bei der Anwesenheit von Samensteinen während des
Coitus ^auftretenden Erscheinungen. (Reliquet, Coliques spermatiques. Paris, 1880.
Extrait de la Gaz. des Hopitaux. 1879.)
352 Samenleiter: Gefässe und Nerven, Lage.
Ausgezeichnet ist der Gang durch seine starke Ringmuskulatur, welche
ihm eine knorpelartige Härte verleiht, so dass es leicht möglich ist, ihn wäh-
rend seines Verlaufes im vSamenstrangc durch die Haut hindurch zu palpiren.
Sein Lumen ist im Verhältniss zur Wandungsdickc ein sehr geringes. An die
Blasenportion des Ganges tritt, gewöhnlich von einer der unteren Blasenarterien
ein dünner Zweig heran, der bis zum Nebenhoden verläuft, die Artcria defe-
rentialis (s. Fig. 72 und 72a).
Der Ursprung der Art. deferentialis unterliegt mehrfaclion Schwankungen,
wie schon aus den versclüedenen Angaben der Handbücher hervorgeht; auch die obere
Blasenarterie kann die Arteria deferentialis abgeben. (Vgl. S. 249.) Am unteren Ende
des Nebenhodens bestehen zwischen ihr und der Arteria spermatica interna Anasto-
mosen, welche für die Ernährung des Hoden und Nebenhoden, im Falle einer Be-
hinderung des Kreislaufes in der Arteria spermatica interna, wichtig werden können.
Die Venen bilden im ganzen Verlaufe des Ganges an seiner Peripherie
einen Plexus, welcher im Samenstrange mit dem Plexus pampiniforniis
zusammenhängt und proximal Verbindungen mit den Harnblasenvencn, dem
Plexus V e n o s u s s e m i n a 1 i s und durch diese Geflechte mit dem Plexus
vesicoprostaticus unterhält.
Die L y m p h g e f ä s s e sind besonders zahlreich am Anfangs- und End-
thcile des Ductus; dort kommunicircn sie, wie die Abbildung von Sappey*)
ergibt, mit den Lymphgcfässen des Samenstranges, hier mit denen der Samen-
blasen. Es gelang Sappey nur in der Muscularis die Wurzeln der Lymph-
gefässe darzustellen, niclit in der Schleimhaut.
Die citirte Tafel 48 bei Sappey zeigt Lympligefässe, welche unmittelbar an
der Wand des Ductus deferens liegen und vorn Nebenhoden ab an ihm verlaufen;
diese begeben sich indessen mit den übrigen Lyniphgefässen des Sanienstrangcs
durch den Leistenkanal hindurch zu den Lym[)hoglandulae lumbales. Ein anderes
LyniphgefHss bildet Sappey an der Portio vesicalis des Ductus ab; es ergiesst sicli
zusammen mit Saugadern der Samenblase in eine Lymphoglandula hypogastrica.
Horovitz und v. Zeissl^) wiesen neuerdings ein Lymphgefäss nach, welches von
der Cauda epididymidi^ ab den Ductus deferens in seiner ganzen Länge begleitet
und in eine Lymphoglandula hypogastrica einmündet.
Die Nerven stammen hauptsächlich vom Plexus hypogastricus des
Sympathicus imd bilden ein ansehnliches Geflecht um den Gang, Plexus
deferentialis (s. S. 257); demselben sind einzelne markhaltige Fasern beige-
mischt. Wie sie sich in der Wand des Ganges vertheilen, wurde bereits iiu
vorigen Kapitel, S. 346, angegeben.
Tätige des Dnotns deferens.
Man kann am Ductus deferens nach Sappey vier Abschnitte unter-
scheiden: 1) die Pars testicularis, 2) die Pars funicularis, 3) die Pars
inguinalis, 4) die Pars pelvina, welche wieder in eine Portio parietalis
1) Anatomie, Physiologie, Pathologie des Vaisseaux lymphatiques consideres
chez THomme et les Vertebres par Ph. C. Sappey. Paris, A. Delahaye et E. ^^'
crosnier. 1874—1883. Fol. Taf. 48.
2) Horovitz, M., und v. Zeissl, M., Zur Anatomie der Lymphgefässe der männ-
lichen Gesehlechtstheile. Arch. f. Dermatologie und Syphilis. XXIL Jahrg. 1890. S. 5^>3'
Samenleiter: Laj^e. 353
und eine Portio vesicalis zerfällt; letztere ist bereits im vorigen Kapitel
beschrieben worden.
Die Pars testicularis ist der kflrzeste Abschnitt (2.5cm, Sappey).
8ie ist die direkte Fortsetzung des Nebenhoden und wird von den Venen des
Plexus pampiniformis posterior (minor) umsponnen. Dieser Abschnitt geht unter
einem stumpfen Winkel in die Pars funicularis über. (Figg. 72 und 72 n.)
Die Pars funicularis reicht bis zum Eintritte in den subkutanen
Leistcnring, hat also die Länge des Samenstranges und nimmt den hinteren
Theil desselben ein (Figg. 72 u. 72 a). Vgl. Kapitel „Samenstrang" (S. .S82).
Die Pars inguinalis liegt in dem Leistenkanale und hat sonach
dessen Länge (.S— 4 cm). Sie ruht unmittelbar auf der unteren Wand der
Hohlrinne des Kanales, welche von dem Ligamentum inguinale retlexum (Collesi)
gebildet wird. Näheres siehe Kapitel „Samenstrang".
Die Pars p elvi na steigt beim Verlassen des snbpcritonäalen Leisten-
i-inges über den ürsprungstheil der Vasa epigastriea inferiora hinweg, wobei sie
erst eine kleine Strecke (etwa 1 cm^ noch in sagittaler Richtuns: mit den Vasa
spermatica interna verläuft, denen sie medial dicht anliegt: alsbald trennt sie
sich unter spitzem Winkel von diesen Gefässen und wendet sieh rasch nach ab-
wärts und hinten, um an der seitlichen Beckenwand bis fast zum Reckenboden
binabzusteigen. Hier geht sie am hinteren seitliclien Umfange der Blase in
«lie Pars vesicalis Aber, welche im vorigen Kapitel abgehandelt worden ist.
Wahrend der Ductus deferens an der seitlichen Beckenwand hinabsteijrt, kreir/.t
er (vo-l. Pifffr. R1, fi2 nnd 6?t) zuerst unter fast rechtem Winkel die Arteria und
Vona'iliaca externa, dann die Arteria umbilicalis. Der G.ansr IHuft hier ziem-
'ieh parallel der Plica vesicalis transversa und bildet mit dieser die Fossa paravesi-
falis posterior (s. R. 2.H8). Weiter abwärts kreuzt er den Nervus und die Vasa oh-
^uratoria und bildet die vordere Begrenzung der Fossa obturatoria (S. 2.TO\
Kndlich kreuzt er noch eine oder die andere obere Blasenarterie. Sein Verhalten
zum Ureter ist im vorigen Kapitel (S. 3.S3) einsrehend erörtert worden.
Auf diesem ganzen Wege liegt der Gang unmittelbar dem Bauch-
felle angeschmiegt; überall nimmt er, mit welchem Gebilde er sieh auch
kreuzen mfige, dessen mediale Seite ein. Er ist sehr leicht verschieblich,
da er hinter sich, namentlich in der Fossa obturatoria, reichliches subperito-
näales Fettbindegewebe hat; beim Abziehen des Bauchfelles folgt er diesem
Sern. Auf der ganzen Strecke, namentlich aber in der Nähe des subperitonäalen
Leistenringes, sieht man den Gang ohne weiteres durch das Bauchfell hin-
durchschimmern.
In neuerer Zeit ist vorgeschlagen worden, statt der Kastration bei Prostata-
Vpertrophien die Resection der Ductus deferentes vorzunehmen: es sind dabei gute
Erfolffe erzielt worden i). Bei der „Ausreissuno:'' des Ductus deferens, welche bei
Kastration weo-en chronischer Erkrankung des Cxcsamthodens mit Ucberffreifcn des
Processes auf den betreffenden Ductus empfohlen worden ist (v. Bünffner), wurden
einige Male nicht unbeträchtliche Blutungen beobachtet; dieselben erklären sich so-
wohl aus dem unvermeidlichen Zerreissen der Arteria deferentialis, welche hier an
1) Koehler, A., Die Resektion des Vas deferens zur Heilung der Prostata-
»»ypertrophie. (Mit Litteratur.) Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 4. ^^
Waldeyer, Das Becken.
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Männliches Glied (Peiijs).
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lM!*''h\i-> i'iä} nii'i -ijlii -.^ r!f '. >i{lJ!.;;!,{;-".''i ;;?-. 'I.i/' ri»:-i:!;.. r;; \ * ■ r | j 1 •> M ItJ Mi'r | * . r;i « -^ xm'I'''''^^'"'
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fohll^'
Penis: Formbestandtheile, Gestalt. 355
Im Inneren des Corpus cavernosum urethrae sieht man das Lumen urethrae
als queren Schlitz. Zwischen beiden Corpora cavernosa penis befindet sich das mit
ihrer Albu^-inea zusammenhängende Septum penis, dem am Rücken des Gliedes
eine flache mediane Furche, Sulcus dorsalis penis, entspricht. In der Fif^ur ist
ferner die La<re der grossen Gefässstämme zu sehen; sie befinden sich hauptsächlich
in der Dorsalfurche. Zwischen Haut und Fascie, in der Tela subcutanea eino-ebettet,
liegt in der Mittellinie die Vena dorsalis penis subcutanea (in der Figur ist
noch ein Nebenast, welcher häufig gefunden wird, zu sehen). Zwischen der Fascia
Penis und der Albuginea corporum cavernosorum liegt genau in der Mittellinie die
Vena dorsalis subfascialis, dicht neben ihr jederseits die Arteria dorsalis
Penis und etwas weiter lateralwärts der Nervus dorsalis penis. Mitten im
Schwellgewebe der Corpora cavernosa penis zeigt sich die Arteria profunda penis;
zwischen Corpus cavernosum urethrae und dem Corpus cavernosum penis sieht man
eine Vena circumflexa.
Formbestandtheile des Penis. Gestalt des Penis.
Man unterscheidet am Penis zwei Hauptabschnitte, die Wurzel, Radix
penis, und den Schaft (Körper) des Penis, Corpus penis. Zum Corpus
penis gehört als vorderes, besonders zu besprechendes Ende die Eichel,
Glans penis.
Es ist nicht völlig bestimmt, was man als Wurzel des Penis, was als Körper
desselben zu bezeichnen habe. Wichtig ist die Unterscheidung eines Dammtheiles,
Pars perinealis, welcher unter der Haut des Dammes und unter dem Scrotalansatze
verborgen liegt und dort durch Verwachsung mit dem Ischiopubicum und der Sym-
physe, sowie mit dem Trigonum urogenitale unverschieblich befestigt ist (Pars
occulta sive fixa penis), und eines unterhalb der Regio pubica frei hervorragen-
den, sichtbaren und leicht beweglichen Theiles, welchen man schlechthin unter dem
Namen „Penis" versteht, und welcher ausschliesslich als Pars copulatrix des Gliedes
dient (Pars libera sive mobilis penis). Da dieser Theil bei schlaffem Gliede vor
dem Scrotum herabhängt, ist er auch als Pars pendula bezeichnet worden.
Die Pars perinealis beginnt mit drei anfangs völlig getrennten Stücken, den
heiden Crura penis, welche am Ischiopubicum festgewachsen sind und die proxi-
malen Theile der Corpora cavernosa penis bilden, und dem median gelegenen
Bulbus urethrae, welcher das Anfangsstück des Corpus cavernosum urethrae dar-
stellt. Diese drei Stücke treten noch im Bereiche des Angulus pubis zu einem Körper,
Corpus penis, zusammen. Dieser Körper ist noch eine Strecke weit mit der Symphyse
fest verwachsen, so dass er äusserlich nicht frei vortritt; er wird erst frei weiter oben
Vor der Symphyse bei dem sogenannten Anc'ulus penis, Knickungswinkel des Penis,
Welcher indessen nur bei schlaffem Gliede besteht, beim erigirten aber ausgeglichen
Wird. (Vgl. das S. 2.S1 und 232 Gesagte, sowie Figg. 53, 61, f>ß.)
Wie weit soll man nun die Wurzel des Penis rechnen? Bis zur Vereinigungs-
stelle der beiden Corpora cavernosa penis mit dem Corpus cavernosum urethrae, oder
^is zum Knickungswinkel, also bis dahin, wo der Penis frei wird? Bei der ersteren
-Ä^nnahme würde keine einheitliche Radix penis bestehen. Bei der zweiten würde
^och ein Theil des Gliedes, welcher schon einen einheitlichen Körper bildet und eher
2Um Corpus penis gerechnet werden sollte, der Wurzel zugetheilt bleiben.
Das Corpus penis lägst unterscheiden eine obere Fläche, Dorsum
Penis, und eine untere Fläche, Facies urethralis, welche an den abge-
blendeten Seitenflächen ineinander übergehen.
Die Glans penis, welche das distale Endstück des Corpus penis bildet,
^^t im ganzen die Form eines abgerundeten Kegels, welcher auf der dorsalen
^^^ Ponis: Formhostnndtheilo, Gestalt.
Seite doppelt so \aT\s^ ist, als auf der ventralen (urethralen). Sie ist auf dem
Klicken nnd an den Seitentbeilen dnrch einen abprerundeten, vorsprinefenden
Rand, Corona s^landis, ^ec^en den hinteren Theil des Corpns penis abgesetzt.
Die Haut des Penis ist an den hinteren Absehnitten des Or^anes, wie
bemerkt, dnreh ein lockeres fettloses ünterhautirewcbc von den Corpora ca-
vernosa getrennt und daher leicht an ihnen verschieblich. Sie ireht vorn über
die Eichel, zunächst ohne mit ihr zu verwachsen, hinwci?, dieselbe cranz be-
deckend; dann schläfrt sie sich am vorderen Ende der Eichel nach rückwärts
um und bildet so eine Dnplikatur, Das umc:eschla,£rene Blatt ^eht nun auf
dem Rücken der Eichel, wieder ohne Verwachsung mit derselben, bis 2 — B mm
hinter die Corona ^landis zurück, und dort erst verwächst es mit dem vorderen
Ende des Corpus penis. Nunmehr ^cht dies Hautblatt zum drittcnmale, dies-
mal aber als mit dem Corpus cavernosum ^landis festverwachsene Eichel haut,
bis zum Orificium urethrae externum, wo es sich in die Schleimhaut der Harn-
röhre fortsetzt.
Man nennt die bewegliche Hautduplikatur welche die Eichel, ohne mit
ihr zu verwachsen, überzieht und sie wie in eine Tasche aufnimmt, die Vor-
haut des Gliedes, Pracputium penis, und unterscheidet nach dem Oesacrten
an ihr zwei Blätter (Lamellen), ein äusseres und ein inneres. Das äussere reicht
bis zu dem ümschla^srande am vorderen Umfange der Eichel, das innere iC^ht
von da bis zu der eben genannten Vcrwachsun^stelle am Corpus cavernosum
penis zurück; nur dieses Blf^tt ist, wie ausdrücklich nochmals hervorisrehoben
werden soll, mit dem Corpus cavernosum penis verwachsen und bildet in seiner
Fortsetzung die äussere Haut der Eichel. Diejenige Strecke des Penis, welche
zwischen der Verwachsun^sstclle des inneren Vorhautblattes mit den Corpora
cavernosa penis und der Corona erlandis freieren ist, bezeichnet man als Collum
penis; sie bildet bei vorireschobcner Vorhaut den Boden einer zwischen Corona
und Vorhautansatz befindlichen Rinne, des Sulcus retro^landularis.
Die Umschla^sstelle der beiden Präputialblätter am vorderen Eichelcnde
in einander ist rin^förmi<2:, Annulus praeputialis m. Die Ocffnunjo: dieses
Rinkes, Orificium praeputii, entspricht im alliremeinen, wenn die Vorhaut
nicht zu lang ist, der äusseren Harnröhrcnöffnunc:, so dass der Harn auch bei
vorgeschobener Vorhaut leicht entleert wird.
Bei croschloc'htsreifon Porsoiton mit iionnal entwickelter Eichel und norm'"^'*'^'
Vorhaut füllt die erstere die Vorhauttasche auch bei schlaffem Gliedc soweit aus, dasS
ein deutlich offener Praeputialrin^ besteht und ein mehr oder minder «Tosses StücK
des vorderen Eichelendes mit dem Orificium urethrae externum freiließt. Bei Kindern,
deren Eichel im Ge^^^ensatze zur Vorhaut noch unentwickelt ist, ra^t das vordere
Ende der letzteren mehr oder weniger weit über das vordere Eichelende vor, und es
besteht kein oifener Praeputialring. Ab<i:esehen von der Kleinheit des Or^anes be-
ding-t auch dieses einen auflTällig'en Unterschied in der Form des kindlichen PeniS'
gegenüber dem des Erwachsenen.
Die Verwachsungsstelle des inneren Praeputialblattes mit dem Corpus
cavernosum penis geht nun aber nicht derart ringförmig um das Collum pei^'^
herum^ dass dem vorderen freien Umschlagsringe des Praeputium (Annulus pr^*^
Penis: Eichel, Vorhaut. Corpora cavernosa peiiis. 35t
putialis) ein parallel gestellter, hinterer Verwachsuugsring entspräche,
sondern die Verwachsungslinie rückt an den Seitenrändern des Penis desto
weiter nach vorn, je mehr sie nach unten gelangt, und das innere Vorhautblatt
tritt dabei in dieser Linie von den Corpora cavernosa penis auf das Corpus ca-
vernosum urethrae und die untere Eichelliäche selbst über. Bald berühren sich
hier die linke und die rechte Uebergangsfalte des inneren Vorhautblattes in die
Eichelhaut und bilden ein nach vorn zugespitztes, fast bis zum unteren Winkel
der liarnröhrenmündung reichendes Bäudcheu, das Vorhaut bändchen, Frenu-
lum praeputii (s. Fig. 75). Dieses geht also mit seiner Basis (hinten) in
den ringförmig am Collum penis angewachsenen Theil des inneren Vorhaut-
blattes über, was bei zurückgezogener Vorhaut sofort klar wird (Fig. 7ö).
Dem Gesagten zufolge verläuft auch der Sulcus retroglandularis nicht
ringförmig um die Eichelbasis herum, sondern er geht unten am Penis in
zwei durch das Frenulum getrennte Schenkel aus, welche sich an der Basis
des Frenulum jederseits zu einer kleinen Grube, Fossa frenuli, erweitern.
Bei der Erektion des Penis tritt infolge der Anschwellung der Kichel diese aus
dem Vorhautringe hervor und die Vorhaut selbst wird zur Bedecliung des ebenfalls
vergrösserten vorderen Penisabschnittes verwendet^ so dass dann der angewachsene
Uand des inneren Vorliautblattes den vordersten Abschnitt der Vorhaut bildet, dessen
"Spitze in der Spitze des Frenulum gelegen ist. Natürlich l^ann das Zurückziehen der
Vorhaut und Vorschieben derselben auch bei schlatfem Ghede bewirkt werden, wie in
l^'ig. 75 dargestellt ist (zurückgezogene Vorliaut). Die durch die Krcktion entfaltete
Vorhaut stellt sich bei der Rückkehr zum erschlaö'ten Zustande unter normalen Ver-
haltnissen von selbst wieder her und schiebt sich wieder über die Eictiel vor.
Der schlaffe Penis hat eine im allgemeinen cylindrische Form ; nur springt
die Gegend der Corona glandis auch bei Deckung durch die Vorhaut etwas
vor, ebenso das Corpus cavernosum urethrae an der Unterseite des Gliedes.
Dies markirt sich natürlich beim Harnlassen und beim Einführen von Instrumenten
in die Harnröhre noch deutlicher. Das erschlaffte Glied fühlt sich überall
gleichmässig elastisch weich an, mit geringerer Uesistenz im Bereiche des Corpus
eavernosum urethrae und der Eichel. Alle härter sich zeigende Stellen am
schlaffen Gliede, mögen sie noch so geringe Abweichungen vom Normalen
darbieten, sind daher, gegebenen Falles, genau zu untersuchen und zu beachten,
da sie fast immer auf pathologische Veränderungen deuten.
Das erigirte Glied nimmt in seinem retroglandulären Theile die Form
eines dreiseitigen, abgerundeten Prisma an. Die Eichel springt bei starker
Krektion mit ihrer Corona erheblich vor. Ebenso markirt sich an der unteren
Fläche des Gliedes die Harnröhrenpartie deutlicher. Die beiden Corpora ca-
vernosa penis werden hart und fest; die Consistenz der Eichel und des Corpus
cavernosum urethrae bleibt merkbar geringer.
Corpora oavernosa penlf .
Die Corpora cavernosa penis sind zwei im ganzen cylindrische
i'öhrcnförmige Bildungen, welche am Ischiopubicum mit einem zugespitzten
Anfange beginnen und vorn gleichfalls zugespitzt enden; diese Enden hängen
358 Corpus cavernosum urethrae.
mit der Eichel zusammen und liegen in derselben verborgen. Sie bilden den
Rücken des Penis, wo sie wie die beiden Läufe eines Doppelgewehres neben-
einander lagern, — Von den dorsal und ventral zwischen ihnen verbleibenden
Sulci ist bereits die Rede gewesen.
Die Wand der Röhren besteht aus einer fast 2 mm dicken derben, weiss-
glänzenden fibrösen Haut, der AI bugin ea, der Inhalt aus einem cavernösen,
bluthaltigen Schwellgewebe, welches auf dem Durchschnitte durch seine
dunkelrothe Farbe lebhaft mit der weissen Hülle kontrastirt. Inmitten des
Schwellgevvebes, dessen Balken zahlreiche glatte Muskelfasern führen, jedoch
etwas näher der Mittellinie, verläuft die A. profunda penis mit dem sie
umstrickenden Geflechte des Nervus profundus penis. Die Septa, welche
die Maschenräume umschliessen, gehen von der Albuginea aus und liängen auch
mit der Wand der Arterie zusammen; einzelne stärkere Blätter unter ihnen
heben sich auf Querschnitten heraus (Fig. 71). Beide Albugineae sind, wie
bemerkt, in der MittelHnie zum Septum (Septum penis) verschmolzen, lassen
sich jedoch noch voneinander trennen.
Hierbei ergibt sich, dass, hauptsächlich vorn und dorsalwärts, zahlreiche Lücken
in dem genannten Septum vorhanden sind, durch welche die Maschenräume beider
cavernösen Körper und die Aa. profundae penis miteinander kommunizieren, ein Uiti-
stand, welcher zur Erzielung einer gleichmässig'en Füllung von Wichtigkeit ist. Die
Kommunikationsöffnungen selbst sind spaltförmig; das Septum wird dadurch in einzelne
kammzinkenförmige Blätter zerlegt, welches ihm die Bezeichnung Septum pectim-
forme eingetragen hat.
Der Hauptansatz der Crura penis entspricht der Synostosis ischiopubica,
wie bereits S. 85 und S. 231 — 232 kurz bemerkt worden ist. Indessen er-
streckt sich, genau genommen, ein verjüngtes Anfangssttick des kavernösen
Theiles noch über diese Stelle hinaus an der Innenfläche des Os ischii ent-
lang, und ein rein fibröses, spitzes Ende ohne Schwellgewebe geht noch weiter
nach hinten zum Tuber ischiadicum hin. Die Albuginea hängt hier fest mit
dem Perioste zusammen. Nach vorn folgt auf den zugespitzten Anfang des
Crus penis eine merkbare Anschwellung desselben, Bulbus cruris penis,
worauf wieder ein schmäleres Stück, welche Verschmälerung, wie es scheint,
durch den anliegenden Bulbus urethrae bedingt ist, sich zeigt. Beide Corpora
cavernosa kommen zur Verwachsung, resp. zur Bildung eines Septum penis, am
Angulus pubis und sind dann, vereinigt, noch eine Strecke weit, bis zur Mitte
der Symphyse mit dieser durch festes fibröses Gewebe, Ligamentum Suspen-
sorium penis (s. weiter unten) verbunden.
Der Querschnitt jedes Corpus cavernosum ist vom hinteren Apex bis z^"^
Angulus pubis ein mandelförmiger, die Spitze der Mandelfigur lateralwärts gewendet,
weiter zur Glans hin wird der Querschnitt rundlich.
Corpus oavernosum urethrae.
Das Corpus cavernosum urethrae beginnt am Damme mit einer
haselnussgrossen Anschwellung, Bulbus urethrae (Figg. 56 [gedeckt yo^
Musculus bulbocavernosus], 57 a, 61). Bei Füllung des cavernösen Gewebes
zeigt sich am hinteren Rande des Bulbus eine seichte Einschnürung, wodurch
Glans penis. 359
derselbe in die beiden Hemisphaeria bulbi getrennt wird. Im Inneren ent-
spricht dieser Einschnürung, sowie einer an der unteren Fläche verlaufenden
schwachen Rinne, Sulcus bulbi urethrae, ein dünnes fibröses, medianes
Septum, Scptum bulbi.
Die Autoren unterscheiden noch die zum Anus g-ekehrte Fläche als Basis
bulbi, ferner ein vorderes Ende, welches sie an den Vereini^ung'swinkel der beiden
Corpora cavernosa penis verleg-en, und eine obere, eine untere und zwei Seiten-
flächen. Hierbei muss jedoch bemerkt werden, dass eine Grenze des Bulbus vorn
f?e.^en das Corpus cavernosum urethrae nicht anzug-eben ist.
Die untere und die Seitenfläche des Bulbus mit dem Anfangstheile des
Corpus cavernosum urethrae sind gedeckt durch den Musculus bulbocavernosus
(s. S. 201, Figg. 56 u. 58). Die obere Fläche ist fest mit der Aponeurose
des Trigonum urogenitale verbunden (S. 203 ff., Fig. 57 a). Der Bulbus wird
von obenher schräg von der Urethra durchbohrt, so dass die Hauptmasse des
Corpus cavernosum urethrae an deren unteren Fläche liegt; diese Masse bildet
denn auch den Bulbus. Von beiden Seiten her treten in den Bulbus, sein
Schwellgewebe ebenfalls schräg durchbohrend, die Ductus excretorii der beiden
Glandulae bulbourethrales ein (s. w. u. und Fig. 66a).
Das Corpus cavernosum urethrae wird seiner ganzen Länge nach von der
Harnröhre durchsetzt, mit deren Wand es innig zusammenhängt. Kommuni-
kationen zwischen den Maschenräumen der Corpora cavernosa penis mit denen
des Corpus cavernosum glandis und des Corpus cavernosum urethrae scheinen
nicht zu bestehen. Dagegen sind solche reichlich zwischen dem Corpus ca-
vernosum glandis und Corpus cavernosum urethrae vorhanden, so dass man
vielfach den Schwellkörper der Eichel als vordere Ausladung des Harnröhren-
schwellkörpers beschrieben hat.
Kobelti) und Kohlrausch 2) haben sich für eine Kommunikation zwischen
Kichel- und Penisschwellkörper ausgesprochen; die meisten übrigen Autoren — ich
nenne Langer 3) und Gerlach^) -- erklären sich dagegen.
Das Verhalten des Harnröhrcnschwellkörpers zur Harnröhre, dass nämlich
dessen grösserer Abschnitt an der ventralen Seite der Harnröhre liegt, bleibt
in der ganzen Länge dieses Fenistheiles erhalten ; im Schwellkörper der Eichel
aber kehrt es sich um.
Olans penis.
Die Glans penis ist in ihren Formverhältnissen zugleich mit der sie
deckenden Vorhaut bereits beschrieben worden. Es erübrigt noch anzugeben,
wie ihr kavernöser Körper beschaffen ist, und wie er sich zu den Corpora
cavernosa penis und dem Corpus cavernosum urethrae verhält.
Die Eichel besteht fast ausschliesslich aus einem kavernösen Körper,
Corpus cavernosum glandis, dessen Form man mit einem um das vorderste
1) 1. c. [S. 363].
2) 1. c. [S. 265].
3) Wiener akad. Sitzungsberichte. 46. Bd,
4) L c. [S. 40\:], 2)1
360 Hüllen des Penis.
Ende der Harnröhre herunigelegten ^Siegelringe vergleichen kann; die sehr
dicke abgerundete Ringplatte liegt dorsal, der Ringbogen an den Seiten und
unten. In der Mittellinie unten ist der kavernöse Ring nicht geschlossen, son-
dern es tritt hier, auf der ytreckc, die dem Frenulum entspricht, bis zur Harn-
röhrenöffnung hin elastisch-tibröses Gewebe, das sogenannte Ligamentum
median um glandis, an die Stelle des kavernösen Gewebes.
Der Eichelring steht mit dem Corpus cavernosum urethrae nach
hinten in kontinuirlicher Verbindung, so dass er wie auf einem Stiel (pilzhut-
l'örmig) befestigt ist. Die Enden der Corpora cavernosa penis sind dorsal-
wärts vom Corpus cavernosum urethrae in den Eichelring hineingesteckt, dessen
Platte sich über sie hinüberwölbt. Von den zugespitzten Enden der Corpora
cavernosa läuft in der Medianlinie auf der Dorsalseite der Harnröhre ein elastisch-
bindegewebiges Blatt aus, welches sich, wie ventralwärts das Ligamentum media-
num, bis zur Harnröhrenmündung erstreckt und dort in die Eichelhaut (Cutis)
übergeht. Diese Bindegewebsplatte bildet mit dem Ligamentum medianum zu-
sammen ein medianes Scptum der Eichel, welches oben und unten bis
an die Harnröhrenschlcjmhaut heranreicht. Au den Seiten der Harnröhre geht
vom dorsalen Theile des Septum glandis zum ventralen ein blattförmiger
Fortsatz hin, welcher ganz vorn mit der Harnröhrenschleimhaut verwächst, so
dass auf diese Weise das vordere Ende der Harnröhre von einem fibrös-elasti-
schen Ringe umgeben ist, der es von dem kavernösen Gewebe der Eichel
trennt. Weiter rückwärts liegt aber dieser fibröse Ring der ürethralschleim-
haut nicht unmittelbar an, sondern es schiebt sich hier zunächst ein dichtes
Venennetz, welches einem kavernösen Körper auf Durchschnitten ähnlich sieht,
dazwischen ein. Dasselbe geht hinten in das Corpus cavernosum urethrae
über. — Von dem fibrös elastischen Urethralringe ziehen nach allen Seiten
in das kavernöse Gewebe der Eichel zarte blattartige Septa aus, welche in die
Eichelkutis ausstrahlen. Die letztere stellt mit ihrer gleichfalls dünnen Epi-
dermis zusammen wohl das dünnste Integumentum commune des menschlichen
Körpers dar und ist überall mit dem unterliegenden kavernösen Gewebe fest
verwachsen.
Der kavernöse Körper der Eichel ist nach den neueren entwicklungsg'eschicht-
lichen Untersuchun<>'en von Kettereri) ein besonderes, von den übrigen Sciiwell-
körpern des Gliedes unabhängig- sich entwickelndes Gebilde, welches erst spater m
ausgedehntere Verbindung mit dem Corpus cavernosum urethrae tritt. Verbindungen
mit dem Corpus cavernosum penis sind, wie wir berichtet haben, zweitelhaft.
HtUlen des Peziis.
Die Hüllen des Penis bestehen 1) aus der Haut mit der dazu gehörigen
Muskclschicht, der Tunica dar tos penis, und dem sehr entwickelten, locke-
ren, fettlosen Unterhautgewebe, Tela subcutanea penis, 2) aus der Fascia
penis.
1} Note sur la valeur morphologique du gland des niammiferes. Mem. de 1*1
Soc. de Biol. 18i)Ü; Derselbe, Sur le developpeinent du penis et du clitoris clieü i^
loetus huüiain. Journ. de lanat. 1HÜ2. S. 225.
^Hüllen des Penis. 361
Die Haut des Penis zeichnet sich aus durch ihre Feinheit, Zartheit
und Glätte, durch die geringe Entwicklung ihres Haarkleides, ihre dunklere
Färbung und ihre hohe Elastieität, Letztere ist für alle Operationen am Penis
von grösster Bedeutung, indem bei unvorsichtiger Entfernung von Haut, na-
mentlich nach vorherigem starken Anziehen derselben, grosse Theile des Penis
unbedeckt bleiben können; hierbei spielt auch die gleich zu besprechende
Muskelhaut, Tunica dartos penis, ihre KoUe.
Stärkere Haare linden sich vereinzelt nur an dem Bezirke, wo der Penis frei
zu werden beginnt, insbesondere an seiner Facies urethralis. Bis zur äusseren Vor-
hautianielle kommen dann noch vereinzelte, feine Flaumhaare mit Talgdrüsen vor;
die innere Präputiallamelle und die Eichelliaut sind gänzlich haarlos. Ueber die
Talgdrüsen der Eichel, die als Tyson 'sehe Drüsen beschrieben worden sind, hat sich
jüngst eine Kontroverse erhoben, indem Sprunck^) und Stieda die Anwesenheit
von Talgdrüsen auf der Eichel überhaupt in Abrede stellten, während K Olli k er
seine früheren Angaben von ihrem Vorkommen aufrecht erhielt. Untersuchungen
Von Saalfeld im Berliner anatomischen Institute bestätigen die Ergebnisse Kölliker's
Und Schweigger-SeideTs-). Es ünden sich kleine mit 2— 4 Endkammern versehene
Talgdrüsen auf der Eichelhaut, an der Corona, sowie auch am inneren Praeputial-
biatte, jedoch überall nur zerstreut und sparsam. Sprunck und Stieda haben aber
insofern Recht, als besonders zu benennende, zahlreiche und grössere Talgdrüsen an
der Eichelkrone und am Praeputium nicht vorkommen. Die Namen Glandulae
praeputiales oder Tyson' sehe Drüsen sind daher entbehrlich, und es sind dar-
nach die S. 135 gemachten Angaben, welche vor dem Erscheinen der Arbeit Sprunck 's
schon gedruckt waren, zu berichtigen.
Das sogenannte Smegma praeputii, welches sich als talgähnliche weisse
Masse im Sulcus retroglandularis ansammelt, besteht fast ausschliesslich aus mit ge-
nngem Hauttalge inbibirten, abgestossenen Epidermiszelleni s. Heule, Splanchnologie
2. Aufl. S. 436. Die von mehreren Autoren, insbesondere auch von Heule und
Charpy3) schon beschriebenen grossen, wie helle Pünktchen erscheinenden Papillen
an der Corona glandis sind bei manchen Individuen sehr deutlich entwickelt, s. auch
Sprunck; sie haben mit Talgdrüsen nichts zu thun.
Die Muskelhaut des Penis ist eine mit der Tunica dartos scroti zu-
sammenhängende Schicht netzförmig verbundener Bündel glatter Muskelfasern,
welche unmittelbar unter der Cutis gelegen sind. Öie linden sich nur an der
Ünterfläche des Penis, w^o sie, vorwiegend longitudinal verlaufend, bis zum
Annulus praeputialis reichen.
Das ünterhautgewebe des Penis ist sehr reichlich entwickelt und
gi'össtentheils vollkommen fettlos; nur gegen den Mons pubis hin treten kleine
l^ettträubchen auf; jedoch ist hier durch das kompakte Fettgewebe des Scham-
berges ein gewisser Absatz zwischen Penisrücken und Mons pubis bemerkbar,
1) H. Sprunck, Die vermeintlichen Tyson'schen Drüsen. Inaug.-Diss. Königs-
berg i. Pr., 1897. 8» und Stieda u. KöUiker, Anatom. Anzeiger, Ergänzungsheft zum
XlII. Band. 1897. pag. 6—8.
2) Schweigger- Seidel, F., Anatomische Mittheilungen. Arch. f. pathol. Anat.
tod Physiol. herausg. von R. Virchow. Bd. 37, S. 219. H. Ueber die sog. Tyson'-
schen Drüsen (S. 225).
3) Charpy, Cours de Splanchnologie. Organes Genito-Urinaires. Toulouse,
i890. S. 177,
362 Ligamenta penis. Gefässe des Penis.
wogegen man leicht vom Penis an beiden Seiten, den Samensträngen entlang,
in dem locker bleibenden Gewebe zum Bauche aufwärts und zum Scrotum ab-
wärts vordringen kann, was für die Ausbreitung pathoh)gischer Vorgänge in
Betracht kommt. — Vgl. über die Hautgebilde des Penis auch S. 134 flf.
Die Fascia penis ist eine Fortsetzung der Fascia superficialis perinei
(s. Fig. 56). Sie reicht nach vorn bis zur ümschlagsstelle des inneren Vor-
hautblattes auf die Eichelhaut am Collum penis, wo sie sich an die Vorhaut
selbst befestigt. Die Fascie enthält reichlich elastische Fasern.
Was die Zusammensetzung der Vorhaut anlangt, so hat jedes Blatt seine
Hautschicht und Muskelschicht; zwischen die beiden Muskelschichten schiebt sich die
Tela subcutanea in einfacher beiden Blättern gemeinsamer Lage ein; hier ist diese
Tela subcutanea besonders locker und mit elastischen Fasern reich versehen, so dass
sich die Vorhautduplikatur leicht entfalten kann.
Bezüglich der hauptsächlich von den französischen Autoren gebrauchten Be-
zeichnung des inneren Vorhautblattes und der Haut der Eichel als schleimhautähn-
licher Theile, ist das Nöthige in der Anmerkung 3 S. 135 gesagt worden; die Schleim-
haut beginnt erst am Orificium externum urethrae. Die Verhältnisse an der Eichel
liegen so wie an der Zone des Lippenrothes, nur dass da die Talgdrüsen gänzlich
fehlen.
Ug^amenta penis.
Als Ligamenta penis werden zwei Bildungen beschrieben, das Liga-
mentum fundifornie penis nnd das Ligamentum Suspensorium penis.
Das Ligamentum fundiforme (BNA.) ist ein elastisches Band von gelblicher
Farbe. Es entspringt breit von der Linea alba, wo es bis zu 4—5 cm ober-
halb der Symphyse hinaufreicht, und hängt hier sowohl mit der Aponeurose
der Bauchmuskeln wie mit der Fascia subcutanea abdominis zusammen. Auf
dem Rücken des Penis angelangt, strahlt es in dessen Fascie aus und geht,
in zwei Schenkel gespalten, zu beiden Seiten des Penis herum auf dessen
untere Fläche, wo sich beide Schenkel verbinden und in das Septum scroti
übergehen. Zwischen beiden Schenkeln treten die Vasa dorsalia subfascialia
nebst dem Nervus dorsalis penis unter die Schamfuge.
Das Ligamentum Suspensorium penis entspringt hinter diesem Bande
von der Vorderfläche der Symphyse und dem Angulus pubis. Es besteht aus
straffen, kurzen Bindegewebsfasern und heftet sich an die Albuginea der Cor
pora cavernosa penis an deren Vereinigungsstelle, wobei es zum Ligamentum
praeurethrale Verbindungsztige entsendet. Zwischen diesen Zügen befinden
sich Lücken für die Nervi et Vasa dorsalia penis ^).
Oef&««6 des Penis.
Sämtliche Gefässe des Penis lassen eine Trennung in oberflächliche und
tiefe zu, von denen die ersteren den Hüllen, die letzteren den SchwellkOrpevo
angehören. Freilich finden Anastomosen zwischen beiden statt.
1) Die Unterscheidung dieser beiden Ligamente gab zuerst Luschka, DieA»*"
tomie des menschlichen Beckens, Tübingen, 1864. S. 320.
Venen des Penis. 363
Arterien des Penis. Die Arterien der Hüllen des Penis stammen von den
Arteriae pudendae externae (A. lemoralis), den Aa. scrotales posteriores
(A. pudenda interna) und den Aa. dorsales penis (A. pudenda interna). Letztere
betheiligen sich hauptsächlich an der Versorgung der vorderen Penishaut und der Vor-
haut. (Vgl. hierzu das S. 138 über die Blutgefässe der ßeckenhaut Gesagte.)
Die Schwellkörper werden sämtlich von der A. pudenda interna versorgt,
und zwar mit den vier S. 213 aufgeführten Aesten, wo auch das Nähere über ihre
Vertheilung und ihr Verhalten am Penis nachzusehen ist. Es ist hier noch hinzuzu-
fügen, dass insbesondere die beiden Arteriae profundae penis mittelst zahlreicher
Anastomosen durch die Lücken des Septum penis in Verbindung treten und auch
vorn, an der Spitze der Corpora cavernosa, durch eine das Septum medianum glandis
durchbohrende Endanastomose in einander übergehen.
Venen des Penis. Die Hautvenen bilden zunächst einen oder zwei in der
Mittellinie des Penisrückens laufende Längsstämme, Vena sc. Venae subcutaneae
penis; in diese münden die kleineren von den Hüllen des Penis abstammenden Venen
ein, andere treten in die scrotalen Hautvenen über. Alle diese Venen verlaufen
unterhalb der Tunica dartos penis in der Tela subcutanea. Die Vena subcutanea
selbst gabelt sich, falls sie einfach war, um in die linke und rechte Vena saphena
magna überzutreten, oder sie mündet ohne Gabelung in die linke oder rechte ein.
Testut^) sah sie zuweilen direkt durch eine Lücke der Fascia cribrosa in die Vena
femoralis münden.
Die tiefen Venen zerfallen in die Venen der Eichel, Venae glandis penis,
in die der Corpora cavernosa penis, des Corpus cavernosum urethrae und
des Bulbus. Diese Venen fliessen ab 1) durch die Vena dorsalis penis (subfascialis),
2) direkt in den Plexus pudendalis (Santorini), 3) in die Venae profundae penis.
Die Eichel venen sammeln sich zunächst in einem zwischen Eichelrücken und
Corpus cavernosum penis eingeschobenen Geflechte (Kobelt)^) und treten von hier
^Is hauptsächlichste Wurzel der Vena dorsalis penis zusammen. Die Venen der
Corpora cavernosa penis zerfallen in obere, untere, seitliche und hintere.
I^ie oberen ziehen direkt durch die Albuginea zur Vena dorsalis penis; die unteren
treten links und rechts aus der Rinne zwischen den Corpora cavernosa penis und dem
Corpus cavernosum urethrae heraus; sie gehen im Bogen an den Seitenflächen des
Penis herum, Venae circumflexae penis, zur tiefen Rückenvene. Vorn, wo sie
Jioch die unteren Eichelvenen aufnehmen, sind sie besonders deutlich entwickelt. Die
seitlichen Zuflüsse treten in die Venae circumflexae ein und haben vorn Verbin-
dungen mit den Eichelvenen. Die hinteren bilden die Venae profundae penis,
treten an der Vereinigungsstelle der beiden Corpora cavernosa penis, aus deren me-
dialen Fläche, aus, haben Verbindungen zum Plexus pudendalis und bilden die Haupt-
^urzeln der Venae pudendae internae. (Vgl. S. 214 ff. und Fig 57a.)
Die Venen des Bulbus urethrae — Venae bulbi urethrae — treten aus
dem Bulbus an dessen Unterfläche hervor und münden entweder in den Plexus pu-
dendalis oder in die Venae pudendae internae.
Aus dem Corpus cavernosum urethrae entwickeln sich verschiedene Venen-
stämrae, die als obere und untere unterschieden werden müssen. Die oberen, in
den Sulcus urethralis austretenden Venen münden in die Venae circumflexae penis
^in, oder auch in deren Zuflüsse von den Corpora cavernosa penis her, das heisst
ftlßo in die Venae inferiores corporum cavernosorum. Die unteren Venen des Corpus
pavernosum urethrae treten entweder vereinzelt zum Plexus pudendalis, oder bilden
Jederseits einen Stamm, Venae urethrales, der zur Vena pudenda interna zieht.
1) Testut, L., Traite d'anatomie humaine. HL 6dit. T. IIL pag. 511.
2) Kobelt, Die männlichen und weiblichen Wollustorgane. Freiburg i. Br., 1844.
(Hauptwerk.)
304 Lyrnphg'efässc des Penis.
Die Vena dorsalis penis subfaseialis liegt auf dem Rücken des Penis im
Sulcus dorsalis (vascularis); sie ist stets einfach und bildet den stärksten Venen-
stamm des Penis. Hauptsächlich entwickelt sie sicli aus den Venen der Eichel und
den Venae circumflexae penis. Sie tritt dicht unterhalb des Ang'uius pubis zwischen
diesem und dem Lig-anientum praeurethrale hindurch und mündet, meist ^'ablig" g^^'
theilt, in den Plexus pudendalis, der hierdurch seine ursprüngliche doppelte Anlag'*'
erweist (Fig. 57 a).
Geben wir noch eine kurze lieb ersieht der zahlreichen Verbindungen,
welche die Venen des l*enis haben, so bestehen solche zwischen den Hautvenen
des Penis und denen des Scrotum, der vorderen ßauchwand, Aesten der Vena saphena
ma^na und der Vena obturatoria, oder auch direkt mit der Vena femoralis (s. das
vorhin Gesagte u. S. 180).
Die tiefen Venen haben auch Verbindungen mit den Hautvenen, insbesondere
hinter der Corona glandis durch Vermitteliing der Venen des Praeputium (Sappev,
Traite d'anatomie, HI. edit. T. 4, p. HO), und, durch ihre Abflüsse, mit den) Plexus
pudendalis und der Vena pudenda interna. Man sieht aus dieser Zusammenstellung',
dass in ausgiebigster Weise für den venösen Rückfiuss gesorgt ist. (Verg'l. das Kapitel
„Physiologische Bemerkungen".)
Lymphgefässe des Penis. Auch die Lymphgefässe des männlichen Gliedes
zerfVillen in oberflächliche und tiefe.
Die oberflächlichen Lymphgefässe kommen aus der Haut, der Tunica
dartos penis und dem subkutanen Gewebe und zeigen zwei Wurzelnetze, eines im
Praeputium penis, das andere am Frenulum und an der Raphe penis. Aus dem pi'^'
putialen Netze fliesst alsbald ein medianer Stamm zusammen, welcher die Vena sub-
cutanea penis begleitet. In diesen Stamm münden von der Untertiäche des Penis,
nacli Art der Venae circumtlexae verlaufend, mehrere kleine Stämmchen ein. In der
Nähe der Wurzel des Penis münden auch einige dieser kleinen Stämmchen, welche
in dem Raphenetze wurzeln, direkt in die obere mediale Gruppe der Leisten-
drüsen (s. S. 175). Der dorsale Hauptlängsstamm mündet entweder in die rechts-
seitigen oder in die linksseitigen oberen inneren Leistendrüsen, oder aber er gabelt
sich, um nach beiden Seiten auszumünden. Auch kann er doppelt vorhanden sem,
und dann mündet zuweilen das linksseitige Gefäss in die rechtsseitigen Leistendrüsen
und umgekehrt. Auch für die selbständig einmündenden, von der Raphe kommenden
Gefässe ist diese Ueberkreuzung beobachtet worden.
Die tiefen oder subfascialen Lymphgefässe haben ihr sehr dichtes Wurzel-
geliecht hauptsächlich in der Haut der Eichel, wo eine oberflächliche und tietc
Lage zu unterscheiden ist. Beide Lagen kommuniciren am Oriticium urethrae cx-
ternum mit den Lymphgefässen der Harnröhrenschleimhaut und mit denen der Vor-
haut, insbesondere des inneren Blattes derselben. Aus der tieferen Lymphgefäss-
schicht entwickeln sich zwei stärkere Plexus (Panizza'sche Plexus), welche in der
Fossa lateralis frenuli gelegen sind ^). Von hier aus, sowie von der Eichelhaut sammch^
sich die Gefässe zunächst im Sulcus retroglandularis und üiessen auf dem Rücken des
Gliedes in ein oder zwei Stämme zusammen, welche mit der Vena subfaseialis vol-
laufen und, ebenso wie die oberflächlichen Lymphgefässe, in die mediale obere Grupp**'
der oberflächlichen Leistendrüsen einmünden. Wenn ein Stamm vorhanden ist, ^o
soll dieser nach Marchant^) gewöhnlich zu den linksseitigen Leistendrüsen sicn
wenden, sonst gabelt er sich, oder mündet (selten) rechts ein. Bei doppeltem Haupt-
stamme können dieselben Kreuzungen vorkommen, wie sie für den oberflächlichen
Stamm erwähnt sind.
1) Panizza, B., Osservazioni antropo-zootomico-fisiologiche. Pavia, 183Ö.
2) Marc haut, Recherches sur les lymphatiques des teguments des organcs g^'
nitaux de Thonune. Bull, de la Soc. anat. 1889.
Nerven des Penis. 365
Nerven des Penis.
Die Nerven des Penis stammen, wie die der inneren Reekeneingeweide,
theils von cerebrospinalen, theils von sympathischen Quellen.
Die cerebrospinalen Nerven kommen vom N. ilioing'iiinalis (zur dorsalen
Haut der Peniswurzel) und vom Nervus pudendus (s. S. 138 u. 218).
Der Nervus pudendiis betheili^-t sich mit zwei Zweiten an der Innervation des
Penis: 1) mit dem Nervus perinei (S. 218) und 2) mit dem Nervus dorsalis penis.
Der Nervus perinei g-ibt einen tiefen Ast zum Bulbus und Corpus cavernosuTn urethrae
ab, welche'r atifan^'s mit den Muskelzwei'y'en des N. perinei zusammenläuft, dann in
die «:enannten kavernösen Gebilde eintritt und vorzugsweise die Harnröhren-
Schleimhaut versoro't. Der N. dorsalis penis. dessen La^re bereits ano-egeben wurde
(Pif?. 71), verzwei^rt sich vornehmlich in der Haut des freien Theiles des Penis, ins-
hesondcre in der Eichelhaut und im Präputium; er entsendet aber auch Aeste in
die Corpora cavernosa penis und zur Harnröhrenwand.
Zu den cerebrospinalen Nerven o:ehört noch der von Eckhard^) bei Hunden
aufgefundene und von ihm so benannte Nervus eri^-ens. Derselbe muss beim
Menschen vom Plexus pudendus (3 und 4 Sakralnerven) abgfeleitet werden, da von
diesem Plexus Zwei^'e in den Plexus prostaticus nervi sympathici eintreten, von wo
aus sie mit dem Plexus cavernosus sympathicus zu den Corpora cavernosa penis
ffelan^ren (s. S. 257 und 258). Hierfür sprechen auch pathologische Befunde 2). Eine
isolirte Präparation des Nervus erii^ens ist beim Menschen noch ein Desiderat; bei
Hunden f^eht er «^-ewöhnlich aus dem I. und TT. Sakralnerven hervor. Auch aus dem
Plexus lumbalis sollen (nach physioio^-ischen Untersuchung-en) Fäden in die Bahn
des Sympathicus gelan«:en, welche auf die glatte Muskulatur der Corpora cavernosa
Und der I*enisffefässe einwirken. Sie sollen zum Theil von den oberen I^umbalnerven
in den sympathischen Grenzstrang eintreten, zum Theil — FranQois-Franck^) _ in das
Ganjrlion mesentericum inferius, von da in den Plexus interiliacus und hypog:astricus.
Aus dem Grenzstranore gehen wieder graue marklose Nerven hervo»^ welche entweder zu
den sympathischen Beckengeflechten treten und von da aus zu den Plexus cavernosi,
oder sich direkt zum N. pudendus begeben. Alle diese cerebrospinalen Nerven, die
vom Lumbalplexus stammenden und die Nervi erigentes, <>-elangen also nicht di-
rekt, sondern in der Bahn des Sympathicus, zum Penis. Vgl. das Kapitel: „Physiolo-
gische und pathologische Verhältnisse".
Die sympathischen Quellen der Penisnerven liegen in den sympathischen
Beckengeflechten; ihre Bahn ist S. 257 und 258 angegeben worden: Plexus hypo-
Ä'astricus, Plexus prostaticus, Plexus cavernosus mit den Nervi cavernosi penis maiores
^'t minores. Die Nn. cavernosi penis majores treten in den vorderen Theil der Corpora
cavernosa penis ein, indem sie mit dem N. dorsalis penis verlaufen; ferner ziehen sie
55um Corpus cavernosum urethrae glandis; es bestehen Anastomosen zwischen N. dor-
salis penis und diesen sympathischen Nerven. Die Nn. cavernosi minores versorgen
die Wurzel der Corpora cavernosa penis.
In der Haut der Eichel und der Vorhaut sind eine Menge verschiedener Nerven-
endkörperchen und freie Intraepitheliale Nervenendigungen beschrieben worden, ins-
besondere von W. Krause^) und neuerdings von DogieH). Als Nervenendkörper-
1) Eckhard, C, Untersuchungen über die Erektion des Penis beim Hunde.
Beiträge zur Anat. u. Physiologie, herausgeg. von C. Eckhard. Bd. III, IV u. VIT.
2) s. Sarbo, 1. c. [S. 3061.
3) Fran<^ois-Franck, Recherches sur Tinnervation vasomotrice du penis. Arch.
^e physiol. norm, et pathol. Ser. V, Tome 7, p. 122. 1895.
4) 1) W. Krause, Handbuch der menschlichen Anatomie, III. Aufl. Bd. I. S. 522. —
2) Dogicl, A. S., Die Nervenendigungen in der Haut der äusseren Genitalorgane des
366 La^e des Penis.
chen finden sich Tastkörperchen in der Spitze der Papillen, Vate rasche Körperchen
in der Tela subcutanea penis und in den Corpora cavernosa penis [Schweigger-
Seidel und Klein]), Endkolben und die von W. Krause sog-enannten Genital-
nerven kör perc he n an der Basis der Papillen. Der feinere Bau der Genital-
nervenkörperchen entspricht dern der Endkolben und sie sind wohl als Afrg*lomerato
solcher aufzufassen; sie zeigen sehr verschiedene Grösse mit sehr zahlreichen und
feinen Endverzweigungen der eintretenden Axencylinder.
Tu den Balken der Corpora cavernosa haben Sclavunos^) und Timofeew^)
dichte Netze markloser Nervenfasern, insbesondere in den glatten Muskelfaserzügen,
nachgewiesen. Wie es scheint, sind die Genitalnervenkörperchen von L. Fick,
1. c. zuerst gesehen, aber von den Vater'schen Körperchen nicht genau unterschieden
worden. Benannt und scharf unterschieden hat sie, wie bemerkt, W.Krause. Nach
DogieTs Darstellung, 1. c. [S. 316] nehmen die Genitalnervenkörperchen in der Haut
der Eichel die tiefste Lage ein; subpapillär folgen die Endkolben, in den Papillen
selbst liegen die Tastkörperchen; alle diese Terminalkörperchen sind durch anasto-
mosirende Nervenfäden verbunden. Im Epithel finden sich freie Endknöpfchen
sowie ein terminales Netzwerk markloser Endfäden. Nervenfäden treten von den
Terminalkörperchen aus ins Epithel hinein, um dort mit Endknöpfchen zu endigen,
oder sich mit dem terminalen Netze zu verbinden ; zu beiden Endigungen treten aber
auch Axencylinder, welche vorher noch keine Körperchen passirt hatten.
Lage des Penis.
Bezüglich der Gesamtlage des männliclien Gliedes kann auf Seite 231
und 232 verwiesen werden. Die Idiotopie der Tlieilc des Penis ergibt sich
aus der Erklärung von Fig. 71 (S. 354). Es ist hier nur noch auf die Lage-
verhältnisse der Pars perinealis penis zurückzukommen, wozu Fig.57a
zu vergleichen ist..
Die beiden Crura penis liegen dem unteren und inneren Rande des
unteren Sitzbein- und unteren Schambeinastes an ; sie sind gedeckt vom Musculus
ischiocavernosus und begeben sich mit ihrem hinteren Ende auf die Innenfläche
des Os ischii. Lateralwärts grenzen die Musculi gracilis und Adductor magnus
an, medianwärts und nach oben das Trigonum urogenitale und die Vasa pu-
denda interna mit dem Nervus pudendus.
Menschen. Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. 41. S. 585. 1893. Hier und bei
G. Schwalbe, Lehrb. d. Neurologie, Erlangen, 1881, und Lehrbuch der Anatomie der
Sinnesorgane, Erlangen, 1887, findet sich die weitere Literatur, ' aus der noch hervor-
^elioben sein sollen: 3) Axel Key und Retzius, G., Studien in der Anatomie des
Nervensystems. II. Bd. Stockholm, 1876. — 4) Retzius, G., Biolog-. Untersuchungen.
Neue Folge. Bd. VI, S. 63. Stockholm, 1894. - 5) Retzius, G., Ueber die Endigungs-
weise der Nerven in den Genitalnervenkörperchen des Kaninchens. Internationale
Monatsschrift für Anatomie u. Physiol. VII. 1890. — 6) Fick, L., Lehrbuch der Ana-
tomie des Menschen. Leipzig, 1845. — 7) Krause, W., Ueber die Nervenendig-ung in
den Geschlechtsorganen. Zeitschr. für rationelle Medizin 1866. Bd. 28. 3te Reihe. —
8) Merkel, Fr., Ueber die Endijrun^en der sensiblen Nerven in der Haut der Wirbel-
thiere. Rostock, 1890. S. 138. (Mit Literatur.) — 9) Seh wei^^g-er-Seidel, Anatom.
Mitth. Virchow's Arch. Bd. 37. S. 230. — 10) Klein, E., Die äusseren männlichen und
weiblichen Genitalien etc. Stricker's Handbuch der Lehre von den Geweben. 1871*
S. 635.
1) 2) 1. 1. c. c. [S. 346].
Maasse des Penis. Physiologische und pathologische Verhältnisse. 367
Der Bulbus urethrae mit dem Anfaugstbeile des Corpus eavernosum
urethrae ruht in der Medianlinie auf dem Trigonum urogenitale, mit welchem
er verwachsen ist; er stösst hinten an das Centrum perineale und ist vom
vorderen Rande des Anus nur 1 — 1 V2 cm entfernt. Durch das Trigonum uro-
genitale wird er von der Prostata geschieden; vorn liegen zwischen ihm und
den Corpora cavernosa penis, in dem dreieckigen Bezirke des Angulus pubis,
die Vasa dorsalia penis und die Vasa profunda penis mit den begleitenden
Nerven. Auch das Ligamentum Suspensorium penis tritt hier an ihn, bezw. das
Corpus eavernosum urethrae heran.
Am hinteren und seitlichen Umfange des Bulbus liegen die Glandulae
bulbo urethral es in der Substanz des Musculus trigoni urogenitalis ; dort
treten auch die Vasa bulbi urethrae hinzu. Dass die Harnröhre, sowie die
Ductus excretorii glandulae bulbourethralis in den Bulbus eintreten, wurde
S. 359 bereits berichtet; Genaueres vgl. Kapp. „Harnröhre" und „Glandulae
bulbourethrales".
MaasstabeUe.
Länge der Pars iibera des erschlafften Penis 9—10 cm
» » ^ « » erigirten „ 14—16 „
Umfang des erschlafften Penis (Mitte des Corpus) 9 „
„ „ erigirten „ „ „ „ 12 „
Länge der Corpora cavernosa des erschlafften Penis 15—16 „
» j» « » „ crigirten ^ 19-20 „
Länge des Corpus eavernosum urethrae mit Eichel des erschlafften f^enis 16 — 18 „
" « » „ „ „ „ „ erigirten „ 20—22 „
Breite des erschlafften Corpus eavernosum penis 1,0—1,2 „
„ „ erigirten „ „ „ 1,5-1,8 „
Breite des gefüllten Bulbus 2,5 „
Höhe des Orificium urethrae externum 0,5—0,7 „
l^icke der Albuginea corpor. cavernos. penis (erschlaffter Zustand) , . 0,15—0,2 „
V n V r, 17 r> (eriglrter Zustand) (V2 nun) 0,05 „
Entfernung des Bulbus vom Anus bei jüngeren Leuten 1,2—1,5 „
V n r, „ „ „ älteren „ 1,0 „
Die Maasse des Penis unterliegen grossen individuellen Schwankungen; fast
jedes anatomische Museum enthält ein oder das andere Exemplar von einer das
Durchschnittsmaass erheblich überschreitenden Grösse. Der erschlaffte Penis alter
Leute ist durchschnittlich um 1 — 2 cm länger als der jüngerer Individuen.
Physlolos^isohe und pathologrisohe Verhältnisse.
Beim Penis kommen die Harnentleerung (Miktion), die Samenent-
'eerung (Ejakulation) und die Erektion physiologisch in Betracht; zu
letzteren beiden tritt das Wollustgefühi in Beziehung.
Indem das Corpus eavernosum urethrae, selbst bei höchster Füllung, eine
Reichere Konsistenz behält, stellt es der Entleerung von Harn und Samen
keinen Widerstand entgegen. Bekanntlich ist die Harnentleerung bei starker
Erektion des Penis erschwert, welches in der Schwellung des CoUiculus semi-
^alis seinen Hauptgrund haben mag; möglich ist sie aber dennoch^).
1) Vergl. Horch ar dt, G., Der Mechanismus der Harnentleerung. Diss. inaug.
ßerlin, 1896.
368 Penis. Physiologische und patholo^icische Vorhältnisse.
Für die Erektion kommen, ab^^eseben von der anatomiscben BescbaiFen-
beit des Scbwellgewebes, welcbes sieb leiebter füllen als entleeren lässt, in
Betraebt: 1) der vermebrte Zufluss dnrcb die Arterien, 2) der bebinderte Ab-
flnss dnreb die Venen. Eckbard entdeckte, dass durcb die Reiziin/2: der von
ibni nacb^ewiesenen Nervi erierentes ('s. vorbin) sieb die Arterien des Penis
verkürzen nnd erweitern. Diese Nörven sind demnacb die Vasodilatatoren.
Hicrdnrcb kommt der vermebrte Znflnss zn stände. Zur Bebinderunc: des
Venenabflusses bei eingeleiteter Erektion wirken mebrere Momente zusammen ^
der Druck auf die Vena dorsalis penis durcb die Pressung derselben an den
Scbaraboj2:en bei erigirtem Gliede — aucb die gespannte Haut und die gespannte
Fascia penis können bei der Volumsvermebrung des Gliedes in gleicbem Sinne
wirken — ferner die Kontraktion des Musculus trigoni urogenitalis (Venae
profundae penis, s. S. 216); endlicb wird bei der Scbwellung der Corpora ca-
vernosa aucb der Rtickfluss durcb die Venae circumflexae gehemmt sein mtlssen.
Dass wäbrend der Erektion die glatten Muskeln der Corpora cavernosa erscblaflFen
(Kölliker), ist böcbst wabrscbeinlicb. Durcb ihre Kontraktion wird der erigirte
Penis wieder in den erschlafften Zustand zurückversetzt.
Als diejenigen Nervenendigungen, welche das WollustgeftihI vermitteln
und deren Reizung die Ejakulation reflektorisch hervorruft, haben in erster
Linie wohl die Krause'scben Genitalnervenkörperchen zii gelten, wäbrend den
übrigen Nervenendigungen die ihnen aucb sonst in der Haut zukommenden
Funktionen verbleiben. Die Bahnen aller dieser Empfindungen verlaufen itn
Nervus dorsalis penis. Die vasokonstriktorischen Nerven des Penis sollen
ursprünglich in den vom Lumbalgeflecbte stammenden Fäden gelegen sein,
die vasodilatatorischen finden sich, wie bemerkt, in den Nn. erigentes*)-
Meiner Ansicht nach treten diese Nerven an dieser oder jener Stelle ihres Ver-
laufes in der Sympathicusbahn mit Endbäumeben an sympathische Ganglien-
zellen heran, deren Neuriten dann zu den glatten Muskelfasern des Penis und
seiner Gefässe gehen ^). — Das nächste Reflexcentrum für die Ejakulation und
Erektion liegt im Lendenmarke (Budge, Goltz^); im übrigen befinden sich
offenbar im Grosshirne zahlreiche Verbindungen seitens der übrigen Körper-
nerven, insbelondere des Opticus, des Olfactorius und der Tastnerven
fast der gesamten Haut mit Nervenbahnen, welche zu dem Lendencentrum
(Centrum genitospinale, Budge)"^) führen und sowohl Reizungs- wie Hemmungs-
fasern enthalten. Die Wege dieser Verbindungen sind noch nicht näher bekannt.
1) Lov(''n, Chr., Ueber die Erweiternn<r von Arterien in Fol<re einer Nervcn-
erre^jfung. Ber. d. k^l Sachs. Ges. d. Wissensch. vom Jahre 1866. — Nikolsky, VV.»
Ein Beitra«: zur Physioloo-ie der Nn. eriirentes. Archiv f. Anat. u. Physiol. Physiol-
Abth. 1879. — Francois-Franck, 1. c. \S. 365].
2) Ganglienzellen in den Plexus cavernosi penis sind n ach <>'e wiesen worden
beim Menschen von Job. Müller, lieber die organischen Nerven der erektilen männl-
Geschlechtsor*^ane. Abhdl. d. Könifjl Preuss. Akad. d. Wissenschaften zu Berlin vom
Jahre 183.5, und beim Hunde von Loven, 1. c.
3) Goltz, Fr., 1. c. [S. 319].
4) Bud^e, J., Lelirbuch der Physiologie des Menschen. 8. Aufl.
Penis. Physiologische und pathologische Verhältnisse. 369
Von pathologiBChen Zuständen sind zunächst gewisse Abweichungen der
Vorhaut zu erwähnen, welche sich unmittelbar an die besprochenen anatomischen
Verhältnisse anschliessen. Es g-ehören dahin die Phimosis, Paraphimosis und die
Pr äputialk onkremente.
Es wurde erwähnt, dass bei Kindern die Vorhaut über die Eichel hinausragt;
wenn dieser Theil der Vorhaut ungewöhnlich lang ist, so springt er wie ein rüssel-
förniiger Fortsatz vor und kann sowohl Behinderungen bei der Harnentleerung ver-
ursachen, als auch zu entzündlichen Affektionen disponiren; doch braucht hierbei"
noch keine Phimosis im engeren Wortsinne zu bestehen. Man versteht vielmehr unter
Phimosis den Zustand eines Missverhältnisses zwischen Vorhaut und Eichel derart,
dass die Entblössung der letzteren von der Vorhaut behindert ist. Hierbei können
verschiedene Ursachen mitwirken: zu grosse Länge der Vorhaut, abnorme Enge des
Annulus praeputialis, eine epitheliale Verwachsung bezw. Verklebung zwischen Eichel
und innerem Vorhautblatte, zu grosse Straffheit der Tela subcutanea praeputii u. a.
Bis fast zur Geburt hin sind normaler Weise inneres Vorhautblatt und Eichel epithelial
verwachsen; das Bestehenbleiben dieses Zustandes ist also eine Hemmungsbildung.
Ist die Vorhaut rüsselförmig verlängert und der Annulus praeputialis sehr enge,
dann erweitert beim Uriniren der Harn, bevor er den Vorhautsack verlässt, letzteren
blasenförmig, und es kann dieser Zustand zu sehr ernsten Störungen der Harn-
entleerung Veranlassung geben.
Die bisher besprochene Phimose stellt die angeborene Phimose dar; es
l<ann aber auch eine Phimose durch Schwellungszustände der Vorhaut, oder durch
Verwachsungen nach voraufgegangenen Verletzungen, oder durch Ulcerationen, Neu-
^)ildungen u. a. entstehen: erworbene Phimose. Meist sind es entzündliche
Schwellungen, welche den Anlass geben.
Unter Paraphimosis begreift man denjenigen Zustand, welcher eintritt, wenn
t^ine enge Vorhaut hinter die Corona glandis zurückgestreift worden war und nicht
nieder über die Eichel hinwegzubringen ist. Es entsteht dann eine Einklemmung des
Collum penis, welche zu Gangrän der Eichel führen kann.
Vorhautsteine, Calculi praeputiales, entwickeln sich, im Anschlüsse an
<^ie soeben besprochenen Zustände, durch Harnretention im Vorhautsacke; sie kommen
^ber auch bei unreinlichen Leuten durch Verhärtung von grösseren Smegmamasseu
55U Stande; endlich können sie sogar von Blasenkonkrementen abstammen; welche bei
'w^eiter Vorhaut im Praeputialsacke zurückgehalten wurden.
Verletzungen des Penis. Geringfügige Verletzungen an der Eichel, der
Vorhaut, und namentlich am Frenulum praeputii, insbesondere wenn dieses zu kurz
ist, kommen beim Coitus sehr häufig vor; sie führen, was bei der Masse des lockeren
subkutanen Gewebes leicht begreiflich ist, häufig zu ödematösen Anschwellungen der
Vorhaxit, sind aber unter allen Umständen wichtig wegen der damit verbundenen In-
fektionsgefahr. Man darf dreist behaupten, dass eine der Hauptursachen der ge-
schlechtlichen Infektionskrankheiten in der Nichtbeachtung solcher geringfügiger
Verletzungen neben mangelhafter Sorge für Reinlichkeit liegt.
Blutungen nach Verletzungen des Penis sind besonders stark bei Erektions-
zuständen; wenn sie subkutan verlaufen, so geben sie zu beträchtlichen Infiltrationen
Veranlassung, welche sich zur Gegend des Leistenringes nach aufwärts und zum
Hodensacke nach abwärts, dem Verlaufe der Tela subcutanea folgend, erstrecken.
Aus der reichlichen Entwicklung des lockeren Unterhautgewebes, der hohen
Elasticität der Penishaut und der starken Kontraktilität der Corpora cavernosa er-
klären sich noch die sogenannte „Schindung** des Penis und die „Luxatio penis",
Welche namentlich bei starken Quetschungen des Organes beobachtet werden. Als
Schindung des Penis bezeichnet man die traumatische Entblössung des Corpus penis
Von seiner Hautumhüllung; Luxatio penis wird derjenige Zustand genannt, wobei
Waldeyer, Das Becken. 24
370 Hoden. Nebenhoden. SamenBtrang. Hodensack.
das Corpiis penis, nach rino^'förmig'cm Abreissen seiner Hantbekleidunp:' am Collum
penis, sich g-anz in seiner Hatitröhre bis unter die Banchhaut zurückzieht i).
Mit dem Namen „Penisfraktur" belegt man die Einreissun^ oder Zerreissung
eines oder beider Corpora cavernosa.
Die entzündlichen Veränderungen am männlichen Gliede müssen vor
allem in infektiöse und nicht infektiöse unterschieden werden. Bei den in-
fektiösen Formen, wo fast ausschliesslich das Virus syphiliticum in Frajre kommt,
fol^t der patholog-ische Prozess dem We^j^e der Lymphbahnen, welche, wie wir g-esehen
haben, nicht selten unter Kreuzung", in die obere mediale Gruppe der oberflächlichen
Leistendrüsen führen. Dass diese Infektionen mit Vorliebe an der Vorhaut und p]ichel-
partie des Penis erfolgen, dazu träg-t, abgresehen von der feinen und zarten Haut^
auch der Reichthum an Lymphwurzeln das Seini^e bei.
Von Neubildung* en wird ebenfalls häufig- die Eichelpartie des Gliedes be-
trofiFen; insbesondere sind zu erwähnen die Condylom ata acuminata, die sich
vielfach nach Reizung-szuständen entwickeln, und das Karcinom, welches nicht
selten auch in kondylomatöser Form auftritt; hier ^ilt es, worauf besonders
Gussenbauer hin<i:ewiesen hat, die regrionären Lymphdrüsen der Leisteng-eg-end bei
etwaigren Operationen mitzuentfernen. Sehr bemerkenswerth ist die Erfahrung: der
Chirurgren 2), dass Aveitaus die meisten Fälle von Carcinoma penis bei Leuten beobachtet
worden sind, bei denen eine Phimosis besteht oder bestanden hatte. — Endlich seien
noch der seltenen Knorpel- und Knochenbildung-en sowie der Verkalkung'eu
im Reptum und der Albiiginea penis g:edacht. Ob man bei den Knochenbildung:en
im Septum an das Os priapi gewisser Thierordnungen, z. B. der Carnivoren, denken
kann, ist zweifelhaft.
Heber einig:es andere hierherg'ehörig'e, insbesondere über die Elephantiasis penis
s. S. 146 und 147; ferner: Hovorka, 0. v. Zderas, Verstümmelungen des männlichen
Gliedes bei einig:en Völkern des Alterthumes und der Jetztzeit. Mitth. der anthropol.
Gesellsch. in Wien. XXIV. Bd. 1894, S. 131 und Laurent, Observations sur quelques
anomalies de la Verge chez les d(^g:eneres criminels. Arch. de rAnthropolog*ie crimi-
nelle et des Sciences pc^nales. T. VII. Annee 7. Nro. 37.
Hoden (Testis). Nebenhoden (Epididymis).
Samenstrang (Puniculus spermaticus). Hodensack (Sero tum).
Die in der üeherschrift genannten Theile gehören topographisch wie be-
schreibend anatomisch zusammen. Der Hoden stellt die Keimdrüse dar, deren
Produkt durch den Nebenhoden in den Ductus deferens befördert wird. Der
Samenstrang erstreckt sich vom hinteren und unteren Umfange des Hoden
und* des Nebenhoden bis znm abdominalen Leistenringe, wo er sich in seine
beiden Hanptbestandtheile, den Ductus deferens und das für den Hoden und
Nebenhoden bestimmte Gefäss- und Nervenbündel trennt. Der Hoden sack
ist eine beuteiförmige Tasche der äusseren Haut und der sehr muskelreichen
Tcla subcutanea, der „Tunica dartos", in v^^elcher Tasche intraperitonäal als
1) Vgl. Baum garten, S., Seit elf Jahren bestehende Luxatio penis aus bisher
in der Litteratur nicht beschriebener Ursache. Reposition auf blutigem Wege. Phallo-
plastik. Deutsche med. Wochenschrift. 1895. Nr. 43.
2) Tillnianns, Lehrl>uch der speciellen Chirurgie. 3. Aufl. Bd. II. S. 325-
Leipzig, 1894.
Hoden und Nebenhoden. 37I
„Eingeweide" der Hoden und Nebenhoden, extraperitonäal der Samenstrang mit
den zugehörigen Hüllen gelegen sind.
Hoden und Nebenhoden (Oesamthoden).
Jeder Hoden stellt einen abgeplattet cllipsoidischen Körper von etwa
Wallnuss-Gn'isse dar. Seine Farbe ist wegen der ihn unikleidenden starken
fibrösen Hant, Albuginea testis (s. Fig. 74), bläulich weiss. Man sieht in-
dessen durch die Albuginea /ahlreiche Venenstämme hindurchschimmern, welche
einander parallel vom vorderen zum hinteren Hodenrandc verlaufen.
Man unterscheidet an dem Hoden eine laterale und eine mediale
Fläche (Facies lateralis et medialis), einen vorderen und einen hinteren
Rand (Margo anterior et posterior), sow^ie ein oberes und ein unteres
Ende (Extremitas superior et inferior).
Der hintere Rand verläuft ziemlich gerade. An ihm ist in einer Avenig ge-
bogenen Kurve der Nebenhoden befestigt, und es treten dort die Blutgefässe
Und Nerven zum Hoden hin. Hier liegt also der Hilus testis und es hat der
Hoden hier seine Befestigung. Eine andere Befestigung, das Ligamentum
scrotale testis (Gubernaculum testis [Hunteri]) (s. Fig. 73), geht vom unteren
Ende des Hoden und Nebenhoden zum Boden des Scrotum. Dasselbe besteht
aus Bindegewebe und glatten Muskelfasern. (S. w. u. und das Kapitel „Ent-
wicklungsgeschichte" .)
Die mediale Fläche ist mehr abgeplattet,, die laterale leicht convex. Beide
Flächen, sowie der vordere Eand sind von dem visceralen Blatte der serösen
Tunica propria testis bekleidet (Fig. 74 u. 75) und infolgedessen glatt; daher
ist auch der Hoden in seinen Hüllen leicht verschieblich und gleitet unter der
untersuchenden Hand.
Die laterale Fläche wird von der medialen durch folgende Besonderheiten
unterschieden: An ihr tritt der Nebenhoden vor, nebst der unter dem Kopfe
dieses Organes gelegenen gelappten Hydatide, Appendix testis (Mor-
gagni i — fehlt in den Figuren); ferner bildet die viscerale Serosa hier eine
von dem Hoden auf den Nebenhoden übergehende Falte, deren beide Enden
als Ligamentum e p i d i d y m i d i s s u p e r i u s und i n f e r i u s bezeichnet
Werden, und unter der sich ein schmaler Recessus, der Sinus epididymidis
befindet. Die mediale Fläche ist bis zum Eintritte der beiden grossen Gefässbündel
gänzlich frei; dagegen wird hier der Körper des Nebenhoden durch diese Bündel
fast völlig verdeckt; nur sein Kopf ragt hervor, und man sieht zwischen den
Geßissen den Ductus deferens in die Cauda epididymidis sich umbiegen.
Das obere Ende des Hoden ist abgerundet und ist durch den an ihm vorsprin-
genden Kopf des Nebenhoden, sowie durch die genannte Appendix testis leicht kennt-
'ich. Das untereEnde ist ein wenig mehr zugespitzt; über ihm liegt die eben erwähnte
Umbiegung des Ductus deferens und es geht von ihm das Ligamentum serotale ab.
Zu präciser Unterscheidung ist es nöthig, ausser den Bezeichnungen
jiHoden" und „Nebenhoden", noch eine dritte zu verwenden, welche diese beiden
Theile zusammen umfasst; wir wählen dafür den Namen „Gesamthoden",
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ft\sl!s, bi-Htrlil. ilir -r-rii <Li> r«'^r|ms } li -hiü^ ii'i hiii Hill lUrr'ii /iip'si'lnlrfirii
l-jiiiiii k<Hj\.'r-irni. H:i> P:tri*iH'li\ m luil i-iiM' lirllbr-iiitiH<"lH' Vnrlmui:\ iiml -lirfii
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i;;irili.i.ijv>, l'iiliiili -i-.itji 1,1 i'cri. Mm itii!ri"<cli</idti 'T ii b ti I i ;^ r in i ii i l'tM- i
''^M^ilMriL wdvhv. du'hi .'tiiiiii.iiHlii— vl^pii iiiiii iiiiliiiKiiiilfr vcrsi^liiiiii.-riL
I III X.'iN'll l'!tl«'S' 7r!tiilll!II,L!; ;ti|h J I
N.'H'lila--
S% Nebenhoden.
die Hauptmasse jedes Läppchens ausmachen. Sie gehen gegen das Mediastinum
testis in kurze enge gerade Kanälchen, Tubuli seminiferi rccti, über, welche
in das Bindegewebslager desselben eintreten und dort ein enges Netzwerk,
Kete testis (Halleri) bilden. Die Kanäle des ßete testis sind wandungslose
Epithelröhren; diese fliessen wieder zu 10 — 15 Kanälchen mit eigener, festerer
Wand, den Ductuli efferentes, zusammen, welche in den Kopf des Neben-
hoden eintreten (s. diesen).
Die Samenkanälchen besitzen eine verhältnissmässig starke lamcllöse Wand
und einen zelligen Inhalt, welcher sich aus den verschiedenen Entwicklungs-
stufen der Samenfäden (Spermien), sowie diesen letzteren zusammensetzt;
so ist es wenigstens beim geschlechtsreifen Manne. Vor dem Pubertätsein-
tritte zeigen sich keine Spermien, sondern nur deren Bildungszellen im Zustande
der Ruhe.
Zwischen den Samenkanälchen befindet sich ein reichliches Bindegewebe,
welches als Träger der Gefässe und Nerven und der interstitiellen H o-
d e n z c 1 1 e n dient.
Die interstitiellen Hodenzellen sind grosse Gebilde von epithelialem Habitus,
welche den Leberzellen oder auch den Zellen des Corpus luteum (s. Kapitel „Kku*-
stock") am meisten ähnlich sehen. Sie sind bei manchen Tiiieren, wie z. ß. beim
Eber, sehr reichlich vorhanden, so dass ihre Gesamtmasse fast der der samenbildenden
Zellen gleichkommt; bei anderen Thieren sind sie spärlich vorhanden, beim Menschen
in einer mittleren Menge, die bei den einzelnen Individuen wechselt. Wenn sie reich-
lich vorhanden sind, erthcilen sie dem Hodenparenchym ein dunkelbraunes Aussehen.
Nebenhoden (Epididsrmis).
Der Nebenhoden hat die Form einer leicht s-förmig gekrümmten
Retorte, deren Kopftheil kein erheblich grösseres Volumen zeigt als der
Retortenhals. Das Organ liegt dem hinteren Rande des Hoden auf, mit dem
Kopftheile am oberen Pole, den es tiberragt, mit dem Schwanztheile am unteren,
wo es in aufwärts gerichteter Krümmung ohne scharfe Grenze in den Ductus
deferens übergeht. Die ünterÜäche des Kopfes ist zum grossen Theile und
die des mittleren Stückes, Corpus e p i d i d y m i d i s, gänzlich mit dem Hoden
verwachsen •, das umgekrümmte untere Ende, Cauda epididymidis, wii'd
frei (Fig. 72, 73, 74). lieber die Volumens- und Gewichtsverhältnisse ist
vorhin schon gesprochen worden, desgleichen wurden der Sinus und die
Ligamenta epididymidis erwähnt. Der Kopf des Nebenhoden hat un-
gefähr dieselbe Konsistenz wie der Hoden ; Corpus und Cauda fühlen sich fester
an. Die Farbe des Organes ist ähnlich der des Hodens, da es am Kopfe und,
soweit Corpus und Cauda mit dem Hoden verwachsen sind, mit derselben weissen
fibrösen Haut (Albuginea) überzogen ist.
Die Albuginea verliert sich am üebergange der Cauda in den Ductus
deferens allmählich in dessen adventitielles Bindegewebe und ist überhaupt
dünner als die Albuginea testis.
Der Kopf des Nebenhoden besteht aus etwa einem Dutzend muskulöser Kanal-
chen, welche sich aus dem llete testis entwickeln. Aus diesem Rete treten sie anfangs
Gefässe des Gesamthoden. 377
als schmale gerade Kanälchen (Ductuli efferentes testis); diese knäueln sich
bald auf und bilden durch die aneinander gelegten Windungen kleine, kegelförmige
Läppchen (Lobuli epididy midis). Die Spitzen der Kegel werden von den Du-
ctuli efterentes gebildet, die Basen derselben wenden sich zur freien Oberfläche des
Nebenhodenkopfes. Das oberste Läppchen ist gewöhnlich das grösste, und der das-
selbe bildende Ductulus geht an der Basis des Läppchens unter einfacher Umkrüm-
niung in ein langes gewundenes Rohr über, welches den Anfang des Ductus deferens
ausmacht, indem es in denselben sich kontinuirlich fortsetzt. Soweit das Rohr dem Neben-
hoden angehört, ist es stark gewunden; es nimmt, wälirend es distal weiterläuft, als
Ductus epididymidis die Gänge der übrigen Nebenhodenläppchen einzeln auf^
wobei sich sein Kaliber und seine muskulöse Wand verstärken. Körper und Schwanz
des Nebenhoden werden ausschliesslich von dem gewundenen Ductus epididymidis
gebildet. Den Ductus deferens lassen wir da beginnen, wo die Windungen des
Ganges aufhören; daselbst verstärkt sich auch noch ansehnlich seine Wandung.
Was den feineren Bau des Nebenhoden anlangt, so sind seine Kanälchen bis
fast zum Ductus deferens mit einem hochzelligen, langwimperigen Flimmerepithel
ausgestattet, dessen Cilien in der Richtung zum Ductus deferens hin schlagen, also
wohl der Fortbewegung des Sperma dienen. Bei geschlechtsreifen Personen findet
nian, falls nicht kurz vorher eine Samenentleerung stattgefunden hatte, die Neben-
hodenkanälchen voller Spermien; soweit es die Untersuchungen bei Thieren ergeben,
zeigen sie lebhaftere Bewegungen, als die aus den Hodenkanälchen selbst entnommenen.
V. Mihalkovics, l. c. [S. 379] sprach die Vermuthung aus, gestützt auf das
von ihm nachgewiesene eigenthümliche Verhalten der Kapiilargefässe, dass der Neben-
hoden auch sekretorische Funktionen habe. Dies wird durch neuere Untersu-
chungen Hammar's^) unterstützt.
Oefässe des Gesamthoden.
Die Arterien sind die A r t e r i a t e s t i c u 1 a r i s (spermatica interna),
und die Arteria defer entialis, beides lange und dünne Gefässe.
Die A r t e r i a t e s t i c u 1 a r i s entspringt gewöhnlich von der Aorta abdomi-
nalis dicht unterhalb der Nierenarterien; zu ihr tritt, nach kurzem Laufe, unter spitzem
Winkel die Ve n a t e s t i c u 1 a r i s. Beide Gefässe, bezw. das von der Vene alsbald
gebildete die Arterie umspinnende Getlecht, treten durch den Leistenkanal, von wo
sie, als Bestandtheile des Samenstranges, zum hinteren Umfange des Hoden weiter-
ziehen. Hier durchbohrt die Arterie mit 3— 4 Hauptzweigen das Rete testis, um (inner-
halb des Hoden) in oberflächliche Aeste, welche unter der Albuginea in der
Tunica vasculosa (erythroides) liegen, und in tiefe, welche den Septula folgen, zu zer-
fallen; ihre Kapillaren umgeben die Samenkanälchen mit einem dichten Netze. Ein
Nebenzweig geht zur Epididymis, wo er mit der Arteria deferentialis
(s.S. 352) anastomosirt; letztere versorgt hauptsächlich Cauda und Corpus des Neben-
hoden. Diese Anastomose ist wichtig; sie zeigt, dass die A. testicularis für den Hoden
keine Endarterie ist und dass sie ohne dauernde Funktionsstörung für das Organ
Unterbunden werden kann 2).
Die Wanderung der Hoden, s. das Kapitel „Entwicklungsgeschichte", macht den
fangen Lauf der Hodengefässe verständlich.
1) Hammar, J. A., Ueber Sekretionserscheinungen im Nebenhoden des Hundes.
Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. Supplementband. 1897.
2) Griffiths, J., The effects upon the testes ofligature of the spermatic artery,
spermatic veins, and of boths artery and veins. The Journ. of anatomy and physiol.
cond. by Humphry, Turner and Mc Kendrick. Vol. XXX, p. 81. 1895. (Mit Literatur.)
Miflet, v. Langenbeck's Archiv für klin. Chirurgie Bd. 24, war für den endarteriellen
Charakter der Art. testicularis eingetreten.
378 Gefässe des Gesamthoden.
Die Venen des Hoden haben im Parencbym desselben oberflächliche
und tiefe Wurzelzweige, welche aus dem Mediastinum testis austreten. Zu
ihnen gesellen sich die Venen vom Kopfe des Nebenhoden; zusammen entstehen
so 5 — ü ansehnliche Venenstäuime, welche vor dem Ductus del'erens im Samen-
strange aufsteigen (vordere Venengruppe); mit dieser Gruppe verläuft
die Arteria testicularis. Eine zweite kleinere, aus dem Körper und Schwänze
des. Nebenhoden stammende Venengruppe (2 — 3 Stämme) liegt näher am Ductus
deferens, zumeist hinter ihm (hintere Gruppe, Deferensgruppe); mit
ihr zieht die Arteria deferentialis.
Beide Venengruppen sind insbesondere in sich, aber auch untereinander anasto-
motisch verbunden: Plexus pampinilormis, Ranke nplexus; hauptsächlich wird
dieser wichtige Plexus von den Venen der vorderen Gruppe gebildet und erreicht
seine beste Entwicklung im Sanienstrange. Weitere Verbindungen bestehen mit
den aus der Wand des Ductus del'erens sich ablösenden Venen, sowie mit denen,
weiche aus dem Bindegewebe des Samenstranges und von den Hüllen des Scrotum
kommen (Vv. spermaticae externae), endlich mit den subkutanen Venen des Penis,
der Bauchhaut und der Leistengegend, womit Beziehungen zur V. saphena magna
und zur V. femoraUs gegeben sind. Wie Perier^) zeigte, ergiessen sich die Venen
der hinteren (kleineren) Gruppe, meist zu einem Stamme vereinigt, in die Vena
epigastrica inferior. Zwischen den Venen der linken und rechten Seite be-
steht eine vor der Symphyse quer verlautende Anastomose (Anastomosis praepubica,
Perrone'2) und Perier). Die Venen der vorderen (grösseren) Gruppe begleiten
die Art. testicularis zu mehreren anastomotisch verbunden bis in die Nähe der Articu-
latio sacroiliaca, wo sie zunächst zu zwei, dann bald zu einer Vene, der Ve n a
testicularis (spermatica interna) zusammenHiessen ; diese mündet rechts
gewöhnlich unter spitzem Winkel in die Vena cava inlerior (unterhalb der Nieren-
vene), links, unter rechtem Winkel, in die V. renalis. In Bezug auf die Mündungs-
verhältnisse bestehen zahlreiche Varietäten.
Es sei noch bemerkt, dass die Arteria testicularis in der Bauchhöhle
Zweige zum Harnleiter (s. S. 330), zur Fettkapsel der Niere, mitunter selbst zur Niere,
zum Bauchfelle und zu den Lymphoglandulae lumbales abzugeben ptiegt, lerner im
Samenstrange Zweigelchen zum M. cremaster und den übrigen Hüllen; diese anasto-
mosiren mit den Zweigen der Arteria spermatica externa (s. Scrotum); auch besteht
eine Anastomose mit der Arteria epigastrica inferior. Zu den Hodenvenen ziehen
gleicherweise kleine Zuflüsse aus denselben Quellen.
Der Klappenapparat der Vv. testiculares und des Plexus pampiniformiö
zeigt nur eine schwache Entwicklung.
Zahlreich und ähnlich den Venen sich verhaltend sind auch dieLympl*'
gefässe des Hoden und des Nebenhoden, Vasa lymphatica testis et
epididy midis. Sie begleiten innerhalb des Hoden entweder die Septula
(Vasa lymphatica profunda), oder verlaufen in der Tunica vaseulosa dicht unter-
halb der Albuginea (Vasa lymphatica superticialia). Zu ihnen gesellen sich die
Lymphgefässe aus dem Körper und dem öchwanze des Nebenhoden. Die am
hinteren Rande des Hoden austretenden grösseren Stämme, 6—8 an der Zahl,
1) Parier, Gh., Considerations sur Tanatomie et la physiologie des Veines spei''
matiques. These de Paris 1864, S. 223 ist irrthümlich „Perier" statt „Perier" gedruckt.)
2) Perrone, P., Trattato elementare di anatomia speciale. Napoli, 1857. I^*
p. 1G7. (Citirt nach Romiti, Trattato di anatomia deü' uomo. T. I. p. 983.)
Gefässe des" Gesamthoden* 3t9
sind, in Anbetracht der Grösse des Hoden und des Nebenhoden, sehr ansehn-
liche Gefässe^); sie verlaufen im 8amenstrange mit den beiden Vencnbündeln,
und zwar zumeist an der Peripherie der letzteren. In der Bauchhöhle ver-
bleiben sie sämtlich bei der Hauptgruppe der Vv. testiculares und münden in
die Lymphoglandulae lumbales^). Anastomosen zwischen ihnen sind selten.
Die Wurzeln der L y m p h g e f ä s s e im Hoden liegen in der Wand der
Samenkanälchen und in dem weichen interstitiellen Bindegewebe. Hier finden sieh
nach den Angaben v. R e c k 1 i n g h a u s e n's^), denen ich mich anschliesse, einmal
Saftlücken gewöhnlichen Kalibers, welche einzelne Bindegewebszellen beherbergen
und zugleich als erste Sammelstätten tür die Lymphe dienen — - ich finde solche in
der Albuginea, in den Septulis und im Mediastinum testis — , ferner grössere Saftlücken,
wie sie auch in der Hornhaut und im Centrum tendineum vorkommen, und die
mehrere platte Bindegew^ebszellen enthalten, endlich grössere spaltiörmige Räume^
welche, von platten (Endothel-)Zellen ausgekleidet, vollständige oder (meist) unvoll-
ständige Scheiden um die Samenkanälchen bilden.
Ludwig und Tomsa haben von den Lymphgefässen aus verschieden grosse
und unregelmässige Spalten im Hoden injicirt, ßindegewebslakunen oder Lymph-
spalten, wie sie dieselben synonym benennen, und sehen diese als die Wurzeln
der Lymphgefässe an. v. Reckling'hausen erkennt diese Räume als Lymphräume
und Lymphwurzeln nur dann an, wenn sie einen vollständigen Endothelbelag auf-
weisen, wie ein solcher von His und von Tommasi, dessen Arbeit unter v. Reck-
linghausen's Leitung entstanden ist 4), in manchen derselben nachgewiesen wurde.
Es bleibt nur zweifelhaft, ob alle die von Ludwig und Tomsa^) injicirten Räume
in der That echte Lymph wurzeln waren, denn in dem weichen Hodenbindegewebe
sind die Injektionsresultate mit grosser Vorsicht zu beurtheilen.
Auch röhrenförmige Lymphkapillaren mit isolirtem Verlaufe sind in den Septula
und in der Albuginea von Tommasi nachgewiesen worden; v. Mihalkovics**) stellt
indessen solche in Abrede.
Was den Ursprung von Lymphwurzeln in der Wand der Samenkanälchen an-
langt, so zeigte v. Mihalkovics, dessen Präparate ich selbst eingesehen habe, dass
1) Hat man Gelegenheit die frische Leiche eines gesunden kräftigen Mannes zu
untersuchen, so sind die Lymphgefässe im Samenstrange leicht ohne jede Präparatiou
zu erkennen; man kann sie nach Abbindung des Samenstranges durch leichten Druck
auf den Hoden noch zu stärkerer Füllung bringen. Um ein grösseres Quantum reiner
Lymphe zu gewinnen, genügt dasselbe Verfahren beim Hoden und Samenstrange
eines Stieres; hier sind die gefüllten Lymphgefässe fast so stark wie die Venen.
2) Da die BNA. einen Unterschied zwischen lateralen und medialen lumbalen
Lymphdrüsen (s. Henle, Gefässlehre, 2. Aufl. S. 465) nicht machen, so sei hier noch
bemerkt, dass die Lymphoglandulae lumbales laterales gemeint sind. Die medialen
werden auch als Lymphoglandulae praeaorticae bezeichnet.
3) Recklinghausen, F. v., »Das Lymphgefässsystem" in Stricker's Hand-
buch der Lehre von den Geweben. Leipzig, 1871. S. 214 und brietiiche Mittheilung,
Januar 1898.
4) Tommasi, Ueber den Ursprung der Lymphgefässe im Hoden. Virchow's
Archiv. 28. Bd., S. 370. 1863.
5) Ludwig und Tomsa, Die Lymph wege des Hodens und ihr Verhältniss zu
den Blut- und Samengefässen. Wiener akad, Sitzungsber. 46. Bd. 1862. (Math.-naturw.
Abth.) — His, W., Ueber das Epithel der Lymphgefässwurzeln und über die v. Reck-
Hnghausen'schen Saftkanälchen. Zeitschr. f. wiss. Zool. 13. Bd. S. 469. 1863.
6) Mihalkovics, V. v., Beiträge zur Anatomie und Histologie des Hodens.
Sitzungsber. der Könia-l. Sachs. Gesellsch. der Wissenschaften. Bd. 25. 1873.
380 Nerven des öesamthodens. Hodenanhäng-e.
die kapillaren Spalten, welche zwischen den bindegewebigen Lamellen, aus denen die
Wand der Samenkanälchcn zusammengesetzt ist, sieh befinden, von den Hodenlymph-
gefässen aus injicirbar sind. Diese als concentrische Rohren die Samenkanälchen
umgebenden Spalten sind auch mit Endothel bekleidet. Bei der festen Beschaffenheit
dieser Wandungen sind Kunstprodukte, welclie durch die Injektion geschaffen wären,
wohl auszusch Hessen.
Nerven des Gesamthoden.
Zum Hoden und Nebenhoden treten die Nerven mit den Blntgefässcii,
und zwar als sympathische Nervenplexus, welche /Aigleich die Gefässe versorgen
und umflechten. Der Plexus s y m p a t li i c u s s p c r m a t i c u s begleitet die
Arteria testicularis und geht zum Hoden und Nebenhodenkopfe; der Plexus
deferentialis verläuft mit der Arteria deferentialis ausschliesslich zum
Nebenhoden.
Beide Plexus führen vorzugsweise marklosc Fasern, jedoch auch einige
markhaltige, von denen die Sensibilität der in Rede stehenden Organe bedingt
sein dürfte.
Ueber die Endigungsweise der Nerven sind die Angaben noch widerspruchsvoll.
Letzerich's^) meist bezweifelte Mittheiiung, dass die Nerven in das Innere der Samen-
kanälchen einträten, ist neuerdings vonFalcone^) und Sclavunos^) bestätigt und
erweitert worden; dagegen konnten sich G. Hetz ins*) und Tiniofeew*'') liiervon
nicht überzeugen; sie fanden die Nerven nur an den Blutgefäss- und an den Kanälchen-
wänden.
Hodenanhänge (Appendioes testis).
Mit dem Sammelnamen : Hodenanhänge, Appendices testiS;
bezeichnen wir eine Anzahl von kleinen Gebilden, welche Ueberreste fötaler
Zustände darstellen, die nicht zum völligen Schwinden gekonmien sind. Es
gehören hierher:
1) Der Hodenanhang (Hodenhydatide) Appendix testis (Mor-
gagni i).
2) Der Nebenhodenanhang, Appendix epididymidis.
3) Die Anhänge des Rete testis.
4) Die Paradidymis.
5) Die Ductuli aberrantes.
6) Die serösen Hodenbläschen.
Wenn, wie schon die Namen sagen, nicht alle diese Theile Anhänge dei'
Hoden selbst sind, so hängen sie doch mit seiner Bildung und mit dem zum Hoden
gehörigen Nebenhoden zusammen, und so mag die Sammelbezeichnung „Appen-
dices testis" gerechtfertigt erscheinen. Diese kleinen Dinge haben einen ge-
1) Letzerich, Ueber die Endigungsweise der Nerven in den Hoden der Säuge-
thiere und des Menschen. Virchow's Arch. f. pathoL Anatomie. Bd. 42. S. 570. 1868.
2) Falcone, Suile terminazione nervöse nel testicolo. Monitore zool. ital. 1894.
3) Sclavunos, 1. c. [S. 346].
4) Ketzius, G., Biologische Untersuchungen, N. Folge. Bd. V. 1893. S. 34.
5) Timofeew, 1. c. [S. 346].
Hodenanhäiige. 381
wissen Werth, einmal weil sie Licht auf die Entwicklun^svorgänge werfen,
dann auch, weil sie gelegentlieh sich zu Cysten umgestalten können ; ein Theil
der sogenannten kSamencysten darf wenigstens auf sie zurückgeführt werden.
Der Hodenanhang sitzt breit auf dem oberen Hodenende, dicht unter
dem Nebenhodenkopfe; er wird auch als un gestielter Anhang oder, nach der
alten Bezeichnung, als lappige oder sessile Hydatide aufgeführt. Er ist 0,5— 1,0 em
lang und 0,2—0,3 em breit. Sein freies Ende ist lappig und oft deutlich trichterförmig
vertieft, so dass es ganz einem Infundibulum tubae uterinae im kleinen gleicht.
Nicht selten erstreckt sich von der Trichterhöhle ein kleines Kanälchen zum Hoden
hin. Trichter und Kanälchen sind häufig mit Flimmerzellen besetzt i). Roth sah
mitunter einen Ductulus abcrrans von den Nebenhodenkanälchen, oder von den Ductus
efferentes testis oder dem Rete testis abgehen und offen in dies Kanälchen oder
in den Trichter münden. — Di^er Hoden anhang muss als Ueberrest des kranialen
Endes des MüUer'schen Ganges und somit als Homologen des Infundibulum tubac
uterinae angesprochen werden (Kobelt)^).
Der Nebenhodenanhang hängt in der Form eines kleinen gestielten birn-
förmigen Bläschens am freien Ende des Nebenhodenkopfes oberhalb des Hoden-
anhanges; für Ihn passt der Name „gestielte Hydatide". Es können mehrere solche
Anhänge vorkommen. Wahrscheinlich entstehen sie aus Anlagen von Ductuli effe-
rentes.
Die Anhänge des Rete testis sind von Roth^) und Poirier*) beschrieben
worden. Es sind blind endigende, mit Flimmerepithel bekleidete Kanälchen, welche
vom Rete testis ausgehen, theils im Kopfe des Nebenhoden liegen, theils als kleine
gestielte Cysten nach aussen vortreten. Sie wurzeln am unteren Ende des Nebenhoden-
kopfes, also an der Verbindungsstelle desselben mit dem Hoden, und liegen im vorderen
unteren Theile des Samenstranges, an der medialen Seite des Nebenhoden, dicht auf
dem Hodenrücken; sie haben eine den beiden eben aufgeführten Bildungen entgegen-
gesetzte Richtung. Nach Roth entständen sie aus Sexualkanälchen des Wolff'schen
Körpers, welche zwar den Anschluss an den Hoden gewonnen, sich aber später vom
Wolff^schen Gange abgelöst hätten, und dadurch ihr blindes Ende erhielten.
DieParadidymis&)(Girald6s'0rgan, Beihoden, Rauber) stellt eine Gruppe weiss-
licher flockiger Körper dar, welche im ganzen von länglicher Form ist und im untersten
Ende des Samenstranges, dicht am Nebenhodenkopfe liegt, und zwar stets vor dem Ge-
fässbündel. Nach Toi dt's Untersuchungen«) sind hier zwei verschiedene Dinge ausein-
ander zu halten. Der eine (obere) Abschnitt der Faradidymis ist ein Ueberrest des
Urnierentheiles des WolfTschen Körpers; er findet sich nur im frühen Kindesalter,
immer oberhalb des Nebenhodenkopfes, und besteht aus einem oder mehreren ge-
wundenen, beiderseitig blind endenden Kanälchen, welche mit Cylinderepithel be-
kleidet sind; sie können sich auch zu kleinen Bläschen abschnüren; sie enthalten nie-
mals Samenfäden. Diese Bildungen scheinen später stets zu schwinden; sie allein
entsprechen dem ebenfalls zeitig schwindenden Paroophoron des Weibes. (S. Anhänge
1) Griffiths, 1. c. i., Journ. of anat. Bd. XXVTIf, spricht nur von Cylinderepithel.
2) Kobelt, G. L., Der Nebeneierstock des Weibes, etc. Heidelberg, 1847.
3) Roth, M., Ueber Vasa aberrantia am Rete testis. Zeitschr. f. Anat. u. Entw.-
Gesch., herausg. von His und Braune. Bd. H. S. 125. 1872.
4) Poirier, P., Anatomie de Tepididyme, le vas du rete, kystes spermatiques.
Verhandlungen des X. internationalen mediz. Kongresses in Berlin 1890. Berlin, 1891.
A. Hirschwald. Bd. IL S. 58.
5) Wal de y er, Eierstock und Ei. Leipzig, 1870. S. 142.
6) Toi dt, C, Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft vom Jahre 1892.
(Versammlung in Wien,) S. 241. Jena, G. Fischer, 1892.
382 SameDstran^. Hodcnsack. Hüllen des Hoden und Nebenhoden.
des Eierstockes.) Der zweite Abschnitt bleibt auch in späteren Jahren erhalten; er
liefet hinter dem Nebenhodenkopfe, ebenfalls an der vorderen Fhäche des Venen-
plexus. Er besteht aus einem einzijren gewundenen, Öfter mit Erweiterungen ver-
sehenen Kanälchen; dasselbe führt FlimmerepitheP), ist zuweilen an beiden Enden
geschlossen, oder hängt mit dem Ductus epididymidis oder mit dem Rete testis, oder
mit beiden zusammen. Es stellt nach allem dem einen sekundär abgelösten Ductulus
efferens dar und gehört daher in dieselbe Kategorie, wie der Appendix epididy-
midis, und die sonstigen am Hoden liegenden Anhänge des Rete testis.
Als Ductuli a b e r r a n t e s bezeichnet man grössere gewundene gangförmige
Anhänge, welche, blind endigend, im Nebenhoden verlaufen. Der eine derselben,
Ductulus aberrans superior, geht ebenfalls vom Rete testis aus, läuft aber,
im Kopfe des Nebenhoden eingeschlossen, nach abwärts. Der andere, grössere,
Ductulus aberrans inferior, entspringt vom Ductus epididymidis weiter
unten im Schwänze des Nebenhoden, und steigt, aufgeknäuelt und blind endend, im
Körper des Nebenhoden aufwärts; auch in ihm haben wir ein übrig gebliebenes
Kanälchen des Wolffschen Körpers zu erblicken.
Die serösen Hodenbläschen sind kleine Cysten, welche sich häufig unter
der Serosa testis an der lateralen Hodenfläche, und zwar zumeist, worauf Po iri er
(1. c.) hinweist, in der Nähe des Kopfes und der Cauda des Nebenhoden finden. Sie
sollen nach Po iri er seröse Cysten darstellen, welche durch die Ausbildung der
Ligamenta epididymidis superius et inferius zu erklären seien, indem anfangs Kopf
und Schwanz des Nebenhoden ganz frei liegen, später aber durch seröse Verwachsung
unter Bildung der Ligamenta epididymidis an den Hoden herangezogen werden. Sie
sind mit Platten epithel ausgekleidet.
Anhangsweise erwähnt seien noch die von Dagonet^) beschriebenen Anhänge
von Nebennierensubstanz, welche sich zwischen Hoden und Kopf des Nebenhoden
vorfanden 3).
Samenstrang (Puniculus spermaticus). Hodensack (Scrotum).
Hüllen des Hoden und des Nebenhoden (Involucra
testis et epididymidis).
Der Sanienstrang ist ein rundlicher, glattwandiger Strang von der
Stärke eines kleinen Fingers und der Länge etwa einer Hand; er reicht vom
Annnlus inguinalis subperitonaealis (abdominalis BNA.) bis zum hinteren Rande
des Hoden. Seine Farbe ist grauröthlich mit durchschimmerndem Venenblau,
seine Konsistenz im ganzen weich; nur das in ihm enthaltene Hauptgebilde,
1) V^l. auch Roth, M., üeber Flimmerepithel im Girald^s'schen Organ. Zeitschr.
für Anat. u. Entw.-Geschichte, heraus*;', von His und Braune. Bd. IL S. 217. 1872.
2) Dagonet, J., Beiträge zur pathologischen Anat. d. Nebennieren d. Menschen.
Zeitschr. f. Heilk. 1885. Bd. VI. S. 1. (Fortsetzung- der Prager Vierteljahrsschr.)
3) Ueber die Appendices testis vgl. insbesondere noch: Roth, M., Ueber das
Vas aberrans der Morgagni'schen Hydatide, Virchow's Arch. Bd. 81. S. 47. 1880. — lieber
einige Urnierenreste beim Menschen. Festschrift zur SOOjähr. Jubelfeier der Universität
Würzburg. Basel, 1882. ~~ Toldt, C, Die Anhangsgebilde des menschlichen Hodens
und Nebenhodens. I. Wiener akad, Sitzungsberichte. Abth. 3. 1891. — Griffiths, Jo
Observations on the Appendix of the Testicle and on the Cysts of the P:pididymis, the
Vasa efterentia, and the rete testis. Journ. of Anatomy and physioL, cond. by Hum-
phry, Turner and M^ Kendrick. Vol. XXVIII. p. 107. 1894.
rrr p. r^rrn,: i -ä iü-l i* 1 ^-' '~^' ^ ' ^ '
384 Samenstrang. Hodensack. Hüllen des Hoden und Nebenhoden.
der Ductus deferens, fühlt sich knorpelhart an und kann deshalb, wie bemerkt,
von seinen übrigen Bestandtheilen leicht, selbst durch die Haut hindurch, unter-
schieden werden.
Der Sanicnstran^ umfasst den Ausftthrungsgang des Hoden und des Neben-
hoden, d, i. den Ductus deferens, sowie die sämtlichen zu den genannten
Thcilen ziehenden, bezw. von ihnen kommenden Gefässe und Nerven, alles dieses
umschlossen von mehreren Häuten, die auch zu den Hüllen des Hoden und
Nebenhoden gehören und noch besondere Gefässe und Nerven beziehen.
Einzeln aufgeführt sind folgende Theile zum Samenstrange vereinigt:
1. Als Inhalt: 1) Der Ductus deferens, 2) die Arteria deferen-
tialis, 3) die Vv. def eren t i ales, 4) der Plexus nervosus
deferentialis, 5) die Arteria t esticularis, 6) die Venen
des Plexus pamp iniform is, 7) die Nerven des Plexus
spermaticus, 8) die Lymph gefässe, 9) das Rudiment um
Processus vaginalis, 10) die Paradidymidis und gelegent-
licheDuctuli aberrantes, 11) Glatte Muskelfaserbündel
(Musculus cremaster internus).
II. Als Hüllen, von aussen nach innen gezählt: 1) Die Fascia cre-
maste rica, 2) der Musculus cremaster externus, 3) die
Tunica vaginalis communis, 4) der Musculus cre m a s t e r
medius.
III. Als Hüllengefässe: 1) Die Arteria spermatica externa, 2) die
Vv. spermaticae externae, 3) Lymphgefässe, 4) der Nervus
s p e r m a t i c u s e x t e r n u s, 5) oben meist noch der vordere Endast
des Nervus ilioinguin alis, 6) häufig ein Zweig des Nervus
1 u m b 0 i n g u i n a 1 i s. — Sonach gehört der Samenstrang zu den kom-
plicirtesten Gebilden des Körpers.
Man kann am besten den proximalen Beginn des Stranges an den sub-
p c r i 1 0 n ä a 1 e n Leistenring verlegen, dahin, wo der vom kleinen Becken auf-
steigende Ductus deferens samt den Vasa et Nervi deferentialis
zu den vor dem Psoas hinablaufenden Vasa et Nervi testicularia
tritt; an dieser Stelle besteht aber der Strang nur erst aus den genannten Theilen
nebst einer geringen Menge lockeren subperitonäalen Bindegewebes. Indem
diese Gebilde sich in den Leistenkanal versenken, gewinnen sie beim Durch-
laufen desselben nach und nach ihre Hüllen, und es treten die übrigen Theile
hinzu, so dass der Samenstrang erst vollständig gebildet ist da, wo er aus dem
subkutanen Leistenringe hervor in das subkutane Bindegewebe der Regio
pubis tritt.
Dicht am subperitonäalen Leistenringe erhält der Strang seine innerste und
am meisten charakteristische Hülle, die gemeinsame Scheidenhaut,
T u n i c a V a g i n a 1 i s communis (seil, testis et f uniculi spermatici). Diese Haut
kann als eine Fortsetzung der F a s c i a t r a n s v e r s a 1 i s a b d o m i n i s an-
gesehen werden.
Man überzeugt sich am besten hiervon an Schnitten von Formolpräparaten;
Sameiistrang. Hodenhüllen. 385
8. Fig. 75, wobei man beachten wolle, dass diese Haut innerhalb des Leisten-
kanalcs sehr dünn ist und sich erst in der Nähe des Hoden und um diesen
herum zu einer festen, leicht isolirbaren Hülle gestaltet. In der inneren Schicht
derselben findet sich ein Lager zerstreuter glatter Muskelfaserbündel, welches
als Musculus cremaster medius bezeichnet worden ist (Barrois)') — s. w. u.
Im Leistenkanale selbst legen sich dünne Bündel gestreifter Muskelfasern
vom M. obliquus internus abdominis und transversus ^) aussen auf die Tunica
vaginalis communis und begleiten diese bis um den Hoden herum, den sie,
fächerförmig auseinanderfahrend und netzförmig zusammenhängend, samt seinen
inneren Hüllen umfassen. Der so entstehende beuteiförmige Muskel ist der
Musculus eremaster externus, der Hebemuskel des Hoden. Derselbe
ist dem Willen unterworfen und vermag bei kräftiger Ausbildung den Gesamt-
hoden ruckweise gegen den subkutanen Leistenring anzuziehen. Toldt ) ist
der Ansicht, dass er auch zur Auspressung des Inhaltes einen Druck auf den
Nebenhodenkopf ausüben und die venöse Zirkulation begünstigen könne. Bei
ihrem Ursprünge im Leistenkanale liegen die Kremasterfasern hauptsäehhch am
hinteren unteren Umfange des Samenstranges beisammen.
Beim Austritte aus dem subkutanen Ringe legt sich die letzte und
äusscrste Hülle dem Samenstrange an, die Fascia cremaster i ca. Die-
selbe geht von den beiden Crura des Leistenringes aus und ist besonders deut-
lieh hier an ihrem Ursprünge; weiter abwärts, zum Hoden hin, wird sie unter
normalen Verhältnissen dünner, so dass sie ihren fascialen Charakter aufgibt
und sich im Bindegewebe, welches die Kremasterbündel zusammenhält, verliert.
Da sie oben am Ringe den Musculus cremaster externus deutlich fascienartig
deckt, wird sie als ,Fa s c i a c r e m a s t e r i c a" bezeichnet. Ich halte sie für
die Fortsetzung der Fascia propria externa des M. obliquus externus abdominis.
A. Cooper hat darauf hingewiesen, dass diese Haut bei grösseren altereu
Leistenbrüchen oft sehr stark wird ; man hat sie seitdem auch als F a s c i a C o o p e r i
benannt (vgl. hierzu S. 221 ff., insbesondere S. 223).
Als Rudimentum processus vaginalis bezeichnet man einen
fadenförmigen, etwas festeren bindegewebigen Strang, welcher sich mitten durch
das lockere Gewebe des Funiculus spermaticus der Länge nach hindurchzieht.
Derselbe ist oben an der seichten Einsenkung des Bauchfelles, welche in den
subperitonäalen Leistenring hineinragt, befestigt, unten an der Spitze des Sackes
der Tunica vaginalis propria testis. Ein solcher Strang ist jedoch nicht in
allen Fällen vorhanden. „ , t^ -. i „j
Wir erfahren aus der Entwicklungsgeschichte, s. das betreibende Kap.te und
Pigg. 119, 119a, ll9b, dass zugleich mit dem Hoden ein beutcltörmiger Fortsatz des
1) Barrois, Th. Ch., Contribution h l'ötude des cnveloppes du testicule. Lille,
^^' 2)*'Toidt, K., Lehrbuch der Anatomie, Wien, 1897, nennt nur den Musculus ob-
•quus mternus^^ K., Ueber den Musculus cremaster. Verhandlungen der anatomischen
Gesellschaft in Wien. 1892. S. 243.
25
Waldeyer, Das Becken.
386 Samenstrang. Hodenhüllen.
Bauchfelles, der Processus vaginalis peritonaei, in das Scrotum hinabsteigt,
hinter welchem unten (distal) der Hoden mit dem Nebenhoden, oben (proximal) der
Ductus deferens mit dem Gefässbündel gelagert sind, alles dieses von den eben be-
schriebenen Hüllen des Samenstranges eingeschlossen. So kommt es, dass bis %ur
Geburt, und mitunter noch kurze Zeit nachher, bei den Knaben die Bauchhöhle sich
durch den Processus vaginalis in jede Skrotalhälfte fortsetzt; mit anderen Worten : der
Hoden, als Eingeweide der Bauchhöhle, nimmt bei seinem Descensus einen Appendix
der serösen Höhle mit. Später verwachsen, wie Pellacani (1. c. S. 389) gezeigt hat,
die Wände dieses Appendix durch einen Granulationsprocess; nur der unterste Theil
der Höhle, der, welcher den Gesamthoden umfasst, bleibt als „Skro talhöhle" erhal-
ten. Der obliterirte Theil bildet das eben beschriebene Rudimen tum. Nach Frankl's
Befunden 1. c. [S. 388] beginnt die Obliteration oben am Leistenringe und in der
Mitte; von der Mitte aus schreitet sie dann nach oben und nach unten fort.
Wichtig ist, dass diese Obliteration auch nur theilweise erfolgen kann; dies giht
Veranlassung zur Bildung von Samenstrangcysten. In dieselben können sich
Leistenbrüche und andere Tumoren des Hoden und des Sainenstranges einstülpen;
bei Hydrocele können sie sich ebenfalls füllen und zu erheblicher Grösse anwachsen.
Mitunter vollzieht sich die Obliteration des Processus vaginalis überhaupt nicht.
Uebcr das Verhalten etwaiger Hernien bei offen gebliebenem Processus vaginalis
s. Kap. „Leistenhernien beim Manne" Joessel IT 2 S. 157 ff.
Die sonst den Inhalt des Samenstranges bildenden Theile wurden 10
ihren Lageverhältnissen bereits bei Besprechung der Hodengcfässe und Hoden-
nerven erörtert; es sei hier wiederholt, dass der Ductus deferens in Begleitung
der Gefässe der Deferensgruppe nach hinten liegt und leicht von der Hoden-
gefässgruppe gesondert werden kann.
üeber die Paradidymis und die Ductuli aberrantes, vergh
das Kapitel „Appendices".
Die H ü 1 1 e n g e f ä s s e und -nerven des Sanienstranges werden zusam-
men mit denen der Hodenhüllen und des Ilodensackes besprochen; desgleichen
die glatte Muskulatur (Cremaster medius und internus und die im Samen-
strange, am Hoden und Nebenhoden und im Ligamentum scrotale liegenden
Muskelbündel).
Hodenhmien.
Die Hodenhüllen umfassen den Gesamthoden ; sie sind dieselben, wie
die des Samenstranges; nur kommt noch die seröse Ho denh ül le, die
Tunica vaginalis propria tcstis, mit dem von ihr gebildeten serösen
Sacke, der Skr 0 talhöhle, Cavum (serosum) scroti (Saccus tunicae
vaginalis propriae) hinzu ^).
Der Hodensack, das Scrotum, bildet zwar als Hautbekleidung ebenso
eine Hülle für den Hoden, und für den untersten Theil des Samenstranges,
wie die im Nachfolgenden zu beschreibenden Theile; doch thut man wob ,
1) Da der Hodensack mit den von ihm eingeschlossenen Hodenhüllen s^^"*^^^^
Theile der Bauchwand aufweist, so ist ebenso, wie wir für die Höhle des Peritonaeu^
kurz den Namen „Bauchhöhle" gebrauchen, die des Hodensackes passend „Hodensac ^
höhle" oder „Skrotalhöhle" zu nennen. Wie wir aber auch zu schärferer Bezeichnung
„Peritonäalhöhle" sagen, so lässt sich auch der Name „Scheidenhauthöhle" verwende
Hodenhüllen. Tunica vaginalis propria. 387
denselben von den Hodenhüllen im engeren Sinne zu trennen und gesondert
m besprechen. (Vgl. Kapitel „Entwicklungsgeschichte".)
Von aussen nach innen vorgehend würden wir demnach als Hoden-
«nd Ncbenhodenhüllen haben: 1) Die Fascia cremasterica, 2) den
Musculus crem aste r extern us, 3) die Tunica vaginalis com-
munis mit ihrer glatten Muskulatur, dem Cremaster medius, 4) die
Tunicavaginalis propria mit glatter Muskulatur, Cremaster internus
(Barrois).
Ueber die ersten drei Hüllen ist das Nöthige bereits beim Samenstrange
berichtet worden; auch wurden die Besonderheiten erwähnt, welche sie in ihrem
y-um Hoden gehörigen Tlieile aufweisen.
Die Tunica vaginalis propria testis etepididymidis bildet,
wie gesagt, die seröse Hoden- und Nebenhodenhülle und entwickelt
sich gleichzeitig mit dem Descensus testiculi als ein beuteiförmiger Peritonäal-
fortsatz, der den Hoden bis zum Grunde des Scrotum begleitet. Nach der
Obliteration ihres mittleren und oberen Kanaltheiles, s. vorige Seite, bleibt nur
das untere Stück als seröser Sack um Hoden und Nebenhoden zurück, Saccus
tunicae vaginalis propriae, oder kurz „Skro talhöhle". Die in sich
geschlossene Wand dieses Sackes zerfällt, genau wie bei den übrigen serösen
Säcken, in ein viscerales und ein parietales Blatt, welche im allgemeinen
iini hinteren und unteren Umfange des Gesamthoden in einander sich um-
sehlagen. Das parietale Blatt — Lamina parietalis — bekleidet
von innen als dünne seröse Haut die Tunica vaginalis communis; zwischen bei-
den Häuten findet sich jedoch noch eine Schicht lockeren Bindegewebes, wel-
ches kopfwärts mit dem lockeren Bindegewebe des Samenstranges, fusswärts
mit dem des Ligamentum scrotale (Fig. 73), und an der Eintrittsstelle der
Gefässe in den Hoden, mit dessen Mediastinum zusammenhängt. Alles dieses
Bindewebe ist in letzter Instanz eineDependenz der Tela
subpcritonaealis.
Die Umsclilagsstellen des visceralen in das parietale Blatt liegen folgender-
uiassen :
Oben geht das viscerale Blatt vorn vom Hoden über den Kopf des Nebenhoden
hinweg auf den Samenstrang, den es hier meist in einer Ausdehnung von 0,5 cm be-
kleidet, ebenso auf beiden Seiten des Kopfes, wo es bis zu 1 cm am Saraenstränge
hinaufreicht. An diesem erfolgt somit der Umschlag in das parietale Blatt in einer
gekrümmten, an den Seiten zu zwei Blindsäcken emporsteigenden Linie. Am Körper
^cs Nebenhoden, zwischen den beiden Ligamenta epididymidis, senkt sich die vis-
^*erale Serosa von beiden Seiter her, lateral zwischen Hoden und Nebenhoden, medial
^wischen Samenstrang (Gefässbündel) und Nebenhoden, blindsackig ein, so dass hier
^in kurzes Mesenterium für den Nebenhoden entsteht, das Mesoepididymium,
55wischen dessen beiden Blättern feine Nebenhodengefässe und Nerven verlaufen. Die
laterale Einsenkung bildet den Sinus epididymidis (s. Fig. 72).
Unten, im Bereiche des Nebenhodenschwanzes und des Ligamentum scrotale,
(^ig. 73) geht die viscerale Lamelle vorn und lateral vom unteren Ende des Hoden
^uf das genannte Ligament über und auf diesem zum Grunde des Scrotum hinab,
^o sie sich in das parietale Blatt umschlägt; die hintere und mediale Fläche bleiben
^ubekleidet. Demnach werden von der visceralen Serosa überdeckt: der Kopf des
388 Hodenhüüen. Tiiuica vaginalis.
Nebenhoden mit Ausnahme seiner dem hintern Hodenrande anliegenden Fläche, an
der die Ductuli cfferentes eintreten, der Körper des Nebenhoden, abg-esehen von der
schmalen Ansatzlinie des Mcsoepididymium, die beiden Appendices testis et epididy-
midis, das unterste Stück des Samenstranges vorn und an beiden Seiten, das Ligfa-
mentum scrotale vorn und lateral und der Hoden fast vollständig, mit Ausnahme seines
hinteren Randes, da, wo er mit dem Kopfe des Nebenhoden verwachsen ist, und wo,
dem Mediastinum testis entsprechend, die Gefässe zu- und abtreten.
In demjenigen Theile des Samenstranges, welcher von der visceralen Serosa
überzogen wird, liegt nach vorn die Paradidymis und nach hinten der obere Theil
des Ductulus aberrans inferior (Halleri).
Es folgt aus dem Angegebenen, dass der seröse Skrotalsack am Samen-
strange entlang mit einem leicht zugespitzten Ende hinaufreicht, was insbeson-
dere bei Ergüssen in denselben hervortritt und diagnostisch wichtig ist. Ferner
ergibt sich, dass der Körper des Nebenhoden wegen des Mcsoepididymium
leicht beweglich ist, und bei Ergüssen, unter Zerrung und Verlängerung seiner
kleinen Bauchfellduplikatur, vom Hoden abgedrängt und quer gelagert werden
kann. (S. Abschnitt „Pathologische Zustände".) Endlich wird bei Ergüssen
der Hoden gegen die hintere Wand und den Grund des Scrotum gedrängt werden,
wo er seine normale Verbindung mit dem letzteren hat.
Es wurde bei der Besprechung des Samenstranges bereits erwähnt, dass
die T u n i c a vaginalis communis erst im Bereiche des Hoden ihre volle
Ausbildung zu einer deutlichen festen Membran erlangt. Hier ist hinzuzufügen,
dass die parietale Tunica vaginalis propriaim Grunde des Scrotum
fest mit ihr verwächst. Ferner ist hier die Tunica vaginalis communis einerseits
mit dem von der Serosa nicht bekleideten unteren Ende des Hoden und Neben-
hoden, andererseits mit der Tunica dartos und der Skrotalkutis verwachsen; diese
bandförmige Verwachsung bildet aber z.T. das schon oft genannte Ligamen-
tum scrotale testis. Vergl. Fig. 73 und die Figg. 119, 119a, ll9b,
aus denen die Entstehung dieser Verbindung ersichtlich wird. Alles dieses
erklärt die in praktischer Beziehung bedeutsame festere Verbindung des Ge-
samthoden mit dem Skrotalgrunde.
Wie aus der Entwicklungsgeschichte des Hoden hervorgeht, s. das betreffende
Kapitel, ist derselbe nicht von der fibrös-elastischen Lamelle des Peritonäum über-
zogen, sondern nur von dessen Epithel, welches sich hier, wie beim Eierstocke, in der
ursprüng-lichen cylindrischen Form, als Keimepithel, wenigstens theilweise auch beim
Erwachsenen erhält 1). Die Albuginea testis entwickelt sich aus den äusseren Schichten
des bindegewebigen Stroma der Keimdrüsenanlage. Man Icann daher vom Hoden
ebensowenig wie vom Eierstocke eine Serosa in Form einer Membran, wie etwa vom
Darme oder von der Leber abpräpariren. Dies gelingt jedoch wohl an der von der
Tunica vaginalis propria bekleideten Strecke des Samenstranges, am Nebenhoden, »m
Ligamentum scrotale und beim ganzen parietalen Blatte. Sonach lässt sich beim
Hoden von einem visceralen serösen Blatte im strengen Wortsinne nicht sprechen;
es ist dies auch nur des einfacheren und kürzeren Ausdruckes halber geschehen )•
1) V. la Valette St. George, Der Hoden. Stricker's Handbuch der Gewebe-
lehre. S.522. Leipzig, 187L — Waldeyer, W., Eierstock und Ei. S. 137. Leipzig» 1^70.
2) Vgl. hierzu: Frankl, 0., pjuiges über die Involution des Scheidenfortsatsses
und die Hüllen des Hodens, Arch. f. Anatomie u. Physiol., Anat. Abth. 1895. S. 33 •
Hodensack. SSÖ
Am Nebenhoden tritt oft eine sekundäre feste Verwachsung: zwischen Albu^^inoa und
Corpus serosuni tunicae vaginalis ein.
Kurz ma«^ hier noch der von Luschka^) an der Tunica vaginalis propria be-
schriebenen kleinen zottigen Auswüchse — Scheide nh au tzottcn — und der von
Hektorzik2) an der äusseren Fläche der Tunica vaginalis communis nachge-
wiesenen Bindegewebsauswüchse, die er den Arachnoidealzotten an die Seite setzt,
gedacht sein. Diese Bildungen kommen für pathologische Verhältnisse in Betracht.
Muskulatur des Hoden und seiner Hüllen. Musculi cremaster
medius et internus, v. Kölliker^) wies zuerst nach, dass an der hinteren
Fläche des Hoden, da, wo die Gefässe liegen, sich meist ein grösseres Bündel
glatter Muskelfasern findet, von welchem auch Züge in den Samenstrang und
in die Hodenhüllen einstrahlen. Wir wissen jetzt, durch die Untersuchungen
von Henle, Rouget, E. Klein^), Barrois^), und Pellacani^), dass diese
Muskelzüge sich im Samenstrange zerstreut bis fast zum subkutanen Leisten-
ringe fortsetzen, dass sie ferner mit den Gefässen in die Septula testis ein-
strahlen, in der äusseren Lage der Tunica vaginalis propria parietalis und in
der inneren der Tunica vaginalis communis eine mitunter recht starke Schicht
bilden und endlich sich in das Ligamentum scrotale fortsetzen. Henle^) be-
nannte diese gesamte Muskulatur als „Cremaster internus". Neuerdings hat
nian mit Barrois diesen Namen für die Muskelschicht der Tunica vaginalis
propria reservirt und die Muskellage der Tunica vaginalis communis als „Cre-
master medius" bezeichnet, s.S. 385. Nimmt man die glatte Muskulatur der
Tunica dartos hinzu, so zeigt sich, dass der Hode mit seinen Hüllen über einen
sehr starken glatten Muskelapparat verfügt, dessen einzelne Bestandtheile unter-
einander zusammenhängen. Den Zusammenhang mit der Tunica dartos vermittelt
das Ligamentum scrotale, dessen glatte Muskulatur vom Gubernaculum testis —
Ligamentum genitoinguinale — , s. das Kapitel „Entwicklungs-Geschicbte", abzu-
leiten ist. In letzter Linie handelt es sich um eine kutane (Tunica dartos)
ttnd um eine subseröse Muskulatur«). Vergl. hierzu den Abschnitt „Physiolo-
gische Bemerkungen".
Hoden«aok, Sorotum.
Als „Hodensaek" ist die von dem äusseren Intcgumcnte gelieferte
beutelfürmige Bildung zu bezeichnen, welche den Gesamthoden, sowie den
1) V. Luschka, H., Die Appendiculargebilde des Hoden. Virchow's Archiv f.
Path. Anatomie. Bd. VI, S. 310. 1854,
2) Rektorzik, E., Sitzungsber. der Wiener Akademie, niathem.-naturw. Kl. 1857.
3) V. Kölliker, A., Beiträge zur Kenntniss der glatten Muskeln. Zeitschr. für
^iss. Zoologie. Bd. I. 1849. S. 48 [1848 erschienen].
4) Klein, E., Stricker's Handbuch d. Gewebelehre. Art. „Aeussere Geschlechts-
öi'gane«. Leipzig, 1871.
5) Barrois, 1. c. (mit Litteratur).
6) Pellacani, P., Der Bau des menschlichen Samenstranges. Archiv f. mikr.
Anat. Bd. 23. S. 305. 1884 (mit Litteratur).
7) Henle, J., Handbuch der Eingeweidelehre des Menschen. IL Aufl. 1873. S. 441.
8) Gegenbaur, K., Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 6. Aufl. Bd. IL S. 157.
39Ö Hodensack.
unteren Tlieil des Samenstranges nebst den dazu gehörigen eben beschrie-
benen Hüllen zu äusserst einschliesst. Aussehen und Form des Organes, sowie
die Eigenthtlmlichkeiten der Skrotalhaut nebst deren Gelassen und Nerven sind
bereits bei Besprechung der äusseren Haut des Beckens S. 134 flf. und
bei der Regio pudendalis S. 231 geschildert worden. Als T heile des
aus zwei getrennten Hälften bestehenden Scrotum nennen wir dessen Wurzel,
Radix oder Basis scroti, dessen Grund, Fundus scroti und dessen
äusserlich durch die Raphe scroti markirtes Septum scroti. Vgl. hierzu
die Figg. 11, 61, 66 und 75. Als Schichten folgen einander von aussen
nach innen : Die Cutis mit der Epidermis, darunter eine starke Lage
zu kleineren Bündeln vereinigter glatter Muskelfasern, die T u n i c a d a r t o s,
imd ein sehr lockeres fettloses Unter hautbindegewebe. In letzterer
Schicht lässt sich, wie bemerkt, die Skrotalwand leicht von den folgenden
Hüllen des Samenstranges und des Hoden trennen. Nur am Grunde des Scro-
tum besteht, wie gleichfalls angegeben, eine festere Verbindung durch das
Ligamentum scrotale. Vorn und seitlich gewinnt man durch Einstichinjektion
einen gut abgegrenzten, die Hodenhüllen umgreifenden subkutanen Spaltranni,
„skrotaler Spaltraum" Disse^). Dieser ist nicht mit der (serösen) Skro-
talhöhle zu verwechseln.
Das Septum scroti setzt sich zusammen aus zwei Blättern der Tunica
dar tos, deren jede einer Hodensackhälfte angehört, und einer zwischen diesen
beiden Dartosblättern befindlichen dünnen lockeren Bindegewebslage, Ein
kleiner Theil der Dartos geht indessen über die Raphe scroti hinweg von einer
Seite zur anderen, ohne in die Septum-Dartos umzubiegen. Das Septum heftet
sich in der Gegend der Raphe perinei mit seiner Bindegewebsschicht an die
J^ascia perinei an; seine Dartosblätter gehen in die Dartos perinei und in die
Dartos penis, s. S. 198 und 360, über.
Wir lassen nun noch eine kurze Aufzählung der Gefässe und Nerven
der Hüllen des Hoden und des Samenstranges folgen, indem wir wegen der
betreflFenden Theile des Scrotum auf die S. 138 gegebene Tabelle verweisen,
und nur noch hinzufügen, dass alle Skrotalgefässe reichliche Anastomosen
haben, sowohl an derselben Seite als auch über die Raphe hinaus, und dass
— im Ligamentum scrotale und an der W^urzel des Scrotum — Anastomosen
mit den eigentlichen Httllengefässen bestehen; diese wieder haben Verbindungen
mit den Gefässen des Hoden und Nebenhoden. Es treten also alle drei a»
der Versorgung des Scrotum und seines Inhaltes betheiligten Gefässlager, das
kutane, das muskulofasciale und das testikuläre in Konnex.
Die muskulofascialen, für die Fascia cremasterica, den Cremaster externu*?
und internus, die Tunica vaginalis eoniinunis samt der Pars parietalis der Tunica vag'i'
nalis propria bestimmten Arterien entstammen der A r t e r i a s p e r m a t i c a externa»
einem Zweite der A. epigastriea inferior; sie tritt bereits im Leistenkanale von lünte
her an den Samenstrang heran. Die Venen verlaufen hauptsächlich mit den Vene
1) Disse, J., Beiträge zur Kenntniss der Spalträume des Menschen. Archiv
Anatomie und Physiologie. Anatom. Abtheilung. Supplementband. 1889. S. 229.
Lage des Hoden, des Scrotum und des Samenstranges. 391
der Deferensgruppe (s.S. 377) alsVv. spermaticae externaei) zur Vena epigastrica
inferior, haben aber aucii anastomotische Abflüsse zu den Hautvenen des Scrotum
und mit diesen nach vorn zur Vena saphena magna, nach hinten, dammwärts mit
den Vv. scrotales posteriores zur Vena pudenda interna.
Die Ly m p hg e fasse der Skrotalhaut sind äusserst zahh*eich; sie anastomo-
siren nur spärlich mit den tieferen Lymphgefässen , welche beim Hoden beschrieben
wurden und zu denen auch die des Samenstranges und der Hodenhüllen treten; sie
münden zusammen mit denen des Penis in die oberflächlichen Leistendrüsen, ge-
wöhnlich in deren obere mediale Gruppe.
Die Nerven stammen vom Nervus spermaticus externus (N. genito-
femoralis, Plexus lumbalis); häufig tritt zu diesem noch ein Zweig des Nervus
lumboinguinalis. Beide Nerven führen sensible Fasern, der N. spermaticus ex-
ternus auch motorische für den M. cremaster externus. Die Nerven für die glatte
Muskulatur des Hodenapparates stammen wahrscheinlich von den sympathischen
Pasern des Samenstranges.
Iiag^e des Hoden und des Nebenhoden. Lage des Sorotom nnd des
Samenstrang^es.
Von der Zeit der Geburtsreife an liegen beim Menschen beide Hoden
mit ihren Nebenhoden, an den betreffenden Samensträngen gleichsam aufge-
hängt, jeder im Grunde der zugehörigen Hodensackhälfte. Sind die Hoden
gut ausgebildet und ist die Muskulatur des Scrotum ausser Thätigkeit, dann
zeigen sie sich in ihrer Form durch die Hüllen hindurch deutlich abgesetzt
und bedingen die charakteristische Gestalt des Scrotum. Durch die Thätig-
keit der genannten Muskulatnr werden die Hoden gegen den Leistenring
emporgehoben und an die Wurzel des Penis angepresst. Dabei nimmt (Wir-
kung der Tunica dartos) der Hodensack eine rundliche Form an unter starker
Kräuselung seiner Haut.
Durch dasScptum scroti sind die beiden Gesamthoden nebst den An-
fängen ihrer Samenstränge gänzlich von einander getrennt; nur zwischen den
venösen Plexus beider Seiten besteht vermittelst der Venen des Septum ein
Zusammenhang.
Jeder Hoden ist in seiner Skrotaltasche unter einem Winkel von 40 bis
50 <* schief gelagert, so dass der obere Pol mehr nach vorn, der untere nach
hinten gewendet ist.
Die Lage der Epididymis imd der Gefässbündel mit dem Ductus
deferens zum Hoden, ferner die der Appendices testis, sowie derjenigen Theile,
\velche vom Hoden zum Grunde des Scrotum ziehen, kurz, die Idiotopia
testis wurde bereits vorhin erörtert.
Bekannt ist die Wanderung der Hoden, Descensus tcstium.
Dieselben werden beim Fötus in der Höhe des H. Lendenwirbels angelegt,
dem unteren Abschnitte der bleibenden Niere gegenüber, am oberen medialen
1) Die Autoren, sowie die BNA. gebrauchen diesen Namen nicht, obwohl die
Venen, welche die Arteria spermatica externa begleiten, bekannt sind. Sappe y nennt
öie einfach „Veines spermatiques qui sont situees en arriere du canal döferent",
39^ Hoden: Altersverschiedenheite«, pathologische Zustände.
Ende der Urniere. Mit dem dritten Fötalmonate beginnt der Hoden nach ab-
wärts zu wandern und erreicht mit dem sechsten den subpcritonäalen Leisten-
ring. 2 — 3 Monate gebraucht er dann, um durch den Leistenkanal in den
I lodensack hinabzusteigen, wo er normaler Weise kurz vor Eintritt der Geburt
anlangt, so dass man den Befund der Hoden im Hodensacke als Zeichen der
Reife eines neugeborenen Knaben ansieht. (Vgl. Kap. ^Entwicklungsgeschichte".)
Während des kindlichen Alters treten die Hoden äusserlich noch wenig
hervor; das vorhin geschilderte Vcriialten markirt sich erst mit Eintritt der
Geschlechtsreife. — Bei Greisen und geschwächten Personen pflegt der Hoden-
sack unter zunehmender Schlaffheit der Hüllengewebe, insbesondere ihrer Mus-
kulatur, sich zu verlängern.
Altersversohiedenheiten.
Abgesehen von den eben erwähnten Befunden während der Fötalzcit und
im Knabenalter, sowie von der im höheren Alter eintretenden Schlaffheit der
Gewebe, zeigt sich mit dem Beginne des Greisenalters häufig eine Atrophie des
Hodenparenchyms, wobei dasselbe entweder ein blasseres oder auch ein dunk-
leres Aussehen annehmen kann. Die Spermienproduktion hört dann ganz auf,
oder sie wird bedeutend herabgesetzt. In den höchsten Graden kommt es zu
einer Bindegewebs -Produktion an Stelle der atrophirenden Samenkanälehen
und der Zwischensubstanzzellen \V Bleibt die senile Atrophie aus, so pflegt auch
die Spermienproduktion und mit ihr die Libido sexualis sowie die geschlecht-
liche Potenz bis ins hohe Alter bestehen zu bleiben. Nicht selten stellen sich
bei Greisen dunklere Pigmentirung der Skrotalhaut, Erweiterung der Venen
mit Bildung von Venensteinen ein, ohne grade bis zu pathologischen Störungen
sich auszubilden.
Die Spermienproduktion kann bereits mit dem 14. Lebensjahre, oder gar
früher, beginnen und bis zu den höchsten Lebensaltern andauern; so fand sie
Cordes^) bei zwei Knaben von 14 Jahren, aber auch bei einem 92jährigen
Greise in reichlichem Gange.
Pathologische Zustände.
Von den pathologischen Affektionen der S k r o t a 1 li a u t ist bereits
S. 147 die Rede gewesen; dort wurde auch der Elephantiasis scroti «i^edacht,
sowie der eigentümlichen Krebsformen und der Atherome.
I. Seröse Ergüsse. Eiteransammlung' en. Blutergüsse. Aui
Grund der anatomischen Verhältnisse müssen streng von einander unterschieden
werden diejenigen Ergüsse, welche in das subkutane Bindegewebe des Scrotum er-
1) Griffiths, J., The structural changes observed in the testicles of aged pcr-
sons. Journ. of anat. and physiol. eond. by Humphry, Turner and M'Kendrick
Vol. XXVII, p. 474. 1893.
2) Cordes, H., Untersuchungen über den Einfluss acuter und chronischer All-
gemeinerkrankung auf den Testikel etc. Virehow's Archiv f. pathol. Anat. Bd. l^h
S, 402. 1898.
Pathologische Zustände des Hoden, des Samensti*anges etc. 393
folgen: Oedema scroti und diejenigen, welche in die Skrotalhöhle, in den Sack
der Tunica vaginalis propria, geschehen, Hydrocele. Eine Abart der letzteren
bilden diejenigen Fälle, in denen der Erguss in einen offen gebliebenen Theil des
Processus vaginalis peritonaei stattfindet. Bleibt der gesamte Processus vaginalis
peritonaei offen, dann kommunicirt die Hydrocele mit der Bauchhöhle, in der dann
gewöhnlich gleichzeitig Ascites besteht.
Man kann im allgemeinen sagen, dass das Oedema scroti, wenn man von trauma-
tischen Fällen absieht, meist auf denselben Ursachen beruht, wie wässrige Ergüsse im
Unterhautbindegewebc (Anasarka) überhaupt, dass dagegen eine Hydrocele meist an
Erkrankungen der Hoden und der Nebenhoden, so wie an Veränderungen der Tunica
vaginalis propria geknüpft ist.
Die anatomischen Verhältnisse bedingen es, dass fast sämtliche Ergüsse und In-
filtrationen der Tela subcutanea scroti zunächst dem Samenstrange folgen und auf
die Tela subcutanea des Bauches und des Penis übergehen; ferner ziehen sie sich
am Damme bis zur Analgegend hin.
Was im besondern die Hydrocelen anlangt, so unterscheidet man zunächst,
wie bemerkt, nach ihrem Entstehungsorte die Hydrocele testis und die Hydro-
cele funiculi spermatici; letztere hat ihren Sitz in einem oder mehreren offen-
gebliebenen Theilen des Processus vaginalis peritonaei. Diese beiden Formen der
Hydrocele, insbesondere die Hydrocele testis, sind die am häufigsten vorkommenden;
sie bilden zusammen die in tra vaginalen Hydrocelen. Von ihnen müssen nun
die extravaginalen Hydrocelen unterschieden werden. Dieses sind Ergüsse,
welche zwischen den beiden Scheidenhäuten, also zwischen der Tunica vagi-
nalis communis und der Tunica vaginalis propria gelegen sind. Seröse Ergüsse
kommen freilich hier originär kaum vor; häufiger sind es eitrige (Pyocelen) oder
blutige (Haematocelen). Aber es kann aus einer geplatzten oder sonst irgend
wie eröffneten Hydrocele intravaginalis eine extravaginale werden. Endlich bezeichnet
man — vom genetischen Standpunkte aus allerdings fälschlich — aus praktischen
Gründen eine Hydrocele (intravaginalis) funiculi spermatici, wenn sie weit
in den Bereich des Hoden hinabreicht und dabei , wie anatomisch ohne weiteres klar
ist, mit ihrem unteren Ende zwischen die beiden Scheidenhäute zu liegen kommt
gleichfalls als eine Hydrocele extravaginalis testis.
Die echten extravaginaien Ergüsse können sich, dem lockeren Bindegewebe
des Samenstranges entlang, weit nach oben, bis in die Fossa iliaca hinein, ausdehnen,
während die vaginalen als umschriebene Formen auftreten müssen.
Der Hoden liegt bei den gewöhnlichen Formen der Hydrocele testis, wie sich
das aus den anatomischen Verhältnissen leicht begreift, s. S. 387, am hinteren
unteren Umfange des Geschwulstsackes; nur bei Verwachsungen und bei ander-
weiten Komplikationen kann er anderswo gefunden werden. Bei stärkeren Ergüssen
wird der Nebenhoden vom Hoden weit abgedrängt unter Verlängerung des Mesoepi-
didymium, s. S. 387.
Bei den Hydrocelen des Samenstranges muss, den anatomischen Ver-
hältnissen zufolge, der Hoden mit dem Nebenhoden unterhalb des Cystensackes und
gegen denselben frei beweglich gefunden werden; das Gefässbündel mit dem Ductus
deferens liegt hinter dem Sacke.
Auf die verschiedenen und zahlreichen Varietäten der Samenstranghydrocelen,
die intrainguinalen, extrainguinalen und totalen, so wie auf die bilocu-
laren und multilocularen Formen, kann hier nicht näher eingegangen werden;
sie alle finden ihre Erklärung in den verschiedenen Weisen, in denen der Processus
Vaginalis peritonaei offenbleiben kann. Es kommen auch intraabdominale Hydro-
celen sacke vor; diese erklären sich aus kongenitalen Bildungen, z. B. aus sub-
peritonäalen Divertikeln des Processus vaginalis peritonaei.
Wie die wässrigen Ergüsse, so verhalten sich auch die eitrigen und blutführen-
39^ Pathologische Zustande de<! TT«^» ^ n
^ . ^''''^"' '^«« Samenstranges etc.
als den Ansammlungsort ansehen "»^'^S^^-esenen skrotalen Spaltraum (S 389"
Kanulchen, meistens denen des KoS ^us ?' Z'^T''" ^"'''^" ^'"» ^en Nebenl odo!,!
«ammenhunge, .wischen Hoden und Same;,./ o"' ""' '^*"" Nebenhoden im zt
Gramm Flüssigkeit enthalten und .cSen S"^'" • '" '^'""^" ^'« ^^^rere hundert
Ende „ach unten gerichtet, im oJelt.e^^^tnT. ""f™ "'" «^«^ -'''"»
Andere Spermiocysten o.el,en vnn 7 ? Hydrocelen.
"ass m ursprünglich echte HvHr„„ T **'**' ^*^»'n scroti vor
f f-°' -' -«W. Krause u'dPrS","''^';"'^'''^'^ «P^™-» ''-4- ""«ein-
Lymphextravasaten, oder, nach Platzen voj Samen "^ ""^ anfanglichen Blut- oder
mB.„dcgewebe ''^wischen Hoden und Nebe^hoZf^'" '"^"'" ^amencysten, mitten
Stranges, entwickeln können. ««"enhoden, bezw. „„ unteren Ende des Samen-
Von den samenführenden r,.cfo„
■sa„ ,..,„»,.„,. „„.,^,^,„^ ^.^_^^,^^_^,» Ä",i ::j°' '■"">"""■■ "»-
^tranges, «inen z„,,„,, ,:,,\^^f JJ--^ -^^^ ,er Venen des Samen-
Korpergegenden entspricht, bezeichnet man als Varl '""f " ^'' ^''"«" '^-'^'^^'^^
[S.377J soll diese Erweiterung vorzugsw -ise dt V.f "^ ^'"'•" ^«"«'•. J- ^•
welche .n die Vena cava inferior odefTn dl v\ T "'' ^'"»'deren Grippe,
überhaupt die Länge der Blutsüule in de", VenL T. ,'*"'"""''^"' ^'•«^««n- I>ass
n.ass,ge Entwicklung der Klappen kommt dfeRMH ""'"'"'"' ^°='" »«<=" d"' "«r
Samenstrango begünstigen miss, liegt äut d r Ha, 7^ '"" Venenerweiterungen im
diese anatomischen Gründe nicht ausreichen V T' '" ""'^ *'"'• «''^f' ^«rde" aber
rZfT-\ 7'«"« •« Veränderungen Tel Baues .'"T"" •■^"'''•^' P^ädisponirende
ThUt.gke,t derTunica dartos, soM^ie des Crema«f , '"'"^^"^ ""<* in geringer
wirkender Tunica dartos beko;men selten e^nTva T""' ''"'=="• Leute mit ^ut
Anschwel ungen der Blutgefässe, b(f anruelnr'°' '' ^"''' '""««'^» <^'« «*-*-"
«ameuthch wenn dann der Geschlecht rieb u^L"S" , f ^^'«^^""''^''en Erregungen,
Thatsache ,st wenigstens, dass die Varicoce^ i^h. -^ "**'' herangezogen ;erden.
m Alter der besten Geschlechtsreife reotehte?'''T'' ^«' J'^^endlichen Leuten,
schlechtsthätigkeit oft spontan zurücko-eiu i'''' .^""^"»^ "^«^ abnehmender Ge-
ubngens nicht selten die Folge einer startn f .''"^'''^ '^''« betreffenden Hoden ist
.. Dass die Varicocele hii^iig Lts ^„r S'''! .^''' '^««'*^'"^"'i«n Varicocele.
sachhchausdenEinmündungsve^huSenlrV^^^^^^^^^ '-' -- »»-P^-
^ _____ «er vv. testiculares zu erklären versucht.
Pathologische Zustände des Hoden, des Samenstranges etc. 395
Links sind dieselben, da die V. testicularis sinistra meist, und zwar unter rechtem
Winkel, in die V. renalis mündet, ungünstiger als rechts, wo die Mündung direkt in
die Vena cava inferior, unter gleicher Stromesrichtung, geschieht. Es kommt hinzu,
dass meistens der Hodensack links getragen wird und der Jinke Hoden tiefer hinab-
reicht, als der rechte.
Ausgedehnte Thrombose in den so veränderten Venen kann zu Gangrän des
Hoden fuhren, was die Experimente von Griffiths 1. c. [S. 377] bestätigen.
IV. Entzündliche und infektiöse Processe. Bei diesen ist vor allem
eine Scheidung nach den verschiedenen anatomischen Substraten: den Häuten und
deren Inhalte, Hoden, Nebenhoden, Samenstrang vorzunehmen; beim Hoden und
Nebenhoden ferner nach der Betheiligung des Parenchyms und des Gerüstes. Wegen
des reichlichen lockeren Bindegewebes und der zahlreichen Lymphgefässe sind ent-
zündliche Processe am Scrotum grösserer Ausbreitung unterworfen und mit erheb-
licher Schwellung vergesellschaftet; infektiöse Skrotalentzündungen können aus den-
selben Gründen leicht gefährlich werden.
Wie bemerkt, sind bei allen akuten und chronischen entzündlichen Processen
Ergüsse in das Cavum scroti häufig. Nach der Lage und Form der drei Theile
— Hoden, Nebenhoden, Skrotalhöhle — wird man bei der Untersuchung und Diagnose
sich zu richten haben. Die Geschwulst liegt bei Ergüssen in die Skrotalhöhle und
auch bei Ansammlungen im skrotalen Spaltraume am meisten nach vorn; bei der aus-
schliesslich orchitischen Schwellung fühlt man den unveränderten Nebenhoden am
hinteren Umfange des Hodentumors, bei der Epididymitis einen gekrümmten Tumor
auf dem relativ kleinen Hoden, welchen er oben und unten überragt.
V. Lageveränderungen des Hodenapparates. Wir trennen dieselben in
die totalen und idiotopischen; beide können wieder angeboren oder erworben
sein. Zu den totalen angeborenen Lageveränderungen werden gezählt: die Inversio
testis, die Ectopia testis und die Ketentio testis. Nach Kocher (1. c. S. 397)
ist die Inversio verticalis, wobei der Hodenapparat sich um seine Längsaxe dreht,
so dass der Nebenhoden nach vorn kommt, von der Inversio horizontalis zu
unterscheiden; bei dieser kommt der Nebenhoden nach oben oder unten zu liegen.
Wegen der Zerrungen der Gefässe und Nerven können mit der Inversion schwere
Störungen verbunden sein.
Als Ektopien des Hodenapparates werden diejenigen Lageanomalien aufge-
führt, wobei man denselben zwar ausserhalb der Bauchwand, aber nicht im Scrotum
vorfindet. Es kann dann der Gesamthoden liegen 1) oberhalb oder seitlich vom sub-
kutanen Leistenringe unter der Bauchhaut — Ectopia abdominalis — , 2) in der
Fossa subinguinalis ~ Ectopia femoralis — und 3) am Damme, Ectopia perinealis.
Zur Retentio testis gehören diejenigen Fälle, in denen der Gesamthoden über-
haupt nicht aus der Bauchwand hervorgetreten ist. Hier sind zu unterscheiden die
Retentio abdominalis (Lagerung an der hinteren Bauchwand), die Retentio
iliaca (Lagerung in der Nähe des subperitonäalen Leistenringes) und die Retentio
inguinalis, Leistenhoden (Lagerung im Leistcnkanale oder im subperitonäalen
oder subkutanen Leistenringe). Sind beide Gesamthoden in dieser oder jener Lage
zurückgehalten worden, so spricht man von Kryptorchismus, wenn nur einer, von
Monokryptorchismus; als Monorchismus endlich müssen diejenigen Zustände be-
zeichnet werden, bei denen überhaupt nur ein Hoden zur Entwicklung gekommen ist.
Anorchismus ist das angeborene Fehlen beider Hoden. Retinirte Hoden werden
vor der Zeit — früher oder später — stets atrophisch i).
1) Stilling, H., Versuche über die Atrophie des verlagerten Hoden. Traveaux
de ITnstitut pathologique de Lausanne. L Fase. Jena, Fischer, 1895. (Mit Literatur.) —
Griffiths, J., The structural changes in the testicie of the dog when it is replaced
396 Pathologische Zustände des Hoden, des Samenstranges etc.
Von allen diesen Zuständen ist der Leisten h öden der praktisch wichtigste
wegen der Beschwerden, welche er, vor allem bei eintretender Mannbarkeit, ver-
ursacht, abgesehen von der Gefahr der Atrophie, der Entwicklung von Neubildungen,
und von diagnostischen Verwechslungen, insbesondere mit Hernien, üebrigens können
letztere, sowie auch Hydrocele mit Leistenhoden kombinirt sein.
Die Ursachen aller dieser Lageveränderungen sind noch nicht aufgeklärt; sie
hängen meist mit gestörten entwicklungsgeschichtlichen Vorgängen zusammen; vgl.
den Abschnitt: Entwicklungsgeschichte.
Erworbene totale Lageveränderungen des Hodenapparates, die zu Ektopien
führen, und bei denen die kutanen Hüllen unverletzt sind, bezeichnet man als
Luxatio testis; es sind Fälle bekannt, wo in solcher Veranlassung beide Hoden in
die Tnguinalkanäle zurückgedrängt wurden. Starker Kremasterzug kann hierbei mit-
wirken. Bei den angeborenen P^ktopien hängt der Gesamthoden, ohne hintere mesor-
chiale Anheftung, an seinen Gefässen und an dem Ductus deferens gleichsam frei wie
an einem Stiel — Testis pediculatus — ; hierbei besteht die Gefahr einer Torsion
des Gefässbündels mit ihren oft verhängnissvollen Folgen. Sind die sämtlichen Hüllen
des Hoden samt der Skrotalhaut verletzt, und tritt dabei eine Lageveränderung der
Art ein, dass der Hodenapparat durch die Verletzungsstelle vorfällt, so bezeichnet
man das als „Prolapsus testis".
Als idiotopische Lageveränderungen des Hodenapparates sind solche zu
bezeichnen, bei denen Abweichungen in der Lage der einzelnen Theile dieses Appa-
rates zu einander bestehen, während der ganze Apparat an seiner normalen Stelle
entweder bleiben kann, oder eine oder die andere der genannten totalen Lage Ver-
änderungen erleidet. So kann sich, wie vorhin erwähnt, die Lage des Nebenhoden
zum Hoden bei Hydrocelen beträchtlich ändern; auch in der Lage des Gefässbündels
und des Ductus deferens zum Hoden können Abweichungen vorkommen.
VL Neubildungen. Es sind alle möglichen Formen beschrieben; nur das
Lipom scheint dem Hoden zu fehlen, während es im Samenstrange beobachtet ist.
Hier erklärt sich sein Vorkommen aus den Fettläppchen, welche im lockeren Binde-
gewebe des Funiculus sehr häufig gefunden werden und von dem subperitonäalen Fett-
gewebe herzuleiten sind. An den Scheidenhäuten und im Samenstrange sind Neu-
bildungen im ganzen selten und beschränken sich, abgesehen von den wenigen
Lipomen, meist auf Fibrome und Sarkome. Auch am Ductus deferens und Neben-
hoden sind originäre Neoplasmen sehr selten. Desto häufiger wird der Hoden er-
griffen. Nach den vorhin kurz besprochenen Struktur-Bestandtheilen wären vor allem
die epithelialen, vom Inhalte der Samenkanälchen ausgehenden Tumoren von den
bindegewebigen zu trennen. Zu der ersteren Gruppe gehören, wie das Langhans
eingehend dargethan hat, die Karzinome und die Kystome; sie werden auf die
runden Hodenzellen zurückgeführt. Die bindegewebigen Wucherungen liefern die
(seltenen) Fibrome und Osteome, die ziemlich häufigen Chondrome und Myxome,
sowie die Sarkome, welche unter den bindegewebigen Hodenneubildungen die erste
Stelle einnehmen.
Es ist noch nicht sicher ausgemacht, welche Rolle die interstitiell enHoden-
Zellen bei der Entwicklung der Sarkome spielen. Ich verfüge über Beobachtungen,
denen zufolge sie sich an Neubildungen gleichfalls betheiligen.
Sehr auffällig ist das häufige Vorkommen von Mischgeschwülsten; reine
Chondrome oder Sarkome kommen z. B. kaum vor; fast immer sind sie mit epithelialen,
oft cystischen Neubildungen vergesellschaftet; dies gibt zu äusserst komplicirten Bil-
dungen, bei denen sich auch Muskelgewebe betheiligen kann, Veranlassung.
within the abdominal cavity. Journ. of anat. and phys. cond. by Humphry, Turnef
and M'Kendrick. Vol. XXVII. p. 483. 1893. — S. a. Ibid. Vol. XXVIII. p. 209. 1894.
Männliche Harnröhre. 397
Der Weiterverbreitung der Neubildungen steht bei der reichen Entwicklung von
Venen und Lymphgefässen mit weiten spaltförmigen Wurzeln Thür und Thor offen.
Eklatant ist in dieser Beziehung ein von mir^) beschriebener Fall, wo myxomatöse
schlauchförmige Wucherungen mit der Wand der Venen in Verbindung standen und
weit hinauf in den Venen des Samenstranges gefunden wurden, ferner eine jüngst von
V. Recklinghausen mitgetheilte Beobachtung 2), wo die Einwucherung in die Lymph-
gefässe hervortrat. Nach der Beschaffenheit der Muttergewebe ist es verständlich,
wenn die meisten Krebse wie Sarkome des Hoden zu den weichen Formen ihrer Art
gehören. Ich hege die Meinung, dass die Mischgeschwülste des Hoden, wenn sie
atheromatöse Kysten, gestreifte Muskelmassen und Knorpel enthalten, ätiologisch zu
den Dermoiden zu stellen seien.
Fast alle genannten pathologischen Affektionen des Hoden, des Nebenhoden
und der Hüllen führen in erster Linie zu Schwellungen. Findet sich eine Schwellung
in der Leistengegend oder am Scrotum, so ist zunächst an eine Hernie zu denken;
nach Ausschluss dieser kommen die H^'drocelen, die Varicocele und die entzündlichen
Schwellungen an die Reihe, dann die Neubildungen; nicht selten liegen aber Kombi-
nationen dieser Zustände vor, insbesondere, wie bemerkt, die von Hernien mit Hydro-
celen. Für die Diagnostik spielen die mitgetheilten anatomischen Daten die wich-
tigste Rollet).
Allgemeinerkrankungen zeigen einen erheblichen Einfluss auf die Sa-
menbereitung. Cordes, I.e. [S. 392] fand bei akuten Erkrankungen in 75 pct. geringe
oder gänzlich fehlende Samenproduktion. Bei chronischen Krankheiten scheint es auf
den Grad der Kachexie anzukommen.
Nach den Untersuchungen von Ribbert (Virchows Arch. 1890, S. 247, Bd. 120)
scheint bei Thieren eine kompensatorische Hypertrophie des Hoden vorzukommen;
auch beim Menschen sprechen manche Beobachtungen dafür.
Männliche Harnröhre (Urethra virUis).
Nach den Schilderungen des Dammes und der männlichen Geschlechts-
organe ist es nunmehr möglich, eine zusammenhängende topographische Dar-
stellung der männlichen Harnröhre zu geben. Dabei können die Eintheilung
dieses Rohres in verschiedene Abschnitte sowie die praktisch wichtigen Bau-
verhältnisse desselben nicht übergangen werden.
Form und Hanpttheile der männlichen Harnröhre. Feste und bewegliche
Abschnitte derselben.
Die männliche Urethra bildet bei ersehlaflftem Penis im ganzen ein
«^-förmig gekrümmtes Rohr von der Stärke eines Seh wanenfederkieles und der
Länge einer Mamishand (s. die Maasstabelle und Fig. 75 a)*^).
1) Waldeyer, Myxoma intravasculare arborescens funiculi spermatici, zugleich
ein Beitrag zur Kenntniss des CvHndroms. Virchow's Arch. f. pathol. Anatomie, 44. Bd.,
S. 83. 1868.
2) Recklinghausen, F. v., Hoden- und Nierentumoren. Deutsche medizinische
Wochenschrift. 1898. Nr. 9 (3. März). Vereinsbeilage.
3) Vgl. über die pathologischen Verhältnisse des gesamten Hodenapparates:
Kocher, Th., Die Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane. Stuttgart, 1887.
(Deutsche Chirurgie Lief. 50 b.)
4) Man hat die Form der männlichen Harnröhre bei erschlafftem Penis mit der
eines lateinischen S verglichen. Dies stimmt ungefähr; jedoch muss man das S qner
legen und den betreffenden Körper im Profil so zu sich stellen, dass man dessen
398 Männliche Harnröhre: Form, Theile; feste u. bewegliche Abschnitte.
Nach den von ihr durchsetzten Gebilden kann man an der Harnröhre
unterscheiden: 1) die Pars intramuralis, 2) die Pars prostatica, 3) die
Pars trigonalis (membranacea BNA.), 4) die Pars praetrigonalis (bul-
bosa), und 5) die Pars cavernosa; dazu kommen noch die beiden Mündun-
gen, das Orificium urethrae internum und externum.
Nach den Körpergegenden, welche die Harnröhre durchläuft, hat man
1) einen Beckentheil — Pars pelvina, — 2) einen Dammtheil — Pars
perinealis, — 3) einen Penistheil — Pars penis zu unterscheiden. Diese
letztere Betrachtung der Harnröhre ist praktisch von grösster Wichtigkeit, weil
sie uns, neben der topographischen Lage, auch Aufschluss über die verschiedene
Beweglichkeit des Kanales gibt, wovon alsbald genauer die Rede sein soll.
Der Beckentheil ist der oberhalb des Trigonum urogenitale gelegene Abschnitt;
er verläuft (bei aufrechter Stellung) im grossen und ganzen senkrecht nach
abwärts und befindet sich an den meisten Becken oberhalb der zwischen Angu-
lus pubis und Steissbeinspitze gezogenen Linie (D. r. ex. Fig. 25). Er geht
in den Dammtheil über durch einen kurzen gekrümmten Abschnitt, die Curva-
tura SU b pubica urethrae; diese liegt genau unter dem Angulus pubis,
grösstentheils eingeschlossen in das Trigonum urogenitale und entspricht (nach
Gely) durchschnittlich dem Bogenabschnitte eines Kreises von etwa 6 cm
Radius. Der Dammtheil verläuft ziemlich horizontal und, bei natürlicher Hal-
tung des erschlafften Penis, ein wenig nach vorn aufsteigend (s. Fig. 75a).
Er liegt in der Pars fixa des Penis (s. S. 354) und endet mit dieser am Ueber-
gange derselben in die Pars libera oder copulatrix des Gliedes, welche den
dritten Theil der Harnröhre, die Pars penis, enthält. Der üebergang des
zweiten in den dritten Theil vollzieht sich mittelst einer zweiten, schärferen
Krümmung, der Curvatura praepubica.
Nur die Curvatura subpubica ist eine feste und bestimmte und hat einzig
und allein praktischen Werth; die Curvatura praepubica ändert sich leicht mit
der Haltunj^ des Gliedes. Sie ist hier so geschildert und in Fi^. 75 a dargestellt, wie
sie erscheint, wenn die Pars libera penis flaccidi ihre natürliche Haltung bewahrt,
wie sie bei liegender oder aufrechter Stellung" der Leiche ohne Zerrung oder Druck
des Penis ist. Beim Gefrierenlassen der Leichen oder Erhärten derselben zur Vor-
bereitung für Durchschnitte, kommen leicht solche Zerrungen oder kleine Verschie-
bungen vor, und dann ändert sich sofort die Curvatura praepubica und damit der
Lauf des Dammtheiles. Bei den Leichen älterer Leute ist die Curvatura praepubica
auch schwächer ausgeprägt. Wird der Penis gegen die Bauchdecken erhoben, wie
bei der Erektion, so gleicht sich diese Krümmung aus, und man bringt deshalb, be-
hufs Einführung von Instrumenten in den Dammtheil oder Beck entheil der Harnröhre,
oder in die Blase (Sondirung, Katheterismus) den Penis in diese Lage.
Dass der dritte Abschnitt der Urethra als Penistheil bezeichnet wird, wo doch
der zweite auch bereits im Penis liegt, rechtfertigt sich aus dem Sprachgebrauchc
unter „Penis" gewöhnlich nur die Pars libera (copulatrix) des Gliedes zu verstehen.
Was nun die verschiedene Beweglichkeit der Harnröhre anlangt,
Rücken fläche zur Linken hat, wenn man seine rechte Seite betrachtet; der rechte
Schenkel des S entspricht dann der Pars pendula der Urethra. Das Spiegelbild der
Fig. 75a erfüllt diese Bedingungen.
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iirrr lüirr d:is »iii-rfriliilr I tistriiiiinil, suihJitii drr II:!ii|itl!ihil Aw Fiiliriiii-
400 Männliche Harnröhre: Anatomie ihrer einzehien Theile.
wird von der festliegenden Harnröhre übernommen, und der Arzt hat sieh nach
ihr zu richten.
Hierzu ist noch wichtig zu beachten, dass wir in der Urethra fixa
verschiedene Grade der Festlegung des Kanales zu unterscheiden haben. Ab-
solut fest ist nur der im Trigonum urogenitale liegende Abschnitt, die Pars
trigonalis (membranacea), welcher, wie wir sahen, hauptsächlich die Curva-
tura subpubica zufällt; weniger fest sind der übrige (grössere) Daramtheil und
der Beckentheil (die Pars prostatica und intramuralis), welcher letztere um so
beweglicher wird, je mehr wir uns der Harnblase nähern. Der Damratheil
ist — und das ist ein Punkt von äusscrster Wichtigkeit für den
Katlieterismus oder die Sondirung — am meisten beweglich dicht
vor der Pars trigonalis, also unmittelbar vor dem festesten Theile.
Die Harnröhre liegt hier vor und oberhalb des Bulbus urethrae, welcher leicht
nach hinten und abwärts verschieblich ist; wir bezeichneten diesen kurzen Ab-
schnitt als „Pars praetrigonalis", s. das folgende Kapitel.
Man kann endlich die Harnröhre eintheilen nach der Entwicklung der-
selben, womit auch zugleich eine physiologische Eintheilung verbunden
ist. Sie zerfällt darnach in eine Urethra posterior, welche vom Ori-
ficium internum bis zur Mündung der Ductus ejaculatorii reicht, und in eine
Urethra anterior, von da bis zum Orificium cxtcrnum. (S. die Entwicke-
lungsgeschichte.) Die Urethra posterior ist reiner Harnweg und kann demnach
auch als „Urethra propria" bezeichnet werden; die Urethra anterior ist Harn-
und Samenweg, „Urethra ambigua".
Anatomie der einzelnen Theile der Urethra.
Das Orificium urethrae internum ist bereits bei dem Kapitel
„Harnblase" besprochen worden.
Pars intramuralis urethrae.
Es ist nicht unwichtig, diesen Theil der Harnröhre, welcher den in der
Dicke der Blasenwand selbst gelegenen kurzen Abschnitt begreift, besonders
hervorzuheben. Derselbe (s. Fig. 75 b 1) ist unter gewöhnlichen Verhältnissen
merklich enger als der folgende Abschnitt, die Pars prostatica; vorn und seit-
lieh ist er von einer Verdickung der Eingmuskulatur der Blase umgeben, hinten
von der starken Muskulatur des Trigonum vesicae (s. S. 296). Dieser Muskel-
ring wird als A n n u 1 u s u r e t h r a 1 i s bezeichnet (BNA. — Annulus prostaticus
Dittel)^). Bei stark ausgedehnter Blase wird natürlich die Pars intramuralis
urethrae erheblich verkürzt. Sie ist leicht zu erweitern.
Pars prostatica (Fig\ 75 b 2).
Die Pars prostatica gehört zu den weiten Theilen der Harnröhre und ist
ausserdem sehr erweiterungsfähig. Man sieht in ihr, ziemlich genau in der
1) Dittel, L., Strieturen der Harnröhre. Deutsche Chirurgie, herausg'eg'cben
von Billroth und Luecke. Lief. 49. Stuttgart, Euke. 1880. [S. 12.]
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40ä Männliche ÖarnrÖhre: Pars trigonalis (membranaceaV
In diese Sulci münden die meisten Ausftihrungsgänge der Prostatadrüsen,
namentlich die beiden grösseren. S. Kapitel: Prostata, S. 338.
Die Crista urethralis und die Frenula cristae wurden S. 337 erwähnt. —
Auch der Annulus urethralis und die Fossula prostatiea sind bei der Einfüh-
rung von Instrumenten zu beachten.
Wichtig ist die Bestimmung der Lage der Harnröhre in der Pro-
stata. In den oberen drei Vierteln der Strecke liegt dieselbe der vorderen
Wand bedeutend näher; im unteren Viertel nimmt sie die Mitte der Prostata
ein und gelangt im Schnabel der letzteren mitunter hinter die Mitte. S. Fi^^-
75 a und 75 b; Fig. 111 kann zur Abschätzung der seitlichen Entfernungen,
welche beiderseits gleich sind, benutzt werden.
Pars trigonalis (raembranacea) (Fig. 75 b 3).
Mit dem Namen „Pars trigonalis" bezeichne ich denjenigen Theil der
Urethra, welcher fest in das Trigonum urogenitale eingelassen ist; er durch-
setzt dasselbe in schräger Richtung von hinten oben nach vorn unten. Mit
diesem Abs chnitte beginnt dieCurvatura subpubica, welche ihren Scheitel-
punkt in der zum folgenden Abschnitte, der Pars praetrigonalis gehörigen Fossa
bulbi erreicht und im hinteren Theile der Pars cavernosa endet. Vergl-
Fig. 75 b, wo die vordere Grenze der Curvatur durch eine zwischen 4 und 5
liegende weisspunktirtc Linie bezeichnet ist.
Die Pars trigonalis der Harnröhre ist nur so weit zu rechnen, als die
letztere in der That im Trigonum urogenitale verläuft; beckenwärts bildet die
auf die Beckenfläche des Musculus trigoni urogenitalis sich fortsetzende Fascia
pelvis die Grenze, dammwärts die Aponeurosis trigoni, welche, namentlich von
beiden Seiten her, die Harnröhre erreicht. Die beste Vorstellung von der Aus-
dehnung und der Lage der Pars trigonalis gibt ein Frontalschnitt, wie er in
Fig. 111 abgebildet ist. Auf einem Medianschnitte liegt, namentlich vorn, die
Sache nicht so klar, weil sich da die Muskulatur des Trigonum in die Pro-
stata fortsetzt. Fehlt dann, wie es nicht selten der Fall ist, vorn die Drüsen-
substanz der Prostata, dann ist es unmöglich, eine genaue Grenze der letzteren
hier festzustellen ; hinten reicht die Drüsensubstanz, deutlich erkennbar, bis zum
Musculus trigoni urogenitalis herab. Man wird also von hier aus die Grenzen
der Pars trigonalis urethrae zu bestimmen haben. Die untere (Damm-) Grenze
am hinteren Umfange ergibt sich durch das kavernöse Gewebe des Bulbus
urethrae, am vorderen Umfange durch das Ligamentum praeurethrale.
Die Crista urethralis setzt sich in die Pars trigonalis fort, und löst sich
dort in feinere Längsfalten auf, welche sich auch noch in die folgende Ab-
theilung hinüberziehen. (S. auch S. 337 : Frenula cristae.)
Pars praetrigonalis; Fossa bulbi (Fig. 75b 4).
An der vorderen Harnröhren wand beginnt mit dem Ende des Ligamentum
praeurethrale nicht sofort das kavernöse Gewebe des Schwellkörpers der Harn-
röhre, sondern 0,5—1 cm weiter distal. Hinten findet man dagegen schon
kavernöses Gewebe, das des Bulbus urethrae, welches, je weiter distal;
Harnröhre: Pars praetrigonalis. 403
desto mehr die Harnröhre von den Seiten her umsehlicsst, bis die gänzliche
kavernöse Umhüllung erreicht ist. Von hier ab ist erst die Pars cavernosa
urethrae m rechnen. Es besteht also ein Abschnitt der Harnröhre zwischen
der Pars trigonalis und der Pars cavernosa, welcher mit Fug keinem dieser
beiden Abschnitte zugerechnet werden kann, und der sich durch manche wich-
tige Besonderheiten auszeichnet; er mag als Pars praetrigonalis bezeich-
net werden^). In Fig. 75b entspricht ihm die mit 4 markirte Strecke.
Die Besonderheiten dieses Abschnittes sind folgende: Die vordere Wand
der Harnröhre ist hier die dünnste, welche sie überhaupt besitzt; ausser der
Schleimhaut und dem submukösen Venennetze wird sie nur von den letzten
dünnen Ausläufern der glatten Harnröhrenmuskulatur gebildet, welche sich in
der Pars cavernosa dann gänzlich verlieren. Vorn grenzt diese dünne nach-
giebige Wand unmittelbar an das ebenfalls nachgiebige, lockere subsymphysiäre
Bindcgew^ebe, in welchem die Nervi und Vasa dorsalia penis verlaufen. Hinten
und zu den Seiten liegt der Harnröhre das dicke Polster des kavernösen Bul-
busgewebes an, welches von allen Abschnitten des kavernösen Schwellgewebes
das nachgiebigste ist. Besonders wichtig ist nun aber der Umstand, dass hier
eine beständige und erhebliche Erw^eiterung des Harnröhrenlumens zum Bulbus
hin besteht, die Fossa bulbi (Hyrtl), s. Fig. 75b, welche nach hinten und
oben fast unvermittelt in die enge, unnachgiebige und festgelegte Pars trigonalis
tibergeht, während sie vorn sich allmählich zur Pars cavernosa verjüngt. Dazu
kommt, dass mit der Pars praetrigonalis die Curvatura subpubica beginnt. Dies
ist also die kritische Stelle, bei deren Passiren ein in die Blase einzuführendes
Instrument seinen bisherigen Weg ändern muss. Ferner kann in der Pars
praetrigonalis wegen der Fossa und wegen der nachgiebigen Wände das In-
strument — der Katheter z. B. — leicht nach allen Seiten abweichen, wäh-
rend er unmittelbar darauf in die engste und zugleich unbeweglichste Strecke
der ganzen Harnröhre einzutreten hat. Endlich ist, als ein sehr zu berück-
sichtigender Punkt, das Ligamentum praeurethrale zu nennen, durch
welches bei zu früher Senkung des Instrumentes oder zu weiter Führung des-
selben nach vorn eine Hemmung eintreten kann, w^obei noch die vordere dünne,
nachgiebige, leicht verletzbare Wand dieses Harnröhrenabschnittes zu bedenken
ist. — Hat das Instrument einmal die Pars trigonalis passirt, so pflegen sich
ihm in einer normalen, selbst in einer nicht zu stark veränderten Prostata
keine Hindernisse mehr entgegen zu stellen, es sei denn eine tiefe Fossula
prostatica mit starkem Annulus urethralis vorhanden (S. 400 u. 402).
Pars cavernosa.
Die Pars cavernosa beginnt hinten da, wo die Harnröhre allseitig von ihrem
1) Testut, Trait6 d'anatomie hutnaine, 3l^me ^dit., führt ihn als dritten (unteren)
Abschnitt seiner Pars menibranacea auf; J. v. Gerlach, Lehrbuch der Anatomie, Er-
langen, 1890, S. 747, nennt ihn „Pars praediaphragmatica«; die Pars membranacea
^vird bei ihm als Pars diaphragmatica bezeichnet. — In der von J. v. Ger lach gege-
benen Figur zeigt die Fossa bulbi einen hinteren besonderen Blindsack. Das kommt
vor, namentlich bei alten Leuten; es ist aber schon als eine Abnormität zu bezeichnen,
4o4 Harnröhre: Pars cävemosa. Form, Lauf und Kaliber.
Scliwellkörper umgeben ist. Die betreifende Stelle an der oberen Wand hebt
sich nicht sonderlich scharf heraus, da hier das kavernöse Gewebe zunächst
in sehr dünner Lage auftritt. In Fig. 75 b führt der zwischen 3 und 4 gele-
gene Punktstrich mit seinem vorderen Ende dorthin. Dieser Abschnitt der
Harnröhre ist der längste, und endet vorn mit dem Orificium extermun.
In der Pars cavernosa zeigen sich zumeist in der Mitte der oberen
Wand die grösseren Morgagni'schen Lakunen (Lacunae urethrales).,
seitlich davon in zwei Längsreihen die kleineren; doch kommen solche ver-
einzelt auch noch an anderen Stellen vor. — An der unteren Wand finden
sich im Anfangstheile der kavernösen Harnröhrenstrecke die beiden symmetrisch
gelegenen Mündungen der Glandulae bulbourethrales; sie sind nicht
leicht von grösseren Morgagni 'sehen Lakunen zu unterscheiden. S. w. u.
Kapitel: „Glandulae bulbourethrales^.
In der Eichel erweitert sich die Harnröhre zum dritten Male, und zw^ar
zur Fossa navicularis (Morgagni i). An der oberen Wand dieser
Fossa, etwa 1 — 1,5 cm vom Orificium externum entfernt, findet man häufig den
Sinus fossae navicularis mit der ihn von unten deckenden, dünnen,
halbmondförmigen Schleimhautfalte, Valvula fossae navicularis^). In
dieser Tasche, sowie in einer der grösseren Morgagni'schen Lakunen kann
sich w^ohl die Spitze eines dünnen Bougies verfangen, zumal die Oeffnungcn
dieser Taschen gegen das Orificium urethrae externum gerichtet sind. Es
empfiehlt sich daher, alle dünneren Instrumente (Sonden, Bougies) an der un-
teren Wand vorzuschieben. Der Sinus fossae navicularis pflegt 5—8 mm tief
zu sein.
Form, Lauf und Kaliber der Harnröhre.
Die leere Harnröhre zeigt in ihrer Pars prostatica nahe der Blase ein
rundlich sternförmiges Lumen, im Anschlüsse an die Gestalt des Orificium inter-
num. Weiter abwärts (Fossa prostatica) gleicht es einem Querspalt mit etwas
ausgeweiteten seitlichen Ecken, dann, in der Gegend des Colliculus, wird es
bogenförmig, weiterhin in der Pars cavernosa wieder querspaltig, dicht an der
Eichclbasis _L-förmig, endlich in der Eichel vcrtikalspaltig, geradeso wie am
Orificium externum.
Der Verlauf der Harnröhre im ganzen wurde schon zu Anfang dieses
Kapitels beschrieben; es ist aber noch darauf aufmerksam zu machen, dass
beim Durchlaufen von Flüssigkeiten, wie bei der Miktion, nicht nur die ver-
schiedenen Lichtungsformen zu einer rundliehen werden, sondern dass auch der
Kanal im ganzen eine leichte seitliche Biegung macht, welche bei Iiyektionen
mit leichtflüssigem Metall sich fixiren läset.
Der Gang dieser Biegung scheint nicht stets derselbe zu sein; es gibt Fälle, i^
denen in der Gegend der Pars praetrigonalis die Harnröhre (von hinten gesehen) z^^*
1) Guerin'sche Tasche, Guerin'sche Palte. S. Guerin, Alphonse F. M., K*^"
ments de eliirurgie operatoire. I. edit. 18r)5; ferner in Gazette med. de Paris, 18^"*
Nro. 30 et o^y.
Muskulatur der Harnröhre. 405
nächst nach links abweicht, um dann wieder nach rechts einzubiegen; es gibt aber
auch umgekehrt verlaufende Bie^-ung-en.
Das Kaliber der Harnröhre ist imOrificium externuni am engsten,
wozu der dasselbe umgebende fibrös-elastische King das Seinige beiträgt. Es
folgt 0,5 cm hinter demselben die weite Fossa navicularis, dann eine massige
Verengerung, welche in den sich gleichbleibenden mittelweiten Kanal der Pars
cavernosa überleitet. Die Fossa b u 1 b i bildet eine zweiteEr Weiterung,
der eine starke Verengerung, CoIIet du ßulbe der französischen
Autoren, am Beginne der Pars trigonalis folgt; letztere ist nächst dem Ori-
ficium externum und dem Collet du Bulbe der engste Theil der Harnröhre;
darauf folgt in der Fossa prostatica der dritte weite Abschnitt. Die Ge-
gend des Annulus urethralis und das Orificium internum sind wieder enger,
S, w. u. die Maasstabelle.
Muskulatur der Harnröhre.
Die Muskulatur der Harnröhre zerfällt in eine innere glatte, unwill-
kürliche und in eine äussere, gestreifte, willkürliche. Die erstere ist
eine Dependenz des Trigonum vesicae und, durch dieses, der Ureteren-
muskulatur; die gestreifte gehört zur Dammmuskulatur.
Die glatte Muskulatur hat in der Hauptmasse ihren Sitz näher zur Blase
hin, also näher zur Eingeweidemuskulatur; die gestreifte am Damme, also näher
der Skelet- und Hautmuskulatur. Beide Muskulaturen gehen distal über die
Pars praetrigonalis nicht weit hinaus. Die glatte Muskulatur, welche proximal
eher beginnt, endet früher distal; man sieht sie am Anfangstheile der Pars
cavernosa in einzelne Bündel sich auflösen, welche mit der Muskulatur des
kavernösen Gewebes sich in Verbindung setzen. Die gestreifte Muskulatur, zu
der hauptsächlich der Musculus trigoni urogenitalis und der M. bulbo-
cavernosus zu rechnen sind, beginnt später proximal, reicht aber dafür weiter
distal, als die glatte.
Im grossen und ganzen ist also die relativ sehr kräftige Muskulatur der
männlichen Harnröhre auf deren hinteren Damm theil und deren Beck en-
theil beschränkt; dies bedingt wieder eine äusserst wichtige Eintheilung der
Harnröhre in einen muskulösen und einen muskelfreien Theil.
Die Wichtigkeit dieses Unterschiedes ergibt sich bei der Einführung eines In-
strumentes, bei sonstigen Operationen an der Harnröhre und bei Verletzungen der-
selben; im muskulösen Theile ist dabei immer mit der Muskelaktion zu rechnen.
Der glatte Harnröhrenmuskel zeigt eine innere longitudinale und
eine äussere zirkuläre Schicht; die erstere (longitudinale) ist die schwächere
und begleitet die Harnröhre vom Trigonum an, mit dessen innerster Schicht
sie zusammenhängt, bis zum Beginne der Pars cavernosa. Am vorderen Um-
fange des Orificium internum hängt sie mit der dort befindlichen innersten
Blasenmuskulatur zusammen. Die K r e i s s c h i c h t, von H e n 1 e als „Sphincter
vesicae internus" — besser wohl Sp hin et er urethrae laevis, Lisso-
sphincter urethrae m. — benannt, geht nach den Befunden von 0. Ka-
406 Muskulatur der Harnröhre.
1 i s c h e r ^) ausschliesslich aus den tieferen Muskelschichten des Trigonum
vesicae hervor. Die vordere Partie der Blasenringmuskulatur nimmt daran nicht
Theil; sie hilft zwar den „Annulus urethralis" s. vorhin, bilden, setzt sich aber
vom Lissosphincter urethrae scharf ab. Dies findet man vielfach unrichtig
beschrieben. Die Hauptrauskulatur des Trigonum zieht von hinten her schräg
abwärts an beiden Seiten der Harnröhre herum nach vorn und vereinigt sich
dort, im Gebiete der Prostata, zum Sphincter; dieser liegt also in einer schiefen
nach vorn abwärts gesenkten Ebene, lieber dem vorderen, tiefer liegenden
Bogen des Sphincterringes bleibt der Platz frei für die hier verdickte Blasen-
ringmuskulatur, die in die Bildung des Annulus urethralis eingeht (Fig. 75 b).
Wollte man etwas einen Sphincter vesicae nennen, dann passt das für die
Muskulatur des Annulus; es ist jedoch zu bedenken, dass hier, um die Pars intra-
muralis urethrae herum, keine völlig ausgebildeten Ringfasern liegen. Der richtige
Muskelabschluss der Harnsäule wird erst durch den Lissosphincter urethrae bewirkt.
Die glatte Muskulatur der Harnröhre ist im Bereiche der Prostata nicht von
der glatten Muskulatur dieses Organes zu trennen; der Lissosphincter urethrae bildet
einen Theil des Musculus prostaticus BNA. Insbesondere zeigt sich dieses in dem
vor der Harnröhre gelegenen Prostata- Abschnitte, in welchem die Drüsensubstanz
gänzlich fehlen oder auf unbedeutende Reste beschränkt sein kann 2).
Der aus schmalen gestreiften Muskelfasern bestehende willkürliche
Schliessmuskel der Harnröhre, Sphincter urethrae striatus, Rhab-
dosphincter urethrae ra., liegt dem glatten Sphinkter aussen auf. Er ist
der wesentlichste Theil des Musculus trigoni urogenitalis (S. 205). Damm-
wärts (unten) schliesst er sich an die tiefen Schichten des M. bulbocaver-
nosus (Musculus compressor hemisphaerium bulbi und compressor bulbi proprius
8. w. u.) unmittelbar an und setzt sich beckenwärts, im Gebiete der Prostata,
bis über das Niveau des Colliculus seminalis, also bis in das Bereich der Fossa
prostatica der Harnröhre fort. Während er aber an der Pars trigonalis eine
kräftig entwickelte Schicht vollkommener Kreisfasern aufweist, hören solche
im Bereiche der Prostata auf. Hier befinden sich gestreifte Muskelfasern nur
noch vor der Harnröhre; sie enden in dem festen Bindegewebe an den Seiten-
flächen der Prostata mit elastischen Sehnen.
HolP) unterscheidet drei Theile des Rhabdosphincter: 1) den Compressor
1) Kalischer, 0., Die Sphinkteren der Harnblase. Sitzungsber. des XH. intern.
Kongresses in Moskau. August, 1897.
2) In Fig. 75 b sieht man vorn nur einen kleinen Theil Drüsensubstanz dicht
über 3, Man vergleiche auch die bekannte instruktive Figur in Henle's Splanchno-
logie, 2. Autl. Nr. 295. S. 395. lieber den glatten Sphinkter der Harnblase bezw. der
Harnröhre hat jüngst R. Versari aus Todaro 's Laboratorium in Rom eine ein-
gehende Arbeit geliefert: Ricerche suUa tonaca muscolare della vesica urinaria e spc-
cialmente sul musculo sfintere interno. Richerche fatti nel Laboratorio di Anat. norm.
della R. Univ. di Roma ed in altri Laboratorii biologici. Vol. VI, Fase. 1. 1897. S. »•
Annales des nialadies des organes genitourinaires par Guyon et Lanceraux. T. XV,
Pag. 1089 et 1151. Paris, 1897.
3) Ho 11, M., Die Muskeln und Fascien des Beckenausganges. (4. Lieferung des
Handbuches der Anatomie des Menschen, herausg. von K. v. Bardeleben. Jena,
1897.) HolTs Buch erschien, als bereits meine Darstelluni^ der Beckenausffangsmusku-
Muskulatur der Harnröhre. 407
glandulae bulbourethralis, 2) den Sphincter urethrae membranaceae, 3) den Sphincter
urethrae prostaiicae. Diese Unterscheidung hat vorwiegend ein physiologisches In-
teresse, da nach HolTs eigenen Angaben alle drei Lagen untereinander zusammen-
hängen. Es heisst bei ihm 1. c. S. 243/244: „Wenn man berücksichtigt, dass alle die
Muskehl, welche die Harnröhre umgeben, der M. bulbocavernosus mit seinen Theilen,
der M. compressor gland. Cowp., die Mm. sphincter urethrae membr. und prost, un-
mittelbar aneinander schliessen, dann kann man wirklich sagen, die Harnröhre steckt,
von der Blase (Prostata) angefangen, bis über die Pars bulbina hinaus in einem ein-
zigen röhrenförmigen Schliessmuskel, welcher auf seinem langen Wege nothwendiger-
weise verschiedene Ansatzstellen erhalten muss."
Nur die inneren Lagen des M. rhabdosphincter urethrae an der Pars trigonalis
urethrae sind kreisförmig geschlossen, die äusseren ziehen seitlich an der Urethra
vorbei und gehen in den M. bulbocavernosus und in das Centrum perineale über
(Centrum tendineum HoU's). Als Ursprünge des Muskels nennt Holl die Lamina
aponeurotica trigoni urogenitalis (Figg. 56, 57) (s. S. 203), das Ligamentum prae-
urethrale (Fig. 57a), sowie die Venen des Plexus pudendalis. Diese Venen- Verbin-
bindungen müssen m. E. als „Ansätze'', nicht als „Ursprünge" aufgefasst werden. —
Ferner beschreibt Holl als Ursprungslinie eine sehnige, oft sehr deutliche llaphe
unter dem Namen Tendo intercruralis (oder Membrana intercruralis), welche an
der Beckenfläche des Bulbus urethrae liegt und dort die Raphe musculi bulbocavernosi
als Gegenstück zu der bekannteren Raphe an der Dammfiäche des Bulbocavernosus
(Fig. 56) bildet. Sie ist mit der Aponeurosis trigoni verwachsen und erstreckt sich
vom Ligamentum intercrurale (s. w. u.) und praeurethrale in der Mittellinie bis
zur vorderen Fläche der Pars praetrigonalis urethrae. Das Ligamentum intercru-
rale Holl verbindet die beiden Corpora cavernosa penis im Angulus intercruralis
und rundet diesen Winkel aus.
Glatte Muskelfasern sind reichlich dem gestreiften Sphincter urethrae zu-
gemischt. Auch Längsbündel gestreifter Muskelfasern finden sich vor der Harn-
röhre; sie durchsetzen nach Holl die gestreiften Sphinkter fasern vom Ligamentum
praeurethrale bis fast zur Blase. Ich stimme Holl zu, wenn er diesen Fasern lediglich
die Wirkung einer Verkürzung der Harnröhre zuschreibt und mit Tschaussow')
die Existenz von Dilatatorfasern überhaupt in Abrede stellt.
Es mag hier noch des von Vlacovich^) so benannten und am genauesten be-
schriebenen Musculus ischiopubicus kurz gedacht sein. Derselbe, bei Hunden
z. B. konstant, ist beim Menschen häufig sehnig zurückgebildet und entspringt an der
Synostosis ischiopubica, von wo er am oberen inneren Umfange des Schambeines, ge-
deckt vom Crus penis, zum Angulus pubis verläuft und dort sich gabiig theilt. Der
eine Gabelast geht in das Ligamentum arcuatum inferius der Symphyse über, der
andere in das Ligamentum praeurethrale; Holl fasst beide Ligamente geradezu als
Sehnen des Muskels auf. Diese gespaltene Sehne würde somit den Schlitz bilden,
durch welchen die Vena dorsalis penis in das Becken tritt.
Nimmt man die gesamte Muskulatur der Urethra in einer Besehreibung
zusammen, so kommen zum Lisso- und Rhabdosphincter, vs^elehes freilich die
wichtigsten Theile derselben sind, noch der Bulbocavernosus und der Trans*
latur gedruckt war; somit wolle man das hier Angeführte auch als einen Nachtrag
zu dem betreffenden Kapitel, S. 201 ff. ansehen.
1) Tschausso w, N., Resultate makro- und mikroskopischer Untersuchungen
über die tiefen Muskeln des vorderen Dammes beim Manne und über das Verhalten
der Venen zu ihnen. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1883.
2) Vlacü vich, G., In „Atti dell' istituto veneto di scienze". 1865. Ser. III. Vol. 10:
»Sopra un musculo anomale situato sull' ambito perineale della pelvi."
408 Feinerer Bau der Harnröhre.
versus perinei, der sieh öfters mit dem Bulbocavernosus verbindet, sowie
auch Beziehungen zur Aponeurosis trigoni hat, hinzu (s. S. 201). Nach Holl
wären auch noch Fasern des Levator ani, und zwar der von ihm als M.
puborectalis aufgeführten Portion desselben, welche um den hinteren Rand
des Trigonum urogenitale herumgehen und mit dessen Aponeurose, sowie mit
dem Musculus bulbocavernosus sich verbinden, hierher zu zählen.
Von Luschka sind besondere gestreifte Miiskelbündel als Pars urethralis
levator is ani beschrieben worden; Andere haben von einem „Levator prostatae"
als abgezweigten Bündeln des Levator ani gesprochen. Ich stimme mit Holl überein,
wenn er keine solchen besonderen Muskelzü^e anerkennt, s. auch S. 340. Luschka's
Pars urethralis levatoris ani sollen nach Holl Fasern des M. puborectalis entsprechen,
welche von den Seiten her an die Vorderfläche des Rectum treten, und dort in der
Mittellinie mit dem Centrum perineale verschmelzen. ~ Nach Einsicht der Originalmit-
theilung Wilsons^), welche ich erst jetzt vornehmen konnte, muss ich das S. 205 Ge-
sagte dahin berichtigen, dass das in Fig. 57 a als Wilson 'scher Muskel bezeichnete
und als solcher kurz erwähnte Bündel der Wilson 'sehen Beschreibung nicht ent-
spricht. Diese, Fig. 57 a abgebildete Muskelpartie existirt; sie Ist aber nicht der
Wilson 'sehe Muskel. Wilson hat unzweifelhaft Bündel des Levator ani vor sieb
gehabt, die er irrthümlich zur Harnröhre hin verlaufen Hess."
Feinerer Bau der Harnröhre.
Vom feineren Baue der Harnröhre ist hier zu merken, dass ihr Epithel wechselt.
In den hinteren Abschnitten : Partes prostatica, trigonalis und Fossa bulbi, zeigt die
untere Wand ein ^-eschichtetes Plattenepithel, während die obere ein Uebergangsepi-
thel, wie das der Harnblase führt. In der Pars cavernosa — die Grenzen der verschie-
denen Epithelarten sind nicht scharf — tritt ein geschichtetes Cylinderepithel auf, dem
von der Fossa navicularis ab eingeschichtetes Plattenepithel folgt 2). Kleine Schleim-
drüsen (Littre'sche^) Drüsen) finden sich zerstreut in der Pars prostatica (unten und
seitlich), trigonalis und cavernosa; sie fehlen nur in den vorderen 2—3 Centimetern
des Kanales. Wo Platten- oder Uebergan<2;'sepithel vorhanden ist, zeigen sich auch kleine
Gefässpapillen; die längsten in der Fossa navicularis; sie sollen (nach Robiu und
Cadiat^) im Alter an Grösse zunehmen. Die Bedeutung der seltsamen Lacunae ure-
thrales ist noch nicht aufgeklärt; praktisch sind sie, aus dem vorhin erwähnten Grunde
und weil sie infektiösen Stoffen schwer zu erreichende Aufenthaltsorte bieten, nicht
unwichtig.
Bemerkens werth ist der grosse Reichthum der Harnröhrenschleimhaut an elasti-
schen Fasern; man kann dieselbe geradezu eine „Mucosa elastica" nennen; in einem
gewissen Gegensatze hierzu ist diese Schleimhaut jedoch leicht verletzlich.
An der Stelle der Submucosa zeigt sich ein reichlich entwickeltes Venen-
netz mit dilatirten Stellen; dasselbe nimmt bei der Erektion an der Füllung der
kavernösen Körper Theil; seine Gefässe kommuniziren auch mit den Maschenräumen
der letzteren, sowie mit dem kavernösen Gewebe des Colliculus seminalis.
1) Wilson, J., Description of two muscles surrounding the membranous part
of the Urethra (read 13. Dcbr. 1808). Medico-chirurgical transactions. London 1815.
Vol. I, p. 173.
2) Vgl. Klein, E., Kap. XXIX des Handbuches der Lehre von den Geweben,
herausgeg. von S. Stricker, Leipzig, 1871.
3) Littre, A. L., Description de l'urethre de l'homme. Mem. de TAcad. de Chir. l?^*
4) Robin, C. et Cadiat, Recherches sur la structure intime de la muqueuse ^^
des glandes urethrales. Journ. de Tanat. et de la physiol. 1874.
Gefässe und Nerven der Harnröhre. 409
Gefässe der Harnröhre.
Arterien. Zur Pars prostatica der Harnröhre kommen Aeste der Arter iae
haemorrhoidalis media und vcsicalis inferior, zur Pars tri^-onalis von der
A. haemorrhoidalis media und der A. per in ei; den Bulbustheil versorg-t die
A. bulbi urethrae, die Pars cavernosa die A. urethralis. Auch die Arteriae dor-
salis und profunda penis betheiligen sich.
Venen. Die Harnröhrenvenen gehen zunächst in das erwähnte submuköse
Venennetz über, von da in die Blasen- und Prostatavenen (Pars prostatica) und in
die Penisvenen (s. S. 363).
Lymphge fasse. Es besteht ein sehr reiches Lymphgefässnetz in der Mucosa
urethrae (Sapp(^yi), welches hinten mit den Lymphgefässen des Trigonum vesicae
zusammenhängt (Gerota, 1. c. [S. 303]), vorn mit denen der Eichel des Penis. Sappey
zufolge findet sich in der Schleimhaut auch ein paariger Lymphgefässstamm, der
hinten bis zur Pars membranacea reicht, vorn am Frenulum praeputii zu den Lymph-
gefässen an der Corona glandis tritt; somit gewinnt die Harnröhre auch eine Ver-
bindung mit den Lymphoglandulae inguinales,
Nerven der Harnröhre.
Wir finden cerebrospinale Nervenfasern, die sensiblen und Reflex-
leitungen dienen und den Rhabdosphincter versorgen, hauptsächlich vom
Plexus pudendalis durch den Nervus pudendus zugeleitet, und zwar sowohl
durch den Nervus dorsalis penis (S, 218 u. 365), als auch durch den
tiefen, vaxy Dammmuskulatur, insbesondere auch zum Rhabdosphincter urethrae,
und zur Urethralschleimhaut tretenden Zweig des Nervus perineus (S. 218
u. S. 365)^). Andere cerebrospinale Fasern verlaufen vom Plexus sacralis
aus mit den sympathischen Nervenbahnen im Plexus prostaticus und Plexus
cavernosus (S. 257 und 258) zur Harnröhre. Diese gehören wohl zu den „prä-
ganglionären Fasern" Langley's, also zu denjenigen Fasern, welche in den
sympathischen Ganglien mit pericellulären Endbäumchen endigen, xmd so vom
cerebrospinalen Systeme aus das sympathische Nervensystem beeinflussen; wir
haben diese Fasern wiederholt bei den übrigen Beckenorganen kennen gelernt,
s, z. B. S. 319.
Sympathische Fasern für die glatte Muskulatur und die Drüsen der Harn-
röhre gelangen zu ihr durch die ebengenannten sympathischen Plexus. Rudolf
Mai er 3) und v. Plann er*) haben an den Nervenverzweigungen der Harnröhren-
sehleimhaut kleine Ganglien beschrieben. Von allen Beobachtern, insbesondere von
v. PI anner, werden die Nerven als sehr reichlich vorhanden angegeben. Letzterer
sah auch Endigungen derselben in Krause'schen Endkolben in der Schleimhaut,
G. Retzius^) intraepitheliale Nervenendigung derselben Art, wie sie von ihm in der
Harnblasenschleimhaut beschrieben wurden (s. S. 319).
1) Sappey, 1. c. [S. 88] und „Traite d'anatomie descriptive**.
2) Es ist dies der Nervus musculo-urcthralis einiger Autoren.
3) I. c. [S. 305].
4) Plann er, R. v., Ueber das Vorkommen von Nerven-Endkörperchen in der
männlichen Harnröhre. Arch. für mikrosk. Anat. 1888, Bd. 31. S. 22.
5) 1. c. Biologische Untersuchungen, Neue Folge, Bd. VI. 1894.
410 Lagebeziehuugen der Harnröhre.
liagebeziehnns^en der Harnröhre.
Die Lagebeziehungen der männlichen Harnröhre sind durch die
einzehien Theile gegeben, dnrch welche dieselbe hindurchtritt; wir verweisen
dieserhalb auf die Kapitel: Harnblase, Prostata, Trigonum uro-
genitale und Penis. Andere Punkte, wie gewisse Lageverhältnisse inner-
halb der Prostata, innerhalb des Trigonum, dessen schräge Durchbohrung,
die Pars praetrigonalis und die Lagebeziehungen zum Bulbus urethrae, ferner
die idiotopischen Lagerungen der einzelnen Abschnitte der Harnröhre zu ein-
ander, sowie die der Lacunae Morgagnii und des Sinus fossae navicularis mussten
schon vorhin zur Sprache gebracht werden. Auch wolle man die weiter unten
gegebene Maasstabelle konsultiren. Auf einiges ist jedoch noch besonders auf-
merksam zu machen. Zunächst handelt es sich um die genauere Feststellung
der skeletotopischen Lagebeziehungen der Harnröhre, welche wir
an der Hand einer Figur Testut's feststellen (Fig. 75c).
Das Orificium urethrae internum liegt entweder der Mitte der Symphyse
gegenüber oder zumeist — s. S. 307 — oberhalb der Mitte oder unterhalb
derselben. Es ist keineswegs eine so grosse Ausnahme, wie Testut es will,
Lehrbuch, 3. Aufl. T.III S.430^), dass dasselbe auch bei Erwachsenen in der Höhe
des oberen Drittels der Symphyse liegt (vgl, die Fig. 75 a hier und die S. 307
citirten Abbildungen, wobei es sich (Braune 's und mein Fall) um Leichen
von Leuten unter 30 Jahren, bei Bardeleben um einen alten Mann handelte;
bei Disse ist das Alter nicht angegeben. In meinem Falle lag nur eine
massige Füllung des Rectum vor; in den anderen eine starke; darauf kommt
ja, wie wir sahen (S. 307), viel an.
Die Pars intramuralis und prostatica liegen bei hohem Stande des Ori-
ficium internum und mittlerer Grösse der Prostata hinter der Symphyse; bei
tieferem Stande ragt das untere Ende der Pars prostatica weiter hinab (bis
zu 1 cm).
Der tiefste Punkt der Harnröhre (3 in Fig. 75c) liegt gewöhnlich
in der Fossa bulbi in mittlerer Entfernung von 18 — 20 mm vom Angulus pubis;
derselbe kann sowohl hinter (Fig. 75 c), wie vor (Fig. 75 a), wie auch senk-
recht unterhalb des Angulus sich befinden (Fig. 75 b); meist liegt er hinter
demselben. Die Curvatura praepubica hat der Regel nach, s. Fig. 75c
(4) unterhalb der Horizontalen des Angulus (dd) ihre Lage, gewöhnlich 5 bis
6 mm oberhalb des tiefsten Punktes der Harnröhre (Abstand der Linien ee und
ff), so dass die Pars perinealis in der Richtung von hinten nach vorn etwus an-
steigt ; sie kann aber auch horizontal laufen, oder sogar nach vorn absteigend.
Die Harnröhre, in der Medianlinie gelegen, steht von beiden Seiten wänden
des knöchernen Beckens gleichweit ab, im Mittel etwa 2,5 cm. Die Spitze des
Steissbeines steht (in der Horizontalen) meist tiefer als das Orificium internum.
1) S. auch Testut, M. L., Note sur la topographie de Turcthre fixe^ 6tudiee
sur des eoupes de sujcts congeles. Compt. rend. de TAcad. des Sciences. Paris,
9 Juillet 1894.
L;i^H-lK-/.ii'iiu!i^i'n «irr Ilaniriitir.',
in
Die wiel.ti-Htv» .svuto,n.cl..u Hr/.i.Imi.p.'i. der l'av, prost atica
!i,.,.,.,. al.^vHlu-n v<m .i*:n \,^^d.-y.]vhnncvu <Ut rn.sf.-.l;. selbst, aul uvlHu. vci-
wicMMi winl s S :;;ur iu F<.ii;Ti.K'iu: hintrr <Um- IhiniröliiT iH-lhnlrt. sich .l,c
lla.mtin.ss. d.r rn.>tata. vor ihr l;.sl nur -h.t). Muskdn. ,iv,r Lissosphm.tcr
„ivtlini.- davor, /wisob.a dios,,„ aad der Svin|d,ys<-. d.r anicro i;!as»adotl-
k.;r,,cr und der Plexas v.aosH^ |,„d..udai,s, scti.d. du' M.u. l,■^aro^.s a,u. DarH.
,,,„ „,„,,,„ Th.:i! der ITo^tata bis ot.ua zur Mdle hin kaiiu «l.o lian>rol,ro ,ü
' ,,) II ^' r l ;t ! i h o Itl i II i
2. Onlivunn i/rr'/7//v/r; //^//-/'i^/ii^^
fi, C'ifiyan i'i'sicfti:,
7. ihiiiiis ///'/V/V'^/x.
lo. Uli Huts in'i'fhf'^fc.
der Modianlinio >nittolsl ciuos S.dinhtcs orolT.U't wonU-n, widoher ktaac wcitorou
Thoilo vorlorzf. )iiiiiioiilli(di iiiidil die Duolus ojacttlaiuiii.
Dio Pars triu-onalis hat. al.p'soiiou von ihrer Maskolhüllo. uaoh vorn
das lapuuontun. praourothrahs dor. i'h'NUs pn,ion<lalis, dio Vasa <lorsal,a ponis
1) Au^ Tos! tu -.s l.,'i.riau-l.. IH- AulL S. 4no. T. IM.
412 Harnröhre: Maasstabelle.
und die Symphyse, nach hinten und seitlich die Glandulae bulbourethrales,
endlich nach hinten das Rectum (Grenzgebiet desselben zwischen Pars pelvina
und Pars perinealis). Das Rectum hat hier den nach vorn einspringenden Winkel
(siehe S, 262/63 und die Maasstabelle; ferner Fig. 75b oberhalb R.).
Die Pars practrigonalis liegt bereits ausserhalb des Beckenbodens
und ruht vorn auf dem Bulbus urethrae, welcher sie, sich mehr und mehr zum
Ringe schliessend, rinnenartig umfasst. Die Glandulae bulbourethrales
bleiben seitlich in der Nachbarschaft. Die Lage der Pars cavernosa
ergibt sich aus der idiotopischen Beschreibung des Penis; es sei nur hervor-
gehoben, dass die Ausführungsgänge der Glandulae bulboure-
thrales auf einer Strecke von etwa 15 mm anfangs seitlich, dann unten ihr
anliegen, um in sie einzumünden, und dass aus den Beziehungen zu den Cor-
pora cavernosa penis unmittelbar die von vom her sehr geschützte Lage der
Harnröhre sich ergibt, während sie von unten her auf der ganzen Strecke, auch
in der Pars glandularis, leicht zu erreichen ist.
Maasstabelle ^).
L ä n g e nm a a s s e der ganzen Urethra.
Lange Urethra Erwachsener (die grössere Hälfte kommt auf die Pars libera,
besonders bei alten Leuten) 24 cm
Kurze Urethra Erwachsener . 14 „
Mittlere Läng-e bei Erwachsenen 18—20 ^
Länge bei Neugeborenen 5—6 „
„ „ Kindern von 1—2 Jahren 6— 7 »
w » V ^ ^ Jahren 8—10 „
„ im Beginne der Pubertätszeit (Jarjavay) 10—12 „
L ä n g e n m a a s s c der einzelnen Abschnitte der Urethra.
L Bei Erwachsenen: Pars pendula 7—9 cra
„ fixa 10 »
Von letzterem Maasse entfallen auf: die Pars intramuralis .... 0,5 „
„ „ prostatica 2,0—2,5 „
„ „ tri^onalis 1,0 „
„ „ cavernosa fixa . . . 6,5 „
ir. Bei Kindern von 4—5 Jahren: Pars pendula 3,5—4 »
„ tixa 5—6 „
Von letzterem Maasse entfallen auf: die Pars intramuralis .... 0,3 »
„ „ prostatica 1,3 w
„ „ tri^onalis 0,7 „
„ „ cavernosa fixa . . . 2,3—3,4 »
Weitenmaasse der Urethra Erwachsener.
(Durchmesser des zum Cylinder entfalteten Rohres = Kaliber).
Mässig-e Ausdehnung, wie beim Harnlassen, im Mittel 5—7 nun
Starke Ausdehnung* (nach einem Metallausgusse) im Mittel 10,5 r
1) Nach eigenen Messungen und nach den Angaben von Jarjavay, Rechercheö
anatomiques sur l'ur^tre de l'homme, Paris 1856, 4, und Symington, The topographi-
cal anatomy of the child. Edinburgh and London, 1887 Fol.
Harnröhre: Alteröverschiedenheiten. 413
Stärkste zulässige Ausdehnung der engsten Stellen ^) 10 mm
Weite der Fossa prostatica (nach Finger 2) 12—15 „
n V P V (Metailausguss) 11,3 ^
„ „ „ bulbi (Finger) 13-17 „
ff » „ n (Metailausguss) 16,8 „
Weite des Collet de Bulbe (Metailausguss) 4,5 „
Andere Maasse zur Harnröhre.
Entfernung zwischen Orificium urethrae internum und Symphyse in der
Horizontalen 2,5—3,0 cm
Entfernung zwischen Angulus pubis und tiefstem Punkte der Harnröhre
(Fig. 75c) =-- 1,2— 2,5 mm; im Mittel 1,8»),,
Höhe des Orificium urethrae internum über dem tiefsten Punkte (cf) . . 3,2— 4,4 3) „
Höhe des Orificium urethrae internum über dem Scheitel der Curvatura
praepubica (ce) 2,G^) „
Höhe des oberen Symphysenrandes über dem tiefsten Punkte der Harnröhre 4,6 ^) „
Abstand der Harnröhre in der Mitte der Pars prostatica von den Seiten-
wänden des Beckens (Os pubis) 2,4—2,5 „
Mittlerer Vertikalabstand des oberen Symphysenrandes vom Orificium in-
ternum (zwischen Linie cc und der obersten rothen Horizontalen,
Fig. 75c) 1,4 „
Abstand des Orificium urethrae internum von der Mitte des Angulus pubis
(punktirte Linie in Fig. 75 c) 2,5—3,7 „
Gerade Linie vom Orificium urethrae internum zum Scheitel der Curva-
tura praebubica (zwischen den Ziffern 2 und 4 in Fig. 75 c) . . . 5,4—7,5 „
Vertikalabstand des Scheitels der Curvatura praepubica von der Angulus-
Horizontalen (zwischen 4 und Linie dd in Fig. 75 c) 0,5—1,0 „
Abstand der Harnröhre vom Angulus pubis gemessen auf der Symphysen-
axe (rothe Linie b b der Fig. 75 c) 0,8—2,4 „
Abstand des tiefsten Punktes der Harnröhre von der Angulus-llorizontalen
(zwischen 3 und Linie dd in Fig. löc) {df) 0,8-3,0 „
Altersversohledenheiten.
Die Urethra des kindlicben Alters (von der Geburt bis zum Beginne der
Pubertät) unterscheidet sich von der des geschlechtsrcifcn Mannes in folgenden
Punkten: 1) sie ist bedeutend kürzer; 2) hat sie ein geringeres Kaliber; 3) we-
nigstens in den ersten Lebensjahren auch eine andere Richtung, üeber die
beiden ersten Punkte wolle man die Maasstabelle vergleichen. Nach den Er-
fahrungen von Keegan, welche Symington, 1. c. (S. 409) mittheilt, lässt
die Harnröhre von 1 jährigem Knaben schon Instrumente für Lithotrypsie zu.
1) Orificium externum, Uebergang der Pars membranacea in die Pars cavernosa
(Collet du Bulbe). Die weiten Stellen: Fossa navicularis, Fossa bulbi und Fossa pro-
statica können über 10 mm gedehnt werden, insbesondere das Orificium vesicale bis
20 mm.
2) Finger, E., Zur Anatomie und Physiologie der Harnröhre. Wiener med.
Wochenschrift 1896. S. 1153.
3) Nach T es tut auf Grund der Fig. 75 c.
414 Harnröhre: Pathologische Zustände.
Was die Richtung anbelangt, so ist namentlich die Urethra posterior wegen des
Hochstandes der Blase und des engeren Beckenraumes steiler gestellt; die Cur-
vatura subpubica ist eine etwas schärfere. — Ferner ist anzuführen, dass die
Fossae navicularis und prostatica weniger ausgebildet sind, ebenso die Fossa
bulbi; es sei jedoch ausdrücklich bemerkt, dass die letztere sich schon bei Neu-
geborenen deutlich zeigt.
Die Harnröhren älterer Leute pflegen meist etwas länger zu sein,
als die jüngerer Personen, es fällt dies auf Rechnung der meist vergrösserten
Prostata und des längeren schlaffen Penis (s. S. 367). Der wichtigste Unter-
schied liegt in der fast regelmässig eintretenden Erweiterung der Fossa
bulbi, an welcher sich zuweilen der von J. v. Gerlach (1. c.) gezeichnete
Blindsack entwickelt. Ferner bedingt die Altershypertrophie der Prostata
(S. 342) mit der häufigen Entwicklung eines dritten Lappen bemerkenswerthe
Veränderungen im Kaliber der Pars prostatica und intramuralis. Hierzu kommt
die öfters eintretende grössere Brtichigkcit des Prostatagewebes, die Ver-
grösserung des Bulbus urcthrae und die grössere Schlaffheit der gesamten
Urethralwandungen, welche auf den Altersveränderungen der Gewebe beruhen.
Pathologisohe Zustände.
Die wichtigsten pathologischen Veränderungen der Harnröhre sind: 1) deren
abnorme Verengerung-en, Strikturen; 2) deren entzündliche Zustände und 3) deren
Verletzungen.
Verengerungen der Harnröhre können auf die verschiedenste Weise hervor-
gebracht werden, wie durch Druck von aussen, durch Fremdkörper, Abscesse, Neu-
bildungen und anderes; unter einer Striktur versteht man aber lokale Verenge-
rungen der Harnröhre, welche durch Veränderungen ihrer Wandung — abgesehen von
Neoplasmen — bedingt sind. Demzufolge unterscheidet man (nach Dittel 1. c. [S. 400])
die (akut) entzündlichen und die organischen Strikturen; die letzteren sind die
wichtigsten und beruhen zumeist auf chronisch entzündlichen oder Vernarbungspro-
cessen; ihr Sitz ist, wie aus den anatomischen Verhältnissen sich leicht erklärt, an»
häufigsten die Pars trigonalis. Zu diesen Strikturen kommen noch die spastischen
Strikturen, welche auf einem Reflexkrampfe der Harnröhrenmuskulatur beruhen
und, wie aus der Beschreibung der Muskulatur hervorgeht, ihren Sitz auch nur in
der Pars membranacea und im anstossenden Theile der Pars prostatica haben können.
An die Strikturen schliessen sich die Fälle von abnormen Falten- und Taschen-
bildungen in der Pars prostatica, welche ernste Hindernisse für die Harnentleerung
abgeben können i).
Für die entzündlichen Veränderungen überwiegt bei weitem als Ursache
die Gonokokkeninfektion alle übrigen. Für die Prognose und Therapie derselben kommt
als wichtigstes anatomisches Moment in Betracht, ob dieselben nur in der von den
Praktikern sogenannten Urethra anterior oder posterior ihren Sitz haben. Der
Begriff, welchen die Praktiker diesen Ausdrücken geben, deckt sich nicht vollkommen
1) S. u. a. Poppert, Zur Kasuistik der Blasenhalsklappen. Arch. f. klin. Chi-
rurgie. Bd. 44, S. 52. 1892, und Schlagenhau fer, Ein Beitrag zu den angeborenen
Klappenbildungen im Bereiche der Pars prostatica urethrae, Wiener klin. Wochenschr.
1896. Nr» 15, S. 208.
Glandulae bulbourethrales. 4lß
mit dem, welchen die Entwicklungsgeschichte damit verbindet. Sie nehmen den will-
kürlichen Schliessmuskel der Harnröhre, also den Musculus trigoni urogenitalis, als
Grenze zwischen der Urethra anterior und posterior an^). Demnach wären zur
Urethra posterior unsere Pars intramuralis, prostatica und trigonalis zu rechnen, der
Rest der Harnröhre wäre die Urethra anterior. Entwicklungsg-eschichtlich reicht,
s. das betreffende Kapitel und das S. 398 Bemerkte, die Urethra posterior nur bis zur
Mündung- der Ductus ejaculatorii. Die Unterscheidung der Praktiker ist eine unge-
mein wichtige, insofern der Schliessmuskel die Ausbreitung pathologischer Processe
von einer zur anderen Abtheilung erschwert und auch die Ausführung der therapeu-
tischen Eingriffe wesentlich beeinflusst. Ferner sind prognostisch die Infektionen und
sonstigen pathologischen Veränderungen der Urethra posterior weit ernster zu nehmen,
weil von hier aus die Ausbreitung derselben auf die Blase, die Prostata und (durch
die Ductus ejaculatorii) den Gesamthoden hin freisteht und die Gefahr der Betheili-
gung des Cavum serosum pelvis und der übrigen Beckenorgane näher gerückt wird.
Auch die Gefahr einer Allgemeininfektion beginnt wohl erst mit dem Uebertritte
der Erkrankung in die Urethra posterior; denn einmal kommen hier die grössere
Zahl der Lymphwege und die Venenplexus in Betracht, ferner die Ueberpflanzung
durch die Ureteren nach den Nieren (s. S. 322). Die Erfahrungen mehren sich, dass
die Nieren zu einer Pforte für Allgemeininfektion auf dem Wege der Lymph- und
Blutbahnen werden können, sowie, dass die Sekundärerkrankungen nach gonorrhoi-
schen Infektionen weit häufiger und vielgestaltiger sind, als man bisher anzunehmen
geneigt war.
Bemerkenswerth ist die Hartnäckigkeit, mit welcher infektiöse Processe auch in
der Urethra anterior therapeutischen Eingriffen zu widerstehen pflegen; auch hierfür
ergeben sich anatomische Gründe: die Länge und Enge des Kanals, die verschiedenen
Erweiterungen, welche zu ebensoviel Reservoiren von Sekreten werden, die zahl-
reichen Falten und Furchen und vielleicht auch die Lacunae urethrales und die
Nachbarschaft des kavernösen Gewebes.
Die Verletzungen der Harnröhre sind insbesondere wichtig wegen der Gefahr
der Harninfiltration, welche steigt, jemehr die Verletzung sich der Urethra poste-
rior nähert.
Ueber die Fremdkörper und deren Extraktion ist im allgemeinen schwer
etwas auszusagen; aus den anatomischen Verhältnissen ergibt sich aber, dass die-
selben sich leicht festheften können und ihre Entfernung mit grossen Schwierigkeiten
verknüpft sein kann. Der Modus procedendi wird sich von Fall zu Fall und nur
unter Berücksichtigung der anatomischen Verhältnisse ergeben müssen.
Bezüglich der Untersuch ungsmethodcn der Harnröhre und der einschlä-
gigen Diagnostik sei auf das bei der Blase Gesagte (Kystoskopie) verwiesen. Hier
wäre noch zu erwähnen, dass man versucht hat, photographische Bilder von der Harn-
röhre lebender Menschen zu gewinnen-).
Glandulae bulbourethrales (Oowperi).
Die Glandulae bulbourethrales (Cowper'sche Drüsen) sind meisten-
theils erbsengrosse und nahezu erbsenförmige Drüsenkörper von leicht höckeriger
maulbeerförmiger Oberfläche und ziemlich fester Konsistenz (ähnlich der der
Thränendrüse).
1) Vgl. Posner, C. Diagnostik der Harnkrankheiten. Berlin, 1896. H.Aufl. S. 11,
2) K oll mann, A., die Photographie des Harnröhreninnern beim lebenden Men*
sehen. Internat, mediz. photogr. Monatsschr, Bd. I, Heft 2. Febr. 1894.
4l6 Glandulae bulbourethrales.
Dieselben liegen, eingeschlossen in den Musculus trigoni urogenitalis, zu
beiden Seiten des Bulbus uretbrae, dicht an diesem, bezw. dem Musculus bulbo-
cavernosus und sind etwa 5—6 mm von einander entfernt (s. Figg. 56, 57a u.
58). Somit deckt der Bulbus die Drüse zum Tbeil auch von unten her (s. Figg.
75a und 75b).
Der Ausführungsgang der Drüse hat die Stärke einer gewöhnlichen
Stricknadel und verläuft nach vorn und medianwärts zunächst zwischen der
oberen Wand des Bulbus und der unteren Wand der Pars membranacea und
bulbosa urethrae. Diese Strecke hat die Länge von etwa 5 mm (s. Fig. 75b).
Dann tritt derselbe in das Corpus cavernosum bulbi ein, in welchem er eine
Strecke von gleicher Länge verläuft. Weiterhin zieht er mehr gerade nach
vorn unter der Mucosa urethrae hin und öffnet sich mit einer kleinen schlitz-
förmigen Mündung an der unteren Harnröhrenwand; beide Mündungen liegen
1 — 2 mm von einander entfernt, können aber auch in eine zusammentiicssen.
Der Ausführungsgang kann abnorm lang werden; Cr uv eil hier, citirt bei Ko-
mi ti, Anatomia del' uomo, spricht von einem 18 cm langen Ausführungsgange,
Die submuköse Strecke des Ductus excretorius kann 20—25 mm messen, aber
auch erheblich kürzer sein. Zu den kürzeren Fallen gehört der in Fig. 75 b abgebildete.
Die äussere Gestaltung und Grösse der Drüse unterliegt mannigfachen Schwan-
kungen. Dieselbe kann an beiden Seiten ein sehr verschiedenes Ausmaass zeigen
(s. Fig. 57 a). Grössere Drüsen reichen dann vorn fast bis zur Harnröhre, hinten bis
zum Centrum perineale und gelangen noch in das topographische Bereich der Pro-
stata. Ferner kann der Drüsenkörper sich in eine Anzahl kleinerer Läppchen aul-
lösen und ist dann schwer präparatorisch darstellbar.
Nach den Untersuchungen von Vitalis Müller^) wächst die erste Anlage der
Drüse, die dem Sinus urogenitalis entstammt, zunächst mitten in das Gewebe des
Bulbus urethrae hinein; es fand dann auch Wassilieff^) öfters bei Erwacliseneu
noch mitten im kavernösen Gewebe kleine Drüsenläppchen.
Nach dem Gesagten ist eine besondere Aufzählung der Lagebeziehungen
nicht mehr erforderlich.
Die Gefässe und Nerven der Drüse sind noch nicht genauer untersucht.
Die Arterien kommen aus der Arteria bulbi urethralis (A. pudenda interna);
die Venen verlaufen zu denen des Bulbus und des Musculus trigoni urogeni-
talis. Die Lymphgefässe ziehen nach Komiti (1. c.) zu den Lymphoglau-
dulae hypogastricae. Nerven kommen nach demselben Autor vom Nervus pu-
dendus zur Drüse, wo sie von V. Müller nachgewiesen wurden; über ihre
Endigung ist jedoch genaueres nicht bekannt.
Physiologisch gehört die Drüse unzweifelhaft zum Geschlechtsapparate, wie
H. Stillingö) nachgewiesen hat. — Von pathologischen Veränderungen sind
1) Vitalis Müller, Ueber die Entwicklungsgeschichte und feinere Anatomie
der Bartholini'schen und Cowper'schen Drüsen des Menschen. Archiv für mikroskop.
Anatomie. Bd. 39. Bonn, 1892. S. 33.
2) Wassilieff, Ueber den histologischen Bau der in den äusseren Urogenital-
organen des Menschen und der Thiere vorkommenden Drüsen. Arbeiten aus dem
Laboratorium der med. Fakultät der Universität in Warschau. Heft VI, 1880 (russisch).
3) Stilling, H., Ueber die Cowper'schen Drüsen. Virchow's Archiv 1885.
Bd. 100. S. 170.
Cavum serosuni pelvis maris. 417
«
Cystenbildungen, infektiöse gonorrhoische Entzündungen undAbscess-
bildungen (meist im Gefolge der letzteren) zu erwähnen. Es ist überall bei Fällen,
wo die Drüse vergrössert gefunden wurde, oder wo man sie präparatoriseh vergeb-
lieh suchte, daran zu denken, dass pathologische Ursaclien zur Vergrösserung oder
zum Schwunde des Organes geführt haben dürften.
Nach Besprechung der Eegionen und Wandungen des männlichen Beckens,
seiner Cavitas ossea und muscularis, sowie der Eingeweide desselben, erübrigt
es noch die Fascien, die Anordnung des Beckenbindegewebes und das
Cavum serosum pelvis übersichtlich darzustellen.
Der Raumersparniss willen sollen jedoch die Fascien und die topographi-
sche Bindegewebsanordnung am Schlüsse der Besprechung des weiblichen Beckens,
und zwar für beide Geschlechter zusammen abgehandelt werden; dagegen
wird hier noch eine kurze üebersicht dcsCavumserosum pelvis maris
angeschlossen.
Cavum serosum pelvis maris.
Die seröse Beckenhöhle des Mannes zerfällt, wie die knöcherne und mus-
kulöse, in zwei Abtheilungen, die seröse Höhle des grossen Beckens und
die seröse Höhle des kleinen Beckens; beide sind an den Seiten durch
den Vorsprung der Musculi psoas major und minor, in der Mitte durch das
Promontorium von einander getrennt.
Die grosse seröse Beckenhöhle fällt mit der Bauchhöhle zusammen,
deren untersten Abschnitt sie darstellt. Sieht man von der kleinen Becken-
höhle, in welche sie in ihrem grösseren, mittleren Bezirke unmittelbar übergeht,
ab, so hat sie die Form eines nach unten, d. i. am Kande des Ligamentum
inguinale, zugeschärften Raumes mit zwei nach oben und hinten sich erstrecken-
den seitlichen Ausbuchtungen, den Fossae iliacae. Das Bauchfell der
Fossae iliacae ist sehr leicht abzupräpariren, wegen der grossen Menge lockereu
subperitonäalen Bindegewebes. Ist das letztere wenig fettreich, dann erkennt
man leicht durch das Bauchfell hindurch die unter demselben gelegenen Theile;
ebenso an der vorderen Wand. Dieselben wurden bereits beschrieben und es
wird bezüglich der vorderen Wand und ihrer Foveae auf Fig. 63 verwiesen.
Falls die A. iliaca communis stark vorspringt, bildet sich jederseits, lateral
und nach oben von ihr, eine kleine Grube, deren Grund vom Musculus psoas
major geliefert wird; in derselben liegen rechts Dünndarmschlingen, links der
Uebergang des Colon sigmoideum in das Colon pelvinum; auch der Ureter zieht
durch diese Grube hindurch.
Die kleine seröse Beckenhöhle geht vorn ohne Grenze in die
grosse über. Seitlich ist die Grenze durch die Vasa iliaca externa und com-
munia, insbesondere durch die Arterie markirt, hinten durch das Promontorium.
Infolge der Divergenz der seitlichen Grenzlinien (M. psoas) ist der Eingang
27
Wald ey er, Das Becken.
418 beckenwandüngen des Weibes.
zum Cavum serosum pelvis minoris hinten weit schmaler^ als vom (nur Vs
so weit).
An besonderen Abtheilungen der kleinen serösen Beckenhöhle lassen sieh
folgende unterscheiden: 1) die vordere oder Blasenabth eilung; 2) die
beiden seitlichen Abtheilungen, welche durch das Rectum von ein-
ander geschieden werden ; 3)dieExcavatio rectovesicalis; letztere
wird durch die beiden halbmondförmigen, das Rectum umkreisenden, von der
Blase ausgehenden Plicae Douglasi von den übrigen Räumen geschieden, und
stellt einen kleinen spaltförmigen Blindsack dar, welcher auf dem Querschnitte
ebenfalls halbmondförmig erscheint.
Die Blasenabtheilung ist bei weitem die grösste. Bei leerer Blase
ist sie ein unten abgerundeter Raum, der nach oben in die grosse Beckenhöhle
und nach hinten in die beiden seitlichen Abtheilungen ohne Grenze übergeht.
Ist die Blase stark gefüllt, so nimmt sie den ganzen Raum ein und reicht noch
in die grosse Beckenhöhle, sowie in die beiden ebengenannten seitlichen Ab-
theilungen hinein. Es bilden sich dann jederseits zwischen ihr und der seitlichen
Beckenwand zwei von hinten her sich vorschiebende- schmale Spalten.
Die beiden seitlichen Abtheilungen des kleinen serösen Beckenraunies
stellen, wenn das Rectum gefüllt ist, neben dem hinteren Umfange dieses Or-
gaues gleichfalls zwei solche Spalten dar, Recessus para rectales (S. 271),
die nach vorn und unten sich in das Cavum Douglasi fortsetzen; nacli oben
laufen sie je in eine kleine Grube aus, welche zwischen Promontorium und der
überhängenden Arteria iliaca communis sich austieft. Die Seitenwand zeigt die-
jenigen Reliefs, welche früher, Seite 236 flf., beschrieben worden sind.
Auch im kleinen Beckenraume lässt sich das Bauchfell überall leicht von
den unterliegenden Theilen abheben; am festesten ist es mit der vorderen Wand
des Rectum verbunden.
Beckenwandungen des Weibes nach den einzelnen
Gegenden.
I. Kreuzbeingegend (Regio sacralis) (4) *).
Abgesehen von den allgemeinen Geschlechtsunterschieden in der Beschaffen-
heit der Haut (S. 7, 15, IM) und des Skeletes (S. 21 und 27), zeigt die
Regio sacralis des Weibes in ihrer Schichtung und in ihren sonstigen topo-
graphischen Verhältnissen keine Verschiedenheit von der des Mannes. Es wird
daher auf die Seite 148 ff. gegebene Beschreibung und auf die Abbildungen
Fig. 49 (S. 153); Fig. 61 (S. 237); Fig. 76; Fig. 84 u. 84a verwiesen.
1) Die Ziffern beziehen sicli auf die in den Figuren 1 und 2 (S. 3) zur Be-
zeichnung der Gegend eingetragenen Zaiilzeichen,
Beckenwandungen des Weibes. 419
Die Figuren 49, 84;und 84a zeigen drei in der Tiefe aufeinanderfolgende
Schichten der Kreuzbein-Ghitaeal- und Analgegend der Leiche eines 18— 19jährigen
Mädchens 1). Fig. 49 gibt die oberflächlichen Schichten nach Wegnahme der Haut
und des Unterhautfettgewebes. Die Stelle der Fossula lumbalis lateralis in-
ferior (rechts in der Figur) ist durch ein Kreuz bezeichnet. Man erkennt die Bänder,
die wichtigsten Knochenreliefs, die Gelenklinie der Articulatio sacroiliaca (links) und
oberhalb derselben eine durch ein weisses Sternchen markirte beständige Grube
(s. S. 152); ferner die Mm. glutaeus maximus, piriformis und coccygeus, das
Ligamentum an ococcygeum, den geöffneten Kreuzbeinkanal mit dem durch
eine blaue Injection gefüllten letzten Ende des Duralsackes, einen Theil der Nerven
der Cauda equina, nebst den begleitenden Venen.
In Fig. 84 ist der untere Theil des Kreuzbeines entfernt; das Steissbein ist mit
dem M. coccygeus und dem zugehörigen Theiie des M. levator ani in Verbindung
geblieben. Mau sieht die Nerven des Plexus coccygeus, namentlich die zum Le-
vator ani und M. coccygeus tretenden Zweige, dann die an der Vorderfiäche des
Kreuzbeines gelegenen untersten Theiie des sympathischen Grenzstranges, sowie
die Arteriae sacrales lateralis et media. Die Pars coccygea der letzteren mit
der Stelle des Glomus coccygeum ist durch das Steissbein durchschimmernd ange-
deutet^). Vor diesen Theilen gewahrt man in der Mitte das stark ausgedehnte Rectum,
bedeckt von seiner Fascia propria; rechts ist der M. piriformis erhalten, nebst den
Ligamenta sacroiliaca postica longum und breve: links ist der Muskel ent-
fernt, wodurch der Plexus sacralis in seineu Lagebeziehungen zur Kreuz beingegend
und zum Rectum, nebst den begleitenden Aa. glutaeae et pudenda in Sicht kommt.
In Fig. 84 a ist durch Wegnahme eines grösseren Theiles des M. coccygeus und
des M. levator ani nebst den zugehörigen Nerven, der Aa. sacrales und der Fascia recti,
sowie durch Seitwärtsdrängung des Plexus sacralis und der Vasa glutaea an der
linken Seite eine noch tiefere Schicht freigelegt worden. Man erkennt die Muskel-
wand des Rectum und die dasselbe von hinten her deckenden Vasa haemorrhoi-
dalia super iora, ferner die beiden seitlichen Ausbuchtungen der kleinen serösen
Beckenhöhle (s. S. 418). In die linke seröse Tasche ist ein ovales Fenster einge-
schnitten, durch welches man Tube und Eierstock in ihrer Lage gewahrt. Am
unteren Umfange beider seröser Taschen sind die Vasa uterina und die Ureteren
angegeben,
Fig. 76 zeigt die Schichtung der Kreuzbeingegend auf einem Horizontal-
schnitte; man sieht die Hautschicht mit dem Fettpolster, den Durchschnitt der
Articulatio sacrococcygea mit dem Ansätze des M. coccygeus, davor die Vasa
sacralia media, die Fascia recti, Durchschnitte der Vasa haemorrhoidalia
superiora in dem perirectalen Bindegewebe und das Rectum. — Diese Figur gibt
zugleich eine Uebersicht über das gesarate Cavum pelvis des Weibes.
1) Bei Fig. 84 hat noch ein Präparat einer anderen Leiche zur Ergänzung
gedient.
2) Ueber die bemerkenswerthen Anomalien der A. sacralis media — es kommen
u. a. bei tiefer Nierenlage Zweige zur Niere vor — sowie über ihre morphologische
Bedeutung vgl. Young, A. H., Abnormalities of the middle sacral artery and their
morphological significance. Journ. of anat. and phys. cond. by Humphry, Turner
und Mc. Ken dr ick. Vol. XXXI, p. 169. 1897.
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Gesässgegend, Hüftgegeud, Rollhügelgegend, Leistengegend des Weibes. 421
IL Gesässgegend (Regio glutaea) (9). Hüftgegend (Regio coxae) (7).
Rollhügelgegend (Regio trochanterica (8).
Abgesehen von dem stärkeren Fettpolster der drei in der Ueberselirift
genannten Gegenden des weibliehen Körpers^ von der schwächeren Eutwick-
h]ng der Muskulatur und des Bandapparates und von der grösseren Weite der
Foramina isehiadica, sind die topographischen Verhältnisse hier dieselben wie
beim Manne, und es wird auf die Seite 157 — 170 gegebene Beschreibung ver-
wiesen. Ausser den dort gegebenen Figuren 50 und 51 mögen noch die Fi-
guren 84 und 84a verglichen werden, insbesondere die drei letzteren, welche
zu weiblichen Körpern gehören. Fig. 51 ist Seite 162 — 167 genau beschrie-
ben worden; sie gibt über die topographischen Beziehungen der Weichtheile
der seitlichen Beckenwand des Weibes zu dessen Beckeneingeweiden genaue
Auskunft. Die Figuren 84 und 84 a wurden im vorigen Abschnitte (S. 419)
beschrieben; sie geben insbesondere über die Regio glutaea Bescheid, sowie
über deren Verhältniss zu den benachbarten Regiones sacralis und analis.
Aus Fig. 84a ist insbesondere ersichtlich, wie das untere Ende der seitlichen
kleinen serösen BeckenkavitHt gegen das Foramen infrapiriforme und ischiadicum
minus hingewendet ist, und wie auch die Lage des Eierstockes es erklärt, dass der-
selbe Inhalt einer Hernia ischiadica werden kann (s. S. 167—169).
IIL Leistengegend (Regio inguinalis) (5). ünterleistengegend
(Regio subinguinalis) (6).
Ausser den Figuren 53 und 63, welche auch für das Weib benutzt wer-
den können, sind die Figuren 19 — 23 (Regio obturatoria) und die Figg. 55 a
u, b (Hernia obturatoria), sowie Fig. 54 (Gesamtsitus) heranzuziehen. Für die
Beschreibung ist das Seite 170—188 Gesagte auch für das Weib gültig, und
sind einzelne Besonderheiten, die das letztere betreffen, dort schon angegeben.
Als wichtigste Unterschiede mögen noch einmal hervorgehoben sein; 1) die
grössere Engedes Leistenringes und des Leistenkanales, durch
welchen nicht der Samenstrang, sondern das Ligamentum teres uteri
verläuft; ferner treten die Vasa spermatica interna (ovarica) und der
gleichnamige Nerv nicht hindurch, sondern begeben sich in die kleine Becken-
höhle zum Ovarium und zur Tube. Gewöhnlich ist das Li g. inguinale
reflexum (Collesi). des subkutanen Leistenringes beim Weibe stärker als
beim Manne, jedenfalls relativ stärker; dies trägt zur Verengerung und
zur Verstärkung des subkutanen Leistenringes bei. (lieber das Ligamentum
teres uteri vergl. das Kapitel „Regio pubica" und das betreffende besondere Ka-
pitel bei den Becken eingeweiden des Weibes). 2) Die Lacuna vasorum
femoraliuni des Weibes (Eintrittspforte für die Schenkelbrüche), sowie
die Fossa ovalis mit ihrem Margo falciformis (subkutane Austrittspforte der
Schenkelbrüche) sind erheblich weiter, als die des Mannes. 3) Auch der
Canalis obturatorius pflegt beim Weibe merklich weiter zu sein (s.
S. 187 „Ursachen der Hernia obturatoria").
422 Daniiiigegend und Damm des Weibes.
Nach wiederholten Schwan<?erschaften findet man meist die unteren Enden der
Musculi recti weiter von einander entfernt, als beim Manne; in der Rej^el sind die-
selben, sowie die schiefen Bauchmuskeln schwächer entwickelt. Auch das Ligamentum
inguinale ist meist schwächer,
IV. Dammgegend (Regio perinealis) (3).
Allgremeines.
Die Dammgegend des Weibes ist von der des Mannes in vielen wichtigen
Punkten verschieden, sodass eine besondere Beschreibung für einige Theile der-
selben erforderlich wird. Die Umgrenzung, Eintheilung und das äussere
Bild des Dammes sind S. 10 und S. 188 if. an der Hand der Figg. 4 (S.4),
10 (S. 11), und 54 (S. 183) beschrieben worden. Daselbst wurde auch der
Unterschiede zwischen Mann und Weib gedacht. Ferner gelten die äussere
Untersuchung und Präparation, welche Seite 190 angegeben wurde, die topo-
graphische Uebersicht (S. 192) und die Schichtenfolgc der Regio perinealis
(S. 195) für beide Geschlechter, üeber die Verhältnisse der Haut des Dammes
wolle man S. 134 ff. vergleichen. Besonders zu besprechen sind, ausser dem
Gesamtverhalten des weiblichen Dammes und einigen Einzelnheiten, noch die
Muskeln, Gefässe und Nerven, s. Fig. 77.
Beg^o iiros:enitalis. Damm (Perlnetim).
Die Regio urogenitalis ist eine Unterabtheihmg der Regio perinealis.
Es besteht, wie S. 190 bereits bemerkt wurde, insofern ein Unterschied in der
Abgrenzung dieser Gegenden beim Manne und beim Weibe, als bei dem letz-
teren die Regio pudendalis sich in die Regio urogenitalis bis zur Linea
septi perinei hinein erstreckt.
üeber den Begriff des Dammes, Perineum, ist S. 189 gebandelt
worden; dem dort Gesagten ftige ich hier noch hinzu, dass beim Weibe viele
Verschiedenheiten in der äusseren Gestaltung des Dammes vorhanden sind.
Derselbe kann, je nach der Lage der Geschlechtsspalte und der AfteröflFnung,
kürzer oder länger sein ; die Länge der sagittalen Durchmesser wechselt zwischen
2 — 2,5 cm. Auch nach der grösseren oder geringeren Entwicklung des sub-
kutanen Fettgewebes, insbesondere an den Natesfortsätzen (S. 10, 11 und
Fig. 10) ändert sich das Bild des Dammes beträchtlich und gewinnt bei ab-
gemagerten Personen ein völlig anderes Ansehen als bei wohlgenährten.
Die Figur des Dammes auf dem medianen Durchschnitte zeigt ihn,
wenn man die in ihm liegenden Muskeln Fett- und Bindegewebsmassen hinzu-
rechnet, als eine im ganzen keilförmig gestaltete Masse, deren verjüngtes oberes
Ende der Grenze zwischen Pars perinealis und Pars pelvina recti entspricht.
Es ist dies die Stelle, wo das Rectum die S. 262 u. 263 erwähnte Krümmung
nach vorn zeigt; von da ab nach oben beginnt das Septum recto vaginale.
Die Begrenzungslinie der Basis des Dammes ist gewöhnlich eine etwas ge-
krümmte, so dass die Mitte des Dammes (entsprechend dem hinteren Ende der
rvA■%^.:v;^'
i,^ i^\^^^^
424 Damm des Weibes: Haut, Fascia perinei.
Labia majora) am tiefsten steht, während von da zum Rectum nach hinten und
zur Scheide nach vorn seine Beg:renzun^slinie aufsteigt. Der Damm steht so-
nach in seiner mittleren Partie tiefer als die Harnnihren-, Scheiden- und Rck-
tummündungen (vgl. Fig. 81a).
Die Masse des Dammes hat infolge der zahlreichen in ihm enthaltenen
gestreiften und glatten Muskelfasern und elastischen Fasern eine grosse Festig-
keit und Elasticität zugleich, und, indem er sich gegen das untei-e Scheiden-
ende vorschiebt, gewährt er der Scheide und durch sie auch der Ge-
bärmutter eine wichtige Stütze. Dies zeigt sich evident in allen Fällen,
wo der Damm seine normale Widerstandsfähigkeit verloren hat, insbesondere
nach unvollkommen geheilten Verletzungen (Dammrissen, s. das betreff. Kap.).
Auch bei gewissen Veränderungen der äusseren Genitalien kann das äussere
Dammbild stark verändert werden; so verweise ich auf Fig. 10, wo von den
beiden kleinen Schamlippen zwei starke Falten ausgehen (b), welche sich zu
einer ungewöhnlich starken Raphe perinei vereinigen. In Fig. 54 besteht (1)
eine sehr deutliche Commissura labiorum majorum posterior, welche so stark
vorspringt, dass sie den Damm bei dieser Stellung des Körpers ganz ver-
deckt. Ich komme auf diese Bildungen bei Besprechung der äusseren Geni-
talien zurück.
A. Hant. Tnnioa dartos, Tela snboatanea.
Die Haut und die Tela subcutanea der Regio urogenitalis zeigen dieselben
Verhältnisse wie beim Manne; von der Innenfläche und dem freien (unteren)
Rande der grossen Schamlippen aus erstrecken sich die glatten Muskelfasern
der Tunica dartos des Weibes in die Haut und in die Tela subcutanea des
Dammes hinein. An der linken Hälfte der Figur 77 (rechte Körperseite) sind
die subcutanen Venen der Regio perinealis und deren Verbindungen dar-
gestellt. Dieselben gehen nach vorn über in das Gebiet der Vena saphena
magna (Vv. pudendae externae); in der Mitte sind bemerkenswerth die Ver-
bindungen zu der V. obturatoria fRami ad v. obturatoriam — linke Figur-
seite), hinten zur V. pudenda interna (V. pud. int. der linken Figurseite).
B, Fasoia perinei.
Die Seite 198 von der Fascia perinei des Mannes gegebene Beschreibung
gilt auch für das Weib mit der Einschränkung, dass bei dem letzteren eine
Anheftung der Fascie an eine Raphe des Musculus bulbocavernosus nicht statt-
finden kann. Diese mittlere Anheftung, durch die das Fascienfach in 2 seit-
liche Kammern getheilt wird, besteht hier nur im Centrum perineale; vorn wird
die Theilung durch die Scheide und durch die Harnröhre gegeben. Die beiden
Abtheilungen des Fascienfaches setzen sich nach vorn auf die Labia majora
und den Bauch fort. Vergl. auch die am Schlüsse der Besprechung der Becken-
organe des Weibes gegebene übersichtliche Darstellung der Beckenfascien des
Mannes und des Weibes,
Subfasciale Dammnerven, -gefässe und -muskeln des Weibes. 425
C, Subfasciale Nerven imd Gefässe,
Für diese kann auf die S. 199 gegebene Besehreibung verwiesen werden;
es ist nur an die Stelle des Wortes „scrotalis", „labialis", und statt „Scro-
tum", „Labium majus" /u setzen. Audi ist zu merken, dass Nerven wie Ge-
fässe durchschnittlich ein geringeres Kaliber haben, als beim Manne.
Von den Nerven sind an der linken Körperhälfte (rechte Seite der Figur) in
Fig. 77 dargestellt der Nervus perineus longus^) (vom N. cutaneus femoris
posterior) und die Rami per in ei vom N. pudendus: Die Kami perinei des letzteren
zerfallen in die Nu. labiales posteriores lateralis und medialis, sowie in
Muskelzweige und Zweige zur Vagina, welche sämtlich in der Figur wieder-
gegeben sind. Die oberflächlichste Lage von diesen Nerven hat der N. perineus longus.
Es sei hier gleich angefügt, dass von sonstigen Nerven in der Zeichnung noch sicht-
bar sind (von hinten nach vorn genommen): die Nn. clunium inferiores (vom N. cuta-
neus fem. post.), die Nu. haemorrhoidales inferiores (vom N. pudendus) und der N. dor-
salis clitoridis.
D. Sabfasoiale Muskeln,
Musculus transversus perinei.
Der M. transversus perinei des Weibes ist gewöhnlich kleiner als der
des Mannes; es kommt auch der von Lesshaft (s. S. 201) beschriebene Haut-
muskel, Transversus perinei superficialis, öfter vor. Fig. 77 ist
links (Figur) — rechte Körperseitc — dieser Hautmuskel abgebildet, rechts
(Figur) — linke Körperseite — der Transversus perinei. Im Uebrigen vergl.
S. 201.
Nach Ho 11 1. c. [S. 406] können die beiden hier und S. 201 beschriebenen Mm.
transversi in den weitaus meisten Fallen keinen Anspruch auf Selbständigkeit erheben;
sie sind abgezweigte Bündel des M. levator ani, insbesondere dessen von Holl als
M. puborectalis bezeichneten Portion. An der linken Seite der Fig. 77 sind solche
Bündel zu sehen.
Musculus bulbocayernosus.
Der Musculus bulbocavernosus des Weibes zeigt die grössten Ab-
weichungen von dem des Mannes, und zwar deshalb, weil die Vagina ihn
durchsetzt und ihn, wie auch den Bulbus vestibuli des Weibes, in 2 symme-
trische Hälften, die sich an der Klitoris allerdings vereinigen, trennt. Bei der
Präparation vom Damme her sieht man ihn als dünne breite blassrothe Muskel-
lage zur Seite der Scheide den bläulich durchschimmernden Bulbus decken.
1) N. pudendus longus inferior Hirschfeld et Leveillc und Henle, N. cuta-
neus femoris circumflexus H. Meyer, N. cutaneus perinei Schwalbe, Ramus geni-
talis s. scrotalis nervi cutanei femoris postici, N. scrotalis inferior, Autt. Longor in-
ferior pudendal nerve der Engländer, Rami perineali, Ramo genito-crurale Romiti,
Branche genitale (du Nerf fessier inferieur) Sappey, Rami perineales ENA. — Dieser
Nerv ist durch seinen Lauf und seine beträchtliche Länge im Verhältniss zu den
übrigen Perinealnerven so ausgezeichnet, dass er einen besonderen Namen verdient
und nicht mit „Rami perinealis" abgethan werden sollte. Besser als alle sonst ge-
brauchten Bezeichnungen scheint mir der hier gewählte Name (s. auch S. 199, 200
und 21.S) zu passen.
426 Mm. bulbocavernosus und ischiocavernosus des Weibes.
Er umkreist mit diesem die Scheide und spaltet sich vom in zwei Bündel.
Das laterale geht in der Nähe der ümbiegungsstelle des Crus clitoridis auf
dessen Seiten- und Rückenfläche über, wo es sich sehnig an der Tunica albu-
ginea befestigt; das mediale vereinigt sich mit dem der anderen Seite unter-
halb des Corpus clitoridis zu einer unpaaren sehnigen Platte, welche in dem
Vereinigungswinkel der beiden Crura clitoridis zum Crus clitoridis sich befestigt
(Ligam. in tercrurale, Ho 11). Hinten befestigt sich der Bulbocavernosus
am Centrum perineale, der Raphe anobulbosa, und an der Lamina aponeurotica
des Trigonum urogenitale; er geht daselbst, wie der Bulbocavernosus des Mannes,
Verbindungen ein mit den Mm. sphincter ani externus und transversi perinei.
Topographisch sind hervorzuheben seine Beziehungen zur Scheide, die
er seitlich umfasst und verengern kann, woher seine Benennung „Constrictor
cunni" (vaginae) abzuleiten ist, ferner zur Glandula vestibularis major, die er
mit seiner medialen (tieferen) Portion an ihrem hinteren Umfange deckt. Er selbst
wird vom Damme her überlagert von den oberflächlichen Nn. perinei und Vasa
perinei. Vorn liegt er dem M. ischiocavernosus dicht an; hinten kann man
beide Muskeln leicht von einander trennen und stösst dann auf die Aponeu-
rose des Musculus trigoni uro^^enitalis (Fig. 77).
Holl trennt wie beim Musculus bulbocavernosus dos Mannes die mit den beiden
o'oschilrlerton Ansätzen zusammenhänjrrndon Mnskolpartion als zwei selbständifre
Muskeln. Die mit den beiden lateralen Ansätzen an die Crnra clitoridis sich befesti-
o-enden mehr oborflächlichen und lateralen Muskelpartien, welche sich von den übrigen
friit abtrennen lassen, bilden seinen Musculus constrictor radicis clitoridis,
homolog der oberflächlichen und in ;rleicher Weise an den Penis befestigten Portion
des M. bulbocavernosus des Mannes (Constrictor radicis penis Holl). Der im Winkel
der Crura clitoridis am Lio-amentum intercrurale inserirende mediale und tiefer ge-
le^rcne Theil ist der M. compressor bulbi Holl's, homolojr der tieferen und ebenso
am Angulus intercruralis befestigten Portion des männlichen Musculus bulbocavernosus.
M. ischiocaYernosus.
Der Musculus ischiocavernosus des Weibes ist zu den Crura
clitoridis genau so gelegen, wie der des Mannes zu denen des Penis; auch
nach Ursprung und Ansatz (an die Albuginea der Crura clitoridis) verhält er
sich gleich. Es darf daher auf S. 202 verwiesen werden. Nur sei noch be-
merkt, dass der Musculus ischiocavernosus zwar viel schmächtiger ist, als der
des Mannes, ihn an Länge aber, wegen der Länge des Arcus pubis, wohl tiber-
treffen kann (8 cm, Kobelt, 1. c. [S. 363]). Holl weist darauf hin, dass beim
Manne, wie beim Weibe ein besonderer medialer Antheil der Mm. ischiocaver-
nosi unterschieden werden müsse, welcher im Angulus intercruralis in das Liga-
mentum intercrurale von beiden Seiten tibergeht, also hier mit der tiefen medi-
alen Portion des M. bulbocavernosus zusammentrifft.
Die Nerven und 6e fasse der drei genannten Muskeln sind
dieselben wie beim Manne.
In Figur 77 sind die bis jetzt beschriebenen drei Muskeln und auch die
beiden Ansätze des M. bulbocavernosus zu sehen.
Trigonum urogenitale des Weibes. 427
E. Sohwellkörper,
Zur vorläufii^en Orientirung sei auf Fig. 77 verwiesen, wo die Klitoris
mit ihrer Eichel, ihrem Corpus und ihren beiden Crura, sowie die beiden Bulbi
vestibuli in ihrer Lage abgebildet sind. Die genauere Besprechung erfolgt
später (Kap. „Aeussere Geschlechtstheile").
F. Trigonnm urogenitale.
Das Trigonum urogenitale des Weibes verhält sich in seiner Zusammen-
setzung und in seiner Gesamtlage wie beim Manne. Wir finden unten (damm-
wärts) die aponeurotischc Platte, beckenwärts die Beckenfascie, zwischen beiden
den Musculus trigoni urogenitalis; vorn endet derselbe mit dem Liga-
mentum praeurethrale, zu welchem die Crura clitoridis und die Nervi
und Vasa dorsalia clitoridis dieselben Beziehungen haben, wie beim
Manne die homologen Theile. Wichtig ist aber, dass beim Weibe, ausser der
Harnröhre, noch die Scheide das Trigonum durchsetzt und dadurch mit
dessen Muskeln und Fascien in enge Beziehungen tritt.
Nach den Untersuchungen von 0. Kalischer*) verhalten sich die ge-
streiften Muskeln des Trigonum urogenitale beim Weibe folgendermaassen :
Man kann eine Pars anterior musculi trigoni urogenitalis (musculi urethralis,
wie Kalischer den Muskel' nach Gegenbaur benennt) und eine Pars media
unterscheiden. Eine Pars posterior s. prostatica, welche ausserdem noch
beim Manne besteht — Kalischer begreift darunter diejenigen Fasern, welche
halbkreisförmig die Vorderfläche der Prostata decken (Henle's M. sphincter
vesicae externus) — fehlt beim Weibe. Die Fasern der — am meisten damm-
wärts gelegenen — Pars anterior, liegen zu den Seiten der Vagina, gedeckt
von den Bulbi vestibuli; vorn kreuzen sie sich vielfach vor der Harnröhre und
inseriren, wie ich finde, in dem dort vorhandenen elastischen Bindegewebe und
am Ligamentum praeurethrale (Kalischer lässt sie zumeist frei auslaufen).
Hinten gehen die Muskelfasern der Pars anterior jederseits zur Synostosis ischio-
pubica, wo sie am Periost (Kalischer sagt: „in der Nähe des Knochens")
ihren Ansatz finden. Dabei durchsetzen und decken diese Fasern die Glan-
dulae vestibuläres majores. Diese Portion des M, trigoni würde also als
Compressor urethrae et vaginae lateralis und als Compressor glandulae vestibu-
laris wirken. An der Kompression dieser Drüse betheiligt sich aber nach
Kali scher 's Meinung, der ich beipflichte, auch noch der Muse, bulbocavernosus.
Holl erwähnt gleichfalls (S. 249) der nahen Beziehungen zwischen diesem
Muskel und der Drüse,
Beckenwärts folgt auf die Pars anterior die Pars media in unmittel-
barem Anschlüsse. Zu dieser zählen in der Höhe des Scheideneinganges zu-
nächst Ringfasern, welche Harnröhre und Scheide auf kurzer Strecke gemein-
sam umgeben. Hinter der Scheide sollen indessen (Kalischer) die Fasern
1) Kalischer, 0., I. c. [S. 406].
428 Tvigonum urogenitale des Weibes.
frei ausstrahlen, vor der Harnröhre aber sphinktermässig in einander tiber-
greifen. Es folgen dann (höher beckenwärts) Fasern, welche sich zur Harn-
röhre in gleicher Weise verhalten, an der Vagina jedoch schon seitlich ilir
Ende finden; endlich weiter oben umgeben die Muskelfasern nur noch die Harn-
röhre, indem sie hinten im Scptum urethrovaginale und an der vorderen
Vaginalwand endigen.
Einzelne der von der Harnröhre zur Scheide ziehenden Muskelbtindelchen
laufen seitlich in der Rinne zwischen beiden Rohren hinab, gleich longitudinalen
Zügen (Kalischer).
Ho 11 zerlegt den M. trigonl urogenitalis des Weibes wie beim Manne in die drei
Theile: Musculus ischiopubicus, M. transversus perinei profundus und M.
urethro vaji'iiialis. Der M. ischiopubicus verhält sich wie beim Manne (s. S. 407); seine
Sehnen sind das Ligamentum arcuatum pubis und praeurethrale; er fehlt aber häu-
figer und ist schwächer. Kali seh er hat diesen Muskel in seine Beschreibung nicht
mit aufgenommen. Der M. transversus perinei profundus Holl's steckt in
denjeni<2^en Fasern der Pars anterior Kalischer's, welche in der Nähe der Synostosis
ischiopubica inseriren. Ich verweise auf meine S. 205 gegebene Beschreibung beim
Manne, welche auch für diese Abtheilung des weiblichen Musculus trigoni Geltung
hat, und sich näher an Hol! anschliesst. Doch muss ich Kali seh er völlig Kecht
geben, wenn er behauptet, dass beim Fötus und bei Kindern nur rein circuläre
Fasern um die Urethra (bezw. die Sch(*.ide) im Bereiche des Muse, trigoni existiren,
die nirgends eine Anheftung an den Knochenrahmen aufweisen ; in dieser Altersperiode
ist also der M. trigoni ein reiner M. urethralis (Mann) oder urethrovaginalis (Weib),
und es besteht noch kein M. transversus perinei profundus im strengen Wortsinne.
Erst später stellen sich die Beziehungen zum Knochen und zu den Bändern ein, die
auch Kali seh er zugibt, freilich nicht in dem Maasse, wie Hol! und ich.
Der Musculus urethrovaginalis Holl's entspricht dem Rhabdosphincter
urethrae des Mannes (S. 406/407) und der Hauptsache nach der Pars media Kalischer's,
enthält aber auch einen Theil der Fasern der Pars anterior, und zwar diejenigen, welche
zur Glandula vestibularis major gehören. Zwar erwähnt an der betreffenden Stelle
(S. 253) Ho 11 diese Drüsenmuskelpartie nicht besonders beim Weibe, wohl aber beim
Manne, und verweist auf die für letzteren gegebene Beschreibung.
Luschka^), Lesshaft^) und Tschaussow^) haben als Musculus constrictor
vestibuli (Sphincter vaginae, Sphincter vaginourethralis Tschausso w) eine gestreifte
Muskel portion beschrieben, welche (nach Luschka) vorn im Septura urethrovaginale,
s. w. u., entspringen, die Scheide ringförmig umgreifen und hinter derselben im
Centrum perineale enden soll. Tschaussow, welcher die genauesten Angaben hat,
lässt vorn den Muskel im Angulus intercruralis (clitoridis) enden, hinten am Centrum
perineale; demnach würde ein solcher Muskel kein reiner Sphincter vaginae sein, son-
dern, wie Tschaussow ihn auch benennt, ein Sphincter vaginourethralis. Mir scheint
es, dass derselbe theils in der Pars anterior, theils in der Pars media Kaiisch ers
enthalten ist. Ho 11 entscheidet sich über die Zugehörigkeit dieser Fasern, die von
den 3 genannten Autoren, Luschka, Lesshaft und Tschaussow, verschieden be-
schrieben werden, nicht; sie könnten sowohl zum ßulbocavernosus, als auch zum M.
trigoni zu rechnen sein. Jedenfalls ist eine rein circulär die Scheide um-
1) Luschka, H. v., Die Muskulatur am Boden des weiblichen Beckens. Denk-
schriften der K. Akad. d. Wissensch. zu Wien. Mathem.-naturw. Kl. Bd. 20. 1862.
2) 1. c. [S. 212].
3) 1. c. [S. 212].
Regio analis des Weibes. 429
grelifende gestreifte Muskelpartie, also ein reiner Sphincter vaginae,
nicht sicher nachgewiesen.
In Fig. 77 ist der Musculus trigoni, allerdings noch von seiner perinealen Apo-
neurose bedeckt, in der Weise, wie er bei der Präparation vom Damme her als Ganzes
in Sicht kommt, dargestellt.
Auf die Wirkungsweise dieser Muskeln, sowie auf ihre Gesamtbeziehungen
zu den weiblichen Beckenorganen wird bei Besprechung der letzteren zurück-
zukommen sein.
Die Verhältnisse der Fascien sind in der Hauptanlage dieselben wie
beim Manne; nach Abhandlung der weiblichen Beckenorgane folgt noch eine
übersichtliche Darstellung derselben beim Manne und beim Weibe. — Im Tri-
gonum eingeschlossen liegen die Arteria clitoridis in Begleitung des Wurzel-
gcfässes der Vena pudcnda interna und des Nervus dorsalis clitoridis;
die Lage ist dieselbe; wie beim Manne (Fig. 57 und 57 a).
O. Tiefes (subsertfses) Lag^er der Regio urogenitalis.
Bezüglich des hier in Frage kommenden Eecessus pubiciis fossae
ischiorectalis vgl. das S. 207 Gesagte. Auf der Beckenfläche des Trigonuui
ruhen subserös beim Weibe zunächst die Harnblase, die hintere Wand der
Scheide, die Becken fascie und die vorderen Vcncnplexus (pudendalis und
vesicovaginalis). Weiter aber sind hierhin noch der Uterus, das Liga-
mentum ovarii und die Anf angstheile des Ligamentum latum und der
Tube zu rechnen, da sie ebenfalls subserös in dem genannten Bereiche gele-
gen sind.
Regio analis.
Die allgemeinen Verhältnisse der Regio analis sind dieselben wie
beim Manne, s. S. 207, Auch ist die Eintheilung in die verschiedenen Schichten
dieselbe.
A. Haut. Hautmuskeln.
Vgl. S. 134 und 208. Ich füge dem S. 208 Gesagten hinzu, dass ich
die von den beiden Abtheilungen des Musculus levator ani, die H o 1 1 unter-
scheidet, nach Letzterem in die Haut des Afters übergehenden Sehnen-
fasern bestätigen kann.
B. Fettgewebe der Fossa isohioreotalis.
Vgl. hierüber S. 193 und 208 und die an letzterem Orte citirten Figuren.
C. Mnsonliui sphincter ani externa«.
Der Musculus sphincter ani extern us verhält sich beim Weibe
wie beim Manne. Vgl. S. 208 und Fig. 77. Die vorn am Centrum perineale
sich kreuzenden Bündel des Sphinkter sind in der Figur zu stark und zu sehr
abgerundet ausgefallen. Man sieht dort auch (linke Seite der Figur) einen
üebergang von Sphinkterfasern in den Musculus transversus perinei superficialis.
430 Nerven und Gefässe der Kegio analis des Weibes. Diaphragma pelvis.
D. Oberfläohliohe Nerven nnd Oefässe der Beg^io analis.
Vgl. S. 209. Ferner S. 140, 200 (Lymphgefässe) 212 und 218. In Fig.
77 sind (links) die Venen, rechts ein Theil der Nerven abgebildet; die Er-
klärung ergibt sich unmittelbar aus den Bezeichnungen.
E. Diaphragma pelvis (Mosoulus levator ani, mosoalus ooocygreus).
Die Ursprungs- und Ansatzverhältnisse der Muskeln des Diaphragma
pelvis sind wie beim Manne, und es sei dieserhalb auf S. 209 verwiesen.
Hier ist nur hervorzuheben, dass die Portio pubococeygea des Muskels,
d. i. der Levator ani im öinne H e n 1 e 's und der meisten neueren Autoren,
dicht an beiden Seiten der Scheide vorbeizieht, und so in Beziehungen
zu derselben tritt, indem er als Compressor lateralis des Vaginal-
rohres tungirt; er liegt dabei der Scheide höher oben, d. h. mehr uterin-
wärts an, als die vorhin genannten Fasern des Bulbocavernosus und des Muse,
trigoni urogenitalis. Ferner aber kann er dadurch auf die Scheide wirken,
dass eine Anzahl seiner Fasern vor dem Rectum zur Haut und zum Centrum
perineale herabsteigen; diese heben die Haut des Dammes und dessen gesamte
Masse und ziehen sie nach vorn, wodurch das Scheidenrohr verengert und
namentlich dessen hintere Wand gehoben und gestützt werden muss. Der
Musculus levator ani hat deshalb für die Scheide eine grosse Wichtigkeit.
Weiteres s. Kap. „Scheide" und „Vaginismus".
Ein Ansatz von Muskelfasern des Levator ani an die
Scheidenwand selbst findet nicht statt.
Der Musculus coccygeus verhält sich wie beim Manne (s. S. 211).
Zur Vervollständigung der !S. 2U9 gegebenen Beschreibung des Diaphragma
pelvis füge ich hier dessen Kintheilung nach Holl 1. c. [S. 406] noch an:
Ho 11 unterscheidet am Diaphragma pelvis (Diaphragma pelvis rectale Holl)
vier Muskeln; 1) Den Musculus ischiococcygeus; es ist dies der S. 211 beschrie-
bene Musculus coccygeus der Autoren. 2) Den Musculus iliococcygeus. Dieser
Muskel ist identisch mit dem von Henle beschriebenen M. ischiococcygeus, den er
in richtiger Weise vom Levator ani der Autoren abtrennte, da er von einem beson-
deren Nerven versorgt wird. Diese Trennung fülirt (s. bei Holl) auf die vergleichend
anatomischen Beluude von Strauss-Dürckheim^) zurück, und ist neuerdings ins-
besondere von Kollmann 1. c. [S. 212J, Lartschneider l. c. [S. 207] und Holl be-
gründet worden. Vergl. die Beschreibung S. 210. 3) Den Musculus pubococcygeus.
4) Den Musculus puborectalis. Holl zerlegt in diese beiden Muskeln den 8. 210
beschriebenen Musculus pubococcygeus (Kollmann, Lartschneider), welcher
den Henle 'sehen Musculus levator ani bedeutet. Der M. puborectalis Holls um-
fasst diejenigen Faserzüge, welche sich unmittelbar an den Sphincter ani externus
anschliessen und hinten um die Pars perinealis recti herumgehen, um in das Liga-
mentum anococcygeum zu inseriren. Der Musculus pubococcygeus HoU's tolgt
mit seiner hauptsächlichen Insertion am Steissbeine hoher oben (beckenwärts) auf den
M. puborectahs. Beide Muskeln, der PuborectaHs sowohl, wie der Pubococcygeus,
haben indessen auch Insertionen in der Haut und am Rectum (s. vorhin sub A); der
1) Strauss-Dürckheim, Anatomie descriptive et comparative du chat. Paris,
1845.
Gefässe u. Nerven der Reg. perin. Centrum perineale des Weibes. 431
Musculus pubococcygeus, indem zwischen seinen Bündeln bindegewebige und elasti-
sche Fasern hervortreten, welche die Sphinkterbündel durchsetzen und in der Haut
inseriren, ferner, indem ein Theil seiner Fasern (der innersten, unmittelbar an der
Symphyse entspringenden) an der Vor der wand des Rectum zur Haut hinabsteigt.
Vom Musculus puborectalis ziehen Fasern zur Vorderseitenwand des Rectum, und
ihre Sehnen gehen mit den elastischen Sehnen der glatten Längsmuskulatur des Rectum
zur Haut am Anus und zum Centrum perineale. Der Musculus puborectalis ist der
Hauptsache nach, wegen der schleifenförmig hinten das Rectum umgreifenden Fasern,
ein Sphincter recti, kann aber mit dem Pubococcygeus zusammen, wegen der am
Rectum herablaufenden, den Sphincter ani durchsetzenden und in der Analhaut
endenden Fasern auch als richtiger Levator ani wirken.
F. Vasa pudenda interna. Hervi res^onis perinealii.
Die Verhältnisse sind für diese Gebilde dieselben, wie beim Manne; man
wolle S. 212 vergleiche«; wo die für das Weib zu berücksichtigenden Aendc-
rungen bereits angegeben sind; ferner S. 425 und Fig. 77. Weiteres folgt
noch bei Besprechung der weibliehen Geschlechtsorgane. Die venösen Becken-
plexus des Weibes werden am besten erst nacli Absolvirung der weiblichen
Beckeneingeweide besprochen.
G. Centrum perineale.
Das Centrum perineale verhält sich beim Weibe, wie beim Manne.
In Fig. 77 liegt es an der Stelle der zwischen Scheide und Anus sich kreu-
zenden beiden Bündel des Musculus sj)hincter ani externus, und zwar unter
denselben. Es ist nur zu erwähnen, dass es stärker ausgebildet ist, wie beim
Manne und aus dicht verwebten bindegewebigen und elastischen Fasern, nebst
glatten Muskelfasern besteht; ein grosser Theil der gestreiften Muskulatur des
Dammes und des Diaphragma pclvis (Levator <ani) inseriren in der elastisch
bindegewebigen Masse (s. S. 219).
Pathologische Zustände der Regio perinealis.
Für die Besprechung derselben ist z. Th. auf das S. 219 Gesagte zn ver-
weisen. Für das Weib wären noch besonders zu besprechen: die Dammrisse,
die Vorfälle nnd die Hernien; letzteres beides auch noch für den Mann;
bei diesem handelt es sich nur um die viel selteneren Mastdarmvorfälle; auch
Perinealhernien* sind bei ihm sehr selten. Am besten wird alles dieses im Zu-
sammenhange erledigt, und zwar nach der Darstellung der weiblichen Becken-
organe.
V. Schoossgegend (Regio pubica) (1) und Schamgegend
(Regio pudendalis) (2).
Das äussere Bild der Regio pubica des Weibes ist S. 3— 12 ge-
schildert worden ; die R e g i o p u d e n d a 1 i s, der Bezirk der äusseren Ge-
schlechtstheile, erstreckt sich, wie bemerkt, weit in die Regio perinealis hinein,
bis fast zur Regio analis hin. Wie beim Manne, so unterscheiden wir auch
432 Schoossgegend des Weibes.
beim Weibe in der Regio pubica einen oberen (kranialen) Abschnitt, welcher
die oberhalb der Symphyse gelegenen, dem Mons pubis zugehörigen Theile
begreift, und einen unteren (kaudalen), als welcher der Syniphysenbezirk anzu-
sehen ist.
Regio pubica.
Die Schichtenfolge in der Regio pubica ist dieselbe wie beim Manne,
s. S. 220; nur muss es in der zweiten Schicht hcissen: statt „Samenstrang^S
„Ligamentum teres uteri" und statt „Ligamentum Suspensorium penis",
„Ligamentum Suspensorium clitoridis" und gleicherweise „Liga-
mentum f u n d i f 0 r m e clitoridis".
A. Haatsohioht.
Abgesehen von den» S. 5, 15 u. 134 Gesagten, ist das Kapitel „Aeussere
Geschlechtstheile des Weibes" zu vergleichen.
B. Fasoia superfloialis and subfasolale Bildung^en.
Die S. 222 gegebene Beschreibung hat bereits die Verhältnisse beim Weibe
berücksichtigt und es ist dort auch auf i^'ig. 78 verwiesen worden. Wir erblicken
in dieser das Bild der Regio pubis nach Wegnahme der Haut und des sub-
kutanen Fettgewebes, welche zusammen durch einen Bogenschnitt abgelöst und
nach unten umgelegt sind. Bei 4, 4, 4 a und 4 a ist die Fascia clitoridis von
ihrer Befestigung am Schambeinrande abgetrennt und dadurch das subfascialc
Clitorisfach eröflnet worden, welches nach oben in das subfascialc Gewebe des
Bauches übergeht. (S. die Beschreibung ö. 222,) Auch die Ligamenta fundi-
forme und Suspensorium clitoridis sind entfernt, so dass das Ligamentum ar-
cuatum pubis völlig frei wurde. Besonders wichtig in der Figur ist das Bild
der Symphyse mit dem Ligamentum arcuatum pubisy ferner das der beiden
subkutanen Leisteuringe mit den aus ihnen heraustretenden runden Mutterbän-
dern, welche bei dem Zurücklegen der Haut abgeschnitten wurden.
Man erkennt, genau der Symphyse entsprechend, an deren oberem Rande
einen kleinen Vorsprung, daneben, links wie rechts, eine kleine Vertiefung;
dicht am unteren Umfange des Leistenringes, m der Figur vom Ligamentum
teres verdeckt, liegt das leicht durchzufühlende Tuberculum pubicum. Alles
dieses, sowie die beiden, ebenfalls sehr hervortretenden Crura des Leistenringes
dienen zur Orientirung bei der Aufsuchung des Ligamentum teres uteri. Wei-
teres über das letztere siehe beim Kapitel: „Rundes Mutterband".
In der Figur erkennt man ferner die Konturen der Musculi adductor longus
und gracilis, die Bauchaponeurose, die Crura und die Glans clitoridis und deren
dorsale Gefässe und Nerven, worüber bei den Geschlechtsorganen das Nähere
angegeben wird. Die durchschnittene kleine Symphysenvene, welche mit der
Vena dorsalis clitoridis anastomosirt und häufig gefunden wird, ist S. 223
beschrieben worden.
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^■inii iHibis <Tsr'hriiit in Iiiiriiciil fiVlni' llrritr ihm! wcirlil ii.ir'li liiüir-ii ziirfii^k,
l.iilrrli.'iih d'iNsi'llMii ki»iiiiiil .iti fit'fd't'ii Sclivii riii kli^iiK^s Sliiek drs Li-
i^'ii iii ^'11 1 II 111 |i r;i (M! ri' I li IM I i- ziiiii \"Mrsr|ii'iti, iii w t'l^'Iirni !ii;ni ilit« 1 hii'i'liirilr^^
sli-lliii (Ivr iH'uhni ,X'<'rvi <|fM^s:^!<^< '^' 1 1 1 <» r i i! i s mIs zw^-i iliiiikir iSfi'Uni niiif^',.
ilvnii't ihu\vt. Wiv N<i:"\-i'{i >r!lisl. ,«iv\f<^ (liv Arl<Ti;ii/ sl«>ivs;ilrs i-filoriilis
<hul tijllrriil ; <k!i,ü'i'^tMi i<i die* Venu <l<,M's:ilfs ,s ii h f ji si' i;i I i s rrlL-illrn.
i^ii' zw'is-'litii iN'ifkif riMti*;} rliiiHiflis li«'i:-iiHli' I ''i'\Vi'li>fii;rsM\ iilni' firi'iMi
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4ä6 Weichtheile der inneren Beckenwand des Weibes.
Für die Symphysis ossium pubis, D,, wird auf S. 33, 229 und auf
das eben zu Fig. 79 Bemerkte verwiesen.
E. Die hinter der Symphyse belegenen Tlicile, insbesondere
die Vasa retropubica. Da bereits S. 230 die Fig. 80, welche nach dem
Präparate einer weiblichen Symphysengegend gezeichnet ist, genau beschrieben
wurde, so kann darauf Bezug genommen werden.
Regio pudendalis.
Die Regio pudendalis imifasst (s. Figur 4 und S. 3) die äusseren
Geschlcchlstheile. Wenn wir bei der Besprechung der Regio pudendalis des
Mannes (S. 231) eine kurze Schilderung der topographischen Verliältnisse gege-
ben haben, so ist dieses beim Weibe unnöthig, da die später zu erstattende
Beschreibung der äusseren weiblichen Geschlechtsorgane sich viel natürlicher
als beim Manne mit der regionären Topographie in Verbindung bringen lässt;
es wird daher auf das betreffende Kapitel verwiesen.
Innere Topographie des weiblichen ^Beckens: Die Weich-
theile der inneren Beckenwand und die von ihnen
begrenzte Höhle Oavum pelvis musculare.
Die Seite 233 und 234 gegebene üebersichtsschilderung des männlichen
Beckenraumes kann grösstentheils auch für das weibliche Becken gelten. Für
die besonderen Verhältnisse des letzteren ist auf Fig. 70 und deren Beschrei-
bung (S. 418 u. 419) zu verweisen.
Die Weichtheile der hinteren Beckenwand.
Für die Weichtheile der hinteren Beckenwand gilt die S. 236 gegebene
Beschreibung, ferner die Schilderung der Regio sacralis des Weibes, wozu die
Figg. 61, 76, 84 und 84a verglichen werden müssen.
Die Weichtheile der seitlichen Beckenwand.
Die Weichtheile der seitlichen ]3eckenwand des Weibes sind gnisstentheils
dieselben wie die des Mannes, und wolle man zunächst die Seite 236 — 240 ge-
gebene Darstellung, sowie die Figg. 76 und 81a zu ihrer Kenntnissnahmc
benutzen. Es ist dort auf die Verhältnisse des weiblichen Beckens auch bereits
Rücksicht genommen worden.
In Fig. 81a ist ein Bild der Weichtheile der Seitenwand des weiblichen
Beckens gegeben, wie dieselben durch das Bauchfell hindurch erkennbar sind.
Dazu kommen die dort lagernden beiden Eingeweide, die Tuba Falloppü
und der Eierstock. Von vorn nach hinten gehend, sieht man zunächst die
Plica vesicalis transversa, welche die Fossa paravesicales anterior
Innere Weichtheilc der vorderen und der unteren Bockenwand des Weibes. 437
von der Fossa paravesicalis posterior scheidet. Durch die Fossa para-
vesicalis anterior zieht sagittal nach oben die Fortsetzung der Arteria umbili-
calis =^ Lii^anicntnm vesicounibilicale laterale; von ihr geht, lateral
vom Ligamentnm tcres uteri nnd der Plica vesiealis transversa, beide Bildungen
kreuzend, die Arteria vesiealis superior ab. Die hintere Grenze der Fossa
paravcsicalis posterior bildet beim Weibe das Ligamentum teres uteri
fPars pelvina desselben), welches an Stelle des Ductus deferens tritt und wie
dieser über die Vasa epigastrica inferiora bogenförmig zum siibperitonäalen
Leistenringe verläuft. Wir vermissen hier beim Weibe die Vasa spermatica
interna und sehen diese (s. a. Fig. 146) weiter nach hinten in einem ziemlich
dicken Strange, dem Ligamentum Suspensorium ovarii, über die Vasa
iliaca externa an die ümbiegungsstelle der Tuba Falloppii und an den oberen
Pol des Eierstockes (Tnbenpol) treten. Hierin liegt ein weiterer bemerkens-
werther unterschied zwischen dem inneren Beckenbilde des Mannes und Weibes.
Hinter dem Ligamentum teres uteri, zwischen diesem und dem Ureter,
mit den Vasa hypogastrica (nach hinten) liegt die tiefe Fossa obturatoria;
sie wird l)cim Weibe gewöhnlich durch die Pars ascendens tubae und das
Endstück des Ligamentum Suspensorium ovarii in zwei ünterabtheilungen, eine
vordere und eine hintere, zerlegt. Tn der flacheren vorderen erblicken wir die
Arteria umbilicalis; mitunter schimmern auch noch der Nervus und
die Vasa obturatoria durch (in der Figur nicht erkennbar; siehe jedoch
Fig. 62 vom Manne). In der hinteren liegt der Eierstock. Sehr häufig
ist dessen Lagerstätte noch zu einer besonderen, ihn genau aufnehmenden
Grube, der Fossa ovarica ausgetieft. (S. Kap. „Eierstock".) Oberhalb des
Eierstockes besteht noch eine besondere kleine dreieckige Vertiefung, in dem
W^inkcl zwischen Ureter und Vena iliaca externa, in welcher der N e r v u s ob-
turatorius, und, häufig, ein Truncus communis arteriae umbili-
calis et u t e r i n a e gelegen sind.
Die Weichtheile der vorderen Beckenwand.
Für die Weichtheile der vorderen Beckenwand kann auf die Figur 63,
S. 241 und die dort gegebene Beschreibung verwiesen werden; nur ist an Stelle
des Ductus deferens das Ligamentum teres uteri zu setzen. Fig. 64,
S. 242 passt für das Weib, wie für den Mann.
Die Weichtheile der unteren Beckenwand.
Für die Weichtheile des weiblichen Beckenbodens gilt die Seite 242 bis
244 gegebene Schilderung, und es kann Fig. 65 zur Veranschaulichung der-
selben mit der Erweiterung benutzt werden, dass zwischen Prostata und Harn-
röhre (6) und Rectum (7) noch das Vaginalroll r den Musculus Icvator ani
durchsetzt, und dass das Centrum perineale zwischen Rectum und Scheide zu
verlegen ist, ferner, dass die Harnröhre ohne Prostata, als einfaches Rohr, er-
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Beckeiieiiigeweide des Weibes.
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440 Beckeneingeweide des Weibes. Uebersicht.
Menge Fäkalmassen. Von hinten nach vorn gezählt, folgen aufeinander: das
Rectum, die Scheide mit dem Uterus und die Harnblase mit der Harn-
röhre. Ein beträchtlicher Thcil der Harnröhre, der Scheide wie des Rectu^i liegt
unterhalb der Ebene des Beckenausganges, zusammen mit dem Damme
und mit den äusseren Geschlechtstheilen. Von letzteren sieht man in Figur
81a die grossen und die kleinen Schamlippen, den Medianschnitt des vor-
deren Clitorisendes, mit der nach rückwärts und abwärts gebogenen Eichel,
die rechte Hälfte des Vestibulum vaginae mit den Mündungen der Harn-
röhre und der Scheide, dahinter den tief herabtretenden, stumpf abgerun-
deten Damm und hinter diesem die Pars perincalis reeti mit dem Anus,
der hinteren Partie des M. sphincter ani externus mit dem Ligamentum
anococcygeum. Zwischen Symphyse und Harnröhre treffen wir den oberen
und unteren prävesicalen Fettkörper, die Vena dorsalis clitoridis sub-
fascialis und die Durchschnitte der Venen des Plexus pudendalis und der
Dammmuskulatur. Zwischen Scheide und Harnröhre liegt das feste Septum
urethrovaginalc, dem nach oben das mehr lockere Septum vesicovagi-
nale und vesicouterinum folgt. Oberhalb des Dammes liegt das gleich-
falls lockere Septum recto vaginale. Deutlich treten die Excavationes
vesicouterina und rectouterina mit der Plica rectouterina hervor. Vorn
auf der Blase sieht man die Plica vesicalis transversa.
Fii^-. 81 zeigt in beiden Excavationen Dannsclilin«:en: wir werden auf das Ver-
hältniss dieser zu den inneren Geschleehtsor^-anen des Weihes später näher eingehen
(vgl. darüber auch das S. 259 Gesagte).
Alle die genannten Theile nehmen den mittleren Theil der kleinen
Beckenhöhle ein. In die grosse Beckenhöhle ragt keiner derselben bei
massiger Füllung hinauf. Dies ändert sich bei starker Ftillung der Blase, wie
wir schon beim Manne sahen, und bei vorgeschrittenem graviden Zustande der
Gebärmutter (s. w. u.).
An der seitlichen Beckenwand (s. Figur 81a) finden wir an
Beckeneingevveidcn, von vorn nach hinten gehend, das Ligamentum teres
uteri, die Pars ascendens und descendens tubac, den Eierstock
und den Ureter (vgl. die S. 436 gegebene Schilderung).
Zur Uebersicht der Lage der weiblichen Beckenorgane soll auch Fig. 76
(Querschnitt) dienen. Wir sehen in dieser Figur die Gebärmutter, wie so häufig,
extramedian gelegen, und zwar nach links.
Ein Theil der genannten Eingeweide liegt auch, während er von der Harn-
blase bezw. der Gebärmutter sich zur seitlichen Beckenwand begibt, eine
kürzere Strecke auf dem Beckenboden, namentlich dann, wenn der Uterus
nach einer Seite abgewichen ist, auf der freien Seite (s. Figg, 76 und 82
rechte Seite).
Fig. 82/) gibt eine Uebersicht der Lage der Beckenorgane und der
1) Diese Figur ist eine verbesserte Wiedergahe der Fig. 1, Tafel T, aus: „Wal-
deyer, Beitrag zur Kenntniss der weiblichen Beckeuorgunc. Bonn, 1892. Friedrich
Cohen'*, und ist nach der Leiche einer siebzelmjährigen Jungfrau gezeichnet.
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442 Beckeneiiigeweide des Weibes. Uebersicht.
gesamten Ranmverliältnisse des Beckens hei der Ansieht von ohen. Wir
sehen zunächst die wichtigsten Bcstandtheile der Beckenwandun^ auf
dem Durclisehnitte. An der hinteren Wnnd sind durch Wegnahme eines Theiles
des Bauchfelles ein Stück der Wirhelsäule und der Musculi psoas und
iliacus, die Aorta mit ihrer Theilung imd ebenso die Vena cava inferior,
die Vasa spermatica interna und (links) ein Theil des sympathischen
ftrenzstranges freigelegt worden. Wir erblicken ferner, vom Querschnitte
des Colon pelvinum ausgehend, die beiden Blätter des Mesosigmoideum
quer durchgeschnitten und die darin liegenden Gefässe. Im übrigen ist die
Serosa erhalten, sodass man erfährt, welche Tlieile durch dieselbe hindurch
gesehen werden können. Es sei hier gleich auf das reichliche subseröse
Fettbindegewebe aufmerksam gemacht, wie man es bei normal ernährten,
gesunden Frauen immer trifft.
Wir überblicken ferner in der Figur das ganze Cavum serosum pel-
vis majori 8 und minoris; links und rechts die beiden seitlichen Abthei-
lungen des grossen Beckens, vorn, hinter beiden sich vorbauschenden Musculi
recti, dessen mitttlere Atheilung, welche an der hier sichtbaren Harnblase in
den kleinen Beekenraum tibergeht.
Der Letztere erscheint in seiner überaus charakteristischen, am Eingange
unregehnässig dreieckigen, nach der Tiefe hin trichterförmigen Gestalt; hinten
begrenzt vom Vorsprunge des Promontorium, seitlieh von den Vasa iliaca.
Das Rectum, dessen oberes, noch zum Colon sigmoideum gehöriges Ende man
im Durchschnitte sieht, nimmt die hintere, die Gebärmutter die mitt-
lere, die Harnblase die vordere Abtheilung des Raumes ein. (S. w.
u. Kap. Cavum serosum pelvis fem.). Der Scheitel der letzteren geht zugespitzt
in das Ligamentum umbilicale medium über ; seitlich sieht man die
Ligamenta umbilicalia lateralia und die Vasa epigastrica infe-
riora. Quer zwischen Uterus und Blase zieht, sehr deutlich hervortretend,
die Plica vesicalis transversa her. In der Gebärmutterabtheilung
tritt der birnfilrmige Uterus mit der hinteren Fläche seines Corpus und dem
Fundus hervor; er liegt nach vorn zur Blase hin geneigt und gebeugt
(s. a. Fig. 81a und 83). Zu beiden Seiten in derselben Abtheilung finden
wir die Adnexa uteri; Ligamentum uteri teres, Tube, Liga-
mentum ovarii, Ovarium und das Ligamentum latum uteri, dessen
hintere obere Fläche wir überblicken.
Zwischen Tube und Ligamentum ovarii sehen wir rechts die Vasa tubo-
uterina; links sind dieselben, ebenso wie der Eierstock, wegen der dorthin
gewendeten extramedianen Lage des Uterus nicht sichtbar.
Hinten läuft das Ligamentum latum in zwei bogenförmig das Rectum um-
fassende Falten aus (P 1 i c a e r e c t o u t e r i n a c [Douglas i]), welche mit
scharfem Rande den Eingang in den Fundus der Excavatio rectouterina um-
säumen.
Von den äusseren Geschlechtstheilen ist nur der Mons pubis
in der Figur sichtbar.
'i '¥
444 Beckeneingeweide des Weibes: Uebersicht.
Weiteren Aufschluss über die Gesamtlage der weiblichen Beekenorg:ane
gewährt dann die Fi^iir 83, zu welcher man noch Figur 51 vergleichen
möge. Beide Figuren sind durch Präparation von aussen nach Wegnahme des
einen Hüftbeines gewonnen.
Fig. 51 zeijit die rechte Seite und dringt nicht ganz bis zu den ßecUenein-
geweiden vor. Fig. 83 zeigt die linke Seite und dringt bis zu den Eingeweiden vor,
wobei ein Theil der GefJisse und Nerven entfernt werden inusstc.
Tn Fig. 51 ist die Stelle des vorderen und hinteren Scheiden-
gewölbes durch einen runden Punkt bezw. durch ein Kreuz markirt. Die
Ziffer 58 bezeichnet die Lage der Harnblase, 52 die des 0 varium, dessen
Grenzen ausserdem durch Punkte umschrieben sind; auch der Ureter ist im
gWissten Theile seines Verlaufes zu übersehen (5 5 gelb). Den Lauf des
Rectum fixiren die ZiflFern 81, 31; 37 ist die Analöffnung, 38 der
Damm, 48 dasOrificium extern um urethrae, 40 die Gl ans clito-
ridis. Auch die übrigen äusseren Geschlechtstbeile, Labium majus, minus,
Mons pubis sind zu sehen. So gibt diese Figur ein instruktives Bild von
der Lage der Eingeweide zu den Beckenknochen, Muskeln und Gefässen.
Dies Bild wird ergänzt durch Figur 83, Man sieht hier die Harn-
blase fest leer, in ihrer von oben abgeplatteten, schtisselförmig vertieften Ge-
stalt (s. auch Fig. 81a). Auf ihr erhebt sieh die Plica vesicalis trans-
versa (1). Dahinter, durch die Excavatio vesicouterina getrennt, sehen wir
den antcvcrtirten und anteflcktirten Uterus. Man erblickt oberhalb des
Ureter (gelb), der Arteria uterina ^4), und des Plexus venosus utero-
vaginalis den Körper und Fundus des Uterus in der Profilansicht, um-
säumt von dem durchschnittenen Bauchfelle (3. 3.). Letzteres, in der Figur hell
gehalten, zieht als seitliche Begrenzung der Excavatio rectouterina an
der Innenfläche der Vasa iliaca externa hinauf. Dicht dem Bauchfelle anliegend
ziehen zumeist nach oben die Arteria uterina, nahe darunter der Ureter
und im weiteren Abstände der Venen stamm, welcher vom Plexus vesico-
vaginalis und uterovaginalis zur Vena hypogastrica führt; diese drei
Theile liegen dem Bauchfelle, also der Cavitas serosa und den Eingeweiden
dicht an. Weiter lateralwärts zeigen sich der Nervus und die Vasa obtura-
toria, welche abgeschnitten sind. Mehr nach hinten verlaufen der Nervus
und die Vasa pudenda, von deren Arterie ein im weiteren Verlaufe abge-
schnittener Kamus vesicalis (8) seinen Ursprung ninmit. Hinter diesen liegen
querdurchschnittene Aeste des Plexus sacralis und der Vasa glutaca.
Oberhalb des Musculus levator ani, welcher, sowie die ihn deckende
Bcckenfascie (Fascia pclvis) mit scharfem Rande durchschnitten ist, sieht man
einen Theil der Harnröhre (5), dahinter das Septum urethro vaginale,
die Scheide (6), dahinter das Septum rectovaginale und dann das Re-
ctum, welches (bei 7) von der Seite her eröffnet ist. Ebenso ist die Scheide
eröffnet, sodass man die Portio vaginalis erkennt und sich ein l^ild von
der Gesamtlage des Uterus machen kann. Die Stelle des tiefsten Endes der
Excavatio rectouterina ist durch ein weisses Kreuz markirt.
Mastdarm des Weibes. Excavatio rectouterina. 445
unterhalb des Levator ani erscheint das hinten abgeschnittene Grus c 1 i-
toridis und die Glans clitoridis; unterhalb des Crus das durchschnittene Tri-
gonum urogenitale. Zwischen Levator ani und Musculus sphincter ani
e X t e r n u s ist durch Präparation eine grössere Lücke hergestellt, durch welche
man die Pars p e r i n e a 1 1 s r e c t i sieht. Der blaue Punkt auf der Mitte
des Musculus sphincter ani externus bezeichnet die stelle des Anus, weiter
vorn der rote Punkt auf dem Musculus bulbocavernosus die ;S teile des
Orificium vaginae und der gelbe Punkt die Stelle des Orificium
urethrae extern um. Hält man die Lage dieser Stellen zusammen mit der
Durchschnittslinie des Levator ani, so ersieht man aus der l'igur sofort das
gegenseitige Verhalten des pelviuen und des perinealen Theiles der
weiblichen Beckeneingeweide.
Seitlich (rechts) vom Uteruskörper erblickt man die obere Tubentlexur
mit dem Tubenpole des Eierstockes, beide am Ligamentum Suspensorium
ovarii befestigt, aus der Tiefe des seitlichen üeckenraumes auftauchend.
Mastdarm (Rectum). After (Anus).
Ucbcr die Abgrenzung des Mastdarmes beim Weibe als Ganzes und
die seiner X h c i 1 c, über die Fascia rccti, das pcrirectale Gewebe und
die pcrirectaien Bindegewebsräume, über die Befestigungen des
Rectum, die Blut- und Lymphgefässe desselben, über die anatomischen
Verhältnisse des Anus, über die Altersunterschiede, die physiolo-
gischen und pathologischen Zustände, sowie endlich über die hier
in Betracht kommenden jVl a a s s v e r h ä 1 1 n i s s e des Rectum gilt das, was
Seite 261 — 2b6 für den Mann gesagt worden ist, auch für das Weib, und es
darf sonach für alles dieses auf das daselbst Angeführte verwiesen werden.
Wichtige Unterschiede ergeben sich dagegen in den Beziehungen
des Rectum zum Bauchfelle, in den s y n t o p i s c h e n L a g e v e r h ä 1 1-
nissen und in einigen pathologischen Dingen. Auch wären noch
einige Maassverhältnisse mitzutheilen; endlicü ist die Benutzung des
Rectum zu diagnostischen Zwecken abermals zu besprechen.
Beziehungen des Bectum zum Bauchfelle.
Excavatio rectouterina, Kecessus pararectales.
Während im grossen und ganzen die B ezieh ungen des Rectum zum
Bauchfelle dieselben bleiben, wie beim Manne, kommt es beim VV^eibe, in-
folge der Zwischenlagerung des Uterus und der Scheide, zu einer Verdoppelung
der zum Beckenboden hinabreichenden blinden Bauchfelltasche, welche wir
beim Manne als Excavatio rectovesicalis kennen gelernt und Seite
554 beschrieben haben. Die beiden serösen Becken bodentasclien des Weibes
sind die Excavatio vesicouterina zwischen 131ase und Uterus und die
Excavatio rectouterina zwischen Rectum und Uterus (s. Fig. 81 a)^
hier haben wir es mit der letzteren zu thun.
446 Excavatio rectouterina. Recessus pararectales.
Die Excavatio rectouterina (Douglas i) kommt dadurch 7A\
Stande, dass die Serosa der hinteren Uteruswand sich zwischen Rectum und
Uterus bis auf das obere Ende der Scheide hinabsenkt. Man kann an ihr einen
oberen geräumigeren Theil, Atrium excavationis rectouterinae m. und
einen engeren unteren Abschnitt Fundus excavationis rectouterinae m.
unterscheiden. Die Grenze zwischen beiden Theilen wird, ähnlich wie beim
Manne, durch eine halbmondförmige Falte jcderseits bezeichnet, die
Plica rectouterina. Beide Plicae rectouterinae gehen an der Hinter-
wand der Cervix uteri (s. w. u.) in einander über. Der Uebergang erscheint
bei Neugeborenen und Kindern wie ein mehr oder minder vorspringender Saum ;
bei Erwachsenen nicht selten als ein stärkerer Querwulst; er wird dann „Torus
utcrinus" genannt. In Hcnle's Splanchnologie 11. Aufl. S. 911 ist eine sehr
gute Abbildung des Saumes oder der Falte bei einem männlichen Kinde —
Plica rectovesicalis — Henle — gegeben. Die Falten sind stärker wie beim
Manne, und werden im wesentlichen durch die Ligamenta r e-c t o u t e ri n a
erzeugt, über welche beim Uterus das Nähere gesagt werden soll. Die Falten,
wie den auf der hinteren Uterinfläche liegenden Verbindungssaum, sieht man in
Fig. 81a deutlich hervortreten; ein Tonis uterinus ist in Fig. 85 zu sehen.
Die Durchschnitte der Ligamenta r^-e^i^ute^ina sind in Fig. 84a wieder-
gegeben. ^lA^c^tv»^
Auf die hintere Wand der Scheide reicht die Excavatio rectouterina IV2
bis 2 cm weit hinab, sodass das ganze hintere Scheidengewölbe noch in
den unmittelbaren Bereich des Bauchfelles gezogen wird.
Am Rectum fällt das blinde Ende des Douglas'schen Raumes (Fundus
excavationis rectouterinae) in das untere Drittel der Pars pelvina und entspricht
so ziemlich der unteren Schleim liautquerfalte des Rectum, die unter dem Namen
der Kohlrausch'schen Falte bekannt ist^). Demnach würde diese Falte
etwa in der Höhe des hinteren Scheidengewölbes liegen.
Bei weiblichen Kindern ist ein grösserer Tiefstand der Excavatio recto-
uterina die Regel; ebenso bei männlichen der der Excavatio rectovesicalis.
Ein solcher Tiefstand kann sich erhalten und Veranlassung zu Perinealhernien
geben. S. diese w. u. Zuweilen spaltet sich die eine oder die andere Ex-
cavation unten in mehrere blinde Divertikel, die sich auch abschnüren und
cystisch umbilden können. S. Ziegenspeck und 0. Zuckerkandl 1. c. Kap.
„Perinealhernien". Die Höhe des Fundus excavationis rectouterinae über dem
Anus beläuft sich auf durchschnittlich 5 — 6 cm. Die Tiefe des Fundus ex-
cavationis unterhalb des Ansatzes der Plicae rectouterinae an das Rectum be-
trägt 3 — 5 cm.
In der oberen Abtheilung (Atrium excavationis) finden sich regelmässig
Darmschlingen, der Regel nach das Colon pelvinum oder Theile des Colon
sigmoideum, jedoch auch Dünndarmschlingen (s. Fig. 81). Im Fundus excava-
tionis trifft man unter normalen Verhältnissen keine Darmschlingeu ; hier liegt
1) Vergl die Original figur von Kohl rausch l. c. [S. 2i)h].
profiri a 0 IiI.im'I 11 iii.
448 Syntopie des Rectum beim Weibe.
also die seröse Rectumwand der serösen Wand des oberen Seheidengewölbes
und der hinteren Fläche der Cervix uteri dicht an.
Ebenso wie beim Manne bilden sich auch beim Weibe die Recessus
pararectales aus, welche bei der Präparation von hinten her deutlich zu
beiden Seiten neben dem Rectum erscheinen. Eröffnet man dieselben, so wird
vorn und seitlich das Ovarium mit dem oberen Tubenende sichtbar (s. Fig. 84 a).
Syntopie des Reotum beim Weibe.
Die hintere Fläche des Rectum zeigt beim Weibe dieselben Lagever-
hältnisse wie beim Manne. Es kann daher auf das S. 276 u. 277 Gesagte und
auf die Erklärung der Fig. 84, welche bereits S. 156 u. 419 beschrieben wor-
den ist, verwiesen werden. Vor der Pars pelvina recti liegen in den oberen
zwei Dritteln, getrennt durch die eben geschilderte Excavatio rectoute-
rina bezw, durch Darmschliiigen, die Cervix uteri, der Torus uteri und
die hintere S c h e i d e n w a n d im Bereiche des hinteren S c h e i d e n g c-
w ö 1 b e s. Das untere Drittel ist, abgesehen von den beiderseitigen Muskel-
wänden des Rectum und der Scheide, durch ziemlich lockeres, wenig fetthaltiges
Bindegewebe, Septum rectovaginale, von der Scheide getrennt. Von Lich-
tung zu Lichtung gemessen, beträgt die Gesamtdicke der rectovagi-
naien Zwischenwand kaum 1 cm. Wie bereits S. 263 erwähnt, bildet
das untere Ende der Pars pelvina recti unmittelbar vor dem üebergange in
die Pars perinealis eine deutliche Vor buchtung nach vorn, und hier ist die
Zwischenwand beider Rohre, des Rectalrohres und des Scheidenrohrcs, am
dünnsten (s. Figg. 81 und 8ia).
Mit dem Beginne der Pars perinealis recti verbreitert sich rasch dieses
Septum und wird zum Damme (s. S. 422). Die Entfernung zwischen
vorderem Rande des Anus und dem Frenulum labiorum beträgt
durchschnittlich 3 cm. Ebensoviel beträgt auch die Entfernung des hinteren
Analrandes von der Spitze des Steissbeines (Figg. 81 und 81a).
Man hat die keilförmige Dammmasse ihrer Gestalt wegen als Trigonum
rectovaginale bezeichnet; die Spitze dieses Trigonum würde, dem Gesagten
zufolge, am oberen Ende der Pars perinealis recti liegen, und hier würden
Rectum und Scheide am nächsten zusammentreffen, was bei allen operativen
Eingriffen vom Damme des Weibes aus wohl zu beachten ist.
Zum Septum rectovaginale gehört auch die F a s c i a recti, resp. r e c t o-
vaginalis, welche der Fascia rectovesicalis beim Manne entspricht;
sie ist beim Weibe ebenfalls mit der Serosa am Fundus der Excavatio recto-
uterina verbunden und trägt somit zur Bildung dieses Fundus bei.
Vergleicht man die Richtung des Rectal- und des Vaginalrohres
und der Cavitas uteri, Fig. 81a, so sieht man, dass die Axe der Cavitas
uteri, insbesondere die des Cervicalkanales, nahezu senkrecht auf der Richtung
der Pars pelvina recti steht, dagegen mit der Axe der Pars perinealis recti zu-
sammenfällt, sodass ein in dieser letzteren Axe eingeführtes und bis zum Uterus
in derselben Richtung vorgeschobenes Instrument den äusseren Mutter-
450 Untersuchung vom Rectum aus. Pathologische Zustände.
sam, dass der intraabdominale Druck, der Lage der genannten Axen wegen,
komprimirend auf den unteren Abschnitt der Pars pelvina recti wirken muss,
wozu insbesondere beim Weibe noch der Uterus beitragen kann. Vom und
unten vor der Pars perinealis liegen auch die Glandulae vestibuläres
majores (Bartholini). Wenn dieselben auch weit näher an der Scheide gele-
gen sind, so können sie doch bei Erkrankungen, namentlich Absoessbildungen,
auch fttr das Rectum in Frage kommen.
Fdr gewöhnlich liegt der Eierstock mit dem oberen Abschnitte der
Tube ansehnlich weit vom Rectum entfernt an der seitlichen Beckenwand
Ts. Figg. 81 a und 84a linke Seite, wo der Eierstock mit einem weissen
Ringe, die Tube mit einem weissen Kreuze bezeichnet sind). In manchen
Fällen kommen aber beide Theile auch unter normalen Verhältnissen hinter und
unter den Ureter auf die vordere Abdachung der Douglas'schen Falten
zu liegen und gerathen dann in die Nähe des Rectum; näheres siehe Kapitel
„Eierstock".
Untersuohiing der Beokenhöhle vom Beotum ans.
Die Untersuchung des Beckens und auch eines Theiles der Abdominal-
eingeweide vom Rectum aus ist bereits (S. 285) berticksichtigt worden. Es
sei hier noch kurz auf ein paar besondere Verhältnisse beim Weibe hingewiesen.
Die Exploration der Blase und Harnröhre vom Rectum aus ist zwar heim Weibe
nicht unmöglich, bietet aber, der Äwischenlagerung der Scheide wegen, srrössere Schwie-
rigkeiten als beim Manna. Bemerkenswerth dagegen ist die grosse Deutlichkeit, mit
welcher der untere Gebärmutterabschnitt mit seiner Umgebung vom Rectum her ab-
getastet werden kann; vor allem bietet die kombinirte Untersuchung vom Rectum
und von der Scheide aus grosse Vortheile. Schwierigkeiten kann hier manchmal eine
stark entwickelte Kohlrausch'sche Falte mit sich bringen, namentlich wenn ober-
halb derselben Skybala versteckt geblieben sind (vergleiche Ho Ist ^). Ausser der
Seite 286 empfohlenen Knieellenbogenlage sind auch die Rückenlage mit erhöhtem
Steisse und die Seitenlage für die Untersuchung per Rectum günstig.
Pathologlsohe Zast&nde des Reotom beim Weibe.
Insbesondere wichtig und aus anatomischen Verhältnissen ohne weiteres erklär-
bar ist die Mitleidenschaft, in welche das Rectum durch Erkrankungen der Scheide,
der Gebärmutter und des Dammes gezogen wird. Hauptsächlich sind hier die Damm-
risse, welche bis zum Rectum vordringen können und die von der Scheide her
kommenden Einrisse, welche zu Mastdarm scheiden fisteln führen, zu erwähnen.
Ferner ist es durch die Berücksichtigung der anatomischen Verhältnisse, insbesondere
der vorderen Ausbuchtung des Rectum an der Grenze der Pars pelvina und peri-
nealis (s. Figg. 81 und 81a) ersichtlich, dass Vorfälle der hinteren Scheiden-
wand solche des Rectum fast mit Notwendigkeit nach sich ziehen müssen. An-
dererseits haben Vorfälle des Rectum Senkungen des Uterus und der hinteren
Scheidenwand im Gefolge.
Schliesslich ist auf die viel grössere Infektionsgefahr, welche dem Rectum
des Weibes seitens seiner Genitalorgane droht, hinzuweisen. Infektiöse Ausflüsse
der Scheide können leicht über den Damm hinweg den Anus erreichen und, bei nicht
genügender Sorge für Reinlichkeit, den krankhaften Process auf die Mastdarm-
schleimhaut übertragen.
1) Holst, Beiträge zur Gynäkologie und Geburtskunde. I. Tübingen, 1865.
Harnblase des Weibes. 451
Harnorgane des Weibes.
Beim Weibe haben wir, wie beim Manne, die Nieren, die Harnleiter
die Harnblase, die Harnröhre und den Harngang zu unterscheiden. Nur
die Harnleiter, die Harnblase und die Harnröhre sind hier besonders zu be-
sprechen.
Harnblase des Weibes (Vesica urinaria muliebris).
Im folgenden Kapitel sind die Unterschiede der weiblichen Harnblase von
der männlichen anzugeben; im übrigen muss auf S. 287flF. verwiesen werden.
Diese Unterschiede liegen in der Form, in der Stärke der Wandungen, in
der Beschaffenheit des Trigonum vesicae und der des Orificium in-
ternum urethrae, vor allem aber in den Lagebeziehungen.
Der Form nach zeigt sich die Weiberblase in der Gegend der Recessus
laterales häufig stärker in die Quere ausgedehnt; dies erklärt sich durch die
Einlagerung des Uterus und der Scheide, wodurch der Beckenraum in sagittaler
Richtung beengt wird, während seitlich, bei dem grösseren Qnerdnrchmesser
des weibliehen Beckens, reichlich Raum vorhanden ist. So zeigt denn die
gefüllte Blase beim Weibe gewöhnlich eine mehr dreiseitige, von vorn nach
hinten abgeplattete Gestalt. Es fehlen aber auch die ellipsoidischen Formen,
wie sie der Männerblase eigen sind, nicht.
Die leere erschlaffte Weiberblase hat meist eine von oben her
abgeplattete, häufig Schüsse I- oder napfförmig vertiefte Form; es
hängt dies zusammen mit der geringeren Dicke der Wandung, vielleicht auch
z. Th. mit dem Umstände, dass der Fundus uteri der Regel nach der hinteren
oberen Blasenwand dicht aufruht und ihr bei der Füllung und Entleerung folgt.
K. V. Bardeleben hat deshalb die Vertiefung als „Impressio uterina" be-
zeichnet; er findet dieselbe auch . an der gefüllten Blase, selbst an dem aus dem
Körper entfernten und aufgeblasenen Organe*). W. Na gel 2) wies den Eindruck (bei
anteflektirtem Uterus) schon an der Harnblase von Embryonen nach.
Eine so gestaltete Blase zeigt in leerem Zustande und auch noch bei
massiger Füllung eine deutlich unterschiedene obere und hintere Wand, die
unter einem mehr oder minder spitzen Winkel, Blasenwinkel m, in ein-
ander übergehen. Der Blasenwinkel legt sich in den meist entsprechenden
Üteruswinkel, s. w. u., hinein, Figg. 81, 81a, 83, 94, 95 und 97.
Wie die letztgenannten Figuren zeigen, bleibt der Blasenwinkel auch beim
graviden Zustande erhalten. Hat, wie in Fig. 86, die Blase noch die kind-
1) Bardeleben, K. v., Ueber die Lage der weiblichen Beckenor^ane. Ver-
handlungen der anatom, Gesellschaft auf der IL Versammlung in Würzburg. Jena,
Fischer, 1888. S. 41 (80).
2) Nagel, W., Ueber die Lage des Uterus im menschlichen Embryo. Arch. f.
Gynäkologie. 41. Bd. — Die weibl. Geschlechtsorgane in K. v. Bardeleben's Handbuch
der Anatom ie des Menschen. Bd. VIL Tbl. IL Abth. 1. Jena, 1896. S. 6,
452 Harnblase des Weibes: Lage.
liehe Form, so ist der Winkel zwar weniger ausgeprägt, fehlt aber nicht.
Dies bildet einen bemerkenswerthen Unterschied zwischen der Form der
Männer- und Weiberblase, wenn auch zuzugeben ist, dass ein Blasenwinkel mit-
unter bei Männern vorkommt, s. Fig. 66. Selbstverständlich ist bei stark-
wandigen und kontrahirten Weiberblasen der Winkel weniger deutlich, und die
weibliche Blase hat dann eine der männlichen ähnliche Form; nur bleibt sie
meistens etwas mehr länglich, wie eine Kinderblase. Solche Blasen zeigen
dann (leer) auf dem Medianschnitte kaum eine Gren/marke zwischen Blasen-
lichtung und Harnröhre (Figg. 96 und 99). Form ab weich ungen, wie
asymmetrische Gestaltung u. a. sind bei der weiblichen Blase häufiger, als bei
der männliclien; vielleicht spielt dabei die nicht seltene extramediane Lage des
Uterus eine Rolle.
Im Allgemeinen sind die Ausmaasse der weiblichen Blase geringer als
beim Manne, ihre Wände sind oft um Va schwächer. Ebenso sind die Maasse
des Trigonum vesicae (Fig. 88b) geringer und seine Ausbildung ist weniger
deutlich. Eine Uvula vesicae ist selten zu sehen, sodass das Orificium
internum urethrae gewölinlich rundlich trichterförmig erscheint. Der Ab-
satz des Blascnlumcns gegen die Harnröhre tritt auch wegen des Mangels der
Prostata weniger hervor.
Einige Autoren geben an, dass die Kapacität der Frauenblase gleich
oder nahezu gleich der der Männerblase sei. Genouville^) behauptet dem
gegenüber, dass bei der Injektion in die Blase unter dem Drucke einer
Atmosphäre, die Männerblasc mehr aufnehme; wenn aber der Druck über eine
Atmosphäre hinausgehe, so nehme die Frauenblase mehr auf, sie sei (insbeson-
dere wohl wegen der dünnen Wandung) in höherem Grade erweiterungsfähig
als die Männerblase.
Die wichtigsten Veränderungen weisen die Lagebeziehungen der weib-
lichen Blase auf. Vor allem ist hervorzuheben, dass die Weiberblase
tiefer steht, als die des Mannes, was sich unschwer aus dem Fehlen einer
Prostata begreift; denn die grössere Geräumigkeit des Beckens, die man
ausserdem anführen könnte, wird durch Scheide, Uterus und dessen Adnexa
kompensirt. — Der grössere Tiefstand trifft die gesamte Blase, den Seheitel
sowohl wie die innere Harnröhrenmündung. Der Scheitel liegt bei leerer Blase
immer hinter der Symphyse, das Orificium urethrae steht im Mittel 60 mm
unterhalb der Konjugata des Beckeneinganges; nicht gar selten liegt es unter-
halb der Verbindungslinie zwischen Arcus pubis und letztem Kreuz wirbelende^)
(Disse, 1. c. [S. 306]).
Die Syntopie der Weiberblase nach vorn ist im Wesentlichen dieselbe
wie beim Manne und wird durch die Figuren 76, 78, 79, 80, 81a, 83, 91, 94
und 95 erläutert.
1) Genouville, F. L., Du retrecissement blennorrhag-ique de rurethra chez l^'i
femnie. Etüde comparntive des org-anes de la niiction daiis les deux sexes. Arch. de
Tocolo;4'. t't de Gynrcol. T. XX. 1893. p. 21)7 et 325.
2) Präparat der Berliner Samml. (Gefrierschnitt des Beckens einer 20jähr. Jungfrau).
Harnblase des Weibes: Lage. 453
Fig.. 76 zeigt die vor der Blase gelegenen Theile im Horizontalschnitte: Haut
und subkutanes Fettgewebe, Musculi pyramidales und Rectussehnen, Symphysis ossium
pubis, dahinter den hier sehr schmalen prävesikalen Raum (ohne Bezeichnung), der
seitlich in den perivesikalen und periuterinen Raum übergeht (Tela adiposa I).
Dann folgt das subperitonäale direkt die Blase umgebende Fettgewebe, welches mit
dem zwischen den Blättern des Ligamentum latum befindliche Fettbindegewebe (Tela
adiposa II) zusammenhängt. Beide Fettlagen sind durch die „Fascia pelvis visce-
ralis" getrennt (s. die Bezeichnung an der linken Seite und Figg. 59a u. b).
Die Figuren 78, 79 und 80 ergänzen dies Durchschnittsbild durch Flächen-
ansichten, namentlich Fig. 80, auf welche bereits bei Besprechung der männlichen
Blase und bei der Schilderung der Regio pubica des Weibes verwiesen wurde. Vgl.
die Beschreibung S. 230, 300 u. S. 432 ff. Fig. 81a zeigt das Verhalten einer völlig
leeren schüsseiförmigen Blase zur Symphyse und zum unteren prävesikalen Fettkörper;
Fig. 83 gibt eine Seitenansicht der massig gefüllten Blase mit dem Urachus und mit
beiden Fettkörpern, dem oberen (10) und dem unteren (11) (S. 310/311) in situ; in der
Mitte liegt die Blase der Symphyse hart an; unten vorn zeigt sich die Vena dor-
salis clitoridis.
In Fig. 91 ist der mit lockerem fetthaltigem Bindegewebe erfüllte prävesikale
Raum gezeichnet; vorn und unten der Plexus venosus pudendalis mit der Vena
dorsalis clitoridis. Dasselbe bei einer im dritten Monate Schwangeren bietet
Fig. 95; hier ist aber deutlich die Fascia vesicae zu sehen, welche den prävesi-
kalen Raum von dem subperitonäalen Gewebe trennt.
Hinten und oben grenzt die Weiberblase mit dem Vertex an Dünn-
darmschlingen, mit dem Corpus, dureh die Excavatio vesicouterina getrennt,
an den Fundus und das Corpus uteri (vgl. darüber das Kapitel „Uterus").
Bei vergrössertem, insonderheit bei schwangerem Uterus, liegt allein dieser der
Blase auf. (Figg. 81, 81a, 83, 94, 95, 97.) Seitlich legen sich bei der
typischen üteruslage (Anteversioflexio uteri), in ähnlicher Weise die am Uterus
wurzelnden Anfangsstücke der Adnexa uteri mit dem sie umfassenden Liga-
mentum latum auf die obere Blasen wand (Figg. 85 und 86). Bei retro-
vertirtem Uterus ist dies jedoch nicht der Fall. Ebenso wie beim Manne,
zeigt die leere Blase eine Plica vesicalis transversa (Fig. 86, Nr. 23,
Figg. 81a, 83, 82 u. 85).
Die unterhalb des Blasenwinkels befindliche hintere Wand (Fundus
vesicae) grenzt, bindegewebig verknüpft, bei Kindern und jugendlichen Per-
sonen im Pubertätsalter oben an die Cervix uteri, weiter unten an das obere
Drittel der Scheide. Bei völlig Erwachsenen grenzt dieser Abschnitt, der
dem Trigonum vesicae entspricht, nur an die Scheide; höchstens kommt
noch die Portio vaginalis uteri in seinen Bereich. S. hierzu die Figg. 81, 81a,
86 u. 91. In Fig. 86 ist zwar der Uterus nicht getroffen; man kann jedoch
ersehen, dass hier der Fundus vesicae noch die Cervix uteri erreicht.
Die Beziehungen zur Scheide sind besonders wichtig für die Untersuchung
der Blase von der Scheide aus, ferner wegen der Möglichkeit der Eröffnung der
Blase von hierher, wegen der Coeliotomia vaginalis anterior (s. Kapitel „Ope-
rationsanatomie"), und endlich wegen zahlreicher pathologischer Vorkommnisse.
Endlich liegen, vor ihrem Eintritte in die Blase, die Endstücke der
üreteren, umhüllt von ihrer Scheide, und zwischen Vagina und Blase gleich"
454 Öarnblase des Weibes: Lage.
sam eingeklemmt, dicht der hinteren Wand der letzteren auf einer kurzen
Strecke an. Vgl. Kap. „Ureter des Weibes".
Wie beim Manne muss hier noch der venösen Plexus und der prä-
vesikalen und perivesikalen Bindegewebsräume gedacht werden. Vorn
haben wir an der Blase den Plexus venosus pudendalis, seitlich die beiden
Plexus venosi vesicovaginales. Das Bindegewebslager zwischen Uterus
und Scheide einerseits und der Blase andererseits, s. Fig. 88 b, verhält sich
so, dass von der Excavatio vesicouterina an bis zum unteren Drittel der Cervix
uteri ein sehr lockeres lamellöses Bindegewebe vorhanden ist; von da ab, und
später zwischen Scheide und Blase, wird es etwas fester, lässt sich aber noch
leicht stumpf abblättern. Erst zwischen Urethra und Scheide tritt eine feste
Verbindung, das Septum urethrovaginale auf^). S. „Harnröhre".
Unterhalb der Blase findet man, wie bemerkt, bei gewissen Lagen der
Blase (s. Fig. 83) nach vorn die Symphyse, den unteren Fettkörper,
und den Plexus pudendalis. In der Mitte kommt als Unterlage der
Blase die Harnröhre mit ihrer Muskulatur. Ist die Blase gefüllt, so dienen
auch die vordere Scheidenwand und das Septum urethrovaginale als Unterlage
(Fig. 91). Unten und seitlich liegt der Plexus vesicovaginalis, das
Bindegewebe des Parametrium (s. d.) und die Muskulatur des Becken-
bodens, insbesondere der M. levator ani. Vgl. ausser den citirten Median-
schnitten insbesondere die Figg. 83 u. 115. Letztere zeigt zwar die Blase
nicht; diese lässt sich jedoch leicht in Gedanken und mit Zuhülfenahme der
Fig. 111 ergänzen.
Seitlich kommt die Arteria umbilicalis und die seitliche
Beckenwand in Betracht; wir verweisen hierfür auf die S. 436 gegebene
Beschreibung und die dort citirten Figuren, insbesondere auch auf die Fig. 85,
welche ein Flächenbild der hinteren Blasenwand und der seitlich benachbarten
Theile gibt.
Idio topisch ist zu merken, dass die üreterenmündungen durchschnitt-
lich 2 cm oberhalb des Orificium internum urethrae stehen ; sie liegen ungefähr
im selben Niveau wie der äussere Muttermund (NuUiparae). S. Fig. 83.
Beim lebenden Weibe lässt sich unter normalen Verhältnissen eine leere und
selbst eine massig gefüllte Blase, da sie keine merkliche Resistenz zeigt, kaum ab-
tasten; sie fühlt sich wie eine weiche Masse von unbestimmten Grenzen an; erst bei
der physiologischen Füllung palpirt man die Blase als schlaffe Cyste; bei starker Füllung
als prall gespannte Cyste, die zu Täuschungen Veranlassung geben kann. Abwechselnde
Füllung und Entleerung können hier wichtige Aufschlüsse geben.
Verschiedenheiten der Blasenlage beim Weibe. Beim Vergleiche der
zahlreich vorliegenden Abbildungen, insbesondere der Schnitte von Legendre^),
1) Waldeyer, W., Medianschnitt einer Hochschwangeren bei Steisslage des
Fötus nebst Bemerkungen über die Lage- und Formverhältnisse des Uterus gravidus
nach Längs- und Querschnitten. Bonn, Fr. Cohen, 1886. — Die hier für Schwangere
beschriebenen Befunde gelten auch für Nichtschwangere.
2) Legendre, Anatomie homalographique. Paris, 1868.
Harnblase des Weibes: Bauchfell, Excavatio vesicouterina. 455
Pirogoff^), Kölliker^) und Braune^) untereinander und mit meinen Präpa-
raten, ergibt sich eine ziemlich grosse Schwankung in der Blasenlage, grösser,
wie mir scheint, als bei Männern. Es mögen dazu wohl voraufgegangene
Schwangerschaften und die jeweilige Beschaifenheit des Uterus, die ja so sehr
wechselnd ist, das ihrige beitragen. Besonders führe ich ungewöhnlichen Hoch-
stand und Tiefstand der Blase an. Von ersterem gibt Fig. 86 ein Bei-
spiel; bei letzterem steht das Orificium internum vesicae mehr oder minder weit
unter dem Arcus pubis; Erschlaffung des Beckenbodens und der Vaginal wände
kommen hier in Betracht. — Ueber die Lage der Blase bei Schwangeren
s. das Kapitel: „Graviditätsanatomie".
Blase weiblicher Kinder. Während der ersten Kinderzeit, insbesondere
bei Neugeborenen, bestehen, abgesehen von den syntopischen Verhältnissen,
keine Unterschiede zwischen dem Verhalten der Blase bei Knaben und Mäd-
chen; indessen tritt bereits während des ersten Lebensjahres eine stärkere Sen-
kung beim weiblichen Geschlechte ein; der Verlauf der weiteren Senkung im
späteren Leben gestaltet sich, wie es für die männliche Blase beschrieben
w^urde. Ueber den Wechsel im Verhalten des Bauchfelles zur Blase bei Kin-
dern und Erwachsenen s. den folgenden Abschnitt.
Verhalten des Bauchfelles zur Harnblase beim Weibe.
Ezoavatio vesioonterina.
Das Bauchfell überzieht die weibliche Harnblase in derselben Weise,
wie beim Manne und bildet zwischen der Blase und der Gebärmutter eine
mehr oder weniger tiefe Einsenkung, die Excavatio vesicouterina
(vorderer Douglas'scher Raum der Gynäkologen). Liegt die Gebärmutter
in ihrer typischen Weise antevertirt und anteflektirt, so bildet diese Excavation
einen engen Spaltraum, dessen vordere Grenze der Fundus uteri bezeichnet,
und der durch die Plica vesicalis transversa (s. vorhin) in zwei Ab-
schnitte, einen vorderen und einen hinteren, gebracht wird. Den Boden
dieses Raumes (unterhalb des Bauchfelles) nimmt das lockere Bindegewebe zwi-
schen Blase und Cervix uteri (vorderes Parametrium) ein, seitlich wird er durch
den üebergang der Ligamenta lata zum serösen Blasenbezuge begrenzt. Darm-
schlingen werden unter gewöhnlichen Verhältnissen in diesem Räume nicht
angetroflfen; anders ist es, wenn der Uterus mehr aufgerichtet im Becken steht,
oder gar nach hinten gewendet ist.
An den Uterus tritt von der Excavatio vesicouterina aus das Bauchfell
ziemlich beständig in der Höhe des inneren Muttermundes (s. Kap. „Uterus") heran.
1) Pirogoff, Anatome topographica. 1859.
2) Kölliker, A., Die Lage der inneren weibliehen Geschlechtsorgane, In: Bei-
träge zur Anat. u. Entwicklungsgesch. Festgabe an J. He nie. Bonn, Friedrich Cohen.
1882. 4. Auch als Sonderabdruck in 8®.
3) Braune, W., Topographisch-anatom. Atlas. Nach Durchschnitten an ge-
frorenen Cadavern. Leipzig, 1875.
456 Öarnbtase des Weibes: Bauchfell, Excavatio vesicouterina.
Zwischen dem vorderen und dem hinteren Doiiglas'schen Räume, der Ex-
cavatio rectouterina, besteht der Unterschied, dass der hintere mehr senkrecht
verläuft und einen nahezu frontalen serösen Spalt darstellt, während der
vordere, bei leerer Blase, fast horizontal liegt; füllt sich die Blase, so kommt
er auch mehr in die frontale Stellung hinein. Ferner steht der Fundus der
Excavatio vesicouterina höher, als der der Excavatio rectouterina. Die Ent-
fernung vom Mittelpunkte des Dammes beläuft sich bei dem ersteren auf 7 cm
(nach Messungen an verschiedenen Präparaten der Berliner Sammlung). Bei
Erwachsenen schwankte das Maass zwischen 4,5 — 10,8, also in weiten Grenzen.
Die Entfernung von der Mitte des Orificium vaginae betrug im Mittel 6 cm ; sie
sehwankte zwischen 4,2 — 8,3 cm. — Im folgenden sollen noch einige nähere
Angaben über das Verhalten des Blasenbauchfelles an der Symphyse und beim
Umschlage auf den Uterus sowie bei der kindlichen Blase gemacht werden.
Das Verhalten des Bauchfelles vorn wird durch die Figuren 80, 81, 83, 86,
94 und 95 iilustrirt. In Fig. 80 sehen wir es seitlich tiefer hinabreichen, als in der
Mediangegend; dass der Urachus dasselbe hochspannen kann, lehrt Fig. 83. Fig. 86
zeigt (bei einer 15jährigen Jungfrau) einen ungewöhnlichen Hochstand der völlig con-
trahirten Blase; dieselbe überragt weit die Symphyse; ein peritoiiäaler Syinphysen-
Blindsack fehlt, oder ist doch nur angedeutet; die Ziffern 24 und 25 zeigen die
beiden vorderen Fettkörper an.
Einen Symphysen blindsack des Blasenbauchfelles habe ich beim Weibe
ziemlich häufig angetroffen. Fig. 81 gibt eine massig gefüllte Blase wieder; auf
ihrer oberen, fast horizontalen Fläche ruhen Dünndarmschlingen; es besteht ein kleiner
Symphysenblindsack; 94 zeigt denselben etwas tiefer, aber weit; 95 ist sehr bemer-
kenswerth wegen des engen deutlichen Blindsackes.
Das Verhalten des Bauchfelles an der hinteren Blasen wand wird durch die
Figuren 81, 81a, 82, 83, 85, 86, 94 und 95 demonstrirt. Die Hauptsache ist, dass
wohl kaum jemals (bei Erwachsenen) das Bauchfell den Blasenwinkel
erreicht, geschweige denn über ihn hinaus auf die hintere Biasenwand geht. Der
Blasenwinkel bildet hinten die Bauchfellgrenze. Meist schlägt sich die
Serosa schon etwas oberhalb des Winkels auf den Uterus um.
Bei bestehender Schwangerschaft und bei starker Knickung des Uterus kann
das Bauchfell in horizontaler Richtung nach hinten über den Blasenwinkel hinaus-
gehen, um seinen Umschlagsort, die Grenze zwischen Corpus und Cervix uteri, zu er-
reichen (Fig. 94); es geht aber nie auf den Blasenfundus unterhalb des Winkels über,
selbst nicht in den Fällen, wo es ausnahmsweise tief steht, wie in dem Präparate von
Testut, nach welchem die Figur 91 gezeichnet ist. Vgl. hierzu Disse, 1. c. [S. 306],
Das Verhalten des Bauchfelles zur Blase steht mit der Blasensenkung in innigem
Zusammenhange. Es gilt dasselbe Gesetz wie beim männlichen Geschlechte: je jünger
das betreffende Individuum, desto tiefer steht das Bauchtell; aber es reicht beim weib-
lichen Geschlechte im allgemeinen weniger tief hinab, als beim männlichen. Dies
liegt offenbar daran, dass die Blase nicht das Rectum, sondern das Genitalrohr, Uterus
und Scheide, zum Nachbarn hat.
Schon bei neugeborenen Mädchen kann ein kleiner Theil der Hinterwand der
Blase vom Bauchfelle frei bleiben; sie kann aber auch noch ganz von der Serosa be-
kleidet sein; mit anderen Worten: der Fundus der Excavatio vesicouterina reicht bis
zum Beginne der Urethra hinab. Im ersten bis zweiten Jahre liegt die Umschlagsstelle
des Bauchfelles von der Blase zum Uterus meist in der Höhe der Ureterenmündungen,
jedoch auch schon höher. Bei Mädchen von 3—8 Jahren war letzteres, soweit Prä-
parate vorliegen, stets der Fall, und trat auch schon die Serosa in der Höhe des
Hnrnröhre des Woibes: Form, Theile. 457
inneren Muttermundes an den Uterus, so dass, wie beim Erwachsenen, hierdurch
äusserlich die Grenze zwischen Corpus und Cervix uteri markirt war.
Blutgefässe der weiblichen Blase. Es ist anzumerken, dass die Arteriae
vesicales inferiores zwisclien Scheide und Blase zur letzteren hintreten, und
dass an die hintere Wand auch Zweige von der A. uterina, insbesondere von
deren Ramus cervicovaginalis gelangen. Die Venen der Harnblase gehen
hinten und seitlich zu den Plexus venosus uterovaginalis und vesicovaginalis.
Einige physiologische und pathologische Verhältnisse sollen nach Ab-
solvirung des Kapitels „Harnröhre" besprochen werden.
Harnröhre des Weibes (Urethra muliebris).
Form, Dimensionen.
Die weibliche Harnröhre stellt ein im ganzen cylindrisches Rohr dar,
dessen Wandungen, falls dasselbe leer ist, in Falten liegen; in der Mitte hat
das Rohr meist eine geringe spindelförmige Erweiterung. Sie hat eine durch-
schnittliche Länge von 3 cm; in einzelnen Fällen wurden 2,5, in anderen
4 — 5 cm gefunden. Ihr Durchmesser beträgt im ganzen 7 — 8 mm, lässt sich
aber bis auf 2 — 2 5 cm erweitern, ohne dass später Incontinentia urinae ein-
tritt, wenn die Erweiterung nicht in brüsker Weise vorgenommen wird. Die
Wandungsdicke beträgt 0,5 — 0,6 cm.
Diese grosse Ausdehnungsfilhigkeit ist für cndourcthrale und endocystische
Operationen von Wichtigkeit; sie erklärt auch die nicht gar so S(*lten beobachteten
und wohl beglaubigten Falle, dass, bei Mangel oder Verschluss der Scheide, die Im-
missi.o penis in die Urethra hinein stattfand, ohne eine Inkontinenz herbeizuführen.
Theile der weiblichen Harnröhre.
Wir unterscheiden an der weiblichen Harnröhre 1) das Orificium in-
tern um (vesicale), 2) die Pars in tramuralis, 3) die Pars superior
s. libera, 4) die Pars inferior s. vaginalis, 5) das Orificium ex-
ternum (vestibuläre). Diese Eintheilung gründet sich auf die Verhält-
nisse der Harnröhre an sich; berücksichtigt man ihre Beziehungen zur Musku-
latur des Beckenbodens, so ist einmal auch bei ihr der wichtige Unterschied
einer Pars supratrigonalis, trigonalis und praetrigonal is zu
machen; die Pars supratrigonalis, welche topographisch der Pars prostatica der
männlichen Harnröhre zu vergleichen wäre, ist bei weitem der längste dieser
Abschnitte. Zum andern ist zu berücksichtigen, dass der Musculus levator
ani jederseits an der Harnröhre vorbeistreicht, und dass man an ihr sonach
auch einen oberhalb und einen unterhalb des Diaphragma pelvis gelegenen
Abschnitt unterscheiden kann. Der erstere würde als die Pars pelvina, der
andere als die Pars perinealis zu bezeichnen sein; letztere ist die längere;
die erste entspricht der gleich näher zu schildernden Pars superior s. libera.
Ueber diese Beziehungen zum Trigonum urogenitale und zum M. levator ani
gibt Fig. 83 Aufschluss; das Orificium extcrnum urethrae ist dort durch einen
gelben Punkt markirt.
458 Weibliche Harnröhre: Bau, Muskulatur.
Pars intramuralis. Die Pars intramuralis der weiblichen Harnröhre
ist, bei der geringeren Stärke der Blasenmuskulatur, von geringerer Länge als
beim Maune; ein Annuliis Urethra lis ist nicht deutlich.
Pars superior (libera). Die Pars superior ist derjenige Theil, welcher
vom Austritte aus der Blasenwand bis zu der Stelle reicht, wo die Harnröhren-
wand und die Scheiden wand miteinander zum Septum urethrovaginale
(s. u.) verschmelzen. Diese Strecke ist mit ihrer Umgebung, insbesondere auch
mit der Scheide, nur durch lockeres Bindegewebe verbunden, ist also freier be-
weglich und leicht zu isoliren; sie hat kaum 1 cm Länge.
Pars inferior (vaginalis). Dieser Theil der Harnröhre ist der längste
und ist dadurch ausgezeichnet, dass seine Wand mit der vorderen Vaginal-
wand durch festes, an elastischen und Muskelfasern reiches Bindegewebe zu
einem festen Blatte, dem Septum urethrovaginale verlöthet ist. Dasselbe
hat im oberen Theile durchschnittlich 1 cm Stärke und nimmt nach unten zu.
Die Grenze zwischen den beiden letztgenannten Harnröhren-Theilen ist nicht
ganz scharf.
Das Orificium urethrae internum ist beim Kapitel „Harnblase des
Weibes'' besprochen worden; das Orificium cxternum mündet im Vestibulum
vaginae; dasselbe wird am passendsten zusammen mit den äusseren Geschlechts-
theilen abgehandelt.
Ban der weiblichen Harnröhre. Maskolator.
Die an elastischem Gewebe sehr reiche Schleimhaut der weiblichen
Harnröhre trägt ein Epithel, welches nach den vorhandenen Angaben^) ver-
schieden zu sein scheint; genannt werden ein Cylinderepithel mit cylindri-
schen Zellen am Lumen und rundlichen Zellen zwischen den unteren Enden
der Cylinderzellen, ferner ein geschichtetes Pflasterepithel, dieses nament-
lich im unteren Abschnitte, und auch ein üebergangsepithel wie in der Harn-
blase. Es finden sich in ihr Lacunae urethrales, wie in der männlichen
Harnröhre und kleine tubulöse Drüsen, welche nach den Befunden von R. Vir-
chow^) und Tourneux^) als Homologa der Prostatadrüsen des Mannes
anzusehen sind. Eine grössere Gruppe dieser Drüsen mündet jederseits am
Orificium externum urethrae mit einem besonderen Sammelrohre, Ductus para-
urethralis, aus. S. w. u. Kapitel „Aeussere Geschlechtstheile".
Von dem in das Orificium internum hineinragenden Ende des Trigonum
vesicae zieht an der hinteren Wand eine stärkere Längsfalte, Cristaurethra-
1) Oberdieck, G., Ueber Epithel und Drüsen der Harnblase und der weiib-
lichen und männlichen Urethra. Göttingen, 1884. G. Calvör. 4, — Schüller, M.,
Ein Beitrag zur Anatomie der weiblichen Harnröhre. Festschrift für Bernhard
Schultze. Berlin, 1883. 4. (S. 16.) — Stöhr, Ph., Lehrbuch der Histologie. 8. Aufl.
Jena, 1898.
2) Virchow, R., Prostataconcretionen beim Weibe. Archiv für patholog. Anat.
Bd. V, S. 403. 1853. — Tourneu x, Sur la strueture des glandes urethrales (prosta-
tiques) chez la femrae. Bullet, de la Sociöte de Biol. 1888.
% Weibliche Harnröhre: Verlauf und Lage. 459
lis, bis in die Nähe des Orificium externum; daneben finden sieh (Schüller)
meist noch zwei grössere seitliche Falten, die kurz vor dem genannten Orificium
in die mittlere Falte umbiegen. — Die Schleimhaut trägt, namentlich am
distalen Ende des Rohres, Papillen.
Der Mucosa liegt zunächst eine starke, lockere Submucosa an mit ka-
vernösen Venen netzen, welche sich noch zwischen die Muskelschichten
fortsetzen. Infolge dieser Venennetze hat die Schleimhaut bei der Lebenden
eine dunklere Färbung als die der Harnblase; sie ist oft bläulich roth.
Von Muskellagen sind zu unterscheiden eine innere longitudinale
und eine äussere stärkere ringförmige Schicht glatter Fasern; dazu kommt
der gestreifte, vom Musculus trigoni urogenitalis herrührende äusserste
Muskelbelag.
Die ringförmige Schicht glatter Muskelfasern hängt, wie beim Manne, mit
der Muskulatur des Trigonum vesicae zusammen. Die Muskelfasern des letz-
teren ziehen schräg abwärts um die Harnröhre herum auf deren vordere Wand,
setzen sich aber, da keine Prostata eingeschoben ist, kontinuirlich bis zum Ori-
ficium externum fort; sie bilden den Lissosphincter urethrae des Weibes.
Vorn und oben am Orificium vesicale ist, ebenfalls wie beim Manne, die Ring-
muskulatur der Blase als ein besonders abgesetzter Theil vorhanden, der nicht
in diese ringförmige Harnröhrenmuskelschicht tibergeht.
Die gestreifte Muskulatur hilft den Rhabdosphincter urethrae bilden;
sie geht vorn fast an der ganzen Länge der Harnröhre herab, hinten zeigt sie
sich aber nur dicht unter der Blase an der Pars libera, so dass nur am
oberen Harnröhrenabsehnitte ein besonderer gestreifter Harnröhrensphincter
existirt. Weiter abwärts umschliesst die gestreifte Muskulatur ausser der Harn-
röhre auch noch die Scheide, und noch mehr distal endet sie bereits an der
Seitenwand der Scheide, bildet also nur einen Halbring. Die Verhältnisse sind
demnach ähnlich denen des Mannes. Vgl. auch S. 405/406.
Verlauf und Iias^e der weiblichen Harnröhre.
Die Harnröhre des Weibes verläuft, leicht nach hinten konvex gebogen,
ähnlich wie die Scheide, nahezu senkrecht — bei aufrechter Stellung. Wie
die Scheide nimmt sie auch in geringem Grade eine schiefe Richtung von hinten
oben nach unten vorn, und zwar ein wenig mehr ausgeprägt, als die Scheide,
so dass ihr Orificium externum weiter von der Vagina entfernt liegt, als das
Orificium internum.
Das Orificium internum steht, wie die gesamte Harnblase, ein wenig
tiefer, als das des Mannes, gewöhnlich also unterhalb der Mitte der Symphyse;
von der es in der Horizontalen nach hinten durchschnittlich 2 — 2,5 cm entfernt
bleibt. Nicht selten rückt dasselbe in das Niveau des Arcus, oder gar unter
dieses herab. Die Entfernung der Harnröhre vom Arcus pubis beläuft sich
auf 1,5 — 2 cm; sie lässt sich aber leicht weiter abdrängen.
Vorn grenzt die Harnröhre an den Plexus venosus pudendalis,
an das Trigonum urogenitale, welches sie durchsetzt, an den Angu-
4G0 Weibliche Harnröhre: Gefässe u. Nerven. Physiol. u. pathol, Verhältnisse.
lus intercruralis der Klitoris und endlich an die vordere Vereinigung
der Bulbi vestibuli; alle diese Theile begleiten sie auch an den Seiten.
Hinten liegt sie in ihrer ganzen Länge der Scheide an, und zwar, wie be-
merkt, im oberen Drittel isolirt, durch den hinteren oberen Theil des Rhabdo-
sphincter und lockeres Bindegewebe von der vorderen Scheidewand getrennt,
unten fest mit der letzteren ira Septum urethrovaginale verbunden.
Oefässe und Nerven der weiblichen Harnröhre.
Die Arterien stammen aus der A. pudenda interna (für den un-
teren Abschnitt), aus der A. vesicalis inferior (für den oberen) und von
dem Ramus cervicovaginalis der Arteria uterina (für den oberen und
mittleren).
Die Venen ergiessen sich in den Plexus vesicovaginalis und den
Plexus pudendalis-, sie hängen unten mit den Venenräumen der kavernösen
Körper der Klitoris und der Bulbi vestibuli zusammen.
Die Lymphgefässe gehen zu den Lymphoglandulae hypogastricae;
nach Sappey^) verbinden sie sich, soweit sie aus den unteren Abschnitten
kommen, mit den Lymphgefässen der Labia minora und ergiessen sich in die
Lymphoglandulae inguinales. Die im Inneren des Beckens gelegenen
Lymphdrüsen erwähnt Sappey bei dieser Gelegenheit nicht.
Die Nerven kommen aus denselben Quellen wie beim Manne, dem Ner-
vus pudendus, der die sensiblen Fasern zuführt und den Rhabdosphincter
innervirt, und vom Becken Sympathien s, welcher als der Nerv der glatten
Muskulatur bezeichnet werden muss.
Physiologische Verhältnisse.
Auch die weibliche Blase vermag in der Leiche, selbst bei starker Füllung", den
Harn zu halten; es ist also eine Muskelaktion, falls keine Vis a tcrgo, z. B. durch die
Bauchpresse, oder durch Kontraktionen der Blasenmuskeln ausgeübt wird, zur Retention
des Harnes nicht erforderlich. Soll die Blase während des Lebens entleert werden, so
muss eine Erschlaffung des Lissosphincter eintreten. Hierüber vergleiche das bei der
Männerblase Gesagte.
Die Schleimhaut der Harnröhre des Weibes ist im gesunden Zustande sehr
wenig empfindlich.
Pathologische Zustände.
Wegen der bedeutenderen Kürze, grösseren Weite und des einfacheren
Verlaufes, endlieh wegen des wichtigen Umstandes, dass die weibliche Harn-
röhre ausschliesslich als harnleitender Weg dient, eine „Urethra propria'* ist,
und nur mit der Harnblase in Verbindung steht, sind ihre pathologischen Zu-
stände weniger zahlreich, nicht so komplicirt und leichter zu behandeln als beim
Manne. Was man häufiger an ihr zu beobachten hat, sind Verletzungen
in Folge schwerer Geburten mit den nachfolgenden fistulösen Verbin-
dungen, über welche beim Kapitel „Uterus" und „Scheide" gehandelt werden
soll. — Wegen der festen Verbindung mit der Scheide folgt die Harnröhre
1) 1. c. [S. 88] (Sappey pag. 54).
Gebärmutter. 461
den Dislokationen der letzteren. Oefter als beim Manne werden auch Neubil-
dungen und ein unter dem Bilde einer polypösen Neubildung erscheinender
Prolapsus der Schleimhaut, welcher bei der männlichen Harnröhre
überhaupt nicht vorkommt, angetroffen.
In neuerer Zeit — vgl. die Arbeiten von G enou vil le 1. c, [S. 450] und
P a s t e a u — hat man auch den S t r i k t u r e n der weihlichen Harnröhre eine
grössere Aufmerksamkeit geschenkt und gefunden, dass sie häufiger vorkommen,
als man geglaubt hat. Die traumatischen Strikturen, in Folge von Entbindungen,
pflegen mehr zur Blase hin, die gonorrhoischen näher zum Orificium externum
hin ihren Sitz zu haben. — Fremdkörper gelangen, der Lage der Dinge
entsprechend, häufiger in die weibliche Harnröhre, als in die männliche.
Gebärmutter (Uterus),
Die Gebärmutter nimmt sowohl ihrer Lage, als auch ihrer Bedeutung
nach inmitten der weiblichen Beckeneingeweide die centrale Stelle ein. In der
S. 442 gegebenen Uebersicht ist dies bezüglich der Lage bereits hervorgehoben
worden; hinsichtlich der physiologischen Bedeutung wissen wir, dass die Gebär-
mutter das befruchtete Ei aufzunehmen und bis zur Stufe eines ausserhalb des
mütterlichen Körpers lebensfähigen Kindes zu bringen hat, ferner, dass nur
die Gebärmutter imstande ist, wie es ja auch der deutsche Name besagt, ein
solches Kind im Geburtsakte auf natürliche Weise ans Licht der Welt zu
befördern.
Dieser centralen Stellung unter den Geschlechtsorganen entspricht auch
die Wichtigkeit, welche der Uterus in der gesamten Biologie des Weibes —
auch in der pathologischen — erreicht^).
Die ei>enarti^'e physiologische Rolle des Uterus bringt es mit sich, dass der-
selbe, ungeachtet seiner so hohen Bedeutung für das gesamte Leben des weiblichen
Organismus, doch den grössten Theil dieser Lebenszeit bei den meisten Frauen ausser
Funktion ist; ja bei Frauen, welche nicht konzipiren, streno: genommen, niemals funktio-
nirt. Tritt dagegen der Uterus in Funktion, so erleidet er eine so erhebliche Ver-
änderung und entfaltet eine so ausserordentb'che Thätigkeit, Avie kaum ein anderes
Organ des menschlichen Körpers. — Gänzlich unthätig ist jedoch die Gebärmutter bei
gesunden Frauen ausserhalb der Zeit der Schwangerschaft nicht. Ohne Zweifel müssen
wenigstens die mit vierwöchentlichen Zwischenpausen auftretenden Menstruations-
erscheinungen als eine Funktion des Uterus anpresehen werden; diese steht in
inniger Verbindung mit seiner Hauptaufgabe, der Heranbildung eines befruchteten
Eies zur reifen Frucht.
1) Dabei bleibt vollkommen zu Recht bestehen, was Chereau und R. Virchow,
s. des Letzteren ^Gesammelte Abhandlungen«, Frankfurt a./M. 1856, S. 747, bezüglich
des prädominirenden Einflusses sagen, den die Existenz des Eierstockes für das Wesen
des Weibes ausübt. Man kann aber ebenso sehr dem treffenden Ausspruche von
H. Fritsch zustimmen, wenn er sich (Die Lageveränderungen und Entzündungen der
Gebärmutter, Stuttgart 1885) äussert: „Die Fälle sind nicht selten, wo eine im ersten
Wochenbette entstandene Reflexion aus einer blühenden, kräftigen Frau eine Ruine
gemacht hat" (l. c. S. 119).
Gebärmutter: Form und Theile. 463
Dem Gesagten zufolge haben wir die Gebärmutter in ihren zwei ver-
schiedenen Zuständen: in dem unthätigen, ruhenden und in dem thätigen zu
schildern. Der erste Abschnitt wird handeln von der Anatomie der Gebär-
mutter im nicht schwangeren Zustande und ausserhalb der Menstruationszeit;
der zweite hat den menstruirenden, schwangeren und puerperalen Uterus,
letzteren bis zur vollendeten Rückbildung in den Ruhezustand, zu besprechen.
Wir lassen diesen zweiten Abschnitt jedoch nicht unmittelbar auf den ersten
folgen, sondern behandeln ihn erst nach Erledigung der übrigen weiblichen
Geschlechtsorgane, da auch diese an den betreffenden Veränderungen zum Theil
erheblichen Antheil nehmen.
Anatomische Vorbemerknngen.
I. Form und Theile des Uterus.
Wir unterscheiden am Uterus den Körper, Corpus uteri, und den Hals,
Cervix uteri. Der Körper zerfällt wieder in das gewölbte, blinde Ende,
Fundus uteri und in das Corpus proprium.
Von der Beckenhöhle aus gesehen liegt nur das Corpus proprium mit dem
Fundus frei vor. Die Cervix kann nur an der hinteren Fläche, nnd auch da
nicht vollständig gesehen werden. Der freiliegende Theil der Gebärnmtter hat
die Gestalt einer von vorn nach hinten abgeplatteten Birne (s. Fi^. 85); die
Abplattung macht gegen das untere (cervikale) Ende einer nindlichen Form Platz.
Nach beiden Seiten hin gehen vom Corpus uteri die Adnexa uteri ab:
Ligamentum teres, Tuba uterina und Ligamentum ovarii mit dem Ovarium
(s. Fig. 85). Als Fundus uteri wird nun derjenige Theil bezeiclinet, welcher frei
über die Abgangsstelle dieser Adnexa hinausreicht; derselbe ist konvex begrenzt.
Die Grenze zwischen Corpus und Cervix ist äusserlich nicht völlig genau
anzugeben; doch trifft man hier meist eine seichte Einschnürung, Isthmus uteri.
Einen freien Rand am Uterus zeigt nur der Fundus. Beide Seiten-
ränder sind durch den Abgang der Adnexa und des Ligamentum latum besetzt.
Die hintere Fläche der Gebärmutter ist am Corpus mehr vorspringend
als die vordere, welche ihrer Auflagerung auf die Harnblase eine grössere Ab-
plattung verdankt.
Da, wo die Adnexa abgehen, bestehen zwischen ihnen und dem Seiten-
rande des Uterus fast rechte Winkel; von diesen pflegt der unterhalb des
Tubenabganges befindliche besonders als Tubenwinkel bezeichnet zu werden.
Auch vom Halstheile des Uterus ist nur ein verhältnissmässig kleiner
Abschnitt am unversehrt lagernden Organe zu sehen, nämlich der grössere Theil
der hinteren Fläche (s. Figg. 85 u. 86) ^). Die vordere Fläche ist durch die
1) Die Figur 86 soll wesentlich zur Veranschaulichung der Lage der Adnexa
uteri, insbesondere des Eierstockes dienen, ferner zur Demonstration der Lage des
Dünndarmes zu den Beckenorganen. Der Uterus lag in der Leiche extramedian; in-
dessen kann doch an dem kleinen durch die Säge getroffenen Reste sehr gut die Ver-
deckung der vorderen Cervixwand durch die Harnblase gesehen werden, und wir
stellen deshalb die Figur schon hierher.
Gebärmutter: Form und Theile. 465
Blase verborgen und ein Drittel der ganzen Cervix steckt wie ein vorragender
Zapfen im oberen Ende des Scheidenrohres, welches er verschliesst, indeni dessen
Wände ringsum an ihn angewachsen sind. Dies Verhältniss bedingt die Unter-
scheidung einer Portio vaginalis und supravaginalis der Cervix.
Aus dem Gesagten folgt, dass nur von unten und von den Seiten her
Theile an den Uterus herantreten bezw, von ihm abgehen können, und dass
er an diesen Stellen befestigt ist, hier also auch bei operativer Entfernung
gelöst werden muss (s. w. u. Befestigungen des Uterus).
Die Verwachsung der Scheide mit der Cervix uteri ist sehr fest, indem
die glatten Muskelfasern, Bindegewebs- und elastischen Fasern, sowie die Schleim-
haut von einem zum anderen Theile tibergehen; beide Organe entstehen ja
auch aus derselben Anlage. Die Anheftungszone der Scheide läuft schräg um
die Cervix uteri herum, indem sie vorn weiter hinabreicht als hinten. Diese
Zone hat eine Breite von fast Vg cm.
Der ringförmige, zwischen Scheidenwand und Zapfen der Portio vaginalis
verbleibende Raum heisst Scheidengewölbe, Fornix vaginae. Man pflegt
zur genaueren Orientirung ein hinteres, ein vorderes und zwei seitliche
Gewölbe zu unterscheiden.
Indem sich der Hohlraum des Uterus am Ende der Portio vaginalis in die
Scheide öffnet (Orificium externum uteri), wird das freie Ende der Portio
in zwei Abschnitte zerlegt. Diese erscheinen, da das Orificium meist als Quer-
spalt auftritt, in Form eines vorderen und hinteren Querwulstes, Muttermund s-
lippen, Labium anterius und Labium posterius uteri.
Die angegebene Eintheilung der Cervix uteri in eine Portio vaginalis und supra-
vaginalis ist die übliche, Karl S c h r ö d e r^) hat eine andere Eintheilung angegeben,
indem er eine Querebene durch die Grenze zwischen Corpus und Cervix uteri (den
inneren Muttermund, s. w. u.) senkrecht zur Corpusaxe des Uterus legt, ferner eine
zweite Ebene paraUel zur ersten durch das hintere Scheidengewölbe und eine dritte
Parallelebene durch das vordere. So erhält er drei Theile der Cervix, einen Theii
zwischen innerem Muttermunde und zweiter Querebene, der gänzlich oberhalb der
Scheide liegt — Pars supravaginalis —, einen zweiten, Pars intermedia, zwischen
zweiter und dritter Querebene, welcher hinten (Labium posterius z. Th.) innerhalb,
vorn ausserhalb der Scheidenlichtung gelegen ist und einen dritten (Labium anterius,
und ßest des Labium posterius), welcher gänzlich innerhalb des Scheidenrohres liegt.
Das Corpus uteri (mit dem Fundus) umfasst ^/g des ganzen Organes.
Der im Innern des Uterus befindliche Hohlraum hat in beiden Ab-
schnitten des Organes eine völlig verschiedene Gestalt. Im Corpus bildet der-
selbe einen dreieckigen, engen, quergestellten (Fig. 88) Spaltraum, dessen
beide obere Winkel in die Tuben, dessen unterer in den Hohlraum der Cervix,
Canalis cervicis übergeht (Fig. 87). Der dreieckige Raum des Corpus,
Cavum uteri, zeigt zwei längere Seitenschenkel und einen kürzeren oberen
Querschenkel. Alle drei sind beim Uterus einer NuUipara gegen die Lichtung
konvex eingebogen, sodass wir es mit einem sphärischen Dreiecke zu thun
1) Schröder, K., Handbuch der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane.
8. Aufl. S. 76. 1887.
Waldeyer, Das Becken. 30
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Gebärmutter: Struktur. 467
das Lumen der Tube gegen das Cavura uteri hin beträchtlich verengert. Daher
dringen flüssige Contenta des Uterus, wie z. B. Blut, nur selten in die Tube vor.
Die Grenze zwischen Cavura uteri und Canalis cervicis entspricht aussen
dem Isthmus uteri; an dieser Stelle ist der engste Theil der gesamten Uteruslich-
tung. Er wird der innere Muttermund, Orificium internum uteri, genannt.
Auch hier ist, ebenso wenig wie beim Isthmus, eine lineare Grenze anzugeben; ge-
wöhnlich besteht zwischen Cavum uteri und Canalis cervicis ein 4—5 mm langer
Engpass, den man dann als Orificium internum zu bezeichnen hat. Für das
unbewaffnete Auge giebt die Engigkeit dieser Stelle gegenüber den beiden
übrigen Kanalabschnitten, ferner das verschiedene Aussehen der Korpus- und
Cervixschleimhaut (s. w. u.) die ünterscheidungsmarke an.
Der Canalis cervicis (Fig. 88b) hat bei Nulliparen und jüngeren
Frauen, auch wenn sie öfter geboren haben, eine rundlich spindelförmige Rohr-
lichtuüg, dessen grösste Erweiterung etwa in seiner Mitte gelegen ist; durch
das Orificium externum geht er in das Scheidenrohr über.
Die Gestalt des Orificium externum und der dasselbe begrenzenden Mutter-
mundslippen soll zusammen mit der Scheide näher besprochen werden.
IL Bemerkungen über die Struktur des Uterus.
Von aussen nach innen gerechnet finden wir an der Gebärmutter folgende
Schichten: 1) das Perimetrium, 2) das Parametrium, 3) das Myometrium,
4) das Endometrium (Fig. 88). Unter „Perimetrium" wird der seröse
üeberzug des Uterus, das ihm zugehörige viscerale Peritonäum, unter „Para-
metrium" das den Uterus am unteren Theile des Corpus und an der Cervix
umgebende subperitonäale Bindegewebe, unter „Myometrium" die Muskelwand
und unter „Endometrium" seine Schleimhautauskleidung verstanden. Die Be-
zeichnungen für eine grosse Reihe von wichtigen pathologischen Zuständen des
Organes (s. w. u.) knüpfen an diese Namen an ^).
Der Besprechung des Perimetrium und des Parametrium widmen wir je
ein besonderes Kapitel; hier sollen die praktisch wichtigen Punkte aus der
Anatomie des Myo- und Endometrium zur Sprache gebracht werden.
Die Muskulatur der Gebärmutter ist durchweg* eine glatte ; zuweilen sind jedoch
gestreifte Muskelfasern in der Uteruswand gefunden worden 2). Wahrscheinlich han-
delt es sich in solchen Fällen um Keimversprengungen. Die Hauptmasse der Mus-
kulatur ist am Corpus uteri in einer mittleren wesentlich kreisfasrigen Schicht ange-
ordnet. In dieser Schicht finden sich auch die grösseren Gefässe der Uteruswand,
weshalb sie Kreitzer „Stratum vasculare" benannte. Man erkennt dieses
Verhalten insbesondere bei Multiparen auf Durchschnitten des Organes schon mit
freiem Auge.
Die Muskulatur der Cervix zeigt eine solche gefässreiche Schicht nicht;
1) Virchow, R, Verhandlungen der Gesellschaft für Geburtshülfe in Berlin.
Bd. IV. S.85. — Derselbe, Ueber puerperale diffuse Metritis und Parametritis. Arch.
für patholog. Anat. Bd. 23. 1862. S. 415.
2) Nehrkorn, A., Quergestreifte Muskelfasern in der Uterus wand. Arch. für
patholog. Anatomie. Bd. 151. 1898.
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470 Gebärmutter: Struktur.
Das Epithel der Korpusschleimhaut und deren Drüsen ist ein cylindrisches
Flimmerepithel. Die Kerne der Cylinderzellen liegen meist in der Mitte der letzteren ;
ihr Protoplasma ist ziemlieh gut färbbar.
Die Cervixmucosa zeigt folgende Unterschiede: die flimmernden Epithel-
zellen sind höher und schlanker, an der Basis verjüngt; sie erscheinen heller und ihr
Protoplasma färbt sich kaum. Auch Becherzellenformen kommen vor. Die Kerne
sind länglich und meist im basalen Abschnitte der Zellen gelegen. Die Schleimhaut
zeigt gegen die Muscularis hin eine deutlichere Abgrenzung; ihr Grundgewebe hat
mehr bindegewebige Fasern und weniger Rundzellen; sie ist dicker als die Corpus-
mucosa. An der vorderen und hinteren Wand des Canalis cervicis zeigt sich je eine,
äusserst zierliche, einem gerippten Blatte ähnliche Faltenbildung, Plica palmata
(Fig. 87). Die Rippen der einen Blattfalte legen sich in die Furchen der anderen.
Auch die Drüsen der Cervix sind verschieden von denen des Corpus. Es sind ziem-
lich weite, mit vielen Seitensprossen versehene buchtige Schläuche, welche in den
Furchen der Plicae palmatae ausmünden; sie sondern einen sehr zähen, durch Ab-
wischen kaum entfernbaren Schleim ab, welcher als sogenannter „Schleimpfropf" den
Canalis cervicis erfüllt und nicht selten aus dem Orificium externum in das Scheiden-
rohr vorragt (Fig. 90 und Fig. 90a).
Die Flimmerhaare beider Abtheilungen des Uterus schlagen in der Richtung
von den Tubenmündungen zum Orificium externum hin M, also in derselben Richtung
wie die Flimmern des Tubenepitheles; der Flimmerstrom muss daher von den ein-
dringenden Spermatozoen überwunden werden. Die Flimmerung in den Drüsen geht
vom Fundus derselben zu ihrer Mündung^).
Eine besondere Besprechung verdienen die Uebergangsstellen an den
Tubenmündungen, an dem inneren Muttermunde und am äusseren Muttermunde. An
den Tubenmündungen verdünnt sich die Schleimhaut allmählich; die Uterindrüsen
werden bald kürzer und spärlicher und hören schon in der Pars intramuralis tubae
ganz auf.
Am Orificium intern um ist auch histologisch keine scharfe Grenze zwischen
Corpus und Cervix anzugeben, indem sowohl allmähliche Uebergänge zwischen den
beiden geschilderten Epithelformen vorhanden sind, wie auch zackiges Ineinander-
. greifen beider Arten. Auch gibt es an Stellen, wo noch unzweifelhafte Uterindrüsen-
formen gefunden werden, schon ein hochcylindrisches Epithel wie in der Cervix; in
manchen dieser Zellen stehen aber noch die Kerne in der Mitte (Uebergangsformen)^).
Bei älteren Foeten und Neugeborenen findet man mitunter ein gleichartiges
Epithel im Corpus und in der Cervix; selten sind in diesem frühen Lebensalter Drüsen
im Corpus, häufig aber in der Cervix (Robert Meyer 1. c).
Die Verhältnisse an der Portio vaginalis werden wie diese selbst im Zu-
sammenhange mit der Anatomie der Scheide besprochen werden.
Die eingehendere Darstellung des feineren Baues rechtfertigt sich durch
die Rücksichtnahme auf die Diagnostik pathologischer Zustände; welche durch
die methodische Untersuchung der beim Curettement entfernten Stückchen der
üterusschleimhaut (Stückchendiagnose) sehr gefördert worden ist*).
1) Hofmeier, M., Zur Kenntniss der normalen Uterusschleimhaut. Centralblatt
für Gynäkologie 1893.
2) Lott, Zur Anatomie und Physiologie der Cervix uteri. Erlangen, 1872.
3) Franque, 0. v.» Cervix und unteres Uterinsegment. Stuttgart, Enke. 1897.
4) Winter, G., Lehrbuch der gynäkologischen Diagnostik. 2. Aufl. Leipzig,
1897. — Abel, K., Die mikroskopische Technik und Diagnostik in der gynäkologischen
Praxis. Berlin, 1895. 8. 2. Aufl. 1898. — Amann jun., J. A., Kurzgefasstes Lehrbuch
der mikroskopisch-gynäkolog. Diagnostik. Wiesbaden, 1896. 8.
Gebärmutter: Beziehungen zum Bauchfelle. 471
Bezlehnngren des Uterus zum Bauchfelle.
Der grösste Tlieil der Gebärmutter wird in einer sehr bemerkenswerthen
Weise von der visceralen Beckenserosa überkleidet. Verfolgen wir den Weg des
Bauchfelles von hinten nach vorn^ so überzieht dasselbe, aus dem Douglas 'sehen
Räume aufsteigend, den obersten Abschnitt der hinteren Scheidenwand, die
hintere Wand der Pars supravaginalis cervicis, die hintere Fläche des Corpus,
den Fundus und die vordere Fläche des Corpus uteri. Der Regel nach geht
vorn das Bauchfell in der Gegend des inneren Muttermundes, also an der
Grenze zwischen Corpus und Cervix, durch Umschlag auf die hintere Blasenwand
über, in der Tiefe der Excavatio vesicouterina (s. liicrzu die Figg. 76, 81,
81a). Selten reicht bei Nulliparen vorn das Bauchfell tiefer herab, sodass noch
ein Theil der vorderen Fläche der Pars supravaginalis cervieis serös bekleidet
ist; häufiger kommt das bei Multiparen vor. In einzelnen Fällen reichte das
Bauchfell bis auf die vordere Scheiden wand ^) (s. Figg. 94 und 103).
An beiden Seiten geht das Bauchfell, eine Duplikatur bildend, als Liga-
mentum latum (s. w. u.) auf die Adnexa uteri über und fasst zugleich die zu
der Gebärmutter tretenden Gefässe und Nerven in diese Duplikatur ein.
Dem Gesagten zufolge bleiben gewöhnlich bauchfellfrei: die beiden
Seitenränder des Uterus, die vordere Fläche und der Seitenrand der Cervix
uteri und die Portio vaginalis. Die Seitenränder und die freibleibende Pars
supravaginalis sind von Bindegewebe bekleidet, zum Theil indessen durch die
Verwachsung mit der Scheidenwand gedeckt; an allen diesen Theilen treten
die Gefässe und Nerven und sonstigen Anhangsgebilde zu und ab. Die Portio
vaginalis dagegen ist von Schleimhaut überzogen und bleibt von zutretenden
Theilen frei.
Sehr wichtig ist die Befestigung des Bauchfelles am Uterus. Man
kann im allgemeinen sagen, dass die Serosa am Fundus und am grössten Theile
des Corpus uteri untrennbar fest anliegt. Sie ist hier auch sehr dünn und es fehlt
eine Subserosa, so dass es aus all diesen Gründen nicht gelingt, das Bauchfell
von dem Myometrium abzupräpariren, wie das z. B. an der Magen- und Darmwand
so leicht möglich ist. Infolge dieser straffen Befestigung gewinnt die gesunde
üterinwand eine sehr glatte Oberfläche, so dass sie leicht gegen die Nachbar-
organe verschieblich wird.
An der Cervix (hintere Fläche) ist ein reichliches subseröses Gewebe vor-
handen. Hier kann das Bauchfell leicht in einer Falte erhoben werden, es
kann stumpf, oder mit dem Messer abpräparirt werden und es können sich
hier Ergüsse ansammeln oder Oedeme ausbilden.
Bemerkenswerth ist nun das Vorhandensein einer intermediären Zone an
der vorderen und hinteren Corpusfläche, wo zwar das Bauchfell nicht mehr in einer
Falte erhebbar ist, jedoch noch abpräparirbar bleibt, sodass es bei Operationen
noch stumpf zurückgeschoben werden kann. Die Grenze dieses relativ lockeren
1) Vgl. hierzu die von 0. v. Franqu6 gegebene Zusammenstellung I.e. S. 95ff.
472 Gebärmutter: Parametrium, Gefässe.
Bauchfellbezuges gegen den absolut festen ist vom und hinten verschieden, und
da die Seitenränder überhaupt nur locker mit dem Bauchfelle verbunden sind,
so muss die Grenzlinie die Gestalt einer Mondsichel haben, deren beide Spitzen
an den Abgangsstellen der Adnexa uteri liegen, während der Sichelscheitel zur
Cervix (nach unten) gewendet ist. Hinten reicht der konvexe Bogen der Sichel
tiefer herab, so dass man dort weniger weit nach oben das Bauchfell zurück-
schieben kann. Die beiden Sichelspitzen enden hier an den Abgangsstellen der
Ligamenta ovarii. Vorn ist der Bogen weit flacher, und die Sichelspitzen liegen
an den Abgangsstellen der Ligamenta teretia. Vorn mag der Einfluss der
regelmässig sich füllenden und leerenden Blase, welche dem Uterus unmittelbar
anliegt, zur grösseren Ausbreitung des lockeren Anheftungsgebietes beitragen.
Parametrium.
Unter Parametrium versteht man seit ß. Vir chow I.e. [S.465]) das-
jenige Bindegewebe, welches den supravaginalen Theil der Cervix uteri um-
gibt und sich an den Seitenrändern desselben mit den Gefässen bis zur Ab-
gangsstelle der Adnexa hinauf erstreckt.
Dies Gewebe bildet ein Stück des Beckenbindegewebes und gehört speciell
dessen subserösem Antheile zu. Dies Bindegewebe ist eigenthümlicher Art,
insofern sich festere und lockere Theile in ihm unterscheiden lassen. Die
festeren Züge begleiten namentlich die grösseren Gefässstämme, insbesondere
die Arteria uterina, welche von ihnen, wie von einem Maschenwerke umstrickt
wird. Dazwischen liegen lockerer gefügte Massen, welche bei normal genährten
Frauen regelmässig mehr oder weniger Fett enthalten. Bei hoher Abmagerung
nimmt dieses Gewebe den bekannten oedematös-gallertigen Zustand an.
Das Parametrium zeigt hauptsächlich Verbindungen mit dem paravaginalen,
paravesikalen und pararektalen Bindegewebe und erstreckt sich längs der Arteria
uterina und dem Ureter, an der Basis der Ligamenta lata, zur seitlichen Becken-
wand. (Wir kommen auf das Parametrium bei der allgemeinen Besprechung des
Beckenbindegewebes noch zurück.)
OefUsse des Utenui.
Während gewöhnlich der Uterus sein Blut aus den Vasa hypogastrica
bezieht, resp. an diese abgibt, — A. u.V. uterina — kommen als Varianten ^)
und unter besonderen Verhältnissen, vor allem bei der Gravidität, noch zwei
andere Gefässe in Betracht: die Vasa ovarica aus der Aorta abdominalis
resp. Vena cava inf. und die Vasa spermatica externa aus den Vasa
epigastrica inferiora (iliaca externa).
Diese Gefässe kommen wegen ihrer Anastomosen mit den Vasa uterina
in Frage. Für gewöhnlich wird durch diese Anastomosen Blut von den Uterin-
gefässen in die beiden genannten anderen Gefässzüge geleitet; es kann aber
auch das Umgekehrte eintreten.
1) Hyrtl, Die Korrosions-Anatomie und ihre Ergebnisse. Wien, 1873. Taf. XII
und Fred et, 1. c. inf, Fig. 9. S. 96.
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474 Gebärmutter: Arterien.
Arterien des Uterus. Die Arteria uterina entspringt aus dem vorderen
Hauptaste der Arteria hypogastrica, meist in dessen Mitte. Bei ihrem Ursprünge
liegt sie dicht an der Nabelarterie, oder es findet sich für beide, entsprechend
der Thatsache, dass beim Fötus und Neugeborenen die A. uterina als Ast der
Art. umbilicalis erscheint, ein kurzer gemeinsamer Stamm ; sie kann aber auch
mit der unteren Blasenarterie zusammenliegen oder mit der Pudenda interna.
Sie steigt zunächst an der seitlichen Beckenwand hinab in Begleitung der Vena
uterina, wobei sie lateralwärts vom Ovarium und unterhalb desselben im unteren
hinteren Rande der Fossa ovarica und dicht vor dem Ureter gelegen ist ^). Der letz-
tere liegt dabei mclir median, d. h. näher dem Peritonäum, die Arterie näher der
Beckenwand, Dann tritt sie 4 — 5 cm unterhalb ihres Ursprunges in die Basis des
Ligamentum latum ein und wendet sich medianwärts zum Uterus. Dabei muss an
diesem Wendepunkte eine Kreuzung mit dem Ureter stattfinden, einmal, weil die
Arterie bisher lateral vom Ureter lag und nun medianwärts zum Uterus ab-
biegt und zum andern, weil sie hier in ihrem Laufe nach vorn innehält, während
der bislang hinter ihr gelegene Ureter nach vorn und abwärts weiter zieht.
Aus diesen Verhältnissen folgt unmittelbar, dass bei der Kreuzung die Arterie
fast quer und oberhalb des Ureter weggeht (Fig. 88c). Die Kreuzungs-
stelle, einer der wichtigsten topographischen Punkte des weiblichen Beckens,
liegt ungefähr in der Höhe der Portio vaginalis im Mittel 2 cm vom Uterus-
rande entfernt. Nunmehr zieht die A. uterina in kurzem, nahezu horizontalem
Laufe zur Pars supravaginalis cervicis uteri. Ihren ersten Hauptast, den ab-
wärts verlaufenden Ramus cervicovaginalis gibt sie in der Regel in
der Nähe der Ureterkreuzung ab, manchmal auch schon lateralwärts von der-
selben, manchmal medianwärts. Der Stamm der Uterina läuft nun am Seiten-
rande der Gebärmutter entlang zum Fundus uteri. Bei Multiparen zeigt er auf
dieser Strecke starke Windungen, die von einem reichen Venennetze umsponnen
sind. An der Abgangsstelle des Ligamentum ovarii zerfällt das Gefäss in seine
Endzweige, in einen Ramus tubarius, einen Ramus ovarii und in einen
oder mehrere Rami fundi uteri (s. Fig. 87).
Wenn die Autoren , z. B. Broeckaert, von einer Pars descendens,
intermedia, ascendens und transverflalis sprechen , so gelten die letz-
teren Bezeichnungen nur für den Fall, dass die Gebärmutter ihre gewöhnliche Lage
verlassen hat und mehr senkrecht im Becken steht oder, zur Erleichterung der Ueber-
sieht, in schulmässiger Weise gerade gestreckt gedacht, bezw. gezeichnet ist, wie in
Fig. 87. Für die getreue Lage der Arteria uterina wolle man die Figuren 51, 83
und 88c vergleichen. Wenn Uterus, Eierstock und Tube in der typischen Lage sich
befinden, so kann am Corpus uteri von einer Pars ascendens der Arterie nicht die
Rede sein; auch für Eierstock und Tube trifft der Name „Pars transversalis" nur für
eine kleine Strecke zu.
Die Endäste, d. i. der Ramus tubarius, und der Ramus ovarii, können auch mit
einem gemeinsamen Stamme entspringen. Zuweilen findet man einen, stärkeren,
1) Vergl. die Abbildungen zu: Waldeyer, W., Topographical sketch of the
lateral wall of the pelvic cavity, with special reference to the ovarian Groove. The
Journ. of anatomy etc. Vol. XXXII. P. 1. Plate 1. 1897.
Gebärmutter: Arterien. 475
Ramus fundi, zuweilen mehrere, in die sich das Ende der Arteria uterina gleichsam
auflöst.
Von einem Arterienkranze in der Gegend des inneren Muttermundes, dem so-
genannten Circulus arteriosus Huguieri, kann als einer besonders er-
wähnenswerthen und beständigen Bildung nicht gesprochen werden.
Der Ramus tubarius ist der vordere Endzweig; er zieht unterhalb und vor
dem Ligamentum ovarii zur Abgangsstelle der Tube, an deren unterem Rande er
dann entlang läuft. Er entsendet auch Zweige zum Eierstocke, Nebeneierstocke, und
zum Ligamentum latum. Der Ramus ovarii ist der stärkere; er zieht am Lig.
ovarii und Hilus ovarii entlang, beiden Zweige sendend. Beide Endzweige anasto-
mosiren mit der Arteria ovarica und unter sich.
Vom Stamme der Arteria uterina werden noch folgende bemerkenswerthe Aeste
abgegeben : l)Rami ligamentilati; diese kommen auch noch von den Rami
tubarii (für die Mesolsalpinx) und ovarii. 2) Ein kleiner Ramus Ureter is, welcher
an die Ureter-Kreuzung herantritt und rückläufig weiterzieht (Nagel 1. c). 3) Ein
Ramus lig amenti teretis; dieser anastomosiert mit der Art. spermatica externa
(Art. epigastrica inferior). 4) Rami ve s i c a 1 e s für die hintere Blasenwand i). Zwi-
schen den Aesten der Art. uterina im Ligamentum latum und am Uterus derselben
Seite, sowie auch am Uterus beider Seiten, bestehen reichliche Anastomosen; solche
kommen auch, wie bemerkt, zwischen den Rami tubarii und ovarii vor. Die beider-
seitigen Anastomosen verlaufen am Uterus im ganzen quer (s. die Abbildungen von
Broeckaert, Nagel und insbesondere von D a v i d s o h n (1. 1. c. c). Es finden
sich aber auch längslaufende Anastomosen. Nach Nagel's Angabe, welche ich be-
stätigen kann, liegt die stärkste Queranastomose an der hinteren Uteruswand in der
Höhe des Tubenwinkels; überhaupt sind die Aeste der hinteren Wand etwas stärker
als die der vorderen.
Wichtig ist die Angabe D a v i d s 0 h n's und N a g e l's, der ich zustimme, dass
das ganze Corpus uteri in gleichmässiger Weise durch quere Seitenäste versorgt
werde, so dass ein Unterschied zwischen einem unteren Corpusabschnitte und einem
oberen in dieser Beziehung nicht besteht; natürlich sind die Zweige unten, am
schmaleren Corpnstheile und auch an der Cervix nicht so stark, wie an dem massi-
veren oberen Abschnitte; ihre Zahl hingegen und die Abstände, in denen sie ent-
springen, zeigen keine Verschiedenheit. Man vergl. hierzu inbesondere die Abbildungen
von Davidsohn und die auch für Lagebeziehungen sehr instruktiven Figuren in
dem anatomischen Atlas von Toi dt. Lief. VI, S. 589 und 590 (Figg. 965 u. 966) 1898.
Die Anastomose zwischen der Arteria ovarica von der Aorta und der Arteria
uterina wird hauptsächlich durch den Ramus ovarii der letzteren vermittelt; es ist,
wie Nagel mit Recht angibt, gar nicht möglich zu sagen, wo die eine Arterie —
ovarica aortae — beginnt und die andere — Ramus ovarii art. uterina e — aufhört.
Es handelt sich um ein typisches Beispiel einer „Anastomose k plein canal"^). (S. Fig. 87.)
Das ist nicht so beim Embryo, bei welchem die Art. ovarica aortae einzig und allein
das Ovarium und die Art. uterina den Uterus versorgt; die Anastomose stellt sich
erst später, nach dem Descensus ovarii her.
Zwei Punkte von hervorragender topographischer und praktisch- anato-
mischer Wichtigkeit sollen bei der Arteria uterina nochmals besonders hervor-
gehoben sein: es ist das ihre Kreuzung mit dem Ureter und die Thatsache,
dass sie bei jugendlichen Individuen — s. insbesondere Broeckaert —
während sie am Seitenrande des Uterus zum Tubenwinkel verläuft, noch V2~~l c™
1) Ricard, De quelques rapports de Tut^rine et de Turet^re. Semaine m^dicale.
Paris 1887. p. 39.
2) Testut, Trait^, III. 6dit. 1. c. [S. 137]. S. 604.
476 Gebärmutter: Venen.
vom Uterus entfernt liegt; an der Cervix und am unteren XJterinsegmente liegt
sie weiter ab, als am oberen. Nach wiederholten Geburten nähert sie sich
dem Uterusrande; es nehmen dann, wie bemerkt, auch die Windungen zu und
die Arterie ist bei Operationen schwerer vom Uterus zu trennen. — Ueber die
Lage zum Ureter geben die Figuren 83, 87 und 88 c Auskunft. Man sieht
daraus, und aus dem vorhin Gesagten, dass man beim Herabziehen der Gebär-
mutter durch das Scheidengewölbe (bei der vaginalen Exstirpatio uteri) die
Arteria uterina schlingenförmig über den Ureter hinbiegt ^).
Venen des Uterus, Die Venen der Gebärmutter sind äusserst zahlreich,
sehr dünnwandig, so dass sie auf Durchschnitten wie Spalträume erscheinen, ähn-
lich den Sinus durae matris. Sie treten von der vaskulären Schicht der Uterus-
muskulatur als schon grössere Stämme sämtlich an die Seitenränder des Organes,
wo sie einen starken die Windungen der A. uterina umstrickenden Plexus bilden.
Dieser Plexus geht abwärts ohne scharfe Grenze in den venösen Plexus der
hinteren und seitlichen Scheidenwand über. Dieses gesamte Venengeflecht
bezeichnen wir als Plexus utero vaginalis. Von ihm aus sammeln sich
beiderseits in der Höhe des äusseren Muttermundes die Venae uterinae.
Diese begleiten anfangs die Arteria uterina in doppelter Zahl; eine derselben
pflegt mit der Arterie vor dem Ureter, die andere hinter demselben herzulaufen
(s. Figg. 83, 87 und 88 c). Der gemeinsame Stamm der Vena uterina oder
auch, falls sie getrennt bleiben, beide Venae uterinae, fliessen dann gewöhnlich
mit den Sammelvenen des Plexus vesicovaginalis zu einem gemeinschaft-
lichen Stamme zusammen, der oft auch noch die Vena obturatoria aufnimmt
und dann in die Vena hypogastrica einmündet, deren stärksten Zufluss er unter
diesen Verhältnissen bildet (vgl. hierzu Figg. 51 — für den Plexus vesico-
vaginalis — und 83 u. 88 c).
Die Venae uterinae nehmen auch die Venen des Ligamentum latum auf, zwischen
dessen Blättern sie verlaufen, siehe Fig. 87 rechte Seite. Sie haben ferner Verbin-
dungen mit den Venen des Ligamentum teres und durch diese mit den Venen der
Bauchhaut und der äusseren Geschlechtsorgane, ferner mit den Venen der Tube und
des Ovarium und dadurch mit den Venae ovaricae (Vena cava inferior und V. renalis).
Endlich, wie aus dem Gesagten bereits hervorging, mit den Venen der Blase und der
Scheide, durch diese wieder mit den Venen des Beckenbodens, des Rectum und der
äusseren Genitalien (vergl. hierzu Figg. 83, 87 und das Kapitel: venöse Beckenplexus
1) Ueber die Arteria uterina vergleiche: Broeckaert, Jules, Contribution k
r6tude de Tartöre ut6rine. Ann. de la Soc. de M6d. de Gand. 1892. — Davidsohn, S.,
Ueber die Arteria uterina, insbesondere über ihre Beziehungen zum unteren Uterin-
segment. Morpholog. Arbeiten, herausgegeben von G. Schwalbe. Jena, 1893. —
Benckiser u. Hofmeier, Beiträge zur Anatomie des schwangeren und kreissenden
Uterus. Stuttgart 1887. — Fredet, P., Quelques recherches sur les Art^res de l'ut^rüs.
Journ. de l'anat. et de la physiolog. Nr. L 1898. S. 79. — Soul ige ux, Gh., Art^res
et veines de l'ut^rus et de Fovaire. Bulletin de la Societ6 anatomique de Paris.
LXIXe aunee. 1894. S. 831. — Nagel, W., Die weiblichen Geschlechtsorgane. Jena,
Fischer 1896 (S. 32) in: „Handbuch der Anatomie des Menschen, herausgegeben von
K. von Bar de leben." Bd. VIL — Nag-el, W., Beitrag zur Anatomie der weiblichen
Beckenorgane. Archiv für Gynäkologie. Bd. 53. 1897.
Gebärmutter: Lymphgeßlsse. 477
beim Weibe). — Die Klappen dieser Venen sind überall nur unvollständig ent-
wickelt.
Hennigi) legt Gewicht auf die sogenannte „Ringvene** des Uterus, welche
sich in der Gegend des inneren Muttermundes finden soll. In der That sieht man
häufig dort auf Längsschnitten ein grösseres venöses Gefäss klaffen; ob dasselbe aber
stets ringförmig herumgeht, ist nicht erwiesen; auch ist es nicht konstant. Die grössten
Venen der Uteruswand befinden sich subserös an der hinteren Fläche, wo sie im all-
gemeinen stärker entwickelt sind als vorn.
Lymphgefässe des Uterus. Die Wurzeln der Lymphgefässe sind an
drei Stellen der Gebärmutter zu suchen: in der Mucosae in der Museularis
und im Peritonaeum nebst der subperitonaealen Schicht.
In der Mucosa sind bisher deutliche röhrenförmige Lymphkapillaren mit Sicher-
heit nicht nachgewiesen worden. Nach den Angaben von P o i r i e r und S a p p e y
gelang es zwar einige Male in der Cervixschleimhaut ein Netzwerk im Zusammen-
hange mit grösseren, echten Lymphbahnen zu injiciren, welches sich eine Strecke
weit in die Mucosa corporis ausbreitete. P o i r i e r vermochte jedoch dies Netz an
seinen Präparaten nicht zu konstatiren. Beide Autoren arbeiteten mit Quecksilber. —
B r u h n s , welcher die neuen , von G e r o t a* angegebenen, Massen verwendete , er-
zielte in der Mucosa weder des Corpus noch des Collum eine Injection isolirbarer
Lymphkapillaren, während es leicht gelang solche in der Museularis und Serosa zu
füllen. Leopold war auf Grund seiner Injektionen zu der Ansicht gekommen, dass
isolirbare Lymphkapillaren in der Mucosa überhaupt nicht vorhanden seien, sondern
Hess die Lymphe dort in wandungslosen Räumen zwischen den Rundzellen des Inter-
glandulargewebes sich sammeln. Die platten Zellen des Gerüstes vergleicht er endo-
thelialen Scheiden-Zellen und findet solche in vollständigerem Zusammenschlüsse ins-
besondere auf den Wandungen der Blutgefässe und der Drüsen. Letztere beide
Bildungen würden daher, wenigstens theilweise, in Lymphscheiden eingebettet sein und
die ganze Anordnung der Dinge würde der beim Hoden beschriebenen ähnlich sein. —
Da gegen das Epithel hin und um die Drüsen eine Basalmembran vorhanden ist, so
wäre damit eine weitere Absperrung der wandungslosen Lymphbahnen gegen die
Lumina uteri gegeben. Ich bin geneigt der Ansicht Leopol d's beizutreten, dessen
Präparate ich seinerzeit einsehen konnte^).
Die Lymphwurzeln und die feineren Lymphgefässe in der Museularis uteri
sind ebensowenig genau bekannt, wie sonst in der glatten Muskulatur. Vor allen
Dingen ist ihr Verhältniss zu den Blutgefässen noch näher zu eruiren. Bei Einstich-
injektionen in die Wand von Gebärmüttern, deren Blutgefässe vorher nicht injicirt
waren, bleibt man bezüglich der Wandungen feinerer Lymphgefässe stets Täuschungen
ausgesetzt. Leopold nimmt in der Museularis sowohl Lymphspalten als isolirbare
Lymphröhren an. — Die serösen und subserösen Lymphgefässwurzeln sind dieselben
wie sie von v. Recklinghausen und Anderen in den serösen Häuten überhaupt
nachgewiesen worden sind.
Nach Einstichinjektionen in die Schleimhaut kann man von da aus leicht
Lymphgefässe in der Museularis injiciren und ebenso gelingt die Injektion der
letzteren durch Einstich in die Museularis selbst, und von hier aus auch die Injektion
der subserösen und serösen Lymphbahnen an der ganzen damit versehenen Oberfläche
des Uterus. Sonach hängen die Lymphbahnen sämtlicher drei Uterusschichten innig
zusammen. Die Lymphgefässe der Museularis cervicis bilden ein feineres
1) Hennig, C, Ueber die Uterusvenen in normaler und in pathologischer Hin-
sicht. Virchow's Archiv für patholog. Anatomie. Bd. 131. S. 509. 1$93.
2) Leopold, G., Die Lymphgefässe des normalen, nicht schwangeren Uterus.
Archiv für Gynäkologie. Bd. VI. 1874.
478 Gebärmutter: Lymphgefässe.
Netz als die des Corpus uteri. Bruhns giebt an, dass die feinen Lymphgefässe weit
reichlicher in der Muscularis vorhanden seien, als die feinen Blutgefässe. Erstere soll
man durch die netzförmige Verzweigung leicht von den baumförmig verzweigten
feineren Blutgefässen unterscheiden können.
Wichtig sind die von A. Seelig ^) durch das Studium der Ausbreitung von
Krebsgeschwülsten gewonnenen Erfahrungen über das Verhalten der feineren und
gröberen Lymphbahnen in der Uteruswand selbst. Demnach liegen in der Muscu-
laris uteri zahlreiche grössere Lymphgefässe, zusammen mit den grösseren Blut-
bahnen der mittleren und äusseren Muskelschicht; durch diese Lymphstrasse wird
auch die Verbindung zwischen den Lymphgefässen der Cervix und des Corpus
hergestellt. Ferner ergab sich, dass die Lymphgefässe in den inneren Schichten
der Muskulatur, gegen die Schleimhaut hin, erheblich enger sind als die eben-
genannten. Auch die von Abel und Landau 2) erwähnten perivaskulären
Lymphbahnen in der Uteruswand scheint Seelig anzunehmen; ich habe mich an
Abel's Präparaten, sowie an eigenen, gleichfalls von ihrer Existenz überzeugt.
Ueber die gröberen Lyipph bahnen der Gebärmutter sind
wir jetzt durch die Untersuchungen insbesondere von Sappe y, Poirier und
Bruhns gut unterrichtet^). Zunächst mag erwähnt sein, dass wir die
stärksten Netze und grösseren subserösen Stämme, ähnlich den Venen, an der
hinteren Wand, insbesondere in der Nähe des Abganges der Adnexa
uteri antreffen. Hier finden sich zum Theil recht weite Lymphgefässe. Ferner
verlaufen stärkere Lymphgefässstämme mit den Arterien und Venen an den
Seitenwänden der Gebärmutter.
Die von dem Organe abtretenden Lymphgefässstämme schildere ich nach
den Angaben von Bruhns, der seine Untersuchungen im Berliner anatomischen
Institute anstellte. Die Ergebnisse derselben stimmen im wesentlichen mit
denen Poirier's tiberein. Wir können demnach die Uteruslymphgefässe ein-
theilen in die der Cervix und die des Corpus uteri.
Von der Cervix gehen 2—3 Aeste zu denjenigen Lymphoglandulae
hypogastricae (s. S. 251), welche im Winkel zwischen A. iliaca externa
und A. hypogastrica gelegen sind. Die Lymphgefässe der Vaginalschleimhaut
ziehen zu denselben Drüsen und zwar zu den unteren. Einmal sah Bruhns
auch ein Lympbgefäss von der Cervix zu der untersten Drüse dieser Gruppe
verlaufen.
1) Seelig, A., Pathol. anat. Untersuchungen über die Ausbreitungswege des
Gebärmutterkrebses. Dissert inaug. Strassburg, 1894. (Aus v. Recklinghausen 's
Laboratorium.)
2) Landau, Th., und Abel, K., Beiträge zur normalen u. pathol. Anatomie
des Gebärmutterhalses. Arch. f. Gynäkol. Bd. 38. 1890.
3) Sappey, Ph., 1. c. [S. 88]. — Poirier, P.. Lymphatiques des organes ge-
nitaux de la femme. Progr^s medical. 1889. IL p. 491 ff. — Ferner: Derselbe, Du
röle des lymphatiques dans les inflammations de l'ut^rus, des annexes et du p^ritoine
pelvien. Progr^s medical. 1890. L p. 41 ff. — Bruhns, C, Ueber die Lymphgefässe
der weiblichen Genitalien nebst einigen Bemerkungen über die Topographie der
Leistendrüsen. Archiv für Anatomie und Physiologie. Anat, Abth. S. 57. 1898. (Mit
Litteratur.)
Gebärmutter: Nerven. 479
In zwei Fällen fand Bruhns die von Sappey beschriebene ut ero-
vaginale Lymphdrüse, welche dicht am Collum uteri in der Nähe des
Scheidenansatzes im Ligamentum latum gelegen ist.
Vom Corpus uteri ziehen zunächst zwei oder mehrere Aeste zu den
eben genannten Lymphoglan du lae hypogastricae, und zwar zu den
oberen Drüsen der Gruppe. Zwei weitere Lymphstämme begeben sich am
oberen Rande des Ligamentum latum entlang zum Lymphgefässgeflechte des
Ovarium^ von diesem längs der Vasa ovarica zu den mittleren Lympho-
glandulae lumbales (S. 251), und zwar zu denjenigen, welche in der
Höhe des unteren Nierenendes gelegen sind.
Endlich finden sich Lymphgefässstämme, welche sich mit denen der
Tuben (s.o.) und mit denen der Ligamenta teretia in Verbindung setzen;
letztere Hessen sich bis zu den Leistendrüsen verfolgen, und zwar zu den
oberen, — In einem Falle fand Bruhns eine kleine Lymphdrüse an der
Arteria uterina, dort wo sie den Ureter kreuzt. Es zog ein Lymphgefäss zu
ihm vom Corpus uteri.
Sappey gibt noch an, dass vom Collum uteri Lymphgefässe zu Ljunphdrüsen
ziehen, welche zwischen Os sacrum und Arteria hypogastrica, also an deren medialer
Seite, gelegen sind. Häufig fand er auch ein Lymphgefäss, welches vor dem Kreuz-
beine zu einer Drüse vor dem fünften Lendenwirbel zog, ferner einen Lymphstamm,
der vom Uterus über die Vasa iliaca communia zu qiner grossen Drüse an deren
Aussenseite verlief.
Ebenso wie bei den Venen haben wir bei den Lymphbahnen des Uterus den
Zusammenhang derselben mit den benachbarten Lymphgefässplexus hervorzuheben,
insbesondere mit denen der Scheide und durch diese mit denen des Rectum — s. Kap.
„Scheide" — , des Ligamentum latum, der Tuben, der Eierstöcke und denen des Liga-
mentum teres. Die regionären zum Uterus gehörenden Lymphdrüsen, nament-
lich die Lymphoglandulae hypogastricae, von denen die oberste in der Höhe
des Beckeneinganges Hegt, lassen sich bei Anschwellungen vom Becken aus palpiren.
Nerven des Uterus. Von den Centralorganen treten cerebrospinale
Zweige, soweit man weiss, in der Bahn des dritten und vierten Sakral-
nerven zum Uterus; auch vom zweiten Sakralnerven scheinen Fäden hinzu-
gehen. Ein weiterer Zuzug entstammt dem sympathischen Systeme, und
zwar dem Plexus interiliacus (s. S. 257), welcher ja von Tiedemann mit
dem Namen „Plexus uterinus communis" bezeichnet worden ist.
Von diesem Plexus gehen starke Zweige zur Seite des Mastdarmes und
von da, am Ligamentum uterosacrum entlang, zur Cervix uteri zu einem unter
der Kreuzungsstellc der Vasa uterina mit dem Ureter gelegenen, von Robert
Lee*) entdeckten grossen Ganglion, dem Ganglion cervicis uteri. Nach
Lee haben Frankenhäuser ^) und R e i n ^), Letzterer bei Meerschweinchen
1) Lee, Robert, The Anatomy of the nerves of the Uterus. Philos. Trans-
actions. 1841, Part 2; 1842, Part 2; 1846, Part 2. (Die Originalpräparate Lee 's be-
finden sich im anatomischen Museum zu Cambridge, Engl.)
2) Frankenhäuser, Die Nerven der Gebärmutter. Jena 1867.
3) Rein, G., Notes sur le Plexus nerveux fondamental de l'ut^rus. Comptes
rendus des s^ances et Memoires de la Soc. de Biol. Paris 1882. S. 161.
480 Lage der Gebärmutter.
und Kaninchen, die betreflFenden Verhältnisse am genauesten untersucht. Nach
Lee und Frankenhäuser sind noch 2 andere Ganglien zu erwähnen,
welche, das eine an der lateralen Seite des Ureter, dicht am Eintritte desselben
in die Blase, das andere an dessen medialer Seite, zwischen ihm und der
Cervix uteri gelegen sind. Nach ßein's Untersuchungen finden sich bei
Meerschweinchen und Kaninchen an den betreffenden Stellen, Cervix uteri und
Scheidengewölbe, eine grosse Anzahl kleiner Ganglien. Als wichtigstes Er-
gebniss seiner Untersuchungen ist hervorzuheben, dass bei den genannten
Thieren kein Nerv zum Uterus tritt, bevor er nicht diese Ganglien passirt hat.
Ob sich dies beim Menschen ebenso verhält und ob die genannten Ganglien
die einzigen Uteringanglien sind, steht noch dahin. So sollen nach Lee und
Frankenhäuser wenigstens vom Plexus hypogastricus direkt Fäden zum
Uterus gehen, und v. Herff ^) und insbesondere v. Gawronsky haben
Zellen in der Muscularis uteri und dicht unter der Mucosa beschrieben, welche
sie für Ganglienzellen halten möchten.
Ueber die Endigungen der Nerven in den verschiedenen Schichten des Uterus
bestehen noch keine abschliessende Angaben; doch darf man wohl nach den positiven
Mittheilungen von v. Gawronsky^) und von Kalischer 1. c. [S. 319] annehmen,
dass sie in das Oberflächen- und Drüsenepithel eintreten und dort meist mit kleinen
Knöpfchen frei endigen. In der Muscularis sah v. Gawronsky knöpfchenförmige
und scheibenförmige Endignngen und freie Spitzen; eine genaue Angabe indessen,
wie diese sich zu den Muskelfasern verhalten, fehlt.
v. Gawronsky hat die von ihm für Nervenzellen gehaltenen Gebilde nur
mit Hülfe des Golgi'schen Verfahrens dargestellt; Kalischer fand solche in der
Wand der Scheide auch durch die Methylenblaubehandlung, jedoch bis jetzt nicht in
der Wand der Gebärmutter. Ich halte den Nachweis von Nervenzellen ausserhalb der
Centralorgan« einzig und allein durch das Golgi'sche Verfahren nicht für genügend;
es müssen da noch andere Verfahren, insbesondere die Vergoldung, die Behandlung
mit Methylenblau, mit Thionin u. a. zur Unterstützung herangezogen werden. Ich
erwähne noch, dass jüngst Herlizka^) markhaltige Nervenfasern in der Uterin-
wand beschreibt, welche dort mit Endbäumchen frei endigen sollen, ohne mit den
sympathischen Nerven oder mit den Muskelfasern im Zusammenhange zu stehen.
Diese Nerven dürfen wohl als sensible und als cerebrospinale Reflexnerven ange-
sprochen werden.
Lage des Utenui.
Der Besprechung der Lage der Gebärmutter muss vorausgeschickt
werden, dass der Uterus zu den am meisten bev^^eglichen Theilen des
Körpers gehört, und dass diese Beweglichkeit für die Beurtheilung, ob seine
Lage eine normale sei oder nicht, wesentlich mit in's Gewicht fällt.
1) Her ff, 0. V., Ueber das anatomische Verhalten der Nerven in dem Uterus
und in den Ovarien des Menschen. Münchener mediz. Wochenschrift 1892. Nr. 4.
2) Gawronsky, N. v., Ueber Verbreitung und Endigung der Nerven in den
weiblichen Genitalien. Arch. f. Gynäkol. Bd. XLVII. 1894.
3) Herlizka, L., Contributo allo studio dell' innervazione uterino. BuUettino
deir Accademia medicofisica fiorentina. 30. Novbr. 1897. (Annal. des malad, genito-
urin. T. XV. 1897. p. 1226.)
Lage der Gebärmutter. 481
Auf Grund dieses Verhaltens ist die Meinung ausgesprochen worden, dass
es eine normale Lage des Uterus überhaupt nicht gebe. Dem wird der Anatom
niemals beipflichten können. Doch erkenne ich an, dass der Uterus in einer
grossen Breite in seiner Lage schwanken kann, ohne dass dadurch eine Störung
entsteht. Unter allen diesen Lagen, die innerhalb der Gesundheitszone bleiben,
ist aber dennoch nur eine, welche im anatomischen Sinne als die normale Lage
bezeichnet werden darf. Ich werde diese als die (für das Genus „Homo")
typische üteruslage bezeichnen. Normaler Uteruslagen gibt es also
mehrere; typisch ist nur eine!
Die erwähnte Beweglichkeit des Uterus, von der später noch besonders
zu handeln ist, vertheilt sich auf die 2 Abschnitte der Gebärmutter in ungleichem
Grade: Das Corpus uteri ist in sehr weiten Grenzen beweglich, namentlich um
eine durch den Isthmus uteri gelegte Queraxe ; diesem gegenüber ist die Cervix
uteri relativ fest, immerhin jedoch nicht nur durch von aussen kommende Ein-
griffe, sondern auch durch Einflüsse seitens der benachbarten Beckenorgane
erheblich verschiebbar.
Für die Verschiebungen der Gebärmutter aus der typischen Lage hinaus
sind eine Anzahl von Bezeichnungen gebräuchlich, die wir aus praktischen
Gründen schon jetzt erklären wollen; es wird das die genauere Beschreibung
der typischen und normalen Lagen erleichtern.
Die Abweichungen des gesamten Uterus nach hinten heissen Retro Posi-
tionen, nach vorn Antepositionen, nach der Seite Lateropositionen;
Erhebungen werden als Elevationen, Senkungen, insoweit sie sich nicht
von der normalen Breite entfernen, als Depressionen benannt. Diese
Lagen betreffen, wie bemerkt, das ganze Organ und rücken sowohl das Corpus
wie die Cervix aus der typischen Lage hinaus, wobei die Idiotopie des Organes
dieselbe bleiben oder aber geändert werden kann.
Wenn das ganze Organ um seine Längsaxe gedreht ist, so heissen wir
das Torsio uteri, die in eine Dextro-und Sinistrotorsio zerfällt;
eine Torsion kann wiederum mit jeder anderen Lageveränderung vergesell-
schaftet sein.
Nehmen wir an, es stehe im Mittel die Längsaxe des Uterus, d. b. die
des Corpus und der Cervix zusammen, in der Führungslinie des Beckens, so
kann davon eine Abweichung nach allen Seiten vorkommen: Neigung des
Uterus, Ve r s i 0 ; es werden eine Anteversio,Retroversio und L a t e r o-
versio unterschieden. Bildet die Längsaxe des Körpers mit der des Uterus-
halses einen W^inkel, so haben wir die F 1 e x i o uteri, Beugung oder Knickung
der Gebärmutter, und zwar hauptsächlich die Anteflexio, Retroflexio
und Lateroflexio, wobei der Beugungswinkel am Isthmus uteri (innerem
Muttermunde) liegt. Die Flexionen betreffen, wie leicht ersichtlich, die I d i o-
topie des Uterus. Selbstverständlich können nun die Neigungen und Beu-
gungen wieder mit verschiedenen Positionen und Torsionen vergesellschaftet
sein, und es ergibt sich so eine grosse Mannigfaltigkeit von Lagen der Ge-
bärmutter. Um diese übersichtlicher einzutheilen, hat man sich in neuerer
AValdeyer, Das Becken. ^^
482 Lage der Gebärmutter.
Zeit gewöhnt, alle Abweichungen nach einer und derselben Richtung hin unter
dem Sammelnamen „Deviationen" zu vereinigen, und spricht so von Retro-
deviationen, Antedeviationen und Laterodeviationen des
Uterus. So umfasst der Name „Retrodeviation" die Retropositio, Retroversio
und Retroflexio uteri u. s. f. Meines Erachtens hat B. Schnitze nicht Un-
recht, wenn er auf gewisse Gefahren dieser Collektivbezeichnungen hinweist ^).
Man würde auch auf alle diese Einzelheiten kein Gewicht gelegt haben,
wenn sie nicht, bei Ueberschreitung eines gewissen Grades, zu oft sehr erheb-
lichen Störungen Veranlassung geben könnten, und wenn nicht sowohl eine exakte
Diagnose wie eine zweckentsprechende Therapie auf ihrer genauen Kenntniss
beruhte.
Man kann nun ohne Zaudern sagen, dass alle diese Varietäten der Haltung
(Stellung) und Gesamtlagerung der Gebärmutter, d. i. der Holotopie und Idio-
topie derselben, bis zu einem gewissen Grade normal sein können, ohne es
aber deshalb aufgeben zu müssen nach einer normalen Lage im rein anato-
mischen Sinne, nach einer typischen Lage des Uterus, wie ich sie nannte, zu
forschen. Eine solche gibt es in der That! Ich wiederhole aber ausdrücklich,
dass zu dieser Lage, falls sie auch physiologisch normal sein soll, die normale
Beweglichkeit, insbesondere des Uteruskörpers, gehört; beides ist untrennbar
verknüpft, wenn es sich um die Beurtheiinng des Gesunden handelt.
Als typische Lage der Gebärnmtter muss diejenige bezeichnet werden,
bei der in aufrechter Stellung des Weibes das Organ in der Mitte des
kleinen Beckenraumes liegt, so, dass das Orificium uteri externum ungefähr
in der Höhe des oberen Symphysenrandes und in der Ebene der Spinae
ischiadicae — Planum interspinosuui — sich hält, bei der die Axe der Cervix
in der Führungslinie des Beckens, bei dieser Höhenlage also „antevertirt",
läuft, bei der endlich eine um eine Winkelgrösse von 70 — 100^ schwankende
Anteflexion des Corpus uteri, ohne Torsion, besteht. Kurz gesagt
liegt also der menschliche Uterus, bei skeletotopischer
Norm, in der Medianebenc antevertirt und anteflektirt.
Diese Bestimmung gilt, wie ausdrücklich zu bemerken ist, nur für leeres
Rektum und leere Blase, bis zu massiger Füllung beider Organe. Von dieser
Lage geben insbesondere die Figuren 83 und 87 eine klare Vorstellung ;
auch auf Fig. 86 kann verwiesen werden, obwohl hier der Schnitt durch den
Seitenrand des Uterus geht. In Fig. 85 besteht, wie so sehr häufig, eine
geringe Lateroversio nach links (Sinistroversio).
Die Gründe, weshalb diese Lage für die typische zu erklären ist, sind
folgende :
1) zeigt sich schon beim Fötus ^) regelmässig eine geringe Anteversio-
flexio uteri, die mit fortschreitender Entwicklung zunimmt, bis sie mit Aus-
bildung der Pubertät den typischen Stand erreicht;
1) Schnitze, B., in „Verhandlungen der Deutschen gynäkologischen Gesell-
schaft" 1897. (Bericht über Retroversion und Retroflexion des Uterus.)
2) Vergl. Nagel, 1. c. (Lehrbuch). Figg. 2-6.
Lage der Gebärmutter. 483
2) hat auch der schwangere Uterus, solange derselbe noch im kleinen Becken
sich befindet, diese Stellung und Haltung (s. Fig. 96). Der bekannte Braune'sche
Durchschnitt einer im zweiten Monate Schwangeren kann nicht als Gegen-
argument angeführt werden, denn in diesem entspricht die Stellung der Gebär-
mutter sicherlich nicht dem gewöhnlichen Befunde an lebenden Schwangeren
dieser Periode. Denkt man sich den Uterus in dieser Stellung weiter ver-
grössert, so würde er das Promontorium treflfen, während die antevertirte Lage
des schwangeren Uterus ihn bei weiterer Entwicklung auf ganz natürlichem
Wege aus dem kleinen Becken hinauswachsen lässt;
3) nimmt auch der puerperale Uterus alsbald nach der Entbindung die
von mir als typisch bezeichnete Lage wieder ein. Er kann auch bei seinem
Volumen kaum anders liegen (Fig. 103 und Kap. „Puerperium");
4) wird der Uterus in der typischen Lage sich am einfachsten an alle
Aenderungen der übrigen Bauch- und Beckeneingeweide akkommodiren können,
ohne Störungen zu erleiden oder zu verursachen. Es ist klar, dass, wenn bei
gerade aufgerichtetem Uterus, bei leicht retrovertirtem oder stärker seitlich
abgewichenem Uterus Darmschlingen das Organ ^^on vorn und hinten oder
von einer Seite umgeben, er durch deren wechselnde Füllung mit Gas- und
Faekalmassen viel mclir Störungen unterworfen ist, als wenn derselbe in der
Anteversio-flcxio liegt, wo die Darmsclilingen nur von oben aufrulien und
ihn einzig gegen die Blase, auf der er wie auf einem Wasserkissen ruht, hin-
drängen. Die Füllung der Blase aber, welche den Uterus hebt, geschieht so
langsam, dass irgend eine Störung dadurch nicht eintreten kann. Eine ge-
schütztere und für alle Verhältnisse passendere Lage, wie die typische, lässt
sich in der That nicht denken;
5) wird endlich, was die Hauptsache ist, der Uterus bei gesunden Frauen,
namentlich bei Nulliparen, sowohl bei lebenden, wie in der Leiche thatsächlich
in dieser typischen Lage gefunden, sobald keine Abnormitäten im Becken vor-
banden sind. Bei den von mir untersuchten Leichen fand ich ihn bis jetzt
unter solchen Umständen stets so gelagert, häufig allerdings mit einer leichten
Lateroversio, meist einer Sinistroversio. Es ist mir geradezu aufi'allend, dass
die meisten übrigen Autoren von einer häufigeren Dextroversio sprechen.
Immerhin muss man aber sagen, dass man wohl nicht fehl geht, eine genaue *
mediane Lage als die typische und mehr normale zu bezeichnen.
Die Erfahrung, namentlich an der Lebenden, hat nun, wie schon Eingangs
dieses Kapitels bemerkt wurde, ergeben, dass Abweichungen von dieser typischen
Lagerung sowohl ohne Störung für das Allgemeinbefinden, als auch für die nor-
male Funktion der Gebärmutter bestehen können. So können Retro-, Ante- und
Lateropositionen bis zu einem gewissen Grade noch normal sein, desgleichen
stärkere Anteversionen und Anteflexionen als gewöhnlich. Auch findet man nament-
lich bei Nulliparen nicht selten eine spitzwinklige Anteflexion ohne Störung.
Selbst für die Geradstellung im Becken und für massige Retroversionen und
Lateroversionen, für geringe Elevationen und Depressionen triflft dies zu; dagegen
muss allemal eine mit Retroversion verbundene Retroflexion als eine
484 Lage der Gebärmutter: Skeletotopie.
pathologische Lagerung bezeichnet werden, denn es ist klar, dass in dieser
Lage und Haltung jede Vergrösserung der Gebärmutter bei der Menstruation und vor
allem bei eintretender Gravidität zu Störungen selbst schwerster Art führen wird.
Wie gleichfalls schon betont wurde, gehört zu jeder Lage des Uterus,
die als eine normale bezeichnet werden soll, ein gewisser Grad von Beweg-
lichkeit, namentlich des Corpus gegen die Cervix, damit die Gebärmutter den
Füllungen und Entleerungen der anderen Beckenorgane Rechnung tragen könne
und auch selbst bei ihren verschiedenen Füllungsgraden sich der Beckenhöhle
zu adaptiren vermöge. Dies wird schon gebieterisch durch die Holotopie des
Uterus in der Mitte der kleinen Beckenhöhlc, zwischen Blase und Rectum
erfordert. Selbst eine in den typischen Grenzen sich haltende Anteversio und
Anteflexio kann bei Unbeweglichkcit im Pseudogelenke des Uterus — so wollen
wir die charnierartig bewegliche Stelle am Isthmus uteri nennen — zu einer
pathologischen werden. Ein starrwandiger Uterus steht sicher besser in der
von Testut als normal bezeichneten Lage (Traite, 1. c. Bd. IIL S. 582. Fig.
347 5 vgl. ferner Fig. 81 hier).
Was die von manchen Seiten als häufig bezeichnete Torsion der Gebär-
mutter anlangt, wobei die eine Seitenkante der Vorderwand des Beckens näher
liegen würde als die andere, so muss ich nach meinen Befunden Webster*)
beipflichten, der dies für einen seltenen Befund erklärt-, wenn sie vorkommt,
so ist sie jedenfalls unbedeutend.
Skeletotopie des Uterus. Bei der im Vorstehenden geschilderten Lage
des Uterus finden wir folgende Beziehungen zum Skelct: Wie bereits er-
wähnt, steht die Axe der Cervix in der Führungslinie des Beckens. Das Ori-
ficium uteri externum entspricht der Höhe des ersten oder zweiten Steisswirbels,
was so ziemlich mit der Höhe des oberen Symphysenrandes zusammenfällt
(der letztere ist gewöhnlich ein wenig tiefer). In Fig. 81a liegt der äussere
Muttermund in einer Horizontalen mit dem unteren Rande des zweiten Steiss-
wirbels und etwas über dem oberen Symphysenrande. In derselben Höhe liegt
er in Fig. 83. In Fig. 81 liegt er (bei starker Beckenneigung) höher.
Der äussere Muttermund liegt ferner, wie vorhin bemerkt, ungefähr im
Planum interspinosum, das heisst also in der durch die beiden Spinae ischiadicae
geführten senkrechten Ebene.
Diese Ebene ist dem untersten Kreuzwirbel etwas näher als der
Syraphysenmitte, so dass man sagen kann, dass der äussere Muttermund Er-
wachsener der hinteren Beckenwand (speziell dem untersten Kreuzwirbel) näher
liege als der vorderen. Bei Embryonen bis zum Neugeborenen liegt er in der
That fast genau in der Mitte des Beckens. Sehr weit nach hinten stehend
zeigt ihn die v. Bardeleben'sche Abbildung, ferner Fig. 103, jedoch nicht in
dem Grade. Aus der Vergleichung aber aller der gegebenen Figuren muss
man doch den Schluss ziehen, dass die vorhin angegebene Lage in der Becken-
1) Webster, J. C, The occurrenee and signification of Rotation of the Uterus.
Transact. obstetr. Soc. of Edinburgh. 1892/93.
La^e der Gebärmutter: Syntopie. 485
mitte als die typische zu bezeichnen sei. Grossen Einflnss haben natürlich die
Füllung von Rectum und Blase und auch vor oder hinter dem Uterus liegende
Darmschlingen.
Ein vom vordersten Punkte des Fundus auf die Horizontalebene gefälltes
Lot geht durch die Mitte des Scptiim urethrovaginale; ein gleiches Lot vom
inneren Muttermunde geht hinter der Mitte des Dammes vorbei; ein Lot vom
äusseren Muttermunde durch das hintere Viertel des Dammes. Dasselbe kann
jedoch bis in das Bereich des Anus gelangen. In Figur 81 liegen alle diese
Lote mehr nach vorn. Natürlich wechseln diese Stelhingen mit der Füllung
von Rectum und Blase und auch wohl individuell in gewissen Grenzen.
Die Gebärmutter liegt ferner zwischen den Ebenen des Beckeneinganges
und -Ausganges, welche beide sie nicht treffen, ungefähr in der Mitte. Die
Horizontale durch den höchsten Punkt des Uterus, welcher bei der typischen
Lage dem Corpus angehört, trifft in der Regel den vierten Kreuzwirbel, kann
aber bei mehr senkrechter Stellung des Uterus bis zum dritten hinaufreichen.
Der tiefste Punkt der Gebärmutter ist das untere Ende der vorderen Mutter-
niundslippe; derselbe liegt in einer Höhe mit den unteren Steisswirbeln und
dem oberen Drittel der Symphyse.
Syntopie des Uterus. Die typische Lage des Uterus vorausgesetzt,
müssen wir einmal diejenigen Nachbarorgane unterscheiden, welche ausschliess-
lich seiner serösen Bekleidung anliegen, also noch durch einen, wenn auch
noch so schmalen Spaltraum von ihm getrennt sind, ferner diejenigen, welche
nur durch eine Bindegewebslage von ihm geschieden sind, wozu drittens die
mit ihm organisch verbundenen (verwachsenen) Theile kommen. Für die Aus-
breitung pathologischer Processe, und auch in physiologischer Beziehung, ist
diese Unterscheidung von Bedeutung.
An der gesamten hinteren, oberen und vorderen Fläche des Uterus bis
zum Grunde der Excavatio vesicouterina finden nur seröse Berührungen statt;
hinten und unten, durch den Douglas'schen Raum vermittelt, zwischen Cervix
uteri und Rectum, weiter oben kommt gewöhnlich das Colon pelvinum in
Betracht. Auf dem Fundus uteri ruhen meist Dünndarmschlingen (Fig. 81),
oder auch Colon pelvinum und sigmoideum, wie das z. B. in Fig. 86, welche
nach Entfernung dieser Darmtheile gezeichnet wurde, der Fall war. Vorn,
durch die Excavatio vesicouterina getrennt, ruht der Uterus auf der Blase; bei
der typischen Lage finden sich, wie bemerkt (S. 455) niemals Darmschlingen
zwischen Blase und Uterus. Gewöhnlich reicht der Fundus uteri vorn bis
zur Plica vesicalis transversa (Figg. 85, 81a, 83). Die vordere Wand der
Cervix ist durch lockeres Bindegewebe mit der hinteren Blasenwand verbunden;
für gewöhnlich ist die ganze Länge der Cervix in dieser Weise der Blase an-
gelagert. Es wurde aber schon bemerkt (S. 456), dass unter Umständen das
Bauchfell sich zwischen Cervix und Blase bis auf die vordere Scheidenwand herab-
senken kann, und somit die Blase gänzlich ausser Beziehung zum Uterus kommt.
Mit zu den wichtigsten syntopischen Beziehungen gehören die, welche
zwischen Uterus und Ureter obwalten. Der Ureter kreuzt in der vorhin
486 Gebärmutter: Befestigungen und Beweglichkeit.
angegebenen Weise die Arteria uterina 2 cm von der seitlichen üteruswand
entfernt, an der er weiterhin ungefähr in der Mitte der Cervix vorbeizieht;
hier kann die Entfernung von der Uterinwand bis zu 1 cm herabgehen. Der
Ureter tritt dann auf seinem Wege zur Blase an die vordere Scheidenwand.
Ich begnüge mich hier mit diesen wenigen Angaben, da, wie schon be-
merkt, das Genauere einem besonderen Kapitel „Ureter muliebris" vorbehalten
werden soll.
Der vom Uterus abgehenden und mit ihm verwachsenen Organe ist in
einigen Punkten schon gedacht worden; andere topographische Beziehungen
derselben werden später noch zur Sprache kommen (s. insbesondere Kapitel
„Scheide").
Idiotopie des Uterus. Die wichtigsten idiotopischen Beziehungen mussten
bereits im Zusammenhange mit der Holotopie des Organes erwähnt werden;
für die Idiotopie der Portio vaginalis verweise ich auf den Abschnitt „Scheide".
Hier ist nur noch zu erwähnen, dass der Fundus uteri stark 1 cm nach vorn
und oben über die Tubeninsertion hervorsteht, dass die Tubenostien lateral im
Winkel zwischen Fundus und Corpus gelegen sind, dass das Orificium internum
der Knickungsstelle des Uterus entspricht und dass unterhalb desselben der
Zugang und Abgang der Blutgefässe und Nerven zum Uterus erfolgt.
Auf die Lage des Uterus haben sehr verschiedene Umstände Einfluss:
1) zunächst das Lebensalter (s. Kap. „Altersverschiedenheiten"), 2) der abdomi-
nelle Druck — in der Knieellenbogenlage, wo dieser Druck fast ganz auf-
gehoben ist, tritt das Organ in Elevation, während es beim Stehen tiefer hinab-
sinkt. Man erkennt diesen Einfluss auch durch die Bewegungen des Uterus
beim Athmen.
3) Eine starke Füllung der Gefässe, insbesondere der Venen, bedingt eine
Art Erektion des Organes und vermindert die Flexion am Isthmus uteri. Von
Wichtigkeit ist ferner 4) der Zustand der Nachbarorgane, wie bereits erwähnt
wurde, des Perimetrium, des Parametrium und des Beckenbodens, insbesondere
aber des Darmes; endlich 5) die Gestalt des knöchernen Beckens, seine ßaum-
verhältnisse und seine Neigung.
Befestig^unsren des Uteras. Bewegrllohkeit des Uterus.
Es ist klar, dass alle diejenigen Bildungen, welche mit der Gebärmutter
in Verbindung stehen, zu ihrer Befestigung beitragen : Die Scheide, und durch
sie der Beckenboden, das Parametrium, das Perimetrium, insbe-
sondere die Ligamenta lata, die Ligamenta teretia und utero-
Sacra sowie die Blutgefässe. Man hat bald diesem, bald jenem den
Haupteinfluss zugewiesen ; meines Erachtens ist es die Scheide und mit ihr der
Beckenboden (Damm), ferner die Blutgefässe mit den festeren, sie begleitenden
Bindegewebszügen, die in erster Linie zu nennen sind. Kocks*) hat diesen Binde-
1) Kocks, J., Die normale und pathologische Lage und Gestalt des Uterus
sowie deren Mechanik. Bonn, 1880. Friedrich Cohen.
Gebärmutter: Befestigungen und Beweglichkeit. 487
gewebsztigen die Bedeutung von Ligamenten zugewiesen, Ligamenta car-
dinalia, Angelligamente Kocks, die den Uterus in seiner Lage halten
und um die er sieh wie um eine Queraxe drehen sollte. Soweit darf man
meiner Meinung nicht gehen ; auch findet die Drehung des Uterus, wie bemerkt,
nicht um einen solchen Bandapparat, sondern zwischen Corpus und Cervix
statt. Gern gebe ich aber zu, dass dieses parametrische Bindegewebe eine
wichtige Rolle bei der Festlagerung des Uterus spiele. — Mackcnrodt^) legt
auf die an der Cervix uteri festsitzenden, die Arteria uterina begleitenden, von
Muskelfasern durchsetzten festeren Bindegewebsztige, die er von der Fascia
pelvis ausgehen lässt, Gewicht. Er nennt sie: Ligamentum transversum
colli. Es scheint mir, dass dies im ganzen den K ocks 'sehen Angelligamenten
entspricht.
Gegen die Bedeutung der Scheide und des Dammes für die Befestigung
der Gebärmutter findet man wohl das Experiment HohTs angeführt, der an
der Leiche nach Abtragung von Scheide und Damm den Uterus seine Lage
nicht ändern sah. Es braucht nicht viel üeberlegung, um die Werthlosigkeit
dieses Versuches für die hier besprochene Frage einzusehen. Viel bedeutsamer
scheinen mir die tausendfältigen Erfahrungen an Lebenden, die lehren, eine
wie grosse Bedeutung eine straffe unversehrte Scheidenwand mit ihrem erektilen
Gewebe und ein intakter fester und elastischer Damm für die Erhaltung einer
normalen Gebärmutterlage haben.
Den Ligamenta uterosacra, s. S. 495, kommt, wie B. S. Schultze
mit Recht hervorgehoben hat, ein bedeutsamer Einfluss auf die Erhaltung der
normalen Anteversioflexio uteri zu. Indem sie vermittelst der Beckenfascie
eine Befestigung am Kreuzbeine gewinnen, sind sie hierzu wohl geeignet. In
welcher Weise die sie begleitenden glatten Muskelfasern, die keine festen An-
satzpunkte haben, hierbei etwa mitwirken, bleibt noch zweifelhaft.
Nicht unwichtig erscheint mir auch die Ante versio uteri, die dem Organe
einen Unterstützungspunkt auf der Blase leiht. Ich bin der Meinung, dass
häufige starke Füllungen der Blase und des Rectum sehr ungünstig auf den
Uterus einwirken, und dass strenge diätetische Regelung dieser Dinge die Frauen
vor vielem Uebel bewahren könne.
Wichtig ist als regulirender Faktor endlich ein normaler intraabdomi-
naler Druck ohne zu grosse Schwankungen.
Die Beweglichkeit des Uterus ist schon wiederholt hervorgehoben
worden; doch ist hier noch auf die grosse Ausdehnung derselben, wie sie bei
Exploration des Beckens an der Lebenden möglich erscheint, ohne Schädigungen
zu hinterlassen, aufmerksam zu machen. Ich entleline dem Lehrbuche von
Winter-) Folgendes: Der Uterus lässt sich an die Symphyse heranziehen, in
die Kreuzbeinhöhle drängen, zur seitlichen Beckenwand verschieben, mit dem
1) Mackenrodt, A., Ueber die Ursache der normalen und pathologischen Lagen
des Uterus. Arch. f. Gynäkologie. Bd. 48, S. 393. 1895.
2) Winter, G., Lehrbuch der gynäkologischen Diagnostik. 2. Aufl. Leipzig, 1897.
4HS Gebärmutter: Altersverschiedenheiten.
Fundus bis zur halben Nabelhöhe heben und mit der Portio bis fast zum Seheiden-
eingange herabdrängen oder herabziehen, ohne dass wesentliche Sehmerzen auf-
ireten. Hieraus geht hervor, dass dem Bauchfelle und den sogenannten üterus-
ligamenten ein wesentlicher Einfluss auf die Befestigung des Organes nicht
zukommen kann.
Altersverschiedenheiten.
Schon beim foetalen Uterus zeigt sich der Gegensatz zwischen Corpus
und Cervix uteri und im kindlichen Lebensalter ist der Isthmus uteri am
deutlichsten ausgesprochen. Das Corpus ist rundlich und verhältnissmässig breit,
die Cervix, länger als das Corpus, stellt das Hauptstück des Organes dar.
Der Uterus liegt mehr gerade gestreckt ; dies hängt mit der Enge des Becken-
raumes und mit der Steilstellung der Blase zusammen. Immerhin ist eine ge-
ringe Abknickung in der Gegend des inneren Muttermundes und eine geringe
Anteversio bereits vorhanden. Die definitive typische Lagerung nimmt die
Gebärmutter erst mit dem Eintritte der Pubertät ein.
Auch wichtige Grössen- und Strukturverschiedenheiten bestehen. Vor
dem Eintritte der Geschlechtsreife ist die Gebärmutter absolut und relativ klein
(vgl. die Maasstabelle). Die Muskulatur ist schwächer. Die Schleimhaut zeigt
eine geringere zellige Infiltration. Flimmerung tritt am Epithel erst gegen
das Pubertätsalter auf; meistens fehlen im kindlichen Alter die Drüsen im
Corpus, während sie in der Cervix schon häufiger sind. (Rob. Meyer, 1. c.)
Das Cylinderepithel reicht tiefer hinab, nicht selten bis zum Orificium
externum (sogenannte physiologische Erosion; siehe „Scheide" und „Portio
vaginalis"). Robert Meyer (1. c.) macht insbesondere auf die Faltungen und
Biegungen des Lumen uteri beim Fötus und im frühen Kindesalter aufmerksam,
durch welche sich das Querschnittsbild des Uterus infantilis und adultus so
sehr unterscheiden; ferner auf die nicht unwichtigen buchtigen Schleimhaut-
einsenkungen, die zu Schleimhautabsprengungen und Cystenbildungen führen
können.
Während der geschlechtsthätigen Zeit schwillt der Uterus zur Zeit der
Menstruation jedesmal an, wobei er im Laufe der Jahre bei gesunden Frauen,
wenn sie geschlechtlich verkehren, auch ohne dass sie geboren haben, ein etwas
grösseres Volumen zu gewinnen pflegt, als er es bei jungen Virgines besitzt. Treten
Geburten ein, so pflegt — immer ein gesunder Allgemeinzustand vorausgesetzt —
die Gebärmutter auch ausserhalb der Gravidität gegen den jungfräulichen und
nuUiparen Zustand etwas vergrössert zu bleiben. Dies kommt namentlich auf
Rechnung einer stärkeren Wandungsdicke. — Der Fundus ist bei NuUiparen
weniger gewölbt, der innere Muttermund schärfer abgesetzt als bei Frauen,
welche geboren haben.
Bei Matronen, deren Geschlechtsthätigkeit im Klimakterium zum Abschlüsse
gelangt ist, bildet sich eine neue Form des Uterus aus, die einer gewöhnlichen
Birnform am meisten entspricht. Der Körper bleibt verhältnissmässig gross,
wenn auch seine Wandung sich verdünnt; es kann dabei die Lichtung weiter
werden. Der Absatz zwischen Körper und Cervix wird fast ganz aufgehoben
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Riiiicles Miittertaml (L,igaiBeiitiiiii tereis uteri )
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490 Rundes Mutterband.
erscheint, dieselben aus den übrigen Adnexa uteri herauszuheben und beim
Uterus selbst zu besprechen; erst nachher lassen wir die Maasstabelle und das
Kapitel „Pathologische Zustände des Uterus" folgen. Dagegen sind die Liga-
menta lata uteri auch mit sämtlichen Adnexis uteri und selbst mit der Scheide
verbunden, weshalb es sich empfiehlt diese erst später abzuhandeln.
Die Ligamenta teretia sind bei Erwachsenen 12 — 15 cm lange, im
wesentlichen muskulöse Stränge, welche von den oberen seitlichen Winkeln
des Uterus bis zum Leistenkanalc, und durch diesen hindurch zur Basis der
grossen Schamlippen und zum Tuberculum pubicum ziehen. Sie haben eine
fast durchweg rundliche Form und zeigen eine Breite von 3—5 Millimetern.
Nach dem Austritte aus dem subkutanen Leistenringe verbreitern sie sich
fächerförmig und lösen sich in einzelne muskulös-fibröse Stränge auf, die theils
in das Bindegewebe und die Cutis der Labia majora tibergehen, aber auch am
Perioste der Basis der Tubercula pubica und an den fibrösen Wänden des
Leistenringes, insbesondere am Ligamentum inguinale reflexum (Collesi) ihr
Ende finden.
Das Ligamentum tercs entspringt unterhalb des Tubenabganges, vor dem
Ligamentum ovarii, vom vorderen Seitenrande des Uterus. Man kann seiner
Lage nach, an ihm eine Portio intrapelvina und eine Portio extrapelvina
unterscheiden. Die Portio intrapelvina lässt sich wieder in eine. Pars uterina,
eine Pars ligamenti lati und eine Pars iliaca zerlegen; die Portio extra-
pelvina in eine Pars inguinalis und praeinguinalis.
Die Pars uterina umfasst die Wurzel des Bandes am Uterus und eine
kurze Strecke desselben (etwa 1 cm), auf der es noch am Seitenrande des Uterus
vor den Vasa uterina herabläuft. Das Band tritt hier nur wenig hervor.
Die Pars ligamenti lati verläuft anfangs fast horizontal, entsprechend
der Lage des Uterus, bis zur seitlichen Beckenwand. Sie ruht hier in der
Basis des Ligamentum latum und zieht nach der Kreuzungsstelle der Vasa
uterina mit dem Ureter über diese und über die Vasa vesicovaginalia hinweg.
Vergl. hierzu Fig. 88 c, aus der dies Verhalten klar ersichtlich ist, obwohl
nur ein kleines Stück des Ligamentum teres dargestellt wurde. Nunmehr
steigt das Band an der seitlichen Beckenwand nach aufwärts und nach vorn,
bis es den subperitonäalen Leistenring erreicht, in den es eintritt. Diesen
Theil bezeichnen wir als Pars iliaca.
Die Pars iliaca ist der längste Abschnitt des Bandes. Auf dieser
Strecke springt dasselbe nicht selten soweit vor, dass ihm ein kurzes
Mesenterium (Mesodesma^) gebildet wird. (Vergl. hierzu Figg. 81, 83
und 85.) Es nimmt hier eine ähnliche Lage ein, wie der Ductus deferens
beim Manne. Demnach bildet es die Grenze zwischen der Fossa paravesicalis
posterior und der Fossa obturatoria und zieht, stets unmittelbar unter dem
Bauchfelle gelegen, über die Vasa und den Nervus obturatorius, über die Arteria
umbilicalis, die Vasa iliaca externa, endlich, leicht hakenförmig gekrümmt,
1) Zusammengesetzt mit t6 diofiaj das Band.
Rundes Mutterband. 491
lateral über den Ursprung der Vasa epigastrica inferiora hinweg, um in den
subperitonäalen Leistenring einzudringen. Hier gesellt sich, lateral zum Bande
liegend, zu ihm der Nervus spermaticus externus. (Vgl. hierzu S. 238 u.
S. 252 ff. — Lage des Ductus deferens — und Figg. 61 und 62.) Mit Rück-
sicht auf die Beckeneingeweide hat das Ligamentum teres vor sich und median-
wärts die Harnblase, hinter sich und lateralwärts Tube und Eierstock. Bei
leerer Blase sieht man es ungefähr der Plica vesicalis transversa (siehe die
genannten Figuren und S. 301) parallel verlaufen. Lateralwärts verbreitet sich
nicht selten die genannte Plica in dreieckiger Form, und zieht über das runde
Mutterband zu den Vasa iliaca externa hinweg.
Die Pars inguinalis bekommt von selten der Vasa epigastrica inferiora
die Vasa spermatica externa hinzu. Dieselben (s. die Arterie in Fig. 88 f.)
treten im Bogen an das Band heran; ferner treten von unten und lateralwärts
her der Nervus spermaticus externus und der Musculus cremaster
externus hinzu und es wird von einem dünnen Fortsatze der Fascia trans-
versalis eingescheidet. Dieser Fortsatz entspricht der Tunica vaginalis communis
am Samenstrange des Mannes. Beim Weibe verliert sich diese Hülle ganz un-
merklich beim Aufgehen des Bandes in das Bindegewebe der grossen Labien.
Die Pars praeinguinalis des Ligamentum teres ist der kurze, ausser-
halb des subkutanen Leistenringes gelegene Theil des Bandes, mit welchem
dasselbe pinselförmig oder fächerförmig, wie vorhin angegeben, ausstrahlt
und endet. Dieser Theil des Bandes hat ungefähr 2 cm Länge und läuft
median- und abwärts gerichtet. Für die Aufsuchung desselben, beziehungs-
weise des Bandes von aussen her, wolle man merken, dass der subkutane
Leistenring des Weibes dicht lateral und ein wenig oberhalb vom Tuberculum
pubicum, welches leicht durchzufühlen ist, liegt, und dass sein Mittelpunkt von
der Linea alba 3,5 — 4 cm entfernt ist.
Mit Rücksicht auf die in der neueren Zeit durch die Alquie-Alexander-
sche Operation gesteigerte praktische Bedeutung des Bandes ist die Pars
extrapelvina desselben in den Figuren 88 d, e u. f in natürlicher Grösse nach
ihren topographischen Beziehungen abgebildet worden, und es soll im folgen-
den noch eine Erklärung der Figuren gegeben werden: Fig. 88 d zeigt das
Band, wie es nach Durchtrennung der Haut, des Panniculus adiposus, der
Fascia subcutanea und der Tela subfascialis erscheint. Man sieht dann die
Pars praeinguinalis, bedeckt von der Fascia cremasterica, einer sehr dünnen
Hülle, die von den Rändern des Leistenringes ausgeht, durchschimmern. Das
Band erscheint zwischen den beiden Crura des subkutanen Leistenringes (Grus
superius und Grus inferius s. Ligamentum inguinale in der Figur), lateralwärts
ist es durch die Fibrae intercrurales begrenzt. Dieser Theil wird gekreuzt von
Aesten der Vena pudenda externa und von einem Zweige des Nervus ilio-
inguinalis, welcher schräg über das Band zwischen den Venenästen hindurch-
zieht. Der Stamm dieses Nerven liegt gewöhnlich in einer gewissen Entfernung
oberhalb, so dass er bei der Operation leicht vermieden werden kann; er tritt
meist durch eine besondere OeflFnung des Grus superius aus. Hinter diesem
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Rundes Mutterband. 493
Auch in Fig. 88 d ist die Stelle des Tuberculum pubicum durch einen
Punkt kenntlich gemacht (genau an der Stelle der Kreuzung des N. ilioingui-
naüs mit der Gabelung der Vena pudenda externa, welche in Fig. 88 e und f
etwas nach vorn verschoben ist).
In Fig. 88 f ist die vordere Wand des Leistenkanales in ihrer ganzen
Ausdehnung gespalten, zunächst die Aponeurose des Obliquus externus, dann
auch die vereinigten Musculi obliquus internus und transversus abdominis, welche
noch zum guten Theil das Ligamentum teres von aussen (vorn) decken. Als
hintere (beziehungsweise innere) Wand des Kanales ersclieint in ganzer Aus-
dehnung die Fascia transversalis und das Ligamentum inguinale reflexum
(Collesi). Hinter der P^ascia transversalis schimmern die Vasa epigastrica
inferiora — eine Arterie mit zwei Venen — durch, sie kreuzen das Band
rechtwinklig und sind nur durch die Fascie von demselben getrennt. Vorn
sieht man die pinselförmigen Insertionen des Bandes, unter anderen eine an
das Ligamentum inguinale reflexum. Oben läuft, in langer Ausdehnung sicht-
bar, der Nervus ilioinguinalis, durch die beiden inneren Bauchmuskeln vom Bande
getrennt.
Besonders ausgezeichnet ist die Eintrittsstelle des Bandes in den Kanal.
Man sieht hier vor allem (in der Figur durch blaue Farbe hervorgehoben)
eine kleine Vorsttilpung des Bauchfelles ~ Processus vaginalis peritonaei
(Diverticulum Nuckii) — welche in Form eines kleinen Säckchens das
runde Mutterband von oben und vorn her bedeckt, dasselbe jedoch nicht, wie
es hier und da ausgedrückt wird, ringförmig umgreift. Dies Peritonaealsäckchen
kann leicht stumpf zurückgeschoben werden, da dasselbe nicht fest angeheftet
ist. Unterhalb des Peritonaealsäckchens sieht man den nach oben und lateral-
wärts konkaven halbmondförmigen Einstülpungsring der Fascia transversalis
— Plica semilunaris fasciae transversalis Henle — , über welchen das
Band hinwegsteigt, wenn es in den Kanal eintritt. Die übrigen in der Figur
sichtbaren Theile sind vorhin schon aufgeführt; die Vasa epigastrica super-
ficialia sind durchschnitten gezeichnet.
Aus einer jüngst erschienenen eingehenden Untersuchung des Ligamentum teres
uteri von Eisleri) führe ich noch an, dass der subkutane Leistenring in einzelnen
FäHen eine steilere Stellung hat, als gewöhnlich, so dass dann die Pars praeinguinalis
des Ligamentum teres mehr vertikal verläuft.
Einen offenen g-rösseren Processus vaginalis peritonaei von über 1 cm Länge
trifft man noch bis zum achten Monate des foetalen Lebens, dann beginnt derselbe
zu obliteriren bis auf den beschriebenen kleinen trichterförmigen Rest. Bei Kindern
fand ihn Z u c k e r k a n d 1 2) noch in etwa 20 % der Fälle in grösserer Ausdehnung
offen. In einzelnen Fällen bleibt solch ein grösserer Sack auch bis ins höhere Alter
bestehen und kann dann Veranlassung zur Bildung einer „Hydrocele muliebris« geben
(siehe pathologische Zustände der Adnexa uteri).
1) Eisler, P., Zur Anatomie der Regio inguinalis des Weibes. Münchener
mediz. Wochenschrift. 1898. Nr. 16.
2) Zuckerkand 1, Ueber den Scheidenfortsatz des Bauchfells und dessen Be-
ziehung zur äusseren Leistenhernie, v. Langenbeck's Archiv für klin. Chir. Bd. 20.
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Ligamenta uterosacra. Musculi rectouterini. 495
Das Muskelgewebe liegt mehr an der Peripherie, das Bindegewebe mehr in der Mitte
des Bandes. Zu diesen grundlegenden Bestandtheilen treten die Venae sper-
maticae externae, welche dem Bande entlang einen Plexus bilden, der mit
den Uterinvenen, den Venen der Labia majora und denen der ßauchwand anastomo-
sirt; sonach werden die Uterinvenen mit dem Gebiete der Vena saphena (femoralis)
in Verbindung gesetzt. Der Arterien und ihrer Anastomose mit der Arteria uterina
wurde schon gedacht. Die Lymphgefässe des Bandes haben einen zweiseitigen
Abfluss, zu den Lymphoglandulae iliacae und inguinales. Die Nerven liefert der
Nervus spermaticus ext er n u s.
Spiegelberg (Monatsschrift für Geburtskunde, 24. Band) sah auf Reizung
des Bandes bei einer Enthaupteten Bewegungen eintreten, ebenso Sherrington^)
bei Katzen, wo durch Reizung beider Ligamente eine leichte Vorwärtsbewegung des
Uterus erzielt wurde.
Die Ligamenta teretia zeigen eine nicht unbedeutende Festigkeit. Beurnier^)
fand eine Tragfähigkeit von 600 gr; Lanz (citirt bei Eis 1er 1. c.) spricht sogar von
5—5,5 kgr Tragkraft.
Gegen das Ende der Schwangerschaft werden die runden Mutterbänder fast
viermal so stark, wie im nicht schwangeren Zustande; auch bei Descensus uteri hat
man sie hypertrophisch gefunden. Bei der typischen Lage des Uterus erscheinen sie
nicht gespannt, vielmehr in leichten Biegungen gelagert. Ziegenspeck 3) fand sie
auch bei der Retroversio uteri nicht wesentlich verlängert*).
lii^amenta nterosaora. Masouli rectouterini.
Dicht unterhalb des Isthmus uteri entspringen aus der Wand der Gebär-
mutter eine grössere Quantität glatter Muskelfasern, welche mit den subserösen
Muskelfasern des Ligamentum latum in Verbindung stehen; zu ihnen treten
noch muskulöse Elemente aus der hinteren Scheidenwand. Die oberen Bündel
beider Seiten vereinigen sich in einem quer über die hintere Cervixwand hin-
weg laufenden Zuge, welcher gleichsam die Grundlage dieser Muskulatur bildet.
Von hier aus strahlen dieselben, mit festeren Bindegewebs- und elastischen
Fasern gemengt, in die Plicae Douglasi und, wenn solche vorhanden, auch in
die Plicae uterolumbales (S. 531) aus. Je weiter nach hinten, desto mehr
entfalten sie sich fächerförmig. Sie hängen dabei theils mit der Muskulatur des
Rectum zusammen, theils heften sie sich an die Blätter der Serosa oder endlich
an die Wände der Beckenplexus -Venen. Die Bindegewebsfaserzüge lassen sich
bis zur Fascia pelvis verfolgen, durch welche sie wiederum eine Befestigung
am Perioste des Kreuzbeines finden (11 und III Kreuzwirbel). Man hat sie da-
her als Ligamenta uterosacra eingeführt. Die Muskelfasern sind als Mus-
1) Sh er rington, C. S., Notes of the arrangement of some motorfibres in the
lumbosacral Plexus. Journal of Physiologie. Vol. XIII. 1892.
2) Beurnier, Ligaments ronds de l'uterus. These de Paris 1886.
3) Ziegen speck, R., Ueber normale und pathologische Anheftungen der Ge-
bärmutter und ihre Beziehungen zu den wichtigsten Lageveränderungen. Archiv für
Gynäkologie. Bd. 31.
4) Ueber das Ligamentum teres uteri vergl. noch: Edebohls, George M., Shor-
tening the round Ligaments. Indications, Technics and Results. American Gynaecol.
and obstetrical Journ. 1896. Mit vollständiger Litteratur auch über die Alqui^-Alex-
ander'sche Operation.
496 Gebärmutter: Maasstabelle.
culi rectouterini bezeichnet werden. In der Nähe des Uterus, und zu
beiden Seiten des Rectum stellen diese Züge schmale, aber hohe ziemlich gut
abgesetzte Stränge dar (s. Figg. 83, 9 und 84 a).
Diese Bildungen sind die Grundlagen der Douglas'schen Falten und der
Plicae uterolumbales. Das quere, hinter der Cervix uteri herziehende Grund-
bündel bildet, vom Bauchfelle tiberzogen, den oben erwähnten Querwulst, der
bei deutlicher Ausbildung als „Torus utcrinus" erscheint (S. 446); seiner
Lage nach entspricht er ungefähr dem inneren Muttermunde (s. Figg. 81a,
85 und 86).
In der Substanz der Bänder und der Douglas'schen Falten liegen kleine
Arterien und Venen, welche die Gefässe des Uterus und der Scheide mit
denen des Rectum verbinden; auch die von Morau beschriebenen Lymph-
gefässverbindungen zwischen Scheide und Rectum verlaufen hier (s. Kap.
„Scheide"). Testut 1. c. erwähnt auch sympathischer Nervenfäden, welche
vom Plexus hypogastricus zu diesen Bändern ziehen.
Die Plicae Douglasi und die in ihnen liegenden Bänder stehen 4—5 cm von ein-
ander ab; beim starken Herabziehen des Uterus nähern sie sich einander und werden
gespannt; sie können dann von der Scheide und vom Rectum aus palpirt werden^).
Ausser zum Rectum strahlen auch noch zur Harnblase glatte Muskelfasern vom
Uterus und von den Ligamenta lata aus: Musculi vesicouterini.
Maasstabelle.
Gesamtlänge des Uterus, Nullipara 6,5 cm (5—8)
Multipara 7,5 „ (6-9)
Corpuslänge, Nullipara 4,0 „
Cervixlänge, „ 2,5 „
Corpuslänge, Multipara 4,5 „
Cervixlänge, „ 3,0 „
Gesamtlänge der Cavitas uteri, Nullipara 5,5 » (4—7)
Cavum corporis uteri, Nullipara 3,0 „
Canalis cervicis, Nullipara 2,5 „
Gesamtlänge der Cavitas uteri, Multipara 6»5 »
Cavum corporis uteri, Multipara 4,0 „
Canalis cervicis, Multipara 2,5 „
Nullipara: Grösste Breite des Corpus 3,5—4,0 „
„ Dicke „ „ 2,5-3,0 „
y, Wandungsdicke des Corpus und Fundus 1—1,5 „
„ „ der Cervix 0,8— 1,0 „
„ Querdurchmesser des Cavum corporis dicht unterhalb der
Tuben 2,5 „
„ Gewicht 40—50 gr
1) Ueber die Lage und die Befestigungen der Gebärmutter, insbesondere über
die Rolle der Ligamenta uterosacra, vgl. vor Allem: Schultz e, B. S., Ueber Versionen
und Flexionen, speziell über die mechanische Behandlung der Rückwärtslagerungen
der Gebärmutter. Arch. f. Gynäkologie. Bd. 4. — Die exakte Ermittelung der Lage des
Uterus in der lebenden Frau. Centralblatt f. GynäkoL 1878. — Zur Kenntniss von der
Lage der Eingeweide im weiblichen Becken. Arch. f. Gynäk. Bd. 9. — Zur Pathologie
und Therapie der Lageveränderungen des Uterus. Berlin, 1881. (Hauptwerk.)
Gebärmutter: Pathologische Zustände. 497
Multipara: Grösste Breite des Corpus 4,0—5,0 cm
„ „ Dicke „ „ 3,0 „
„ Querdurchmesser des Cavum corporis dicht unterhalb der
Tuben 3,0—3,5 „
„ Gewicht 60—70 gr
„ Länge der Portio vaginalis Erwachsener, durchschnittlich . 1,0 cm
Gesamtlänge des kindlichen Uterus im Durchschnitt 2,5—3,5 „
Gesamtlänge des senilen, rückgebildeten Uterus im Durchschnitt. . . 3,0 „
Schwangerer Uterus im letzten Monate; Durchschnittsmaasse:
Grösste Länge 36,0 „
„ Corpusbreite 25,0 „
„ Corpusdicke 24,0 „
Gewicht 900-1200 gr
Länge der Cervix uteri gravidi 4,5—5,0 cm
Patholos^flohe Zustände der Gebärmutter.
1) Lageveränderungen. Es wurde schon vorhin erwähnt, dass jede
innerhalb der normalen Grenzen vorkommende Lage der Gebärmutter zu Störungen
führen kann und meist auch führt, wenn die normale Beweglichkeit des Uterus, ins-
besondere in seinem Pseudogclenke am Isthmus, stärker beeinträchtigt oder auf-
gehoben ist, so dass das Organ den FüUungs- und Entleerungszuständen der übrigen
Beckenorgane sich nicht genügend anzupassen vermag. Schon R. Virchow (Ge-
sammelte Abhandlungen S. 812) hat auf die Wichtigkeit der normalen Beweglichkeit
der Gebärmutter hingewiesen.
Aber auch bei normaler Beweglichkeit können die Lagen an sich pathologisch
werden, wenn sie zu sehr von der typischen abweichen; eine Retroflexio uteri
muss, wie bemerkt, unter allen Umständen als eine pathologische Lage bezeichnet
werden. Nächst ihr gibt der Descensus uteri zu den meisten Störungen Veranlassung;
dann eine mit Descensus verbundene Anteflexio, selbst wenn der Descensus ein geringer
ist. Es ist klar, dass man eine Anteflexio und Retroflexio durch die Untersuchung per
Vaginam und Rectum an dem der vordei*en oder hinteren Scheidenwand dicht an-
liegenden, fest sich anfühlenden Fundus uteri zu erkennen vermag. Als seltene, aber
sehr ernst zu nehmende Lageveränderungen sind noch die erheblicheren A x e n-
drehungen und die Inversionen zu nennen. Bei den stärkeren Axendrehungen
wird der Uteruskanal unwegsam; oft verschmächtigt sich die Drehungsstelle zu einem
dünnen Stiele; auch schwere Kreislaufsstörungen kommen dabei vor. Die In v e r s i o
uteri, der Zustand der Einstülpung des Fundus in die Uterinhöhle, der bis zur fast
völligen Umstülpung des Organes sich steigern kann, so dass die TubenöfFnungen frei
nach aussen liegen, kommt am häufigsten unmittelbar nach der Entbindung oder im
Puerperium vor. Ausserhalb dieser Perioden wohl nur, wenn die Uterinhöhle er-
weitert war — meist durch ein Neoplasma ~ und wenn dabei die Wandungen er-
schlafft sind. Meist besteht dann noch Prolapsus uteri mit Inversio vaginae^).
2) Verengerungen und Erweiterungen des Cavum uteri. Wie
bei allen Hohlkanälen, so bestehen auch beim Uterus anatomische Dispositionen zu
1) Vergl. über die Lageveränderungen der Gebärmutter vor allem die S. ^f^ I/qb
citirten Abhandlungen B. S. Schultzens, ferner dessen jüngst erschienenes „Referat
über Retroversion und Retrofiexion des Uterus**. Verhandl. der Deutschen gynäkol.
Gesellschaft. 1897. — Sehr eingehend und mit reichem Litteraturnachweise versehen
ist das Buch von H. Fritsch: „Die Lageveränderungen und Entzündungen der Ge-
bärmutter.« Deutsche Chirurgie, Lieferung 56. Stuttgart, Enke. 1885.
Waldcyer, Das Becken.
498 Gebärmutter: Pathologische Zustände.
Verengerungen, insbesondere zu Strikturen. Abgesehen von angeborenen Zuständen
dieser Art, koin;nen Verengerungen durch Knickungen, Axendrehungen, Geschwülste,
entzündliche Zustände und durch Narbenbildungcn vor. Die Stelle des inneren Mutter-
mundes, welche normal für eine 3— 4 mm starke Sonde passirbar ist, bietet häufiger
Verengerungen dar^). — Hinter den verengerten Stellen kommt es dann zu Erwei-
terungen durch Flüssigkeitsansammlung' (Hydrometra, Hämometra, Pyometra), welche
auch die Tuben in Mitleidenschaft zielien können. Jedoch ist es niclit gerade häufig,
dass sich aufgestaute Flüssigkeiten vom Cavum uteri in die Tuben oder umgekehrt
ergiessen, wofür ein Erklärungsgrund in der Engigkeit des intramuralen Tuben-
kanales gefunden werden darf.
Während der geschlechtsthätigen Zeit wird jede Verengerung des Uterus, ins-
besondere des Cervikalkanales, eine schwerere Störung, wegen der Behinderung des
Menstrualflusses und der Konzeption.
3) E n t z ü n d 1 i c h e V e r ä n d e r u n g e n. Wir haben schon vorhin die Wichtig-
keit des Aufbaues der Gebärmutter aus drei anatomischen Hauptschichten für das
Verständniss zahlreicher pathologischer Processe hervorgehoben. Die übliche Ein-
theilung der entzündlichen Vorgänge in endometritischC; myomet ritische
und perimetritische beruht hierauf. Hierzu kommen noch die parametriti-
schen, und es soll nicht vergessen sein, dass alle diese häufig auch kombinirt sind.
Bei den endomet ritischen Processen sind die Veränderungen des
Interglandulargewebes von denen der Drüsen zu unterscheiden. Chronische Entzün-
dungsformen können zu einer Vermehrung der runden Interglandularzellen , Schwel-
lung, Verlängerung, sägeartigem Aussehen der Drüsenlumina auf Längsschnitten,
ferner zu schleimigeitrigen Ausflüssen führen, andererseits auch zu atrophischen Zu-
ständen der Schleimhaut, bei denen deren spindel- und sternförmige Zellen vermehrt
sind, die Rundzellen aber zurücktreten.
Die reichlichen Lymph- und weiten Blutgefässe der Schleimhaut des gesamten
Uterus, die nach so verschiedenen Seiten Verbindungen haben, ferner die grosse seröse
Fläche des Organes, das ansehnlich entwickelte Parametrium mit seinen zahlreichen
Gefässen, dazu die frei bewegliche Lage des Uterus in der Mitte des Beckens, wo alle
übrigen Organe um ihn als Mittelpunkt gruppirt sind, die menstruellen Veränderungen,
die der Schwangerschaft und des Wochenbettes sind ungemein wichtige anatomische und
physiologische Faktoren für die Beurtheilung, Prognose und Therapie, wie fast aller Er-
krankungen der Gebärmutter, so insbesondere der entzündlichen. Vor allem erklärt
sich daraus die grosse Gefahr, welche die infektiösen Entzündungen im Puerperium
mit sich bringen. Bei diesen kann man die grossen Venen mit puriform zerfallenden
Thromben gefüllt finden und die grossen Lymphgefässstämme zu kleinen Eitersacken
ausgedehnt. Venenthrombosirungen sind hier auch wegen des Zusammenhanges aller
grossen venösen Beckenplexus gefahrdrohend; unter anderen können sie durch Fort-
setzung auf die Vena femoralis zur Phlebothrombosis femoralis führen, deren Sym-
ptomenkomplex unter dem Namen ,,Phlegmasia alba dolens" bekannt ist.
Leicht greifen infektiöse Entzündungen auf das Parametrium
über und erzeugen dort pui^ulente Infiltrationen, welche wegen des straffen, festen
Bindegewebes einen speckigen Charakter tragen, aber auch unter der abscedirenden
Form auftreten können. Sie verbreiten sich, infolge des Zusammenhanges des Becken-
bindegewebes, unter Umständen im ganzen Becken, bis in die Bauchhöhle hinauf und,
durch die natürlichen Austrittspforten, bis unter die Gesässmuskulatur oder bis zum
Oberschenkel. Vgl. das Kapitel „Beckenabscesse". Per im etritische Vorgänge
sind selbst nach der Heilung in ihren Folgen oft schwer störend, indem sie durch
pseudoligamentöse Verwachsungen zu der so verhängnissvollen Schwerbeweglichkeit
1 ) G u y 0 n, 6tude sur les cavit^s de l'uterus k l'^-tat de vacuite. These de Paris. 1858.
Gebärmutter: Pathologische Zustände. 499
des Uterus und zu Lageveränderungen führen; davon werden dann die Adnexa uteri
meistens mitbetroffen.
4) Abnorme Kommunikationen der Gebärmutter. Den Lagever-
liältnisscn nach kann das Lumen uteri mit einer ganzen Reihe von Hohlorganen ab-
norme Verbindungen eingehen. Vor allem sind zu nennen die (seltenen) Rectum-
uterustisteln, die B lasenuterusfisteln, welche meist zwischen Cervix und
Blase bestehen, aber auch das Corpus uteri betreffen können, und die Ureter-
uterusfisteln; letztere werden nur im Gebiete des Canalis cervicis beobachtet.
Es können auch Verbindungen mit Dünndarmschlingen, oder mit dem Colon sigmoi-
deum und pelvinum sieh herstellen. Als Uterus-Abdominalfisteln werden Ver-
bindungen des Uteruskanalcs mit der Peritonäalhöhle, als U t e r u s-B a u c h d e c k e n-
fisteTn solche, die auf die äussere Haut führen, bezeichnet.
5) Neubildungen. Die von der Schleimhaut ausgehenden Neubildungen,
wozu wir auch die häufigen kleinen Cystenbildungen rechnen wollen, müssen in solche
der C o r p u s s c h 1 c i m h a u t und der C e r v i x s c h 1 e i m h a u t getrennt werden.
Die Cysten der Cervix sind meistens Retentionsbildungen, die von den Cervikal-
drüsen ihren Ursprung nehmen. Sie sind unter dem Namen „Ovula Nabothi" be-
kannt und erreichen gewöhnlich Linsen-Erbsengrösse. Auch die Corpusdrüsen geben
zu Cystenbildungen Veranlassung; ferner kommen im Corpus auch in die Tiefe des
Myometrium versprengte Schleimhautinseln und foetale Urnierenreste — siehe das
Kapitel „Eierstocks- und Tubenanhänge« — für die Cystenbildung in Betracht. Die
aus den Urnierenresten hervorgehenden Cysten liegen mehr oberflächlich in der Nähe
der Peritonealbekleidung. Auch der Rest des Wolff'schen Ganges, welcher sich in
der Uteruswand noch längere Zeit zu erhalten pflegt, s. Kap. Entwicklungsgeschichte,
kann zu cystischen Bildungen sich umformen. Die subserösen, von den Urnieren ab-
stammenden Uteruscysten fanden v. Recklinghausen, 1. c. [S. 502], und Pfannen-
stieP) mit Flimmerepithel ausgekleidet, wogegen in den submukösen Uteruscysten
und in den Nabothseiern das Flimmerepithel vermisst wurde. Kossmann*-*) dagegen
lässt Flimmerung in Cysten, die von den Uterindrüsen ausgehen, die Regel sein.
Aus der Existenz der kanalförmigen Uteruslichtung und des daran sich schliessen-
den Scheidenrohres erklärt sich die polypöse Form, welche die nach diesen Lich-
tungen hin vorwachsenden Uterusgeschwülste gemeinhin annehmen; meist sind diese
polypösen Tumoren, Uteruspolypen, ihrem Baue nach Adenome, Adenosarkome,
Adenofibrome, Adenomyome oder reine Myome mit Schleimhautbezug.
Die wichtigsten von der Schleimhaut der Gebärmutter ausgehenden Neubildungen
sind die Karcinome; sie gehören zu den häufigsten Krebsen des menschlichen
Körpers überhaupt. Meist entwickeln sie sich von der Portio vaginalis und von der
Cervix uteri, soweit deren Schleimhaut Plattenepithel führt. Sonach stellen sie sich
der Mehrzahl nach in die Gruppe der „Hornkrebse" und sind mit den bekannten
konzentrischen epithelialen Krebskörpern ausgestattet. Häufig zeigt ihr in die Scheide
vorwuchernder Theil die charakteristische Form sogenannter „Blumenkohlgewächse",
worauf wohl der Bau der Portio vaginalis, deren Schleimhaut Papillen trägt, von
Einfluss ist. Ausser den Hornkrebsen kommen aber auch Schleimkrebse, die von den
Drüsen der Cervix ihren Ausgang nehmen, vor.
Selten sind primäre Korpuskarcinome; verhältnissmässig häufig mögen sie hier
aus primären Adenomen hervorgehen oder mit ihnen kombinirt sein. Auch auf die
epithelialen foetalen Reste muss als mögliche Quelle von Korpuskarcinomen hinge-
wiesen werden.
1) Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie. 1892. S. 318.
2) Kossmann, R., Die Abstammung der Drüseneinschlüsse in den Adenomyomen
des Uterus und der Tube. Archiv für Gynäkologie. Bd. 54. 1897.
500 Gebärmutter: Pathologische Zustände.
Von besonderer Wichtigkeit ist die Verbreitungsweise des Uterus-
krebses. Wir beschränken uns hier auf den Portiokrebs und den Cervixkrebs.
Aus den anatomischen Verhältnissen folgt, dass er zunächst durch direktes üeber-
wuchern von der Cervix und der Portio vaginalis aus die Scheide, das Corpus uteri
und das Parametrium ergreifen kann. Die von Winter^) gesammelten und
kritisch gewürdigten bisherigen Erfahrungen ergeben, dass, was zunächst die
kontinuirliche Ausbreitung des primären Heerdes angeht, der Portio- und
Cervixkrebs sich fast ausschliesslich in die seitlichen Theile des Para-
metrium vorschiebt — ohne hier neue i s o 1 i r t e Tumoren zu bilden — , dass
er dann von da vorzugsweise nach hinten, gegen die Articulatio sacroiliaca
fortschreitet. Zur vorderen Beckenwand im paravesikalen Bindegewebe geht er
nicht fort; dagegen verbreitet er sich wohl im cervikovesikalen Bindegewebe, so
dass von hier aus sein üebergreifen auf die Harnblase anatomisch verständlich
wird. Selten dringt das Cervixkarcinom bis zum Douglas'schen Räume vor.
Ein zweiter Weg, der der embolischen Verschleppung, geschieht durch
die Blutgefässe, insbesondere die Venen, und durch die Lymphbahnen. Neuere
Untersuchungen, vor allem die von Goldmann, 1. c. [S. 285], haben ein häufiges
Einwachsen von Krebszapfen in die Venen erwiesen; seit langem bekannt sind
die Verschleppungen durch die Lymphwege. Bei diesen Verbreitungen durch
die Gefässbahn ist auch die Möglichkeit eines retrograden Transportes ins
Auge zu fassen. Endlich muss man hierbei die „lokalen" und die „Fernbahnen",
wie ich dies nennen möchte, unterscheiden. Die „lokalen Bahnen" sind diejenigen
Blut- und Lymphbahnen, welche in dem erkrankten Organe selbst verbleiben.
Es kann, wie Seelig, 1. c, gezeigt hat, durch die Lymphwege ein Carcinoma
colli in das Corpus uteri verschleppt werden; dies kann unzweifelhaft auch
durch die Blutgefässe geschehen. „Fernbahnen" will ich diejenigen nennen,
welche über das Gebiet des Organes hinausführen. Die lymphatischen und
hämatischen Fernbahnen ergeben sich aus dem vorhin über die Gefässe des
Uterus Mitgetheilten. — Die Verschleppung auf dem Wege der Blutgefässe unter-
scheidet sich in einem wesentlichen Punkte von der lymphatischen: bei der
ersteren können die krebsigen Emboli sofort durch das Herz in die entferntesten
Körperprovinzen gelangen und weit umhergestreut werden ; es entstehen dadurch
diejenigen Ueberpflanzungen der Neoplasmen, welche man als „metastatische"
bezeichnet hat, während die lymphatische Verbreitung stets, oder doch der
Regel nach, bei den nächsten Lymphdrüsen, den sogenannten regionären
Lymphdrüsen, Halt machen muss. Nach Durchwucherung dieser Drüsen geht
es zu der nächsten im Wege des Lymphstromes liegenden Drüsengruppe. Der
Lymphgefässweg ist also eine Art Etappenstrasse, mit bestimmten Haltpunkten ;
er ist also auch der langsamere. Winter unterscheidet in Rücksicht auf diese
durch die anatomischen Verhältnisse bedingten Verschiedenheiten: die lokale
1) Winter, G., Ueber die Recidive des Uteruskrebses, insbesondere über Impf-
recidive. Stuttgart, Enke. 1893. 8. Vgl. auch die neuere Zusammenstellung von
Winklei", 1. c. Kapitel „Beckenabsccsse".
Gebärmutter: Pathologische Zustände. 501
Verbreitung in eontinuO; die lymphatische Verbreitung und die meta-
statische, als welche er die durch die Blutgefässe erfolgende ansieht. Die-
selbe Einthcilung gibt Winter für die Recidive. Man kann dieser Eintheilung
zustimmen, muss sich aber klar machen, dass die Art der Verbreitung auf dem
Lymph- und Blutwege, falls nicht die Gefäss Wandungen selbst in Mitleiden-
schaft gezogen werden, ihrem Wesen nach dieselbe, eine embolische, ist.
Nach den Darlegungen von Gusserow^) erfolgt die Weiterverbreitung
der Uteniskrebse durch die Lymphbahnen erst spät.
Alles dieses ist praktisch von grösster Bedeutung, z. B. für die Fragen,
wann soll man noch operiren? wie soll man operiren? woher kommen die Re-
cidive? U.A. Die Gynäkologen sind jetzt fast alle einig darüber (s. Winter,
1. c. S. 28), dass man bei sicher geführtem Nachweise einer Ausbreitung des
Krebses auf das Paramctrium sich einer Operation enthalten solle, ferner, dass
man nicht mehr partiell, sondern nur total operiren solle durch Entfernung
des ganzen Organes, und dass man bei der Operation alle Vcrmfiidöög vonaA^Wi.
Ueberimpfungen durch den Operationsakt selbst zu meiden habe. Beide letzte-
ren Grundsätze sind bereits in meiner vor 25 Jahren erschienenen Schrift über
den Krebs ^) entschieden vertreten worden; den Uterus hielt ich freilich damals
noch nicht für in toto entfernbar.
Sarkome der Gebärmutter sind gegenüber den Karcinomen selten. Siegehen
meist vom Interglandulargewebc aus.
In einigen Fällen, die ich aus eigener Anschauung kenne, hat AbeP) bei länger
bestehenden Portiokrebsen Veränderungen der Korpusschleimhaut gefunden, welche
in dem Auftreten zahlreicher spindelförmiger Zellen, unter Zurücktreten der Rund-
zellen bestand, so dass die Schleimhaut Aehnlichkeit mit dem Baue eines diffusen
Sarkomes zeigte.
Ausserordentlich häufig sind die vom Myometrium ausgehenden Neubildungen,
die Uterusmyome. Vorwiegend bestehen dieselben aus glatten Muskelfasern
„Leiomyome". Als Seltenheit findet man auch wolil gestreifte Muskelfasern in diesen
Tumoren, „Rhabdomyome" (vergl. die vorhin citirten Befunde von N c h r k o r n). Von
hohem Interesse, auch für die allgemeine Aetiologie der Geschwülste ist aber der zu-
nächst durch einzelne Beobachtimgen, insbesondere von Babes*), Hauser u. A., dann
aber durch eine eingehende, systematische Untersuchung v. R e c k 1 i n g h a u s e n's
erbrachte Nachweis, dass inmitten vieler dieser Myome epitheliale, zum Theil cystisch
erweiterte und verzweigte, vielfach tiimnicrndc Kanäle stecken, welche grösstentheils
auf die weiter unten beschriebenen und vorhin bereits erwähnten Urnierenreste zurück-
1) Gusserow, A., Ueber Carcinoma uteri. Klinische Vorträge, herausgegeben
von R. Volkmann. Erste Folge. Nr. 18.
2) Waldeyer, W., Ueber den Krebs. Nr. 33 der Klinischen Vorträge, heraus-
gegeben von R. Volkmann. Leipzig, 1872. (Erste Folge.)
3) Abel, K., Ueber das Verhalten der Schleimhaut des Uteruskörpers bei Kar-
cinom der Portio. Arch. f. Gynäkol. Bd. 32. 1888.
4) Babes, Ueber epitheliale Geschwülste in Uterusmyomen. Wiener allgem.
med. Zeitung. 1882. Nr. 36. — Hauser, G., Ueber das Vorkommen von Drüsenschläu-
chen in einem Fibromyom des Uterus. Münchener med. Wochenschrift. 1893. Nr. 10. —
Recklinghausen, F. v., Die Adenomyome und Cystadenome der Uterus- und Tuben-
wandung. Ihre Abkunft von Resten des Wolft 'scheu Körpers. Berlin, 1896. Hirscli-
wald, 8. (Litteratur.)
C02 Muttertrompete.
zuführen sind. Man bezeichnet diese Myome als Adenomyome bezw. Cystadenome.
Kossmann^ 1. c, bestreitet, dass die in diesen Uterus- und Tubenmyomen gefun-
denen epithelialen Bildung-en vom Wolf f'schen Gange und dessen Derivaten, den üi-
nierenkanälchen, abzuleiten wären ; er führt sie vielmehr auf Derivate des Müller-
scheu Ganges, insbesondere auf die sogenannten „Nebentuben", s.w.u., zurück. Robert
Meyer (lieber die Genese der Cystadenome und Adenomyome des Uterus etc., Zeitschr.
f. Geburtsh. und Gynäkologie, 37. Bd.) stellt sich auf Seite v. Kecklinghausens.
Dass auch Uterindrüsen und versprengte Schleimhautepithelien betheiligt sein können,
wird von allen Seiten zugegeben.
Dem Sitze nach werden die Myome als submuköse, interstitielle und
subseröse bezeichnet. Sie können unter Umständen eine enorme Grösse erreichen
und auch mit anderen Neoplasmen zu recht bunten Mischgeschwülsten kombinirt sein.
Von dem Stratum vasculare der Uteruswand gehen mitunter Mischgeschwülste
aus, die man als Angiomyome zu bezeichnen hat Von dem sogenannten „Deci-
duoma" wird später, nach Besprechung der Graviditätsanatomie, die Rede sein.
Die Hysterocelen und im Anschlüsse daran der Prolapsus uteri sollen bei
den Perinealhernien besprochen werden.
Muttertrompete (Tuba uterina [PalloppiiJ).
Anatomische Vorbemerkungen.
Die Mutter trompete ist ein paariges Organ; dasselbe erstreckt sich
vom Tubenwinkel des Uterus bis /Air seitlichen Beckenwand, wo es am Eier-
stocke sein Ende findet.
Man unterscheidet an dem langen, dünnen, röhrenförmigen Organe, von
der Gebärmutter ab gerechnet, folgende Abschnitte: 1) die im Cavum uteri ge-
legene, trichterförmige enge Uterinmttndung, Ostium uterinum tubae,
2) den in der Wandung des Uterus befindlichen Kanalabschnitt, Pars uterina,
3) einen engen, dem Uterus benachbarten, proximalen Theil, Isthmus tubae
uterinae, 4) einen weiteren, längeren und mehr gewundenen distalen Ab-
schnitt, Ampulla tubae uterinae; dieser geht über 5) in ein offenes,
weites, trichterförmiges, in zahlreiche Fransen oder Fimbrien zerschlitztes End-
stück, Infundibulum tubae; entfaltet man diesen Trichter, so sieht man
im Grunde desselben 6) eine deutlich abgesetzte Oeffnung, welche von der
Ampulle in die Trichterglocke führt, Ostium abdominale tubae.
Man wolle für diese Theile die Figuren 87 und 88 a vergleichen, auf
welchen dieselben sämtlich erkennbar sind.
Der Punkt, wo die Pars uterina tubae streng* genommen beginnt, mit anderen
Worten, das Ostium uterinum tubae, ist — s. die genannten Figuren — wegen des
trichterförmigen Ueberganges nicht scharf zu bestimmen ; ebensowenig ist eine scharfe
Grenze zwischen Isthmus und Ampulla tubae vorhanden. Die Pars uterina verläuft
durch die Tubenwand in einer sanften Bogenlinie (Fig. 87).
Die Abgangsstelle der Tube vom Uterus liegt zwischen der des Ligamentum
teres (nach vorn) und der des Ligamentum ovarii (nach hinten), aber ein wenig höher
als diese beiden (Figg. 85 und 87). Bei der mehr planen Begrenzung des Fundus
uteri der Nulliparen erscheint die Tube in der Ebene des Fundus abzugehen, während
sie bei Multiparen, von dem gewölbten Fundus deutlich überragt wird.
Muttertrompete. 503
Die Fimbrien des Tubentrichters i) ruhen gewöhnlich dem Eierstocke auf und
sind mehr oder weniger entfaltet; durch das Ostium abdominale tubae g'ehen sie in
die Falten der Tubenschleimhaut über. Sie sind von sehr wechselnder Grösse und
Gestalt; eine unter ihnen setzt sich, dem freien Rande der Mesosalpinx entlang-, bis
zu dem oberen oder Tubenpole des Eierstockes fort 2). Genauer genommen, zeigt
dieser freie Rand eine schmale Rinne, welche vom Tubentrichter ausgeht und an der
Extremitas tubaria ovarii auf die Eierstocks- Oberflüche ausläuft; die Ränder dieser Rinne
schliessen sich unmittelbar an die Fimbrien an, so dass man sie als eine besonders
lange Fimbrie, welche rinnenförmig vertieft ist, anzusehen hat; übrigens finden sich
an den beiden Rinnenrändern noch kleine Nebenfimbrien. Diese Bildung führt den
Namen Fimbria ovarica und darf, wie wir alsbald sehen werden, eine besondere
Wichtigkeit beanspruchen. (S. Fig. 87.)
Das Tubenrohr besteht aus einer Schleimhaut, Tunica mucosa, einer
Muskelhaut^ Tunica muscularis, an der man eine schwache äussere Längs-
schicht, Stratum longitudinale, und eine starke innere Kreisfaserschicht, Stratum
circulare, unterscheidet. Auch zeigen sich schwache innere Längsztige, die in
die Schleimhaut einstrahlen. Nach aussen folgen eine Serosa mit deutlich ent-
wickelter Subserosa, Tunica serosa und Tunica adventitia. Eine Sub-
mucosa fehlt.
Die Schleimhaut ist in sehr zierliche Falten gelegt. Dieselben beginnen bereits
am Ausgange der Pars uterina als sehr kleine, einfache Längsfalten; im Isthmus
werden sie allmählich grösser. Ihre grösste Entwicklung erreichen sie jedoch in der
Ampulle; dort sind sie an beiden Flächen mit primären und sekundären Nebenfältchen
besetzt, so dass der Querschnitt der Ampulle ein Bild gibt, welches dem Arbor vitae
des Kleinhirnes verglichen werden darf. Die Hauptfalten in der Mitte der Ampulle
sind so gross, dass sie fast die gegenüberliegende Wand mit ihrem freien Rande er-
reichen ; so wird das Bild der zwischen den Haupt- und Nebenfalten übrig bleibenden
Räume ein so verwickeltes, dass man diese Partie als das „Tubenlaby rinth" be-
zeichnet hat.
Wichtig ist auch der feinere Bau der Schleimhaut in mehr als einer
Beziehung. Von der Mucosa uteri unterscheidet sie der Mangel jeglicher Drüsen.
Eine Aehnlichkeit dagegen liegt in der Auskleidung mit Flimmerepithel, dessen
Cilien in derselben Richtung wie im Uterus (also zur Scheide hin) schlagen,
in dem Mangel einer Submucosa und in dem Vorhandensein mehr oder weniger
zahlreicher Rundzellen, welche denen der Uterusmucosa gleichen, im Corpus
mucosae. Diese Aehnlichkeit maclit uns die Tubenschwangerschaften — s.w. u. —
verständlich. Die Schleimhaut mit ihrem Flimmerepithel setzt sieh unver-
ändert über die ganze Innenfläche des Trichters bis an die Ränder der einzel-
nen Fimbrien fort, ja, nach den Untersuchungen von Tourneux und Herr-
mann^) noch ein wenig über den Rand hinaus bis auf die äussere Trichter-
fläche; dort wird das Flimmerepithel von dem nicht flimmernden, platten Serosa-
epithel abgelöst. Durch die Fimbria ovarica, deren Rinne ebenfalls mit
1) „Pavillon** der französischen Autoren.
2) In Fig. 87, in der der Eierstock aus seiner natürlichen Lage gebracht ist,
liegt dieser Pol lateral.
3) Tourneux et Herrmann, Uterus, anatomie et developpement. Dictionn.
encyclop. des sciences m6d. 1886.
£304 Muttertrompete: Besondere Verhältnisse; Gefässe.
Flimmerepithel bekleidet ist, setzt sich das letztere kontinuirlich in das Cy-
linderepithel (Keimepithel) des Eierstockes fort. Wir kommen auf die Bedeutung
dieser Thatsache im nächsten Kapitel zurück.
Besondere Verhältnisse der Tnbe.
Es ist bereits bemerkt worden, dass die Pars ampullaris der Muttertrompete
mehr gewunden verlaufe. W. A. Freund i) hat darauf hingewiesen, dass manche
Tuben erwachsener Weiber Schlängelungen in auffallend hohem Grade haben, und
hat diesen Zustand mit Recht als eine Bildungshemmung aufgefasst und nachge-
wiesen. Denn, während die Tube beim Beginne ihrer Entwicklung gestreckt ist,
zeigen sich alsbald Schlängelungen, die meist im letzten Fötalmonate 2) am stärksten
ausgeprägt sind, in der postfötalen Zeit sich indessen bis auf geringe Reste in der
Pars ampullaris wieder entfalten; spiralige Drehungen, welche Freund als die haupt-
sächlichsten angegeben hatte, kommen vor, jedoch nicht in solchem Umfange 2).
Freund glaubt mit Recht im Bestehenbleiben der Windungen eine Praedisposition
zur Entwicklung von Tubarschwangerschaften, sowie einen erschwerenden Umstand
bei verschiedenen pathologischen Veränderungen der Tube erblicken zu dürfen.
Eine andere, nicht gar selten zu beobachtende Besonderheit sind die über-
zähligen Tubenöffnungen 3); dieselben befinden sich an der Pars ampullaris
tubae und sind wie die Hauptöffnung von einem, jedoch kleineren Fimbrientrichter
umgeben. Ihre Zahl schwankt nach den bisherigen Beobachtungen zwischen eins
und drei an einer Tube; sie kommen etwa in 1,5 Procent der Fälle vor (vergl. hierzu
Fig. 87 rechte Seite).
Gefässe der Mnttertrompete.
Arterien. Sie kommen von der Arteria uterina und von der Arteria ovarica.
Der eine Zweige Ramus tubarius arteriae uterin ae, ist einer der Endäste der
Uterinarterie (s. Kapitel „Uterus"). Er tritt unmittelbar vor dem Ligamentum ovarii
im Tubenwinkel an die Tube heran und verläuft am unteren Rande derselben (die
Tube und den Uterus in der Stellung gedacht, Mde in Fig. 87) dem zweiten arteriellen
Gefässe, dem Ramus tubarius arteriae ovaricae entgegen^ Dieser tritt vor der
Fimbria ovarica in die Mesosalpinx ein, wendet sich zum distalen Ende der Ampulla
tubae und an dieser entlang zur Anastomose mit dem vorhin genannten Gefässe.
Von diesem Gefässbogen werden Zweige zur Tube, zur Mesosalpinx und zum Ovarium
abgegeben; letztere anastomosiren mit der Arteria ovarica.
Venen. Die Venen nehmen denselben Verlauf wie die Arterien ; es existirt also
ein anastomotischer Venenbogen in Begleitung des Arterienbogens, der seine Zuflüsse
aus der Tube, der Mesosalpinx und vom Ovarium her bezieht und zur Vena uterina
wie zur Vena ovarica hin abfiiesst.
Auffallend ist der grosse Gefässreichthum, welchen an gelungenen Injections-
präparaten die sämtlichen Schichten der Tube aufweisen, insbesondere das starke
Venennetz in der Subserosa und zwischen beiden Muskelschichten.
1) Freund, W, A., Ueber die Indikationen zur operativen Behandlung der er-
krankten Tuben. R. Volkmann's „Sammlung klinischer Vorträge" Nr. 323. Leipzig, 1888.
2) Nagel, W., Ueber die Entwicklung des Urogenitalsystems des Menschen.
Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 34. 1889. — Wendeler, P., Die fötale Entwicklung der
menschlichen Tuben. Ebend. Bd. 45. 1895. — Abbildungen der geschlängelten fötalen
Tuben s. bei Waldeyer, Eierstock und Ei. Leipzig, 1870. Taf. 1.
3) Richard, J., Anatomie des trorapes de l'uterus chez la femme. These de
Paris. 1851.
Muttertrompete: Nerven, Maasse, Lage. 505
Lympligefässe. Nach den Untersuchungen von Sappey, Poirier und Bruhns
(1. c.) verlaufen die LymphgcfUsse der Tube, die sich nur schwer injlciren lassen, in
2—3 Stämmen (Bruhns) am oberen Ende des Ligamentum latum zunächst zu dem
Lyniphgefässnetze am Hilus ovarii. Von hier ab sah Bruhns zwei Stämme mit den
Lymphgefässen des Eierstockes (vgl. diese) zu den Lymphoglandulae lumbales
ziehen. Poirier nimmt Verbindungen mit den Lymphgefässen des Fundus uteri an,
die auch Bruhns für wahrscheinlich hält.
Nerven der Tube.
Die Tubennerven stammen von den Nerven des Plexus uterovaginalis und des
Plexus arteriae ovaricae; sie verlaufen in Begleitung der Blutgefässe zu ihrem End-
organe, Nach den Befunden von Jacques^) bilden sie einen Grundplexus in der
Subserosa, von welchem aus zahlreiche feine Fäden, abgesehen von den vasomotori-
schen Zweigen, zur Serosa, zur Muscularis und zur Schleimhaut gehen. Jacques
fand im Tubengewebe keine Nervenzellen; auch sah er keine intraepithelialen Nerven-
enden, wohl aber subepitheliale in Gestalt kleiner Knöpfcheu dicht unter dem Epithel.
Maasstabelle.
Länge der Tube im Mittel (Barkow) 10—15 cm
Aeusserste Maasse (Barkow) Minimum 5 „
n ry n Maximum 18 „
Breite des Isthmus in der Nähe des Uterus 0,3 „
Ampulle, grösste Breite 0,8 „
Länge des Isthmus 3—6 „
„ der Ampulle 7—9 „
Ostium uterinum tubae 0,1 „
„ abdominale 0,2-0,3 „
Länge der Fimbria ovarica 2,5-3,0 „
„ jj übrigen Fimbi^ien 1,0-1,5 „
Die Tube besitzt eine sehr grosse Dehnungsfähigkeit, was insbesondere bei
pathologischen Flüssigkeitsansammlungen, sowie bei der Tubenschwangerschaft er-
sichtlich ist 2).
läB^e der Muttertrompete.
Da die Lage der Tuben, wie von der der Gebärmutter, so auch von der
Lage der Eierstöcke abhängig ist, so erscheint es zweckmässig, dieselbe erst
im Zusaiiiineiihange mit der Besprechung der Eierstockslage abzuhandeln. Hier
sei nur im Allgemeinen voraufbemerkt, dass die Tube fast ihrer ganzen Länge
nach am Ligamentum latum befestigt ist; nur das Fimbrienende ist frei. Der
Isthmus liegt mehr fest als die Ampulle, welche mit dem zu ihr gehörenden
dünnen segelartigen Theile des Ligamentum latum, der M es o Salpinx, sehr
beweglich ist.
1) Jacques, Distribution et terminaisons des nerfs dans la trorape ut^rine.
Bibliographie anatomique. Nancy, 1894.
2) Vgl. Nagel, W. in Handbuch der Anat. des Menschen, herausgegeben von
K. v. Bardeleben. Abschnitt: Die weiblichen Geschlechtsorgane. Jena, 1896. S. 68.
506 Eierstock: Anatomische Vorbemerkungen.
Eierstock (Ovarium).
Die Eierstöcke sind die keinibereiteiulen Organe des Weibes und stellen
somit die den Hoden analogen Ge})ilde dar. Dass auch eine fast vollkommene
Homologie zwischen beiden Organen besteht^ wird das Kapitel „Entwicklungs-
geschichte" lehren.
Anatomische Vorbemerkungen.
Die Eierstöcke geschlechtsreifer Frauen vom Eintritte der Pubertät bis
zum Beginne des Klimakterium haben im allgemeinen die Form eines platt-
gedrückten Ellipsoids, dessen einer Längsrand geradlinig abgestutzt ist; man
kann sie auch mit einer plattgedrückten Walze vergleichen, deren einer Längs-
rand konvex verläuft. Von dieser Grundform (s. Fig. 87) gibt es jedoch
mancherlei kleine Abweichungen.
Mit seinem geraden Rande, Margo mesovaricus, ist der Eierstock
durch Vermittlung einer kurzen serösen Duplikatur, Mesovarium, an die
hintere Platte des Ligamentum latum festgewachsen ^). Der gebogene Rand,
Margo liber, ist frei. Die beiden Flächen werden als Facies medialis
und lateralis, und die beiden Polenden als Extremitas uterina und ta-
baria unterschieden. Die Berechtigung zu diesen Namen wird sich erst völlig
aus der Kenntniss der normalen Lage des Eierstockes ergeben, kann jedoch
schon aus der Figur 87 entnommen werden.
Die Extremitas uterina ist durch das Ligamentum ovarii proprium
mit dem Seitenrande des Corpus uteri verbunden, während die Extremitas
tubaria durch die Fimbria ovarica mit dem Infundibulum tubae verknüpft ist.
Die Oberfiilchc des gesunden, geschlechtsreifen Eierstockes hat eine grauröth-
liche Farbe und das weiche, matte (nicht glänzende) Aussehen einer Schleimhaut, wo-
durcli sich dieselbe deutlich von dem glatten, glänzenden Aussehen der benachbarten
serösen Flächen der Ligamenta lata unterscheidet. Insbesondere markirt sich dies an
dem Mesovarialrande, an welchem man deutlich die etwas gezackt verlaufende Grenz-
linie zwischen dem Ende des Mesovarium und dem Beginne der Schleimhautoberfläche
des Ovarium, die sogenannte Farre'sche Linie, wahrnimmt (s. Fig. 87, rechts).
In der Tiiat ist das Ovarium nicht vom Bauchfelle überzogen, sondern letzteres
hört mit seinem Corpus serosae an der Farre'schen Linie auf. Auch die Subserosa
setzt sich nicht auf das Ovarium fort, und das platte, grosszellige seröse Epithel des
Peritonaeum Avird in ziemlich scharfer Grenze an der Farre'schen Linie von einem
niedrio-en Cylinderepithel abgelöst, welches bei der Flächenansicht viel kleinere
Polygone bildet, als die platten grossen Zellen der Serosa.
Das Cylinderepithel des Ovarium bewahrt nun in seinem ganzen Verhalten den
Charakter eines Schleimhautepithels und setzt sich in derselben grauröthlichen
1) Bei der folgenden Beschreibung gehen wir zunächst von der Vorstellung der
schulmässigen, senkrecht aufgerichteten Haltung der Gebärmutter mit flügelartig aus-
gebreiteten Ligamenta lata aus, wie sie Fig. 87 gibt.
2) Farre, A., Artikel: „Uterus and its Appendages", Todd's Cyclopaedia of
Anat. and Physiology. Vol. V. p. 545. London 1835—1858, hat zuerst, freilich ohne die
Bedeutung richtig zu würdigen, auf diese Grenzlinie aufmerksam gemacht.
Eierstock: Struktur, EifoUikel, Eier. 507
Färbung' durch das Flimmerepithel der Fimbria ovarica (s. vorhin) in die innere oder
Schleimhautfläche des Tubentrichters und von dort in das Tubenrohr u. s. w. fort.
Entwickiung-sgeschichtlich ist freilich bei der ersten Anlage der Dinge kein
Unterschied im Epithel derjenigen Stelle, wo später der Eierstock entsteht und dem
übrigen Epithel des gesamten Coeloms zu sehen; bald jedoch tritt ein solcher hervor:
das Epithel an der Stelle der Keimdrüse bleibt cylindrisch und erzeugt die grossen
runden Urgeschlechtszellen, während das f^pithel der Umgebung alimählich die abge-
plattete Form annimmt und sich wenigstens später und in seinem weitaus grössten
Theile niemals an der Bildung* der Urgeschlechtszellen betheiligt i).
Im Bereiche der platten Zellen bildet sich ein Corpus serosae als besondere
Schicht aus. Dies unterbleibt, wie bemerkt, im Gebiete des cylindrischen Eierstocks-
epithels. Hier nimmt dessen Unterlage die ganz eigenartige Entwicklung zum Stroma
ovarii. Wir haben schon vorhin (S. 388) der ganz gleichen .Verhältnisse bei der Bil-
dung des Hoden gedacht, an welchem freilich eine so deutliche Farre'sche Linie
nicht hervortritt.
Wir können demnach sagen, dass an der Farre'schen Linie, wenn wir die
bindegewebige Grundlage der Serosa in Kechnung- ziehen, das Bauchfell eine im
ganzen länglich-rundliche Lücke besitzt, durch weiche die Geschlechtsdrüsen in das
Cavum serosae gleichsam hineingeschoben sind. Der Eierstock also und, wie wir sahen,
auch der Hoden sind somit die einzigen Organe, welche im strengen Wortsinne intra
saccum peritonaei hineinragen.
Auch das Ostium abdominale tubae ist in dieser Beziehung eine höchst be-
merkenswerthe Stelle, denn hier findet eine freie Kommunikation zwischen der grossen
serösen Peritonaealhöhle und einem Schleimhautrohre und durch dieses, in letzter
Instanz, mit der äusseren HautobcrHäche statt. Diese Kommunikation hat, wie wir
sehen werden, auch ihre unmittelbar praktische Bedeutung.
Struktur des Ovarium. EifoUikel. Eier.
Ein Durchschnitt durch den reifen geschlechtsthätigen Eierstock zeigt zwei
wesentlich verschiedene Schichten: die Markschicht und die Rindenschicht.
Die letztere überkleidet das ganze Ovarium zwischen den Grenzen der Farre'-
schen Linie, erreicht jedocli ihre grösste Dicke (2 — 3 mm) ^) in dem mittleren
Bezirke des konvexen Randes. Man erblickt hier schon mit freiem Auge mohn-
korn- bis erbsengrossc helle Bläschen, deren grössere auf der Oberfläche promi-
nircn und, obwolil vom Epithel und einer dünnen gefässhaltigen Schicht überzogen,
durchscheinend sind.* Es sind dies die EifoUikel. Die kleineren enthalten
noch keine Flüssigkeit; man bezeichnet sie als „Primärfollikel, P'olliculi
oophori Primarii. Die grösseren führen eine klare, eiweisshaltige Fltissig-
kcit, Li(iuor folliculi, und erscheinen deshalb bläschenförmig*, sie werden
Folliculi oophori vesiculosi (Graafi), „Graafsche Follikel'' genannt^}.
1) Ch. S. Minot (Human embryology. New-York, 1892) und W. Nagel, 11. cc.
(beim menschlichen Embryo) haben gezeigt, dass vorübergehend auch einzelne Ur-
geschlechtszellen aus dem in der Nachbarschaft des Eierstockes befindlichen Perito-
naealei)ithel entstehen können. Ob sich diese jemals zu detinitiven Geschlechtszellen
weiter entwickeln, ist sehr zweifelhaft
2) Die Dicke der Rindenschicht ist nicht genau anzugeben, weil sie nicht scharf
abgegrenzt ist
3) de Graaf, Kegnerus, De mulierum organis generationi inservientibus trac-
tatus novus. Lugduni Batav. 1G72. de Graaf hat die bereits von Vesal, Falloppio
508 Eierstock: Struktur, Eifollikel, Eier.
Sie enthalten ausser der Flüssigkeit, ebenso wie die Primärfollikel; das wesent-
lichste Produkt des Eierstockes, die Eier, Ovula, beim Menschen in der tiber-
wiegenden Mehrzahl der Fälle nur eines in jedem Follikel. Die Follikel öind
in ein festes, an Spindelzellen reiches Gewebe, dasStroraa ovarii, eingebettet.
Die Follikel sowie die Eier entstehen, ersterc wenigstens in ihren epithelialen
Bestandtheilen, aus dem Eierstocksepithel, w^elches daher Keimepithel, Epithelium
germinativumi) genannt wird. Dieses Epithel geräth nämlich durch einen eigen-
thümlichen Wucherungs- und Durchwachsungsprocess, an welchem es selbst und das
Stroma ovarii betheiligt sind, in Form von Schläuchen (Pflüger'sche Schläuche) oder
mehr rundlichen Ballen, zum Thcil in die Tiefe des Eierstocksstroma hinein, während
zugleich das Oberfiächenepithel sich in continuo erhält. Von den in die Tiefe ver-
senkten Epithelzellen wandelt sich ein Theil zu Urgeschlechtszellen — hier Ur-
eiern — um, während ein anderer Theil, um jedes Urei herum, in Form gewöhn-
licher Epithelzellen erhalten bleibt. Gleichzeitig setzt sich der DurchAvachsungsprocess
mit dem Stroma fort, wodurch schliesslich die einzelnen Ureier mit dem zugehörigen
Epithelbelage, dessen Zellen anfangs stark abgeplattet erscheinen, von einander isolirt
werden. Die so isolirten Bildungen sind die Primärfollikel. Sie entziehen sich noch
dem blossen Auge, haben noch keine eigene, vom übrigen Eierstocksstroma unter-
schiedene Wandung und führen noch keine Flüssigkeit.
Dies alles vollzieht sich schon während der Foetalperiode. Nach meinen Er-
fahrungen, die ich immer wieder bestätigt gefunden habe und denen auch W. Nagel
(1. c.) zustimmt, ist im grossen und ganzen mit der eingetretenen Geburtsreife eines
weiblichen Kindes auch die Entstehung neuer Eier aus dem Keimepithel und die
Isolirung der einzelnen Primärfollikel beendet. Jedenfalls findet in der überwiegen-
den Mehrzahl der Fälle bei neugeborenen Menschen keine nennenswerthe Bildung
dieser Art mehr statt, sicher nicht mehr im späteren Kindesalter, geschAveige denn
bei Erwachsenen, Koster und Paladino^) nehmen dies allerdings an.
Schon bei neugeborenen Kindern kann man weiter ausgebildete Follikel und
Eier finden, wie dies insbesondere Nagel (l. c.) gezeigt hat; so auch in der späteren
prämenstruellen Lebenszeit. Dabei besteht jedoch ein grosser Unterschied zwischen
dieser „vorreifen", „prämaturen" — so wollen wir sie nennen — und der reifen
Periode der Thätigkeit des Eierstockes. Wenn auch die Eier und die Follikel schein-
bar ausreifen, so findet doch keine regelrechte „Ovulation** statt, das heisst, die
Follikel entleeren ihr Ei nicht in der Weise, wie es in der geschlechtsreifen Lebens-
zeit geschieht; es bilden sich auch keine Corpora lutea aus, sondern die scheinbar
ausgereiften Eier samt ihren Follikeln fallen einem Verödungsprocesse anheim. Dieser
sehr merkwürdige Vorgang des Zerfalles der Eier und der Verödung der Follikel
vollzieht sich regelmässig beim Menschen, wie bei Thieren. So kommt es, dass das
menschliche Weib in seine geschlechtsreife Lebensperiode mit einem schon stark ver-
minderten Bestände an entwicklungsfähigen Eiern eintritt. Von den rund 100 000, die
es als neugeborenes Kind in beiden Eierstöcken zusammen zählte, sind nur noch
u. A,, welche Autoren Graaf sämtlich citirt, gekannten Bläschen als Eier gedeutet.
Bei Kaninchen, die er in verschiedenen Fristen post coitum tödtete und untersuchte,
beschreibt er aber ganz klar die veränderten Follikel im Eierstocke, die kleine
Oeffnung, welche sie zeigen, ihre Umbildung zu gelben Körpern, und die wahren
Eier, die er in Tube und Uterus suchte und auffand, indem er ihre Zahl mit denen
der Follikel vergleicht. Die im Eierstocke befindlichen Gebilde nennt er „Folliculi", die
im Uterus gefundenen „Ova"; letztere seien aus den Follikeln herausgetreten.
1) Wal de y er, W., Eierstock und Ei. Leipzig 1870. W. Engelmann.
2) Paladino, G., Uiteriori ricerche sulla distruzione e rinnovamento continuo
del parenchima ovarico nei mammiferi. Napoli, 1887.
Eierstock: Follikel, Ei, Ovulation, Corpora lutea. 509
etwa 30—40000 beim Beginne der vollen Geschlechtsreife übrig i). Auch von diesen
geht noch der weitaus grösste Theil bis zum Aufhören der Geschlechtsthätigkeit
(gegen Ende der vierziger Lebensjahre) in der vorhin erwähnten Weise zu Grunde.
Nur eine verhältnissmässig geringe Zahl von Eiern, wie dies aus den Corpora lutea
(s. weiter unten) zu kontrolliren ist, wird durch den Vorgang der Ovulation seiner
Bestimmung entgegcngeiührt, und selbst von diesen gelangen im Durchschnitte bei
jeder in fruchtbarer Ehe lebenden Frau nur etwa vier bis fünf bis zur normalen
Kindcs-Entwickluns*.
Graafsche Follikel. El. Ovulation. Corpora lutea.
Es erübrigt noch den Aufbau der reifen Eifollikel, Folliculi oophori
vesiculosi (Graafi), sowie das Wichtigste vom Ei mitzutlieilen.
Der ausgebildete Graafsche Follikel zeigt eine von dem Ovarialstroma leicht
isolirbare Hülle, welche sich allmählich aus dem Eierstocksstroma hervorbildet. Diese
Hülle, Theca folliculi, besteht aus zwei Lagen, der Tunica externa und der
Tunica interna. Die Tunica externa ist eine lamellöse Bindegewcbsmembran, ähn-
lich der Membrana propria der Samenkanälchen; die Tunica interna besteht aus mehr
lockerem Bindegewebe mit eigenthümlichen grossen Zellen, welche eine Menge Körn-
chen, Granula, enthalten und bei voller Entwicklung eine leicht gelbliche Färbung
besitzen. Darauf folgt nach innen eine dünne, strukturlose Basalmembran und
dann das inzwischen mächtig herangewachsene Follikel epithel, welches sich aus
der platten Epithelschicht der Primär follikel herangebildet hat. Nach einer Bezeich-
nung E. V. Baer's2), des Entdeckers des Säugethier-Eies im Follikel, heisst dieses
Epithellager das Stratum granulosum (Membrana granulosa)^).
An einer Stelle ist dies Stratum granulosum zu einem rundlichen, gegen das
Follikelinnere hinragenden Hügel, Cumulus oophorus, ausgewachsen, in dessen Mitte
sich das Ei befindet.
Wenn die reifen, blasenförmigen Follikel deutlich an der Oberfläche des Eier-
stockes hervorragen, und wenn der Cumulus oophorus nahe der hervorragenden Follikel-
partie Hegt, dann kann man ihn als stark sandkorngrossen gelblich weissen Fleck mit
freiem Auge im unversehrten Follikel erkennen; doch hat der Cumulus nicht regel-
mässig diese Lage; meist findet er sich im Grunde des Follikels, dem Stigma folliculi
(s. folgende Seite) gegenüber.
Das reife menschliche Ei hat ungefähr Sandkorngrösse; es ist daher noch
mit freiem Auge zu erkennen. Es besteht aus einer verhältnissmässig dicken, matt-
glänzenden Membran, der Zona pellucida, einem mit runden, dunkelglänzenden
Dotterkugeln dicht durchsetzten Zellenleibe, Dotter, Vitellus, aus einem rundlichen
deutlich blasenförmigen Kerngebilde, der Vesicula germinativa, Keimbläschen,
1) Die Angabe von zusammen 100000 Eiern in den beiden Eierstöcken Neuge-
borener beruht auf einer nach meinen Präparaten gemachten Schätzung. Es mögen
eher mehr als weniger sein. Auf Genauigkeit erhebt sie keinen Anspi^uch. Bei einem
17jährigen Mädchen berechnete jüngst Heyse, Ein Beitrag zur mikroskopischen Ana-
tomie der Ovarien Osteomalacischer, Arch. f. Gynäkologie, Bd. 53, die Zahl der Eier,
bezw. Follikel, auf rund 35000 in beiden Eierstöcken zusammen.
2) Baer, K. E. v., De ovi mammalium et hominis genesi. Lipsiae 1827 — hierzu
ein „Kommentar** in Heusinger*s Zeitschr. f. organische Physik. Bd. IL Eisenach, 1828.
3) Augenscheinlich rührt dieser Name von dem granulirten Aussehen her, wel-
ches diese Schicht bei schwacher Vergrösserung zeigt. Schon Schwann in seinen
„Mikroskopischen Untersuchungen etc.", Berlin, 1839, erklärt indessen, dass sie aus
Zellen bestehe.
5l0 Eierstock: Ovulation, Corpora lutea.
und aus einom darin eingesclilossenen Kenikörperchen = Keimfleck, Macula
g-erminativai).
Unter Ovulation verstehen wir den pliysiolog*isch eintretenden Vorgang
der Eröffnung eines Graaf'sehen Follikels zwecks der Entleerung eines reifen
Ovulum, und der regelrechten Aufnahme des letzteren in die Tuba uterina zu
seiner Befruclitung.
Es ist nocli nicht <4-enü^'end bekannt, auf welche Weise ein Graafscher Follikel
zur Ovulationseröffnung <;'ebracht wird. Mit der allmählichen Verf;'rösserung desselben
durch Vermehrung des Liquor folliculi ist es nicht gethan, denn wir sehen, wie bereits
angegeben, bei Neug'eborenen und Kindern Follikel von derselben Grosse und grössere,
ohne dass sie sich eröffnen, sogenannte atre tische Follikel. Spiegelberg^) be-
schrieb eine fettige Degeneration der Zellen des FolliUelepithelSj über welche jedoch
genaueres nicht bekannt ist. An dem zumeist vorspringenden Punkte des Follikels
findet sich eine gefasslose oder doch sehr gef assarme Stelle, das Stigma folliculi,
an welcher die Eröffnung stattzufinden scheint. Wenn der Follikel seine Reife er-
reicht hat, findet eine Vermehrung der granulirten Zellen seiner Tunica interna statt,
durch welche der Cumulus oophorus mit dem Eie gegen das Stigma hingeschoben
und dieses zur Eröffnung gebracht werden kann. Dass der Orgasmus venereus zur
Eröffnung eines sprungreifen Follikels beitragen wird, ist wohl nicht zu bezweifeln,
obwohl wir uns die Ovulation der Regel nach als einen typisch eintretenden Vorgang,
zu dessen Ablauf der Orgasmus nicht erforderlich ist, zu denken haben.
In den meisten Fällen wohl ist die Eröffnung der Folliculi vesiculosi mit einer
Blutung, die in das Innere des entleerten Follikelraumes erfolgt, verbunden^). Dies
mag vor allem dann eintr(;ten, wenn die Eröffnung beim Orgasmus durch eine Ruptur
geschieht; gemeinhin Avird der Vorgang ein sich langsam abspielender sein.
Ueber die Aufnahme des Ovulum in den Tubentrichter ver<;l. den Abschnitt:
„Physiologische und praktische Bemerkungen".
Corpora lutea. Nach der Entleerung des Eifollikels durch den Ovu-
lationsvorgang findet ein neuer in seiner Bedeutung noch völlig räthselhafter
Process statt, die Bildung der gelben Körper, Corpora lutea. Letztere
sind rundliche, an der Stelle der entleerten Graafschen Follikel sich ent-
wickelnde Bildungen von (beim Menschen) graugelblicher bis braungelblichcr
Färbung, die der Hauptmasse nach aus sehr grossen, rundlich eckigen, im
ganzen den Leberzellen ähnlichen Zellen, Luteinzellen, bestehen. Diese
Zellen enthalten in ihrem Protoplasma in Gestalt von Granulis einen in Alkohol
löslichen Stoff von hellgelber Fi^rbe (Sobotta), das Lutcin, daneben Fett-
moleküle; beides wohl bedingt die auffallende Färbung der Körper. Die ur-
sprüngliche Wand des Eifollikels, die Tunica externa, ist um die gelben Körper
noch deutlich erhalten, und von ihr strahlen nach dem Centrum des Gebildes
weissliche, bindegewebige Septa aus, wo sie sich zu einem bindegewebigen
Kerne vereinigen. Ist bei der Eröffnung des betreffenden Follikels eine BIu-
1) Nagel, W., Das menschliche Ei. Archiv f. raikrosk. Anat. Bd. 31. S.342. 1888,
gibt die genaueste Darstellung des menschlichen Eies.
2) Spiegelberg, 0., Ueber die Bildung und die Bedeutung der gelben Körper
im Eierstock. Monatsschr. f. Geburtskunde und Frauenkrankheiten. Bd. 26. 1865.
3) Babl, Hans, Beitrag zur Histologie des ^Eierstockes des Menschen und der
Säugethiere etc. Anatomische Hefte, herausgeg. von Fr. Merkel und R. Bonnet,
Nr. XXXIV u. XXXV (Bd. 9, Heft 1/2), S. 109. 1898.
Eierstock: Corpora lutea. 511
tuug eingetreten, so findet man zumeist in diesem Kerne die Reste des mehr
oder minder veränderten Blutfarbstoffes meist in körniger Form, aber aucli in
Form der Virchow'scben Hacmatoidin-(Bilirubin-)krystalIe. Nach H. RabP)
treten die Krystalle nur dann auf, wenn der Blutfarbstotf vorher in Lösung
gekommen war. Die Corpora hitea erreiclicn — wenigstens ist es auch nach
meinen Befunden so beim Menschen — wenn das bei der betreifenden Ovu-
lation entleerte Ei zur Entwicklung gelangte, also eine Schwangerschaft eintrat,
eine stärkere Ausbildung als wenn keine Gravidität erfolgte. Man nennt die
erstercn, mit der Gravidität verknüpften Körper, Corpora lutea vera, die
anderen Corpora lutea spuria. Die Corpora lutea vera erreichen beim
Menschen einen Durchmesser von 1,5— 2 cm und darüber. Nach H. RabI ent-
halten sie beim Menschen in frühen Stadien alle im Centrum einen mit Flüssig-
keit gefüllten Raum; hierauf und auf der besonderen Grösse ihrer Luteinzellen
beruhe ihr bedeutenderes Volumen den Corpora spuria gegenüber. Nach
einigen Monaten findet man die Corpora lutea vera wie spuria in der Rück-
bildung begriffen. Die Luteinzellen werden (beim Menschen) nach fettiger De-
generation "und molekularem Zerfall resorbirt, z. Th. bilden sie sich (H. Rabl)
zu Pigmentzellen um; die strahligen Bindegcwebszüge nebst der ursprünglichen
Thcca bleiben längere Zeit erhalten und schrumpfen zu einer festen, weissen,
narbenähnlichen Masse ein, Corpora fibrosa s. albicantia. Waren Blut-
pigment, bezw. Blutkrystallc, vorhanden, so pflegen diese lange Zeit in den
Corpora albicantia sichtbar zu bleiben. Schliesslich gehen diese Körper durch
hyaline Degeneration (Clark 1. c. inf.) gleichfalls zu Grunde.
Ueber die Genese der gelben Körper ist nocli keine Einigung erzielt. Nach den ein-
gehenden Untersuchungen J. Sobotta's^), dessen Präparate ich einzusehen Gelegenlieit
hatte und mit denen aucli H. Rabl, wenigstens zum Theil, übereinstimmt, sind die so
merkwürdigen Luteinzellen nichts anderes, als die riesig vergrösserten Follikelepithel-
zellen, welche zugleich Lutein und Fett in sich ausbilden. Die von vielen anderen Seiten,
wie von Benckiser, Nagel und jüngst noch von v. Kölliker^) angegebene Vermeh-
rung der granulirten Zellen der Tunica interna, von welchen diese Autoren die Lutein-
zellen ableiten, läugnet Sobotta zwar nicht, aber sie sollen ihm zufolge nur das Material
für die Septa des gelben Körpers und deren Bindegewebszellen, vielleicht auch Er-
nährungsmaterial für die wachsenden Follikelepithelzellen liefern. Sehr merkwürdig
ist die Angabe Sobotta's, dass eine Vermehrung der Epithelzellen nach dem Phitzen
der Follikel kaum mehr stattfinde; die Masse des Corpus luteum sei lediglich auf die
enorme. Grössenzunahme der einzelnen Zellen zurückzuführen. Ausser v. Kölliker
ist vor kurzem noch J. G. Clark^) gegen Sobotta aufgetreten, indem auch er die
2) Sobotta, J., Ueber die Bildung des Corpus luteum bei der Maus. Archiv f.
mikr Anat. u. Entw.-Gesch. 47. Bd. S. 261. 1896. - Derselbe, Ueber die Bildung
des Corpus luteum beim Kaninchen. Anatomische Hefte, herausgegeben von Fr. Merkel
u. R. Bonnet. Bd. 8. S. 471. 1897.
3) V. Kölliker, Bericht über die Anatomen- Versammlung des Jahres 1898 in
Kiel. Jena, 1898. Fischer.
4) Clark, J. G., Ursprung, Wachsthum und Ende des Corpus luteum nach Be-
obachtungen am Ovarium des Schweines und des Menschen. Arch. f. Anatomie und
Phvsiologie. 1898. Anat. Abth. S. 95.
512 Eierstock: Gefässe.
Luteinzellen von den ebenfalls als Luteinzellen bezeichneten Elementen der Tunica
Interna folliculi herleitet. Diese wieder sollen aus den gewöhnlichen fixen Bindegewebs-
zellen der Tunica abstammen, nicht aus Wanderzellen, wie ich es s. Z. angegeben hatte.
Ob nun mit dieser neuesten Veröffentlichung der alte Streit zwischen der Baer*schen
Meinung (Abstammung von den Zellen der Tunica interna) und der Bischoff 'sehen
(Abstammung vom Follikelepithel) entschieden ist, vermag ich, Mangels eigener neuerer
Untersuchungen, nicht zu entscheiden. Sobotta's Untersuchungen stützen sich auf
ein lückenloses, trefflich konservirtes Material.
Als Funktion der Corpora lutea sieht Clark — und ich finde das sehr an-
sprechend — die Unterhaltung des normalen Blutkreislaufes im Eierstocke an. Diese
Anschauung kann zum Theil mit der von mir s. Z. vorgetragenen Hypothese, dass die
Entwicklung der Corpora lutea zur Aufrechterhaltung der normalen Spannungsver-
hältnisse im Ovarium diene, vereinigt werden.
QefäBse des Eierstookes.
Arterien. Unter Hinweis auf das bei den Gefässen der Gebärmutter Ge-
sagte, ist hervorzuheben, dass beim Erwachsenen der Ramus ovaricus der
Arteria uterina das Hauptgefäss des Eierstockes bildet. Derselbe tritt, wie
der Ramus tubarius, vor dem Ligamentum ovarii proprium an dessen mesovarialem
Rande zum uterinen Pole des Eierstockes, dann, an dem mesovarialen Rande
dieses Organes entlang, dem zweiten Gefösse des Ovarium, der Arteria ovarica,
die von der Extremitas tubaria her kommt, entgegen zur Bildung einer vollen
Anastomose.
Von dieser Anastomose aus treten die Arterien in radiärer Richtung und unter
starker Schlängelung in die Markschicht des Eierstockes ein; hier liegen diese grösseren
Aeste dicht zusammen, ebenso wie die grösseren Venenäste, und dies gibt der Mark-
schicht des Eierstockes ein charakteristisches, insbesondere auf Radiärschnitten her-
vortretendes Aussehen, so dass man die Markschicht auch als „Zona vasculosa** be-
zeichnen kann (Fig. 87).
In der Rindenschicht lösen sich die korkzieherartig gewundenen, arteriellen
Zweige rasch in feinere Aeste auf; diese bilden um die grösseren Follikel ein reich
entwickeltes Netz.
Venen. Die Venen haben dieselben beiden Abflüsse wie die Tubenvenen:
zur Vena uterina und zu den Venae ovaricae (Plexus pampiniformis).
Unmittelbar nach dem Austritte aus der Zoua vasculosa gehen sie in dem
Hilus ovarii — so wird die Ein- und Austrittstelle der Gefässe bezeichnet —
zunächst in einen stark entwickelten Plexus über, zwischen dessen Maschen
zahlreiche glatte Muskelbündel gefunden werden, die mit den Muskeln der
Venenwandungen zusammenhängen und die Gefässe eine Strecke weit, bis in
die Zona vasculosa hinein, begleiten. Wir haben es hier oifenbar mit einem
erektilen Körper zu thun (Rouget^); derselbe füllt den Raum zwischen beiden
Mesovarialblättern fast völlig aus. Bei starker Injektion erreicht er fast das
Volumen des Ovarium selbst; er wird als „Bulbus ovarii" bezeichnet. Man
kann (mit Rouge t) vermuthen, dass derselbe physiologische Beziehungen zur
Ovulation habe.
1) Rouge t, Gh., Recherches sur les organes ^rectiles de la femme et sur
Tappareil musculaire tubo-ovarien dans leurs rapports avec l'ovulation et la men-
struation. Journ. de physiologie (Bro wn-Sequard). T. I. 1858.
Eierstock: Nerven. 513
Wie bereits bemerkt wurde, und worauf Testut (1. c.) mit Recht aufmerksam
macht, sind bis zur Beendigung des Descensus ovariorum die Vasa ovarica die ein-
z\gen Blutgefässe des Organes; erst später kommt die Anastomose zwischen diesen
und den Uteringefässen, welche dann meist zur Hauptquelle werden, zu stände.
Lymphgefässe. Bruhns (1. c.) fand beim Menschen 6—8 Lymphgefässe,
welche mit den Blutgefässen und den wenigen Lyraph-Stämmen, welche vom
Fundus uteri und von den Tuben diesen Weg nehmen, verlaufen und in die
Lymphoglandulae lumbales einmünden. Die hier in Betracht kommenden
Lymphdrüsen, nach Bruhns 6—10, liegen vor und dicht neben der Aorta von
den Arteriae renales bis zur Bifurkation hinab. Anastomosen zwischen den
ovarialen und uterinen Lymphgefässcn (Poirier) konnte Bruhns mit Sicher-
heit nicht nachweisen.
His^) beschreibt ein dichtes Netz deiner Lymphgefässe in der Tunica externa
der Graafschen Follikel. Ob ein solches, wie es His sehr wahrscheinlich ist, auch in
der Tunica interna liegt, konnte nicht genügend festgestellt werden. — Die Blut-
ge fässkapillaren dringen bis an die Basalmembran, welche zwischen Tunica in-
terna und Epithel gelegen ist, vor. Des gefässfreien Stigma folliculi geschah
schon Erwähnung.
Auch die Corpora lutea sind reich an Lymphgefässen, sowie an Blutgefässen.
Die citirte Arbeit von His gibt von ihnen, sowie von der Blutgefäss- und Lymph-
gefässvertheilung im Ovarium treffliche Abbildungen.
Nerven des Eierstockes.
Die Ovarialnerven stammen der Hauptsache nach fius dem die Arteria
ovarica begleitenden Plexus arteriae ovaricae, zu welchem sich längs des
Ramus ovaricus arteriae uterinae verlaufende Bündel gesellen. Beiderlei Nerven
führen hauptsächlich marklose Fasern; es sind jedoch auch einzelne mark-
haltige beobachtet worden. Ueber ihr Endverhalten in dem Eierstocke fehlt
uns noch eine befriedigende Auskunft.
Alle Autoren berichten übereinstimmend von dem grossen Nervenreichthume
desOrganes. Den positiven Angaben von Riese und von v. Herff, dass die Nerven-
fasern bis in das Follikelepithel sich fortsetzen sollen, stehen negative von Retzius,
Mandl und Elisabeth Winterhalter gegenüber. Letztere entscheidet sich be-
stimmt für die Anwesenheit zahlreicher Ganglienzellen in der Zona vasculosa, so
dass man hier von einem Ganglion ovarii reden könne, während Riese, v. Herff
und Gawronsky nur von Nervenzellen ähnlichen Gebilden sprechen. Alle diese An-
gaben basiren indessen nur auf Befunden, die ausschliesslich mittelst des Golgi*schen
Verfahrens erhalten wurden. Meinen Erfahrungen zufolge muss ich alle Deutungen
von Zellen als Ganglienzellen im Gebiete des N. sympathicus, die nur auf Golgi-
präparate gegründet sind, mindestens für verfrüht erachten. (Vergl. das S. 480 Ge-
sagte und V. Herff 's zweite Mitteilung.)
Ein grosser Theil der Nervenfasern ist sicher für die Gefässe und die glatte
Muskulatur bestimmt. Auch sensible und reflexthätige Fasern sind unzweifelhaft vor-
handen, da bei Palpation des Ovarium stärkere Berührungen empfunden und Reflexe
ausgelöst werden 2).
1) His, W., Beobachtungen über den Bau des Säugethiereierstockes. Archiv
für mikroskopische Anatomie. Bd. 1. 1865.
2) Ueber die Nerven des Ovarium vergleiche: Retzius, G., Ueber die Nerven
Waldeyer, Das Becken. 33
514 Lage des Eierstockes und der Muttertrompeten.
Lage der Eierstöcke und der Taben.
Bezüglich der Topographie von Eierstock und Tube gelten ganz ähnliche
Verhältnisse wie für die Gebärmutter. Es gibt meines Erachtens eine Lage
des TuboovarialapparatcS; welche man als die typische bezeichnen kann, und
ausserdem eine Anzahl anderer mehr oder w^eniger abweichender, welche zwar
an sich keine Störungen veranlassen, somit noch im Bereiche des Gesunden
liegen, dennoch aber nicht als typisch im anatomischen Sinne bezeichnet werden
dürfen. Es muss auch nocli hervorgehoben werden, dass diejenige Lage, welche
ich als die typische beschreiben werde, sicher in der Mehrzahl der Fälle vor-
kommt und für gewöhnlich dann gefunden wird, w^cnn alle übrigen Becken-
organc völlig gesund ersclieinen, und wenn nicht viele Scliwangerscliaften voranf-
gegangen sind. Auch gehen die nicht typischen Tuboovariallagen leichter in
abnorme Lagen über, oder geben l)ci Störungen in der Lage der übrigen
Beckenorgane ihrerseits leicliter zu Funktionsbehinderungen Anlass, als dies
bei der typischen Lage der Fall wäre. Aus allen diesen Gründen unterscheide
ich unter den normalen Lagen auch hier eine typische, welche zugleich die
vortheilhafteste ist und welche zunächst beschrieben werden soll.
Bei geschlechtsreifen, normal gebauten Frauen liegt das gesunde, nicht
vcrgrössertc Ovarium in einer flachen Vertiefung der seitlichen Beckenwand,
der y,Fossa ovarica"^). Die Fossa ovarica wieder bildet einen Theil der
Fossa obturatoria (S. 238—239, Fig. 61 u. 62), und zwar deren hinteren Theil.
Ich wiederhole hier, dass die Fossa obturatoria beim aufrechtstehenden Weibe
begrenzt wird oben und vorn durch die Vasa iliaca oder, genauer noch aus-
der Ovarien und Hoden. Biolog. Unters. Neue Folge. Bd. V. S. 31. 1893. — Riese, H.,
Die feinsten Nervenfuseni und ilire Endigungen im Ovarium der Säugethiere und
des Menschen. Anatomischer Anzeiger VI. S. 400. — v. Her ff, Ueber den feineren
Verlauf der Nerven im Eierstocke des Menschen. Zeitschrift für Geburtshülfe und
Gynäkoloj^ie. Bd. 24. 1892. S. 289. — Man dl, Ueber Anordnung und Endigungsweise
der Nerven im Ovarium. Archiv für Gynäkologie. Bd. 48. 1895. — v. Gawronsky,
1. c. [S. 480]. — Devos, Etüde de l'innervation de l'ovaire. Comptes rendus d'Aca-
demie royale de medecine de Belgique. 1894. -- V\^interhalter, Elisabeth, Ein
sympathisches Ganglion im menschlichen Ovarium. Archiv für Gynäkologie. Bd. 51.
1896. S. 49. — V. Her ff, Gibt es ein sympathisches Ganglion im menschlichen Ova-
rium. Ebendas. Bd. 51. 1896. S. 375,
1) Ich gebrauche absichtlich nicht den von Claudius (Ueber die Lage des
Uterus. Zeitschr, für rationelle Medizin. III. Reihe. Bd. 28. S. 245. 1865) zuerst ver-
wendeten Namen „Fossa ovarii", weil die dort beschriebene sich mit der meinigen
nicht deckt, da Claudius sie an die Stelle des Foramen suprapiriforme verlegt.
Richtig gibt Claudius die Lage der Tube zum Eierstocke an. — Vgl. His in BNA.
S. 145. — Valiin und nach ihm eine Anzahl anderer französischer Autoren sagen»
dass im Jahre 1841 von Krause — es müsste dies C. Krause sein — die Fossa ovarii
beschrieben sei. Dies ist nach den bei W.Krause, dem Sohne C. Krause's, einge-
zogenen Erkundigungen irrthümlich. W. Krause hat in der viel später, 1879, von
ihm besorgten 3. Aufl. des anatomischen Handbuches von C. Krause die Fossa ovarii
nach Claudius beschrieben.
Lage des Eierstockes und der Muttertrompeten. 515
gedrückt, durch die Arteria umbilicalis, hinten durch den Ureter und unten
und vorn durch das Ligamentum teres uteri.
In Fig. 81a ist diese Grube von innen her bei erhaltenem Bauchfellüberzuge
abgebildet. Man sieht bei nicht zu stark fetthaltigem subperitonäalen Gewebe die
genannten Theilc deutlich subserös durchschimmern.
In dieser grösseren dreieckigen Fossa obturatoria ist nun der hintere Theil
zu einer kleineren Grube für den Eierstock ausgetieft. Die Fossa ovarica
kann sehr verschieden ausgebildet sein. Selten findet man sie garnicht ange-
deutet; andere Male erscheint sie nur als seichte Depression, oder aber sie ist
deutlich als Grube vorhanden, so dass sie eine förmliche Nische bildet, in
welche der Eierstock so tief hineingelagcrt ist, dass seine freie mediale Fläche
das Niveau der seitlichen Beckenwand nicht tiberragt.
Die Fossa ovarica wird, die Frau in aufrechter Stellung gedacht,
begrenzt nach hinten durch den Ureter und die Arteria uterina, nach oben
und vorn durch die Arteria umbilicalis. Da das Ovarium eine annähernd
elliptische Form besitzt, so kann füglich von einer oberen und unteren Be-
grenzung dieser Grube keine Rede sein-, oben gehen nämlich die Reliefs der
Arteria umbilicalis und uterina und des Ureters unter einem ziemlich spitzen
Winkel ineinander über, in welchem die Extremitas tubaria (superior) des Eier-
stockes sich hineinlegt. Nach unten pflegt die Grube flach zu verstreichen,
da ja die Arteria umbilicalis einerseits und der Ureter mit der Arteria uterina
andererseits hier auseinanderweichen. Die Grenze der Grube fällt hier unge-
fähr mit der seitlichen Anheftungslinie des Ligamentum latum zusammen.
Ist die Grube nischenartig vertieft, dann besteht hier natürlich auch eine
winklige Umgrenzung, die jedoch durch kein besonderes Gebilde bedingt ist;
die Grube erscheint dann wie ein vollkommener Abdruck des Eierstockes. Der
Eierstock ruht mit seiner Extremitas uterina (inferior) auf der oberen Fläche
des Ligamentum latum, welche, bei bestehender tiefer Grube, gegen das intra-
ligamentöse Gewebe gleichsam eingedrückt ist.
Befindet sich die Frau in der Rückenlage, so ändert sich die Richtung
der Grube und des Eierstockes: während die Längsachse beider, wie dies His^)
zuerst klar und bestimmt gezeigt hat, bei aufrechter Stellung nahezu vertikal
verläuft, geht sie bei liegender Stellung in die horizontale Richtung über,
und man muss dann von einer oberen, vorderen und unteren Begrenzung und
von einem hinteren Winkel der Fossa ovarii sprechen.
Zu genauerer Charakterisirung der Holotopie des Ovarium ist noch
folgendes hinzuzufügen: die laterale Fläche des Organes ruht auf dem Boden
der Grube an der seitlichen Beckenwand und ist sonach ohne Lageverschie-
bung nicht sichtbar. Die mediale Fläche ist frei und sieht zur serösen Becken-
höhle hin. Der Margo mesovaricus schaut bei aufrechter Stellung nach
vorn und lateral, wo er angeheftet ist; er ist wegen der gleich zu schildernden
1) His, W., 1) Ueber Präparate zum Situs viscerum. Archiv für Anatomie und
Physiologie. 1878. S. 77. — 2) Die Lage der Eierstöcke in der weiblichen Leiche.
Ebend. 1881. S. 398.
516 Lage des Eierstockes und der Muttertrompeten.
Lage der Tube nicht zu sehen. Der Margo liber schaut nach hinten und etwas
medianwärts gegen das Rectum hin; an ihm läuft der Ureter entlang.
Beide Eierstöcke liegen selten genau symmetrisch; der eine kann hoher
oder mehr nach vorn liegen, als der andere; ich kann tibrigens nicht finden,
dass der linke Eierstock, wie behauptet worden ist, häufiger mehr nach vorn
liegt.
lieber diese Gesamtlage des Eierstockes geben die Figuren 81 a, 83,
85, 86 und 88 c Aufschluss; im übrigen verweise ich auf meine 1897 ver-
öifentlichte Darstellung L c. [S. 474.]
Skeletotopie des Ovarium. Aus dem vorhin Gesagten folgt schon, ver-
gleiche insbesondere die Figg. 51 und 86, dass der Eierstock unterhalb der
Ebene des Beckeneinganges gelegen ist. Dagegen würde eine Verbindungslinie
vom Kreuzungspunkte der Linea terrainalis mit der Articulatio sacroiliaca zum
oberen Umfange des Foramen obturatum durch die Höhe der Extremitas tubaria
des Eierstockes gehen. Man kann auch sagen, dass der Eierstock in einer
Sagittalebene liegt, welche der Mitte der Entfernung zwischen Spina iliaca
anterior superior und Symphyse entspricht. Der Eierstock ruht anf dem Muscu-
lus obturator internus, von diesem allerdings noch durch die gleich zu er-
wähnenden Gefässe und Nerven getrennt; vom knöchernen Becken entspricht
ihm ungefähr die Mitte des oberen Hüftpfannenrandes. Eine durch das Pro-
montorium gelegte Frontalebene wird entweder das Ovarium treffen, oder dicht
hinter ihm vorbeistreichen, was mit dem Seite 76 — 77 über die Lage des
Promontorium (Abschnitt „Idiotopie des Beckens^) Gesagten übereinstimmt.
Das Planum frontale interspinosum geht beträchtlich hinter dem Eierstocke
her. Das Verhalten zu den drei grossen seitlichen Beckenöfi'nungen gestaltet
sich so, dass das Ovarium der Horizontalebene des Foramen infrapiriforme am
nächsten liegt, oberhalb des Foramen ischiadicum minus (vergl. S. 168 — 169).
Syntopie des Ovarium. Die wichtigsten syntopischen Ikziehungen sind
die mit der Tube und dem Ureter, lieber die ersteren wird alsbald in einem
besonderen Abschnitte gehandelt werden. Die letzteren sind bereits vorhin,
gelegentlich der Holotopie des Organes besprochen worden; auch wird darauf
beim Kapitel „Ureter muliebris'^ zurückzukommen sein.
Seine übrigen syntopischen Beziehungen unterhält das Ovarium haupt-
sächlich mit Gefässen und Nerven. Vom grossen Becken her, also an der
Extremitas tubaria, treten von oben, vorn und lateralwärts die Vasa ovarica,
mit ihrer bindegewebigen und peritonaealen Umhüllung, welche auch glatte
Muskelfasern führt, heran; sie bilden das „Ligamentum Suspensorium
ovarii", Henle's „Ligamentum infundibulopelvicura" (s. w. u. Kap. „Liga-
mentum latum" und Figg. 81a, 83, 85, 88 c). Von unten her kommt, wie
bemerkt, das Ligamentum ovarii proprium. Lateral, am Boden der
Fossa ovarica haben wir von vorn nach hinten (aufrechte Stellung) — von
oben nach unten in liegender Stellung — 1) einige Lymphoglandulae
iliacae, 2) den Nervus obturatorius, 3) die Arteria umbilicalis,
Lage der Muttertrompeten. Eierstock und Ligamentum latum. 517
4) einen oder den anderen Ramus vesicalis dieser Arterie;, 5) die Arteria
obturatoria, 6) die Vena obturatoria; dann kommen als hintere (bezw.
untere) Begrenzung die Vasa uterina mit dem Ureter. Vergleiche hierzu
die Figuren 51 u. 88 c, Es sei noch bemerkt, dass der Nervus obturatorius
näher der Beckenwand liegt, also weiter von dem Ovarium absteht, als die Gefässe.
Topog^raphie der Tube. Beziehung^en des Ligamentum latum zum
Eierstocke.
Nach Feststellung der Lage des Eierstockes sind die topographischen
Verhältnisse der Tube leicht anschaulich zu machen; dabei muss gewisser
Lagebeziehungen des breiten Mutterbandes schon gedacht werden.
Der erste Abschnitt der Tube, der Isthmus, verläuft bei aufrechter
Stellung des Weibes nahezu in horizontaler Ebene und ein wenig nach
rückwärts gewendet, bis an die P^xtremitas uterina des Eierstockes zur seit-
lichen Beckenwand hin. Derselbe liegt hier in der von mir s. Z. sogenannten
Fovea parauterina^). Beim Abgange der Tube von der Gebärmutter liegt
dicht vor und unter ihr das Ligamentum teres uteri, welches aber alsbald
unter spitzem Winkel nach vorn abbiegt. Nach hinten verläuft auf derselben
Strecke in gleicher Richtung das Ligamentum ovarii proprium und zwischen
diesem und der Tube das Bündel der Tuboovarialgefässe; vergl. Fig. 85.
Am unteren Eierstockspole beginnt der zweite Verlaufsabschnitt der
Tube; sie ändert unter fast rechtem Winkel ihre bisherige Richtung und steigt
am Margo mesovaricus des Ovarium, diesem parallel und dicht vor ihm gelegen,
an der seitlichen Beckenwand aufwärts bis zum oberen Eierstockspole, der Ex-
tremitas tubaria. Dieser Tubenabschnitt, aufsteigender Tubenschenkel,
hat also eine fast vertikale Richtung. An der Extremitas tubaria biegt sich der
Eileiter um diese herum, nach hinten und nach abwärts, Tuben schleife
(18 in Fig. 86), und wendet sich mit einem dritten Abschnitte, dem End-
stücke der Pars ampuUaris, zum freien hinteren Rande und zur medialen Fläche
des Eierstockes, auf welchen Theilen die Fimbrien des Infundibulum glocken-
förmig aufruhen, absteigender Tubenschenkel. Dabei schlägt sich dieser
Tubenschenkel mit der zugehörigen Mesosalpinx und den in dieser einge-
schlossenen Gebilden: Gefässen, Epoophoron und Paroophoron, tlber die mediale
freie Fläche des Eierstockes wie ein Vorhang hinweg, so dass der Eierstock,
namentlich von oben und vorn her verdeckt wird. Auf diese Weise kommen
denn auch die genannten Reste, Epoophoron und Paroophoron, in syntopische
Beziehungen zum Ovarium, was hier nachzutragen ist.
Wie weit der P^ierstock vom absteigenden Tubenschenkel und der Meso-
salpinx verdeckt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: bei langer Tube
und grosser Mesosalpinx, sowie bei Hochlage des Eierstockes kann der letztere
vollständig verdeckt sein, so dass man, falls alle Theile in ihrer Lage unver-
ändert bleiben, beim Einblicke in die geöffnete Beckenhöhle nichts von ihm
1) Waldejer, 1. c. [S.^520 sub c] 37 der Figur I.
518 Lage des Eierstockes und der Muttertrompeten. Beziehungen zum Lig. latum,
sieht, oder höchstens das untere Stück seines freien Randes, umgekehrt ist
es bei Tief läge des Eierstockes, kurzer Tube und kleiner Mesosalpinx. Einen
wesentlichen Einflnss hat auch eine Extrainedianstellung des Uterus: an der
Seite, wohin der Uterus abgewichen ist, wird der E^ierstock besser bedeckt
sein als an der anderen, wo der Tubenvorhang gleichsam von ihm abgezogen
i^f ist (s. Fig. 84^, Sinistropositio uteri).
Dem Gesagten zufolge liegt nun holotopisch der Isthmus der Tube im
kleinen Beckenraume, in der Fovea parauterina, die Pars ampullaris dagegen,
eine um den Tubenpol des Eierstockes herumgebogene zweischenklige Schleife
bildend, in der Fossa obturatoria an der seitlichen Beckenwand,
Durch den aufsteigenden Tubenschenkel wird beim Weibe die Fossa ob-
turatoria wieder in zwei Abtheilungen, die Fossa ovarica und praeovarica
geschieden; von einer ähnlichen Theilnng ist beim Manne (s. Fig. 62) natür-
lich nichts zu sehen (s. auch das Kapitel: Cavum serosum pelvis mulieris).
Die skeletotopischen und syntopischen Beziehungen der Tube
sind dieselben wie die des Eierstockes; nur kann bemerkt werden, dass die
Tubenschleife medial vor den Vasa ovarica herzieht und dicht an die Vena
iliaca externa zu liegen kommt. Es macht den Eindruck, als ob die Vasa
ovarica, bezw. das Ligamentum Suspensorium ovarii gerade auf die Tuben-
schleife zustreben (s. Figg. 81a und 83). Endlich mag hervorgehoben sein,
dass das Infundibulum mit seinen Fimbrien den Ureter berühren kann.
Ausser dieser im Vorstehenden geschilderten typisclien Lage des tuboovarialen
Apparates gibt es noch drei andere, welche häufiger vorkommen und noch in die
Breite des Normalen fallen: 1) Die Tieflage des Ovarium; 2) die Hochlage, 3) die
Vorder läge desselben.
Bei der Tief läge liegt der Eierstock in der Fossa hypogastrica (s. S. 240).
Der Margo mesovaricus befindet sich unterhalb des Ureter, die normale Fossa
ovarica ist leer, der Ureter zieht nicht am freien Rande des Ovarium her, sondern
oberhalb desselben am Margo mesovaricus. Mit der lateralen Fläche des Ovarium
treten die grossen Aeste der Vasa hypogastrica und die Lymphoglandulae hypo-
gastricae in Beziehung. Der freie Rand und die mediale Fläche rücken nahe an die
Synchondrosis sacroiliaca, an das Gebiet der Foramina supra- und infrapiri forme, an
das Rectum und an den Douglas'schen Raum heran. Das Ovarium ist bei dieser
Lage freier beweglieh und leichter zu palpiren. Ich habe diese Lage vorzugsweise
bei Multiparae gefunden, namentlich, wenn der Eierstock etwas gross und schwer
war. Es ist ja auch leicht verständlich, dass das Organ nach wiederholter Entwick-
lung von voluminösen, echten gelben Körpern und nach wiederholten Geburten aus
der Fossa ovarii hinausrückt, in die es nicht immer wieder hineingelangen wird.
Die Hochlage des Ovarium findet man während der foetalen Periode und
noch bei Neugeborenen bis in das erste Lebensjahr hinein. Der Eierstock liegt dann
noch im grossen Becken und, bei Neugeborenen, auf dem Musculus psoas an den
Vasa iliaca externa; er ist in dieser Lage nicht so vollkommen von dem Tubenvor-
hange verdeckt. Seine definitive Lage in der Fossa ovarica gewinnt das Organ je-
doch schon im Kindesalter. Mitunter, namentlich bei engem Becken, bei Becken-
geschwülsten, und bei der Schwangerschaft i), kann auch im höheren Alter das
Organ in der Hochlage gefunden werden.
1) Webster, J. C, Researches in female pclvic anatomy. Edinburgh and Lon-
don, 1892.
Lage des Eierstocket» und der Muttertrornpeten. 519
Am seltensten ist die Vord erlag: e des Tuboovarialapparates. Bei dieser
rückt derselbe in die Fossa praeovarica hinein. Als Ursache dieser Lagerung müssen
wohl ein kurzes Ligamentum ovarii proprium mit ktirzer Tube angesehen werden.
Sehr wichtig ist die grosse Beweglichkeit und Verschiebbarkeit,
welche das Ovariura nebst der Tube in demselben, wenn nicht noch höheren
Grade besitzt, wie der Uterus. Auch für den Tnboovarialapparat ist das Wich-
tigste, dass derselbe seine Beweglichkeit behält; er pflegt dann, selbst nach
grossen Verschiebungen, wieder zur normalen Lage zurückzukehren. Treten
Adhäsionen nach Verschiebungen ein, so können ernste Störungen daraus her-
vorgehen, namentlich, wenn dabei Tube und Ovarium von einander getrennt
w^erden. (Vgl. Kapitel „Pathologische Zustände".)
Die Lage der Tube ist aus denselben Figuren ersichtlich, welche die Lage des
Fiierstockes zu erläutern bestimmt sind; in erster Linie wolle man die Figuren 51,
131 und 132 vergleichen. Sie geben auch Aufschluss darüber, welches die Lage-
beziehungen bei der Tief läge, Hochlage und Vorderlage sein werden, unbeschadet
dessen, dass Figg. Gl und 62 zum männlichen Becken gehören. Aus Fig. 84a ist
ersichtlich, wie Tube und Fierstock bei Tieflagerung in nahe Beziehungen zum Rectum
und zum Douglas'schen Kaume treten können. In der Figur selbst ist allerdings der
Eierstock in seiner typisclien Lage gezeichnet. Fig. 81 a zeigt die Tubenschleife und
die beiden Tubenschenkel in ihrer Lage zum Eierstocke, ferner das Aufruhen der
Fimbrienglocke auf dem letzteren; nur ist in der Figur der aufsteigende Tuben-
schenkel absichtlich nach vorn vom Eierstocke abgehoben worden, um den letzteren
sichtbar zu machen. Die gewöhnliche Lage bei kurzer Mesosaipinx, so dass ein
grosser Theil des Eierstockes sichtbar ist, gibt Fig. 83. Auch Fig. 87 wolle man
vergleichen. Denkt man sich hier an der rechten Seite der Figur die Tube mit der
Mesosaipinx nach hinten, also nach dem Beschauer zu, über den Eierstock hinüber-
geschlagen, so wird klar, wie das Epoophoron sich der freien Eierstocksflächc anlegt,
wie die Fimbrienglocken, auch die der accessorischen OefFnung der Tube, insbe-
sondere aber die Fimbria ovarica sich an den Eierstock anschmiegen. Endüch
kann Fig. 88 c (rechte Seite der Figur) dazu dienen, die syntopischen Beziehungen
des Eierstockes zum Ureter und zu den seitlichen Beckengelässen zum Ausdrucke zu
bringen. Obwohl die Tube hier nicht gezeichnet ist, lässt sich dieselbe leicht in die
Figur hineindenken, und so kann die letztere auch für die Tubentopographie Ver-
Avendung finden. Hauptsächlich aber ist für die topographischen Beziehungen von
Tube und Eierstock Fig. 86 bestimmt. Bei starker Dextroposition der Gebärmutter
ist freilich ein Theil des Tubenvorhanges von dem hier sichtbaren linken Eierstocke
abgezogen. Die Darmschlingen zwischen Rectum und Tuboovarialapparate, welche
hauptsächlich von der Flexura iliaca herrührten, sind entfernt; auf diese Weise sieht
man den weiten Abstand, welcher zwischen Tuboovarialapparate und leerem Rectum
besteht. Ferner werden durch diese Figur sehr gut die Beziehungen dieses Apparates
zu den Dünndarmschlingen und zum grossen Netze klargelegt. Normalerweise hängt
das Packet der Dünndarmschlingen an seiner Radix mesenterii wie an einem Stiele (28 a)
in das grosse Becken hinab. Die Darmschlingeu umsäumen das untere dicke Stiel-
ende (28), vor ihnen liegt das grosse Netz (27), an welchem man, wenn es, wie hier,
fettreich ist, den Dünndarmschlingen entsprechende Gruben wahrnimmt. Ein links-
seitiger Zipfel des Netzes reicht bis an die Tubenschlinge (18) heran. Auch eine An-
zahl Dünndarmschlingen berühren den tuboovarialen Apparat. Alles dieses sind Ver-
hältnisse, welche in physiologischer, insbesondere aber in pathologischer Beziehung
von grosser Wichtigkeit werden können. In der Figur ist ein Hochstand sämtlicher
Beckenorgane bemerkbar. — Die Tubenschleife ist spitzwinklig. Bei der oberen Ziffer 20
schimmert das obere Eierstocksende durch den Vorhang der Mesosaipinx hindurch.
520 Eierstöcke und Muttertrompeten: Altersverschiedenheiten.
Die Bedeckung des Eierstockes durch die Tube führt in weiterer Entwick-
lung zur Bildung einer mehr oder minder tiefen Tasche bis zu einer fast vollkommen
geschlossenen serösen Kapsel um den Eierstock, Bursa ovarii, welche nur an einer
Stelle, in deren Nähe sich auch das Tubenostium befindet, eine kleine OefiPnung gegen
den grossen serösen Bauchfellsack hat. Bei einigen Thierspezies, z. B. D i p u s
aegyptius, fehlt auch diese OefTnung, und die Kapsel ist völlig geschlossen. Beim
Menschen ist eine Tasche noch nicht ausgebildet, der Eierstock hat hier also die
freieste Lage. Schon bei den Affen ist die Nische der Mesosalpinx, in welcher der
Eierstock ruht, merklich tiefer. Noch mehr vertieft erscheint sie bei den Ungulaten,
um bei einzelnen Carnivoren und Nagern ihre höchste Ausbildung zu erlangen i).
AlterBvemohiedenheiten.
Des geschlängelten Verlaufes der Tuben in den letzten Fötalmonaten
ist bereits gedacht worden. Die Flimmerung des Tubenepithels findet sich
schon bei Neugeborenen. — Nach Aufhören der Geschlechtstbätigkeit verfallen
die Tuben derselben Atrophie wie der Uterus. Das Ostium abdominale tubae
zeigt sich bei der eisten Anlage hoch oben im Coelom, dicht am Herzen; die
Tube macht dann mit dem Eierstocke dessen Descensus durch, s. das Ka-
pitel „Entwicklungsgeschichte".
Die Form des Eierstockes bis zum ersten Lebensjahre ist eine auf dem
Querschnitte dreieckig pilzförmige; den Stiel dieses Pilzbildes liefern die Gefässe mit
dem sie begleitenden Mesovarium. Die Rindenschicht überwiegt bei weitem und steckt
ganz voller Primärfollikel^ zwischen denen das Stroma sehr zurücktritt. Dadurch be-
1) Zuckerkandl, E., Zur vergleichenden Anatomie der Ovarialtasche. Anato-
mische Hefte, herausgeg. von Merkel und B onnet. 27. Heft (Bd. VllI). 1897. (Mit
Litteratur.) — Eine Abbildung der Bursa ovarii beim Rinde s. in Waldeyer, Eierstock
und Ei. Leipzig, 1870. Taf. I. — üeber die Lage des Uterus und seiner Adnexa
vgl. insbesondere: K. v. Bardeleben, Ueber dieLage der weiblichen Beckenorgane.
Verhandlungen der anatom. Gesellschaft vom Jahre 1888. Jena, Fischer, 1888, worin
die Litteratur bis zum Jahre 1888 enthalten ist. Die im Texte vertretene Anschauung
von der Lage des Uterus, der Eierstöcke und der Tuben ist in ihren Grundzügen
durch B. S. Schnitze und W. His festgestellt [Citate s. S. 497 u. 515]. Ferner wolle
man hierzu nachsehen: Hasse, K., Beobachtungen über dieLage der Eingeweide im
w^eiblichen Beckeneingange. Archiv für Gynäkologie. Bd. VIIL 1875; Valiin, Situation
et prolapsus de l'ovaire. These de Paris. 1887. 4; Martin, A., Lage und Bandapparat
des Eierstockes. Carl Rüge -Festschrift. Berlin, 1896. 4. S. Karger. (Mit Litteratur.)
und Nagel, W., 1. c. [S. 476] in v. Bardeleben's Handbuche der Anatomie, woselbst
ein genaues, sehr dankenswerthes Litteraturverzeichniss bis 1896 gegeben ist.
Meine eigenen Schriften über diesen Gegenstand sind: a) DieLage der inneren
weiblichen Beckenorgane bei Nulliparen. Anatomischer Anzeiger, 1886. — b) Ueber
die Lage der inneren weiblichen Geschlechtsorgaue. Sitzungsber. der Königl. preuss.
Akad. der Wissenschaften zu Berlin. 1888. Nr. 38/39. — c) Beiträge zur Kenntniss der
Lage der weiblichen Beckenorgane nebst Beschreibung eines frontalen Gefrierschnittes
des Uterus gravidus in situ. Bonn, 1892. Fol. Friedr. Cohen. — d) Topographical
Sketch of the lateral wall of the pelvic cavity, with special reference to the ovarian
groove. The Journ. of anat. and physiology cond. by Turner, Cunningham, Maca-
lister and McKendrick. Vol. XXXIL 1897. p, 1. — e) Topographie des Uterus, Vor-
trag im medizinischen Verein zu Greifswald. Deutsche mediz. Wochenschrift. 1898.
Nr. 19. In allen diesen auch weitere Citate.
Uterus etc: Physiologische und praktische Bemerkungen. 521
kommt der Eierstock eine mehr weiche, parenchymatöse Konsistenz und eine tiefer
graue Färbung seiner Oberfläche.
Der Eierstock des K i n d e s a 1 1 e r s ist weniger abgeplattet, als der der ge-
ßchlechtsreifen Frau und hat eine glatte Oberfläche, da noch keine Follikelnarben sich
finden.
Die Eierstöcke multiparer Frauen zeigen eine Grössenzunahme gegenüber
denen der Nuliiparen ; mit dem Beginne der vierziger Jahre nehmen sie jedoch langsam
an Volumen ab; ferner treten die durch die Ovulation und die Rückbildung der gelben
Körper erzeugten narbigen Einziehungen der Oberfläche auf.
Das Ovarium von Greisinnen zeigt sich bis auf die Hälfte verkleinert; es
bekommt ein höckriges Aeussere, und da die Follikel sämmtlich geschwunden, die Ge-
fässe zurückgebildet und das Stroma geschrumpft sind, gewinnt es eine derbe, leder-
artige Konsistenz; es ist ein für den Organismus, wie es scheint, vollkommen werth-
loser Theil geworden; wenigstens ist es sehr unwahrscheinlich, bei solchen Ovarien
noch innere Sekretionsvorgänge anzunehmen.
Maass- nnd Zahlentabelle i).
Länge des Eierstockes bei Neugeborenen 2,0 cm
„ Kindern (5—6 Jahren) 2,5 „
„ Erwachsenen 3—5 „
Breite bei Neugeborenen 0,5 „
„ Kindern 0,8 „
„ Erwachsenen 1,5—3 „
Dicke „ Neugeborenen 0,25 „
„ Kindern 0,40 „
„ Erwachsenen 0,50—1,50 „
Gewicht bei Neugeborenen 0,5 gr
„ Kindern 2—3 „
„ Erwachsenen 6—8 „
„ Greisinnen 1—2 „
Grösse der reifen Eifollikel 1,5—2 cm
Physiolo^Bohe und praktiflch-medioinisohe Bemerkungen zu Uterus,
Tube und Ovarium.
Wir fügen den schon früher gelegentlich eingestreuten physiologischen
Bemerkungen noch folgende von unmittelbar praktischem Interesse hinzu.
Wie beim Manne, so ist auch beim Weibe der leibliche und geistige Habitus in
hervorragender Weise von dem Zustande der Geschlechtsdrüse abhängig. Funktionirt
auch nur ein Eierstock normal, so erhält und behält das Weib seine charakteristischen
seelischen und körperlichen Eigenschaften. Unter solchen Umständen, namentlich
dann, wenn die Eierstöcke längere Zeit funktionirt haben, insbesondere, wenn ihre
Funktion auf natürlichem Wege ihr Ende erreicht hat, verliert auch die Greisin, ab-
gesehen von den allgemeinen Alters Veränderungen, diese Eigenschaften nicht. Sind
dagegen beide Ovarien wegen mangelhafter Anlage oder durch vorzeitigen Unter-
gang, sei es in Folge von Krankheiten oder insbesondere durch operative Eingriffe,
nicht zur Funktion gekommen, so bleibt entweder der Gesamtkörper in seiner Ent-
wicklung zurück, oder es entstehen oft sogenannte Mannweiber, Viragines. —
1) Nach Puech, Les ovaires et leurs anomalies, Paris, 1873, Farre, l. c. [S.50t],y
Sappey (Trait6 d*anat.), W. Krause (Lehrbuch), 1. c. [S.54] und eigenen Messungen.
522 GebUrmutter, Muttertrompetcn, Eierstock: Physiol. Bemerkungen.
Es ist noch ein RHtlisel, auf welchem Weg'c diese Abhängigkeit sich herstellt, ob die-
selbe lediglich reflektorischen Nervenwirkungen zuzuschreiben ist, oder ob chemische
Vorgänge dabei im Spiele sind, etwa auf dem Wege einer inneren Sekretion (Brown-
Seciunrd)^). Gerade an die Geschlechtsdrüsen des Mannes wie des Weibes haben
sich aus diesen Erwägungen heraus eine Anzahl wichtiger praktischer Folgerungen
geknüpft, die zum Tlieile schon verwerthet worden sind: wie die Kastration oder die
Durchschneidung der Ductus deferentes bei Prostataleiden, die Entfernung der Ovarien
bei schweren Hysterien und anderes.
Eine kompensatorische Hypertrophie nach Wegnahme eines Eierstockes
konnte, nach den bisherigen Versuchsergebnissen, an dem zurückbleibenden Eier-
stocke nicht mit Sicherheit festgestellt werden-).
Indem eine unmittelbare Verbindung zwischen Eierstock und Tubenrohr fehlt und
eine Bursa ovarü beim menschlichen Weibe in der geringsten Ausbildung sich zeigt,
ist der Verlust an Eiern bei der Ovulation des Menschen vielleicht der grösste in der
gesamten organischen Welt. P's erklärt sich wohl zum Tlieil daraus der Umstand,
dass, ungeachtet des freien Geschlechtsverkehrs, der an keine Brunstperiode gebunden
ist, und trotz einer rund 30jährigen Funktionszeit, welche höher i^t, als bei den
meisten in dieser Beziehung bekannten Thieren, die Zahl der Schwangerschaften beim
menschlichen Weihe <'ine verhältnissmässig geringe ist, selbst unter Verhältnissen,
wo Abwege nicht in Frage kommen. Hierzu kommt allerdings der vorhin schon be-
sprochene Untergang zahlreicher Eier im Ovarium selbst in Betracht.
Dass die Eier überhaui)t in den Tuben kanal gerathen, hängt von der Lage der
Tubenglocke zur Oberfläche des Ovarium, sowie von dem tubaren Flimmerstrome ab,
wofür unter anderem experimentelle Untersuchungen sprechen-^). Durch mehrfache
Erfahrungen gestützt, wissen wir, dass sowohl Eier wie Sperma in der Beckenhöhle
von einer Seite zur anderen hinüberwandern können "*).
Als normaler Ort für die Begegnung von Ei und Samen, also als Befruch-
tungsstelle, ist die Ampulla tubae anzusehen, wo das Tubenlabyrinth die gün-
stigsten Bedingungen darbietet. Bei Thieren kann darüber kein Zweifel mehr be-
stehen^); auch beim Menschen dürften jetzt die Meisten dieser Ansicht sein, für Avelche
u. a. auch die Tubenschwangerschaften sprechen.
Sehr bemerkenswerth ist die Thatsache, dass sich die Fähigkeit, ein befruchtetes
Ei in normaler Weise zur Ausbildung zu bringen, nicht auf die Gebärmutter be-
schränkt, sondern auch der Tube in deren ganzer Ausdehnung zukommt; vgl. das über
den Bau der Tube Bemerkte. Es werden zwar auch menschliche Früchte ausserhalb
der Tube in der Bauchhühle weiter entwickelt (s. später „Extrauterinschwangerschaften");
1) Brown-Sequard et d'Arsonval, A., Recherches sur les extraits liquides
retires des glandes et d'autres parties de l'organisme et sur leur emploi en injections
sous-cutanees comme methode therapeutique. Archives de physiol. norm, et pathol.
1891. p. 491.
2) Ribbert, 1. c. [S. 397].
3) Vgl. hierüber insbesondere Hasse, K., Beobachtungen etc., 1. c. [S. 520]. —
Lode, Experimentelle Beiträge zur Lehre der Wanderung des Eies vom Ovarium zur
Tube. Archiv für Gynäkologie. Bd. 45.
4) Leopold, G., Die Ueberwanderung der Eier. Eine experimentelle Studie.
Archiv für Gynäkologie. Bd. 16.
5) Rein, G., Beiträge zur Kenntniss der Reifungserscheinungen und Befruch-
tungsvorgänge am Säugethierei. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 22. ~ Sobotta, J., Die Be-
fruchtung und Furchung des pjes der Maus. Ebendas. Bd. 45. 1895. — Für den Uterus
als normalen Befruchtungsort beim Menschen hat sich Wyder, Th., Beiträge zur
Lehre von der Extrauterinschwangerschaft und dem Orte des Zusammentreffens von
Ovulum und Spermatozoen, Arch. f. GynäkoL, Bd. 28, ausgesprochen.
Eierstock und Muttertrompeten: Pathologische Zustände. 523
den neueren Beobachtungen zufolge scheint dies jedoch nur sekundär der Fall zu
sein, indem das primär in der Tube zur Entwicklung gekommene Ei, nachdem es aus
der Tube in die Bauchhöhle ausgetreten ist, in letzterer sich weiter zu entwickeln ver-
mag. — Im Uterus ist es sehr bemerkenswerther Weise nur die mit den Uterindrüsen
ausgestattete Corpusschleimhaut, in welche sich das Ei primär einnistet, um von hier
aus sich weiter zu entwickeln. Niemals geschieht diese primäre Einnistung in
der Cer vi X schleim haut. Eine andere Frage ist freilich die, ob nicht bei vorgerückter
Schwangerschaft ein Theil des erweiterten Cervixiumens mit zur Bergung des Foetus
herangezogen werden kann (s. Kapitel „Graviditätsanatomie''). Man könnte nach dem
Gesagten auf die Vermuthung kommen, dass die Corpusdrüsen des Uterus bei der
Fixirung des Eies eine wesentliche Rolle spielten, dem steht aber die Tubarschwanger-
schaft entgegen, da die Tuben der Drüsen ermangeln. Die Funktion der Uterindrüsen
ist in der That noch völlig unklar; ein bestimmtes Sekret scheinen sie auch nicht zu
liefern (S. 409).
Wichtig für die Festsetzung der Eier scheinen aber die Rundzellen des
InterglandulargCAvebes zu sein; aus ihnen entwickeln sich die Deciduazellen
(s. Kapitel „Graviditätsanatomic") und sie finden sich sowohl in der Tuben- wie in der
Uterusschleimhaut.
Zu den physiologisch und praktisch wichtigen Erscheinungen gehören die
sympathischen Beziehungen zwischen den Mammae und dem Uterus.
Saugen an den Brustwarzen kann Uteruskontraktionen hervorrufen; während der
Laktation cessii^en die Menses, welche zum guten Theile eine Funktion des Uterus
sind; wahrscheinlich cessirt indessen auch die Ovulation vollkommen. Unter Um-
ständen können jedoch während der Laktation beide Vorgänge wieder auftreten. Lange
fortgesetzte Laktation kann zu Atrophie des Uterus führen. — Tritt Schwangerschaft
ein, so beginnen die wichtigen Veränderungen in der Brustdrüse, die später zur
Laktation führen; mit dem Aufhören der Schwangerschaft cessirt die Laktation, falls
sie nicht durch regelmässiges Saugen unterhalten wird. Tritt bei bestehender Laktation
eine neue Schwangerschaft ein, so cessirt die bestehende Laktation, um später gegen
das Ende der Schwangerschaft wieder aufzutreten.
Endlich muss in diesem Abschnitte der durch die Lage und den Zusammenhang
der serösen und subserösen Bekleidung, sowie durch Lymph-, Blutgefässe und Nerven
hergestellten Beziehungen zwischen Rectum und Blase einerseits und dem Uterus und
seinen Adnexen andererseits gedacht werden. Jede Erkrankung eines dieser Organe
beim Weibe erfordert nothwendig die genaueste Berücksichtigung des Zustandes der
genannten anderen. Ebenso muss bei allen diagnostischen und operativen Encheiresen
diesen Verhältnissen strengste Rechnung getragen werden.
Eierstöcke und Tuben, letztere namentlich, wenn sie pathologisch verändert sind,
lassen sich bei der Lebenden, insbesondere bimanuell, palpiren. Auch die Unter-
suchung vom Rectum her kann hier zu Hülfe kommen (vgl. Fig. 84 a). Bei der be-
deutenden Grösse der reifen EifoUikel können auch diese unter günstigen Verhält-
nissen gefühlt werden (Strassmann, 1. c. i.). Um die Tube aufzufinden, geht man
nach A. Martin 's Vorschlage von deren Uterusinsertion aus. Die Empfindlichkeit
des Ovarium bei der Palpation wurde erwähnt; die Tube zeigt sich dabei unem-
pfindlich.
Pathologische Zustände der Eierstacke und der Tuben.
L Lageveränderungen. Wir sehen hier ab von denjenigen Lageverände-
rungen, welche durch pathologische Adhärenzen bedingt sind. An die normal anato-
mischen Verhältnisse schliessen sich an: 1) die Oophorocele mit der Salpingocele,
2) der Descensus ovarii mit dem Descensus tubae.
Das Ovarium allein oder in Verbindung mit der Tube kann den Inhalt einer
524 Eierstock und Muttertrompeten: Pathologische Zustände.
Hernie bilden^). Am häufigsten kommt die Oophorocele und Salpingocele in-
guinalis vor, angeboren sowohl, wie erworben; nicht selten ist der Bruch auch
durch eine Hysterocele komplicirt. Offenbar hängt die grössere Häufigkeit der
Inguinalhernie des Eierstockes mit dem normalen Descensus ovarii zusammen. Bildet
der Eierstock allein den Bruchinhalt, so muss das Mesovarium gedehnt sein; dies
kommt vorzugsweise bei erworbenen Hernien vor 2).
Ausserdem bilden die in Rede stehenden Organe, jedoch viel seltener, den In-
halt von llerniae ischiadicae (s. S. 168 u. 187), obturatoriae, perineales,
femorales, oder gar umbilicales, deren erstere aus den anatomischen Verhält-
nissen besonders leicht verständlich ist.
Beim Descensus ovariorum, welcher isolirt oder mit Verlagerungen der
übrigen inneren Genitalien vorkommen kann, bestehen verschiedene Grade. Sänger^)
unterscheidet als „Descensus lateralis" (partialis) das Herabsinken bis zu den Plicae
rectouterinae, als „Descensus posterior" (totalis) das Herabsinken auf den Fundus der
P^xcavatio rectouterina. Der Descensus lateralis geht ohne scharfe Grenze in die vor-
hin beschriebene Tieflage des Eierstockes über und dürfte wohl nur bei Verlust
der Beweglichkeit hinderlich werden, wogegen der Descensus posterior (totalis) bei
Füllung des Rectum und der Blase, wie auch bei der Kohabitation zu schwereren
Störungen führen kann. Bei weiterer Ausbildung geht er in die verschiedenen For-
men der llerniae perineales über.
Zu den Lageveränderuugen zählen wir auch die durch Knickungen oder
Torsionen bedingten; dieselben können, wie die anatomischen Verhältnisse ergeben,
leicht vorkommen, namentlich wenn eine der schon genannten Veränderungen vor-
handen ist, oder bei bestehenden Adhäsionen.
II. Endzündliche Veränderungen; Adhäsionen. Blutungen. Ergüsse.
Traumen. Retentionscysten. Beim Eierstocke haben die in der Ueberschrift
genannten Zustände und Vorgänge nahe Beziehungen zu einander, und sind
deshalb zusammengestellt worden.
Bezüglich der in diesem Abschnitte zu besprechen'den Veränderungen kommt
es darauf an, ob sie an der Eierst ocks- Ob er fläche, an den Follikeln, oder
im Stroma desselben sich abspielen. Die Existenz des Bulbus ovarii und die reich-
liche Blutversorgung überhaupt führt bei Stauungen, wie sie z. B. durch Knickungen
und Torsionen herbeigeführt werden, zu enormen Anschwellungen, und da die Blut-
gefässe an den Follikeln bis dicht unter das Epithel vordringen, von dem sie nur
durch die sehr zarte Basalmembran geschieden sind, leicht zu follikulären Blu-
tungen. Da das Eierstocks-Epithel den Charakter eines Schleimhautepithels hat, so
bleibt die Oberfläche des Ovarium bei unversehrtem Epithel von pseudomembranösen
Verwachsungen meist frei, und man kann häufig, selbst wenn das Organ von Pseudo-
membranen völlig umhüllt und verdeckt ist, dasselbe wie aus einer Kapsel heraus-
schälen. Bei wegsamer Tube können also auch unter diesen Umständen noch
Schwangerschaften eintreten.
Derartige pseudomembranöse Verwachsungen am Tuboovarialapparate, durch
welche Tuben und Ovarien miteinander, mit der seitlichen Beckenwand und mit den
Nachbarorganen, insbesondere häufig mit Darmschlingen und dem Rectum, rechter-
seits auch mit dem Processus vermiformis und dem Coecum, links mit dem Colon
sigmoideum, endlich mit dem Uterus, seltener mit der Blase zu einem schwer ent-
1) Moser, H., Zur Kenntniss der Ovarialhernien, Dissert. inaug. Berlin, 1898
(mit Litteratur).
2)i01,shausejn, R.,JKrankheiten der Ovarien. 1886.
3) Sänger, M., UeberJ|Descensus und Pelvifixura ovariorum. Centralblatt für
Gynäkologie. 1896. Nr. 9. S. 241.
Eierstock und Muttertrompeten: Pathologische Zustände. 525
wirrbaren Packete, dem „Adnextumor", verwachsen sind, bilden bekanntlich einen
der häufigsten pathologischen Befunde bei Frauen. Die aufgezählten Organe, mit
denen die Verwachsungen erfolgen, ergeben sich unmittelbar aus den Lagebeziehungen.
Als Ursachen sind anzusehen einmal die bei Menstruationen, bei Schwanger-
schaften und Geburten bestehenden physiologischen Keizzustände, wenn sie durch
gesundheitswidriges Verhalten der Frauen zu pathologischen Reizen gesteigert, oder
durch schwere Geburten und infektiöse Wochenbettserkrankungen komplicirt werden.
Eine wichtige Rolle spielen hierbei auch Aborte und ektopische Schwanger-
schaften. Zum anderen, und vielleicht noch häufiger, als die mit der Zeugungsthätig-
keit im Zusammenhange stehenden Ursachen, sind gonorrhoische Infektionen
anzuschuldigen, welche sich bis zum Tuboovarialapparate fortgepflanzt haben.
Gewöhnlich kommt es bei diesen Zuständen zu Absperrungen des Tubenkanales,
wobei sich dessen ampullärer Theil mit verschiedenartigem Inhalt: eiweisshaltigcr
Flüssigkeit, Eiter, Blut, desquamirtem Epithel und Gemischen aus diesen anzufüllen
pflegt und zu mehr oder minder grossen, länglich sackartigen Geschwülsten, die meist
noch die Gestalt der Tube erkennen lassen, ausgedehnt wird: Tuben sacke, Sacto-
salpinges, unter welchem ISammelnamen man die Einzelfälle der Hydro-, Pyo- und
Hämosalpinges neuerdings begriffen hat.
Der Inhalt der Tubensäcke kann in die Bauchhöhle austreten; doch erfolgt das
selten. Die pseudomembranösen Bildungen stellen ein gutes Schutzmittel dar, wie es
auch bei ähnlichen Aff'ektionen anderer in serösen Körperhölilen gelegener Organe,
z.B. bei der Appendicitis, der Fall ist; letztere bietet überhaupt mit den Verliält-
nissen der entzündlichen Tubensäcke manche Analogie; auch können die Affektionen
des Tuboovarialapparates bei Tieflage des Wurmfortsatzes auf diesen übergreifen
und umgekehrt.
Bei durchgängiger Pars intramuralis kann der Tubeninhalt auch in das Cavum
uteri überfliessen, insbesondere, wenn der CanaÜs intramuralis erweitert ist.
Eine besondere Form der Tubensäcke entsteht dann, wenn die Fimbrien unter
einander verwachsen; dann bildet sich, wie Zahn^) jüngst gezeigt hat, ein retorten-
förmiges Gebilde aus. Der Retortenkopf, die „Endcyste", geht aus dem cystisch er-
weiterten Infundibulum hervor, darauf folgt der Retortenhals und Stiel, welche aus
den erweiterten Ampullen- und Isthrausabschnitten der Tube gebildet werden; deutlich
kann man noch beim Uebergange der Endcyste in die Ampulle das Ostium abdomi-
nale tubae an einer Einschnürung erkennen. Wenn bei der Verwachsung der Fimbrien
ein Theil des Eierstockes mit in die sich cystisch erweiternde Fimbrienglocke aufge-
nommen wird, dann entsteht (Zahn) die Richard'sche „Tubo-Ovarialcyste".
Diese unterscheidet sich also im wesentlichen nicht von einer gewöhnlichen Infundi-
bulum-Tubencyste, ist aber doch wichtig, weil in ihr eine Tubengravidität sich aus-
bilden kann, wofür Zahn Beispiele mittheilt.
Aus den anatomischen Verhältnissen der „Adnextumoren" heraus erklärt sich
der Druck, welchen sie nicht selten auf den Ureter und auf das Rectum ausüben.
Traumen sind Eierstock und Tuben ihrer Lage und Beweglichkeit wegen
selten ausgesetzt; auch bei schweren Geburten werden sie selten betroffen. Ich hatte
Gelegenheit, einen merkwürdigen Fall von frischer querer Zerreissung des linken
Ovarium eines 18jährigen Mädchens zu beobachten, welche sich durch Sturz aus dem
dritten Stocke eines Hauses getödtet hatte. Das Ovarium war frei beweglich, klein,
nicht pathologisch verändert. Ausser einer Blasenruptur bestanden am Becken und
Abdomen keinerlei Verletzung. Der Tod war durch Schädelzertrümmerung erfolgt.
Wir schliessen hieran wohl am besten die Retentionscysten des Eierstockes,
welche meist auch Folgezustände chronisch-entzündlicher Veränderungen sind. Dahin
1) Zahn, F. W., Ueber Tubo-Ovarialcysten. Virchow's Archiv f. pathol. Anat.
Bd. 151. S. 347. 1898.
526 Eierstock und Muttertronipetc: Pathologische Zustände.
werden nach Pfannenstiel 's Darstellung^) „epithelfreie" und „epitheltragende" Cysten
gerechnet, welche aus Flüssigkeitsansammlung in vorher bestandenen Graafschen
Follikeln hervorgegangen sind. Ferner rechnet Pfannen stiel hierher die Corpus-
luteum-Cysten. Nach den vorhin angegebenen Befunden von H. Rabl können
solche leicht aus Corpora lutea vera entstehen.
III. Neubildungen. Nach den anatomischen Bestandth eilen muss man mit
Pfannenstiel die parenchymatogenen Formen von den stromatogenen unter-
scheiden. Bei den ersteren sind die epithelialen Bestandtheile das Bestimmende, und
es entspricht durchaus dem Formengesetz der im normalen Eierstocke von ihnen ge-
lieferten Bildungen, wenn wir die Kystome weitaus überwiegen sehen; diese stellen
überhaupt wohl, nebst den infektiösen p]ntzündungen, die häufigste Erkrankung des
Eierstockes dar. Es ist hier nicht der Ort, des Näheren auf die Genese dieser Neubil-
dungen einzugehen, noch auf die der noch immer so räthselhaften Dermoidkystome,
welche gerade im Ovarium besonders häufig beobachtet werden. Nur sei der Ansicht
Pfannenstiel's Erwähnung gethan, dass die Dermoidkystome der Geschlechtsdrüsen
eine besondere Stellung gegenüber den in anderen Organen beobachteten einnehmen,
und dass man zwei Formen bei ihnen unterscheiden müsse, die Dermoide und die
Teratome. Die ersteren zeigen in mehr geregelter Weise stets Bestandtheile aller
drei Keimblätter, die letzteren in regelloser, atypischer Weise, in ungeordneter Pro-
liferation. Anknüi)fend an ältere Theorien, ist Pfannenstiel der Meinung, dass nur
von einer Eizelle aus solche Neoplasmen ihren Ursprung nehmen könnten. Ich muss
bekennen, dass ich, in Rücksicht auf das nicht abzustreitende parthenogenetische Ent-
wicklungsvermögen der Eizellen auch der höheren Thiere, diese Auffassung gut gestützt
finde. Vgl. Kap. „Missbildungcn".
Die bisher betrachteten Cystenbildungen nebst den anzuschliessenden Dermoiden
und Teratomen nahmen ihren Ursprung von der Tube oder von dem Eierstocke.
Dazu kommen nun noch eine grosse Anzahl cystischer Tumoren, welche eine andere
Entstehungsquelle haben, und zwar von den fötalen Restgebilden: dem G artner '-
sehen Gange, den Nebentuben, den Epoophoral- und Paroophoralschläuchen. Die
Cysten des Gärtnerischen Ganges liegen vorzugSAveise, sofei'u nicht sein oberstes Ende
in Frage kommt, in der Uterus- und Scheidenwand; die der übrigen Gebilde ent-
wickeln sich entweder subserös am Fundus und Corpus uteri oder in der Uterinwand,
dort meist im Zusammenhange mit Myomen. Diesen Formen sind wir schon beim
Abschnitte „Uterus" begegnet. Es kommen hinzu die mehr oder minder zahlreichen
kleinen Cystchen des Ligamentum latum, insbesondere der Mesosalpinx, die einen so
häufigen Befund bilden, dass sie fast zu den normalen Vorkommnissen gehören. Für
1 diese Bildungen verweise ich auf das S. 50|^ angeführte Werk v. Recklinghausen's.
Namentlich die kettenförmig hintereinandergereihten Cysten der Ligamenta lata leitet
V. Recklinghausen von den Epoophoralschläuchen ab. Sind Muskelfasern in den
Wandungen solcher Cysten, so ist ihre Abstammung von Nebentuben wahrscheinlich
\\^^ — paratubare Cysten, Kossmann [l. c. 8.560], Einzelne Cysten dieser Abstammung
erreichen eine bedeutende Grösse und stehen den ovarialen nicht nach. Diese grossen
Formen möchte Kossmann insbesondere auf Nebentuben beziehen, v. Reckling-
hausen neigt mehr zu einem epoophoraien und paroophoralen Ursprünge; in einem
Falle sah er ein epoophorales Kanälchen in eine solche Cyste münden. Für eine
solche Genese spricht ihm auch das Flimmerepithel, welches zuerst von v. Kölliker
in Cysten der Ligamenta lata nachgewiesen wurde, und ein bräunliches eigenthüm-
lieh es Pigment. Wahrscheinlich müssen auch die flimmernden Eierstockscvsten auf
1) Pfannc^n stiel, J., Die Erkrankungen des Eierstockes und des Nebeneier-
stockes. Veit 's Handbuch der Gynäkologie. Bd. IIL 1898.
Eierstock und Muttertrompeten : Pathologische Zustände. 527
diese Quelle zurückgeführt werden, was dadurch verständlich wird, dass die Epoophoral-
schläuehe auch beim Menschen unter Umständen in den Hilus ovarii hineinragen^).
Praktisch wichtig ist die Unterscheidung von frei entwickelten und sub-
serösen (intraligamentären) Tumoren dieser Gegend. Die Eierstockstumoren
sind meist frei, dem normalen Verhalten des Organes zum Bauchfelle entsprechend;
sie können aber auch zwischen die Blätter des Mesovarium und weiterhin zwischen
die des übrigen Ligamentum latum hineinwachsen (s. w. u. Ligamentum latum). Die
tubaren, paratubaren, paroophoralen und epoophoralen Tumoren sind naturgemäss
stets intraligamentär. Die freien sind ceteris paribus leichter beweglich, haben einen
deutliclien Stiel, wachsen bei weiterer Entwicklung leicht aus dem kleinen Becken
hinaus und sind infolgedessen leichter entfernbar. Bestellen Pseudomembranen, so
können diese eine intraligamentäre Entwicklung vortäuschen.
Wichtig sind ferner die insbesondere von H. W. Freund^) studirten successiven
Lage Veränderungen der gestielten Tumoren. Man kann zwei Stadien der Lage
unterscheiden. Im ersten, so lange die Tumoren noch klein sind, und Platz im kleineu
Becken haben, senken sie sich zum Douglas'schen Kaume hin und verdrängen die
übrigen Beckeneingeweide nach der entgegengesetzten Seite, zum Theil auch nach
vorn; der Stiel inserirt vorn und medial, die Tube zieht quer über den Tumor. Wird
der letztere grösser, so erhebt er sich in den grossen Beckenraum und neigt, wie der
schwangere Ut(^rus, sich vorn über zur vorderen Bauchwand hin; Uterus und Blase
werden nun nach hinten gedrängt, letztere eingedrückt. Meist wird dabei der Stiel,
namentlich aber das Ligamentum ovarii bis zu 90^ gedreht; die Insertion des Stieles
liegt mehr nach hinten. Die Dünndarmschlingen liegen oben und hinten vom Tumor,
Caecum und Colon sigmoideum behalten ihre Lage meist bei.
Der Stiel besteht aus dem Ligamentum ovarii, welches gewöhnlich stark ver-
dickt ist, den Mesovarialplatten nebst den Eierstocksgefässen und Nerven und dem
Ligamentum Suspensorium ovarii; bei grossen Tumoren wird auch ein Theil des
Haupttiügels des Ligamentum latum einbezogen. Auch die Tube, welche durch die
Mesosälpinx getrennt bleibt, aber durch die Anheftung mittelst der Fimbria ovarica
stark gedehnt wird, rechnet man zum Stiel; bei der Operation wird sie mit entfernt.
Die Insertionsfläche des Stieles erscheint, abgeschnitten, in Gestalt eines mehr oder
weniger lang ausgezogenen Dreieckes; die Blutgefässe sind, entsprechend der Grösse
des Tumors und seiner Masse, mehr oder weniger stark entwickelt. Die Praxis unter-
scheidet kurze und lange Stiele (4—20 cm), ferner schmale und breite (2—12 cm). —
Bei grossen intraligamentären Tumoren ist die Tube besonders stark gedehnt.
Ein übles Ereigniss, welches zu Blutungen und zur Gangrän der Neubildung
führen kann, ist die pathologische Stieltorsion. Wie erw^ähnt, ist eine Torsion
von 90<* etwas gewöhnliches; pathologisch wird sie gemeinhin erst, wenn sie 180^
überschreitet. Küstner und Carlo zeigten, dass in der Regel rechtsseitige Ovarial-
tumoren eine linksspiralige Drehung haben und umgekehrt. Die Ursachen der patho-
logischen Torsion können verschiedene sein.
Von den übrigen Neubildungen des Ovarium findet man am häufigsten noch
Karzinom^ Fibrom und Sarkom. Ferner sei der überzähligen Eierstöcke
und des Vorkommens von Nebennierengewebe am Eierstocke gedacht^).
1) Franque, 0. v., Ueber Urnierenreste im Ovarium, zugleich ein Beitrag zur
Genese der cystoiden Gebilde in der Umgebung der Tube. Sitzgsber. der Physikal.
med. Gesellsch. zu Würzburg. 1898. 7. Juli.
2) Freund, H. W., In: Sammlung klinischer Vorträge, begründet von R. Volk-
mann, Nr. 361 u. 362. 1890.
3) So weit mir nicht eigene Erfahrungen zu Gebote standen, und andere Citate
nicht die Quelle angeben, bin ich den Darstellungen in den grösseren Werken von
Olshausen [1. c. S. 524] und Pfannenstiel [1. c. S. 526] gefolgt. Ueber überzäh-
528 Eierstocks- und Tubenanhänge. Foetale Reste.
Eierstocks- und Tubenanhänge. Foetale Beste.
Auch beim Weibe gibt es eine Anzahl kleiner, grösstentheils in der
Mesosalpinx gelegener Gebilde, welche als üeberreste der fötalen Vorstufen
der Geschlechtsorgane zu betrachten sind; wir bezeichnen sie deshalb kurz als
„foetale Reste", oder ihrer Lage nach, als „Eierstocks- und Tubenanhänge".
Während ihre Entstehung aus dem Kap. „Entwicklungsgeschichte" erhellen wird,
ist hier einiges über ihren Bau und ihre Lage mitzutheilen. Diese Gebilde sind:
1) Der Nebeneierstock, Epoophoron (Parovarium),
2) das Paroophoron,
3) die Nebentuben, Parasalpinges,
4) die Morgagni 'sehen Hydatiden, Appendiccs vesiculosae,
5) der Gartner'sche Kanal.
Der Nebeneierstock (vgl. Fig. 87) besteht aus 6—12 nahezu parallel neben
einander liegenden, stark zwirnfadendicken, 1 — 1^/2 cm langen Kanälchen, Ductuli
transversi, welche im lateralen Drittel der Mesosalpinx gelegen sind. Sie kon-
vergiren gegen den Hilus ovarii und können selbst in diesen eintreten; bei vielen
Thiercn, z. B. beim Kalbe und Hunde, ist dies die Regel.
Gegen die Tube hin, von der sie eine kleine Strecke weit entfernt bleiben,
münden sie in einen Sammelkanal, Ductus epoophori longitudinalis (Gartneri),
welcher der Tube parallel läuft und beim Erwachsenen blind endet. Das Vorhanden-
sein eines solchen Sammelkanales (s. Fig. 87) scheint indessen nicht beständig zu sein^).
Häufig sind Divertikel und kleine Cysten an den Kanälchen beobachtet worden, und
zwar schon bei Neugeborenen (v. Reck lingh aus en, Tourneux, Girald^s). Die
Kanälchen enthalten eine klare Flüssigkeit bis ins liücliste Alter hinein.
Par 00 phoron 2). Das Paroophoron besteht als mit freiem Auge sichtbare
Bildung nur bis ins erste Lebensjahr hinein; selten wird es noch zu Beginn des
zweiten, und später, bei Erwachsenen, gefunden. Es liegt medianwärts vom Epoophoron,
gegen den Tubenwinkel hin, zwischen den Blättern der Mesosalpinx ; für das freie
Auge stellt es sich als eine platt rundliche Bildung, jedoch von unregelmässiger Be-
grenzung und bräunlicher oder graugelblicher Färbung dar; Lupen vergrösserung lässt
es leicht als ein Agglomerat kleiner rundlicher oder länglicher Körper erkennen. Das
Mikroskop erweist diese theils als blindgeschlossene Kanälchen, theils als deutliche
Glomeruli, wie sie im Wolff'schen Körper und in der bleibenden Niere vorkommen.
Neben wohlerhaltenen Bildungen dieser Art finden sich auch verschiedene Rückbil-
dungsformen. Parovarialkanälchen sind, insbesondere von v. Recklinghausen, I.e.,
auch am Uterus selbst, namentlich subserÖs gefunden worden.
Ueber den feineren Bau der Kanälchen dieser Gebilde (Epoophoron und Paro-
ophoron) welcher wegen der wichtigen pathologischen Beziehungen hier zu erwähnen
ist, bestehen noch Streitfragen. Gebhard*^) und Ampt (1. c.) sprechen den Epo-
ophoralkanälchen eine aus glatten Muskelfasern bestehende Wand zu, wogegen
lige Eierstöcke berichtet neuerdings P. Rosenstein, Ein Beitrag zur Kenntniss
überzähliger Ovarien. Diss. inaug. Königsberg i. Pr. 1898 (mit Litteratur). Neben-
nierenfragmente am Eierstocke beschrieb zuerst Marchand. „Ueber accessorische
Nebennieren im Ligamentum latum. V ir cho w's Arch. f. pathol. Anat. Bd. 92, S. 11. 1883.
1) Vgl. Ampt, C, Ueber das Parovarium (Epoophoron) bei Neugeborenen und
Erwachsenen. Diss. inaug. Berlin, 1895.
2) Waldeyer, W., Eierstock und Ei, I. c. S. 142.
3) Gebhard, C, Centralblatt für Gynäkologie. 1894, Nr. 29.
Eierstocks- und Tubenanhänge. Foetale Beste. 529
V. Recklin^hausen (1. c.) und Kossmann^) keine Muskelfasern finden konnten.
Das Epitherbeiderlei Kanal eben ist ein Flimmer epithel, wie Beck er 2) für die
ersteren entdeckt hat; jedoch finden sich auch flimmerlose Strecken.
Nebentuben •'^). Die Nebentuben sind stärkere oder schwächere Kanäl-
chen, welche in der Mesosalpinx neben der Haupttube gefunden werden; mitunter
(in 10 pct.) ragen sie gestielt als Gänge hervor und sind mit trichterförmigen Mün-
dungsstücken, ähnlich der Haupttube, versehen. Seltener liegen sie intraligamentär
und'' sind verschlossen (Atretische Nebentuben, Kossmann). Die Mündungsstücke,
ebenso wie die etwaigen Lichtungen, tragen Flimmerepithel. Ihre Wand führt glatte
Muskelfasern.
Zu wiederholten Malen sind bei menschlichen Embryonen trichterförmige Oeff-
nungen in der Peritonäalbekleidung der Anlagen der Harn- und Geschlechtsorgane
und°deren nächster Umgebung gefunden worden, die man mit „Nephrostomen«
verglichen hat. Vielleicht sind die Nebentuben, die überzähligen Tubenmündungen
(s. S. 504) und ein Theil dieser sogenannten Nephrostomen als verwandte Bildungen
aufzufassen.
Appendices vesiculosae (Morgagnii). Fast beständig geht vom freien Rande
der Mesosalpinx, speciell von der Fimbria ovarica oder von einer anderen Fimbrie
der Tube (s. Fig. 87), eine gestielte Cyste aus, welche eine klare Flüssigkeit enthält.
Der Stiel kann 1—3 cm Länge erreichen; die Cyste hat meist den Umfang einer Erbse,
schwankt aber zwischen Linsen- bis Bohnengrösse. Ich fand, ihren Bau betreffend,
abgesehen von der Serosa, eine zarte bindegewebige Wand mit gut entwickeltem
Blutgefässsystem und ein abgeplattetes Epithel; von anderen ist Cylinderepithel oder
Flimmerepithel gefunden worden.
Gärtnerischer Kanal. Der Gärtnerische KanaH) ist der Ueberrest des
Wolff 'sehen Ganges; beim Menschen bleibt, s. vorhin S. 528, ein Theil dieses Ganges
in einzelnen Fällen als Ductus longitudinalis epoophori bestehen. Der Rest pflegt
meist vollständig zu schwinden. Indessen erhält sich, wie Beigel und Dohrn fanden
(vergl. das beim Uterus Gesagte), der Gang noch bis gegen das Ende der Foetalperiode
in der Uteruswand und in dem oberen Theile der Scheidenwand; auch bis ins untere
Ende der Scheide ist derselbe in einem Falle (s. w. u.) verfolgt worden. Der Kanal
hat ein nicht flimmerndes Cylinderepithel. - Es sind einige Fälle bekannt, in denen
er auch beim erwachsenen Weibe bestehen blieb, so zwei bei v. Recklinghausen^)
mitgetheilte Beobachtungen von K ober le. In dem einen mündete der Gang in das
Cavum uteri oberhalb des inneren Muttermundes, in dem anderen in den unteren
Theil der Scheide. Vergl. hierzu auch das Kapitel „Hodenanhänge".
1) Kossmann, R., Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie. Bd. 31. 1895.
S. 204. — Zur Pathologie der Urnierenreste des Weibes. Monatsschrift f. Geburtsk.
und Gynäkologie, herausgeg. von A. Martin und Sänger. Bd. L 1895.
2) Becker, 0., Ueber Flimmerepithelium und Flimmerbewegung im Geschlechts-
apparat der Säugethiere und des Menschen. Moleschott's Untersuchungen zur Natur-
lehre des Menschen und der Thiere. Bd. 2. 1857. S. 71.
3) Kossmann, R., Ueber accessorische Tuben und Tubenostien. Zeitschr. für
Geburtshülfe und Gynäkologie. Bd. 29, S. 253. 1894.
4) Der Gärtnerische Kanal ist von Gärtner in Kopenhagen bei der Kuh auf-
gefunden worden, und wurde der Name zunächst nur für diese Thierspecies verwendet;
er ist jetzt für die homologen Bildungen allgemein üblich geworden. Vergl. hierüber
insbesondere W. Nagel: Ueber die Gärtnerischen (Wolff'schen) Gänge beim Menschen.
Centralbl. f. Gynäkologie 1895. Nr. 2 und „Zu dem Aufsatz R. Kossmann's „Polemi-
misches etc.«, Centralbl. f. Gynäkologie 1894. Nr. 42. (Historisches und Litteratur.)
5) V. Recklinghausen, F., 1. c: Die Adenome und Cystadenome des Uterus,
S. 140 [S. 502]. — Als Litteraturnachweise für die fötalen Anhänge vergleiche man
Waldeycr, Das Becken.
530 Breites Mutterband.
Breites Mutterband (Ligamentum latum).
Das breite Mutter band ist das gemeinsame Mesenterium des Uterus
und seiner Anhänge, unter diesen insbesondere der Tuben. Zu den Anhängen
zählen wir auch das Ligamentum teres und die eben beschriebeneu fötalen Reste.
Die genannten Theile werden jedoch nicht alle vollständig" von den beiden Platten
des Ligamentum latum, welche es, wie jedes Mesenterium, hat, eingeschlossen. So fällt
beim Uterus der vaginale und der vordere supravaginale Theil aus, bei der Tube die
Höhlung des Infundibulum und der offene Rinnentheil der Fimbria ovarica, ferner
der grösste Theil des Eierstockes, der in der Uterus- und Scheidenwand liegende
Theil des Gärtnerischen Kanales, und die längste Strecke des Ligamentum teres uteri
(s. dieses).
Zwischen den beiden serösen Platten des Ligamentum latum liegen ausser-
dem noch die Gefässe und Nerven der genannten Organe, zahlreiche glatte
Muskelfasern nnd ein mehr oder minder lockeres Bindegewebe. Dieses Binde-
gewebe geht an den parietalen Anheftungsstellen des breiten Mutterbandes
(s. weiter unten) in das Parametrium und das subscröse Bindegewebe der unte-
ren und seitlichen Beckenwand über. Die glatte Muskulatur fehlt grösstentheils
in dem als Mesosalpinx bezeichneten Abschnitte des breiten Bandes.
Eine klare Vorstellung vom Ligamentum latum und dessen Theilen gewinnt
man vorweg', wenn man den Uterus aufrichtet und die beiden von seinen Seiten ab-
gehenden Flügel des breiten Mutterbandes (Alae vespertilionum autt.) durch seitliche
Streckung der Tuben entfaltet (s. Fig. 87).
Das Band zeigt sich in Gestalt einer im ganzen rundlich viereckigen
Platte (s. die rechte Seite der Figur), welche je an der linken und rechten
Seite von der Gebärmutter abgeht : Rechter und linker Hauptflügel
des Ligamentum latum. Ausser den Hauptflügeln w^erden noch verschiedene
Nebenflügel (Ailerons der Franzosen) unterschieden. Der Hauptflügel um-
fasst den zwischen Uterus, Tube und der Beckenwand ausgespannten Theil.
An ihm befinden sich als Nebenflügel der das Ligamentum ovarii und den Hilus
ovarii bekleidende Abschnitt, das Mesovarium, und eine mitunter deutlich
sich abhebende Falte, die den proximalen Theil des Ligamentum teres uteri
aufnimmt, Mesodesma teres m.; endlich eine das Ligamentum Suspen-
sorium ovarii bekleidende Falte, Mesodesma Suspensorium m.
Das Mesodesma Suspensorium, w^elclies die Vasa ovarica (spermatica in-
terna) birgt, geht aus der von Treitz (Hernia retroperitonealis Prag, 1857)
sehr gut beschriebenen Plica genitoenterica hervor, welche rechts sich
bis zum Appendix vermiformis, links zur Fossa intersigmoidea hinauferstreckt ^).
ferner: Kobelt, G. L., Der Nebeneierstock des Weibes, das längst vermisste Seiten-
stück des Neben-Hoden des Mannes entdeckt. Heidelberg, 1847. 8.— Beitel, H., Zur
Entwicklungsgeschichte des Wolff'schen Körpers beim Menschen. Centralblatt für die
mediz. Wissensch. 1878. — Dohrn, F. A. R., Die Gar tner'schen Kanäle beim Weibe.
Arch. f. Gynäkologie. Bd. 2L — Ballantyne, J.W. and Williams, J. D., The struc-
tures in the Mesosalpinx. Edinburgh, Oliver and Boyd, 1893.
1) Clado, Appendice coecal, Compt. rend. et Mem. de la Soc. de Biol. Ser. IX.
T. 2. Paris 1892 und Durand, Le ligaraent ilio-ovarien. Progr^s medical, 1895, haben
Breites Mutterband. 531
Auch die Plicae Douglasi müssen als Nebenfltigel der Ligamenta
lata angesehen werden, sowie die häufig vorkommenden von Vallin^) als
Ligamenta uterolümbalia — besser „Plicae uterolumbales —
beschriebenen, von der hinteren oberen Platte des Ligamentum latum aus-
gehenden serösen Falten, welche ziemlich parallel den Douglas'schen Falten,
jedoch höher oben im Becken zur Wirbelsäule hin verlaufen.
Durch das Mesovarium wird der Hauptfltigel in 2 Abtheilungen zerlegt:
das Mesometrium, zwischen Eierstock und Uterus, und die Mesosalpinx
zwischen Eierstock und Tube. Das Mesometrium ist der derbere und festere
Theil desHauptfltigels; er enthält zwischen seinen Platten die meisten Gefässe,
das meiste Bindegewebe und die grössere Anzahl von Muskelfasern. Die Me-
sosalpinx ist schmaler, dünner und mehr durchscheinend; in ihr liegen, wie
bemerkt, die fötalen Reste.
Jeder Hauptflügel zeigt freie und angewachsene Ränder und geht
kontinuirlich in den serösen Ueberzug des Uterus, der hinteren Scheidenwand,
der Ligamenta uterosacra, der seitlichen Beckenwand und der Harnblase über.
Ausser den Rändern muss man in der Stellung der Fig. 87 eine vordere
und eine hintere Fläche (bezw. Platte) des breiten Mutterbandes unter-
scheiden.
Die angewachsenen Ränder zerfallen in viscerale und in parie-
tale. Die visceralen befestigen sich 1) am Seitenrande der Pars supra vagi-
nalis cervicis und des Corpus uteri; hier verlaufen zwischen beiden Platten die
Vasa und Nervi uteri; 2) an dem zum Uterus gekehrten sogenannten Mesen-
terialrande der Tube bis zur Anheftungsstelle der Fimbria ovarica an das
Ovarium; hier verlaufen die Tubengefässe und Nerven.
Die Fimbria ovarica mit ihrer Rinne muss ohne Zweifel als ein in die Länge
gezogener, zur Ovarialschleimhaut überleitender Theil des Tubentricbters aufgefasst
werden; an ihr gehen beide Platten des Ligamentum latum nicht ineinander über,
bilden also keinen freien Rand, sondern führen zu den beiden Platten des Mesovarium
hin, s. w. unten.
Der parietale angewachsene Rand zerfällt in zwei Abschnitte,
in einen basalen und in einen lateralen. Der basale ruht dem Becken-
boden auf; in ihm weichen die beiden Blätter des Ligamentum latum nach
vorn und hinten auseinander, um in die Serosa des Beckenbodens überau-
gehen. Man hat die Stellen, wo die Blätter des Ligamentum latum parietal
auseinanderrücken, auch wohl als „Hilus ligamenti lati'^ bezeichnet. In
den basalen Hilus, den grösseren, treten dann von hinten und seitlich her
wohl die Treitz'sche Plica genito-enterica und, wie es scheint, ohne Kenntniss der
Treitz'schen Arbeit beschrieben. Ich stimme daher Nagel bei, wenn er, „Beiträge
zur Anatomie der weiblichen Beckenorgane", Arch. f. Gynäkologie, Bd. 53, Berlin, 1897,
meint, dass es überflüssig sei, ein besonderes Ligamentum ilio-ovarium oder gar
„Ligamentum clado" anzuführen, oder so zu benennen; das ist eben nichts anderes
als das Ligamentum Suspensorium ovarii mit seinem Bauchfell bezuge.
1) Valiin, 1. c. [S. 520].
532 Breites Mutterband.
die Vasa uterina, die Vasa utero-vaginalia und der Ureter ein; ferner
liegt in ihm der gröbste Theil des Parametrium.
Der laterale angewachsene Rand steigt an der seitlichen Becken-
wand einpor bis zu der Eintrittsstelle der Vasa ovariea; nach unten geht er
fast ohne Absatz in den basalen angewachsenen Rand des Hauptflügels, nach
oben in den angewachsenen Rand des Mesodesma Suspensorium über. Er ruht
auf dem Musculus obturator internus und setzt sich im Mesodesma Suspensorium
auf die Vasa iliaca externa und auf den Musculus psoas fort. An diesem
Rande gehen die beiden riatten des Ligamentum latum in die Bauchfellbeklei-
dung der seitlichen Beckenwand über; der zwischen ihnen befindliche Hilus
lateralis ligamenti lati nimmt die Nervi et Vasa ovarica auf; er ist weit
enger als der basale Hilus.
Man kann zwei freie Ränder des Ligamentum latum unterscheiden,
den tubaren und den tuboparietalen. Der tubare fällt mit dem freien Rande
der Tube zusammen, und an ihm gehen beide Blätter des Ligamentum latum,
ähnlich wie am freien Rande einer Dünndarmschlinge in einander über. Der
freie tuboparietale Rand erstreckt sich vom Beginne des Infundibulum tubae
zur seitlichen Beckenwand, wo er ohne Grenze in den freien Rand des Meso-
desma Suspensorium übergeht. Das Infundibulum tubae, indem es (vgl. das
vorhin Gesagte) die Serosa durchbricht, trennt die beiden freien Ränder des
Ligamentum latum, den tubaren und den tuboparietalen, die sonst ineinander
übergehen würden, von einander ab.
Ueber die Nebenfltigel sind nur wenige Bemerkungen erforderlich. Das
Mesovarium geht aus der hinteren (oberen) Platte des Hauptflügels hervor;
es zerfällt in einen medialen und lateralen Theil. Der mediale umschliesst
das Ligamentum ovarii proprium und zeigt einen freien (serösen) Rand. Der
laterale heftet sich mit seinen beiden Blättern an den Hilus des Eierstockes
an; diese Anheftungsstelle ist die Farre'sche Linie. Der Eierstock bricht hier
mit seiner Schleimhautfläche, gleich dem Infundibulum tubae, zwischen diesen
beiden Blättern in das Cavum serosum durch (s. S. 508). Lateral vom Eierstocke
setzen sich beide Blätter des Mesovarium auf die Ränder der Fimbria ovarica
und der Fimbrienglocke fort, wo sie ineinander zurücklaufen (vgl. hierzu Fig. 87).
Das Ligamentum Suspensorium ovarii ist, wie bemerkt, der Strang,
welcher von den Vasa ovarica, dem sie begleitenden Bindegewebe und glatten
Muskelfasern gebildet wird. Die ihn umschliessende Bauchfellfalte haben wir
im Interesse einer klaren Beschreibung mit einem besonderen Namen, Meso-
desma Suspensorium, aufgeführt. Beim Anziehen hebt sich das Mesodesma deut-
lich al), und man sieht dasselbe dann mitunter noch bis zum Caecum hin strei-
chen. S. das vorhin S. 5:50 Bemerkte. Es wurde erwähnt, dass sein freier
Rand in den freien tuboparietalen Rand des Hauptflügels auslaufe.
Spannt man diesen freien tuboparietalen Rand durch Erheben des Infun-
dibulum an, so sieht man ihn vom Infundibulum zur seitlichen Beckenwand
ziehen; dies hat ihm den Namen eines „Ligamentum infundibulopelvicura"
(Henle) eingetragen.
Breites Mutterband. 533
Der Abkürzung wegen ist es üblich, wie man es auch vielfach für ähnliche Bil-
dungen thut, unter dem Namen „Ligamentum Suspensorium ovarii" nicht nur dessen
bindegewebigen, muskulösen und gefässhaltigen Theil, sondern auch dessen seröse
Bekleidung, das Mesodesma, mitzuverstehen. Immerhin kann in gewissen Fällen eine
strengere Unterscheidung wünschenswert sein.
Lage des Ligamentum latum. Wir sind im Vorhergehenden von der
durch die F\g, 87 repräsentirten Vorstellung ausgegangen, dass das breite Mutter-
band vertikal entfaltet sei und dass sein Hauptflügcl somit eine vordere und
hintere Fläche zeige (letztere als die wichtigere, wegen des dort liegenden
Eierstockes und des Infundibulum, ist in Fig. 87 gezeichnet).
Denkt man sich jedoch den Uterus mit seinen Adnexen in der typischen
Lage, so ergibt sich, dass der Hauptflügel grösstentheils nahezu horizontal
im Beckenraume liegt; nur der laterale Theil der Mesosalpinx liegt, mit der Tube
aufsteigend, vertikal an der seitlichen Beckenwand und zeigt eine mediale
und laterale Fläche, während der erstere Abschnitt eine obere und untere hat.
An der Extremitas uterina ovarii findet der Uebergang aus der einen Richtung
in die andere statt.
Hierbei ist jedoch folgendes zu bemerken: an der seitliclien Beckenwand
kann man nur an der Mesosalpinx noch zwei Blätter und damit eine mediale und
laterale Fläche unterscheiden; hier aber tritt durch das früher schon erwähnte
vorhangartige Umklappen der Mesosalpinx über den Eierstock eine Umkehr der
Flächen ein, wie schon S. 517 besprochen wurde. Das Mesometrium hört als
zweiblättrige Bildung an der seitlichen Beckenwand ganz auf, indem sein
hinteres Blatt breit in die parietale Bauchfellbekleidung und in das Mesovarium
übergeht. Die Fortsetzung dieses hinteren Blattes zur Tube bildet das mediale
Blatt der Mesosalpinx, während deren laterales Blatt ohne Unterbrechung aus
dem vorderen Blatte des Mesometrium hervorgeht.
Man kann sich die Lage des Hauptflügels in aufrechter Stellung der be-
treffenden Person leicht klar machen, wenn man in Figur 87 in der durch den
Hilus ovarii gehenden Längsaxe das Papierblatt umknickt, derart, dass der die
Mesosalpinx enthaltende Theil des Blattes senkrecht aufgerichtet wird. Man kon-
statirt dann (den Eierstock hinweggedacht}, dass das hintere, in der Figur gezeichnete
Blatt des Mesometrium zum medialen Blatte der Mesosalpinx wird, das vordere Meso-
metriumblatt naturgemäss zum lateralen. Diese Lage der Mesosalpinx wird nun
durch die Bildung einer Tubenschleife und das vorhangartige Herüberfallen der
Mesosalpinx über den Eierstock in einer Weise abgeändert, die keiner weiteren Be-
schreibung bedarf.
Der f r e i e T u b 0 p a r i e t a 1 r a n d ist (s. Fig. 83) bei aufrechter Stel-
lung fast genau nach oben gerichtet.
Dieser Rand liegt in der Figur 83 zwischen den beiden Linien, welche das
Ligamentum Suspensorium ovarii und die Extremitas tubaria ovarii bezeichnen.
Die Richtung und Lage des Mesodesma ligamenti terctis und suspensorii,
ferner der Plica Douglasi und uterolumbalis bedarf nach dem vorher Gesagten
keiner besonderen Besprechung mehr.
Die Plica uterolumbalis ist leicht angedeutet in den Figg. 81 a u. 85. In
81a entspricht sie ziemlich der Vena hypogastrica ; in Fig. 85 geht sie an der Tuben-
schleife (rechte Seite der Figur) dicht vorbei.
534 Scheide, Portio vaginalis: Allgemeines.
Für das Ligamentum latum ist ausser der schon citirten Fig. 87 die Fig. 83
zu vergleichen, an welcher man den Ansatz der schmalen Mesosalpinx sehr gut von
dem breit ansetzenden Mesometrium unterscheiden kann; zu gleicher Zeit sieht man
die horizontale Lage des oberen Mesometrium-BIattes, während das untere bereits aus
dieser Lage abzuweichen beginnt. Man sieht hier ferner am Hilus basalis mesometrii
die Vasa uterina eintreten und den Ureter an der Basis entlang streichen. Endlich
kann man an den Figuren 81 a und 85 eine Vorstellung von den beiden Abtheilungen
des Ligamentum latum, der horizontalen und vertikalen, gewinnen.
Für die „pathologischen Zustände" der fötalen Reste und des Ligamentum
latum sei auf das S. 524 ff. beim Tuboovarialapparate Gesagte verwiesen.
Scheide (Vagina). Scheidenportion des Uterus (Portio vaginalis).
Allg^emeines. Form nnd Theile.
Die Scheide bildet einen von vorn nach hinten abgeplatteten, musku-
lösen, von einer Schleimhaut ausgekleideten Schlauch, welcher von der Cervix
uteri bis zur äusseren Geschlechtsspalte sich erstreckt. Man unterscheidet dem-
nach an dem Scheidenrohre ein oberes, blind am Uterus abschliessendes
Ende, S cheid eu ge wölbe, Fornix vaginae, dann das Hauptstück,
Corpus vaginae, und die Oeffnung des letzteren in den Geschlechtsspalt,
Orificium vaginae. Der Theil des Geschlechtsspaltes, in welchen das
Scheidenrohr sich öffnet, wird Scheidenvorhof, Vestibulum vaginae
genannt (s. Kapitel „Aeussere Geschlechtsorgane").
Das Scheidenrohr geht, wie bemerkt (Kap. „Uterus"), oben in die Wand
des Uterus der Art über, dass das distale Ende der Gebärmutter als Portio
vaginalis frei in die Rohrlichtung hineinragt. Hierdurch wird die Form des
oberen Scheidenabschiiittes, des Gewölbes, zu einer ringförmigen abgeändert.
Am unteren Ende tritt abermals eine Abänderung durch das Auftreten eines
vorderen und hinteren Längs wulstes ein. Dadurch gewinnt der
Querschnitt des Rohres die Gestalt eines H. — Die innere Wand der Scheide
jugendlicher Personen zeigt zahlreiche kräftig entwickelte Querfalten, R u g a e
vaginales, diese sind besonders an den beiden Längswtilsten, die deshalb
Columnae rugarum posterior et anterior genannt werden, entwickelt.
Die Wände der Scheide liegen für gewöhnlich dicht aneinander; so er-
scheint der Sagittalschnitt des Scheidenrohres, gleich dem der Gebärmutter und
der Harnröhre, als linearer Spalt, in dessen unterem Abschnitte die Rugae durch
sägeförmigeu Verlauf der Schnittlinie angedeutet sind (Fig. 91). Im oberen
Scheidenabschnitte sind, namentlich an der vorderen Wand, die Rugae schwächer
entwickelt, was wohl auf den Einfluss der mit der Scheide verwachsenen, sich
wechselnd ausdehnenden und verengernden Blase zurückzuführen ist. Auch ist
die Scheidenwand hier am dünnsten (2 mm).
Bei jungfräulichen Personen ist das Orificium vaginae durch eine haupt-
sächlich von der hinteren Scheidenwand ausgehende halbmondförmige Schleim-
hau tf alte grösstentheils verschlossen. Diese Falte, der Hymen femininus^
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Bau der Scleide.
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, ,s.,, = |ni/lilaii tak kia" l ar-raMa it k. ika l ii r ail>aiainati :
536 Scheide: Fornix vaginae, Portio vaginalis.
Die Muskulatur grenzt vorn an das lockere bindegewebige Septum vesico-
vaginale und an das feste Septum urethrovaginale, in welches sie auch einstrahlt.
Hinten grenzt sie an das Septum rectovaginale und an den Damm; in beide Theile
setzen sich die Muskelfasern fort.
In dem perivaginalen Gewebe liegt, namentlich an beiden Seiten der Scheide,
ein reich entwickelter Venenplexus; derselbe steht mit den übrigen Beckenplexus
in anastomotischer Verbindung, nach unten auch mit den Schwellkörpern der Klitoris
und des Bulbus vestibuli (Figg. 81 a und 87).
Forniz vag^lnae, Portio vagpinalis.
Indem, wie bemerkt, das distale Stück der Gebärmutter zapfenförmig in
das Scheidenrolir hineinragt und dieses Rohr rings um diesen Zapfen in die
Uteruswand tibergeht, endet die Scheidenliehtung oben mit einem geschlossenen
Ringspalte, der den Zapfen umkreist. Dies ist das Scheid engewölbe^
F 0 r n i X v a g i n a e.
Zur besseren Orientirung unterscheidet man ein hinteres, ein vorderes
und die beide verbindenden seitlichen Scheidengewölbe.
Die Axe der Cervix uteri ist schräg gegen die Axe der Vagina gestellt,
so dass die Portio vaginalis gegen die hintere Vaginalwand gerichtet ist, ein
Umstand, der bei der digitalen und Spiegehmtersuchung wohl beachtet wer-
den muss.
Wie wir schon sahen (s. Kapitel Uterus), zerfällt die Portio vaginalis
durch das Orificium externum uteri in eine vordere und hintere Lippe,
und die Scheide reicht mit ihrem Ansätze an der hinteren Lippe erheblich
höher hinauf, als an der vorderen, in die sie mitunter fast ohne Absatz über-
geht. Das blinde Ringende des Scheidengewölbes liegt somit in einer schrägen
Ebene, welche so ziemlich die Richtung des Scheidenrohres fortsetzt; also
liegt das oberste Ende dieses Rohres im Fornix posterior.
Ueberall liegen innere Fornixfläche und Portio vaginalis dicht einander
an, und es ruhen beide Muttermundslippen, sowie das Orificium externum uteri
unmittelbar auf der hinteren Scheidenwand, welche hier etwas verdickt er-
scheint und eine Art Polster für die Portio vaginalis „Por tio polst er" m.
bildet. Indem nun hier das Rectum seine winklige Biegung nach vorn nimmt,
schiebt es sich unter das Portiopolster und gibt damit der Scheide und dem
Uterus eine Stütze (s, Figg. 81, 81a und 83).
Die Portio vaginalis uteri hat bei verschiedenen Personen eine verschie-
dene Länge (s. d. Maasstabelle). Wie bemerkt, hat sie eine querelliptische
Form. Beide Lippen sind ziemlich gleich dick; die vordere ragt wegen der
schrägen Stellung tiefer hinab, ist aber wegen des niedrigeren Gewölbes kürzer
als die hintere.
Ueber alles dieses geben die ebengenannten Figuren gleichfalls Auskunft ; dann
noch Figg. 87 u. 88 c, welche das Totalbild der Portio bringen, sowie die beiden seit-
lichen Scheidengewölbe erkennen lassen.
Die Gestalt des Orificium externum uteri ist nach Lebensalter und
Funktion des Uterus verschieden. Bei Neugeborenen und im Kindesalter stellt
Scheide: Vaginalportion. Gefässe. 537
es einen Querspalt dar. Die Muttermundslippen sind dünn, mehr abgeplattet.
Mit dem Eintritte in die Pubertätszeit runden sieh die Lippen ab und auch
das Orificium nimmt eine rundliche Gestalt an, wobei es nach beiden Seiten
häufig etwas ausgezogen bleibt. Indessen habe ich bei Jungfrauen den äusseren
Muttermund öfters noch deutlich querspaltig gefunden. Die Konsistenz der Portio
wird fester^ ohne aber hart zu sein. Ihre Oberfläche ist glatt, nirgends höckrig
und uneben: so bei Nulliparae. Bei Frauen, welche geboren haben,
zeigt sich das Orificium häufig mehr in die Quere ausgedehnt, kann aber auch
eine rundliche Form beibehalten. Charakteristisch sind indessen für solche die
am Umkreise des Muttermundes befindlichen Einkerbungen, welche von Ge-
burtseinrissen herrühren. Bei starken Einkerbungen stülpen sich wohl die Lippen
etwas auswärts um, Eversio labiorum. Die Schleimhaut pflegt eine dunklere
Färbung zu zeigen; auch bemerkt man häufiger kleine Venen und die Ovula
Nabothi (vgl. hierzu die Figg. 89—90 b).
Bei gesunden Frauen sieht man häufig aus dem Orificium externum einen
länglichen oder rundlichen Faden oder Pfropfen klaren Cervikalschleimes
(Corpus mucosum, Figg, 160 u. 160a) hervorragen. Derselbe ist sehr zäh und
lässt sich kaum entfernen.
Der Bau der Portio vaginalis schliesst sich ganz an den der Scheide
an, ein Grund mehr, sie bei letzterem Organe abzuhandeln. Die beiden Mutter-
mundslippen haben eine muskulös bindegewebige Grundlage mit zahlreichen
charakteristisch angeordneten elastischen Fasern, welche im Greisenalter zu
schwinden beginnen (Dührssen)^). Diese Grundlage trägt Papillen und ein
geschichtetes Plattenepithel gleich dem der Scheide.
Der sogenannten Erosio physiologica, bei welcher sich das Flimmerepithel
aus dem Cervikalkanale hinaus auf die Muttermundsh'ppen fortsetzt — solche Stellen
erscheinen in Gestalt rother, vertiefter Streifen und Rinnen, auch kleine Drüsen
können an diesen rothen Stellen vorkommen — ist schon gedacht worden. Ungeachtet
des Namens der physiologischen Erosion kann ein solcher Zustand doch zu Störungen,
z. B. Blutungen Veranlassung geben 2). — Nach wiederholten Schwangerschaften pflegt
das Plattenepithel höher in den Cervikalkanal hinaufzusteigen.
GefUsse der Scheide.
Arterien. Für den oberen Theil der Scheide liefert der Ramus cervico-
vaginalis der A r t e r i a uterina den Hauptzufluss (vgl. Gefässe des Uterus).
Für den mittleren Abschnitt tritt die Arteria vesicalis inferior mit starken
Aesten ein; man könnte sie beim Weibe passend „Arteria vesico vaginalis" nennen. Der
untere Abschnitt wird von der Arteria haemorrhoidalis media und der
Arteria pudenda interna versorgt.
1) Dührssen, A., Beitrag zur Anatomie, Physiologie und Pathologie der Portio
vaginalis uteri. Arch. f. Gynäkologie Bd. 41.
2) Fischel, W., Beiträge zur Morphologie der Portio vaginalis uteri. Arch. f.
Gynäkol. Bd. 16. — Rüge, C, Ueber die Erosionen und das Ektropium, Zeitschr. f.
Geburtsh. und Gynäkologie Bd. 5. — Derselbe, Ueber die Erosionen an der Vaginal-
portion. Ebend. Bd. 8. — Derselbe, Zur Erosionsfrage; die FischeTsche Erosion.
Ebend. Bd. 7.
538 Scheide: Gefässe. Nerven.
Wie HyrtP) gezeigt hat, fliessen die von beiden Seiten zur Scheide tretenden
Zweige dieser Arterien, namentlich an der hinteren Scheidonwand, nicht selten zxi
einem unpaaren Stamme, Arteria azygos vaginae, zusammen.
Venen. Dass die Scheidenvenen, besonders an den Seitenwänden des Organes,
zunächst einen reichen Plexus bilden, der mit den übrigen venösen Plexus zusammen-
hängt, wurde erwähnt. Die abfliessenden Stämme verlaufen meist paarig mit den
genannten Arterien und gehen zur Vena hypogastrica.
Lymphgefässe. Nach den Injektionen von B r u h n s (1. c), welche im we-
sentlichen die Befunde Poirier's und Sappey's (l. c.) bestätigen, aber auch er-
weitern, bilden die Lymphgefässe der Scheidenschleimhaut ein sehr dichtes Netz, und
kommuniciren mit denen der Portio vaginalis, der äusseren Genitalien und der
Muskelwand der Scheide. Die abfliessenden Stämme schlagen drei Wege ein:
1) die unteren, aus der Umgebung des Orificium vaginae, sowohl unterhalb wie
oberhalb des Hymen abtretenden, hängen mit den Lymphbahnen des Labium minus
zusammen und ergiessen sich in die oberen inneren Inguinaldrüsen ; am häufigsten
ziehen die oberhalb des Hymen entsprungenen jedoch zu den Beckendrüsen, wie
es Poirier als Regel hingestellt hat. 2) Die mittleren, vom mittleren Scheiden-
bezirke abtretenden Stämme ziehen zu den Lymphoglandulae hypoga-
stricae, insbesondere regelmässig zu 1—2 Drüsen an der Abgangsstelle der Ar-
teria uterina, niedial von dieser Arteria und der Arteria hypogastrica gelegen, aber
auch zu den im Winkel zwischen Arteria iliaca externa und hypogastrica befindlichen
Drüsen (2—4 ^ Lymphoglandulae i 1 i a c a e). Die Lymphbahnen des oberen
Scheidenabschnittes gelangen, zusammen mit denen des Collum uteri, zu denselben
beiden Drüsengruppen. Eine so strenge Scheidung dieser drei Scheidengebiete
nach den regionären Drüsengruppen, wie sie Poirier aufstellt, fand Bruhns
indessen nicht. Wiederholt sah Letzterer von der hinteren Scheidenwand einen
Lymphstamm abgehen, welcher um das Rectum herum meist zu einer am Becken-
boden, aussen auf der Fascia recti gelegenen Drüse lief, in einem Falle aber auch zu
einer im Theilungs winke! der Aorta gelegenen Lymphoglandula lumbalis zog.
Auch konnte Bruhns die bemerkenswerthe Angabe Morau's^) bestätigen, dass Lymph-
stämme von der hinteren Scheidenwand zu den innerhalb der Fascia recti gele-
genen, von Gerota (1. c. S. 274 und Fig. 67) sogenannten Lymphoglandulae
ano rectales, unter Durchbohrung dieser Fascie, sich begeben. Somit könnten von
der Scheide aus auch die mit diesen Drüsen zusammenhängenden Lymphoglan-
dulae haemorrhoidales superiores und weiterhin die in Fig. 67 so bezeich-
neten Lymphoglandulae mesorectales = mesentericae inferiores inficirt
werden.
Nerven der Scheide.
Für den oberen und mittleren Theil der Scheide kommen die Nerven aus den-
selben Quellen wie die* des Uterus (s. S. 479). Für den unteren Theil tritt noch der
Nervus pudendus hinzu, von welchem sensible Zweige zum Introitus vaginae und
motorische für die gestreifte Muskulatur der Scheide geliefert werden. Wie überall
endigen die sympathischen Zweige in der glatten Muskulatur der Scheide und deren
Gefässen. Die Empfindlichkeit der Portio vaginalis und der oberen Scheidenpartien
ist unter normalen Verhältnissen gering. — Freie intraepitheliale Nervenendigungen sind
1) Hyrtl, J., Die Corrosions-Anatomie und ihre Ergebnisse. Wien, 1873, IV.
(W. Braumüller) S. 177. Taft'. XII u. XIIL
2) Morau, H., Remarques sur les vaisseaux lymphatiques des organes genitaux
de la femme et leurs anastomoses avec ceux du Rectum. Pathog^nie de la colite
muco-membraneuse. Ciermont (Oise) Daix fr^res. 1895. V. a. Compt. rend. de la So-
ci6te de Biologie. 1894 Nr. 33. p. 812.
Scheide: Richtung und Lage. 539
uns seit lang-em bekannt^). Sher rington konstatirte eine starke Kontraktion der
Scheidensphinkteren bei Reizung des 2. und 3. Sakralnerven (Macaeus rhesus): im
Gehirne liess sich ein Centrum für die Scheidenbewegung nachweisen, welches 2 mm
vor dem Analcentrum gelegen war. Bei Katzen und Hunden findet es sich an der
hinteren Grenze des Gyrus sigmoideus, medial vom Stirnende der Fissur a ans ata
Langley's2).
Richtung und Lag;e der Scheide.
Die Scheide hat ungefähr die Richtung des unteren Abschnittes der
Beckenaxe^ was insbesondere hervortritt^ wenn sie nicht zu stark gekrümmt
ist. Sie bildet mit der Horizontalen einen nach hinten offenen Winkel von
65 — 75** (Testut 1. c). Sehr häufig zeigt sich am Beginne des unteren Drittels
der Scheide eine leichte Konvexität nach vorn, die zuweilen stumpfwinklig
erscheinen kann und auf die vorhin erwähnte Richtung des Rectum zurückzu-
führen sein dürfte. In anderen Fällen ist die Richtung des Scheidenrohres
eine mehr steile oder mehr flache. Nach oben nähern sich die drei Kanäle,
Harnröhre, Rectum und Scheide, nach unten divergiren sie.
Holotopisch nimmt die Scheide die Mitte des extraserösen Becken-
raumes in dessen Führungslinie ein (s. Figg. 81 und 88 c). Fast die Hälfte
ihrer Länge oder mehr liegt unterhalb der Ebene des Beckenausganges.
Hierin sind auch die wichtigsten skeletotopischen Daten ohne weiteres
einbegriffen; dieselben sind ohnehin von minderer Wichtigkeit.
Syntopie. Vorn grenzt die Scheide, durch lockeres Bindegewebe ge-
schieden, was sich, wie wir sahen, auch noch in die Blasenuterusgrenze fort-
setzt, an einen kleinen Theil des Fundus der Blase und an die Gegend des
Trigonum vesicae. Auf dem sagittalen Durchschnitte erscheint diese lockere
vesikovaginale Bindegevvebsmasse von dreiseitiger Form, mit der
Basis zur Excavatio vesicouterina hingewendet. Je mehr man sich dieser
nähert, desto lockerer wird das Bindegewebe, je weiter nach unten zur Urethra
hin, desto fester. Die Trigonumpartie der Blase ist fester mit der Scheide
verbunden, als der Fundus vesicae; die Ablösung der Blase von der Scheide
wird also um so leichter, je weiter man nach oben kommt.
raAvlick^) hat darauf aufmerksam gemacht, dass man an der Innenfläche der
vorderen Scheidenwand ein Feld — man kann es als Area trigonalis vaginaem.
bezeichnen — zu erkennen vermöge, welches ziemlich genau dem Trigonum vesicae
entspricht. Die Basis trigoni würde an der Scheidenwand angezeigt sein durch eine
leicht nach vorn konvexe, quere Schleimhautfalte, welche ungefähr 2,5—3 cm unter-
halb des Orificium externum uteri gelegen ist, während die beiden Seitenränder durch
zwei divergirendc Falten markirt würden, die von dem oberen Ende der Columna
1) Chrsch tschon 0 witsch, Beitrag zur Kenntniss der feineren Nerven in der
Vaginalschleimhaut. Wiener akad. Sitzungsber. Math.-naturw. Klasse 1871. Bd. 63.
2) Sherrington, Journ. of Physiol. Vol. IV. p. 248.
3) Pawlick, Ueber die Sondirung der Ureteren der weiblichen Blase aus freier
Hand ohne vorbereitende Operation. Verhandl. der gy näkolog. Sektion der 54. Ver-
samml. deutscher Naturforscher und Aerzte in Salzburg, 1881. Arch. f. Gynäkologie
Bd. XVIII, S.49I. 1881.
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;j;«'L'iii vir^iiifs X X I \" ü ij ii «» r y tu i'M.'fu'ii. ij;il.\
Is Ki.pii,' voll IX'M, ur,< Ff,;iiir :iTO, l'railc <r;iii.iiO!iii<'. 3 e.:lit. T Ilf,
Scheide: Richtung und Lage, Altersveränderungen. 541
Die obere quere, von Testut (I.e.) erwähnte Falte markirte sich in den von
mir untersuchten Fällen an der Leiche kaum; doch kann man leicht die Area trigo-
nalis an den divergirenden Enden der Columna rugarum anterior abschätzen und
erkennt auch durch die Scheidenwand hindurch an einer leichten Vorwölbung die
Blase. Zur Untersuchung an der Lebenden, wo dies alles leichter zu sehen sein mag,
als an der Leiche, lässt Pawlick die Knieellenbogenlage einnehmen und wirft mit-
telst des Simon'schen Spiegelhalters Licht auf die vordere Scheidenwand.
Unterhalb der Blase liegt, in ihrer ganzen Länge durch das feste Septum
uretlirovaginale verbunden, die Harnröhre der Scheide an (Fig. 91).
Hinten stösst das hintere Scheidengewölbe in einer Länge von 1 — 1 V2 cm
an den Douglas'schen Raum; hier können also, gegebenen Falles, Dannschlingen
oder, bei Descensus tuboovarialis, Tube und Eierstock mit der Scheide in unmittel-
bare Berührung kommen. Weiter nach unten wird das Rectum, getrennt durch
das Septum recto vaginale, zum unmittelbaren Nachbar der Scheide, der es etwa
in deren Mitte, am Uebergange zwischen der Pars pelvina in die Pars perinealis
recti, am nächsten kommt. Von da ab schiebt sich die feste, auf dem Median-
schnitte dreieckige Masse des Dammes zwischen beide ein (Fig. 81a).
Seitlich finden wir oben die Gefässplexus, in deren Mitte die
Üreteren laufen. Sie füllen den auf dem Frontalschnitte dreieckigen
Raum zwischen Musculus levator ani und Vaginalwand fast vollkonnnen aus.
Die Arteria uterina tritt hier im Bereiche des Fornix vaginae lateralis an
den Uterus heran und kann sich bis auf 1 cm der Scheidenwand nähern. Auch
findet man in der seitlichen Scheidenwand am Fornix mitunter Reste der Wolff-
schen Gänge (G a r t n e r'sche Gänge) — s. vorhin Kap. Fötale Reste. — Weiter
abwärts grenzt die Scheide, ohne Verwachsung, an den Musculus levator
ani, wird dann vom Musculus trigoni urogenitalis, mit dem sie fest ver-
bunden ist, aufgenommen und schliesslich von den beiden Bulbi vestibuli
umfasst, an deren hinteren Enden noch die Glandulae vestibuläres
majores mit der Scheide in nahe Beziehung treten. Vor allem soll hier für
die Befestigung der Scheide und die Erhaltung ihrer Lage die Ver-
bindung mit dem Trigonum urogenitale, mit den übrigen Bestand-
theilen des Dammes und mit dem Septum urethrovaginale betont
werden. — Vergleiche für diese Lageverhältnisse insbesondere die Figuren
81a, 83 u. 88a; auch Fig. 87 kommt in Betracht.
Altersveränderongen.
Abgesehen von den absolut geringeren Dimensionen zeigt die Scheide im fötalen
Zustande eine Epithelialverklebung ihrer Lichtung. Relativ ist die Scheide Neuge-
borener und junger Kinder sehr lang (1 : 9 Körperlänge bei Neugeborenen — 1 : 15
beim erwachsenen Weibe. — 0. Husch ke, Sömmerrings' Eingeweidelehre, Leipzig 1844.
S. 536). Bei dem Hochstande der Blase und deren geringerem Volumen liegt die
Scheide im ersten Kindesalter auch näher an der vorderen Beckenwand. Die Rugae
vaginales sind auffallend stark auch im oberen Theile der Scheide, und haben zu-
geschärfte Kämme. Dieser Zustand erhält sich bis zum Eintritte der Geschlechtsreife,
wo mit der Vergrösserung der Scheide die Rugae sich leicht abrunden und weiter von
einander entfernen. Nach wiederholten Entbindungen verflachen sie mehr und mehr,
namentlich im oberen Theile der Scheide; auch die Columnae rugarum flachen sich ab.
542 Scheide TMaasse. Physiol. u, patliol. Bemerkungen.
Die Elasticität des Scheidenrohres vermindert sich im höheren Alter gleichfalls. Es
kann auch eine Atrophie mit Schrumpfung der Scheide eintreten.
Maasstabelle.
Mittlere Länge der Scheide Erwachsener vom Orificium vaginae bis zum
Orificium externum uteri 7 cm
Länge der vorderen Scheidenwand bis zum Fornix vaginae anterior . . 6,5 — 7,5 „
Länge der hinteren Scheidenwand bis zum Fornix posterior 8—8.5 „
Breite der leeren Scheide im Mittel 2,5 „
Tiefe des Fornix anterior 0,2—0,5 „
posterior 1-2,5 „
Länge der l*entonaealbekIeidung am Fornix posterior 1 — 2 „
Dicke der Scheidenwand 0,3—0,4 ^
Physiologrisohe Bemerkung^en.
Die Scheide dient zunächst als Kopulationsorgan des Weibes^ wobei
namentlich dem Scheideneingange noch ein Antheil an der Wolhisterregung
zukommt. Dann erfüllt das Organ die weitere Aufgabe eines Ausfiussweges für
die menstruellen Entleerungen. Endlich ist dasselbe ein Theil des Geburtskanales
und ist mit Rücksicht für diesen Umstand mit einer grossen Ausdehnungsfähig-
keit ausgestattet. Der engste Theil der Scheide ist ihr P^ingang. Hier wirken
die Carunculae hymenales^ die gestreiften Muskelringe, die beiden Bulbi vesti-
buli und schliesslich die hier am stärksten entwickelten Colunmac rugarum zur
Verengerung mit. Der bei leerer Scheide weiteste Theil liegt in der Mitte (s.
Fig. 88c); indessen kann, wie jede Geburt zeigt, der enge untere Abschnitt
dieselbe Ausdehnung erfahren wie die übrigen.
Pathologrisolie Zustände.
Die an die anatomisch-physiologischen Verhältnisse unmittelhar anschliessenden
pathologischen Veränderungen der Scheide sind in erster I-,inie die Verletzungen der-
selben und deren Folgezustände.
Die Verletzungen kommen am häufigsten bei schweren Geburten zu Stande,
nicht selten auch erst nach denselben, infolge von Druckbrand. Auch Verletzungen
beim Coitus, insbesondere Ix^i bestehendem Missverhältniss zwischen Scheide und männ-
lichem Gliede und bei Nothzucht an noch unentwickelten Personen, werden häufig genug
beobachtet. Ferner begreift sich, dass die Scheide, ihrer Lage nach, auch durch Fall
auf kantige od(U' spitzige Gegenstände leicht verletzt werden mag.
Nach frischen Verletzungen ist die starke Blutung, welche lebensgefährlich
werden kann, die wichtigste Erscheinung. Sie führt namentlich am unteren Scheiden-
abschnitte (wegen der Verbindungen mit den Bulbi vestibuli) zu der Bildung g-rosser
Blutsäcke, welche die Scheide umhüllen: Thrombus vaginae. Sie erklären sich
aus dem vorhin erwähnten grossen Gefässreichthume der Scheide und deren Um^^'ebung.
Kine weitere, wichtige und oft verhängnissvolle Folge sind die traumatischen
Kommunikationen mit den benachbarten Hohlräumen, sowie mit der serösen
Beckenhöhle. Letztere können insbesondere bei Verh'tzungen des Fornix vaginae
posterior eintreten und führen dann, wenn sie grösser sind, zu Prolapsus beweglicher
Becken- und Unterleibsorgane (Netz, Darmschlingen, Tuboovarialapparat, Uterus).
Als anatomisch mö<j;'liche Kommunikationen mit benachbarten Hohlorganen,
wenn wir von grossen, ungewöhnlichen Zerstörungen absehen, sind zu nennen: die
Harnleiter des Weibes. 543
Mastdarmscheidenfisteln, die Blasenscheidenfisteln, die Harnröhren-
scheidenfisteln und die üreterscheidenfisteln. Es kann auch zu einer ab-
normen (zweiten) Kommunikation zwischen Uteruslumen und Scheidenlumen kommen,
sowie, vom hinteren Scheidengewölbe aus, zu einer Scheidendarmfistel. — Eine
dritte Folge der Verletzungen sind narbige Verengerungen, Strik turen oder Stenosen
der Vagina, selbst vollständiger Verschluss, Occlusio vaginae s. A tresia vaginae.
Unter den Folgen der letzteren soll insbesondere die Zurückhaltung des Menstrual-
blutes erwähnt sein, die zu Haematokolpos führt.
Neubildungen der Scheide sind im ganzen selten. Polypöse Ge seh wulst-
formen kommen, wie in anderen Hohlräumen, so auch hier häufiger zur Beobachtung.
Die Neubildungen der Portio vaginalis wurden bereits besprochen.
Häufiger hingegen sind Lage Veränderungen der Scheide, entweder des
ganzen Rohres oder einer oder der anderen Wand. Es sind hier zu nennen der De-
scensus vaginae, der Prolapsus vaginae totalis et partialis und die Tn-
versio vaginae, — Bei Prolapsus vaginae kann die Scheidenwand zu einer Hülle
für einen Bruchsack werden, „Hernia vaginalis". (Kapitel „Perinealhernien".)
Von pathologischen Zuständen, die sich auf den Bau der Scheide beziehen
lassen, wäre der tuberkulösen Ulcerationen zu gedenken, die von den Lymph-
follikeln ausgehen. Die seltenen Scheidencysten müssen, falls sie epithelialer Natur
sind, auf jene wenigen Fälle von Drüsenbildungen in der Nähe des Introitus, von
denen die Rede war, oder auf Reste der Wo Iff sehen Gänge bezogen werden.
In praktischer Beziehung soll hervorgehoben sein, dass die Scheide für die ope-
rative Gynäkologie und Geburtshülfe, diagnostisch wie operativ, den weitaus wichtigsten
Weg bildet. Man kann sagen, dass in dieser Beziehung am ganzen übrigen Körper
keine zweite Stelle von gleicher Bedeutsamkc^it existirt. Zu dieser Wichtigkeit ver-
helfen der Scheide die verhältnissmässig geringen Folgen, welche bei gehöriger Ueber-
wachung chirurgische Verletzungen des Scheidenrohres haben; ferner ihre grosse
Ausdehnbarkeit und der Werth und die grosse Anzahl der Organe, zu denen sie den
Zugang ermöglicht, wenn wir auch von dem Gebiete der Geburtshülfe ganz absehen
wollen.
Schliesslich sei darauf aufmerksam gemacht, dass die grosse Ausdehnbarkeit
der Scheide zu besonderer Sorgfalt bei Ausführung einer Tamponade (Kolpeurysis,
Sänger) derselben auffordert.
Harnleiter des Weibes (Ureter feminae).
Die Theile des Harnleiters sind beim Weibe dieselben wie beim Manne;
im Baue desselben zeigen sieb kaum Verschiedenheiten: der ganze Ureter ist
durchschnittlich ein wenig kürzer, seine Hauptspindel dagegen ein wenig weiter
als beim Manne; s. die Maasstabelle S. 334 und die Angaben von G. Schwalbe
1. c. [S. 335]. Die Lagebezieliungen weisen aber wichtige Unterschiede auf.
Die erste Verschiedenheit trifft die Pars al)dominaliS; indem dieselbe
von den Vasa spermatica interna mit in das kleine Becken begleitet wird.
Nach der Kreuzung mit den Ureteren, welche unter demselben spitzen Winkel
erfolgt wie beim Manne, entfernen sich die Vasa spermatica nicht mehr weit vom Ureter,
sondern bleiben ihm auf 2^3 cm nahe. Beim Uebertritte in das kleine Becken sind
beide Theile genau durch die Breite des Eierstockes von einander getrennt, indem
die Vasa spermatica interna an den Margo mesovaricus, also an den vorderen Rand
(aufrechte Stellung) des Ovarium treten, während der Ureter an dessen hinterem Rande
entlang läuft.
544 Harnleiter des Weibes.
Die Pars pelvina zeigt dieselben Krümmungen, wie sie Seite 329 vom
Manne beschrieben sind. Die Flexura margin alis bildet indessen einen
stumpferen Winkel als beim Manne (Schwalbe).
Wir können die Pars pelvina, wie beim Manne, in eine Portio parie-
talis und visceral is scheiden, wobei wir unter letzterer denjenigen Theil
verstehen, welcher direkt der Harnblasenwand anliegt.
Da, wie wir alsbald sehen werden, der Harnleiter des Weibes noch mit anderen
Beckeneing-e weiden, speziell mit dem Uterus in Beziehung" tritt, ehe er die Blase er-
reicht, so könnte man versucht sein, eine längere Strecke desselben mit dem Namen
einer „Portio visceralis" zu belegen; doch empfiehlt es sich, dieselben Namen für die-
selben Abschnitte bei beiden Geschlechtern beizubehalten. Ohnehin Hegt der Gang
dem Uterus nirgends unmittelbar an; da, wo er der Scheide in dieser Weise an-
liegt, thut er es auch zugleich der Blase, und so haben wir dort seine Portio visce-
ralis in demselben Sinne wie beim Manne.
Auf seinem Wege von der Flexura marginalis bis zu seinem Eintritte in
die Blase kommt der Harnleiter der Reihe nach mit folgenden Theilen in
Lagebeziehung: 1) mit den Vasa iliaca externa und hypogastrica;
diese Beziehungen sind dieselben wie beim Manne (s. S. 245), 2) mit den Vasa
uterina, speciell mit der A r t e r i a u te r i na, .-5) mit dem Eierstocke,
4) mit dem Ligamentum latum und dem Ligamentum teres uteri,
5) mit den venösen Beckenplexus, 6) mit der C e r v i x u t e r i , 7) mit
der Scheide, 8) mit der hinteren B 1 a s e n w a n d. Hierzu treten 9) noch
die Beziehungen zum Rectum.
Uebersichtlich geschildert, siehe die Figuren 81 a, 83, 85 und 88 c,
kreuzt der Ureter des Weibes die Vasa iliaca externa meist unmittelbar vor
dem Abgänge der Vasa hypogastrica, läuft vor den letzteren an der seitlichen
Beckenwand herab, gegen die Extremitas tubaria des Eierstockes, zieht dann
am hinteren Eierstocksrande entlang zum Beckenboden hin, indem er die untere
Begrenzung der Fossa ovarica bildet. Nunmehr tritt er in die Basis des Liga-
mentum latum ein und zieht an der Cervix uteri vorbei nach vorn und abwärts
zur vorderen Scheidenwand, der er auf einer Strecke von 1 — 1^2 cm dicht
anliegt. Diese Strecke gehört, wie bemerkt, schon zur Portio visceralis, da hier
der Ureter auch die hintere Blascnwand unmittelbar berührt; unter einer kleinen
Wendung medianwärts tritt dann der Gang in die Blasenwand selbst ein.
Einzelheiten der Lage des Ureter anlangend, sei folgendes hervorgehoben :
Beziehungen zurArteria uterina. Die Arteria uterina tritt,
bald nach ihrem Ursprünge aus der Arteria hypogastrica, an den vorderen
Rand des Ureter, wobei sie zugleich ein wenig mehr lateralwärtS; also näher
der Beckenwand, zu finden ist. In dieser gegenseitigen Lage verbleiben beide
Theile auf einer Strecke von 4 — 5 cm, das heisst so lange, bis sie das Niveau
der Cervix uteri erreicht haben. Dort biegt die Arterie ziemlich scharf median*
wärts um, tritt unter fast rechtwinkliger Kreuzung vor dem Ureter her direkt
zum Scitenrande der Cervix uteri, während der Ureter in der bisherigen Rich-
tung seinen Weg zur Scheide fortsetzt (vgl. hierzu Figg. 51, 83 und 88 c
und S. 474).
Harnleiter des Weibes. 545
Beziehungen zu den venösen Beckenplexus und zu an-
deren Theilen der seitlichen Beckenwand. Während der Ureter
den eben besprochenen Weg mit der Arteria uterina zurücklegt, kreuzt er
noch die Vasa obturatoria (Figg. 51 u. 88 c) — der Nervus obturatorius liegt
weiter lateral wärts ab, s. Figg. 51 u. 83. — In der Gegend der Cervix uteri
tritt er mitten zwischen den Plexus venosi vesicovaginalis und utero-
vaginalis hindurch, indem der erstere lateral, der letztere medial vom Ureter
liegen bleibt (s. Fig. 51, 83 u. 88 c).
In Figur 51 ist nur der Plexus vesicovaginalis zu sehen, dieser aber in voller
Ausbildung; in Figur 83 sieht man beide Plexus; die Aeste des Plexus vesicovagi-
nalis sind jedoch nicht alle gezeichnet, und ein Theil seiner Maschen ist auseinander
gebogen, um den Ureter, der auf dieser Strecke in seiner (durch einen Längsschnitt
eröffneten) Scheide, Vagina ureterica, eingeschlossen liegt, gut sehen zu lassen.
Ueber die Ureterscheide s. S. 329. Gut tritt auch die Lage des Ureter zwischen den
beiden grossen venösen Plexus und den dazu gehörigen Arterien in Fig. 88 c hervor.
Beziehungen zum Eierstocke. Hat der Eierstock seine
typische Lage in der Fossa ovarica, so bildet der Ureter, wie bemerkt, den
unteren Begrenzungsrand dieser Fossa und läuft dem Margo liber des
Eierstockes entlang, den er aber bereits etwas oberhalb der Extremitas uterina
(ovarii) wieder verlässt. Der freie Rand des Eierstockes ruht, nur durch das
Bauchfell geschieden, dicht dem Ureter auf; ja, wenn die Fossa ovarica tief
ist, oder wenn etwa der Ureter infolge pathologischer Veränderungen stärker
vorspringt, bildet der letztere geradezu eine Unterlage für den Eierstock. In
solchen Fällen erhebt der Ureter an dieser Stelle eine kleine seröse Falte,
eine Art Mesoureterium (Plica ureterica, K. Hasse).
Bei der Tieflage des Eierstockes (s. S. 519) ändern sich die
Lagebeziehungen zwischen ihm und dem Ureter total, indem der Eierstock
nach hinten und unten vom Ureter zu liegen kommt, so dass dieser an dessen
Mesovarialrande verläuft.
Es braucht nicht besonders gesagt zu werden, dass auch das Infundi-
bulum der Tube hier dem Ureter unmittelbar nahe rücken kann, und es wurde
bereits darauf hingewiesen, dass bei den sogenannten Adnextumoren Stauungen
durch Druck auf den Ureter eintreten können. Hierfür kommt die in Rede
stehende Strecke des Ureter besonders in Betracht.
Beziehungen zur Cervix uteri, zum Ligamentum la-
tum und zum Ligamentum teres. Wie bemerkt, kreuzt der Ureter
die Cervix uteri in ihrem supravaginalen Theile, und zwar in einer ziemlich
steil verlaufenden schrägen Richtung (vgl. Fig. 51).
Man sieht in Fig. 51 mit einem schwarzen Sternchen bezeichnet die Stelle, wo
die Arteria uterina sich in den auf- und absteigenden Ast gabelt (Locus bifurcationis) ;
das ist zugleich die Kreuzungsstelle. Durch ein lateinisches Kreuz ist die Stelle des
hinteren Scheidengewölbes, durch einen runden Punkt die des vorderen markirt; so
kann man an der Figur die Lage zur Cervix leicht erkennen. Dasselbe ergibt sich
aus Fig. 83.
Von der Arterienkreuzung an nähert sich der Ureter der Cervix uteri
mehr und mehr, so dass er auf seinem Wege nach vorn dem vorderen Bezirke
Waldeyer, Das Becken. 35
546 Harnleiter des Weibes.
der Cervix näher liegt als dem hinteren. Er liegt, wie hervorgehoben wurde,
auf dieser Strecke zwischen den beiden Venenplexus.
Es muss besonders betont werden, dass dieUretcren hier, wie überhaupt
in ihrem ganzen Laufe, in lockeres Bindegewebe eingebettet liegen, und
daher leicht verschieblich sind.
Der zur Cervix uteri in Beziehung tretende Abschnitt des Harnleiters
liegt in der Basis der Ligamenta lata. Der Gang entfernt sich, in-
dem er in diese Basis eintritt, zugleich mehr und mehr vom Peritonaeuni
und gewinnt das Parametrium, in welchem er nun bis zur Einsenkung in
die Blasenwand verbleibt. Während des Laufes an der seitliehen Becken-
wand und am Ovarium liegt der Ureter dem Bauchfelle dicht an, so dass er
meist durch dasselbe hindurch ohne weiteres wahrzunehmen ist (Figg. 51,
81a, 88c). Kurz vor seinein Eintritte in die Basis des Ligamentum latum
kommt er der Excavatio rectouterina ziemlich nahe (Fig. 83).
Während seines Laufes durch diese Basis kreuzt ihn der proximale Theil des
Ligamentum uteri t e r e s, ist jedoch durch den Plexus venosus vesico-
vaginalis von ihm geschieden (s. Fig. 88 c linke Seite).
Beziehungen zur Scheide. Unmittelbar nachdem der Harn-
leiter die Cervix uteri passirt hat, kommt er zwischen Scheide und Fundus
der Harnblase zu liegen, und zwar locker eingebettet in das cervikovesikale
Bindegewebe. Er liegt hier der vorderen Scheidenwand dicht an,
ebenso der hinteren Blasenwand, da das cervikovesikale Bindegewebe nur eine
dünne Lage bildet. Beide Ureteren konvergiren auf dieser Strecke merkbar,
wie sie denn überhaupt schon, von ihrem Eintritte in die Basis ligamenti lati
an, eine Konvergenz zeigen (s. Fig. 88 b); mit einer kleinen lateralen Aus-
biegung in der Mitte dieser Strecke. Die vordere Vaginalwand erreicht der
Ureter etwa im Niveau des unteren Endes der vorderen Muttermundslippe
(tiefster Punkt der Portio) oder etwas darüber (s. Figg. 51, 83 u. 88 c).
Beziehungen zur Blase. Wir müssen, wie beim Manne, so auch
beim Weibe am Harnblasentheile des Ureter eine Portio extramuralis
und intramuralis unterscheiden. Die Portio extramuralis fällt mit dem
eben beschriebenen Scheidentheile des Ureter zusammen. Unmittelbar, bevor
der Ureter in die Blasenwand eindringt, in welche seine Scheide übergeht,
macht er, wie vorhin bemerkt, noch eine kleine Biegung medianwärts, die
sich bei gefüllter Blase mehr ausgleicht. Ueber die von der Scheide aus
wahrnehmbaren Theile der Blase und des Ureter (P a w 1 i c k) siehe Kapitel
„Scheide".
L. u. Th. Landau^) unterscheiden mit Rücksicht auf operative Zwecke an
unserer Pars pclvina des Ureter zwei Hauptabschnitte, die sie. als Pars pelvinaund
Pars vesicalis bezeichnen. Als Pars pelvina (von durchschnittlich 7 cm Länge)
nehmen sie den Theil des Harnleiters, welcher vom Eintritte in das kleine Becken bis
1) Landau, L. u. Th., Die vaginale Radicaloperation. Technik und Geschichte.
Berlin, 1896, 8.
Harnleiter des Weibes: Besondere Verhältnisse. 547
zur Basis des Ligamentum latum gelegen ist. Als Pars vesicalis benennen sie den
ganzen Rest, bis zum Eintritte in die Blase, Dieser Abschnitt würde dann gewöhn-
lich 5 cm Länge zeigen. Die Grenze zwischen ihrer Pars pelvina und ihrer Pars
vesicalis sehen sie als eine Art Punctum fixum des Ureter an, und erblicken
die Wichtigkeit der Trennung in diese beiden Abschnitte in dem Umstände, dass in
seiner Portio vesicalis, also „in einer Ausdehnung von annähernd 5 cm, der Ureter mit
der unteren, hinteren Blasenwand in so inniger straffer Verbindung sei, dass jede
Dislokation der Blase auch diese Ureterstrecke mit sich nehme". — Hierzu ist folgendes
zu bemerken: eine „innige straffe" Verbindung hat der Ureter überhaupt mit keinem
Organe, wenn wir von seiner unmittelbaren Eintrittsstelle in die Blasenwand absehen;
höchstens kann man, vergleiche das Kapitel „Ureter des Mannes*, sagen, dass er hier
und da mit dem Peritonaeum fester verbunden wäre. Wiederholt ist hier betont wor-
den, dass der Ureter eine grosse Verschieblichkeit zeige und überall locker einge-
bettet sei. Dass der Ureter auf dieser ganzen Strecke der Blase überhaupt irgendwie
anliege, trifft für die leere Blase ebenfalls nicht zu, für die volle Blase schon eher,
kaum jedoch auf der ganzen Strecke von 5 cm.
Damit soll jedoch nicht die Wichtigkeit der L an dänischen Unterscheidung der
„vesikalen Strecke" in Frage gestellt werden. Zweifellos ist es möglich, auf dem
grössten Theile dieser Strecke den Ureter zusammen mit der Blase und dem Plexus
vesicovaginalis, falls nicht grade parametrische Schwarten bestehen, leicht von der
Cervix, der Scheide und dem Plexus uterovaginalis seitwärts und nach vorn abzu-
drängen „Blasendecollement" (vgl. hierzu Fig. 83 u. 88c).
Beziehungen zum Rectum. Für diese ist auf das S. 333 Ge-
sagte beim Manne zu verweisen. Die von Faytt angegebenen Zahlen —
s. die Maasstabelle S. 548 — welche unter anderem besagen, dass die Ureteren
im Niveau ihrer Blasen-Einmündung rechts 0^5 — 1 cm, links 2 — 3 cm vom
Rectum entfernt seien, gelten sicherlich nur ausnahmsweise und können nicht
als Durchschnittsmaasse verwertet werden.
Indessen führt H o 11 (1. c.) an, dass bei gefülltem Rectum das unterhalb
der Arteria uterina gelegene Stück des rechten Ureter auf eine kurze Strecke
nahe an den Mastdarm herankomme.
Es sei wiederholt auf Fig. 84 a verwiesen, aus der das Lageverhältniss der
Ureteren zum Rectum ersichtlich ist. Man sieht hier die Harnleiter im Niveau der
Spina ischiadica zum Rectum hin medianwärts abbiegen. Diese Stelle entspricht auch
den beiden Ligamenta uterosacra. Dabei ist aber zu beachten, dass die Harnleiter,
während sie sich medianwärts dem Mastdarme nähern, nach vorn von ihm entfernen,
so dass bei Operationen am Rectum, abgesehen von besonderen Fällen, der Ureter
nicht in Gefahr kommt.
Besondere Verhältnissd.
Der linke Ureter kommt, wegen seiner grösseren Annäherung an die Mittel-
linie auch der Cervix uteri nälier. Je tiefer der Uterus steht, desto näher
rücken die Ureteren an ihn heran; namentlich kommt dies bei der vaginalen
Exstirpation des Uterus, wobei derselbe herabgezogen wird, in Betracht. Auch
ergibt sich, dass Uterus- und Scheidentumoren häufiger den Harnabfluss werden
behindern können, wenn sie sich in das linke Parametrium hinein entwickeln.
Bei F ti 11 u n g der Blase rücken beide Ureteren auseinander, ent-
fernen sich von der vorderen Beckenwand und werden gehoben.
548 Harnleiter des Weibes: Besondere Verhältnisse. Maasse.
Bei neugeborenen Kindern und jungen Mädchen, so lange die Blase
hoehsteht (s. Kapitel „Blase"), liegen, eben infolge dieses Hochstandes, die
Ureteren der vorderen Scheidenwand noch nicht so nahe an wie bei Er-
wachsenen.
Die von H o 1 1 (s. S. 328) angegebene kleine spindelförmige Erweiterung
liegt beim Weibe an der Arterienkreuzung.
Die Ureter sc beide beginnt beim Weibe ebenfalls an dieser Stelle
und erstreckt sich bis zur Harnblase (Fig. 83).
Es ist unter Umständen möglich den Ureter von der Scheide oder vom
Rectum aus zu palpiren; insbesondere haben He gar und Sänger dafür die
betreffenden Angaben gemacht^). Man suche den Ureter an der vorderen Vaginal-
wand in dem Bezirke vom oberen Ende der Columna rugarum anterior bis zum
vorderen Scheidengewölbe; für den linken Ureter nehme man die Unter-
suchung mit der linken Hand, umgekehrt mit der rechten vor. Vom Rectum
aus muss man sich nach vorn und zur seitlichen Beckenwand wenden; auch
kommen die Lagebeziehungen zum Eierstocke unter Umständen für die Auf-
findung in Betracht.
A. W. Freund und L. Joseph haben zuerst auf die Wichtigkeit der Lage-
beziehungen des Ureter zu den ßeckenorganen, insbesondere zu der Gebärmutter,
aufmerksam gemacht. Es folgten dann die Arbeiten von H.Luschka, Hasse, Holl,
Pantaloni und Hall^^).
Maasstabelle.
F a y 1 1 3) gibt für die weiblichen Harnleiter folgende Maassverhältnisse an :
Abstand beider Ureteren bei ihrem Beginne am Nierenbecken
„ „ „in der Ebene des Promontorium
„ „ „in der Höhe des 4. Sakralwirbels
„ „ „in der Höhe des Fundus uteri . .
„ in der Höhe des Isthmus uteri . .
6—9 i
7-8
6,5-9
6,8-9,5
5-6,5
1) Hegar und Kaltenbach, Die operative Gynäkologie. Erlangen, 1874 (1. Aufl.)
— Sänger, M., Ueber Tastung des Harnleiters beim Weibe. Archiv f. Gynäkologie,
ßd. 28. — Warkalla, Ueber Absperrung der Harnleiter an der Scheide zu diagno-
stischen Zwecken. Ibid. Bd. 29. 1887.
2) Ausser den Seite 335 citirten Abhandlungen vergleiche:
Freund, A. W. u. Joseph L., Ueber die Harnleitergebärmutterfistel, nebst
neuen Untersuchungen über das normale Verhalten der Harnleiter im weiblichen
Becken. Berliner klinische Wochenschrift, Bd. VI, Nr. 47. 1869. — Luschka, H. v.,
Topographie der Harnleiter des Weibes. Arch. f. Gynäkologie, Bd. III, S. 373. 1872. —
Tarenetzky, A., Topographische Beschreibung der Regio hypogastrica, Dissert.
inaug., St. Petersburg 1874 (russisch). — Holl, M., Zur Topographie des weiblichen
Harnleiters. Wiener medizinische Wochenschrift, 32. Jahrgang, Nr. 45 u. 46. 1882. —
Takahasi, S., Beiträge zur Kenntniss d. fötalen u. kindlichen Harnblase. Archiv
für Anatomie u. Physiologie, Anat, Abth., 1888, S. 35. — Hasse, K., 1. c. [S. 521]. —
Pantaloni, J. A., La portion pelvienne des ureteres chez la ferame, Thöse de Paris
1888. — Landau, L. u. Th., 1. c. [S. 547].
3) Faytt, T., 0 stosunkach topograficzynch moczowodöw do pecherza i niacicy.
(Ueber das topographische Verhältniss der Ureteren zur Blase und zum Uterus. Denk-
schriften der med. Gesellsch. in Warschau. Bd. 92, p. 111 u. 434. 1896. 5 Taf.
Aeussere weibliche Geschlechtsorgane. 549
Abstand beider Ureteren in der Höhe des Orificium externum uteri . 4—4 5 cm
„ „ „ beim Eintritte in die hintere Blasenwand . 3—4 5
„ „ Uretermündungen au der Basis trigoni vesicae . . 2 5—3
„ des linken Ureter von der Cervix uteri 0,6—2
„ „ rechten „ „ „ „ „ 2-3 „
Ich finde (s. Fig. 88b), dass unter Umständen auch der rechte Ureter näher an
die Cervix heranrücken kann.
Entfernung der Ureteren an der Arterienkreuzung vom Beckenboden 2,5—3 cm
Länge der an der vorderen Scheidenwand gelegenen Ureterstrecke . 1—1,5
Aeussere weibliche Geschlechtsorgane.
Einleitende Bemerkungen. Einzelne Theile. Nomenklatur.
Als äussere Geschlechtsorgane sind diejenigen Theile des weib-
lichen Geschlechtsapparates zu bezeichnen, welche unterhalb des Tri-
gonum urogenitale und vor der Symphyse gelegen sind. Es sind
dies, von aussen nach innen gezählt, 1) der Schaniberg, Mons pubis;
2) die grossen Schamlippen, Labia majora pudendi und die
von ihnen umschlossene Schamspalte, Rima pudendi; 3) die klei-
nen Schamlippen, Labia minora pudendi mit dem von ihnen
eingeschlossenen Scheidenvorhof e, Vestibulum vaginae; 4) der
Kitzler, Clitoris und 5) das Jungfernhäutchen (Scheiden-
klappe), Hymen femininus. Hierzu kommen noch einige Schleim-
drüsen, insbesondere die grosse Vorhofsdrtise, Glandula vesti-
bulär! s major (Bartholini) und mehrere kleine Vorhofsdrüsen,
feiTier Talgdrüsen und endlich der Seh w e 1 1 k ö r p e r des Scheiden-
vorhofes, Bulbus Vestibül i. Auch das Orificium urethrae
externum, da es in den Scheidenvorhof mündet, pflegt man hierher zu
rechnen.
Wie bei allen solchen Abgrenzungen ist es auch hier unmöglich streng zu schei-
den; so kann man die Harnröhrenmündung und den Hymen, sowie die Bulbi vestibuli
eben so gut bei den inneren Geschlechtsorganen bezw. Harnorganen abhandeln. Wichtig
ist nur, wegen des Charakters der von den verschiedenen Theilen ausgehenden Neu-
bildungen die Grenze zwischen Schleimhautgebiet und dem Gebiete der
äusseren Haut. Dieselbe läuft vorn um die Mündung des Orificium urethrae ex-
ternum herum, geht von da über die Carina urethralis (vaginae) s. w. u. hinweg
zum Scheideneingange, welchen sie derart umsäumt^ dass die Mündungen der Bar-
tholin'schen Drüsen an beiden Seiten mit einbezogen werden, s. S. 135 Anm.
Bei geschlossener Schamspalte sieht man vom Zeitpunkte der Keife des
ausgetragenen Kindes an nur den Schamberg und die grossen Schamlippen.
Es wird dies Verhalten unter den Zeichen der Geburtsreife weiblicher Früchte
aufgeführt. Bei manchen aussereuropäischen Rassen, nicht selten jedoch
auch bei Europäerinnen, ragen die kleinen Schamlippen aus der Schamspalte
hervor.
Oefters begegnet man der Meinung, dass das Hervorragen der kleinen Labien
aus der Schamspalte auf gewohnbeitsmässige Masturbation zurückzuführen wäre,
A*"?i--<';r.' W t'ihiirhr- f ,M-r!,f,.,r
•ä "''^ :'^'i!;f:: 'l-r T;;!! vr^, fi;;i-", >-> |!;jn
'•"■"■•■'^' 5'"'' -.''ii< ! hi'il UÜJ «'1|J<« !t;tl t'rf'lU In'
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-M ^1 ■.; II ; !. II ;i l. Mii.'-.-uni -.iniw. V.
Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Holotopie und Idiotopie. 551
auch eine charakteristische Form besitzen^). Häufig mag aber eine angeborene Ver-
längerung der Labia minora den Anlass zur Masturbation geben.
Will man die zu den äusseren Geschlechtsorganen gehörigen Theile als
ein Ganzes bezeichnen, so setzen die B, N. A. dafür den Ausdruck Puden-
dum muliebre fest. Indessen wird man auch den vulgärlateinischen Aus-
druck „Vulva", wegen der davon abgeleiteten und damit zusammengesetzten
Bezeichungen (Vulvitis, Vulvovaginitis u. a.), und der Kürze des Ausdruckes
halber, nicht entbehren können.
Es ist schwer, einwandsfrei zu bestimmen, was man unter Pudendum muliebre
s. Vulva verstehen soU. Diese Worte können eben so gut zur Bezeichnung dessen
dienen, was man bei geschlossener Schamspalte sieht, also nur den Mons pubis nebst
den beiden Labia majora umfassen, als auch auf die Gesamtheit der Theile, welche
bei klafiPender Schamspalte erkennbar sind, angewendet werden.
Die drei Figuren 10, 92 und 93 stellen drei verschiedene Typen weib-
licher äusserer Genitalien vor. Fig. 10 zeigt die äusseren Geschlechts-
organe eines Weibes, welches geboren hat. Wir finden einen weiten
Introitus vaginae, eine grosse Carina urethralis und Carunculae hymenales.
Die Klitoris ist klein, ihr Wulst schmal. Die, Entfernung des Orificium urethrae
vom Introitus vaginae ist eine mittlere. Das Frenulum clitoridis ist lang, ein
Frenulum nympharum und eine Commissura labiorum posterior fehlen-, die
Raphe perinei ist deutlich und gegabelt.
Figg. 92 und 93 stellen äussere Genitalien von Jungfrauen vor.
Fig. 92 zeigt eine mehr langgestreckte Gesamtform mit starker Behaarung.
Die Glans clitoridis und die Nymphen sind klein, der Klitoriswulst ist lang
und schmal. Die Urethralmündung liegt dicht am Scheideneingange. Hymen
semilunaris in typischer Form; kleines Orificium vaginae; deutliche, gegabelte
Raphe. Die in Fig. 93 gezeichneten Geschlechtstheile zeigen eine massige
Behaarung, einen breiten Klitoriswulst und eine breite Glans clitoridis. Die
Nymphen und ihr Frenulum nebst der Fossa navicularis sind kräftig entwickelt
und gross; gross ist auch die Entfernung zwischen dem Orificium urethrae und
vaginae. Es besteht ein Hymen annularis fimbriatus, und das Orificium vaginae
ist weit. Wir finden eine Commissura labiorum posterior, jedoch keine deut-
liche Raphe perinei.
Holotopie und Idiotopie der äusseren weibliohen Oesohleohtstheile.
Die Figuren 92 und 93 zeigen den grössten Theil der äusseren weib-
lichen Geschlechtsorgane in übersichtlicher Darstellung, und zwar im Besonderen
das, was man insgemein als Pudendum muliebre zu bezeichnen pflegt. Die
Figuren 77, 78,79, 81a, 83, 87 und 88 c enthalten noch die übrigen Theile
der Klitoris, die B u 1 b i v e s t i b u 1 i und speciell Fig. 77 die B a r -
tholin 'sehen Drüsen. In Figg. 92 und 93 sehen wir zunächst den Mons
1) Waldeyer, W., Ueber die Hottentottenschürze. Zeitschrift für Ethnologie
und Urgeschichte. Berlin, 1885. (Verhandlungen der Berliner anthropologischen Ge-
sellschaft, Sitzung vom 19. Dezember 1885.)
552 Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Holotopie und Idiotopie.
pubis und die beiden Labia majora. Zwischen beiden Labia majora, welche
bei starkem Haarwuchse (s. Fig, 92) völlig verdeckt sein können, kommt oben
der Klitoriswulst, Torus clitoridis, welcher von dem Prae-
putium clitoridis überkleidet ist, in Sicht. Aus der Oeflfnung des Prae-
putium ragt das vordere Ende der Glans clitoridis hervor. Nicht
immer ist indessen die Glans bei dieser Haltung der Genitalien zu sehen;
bei kleiner Eichel oder grossem Praeputium ist sie völlig verdeckt. Unten
an der Glans befestigen sich in der Mittellinie die beiden oberen Enden der
kleinen Schamlippen ; beide zusammen werden als Frenulum clitoridis
bezeichnet.
Die beiden grossen Schamlippen biegen oberhalb des Torus clitoridis in-
einander um, Commissura labiorum anterior. Sie gehen hier breit,
Extremitas anterior labii majoris pudendi, in den Mons pubis
über. Die hinteren, verschmälerten Enden, Extremitates posteriores,
verhalten sich bei den einzelnen Individuen verschieden (s. w. u.) und enden
in mehr oder minder grosser Entfernung vor dem Anus am Damme, indem sie
allmählich verstreichen; sie können aber auch bis zu beiden Seiten des Anus
nach hinten reichen (s. Figg. 92 u. 93).
Zwischen den beiden grossen Schamlippen in der Schamspalte verborgen
(s. d. vorher bemerkte) ragen wie zwei sagittal gestellte Blätter die beiden
Labia m i n o r a pudendi nach abwärts. In den beiden citirten Figuren
sind sie auseinandergelegt, und so zeigt sich deutlich die Verschmälerung ihres
oberen Endes beim üebergange in das Frenulum clitoridis, sowie ihre Verschmäle-
rung und ihr allmähliches Verstreichen an ihrem hinteren Ende, wo sie durch
eine h albmondf örmige Saumf al te^ Frenulum labiorum pudendi, in-
einander umbiegen (s. w. u.). Zwischen den Labia minora liegt der Scheiden-
vorhof, Vestibulum vaginac, ein bei auseinandergelegten Schamlippen
sich mandelförmig gestaltender Eaum, dessen breites, abgerundetes Ende nach
hinten sieht, während die vordere Spitze zwischen die beiden Blätter des Fre-
nulum clitoridis ausläuft.
Man kann als Begrenzungen des Vestibulum vaginae sein Dach und die
beiden Seiten wände unterscheiden. Das Dach wird von 6 0 e f f -
nungen durchbrochen: vorn liegt die meist längsspaltige, von einem wulsti-
gen, gekerbten Rande umgebene Oeflfnung der Harnröhre, Orificium
urethrae externum; dieselbe befindet sich am häufigsten an der
Grenze des vorderen und mittleren Drittels des Vestibulumdaches, s. Fig. 93,
kann aber auch in die Mitte rücken (Fig. 92). Links und rechts, dicht neben
ihr findet man meist die beiden kleinen OelFnungen der Ductus para-
urethrales, in Fig. 92 als zwei kleine Punkte angedeutet. Hinter ihr er-
scheint das Orificium vaginae, dessen verschiedene Gestalt bei er-
haltenem oder zerstörtem Hymen zum Theil bereits berührt wurde, zum Theil
noch genauer besprochen werden soll. Die an der vorderen Vaginalwand be-
findliche Columna rugarum anterior zieht in flachem Bogen bis zum hinteren
Rande der ürethralöffnung hin, in Form eines aus dem Orificium vaginae
liervorkoiiiiiinNirii Wulst... ihi^ :in, ikr siiikivrlilni l.irliliiii.^ .'liifjvHitc
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554 Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Skeletotopie.
punktförmiger, trichterartig" vertiefter Oeffnnngen mit leicht gerötheten Rän-
dern die Ausmündungen der Bartholin'sehen Drüsen (s. Fig. 92 an
beiden Seiten, 93 an der recliten Seite der Figur). Hinter dem Orificium
vaginac und den Mündungen der Bartholin'schen Drüsen setzt sich der Vorhof
in eine halbmondförmige, blinde Tasche fort, welche vom Frenalum labio-
rum gedeckt wird = Fossa navicularis. Bei Frauen, welche geboren
haben, ist weder ein gut ausgebildetes Frenulum noch eine Fossa navicularis
in deutlicher Ausbildung mehr zu sehen (Fig. 80). Sehr häufig reisst das Fre-
nulum bei der ersten Entbindung ein und stellt sich nicht wieder her, ohne
dass man jedoch eine deutliche Narbe wahrnimmt, oder aber dasselbe wird
so gedehnt, dass es mehr oder minder vollkommen verstrichen bleibt.
Zwischen grossen und kleinen Schamlippen findet sich jederseits eine
tiefe Rinne, Suleus interlabialis, die nach vorn, zu beiden Seiten des Torus
clitoridis, zur Commissura labiorum anterior, nach hinten gegen den Damm hin
ausläuft. (S. die Figg. 92 u. 93.)
Die diircli die Figuren 92 und 93 gewonnenen Vorstellungen von der Lage
der änsseren Genitalien werden durch die P'iguren 5], 81 a, 83 und 88 c ergänzt.
In Fig. 51 sieht man die Innenfläche der Labia majora nnd minora von der rechten
Seite her und erkennt wie weit die Labia majora die minora überragen; ferner sind
das Frenulum und das Praeputium clitoridis in ihrer Bildung^ aus den Labia minora
heraus deuth'ch zuerkennen. Dieselbe Figur zeigt (bei 38) den charakteristischen Vor-
sprung des D a m m w u 1 s t e s soAvie die hakenförmig nach abwärts gebogene Stellung
der Klitoris. Endlicli gibt sie über das Verhalten der hinteren Enden der grossen und
kleinen Labien Aufschluss.
Die relative Lage der drei Oeffnungen des Interfemineum, Harn-
röhre, Scheide und Rectum, zeigen die drei Figuren 51, 81a und 83;
am tiefsten steht die Analüifnung, am höchsten die ürethralöffnung. Die Anal-
öffnung steht fast dreimal soweit von der Vaginalöffnung ab als die ürethral-
öffnung.
Figur 81a zeigt dieselben Verhältnisse wie Figur 51, aber auf dem Median-
schnitte.
Der Frontalschnitt 88 c zeigt die fast senkrechte Stellung der inneren Flächen
der Labia majora; die beiden Labia minora waren an der Stelle des Schnittes sehr
klein. Zwischen ihnen erscheint der Scheidenvorhof, der sich nach unten in die klaf-
fende Schamspaltc fortsetzt; nach oben erkennt man die Carunculae hymena-
les, s. w. u. Zu beiden Seiten des Scheidenvorhofes sieht man die B u 1 b i vesti-
buli; lateral von ihnen, gedeckt von der Fascia perinei, erscheinen der Nervus
und die V a s a 1 a b i a 1 i a p o s t e r i o r a.
Skeletotopisch ergeben die genannten Figuren, dass das Pudendum
muliebre (im weitesten Sinne des Wortes genommen) gänzlich ausserhalb
des Beckenskeletes liegt, ebenso, wie bemerkt, auch ausserhalb des Tri-
gonum urogenitale und des Diaphragma pelvis. Mons pubis. Corpus clitoridis
und Basis der Labia majora liegen unter der Symphyse, die übrigen Theile
fallen in das Bereich des Beckenausganges. — Auf die Skeletotopie der
äusseren weiblichen Genitalien hat auch die Beckenneigung einen Einfluss,
und ^^ zwar dann, wenn die Geschlechtstheile der Neigung des knöchernen
Beckens nicht folgen. So kann es bei starker Beckenneigung kommen, dass
Grosse Schamlippen. Schamberg. 555
ein grösserer Theil des Pudendum vor der Symphyse liegt, als normal, so dass
man den Arcus pubis nocb unterhalb des Orificium externum urethrae findet.
Selbstverständlich kann aucb eine primäre Vorwärtslagerung der äusseren
Scham bei gewöhnlicher Beckenneigung dieselbe Folge haben. Bei höheren
Graden kann dies zu Störungen bei der Kohabitation^) und bei der Entbindung
führen.
Von den Lagebeziehungen der äusseren weiblichen Genitalien zu den
benachbarten grösseren Körpertheilcn: Baucliwand, Obersehenkel und Nates,
ist bereits eingangs dieses Buches (s. S. 5 — 15 und 54 — Einfluss der
Beckenneigung — ) die Rede gewesen (vgl. dazu auch Fig 54).
Grosse Schamlippen (Labia majora pudendi). Schamberg (Mons pubis).
Dem vorhin Gesagten und dem S. S. 5—15—134—139 und 143—146
schon Mitgetheilten ist bezüglich der Topographie und der unmittelbaren
Bedürfnisse der praktischen Medicin folgendes noch hinzuzufügen: Die Labia
majora messen bei 7 — 8 cm Länge 2 — 3 cm in der Breite (an ihrer Basis, d. i. der
angewachsenen Fläche), und haben in der Mitte ihrer Länge (an ihrer medialen
Wand gemessen) eine Höhe von 1,5 — 2 cm. Sic bestehen, abgesehen von der sie
bildenden Hautfalte, in ihrer hinteren Hälfte aus einem vom Damme her sich ent-
wickelnden Lager glatter Muskelfasern. Diese Lage, Tunica dartos labialis,
stellt das Homologon der Tunica dartos scrotalis dar, ist aber geringer entwickelt.
Es folgt dann eine mehr oder minder starke Lage kleinlappigeU; subkutanen
Fettgewebes. Die Mitte der Schamlippenbasis wird von einem besonderen, gross-
lappigen Fettkörper, Corpus adiposum labii majoris (S. 135, Anm.), ein-
genommen, welcher mit dem Fettkörper des Leistenkanales (s. Kapitel „rundes
Mutterband" S. 493) zusammenhängt, also dem subpcritonäalcn Fettgewebe an-
gehört. Der labiale Fettkörper ist von dem subkutanen Fettgewebe durch eine
mitunter recht deutliche elastisch-bindegewcbigc Hülle geschieden, welche ich
als Fortsetzung der Fascia crcmasterica und subcutanea des Bauches ansehe.
Eine deutliche Fortsetzung der Fascia transversalis, die erwartet werden könnte,
ist auf ihm nicht nachzuweisen. In diese Hülle geht ein Theil der Ausläufer
des Lig. teres über. Wenn der Processus vaginalis peritonaei in Form eines
Diverticulum Nuckii erhalten ist, so reicht derselbe in die Stelle hinein, den
der Fettkörper einnimmt und schiebt diesen vor sich her. Disse, I. c.
[S. 390], wies nach, dass sich inmitten der Labia majora ein fächriger Spalt-
raum injiciren lässt; derselbe muss, nach der gegebenen Beschreibung, vor dem
labialen Fettkörper gelegen sein.
DieBehaarun^ der Labia majora geht, ein wenig über den medialen {Scham-
spalten-) Rand hinweg auf die mediale (Schamspalten-) Fläche; doch sind an dieser
gewöhnlich nur noch vereinzelte kleinere Härchen zu finden. Die Behaarung der
Schenkelfläche des Labium majus ist nach Rasse und Individualität ausserordentlich
1) Schröder, C, Handbuch der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane.
Vni. Aufl.; S.525. 1887.
556 Grosse Schamlippen und Schamberg: Lage.
verschieden 1) ; für gewöhnlich ist der hintere, dünnere Theil der Labia majora schwä-
cher behaart, als der vordere. An Schweissdrüsen und (ansehnlichen) Talgdrüsen
sind die grossen Schamlippen reich. Die Schamspaltenfläche kann am besten mit der
Zone des Mundlippenrothes verglichen werden ; als eine Schleimhautfläche ist sie nicht
zu bezeichnen; etwaiger in der Schamspalte befindlicher Schleim entstammt dem
Schleimhautgebiete des Vestibulumdaches, speciell aus den Glandulae vestibuläres ma-
jores und minores.
Gefässe und Nerven. Dem S. 139 Gesagten ist noch hinzuzufügen,
dass die tiefen und oberflächlichen Venen der Labia majora Verbindungen mit dem
Plexus venosus vaginalis und haemorrhoidalis, ferner mit dem Venengebiete der
Vena saphena, obturatoria und pudenda interna, sowie mit den Venen des Li-
gamentum teres eingehen. Namentlich die tiefen Venen der grossen Labien
bilden oft einen besonderen, ansehnlichen Plexus, Plexus venosus puden-
dalis externus, um den genannten Fettkörper herum und in demselben^).
Die Lymphgefässe sind sehr zahlreich, insbesondere die der Haut, und
verhalten sich in dieser Beziehung wie die des Scrotum; sie gehen zu den
medial gelegenen oberflächlichen Leistendrüsen.
lieber die Nerven vergleiche S. 139 und Figur 46. Ihre Endigung
anlangend, so sind vereinzelte Vater'sche Körperchen beobachtet worden
(S c h w e i g g e r - S e i d e 1) ^).
Individuelle und Rassen-Verschiedenheiten. Kaum ein Theil
des weiblichen Körpers bietet so viele individuelle und Rassenverschiedenheiten dar,
wie die Labia majora und minora. Grösse, Färbung^, Behaarung, die gegenseitige
Lagerung, ob sie die Schamspalte schliessen oder mehr oder minder offen lassen u. a.
kommt hierbei in Betracht. Hierzu treten nun noch die Altersverschiedenheiten und
die durch die Geschlechtsthätigkeit bedingten Aenderungen (Menstruation, Schwanger-
schaft, Wochenbett), lieber die letzteren s. w. u.
Lagebeziehungen. Abgesehen von den bereits mitgeth eilten holo-
topischen, skeletotopischen und syntopischen Beziehungen der äusseren Ge-
schlechtstheile im ganzen sei für die grossen Schamlippen noch folgendes
bemerkt: Ihre Basis ruht auf den medianen Rändern der Adduktorenursprünge
am Schambeine; ferner stecken in ihrer Anheftungsstelle, mehr nach vorn
die kavernösen Körper, Bulbus vestibuli und Corpus cavernosum clitoridis.
Mehr nach hinten kommt unter sie das Trigonum urogenitale, der Musculus
bulbocavernosus und die Glandula vestibularis major zu liegen. Bei Ver-
grösserungen, wie sie durch Entzündungen und Abscessbildungen an der ge-
nannten Drüse bewirkt werden, wölbt die Geschwulst die mediale Wand der
grossen Schamlippen vor.
lieber den Schamberg ist dem früher S. 5 und 145 Gesagten wenig
mehr hinzuzufügen. Für operative Eingriffe ist es nicht unwichtig zu be-
1) Rot he, 1. c. [S. 145]. — Ploss-Bartels, Das Weib. 5.Aufl, Bd. I, S. 191.
2) Gussenbauer, K., Ueber das Gefässsystem der äusseren weiblichen Ge-
nitalien. Wiener akad. Sitzsber. Bd. 60. 1869.
3) S c h w e i g g e r S e i d e 1 , F., Anatomische Mittheilungen. Virchow's Arch,
f. pathol. Anat. Bd._37, S. 219. 1866.
Kleine Schamlippen. 557
merken, dass die subkutane Fettschicht, durch deren Entwicklung der Scham-
berg bedingt ist, eine Stärke von fast 1 Decimeter erreichen kann, und dass
man daher bei fettleibigen Frauen auf eine grosse Tiefe einer Operationswunde
(Laparotomie) in dieser Gegend rechnen muss; die gewöhnliche Dicke des
Fettpolsters beträgt 2—3 cm. Das Fettpolster ist von zahlreichen binde-
gewebig-elastischen Lamellen durchsetzt, welche sämtlich nach der Linea alba
konvergiren und dort mit der Bauchaponeurose zusanmienfliessen; je näher zur
Symphyse hin, desto dichter wird dies lamellöse Waben werk. Dasselbe setzt
sich nach der anderen Seite in die Cutis des Mons pubis und der Labia ma-
jora fort. Infolge dieses Strukturverhältnisses klaffen Schnittwunden dieser
Gegend stark.
lieber die Gefässe und Nerven des Mons pubis siehe Seite 138
u. Fig. 46. Die Lymphgefässe ziehen zu den oberflächlichen Leisten-
drüsen.
Kleine Schamlippen (Labia minora pndendi) i).
Die kleinen Schamlippen messen im Mittel 25—35 mm Länge bei
8 — 15 mm Höhe und 3— 5 mm Dicke. Sie zeigen zwei Flächen, von denen die
laterale der medialen Fläche der grossen Schamlippen anliegt, die mediale die
gleichnaun'ge kleine Schamlippenfläche der anderen Seite bei geschlossener
Schamspalte berührt. Von den beiden Rändern stützt sich der angewachsene
auf den Bulbus vestibuli, und geht lateralwärts in das Labium majus, median-
wärts in die Decke des Scheidenvorhofes, bezw. in die Umgebung der Harn-
röhrenmünduug und des Orificium vaginae über. Aehnlich den grossen Scham-
lippen sind auch die kleinen in ihren vorderen Abschnitten stärker ent-
wickelt. Das Verhalten zum Frenulum und Praeputium clitoridis wurde bereits
erwähnt.
Bezüglich des Baues ist hier nur anzuführen, dass das Grundgewebe der
Labia minora ein festes, an elastischen Fasern reiches Bindegewebe darstellt, mit
glatten Muskelfasern und zahlreichen weiten Venen, welche demselben den Charakter
eines erektilen Gewebes geben. In der That sind die kleinen Schamlippen einer,
namentlich bei geschlechtlicher Erregung auftretenden, erektionsähnlichen Turgescenz
fähig. Die Oberfläche führt ein geschichtetes Plattenepithel mit Papillen und zahl-
reichen kleinen Talgdrüsen, namentlich auf ihrer äusseren Seite. Sie entbehren völlig
der Haare.
Die Blutgefässe und Nerven sind bereits Seite 139 aufgezählt. Die
Nerven zeigen freie Enden im Epithel; auch sind vereinzelte Vater'sche Körper-
1) Was die Benennungen der Schamlippen anlangt, so bin ich der Meinung
R. Bergh's 1. c. i., dass es sich empfehle den Namen „Labia pudendi'' ausschliesslich
für die grossen Schamlippen zu gebrauchen, für die kleinen dagegen die Bezeichnung
des Severinus Pinaeus und van d e r S pi egh e l's „Nymphae«, „Nymphen«
beizubehalten. Abgesehen von der klaren Unterscheidung, ist es immer besser, wenn
möglich, mit einem einzigen Hauptworte auszukommen und adjektivische Zusätze zu
vermeiden. Hier wäre es besonders zu empfehlen wegen der Unterscheidung eines
Frenulum labiorum und eines Frenulum nympharum s. w. u.
558 Schamlippenkommissuren. Schamlippenbändchen. Fossa navic. Raphe perinei.
eben, Tastkörperchen (Carrard) und Endkolben, letztere unterhalb der Papillen,
gefunden worden; Genitalnervenkörperchen fehlen^).
Die Lymphgefässe sind sehr zahlreich ; sie verlaufen mit denen der Labia
major a.
Schon bei Besprechung der grossen Schamlippen wurde der vielen indivi-
duellen und Rassenverschiedenheiten auch der Labia minora gedacht. Man
wolle darüber besonders R. Bergh's Mittheilung II (L c. inf.) vergleichen. Unter allen
den individuellen Abänderungen sollen hier nur die „Verdoppelungen* der kleinen
Labien erwähnt sein, die sowohl an einer wie an beiden Seiten vorkommen. Man
kann diese Bildungen auch als „Nebenfalten^ der Labia minora, sekundäre Nymphen,
Bergh, bezeichnen.
Sohamlippenkommissuren (Commissurae labioram). Schamlippenbändchen
(Frenulum labiornm). Fcssa navicularis. Raphe perinei.
Ein Punkt in der Anatomie der äusseren weiblichen Genitalien, über wel-
chen die Meinungen der Anatomen und der Gynaekologen sehr weit ausein-
andergehen, ist die Auffassung der hier in der Ueberschrift genannten Theile.
So wird eine Commissura labiorum majorum anterior ebenso oft in Abrede ge-
stellt als anerkannt; dasselbe gilt für eine hintere Kommissur der grossen Scham-
lippen, sowie für das Frenulum labiorum (minorum).
Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass man bei einer Bildung der
grossen Schamlippen, wie sie in Fig. 10 und Fig. 92 nach der Natur ge-
zeichnet ist, von einer Commissura anterior der grossen Schamlippen in
der That sprechen kann. Auch für Figur 93 wird das noch gelten, wenn
man sich die Sehamspalte geschlossen denkt. Doch kommen Fälle vor, wo
sich oberhalb des Torus clitoridis die Rima pndendi in Form eines mehr oder
minder flachen Sulcus auf den Mons pubis hinaufzieht; dies trifft man häufig
bei wenig entwickelten Labien; dann besteht keine Commissura labiorum
anterior.
Am hinteren Ende der grossen Labien ergeben sich ebenfalls verschie-
dene Verhältnisse. Zumeist, und insbesondere in solchen Fällen, wo wir von
wohlgebildeten äusseren Genitalien sprechen können, besteht keine hintere
Konmiissur der grossen Schamlippen, sondern dieselben laufen, unter allmäh-
licher Verjüngung und unter Verlust des stärkeren Haares, bis fast zur Mitte
des Dammes, ja bis zur Analöffnung aus, wo sie sieh medianwärts in die Haut
des Perineum; lateralvvärts in die der Natcs verlieren (Figg. 81a u. 92; auch
Fig. 10 zeigt dies; jedoch erstrecken sich hier die Labia majora nur bis an
den Anfang des Dammes). Von einer hinteren Kommissur kann bei dieser
Form nicht die Rede sein.
In anderen Fällen, s. Fig. 93, zerfällt das hintere Ende der Labia ma-
jora in zwei Schenkel; der eine, mediale, geht von der unbehaarten Inncn-
1) Krause, W., Ueber die Nervenendigung in den Geschlechtsorganen. Zeitschr.
f. rationelle Medizin. Bd. 28, S. 86 — ferner Handb. d. menschl. Anat., III. Aufl. Bd. J,
S. 502 u. 523. — Webster, J. C, The nerve-endings in the labia minora and cütoris.
Edinburgh med. Journ. 1891. — Carrard, H., Beitrag zur Anatomie und Pathologie
der kleinen Labien. Zeitschr. f. Geburtshülfe und Gynäkologie. Bd. X.
Schamlippenkommissuren. Schamlippenbändchen. Fossa navic. llapho perinei. 559
fläche der grossen Schamlippen aus und fliesst mit dem der anderen Seite in der
Raphe perinei zusammen; der andere kürzere, laterale, geht von der behaarten
Partie aus und verliert sich alsbald in den Nates; hier kann man von einer
Commissura labiorum posterior sprechen.
Noch entschiedener tritt dieses bei einem Verhalten der grossen
Schandippen hervor, wie es der Figur 54 zu Grunde liegt. Hier vereinigen
sich (bei l in der Figur) die eben beschriebenen inneren Schenkel, welche m
den unbehaarten Theü der Labia majora übergehen, in einer deutlichen üeber-
gangsfalte, während die äusseren Schenkel wieder in die Natcs auslaufen.
Was man unter Frcnulum labiorum versteht, wird sehr verschieden
beantwortet, und es wird zur Klärung der Sachlage nothwcndig sein, sich über
einen bestimmten Begriff desselben zu einigen. Zur Gewinnung eines solchen
können aber nur Geschlechtstheilfe von älteren Foetus, Kindern, Jungfrauen
und Nuiliparae dienen, von letzteren nur dann, wenn sie nicht zu häufigen Ge-
schlechtsverkehr gepflogen haben. Sind bei Individuen der aufgezählten Kate-
gorien die kleinen Schamlippen gleichmässig und in solcher Länge ausgebildet,
dass sie das Orificium vaginae noch umgreifen, dann sieht man ihre hinteren
Enden durch eine zarte Brücke miteinander verbunden, hinter die der Vesti-
bularraum als kleine blinde Tasche sich fortsetzt; diese Brücke ist das Frc-
nulum labiorum, die Tasche ist die Fossa navicularis. Bei jungfräu-
lichen Personen liegt die Tasche zwischen Frcnulum und Hymen, so dass
beide Häutehen wie zwei zueinander gehörige Kulissen erscheinen (s. Figg. 92
und 93). Wenn dagegen die kleinen Schamlippen kurz sind, so dass sie
schon am Scitenrande des Orificium vaginae oder gar vor demselben sich ver-
lieren, dann fehlt, nach der eben gegebenen Definition, ein Frcnulum labio-
rum. Man kann aber ein solches künstlich herstellen, wenn man die grossen
Schamlippen stark spreizt; dann erhält man gleichfalls eine Hautbrücke; diese
verbindet jedoch die Innenflächen beider grossen Schamlippen, und bildet zu-
gleich den vorderen Rand des Dammes, den „Damm säum". Em solcher,
und zwar recht dünner Dammsaum entsteht beim Einstellen des Kindeskopfes
während der Geburt regelmässig bei Nulliparen; er ist das Objekt des Damm-
sehutzes. Ist ein Frcnulum labiorum nach der vorhin gegebenen Auffassung
vorhanden, so geht es bei der Entbindung in diesen Dammsaum tiber, und dann
ist bei normal entwickeltem Kindsköpfe ein kleiner Einriss dieser Partie kaum
zu vermeiden, während der ohne Freuulum sich bildende einfache Dannnsaum
meist geschützt werden kann. Ich theile also die Ansicht derjenigen, welche, wie
Luschka (1. c. Anat. des Beckens), Bergh, Lamb, Blacker, Savage, Bal-
lantyne, Cullingworth, Coe (11. cc. S. 571) und Nagel (1. c. S. 520) u. A.,
meinen, dass man als „Frcnulum labiorum« nur die geschilderte hintere bogen-
förmige Vereinigungsfalte der kleinen Schamlippen zu bezeichnen habe. Line
ähnliche Bildung zwischen den grossen Schamlippen wird immer erst beim Spreizen
hergestellt, oder kann dadurch so erscheinen, dass, infolge einer nicht gar sel-
tenen besonderen Entwicklung, die ursprüngliche Verbindung zwischen den
kleinen Schamlippen und ihrem Frenulum unterbrochen ist, so dass das letztere
560 Orific. urethrae externum. Duct. paraurethrales. Gl. vestibul. Habenulae tirethr.
dann als Theil der Labia majora erscheint. Mancherlei üebergangsformen
zeigen, dass dies so gedeutet werden muss; oft sind Spuren solcher Formen
vorhanden. Es gibt auch Fälle, bei denen das Labium minus nur an einer
Seite gut ausgebildet ist; man findet dann an dieser Seite einen Halbsaum als
Andeutung des Frenulum.
Dass die in Fig. 54 mit l bezeichnete Bildung nicht als Frenulum an-
gesprochen werden darf, kann wohl nicht zweifelhaft sein.
Die Raphe perinei ist für gewöhnlich nur eine schwach angedeutete
mediane Firste oder Linie; in manchen Fällen jedoch springt sie deutlich kiel-
ähnlich vor; dann pflegt sie sich vorn gabelig zu theilen unter allmählichem
Verstreichen an der Innenfläche der grossen Schamlippen (s. Fig. 10 u. 92).
lieber die Gabelung der Raphe berichtet auch B e r g h 1. c. i. IL Abhandlung.
Orlflolam urethrae ezterniiiii. Buotus paraurethrales. Olandnlae vestibalares
minores. Habennlae urethrales.
Die in der üeberschrift genannten T heile gehören dem vorderen Bezirke
des Vestibulum-Daches an. Die Urethralmündung liegt auf einem nach
vorn gerichteten rundlich -kegelförmigen Vorspnmge, der Papilla urethra-
lis; sie nimmt entweder die Mitte dieser Papille ein, oder liegt etwas nach
vorn auf derselben. Selten ist die Urethralpapille glatt; meist finden sich ver-
schiedene kleine Grübchen, Leistchen und zipfelförmige Anhänge, letztere
häufig zu zweien am hinteren Umfange der Urethralmündung vor. Die Leist-
chen und Zipfel hängen durch die OeflFnung hindurch mit den Falten der
Urethralschleimhaut zusammen.
Die Harnröhrenöffnung selbst bildet in der Mehrzahl der Fälle einen sagittalen
Spalt; häufig sind jedoch allerlei Abweichungen: Dreiecksform, Halbmond-
form, Kreuzform, Sternform ; selten ist die Oeftnung ein Querspalt. Der Durch-
messer der Mündung wechselt von Stecknadelkopfgrösse bis zu 15 Millimeter;
das gewöhnliche Maass ist 5 — 6 Millimeter^).
Die äussere Harnröhrenmündung liegt etwa 1 — 1,5 cm unterhalb der
Linie des Beckenausganges und des Arcus pubis.
Abbildungen siehe in Fig. 77 (rundliche Sternform), 92 (Zipfelchen), 93 (Halb-
mondform). Fig. 81a und 91 geben den Medianschnitt; in Fig. 51 und 83 ist die
Lage durch Punkte bezeichnet, — Wie es scheint, bestehen Rassendifferenzen in
der Gestaltung der äusseren Harnröhrenmündung; Wernich^) fand bei den Japane-
rinnen eine stark entwickelte Urethralpapille. — Individuell sehr verschieden ist der
Abstand der Harnröhrenmündung von der Scheidenmündung, s. Figg. 10, 92, 93
und S. 551.
Links und rechts auf der Harnröhrenpapille, dicht am hinteren Umfange
der Harnröhrenmündung, oder meist noch in der Lichtung der Harnröhre, an
ihrer hinteren Wand, unmittelbar oberhalb ihrer Mündung, finden sich zwei
1) R. Bergh, 1. c. Nr. HI.
2) Wernich, Gynäkogische Mittheilungen aus Japan. Arch. f. Gynäkol. Bd. X.
1876. S. 569.
Aeusscre weibl. Geschlechtsorgane: Orificium vaginae, Carina urethralis, Hymen. 5GI
etwa stecknadelkopfgrosse Oeffnungen; welche in je einen 0,5—2, höchstens
3 cm langen Gang (S. 458) führen: Urethralgänge (Schtiller 1. c.
S, 458), Ductus paraurethrales BNA.
Selten werden diese Gänge und ihre Mündungen vermisst. Sie finden
sich von der foetalen Periode an bis zum höchsten Lebensalter.
Hinter der, etwa 1 mm starke Sonden fassenden Oeflfnung werden die
Gänge meist ewas weiter; sie gehen in dem submukösen Venennetze der
Harnröhrenwand entlang, entsprechend den beiden seitlichen Längswülsten der
Schleimhaut (S c h ü 1 1 e r).
Sie stellen Ausführungsgänge grösserer schlauchförmiger Drflsenkom-
plexe dar, welche zu den Drüsen der Harnröhre gehören. Ich halte sie
für Homologa der beiden grösseren von Henle beschriebenen Prostata-
gänge des Mannes (s. S. 338), rechne also die zugehörigen Drtisenschläuche zu
den prostatischen Gebilden der weiblichen Harnröhre (s. S. 458). Zuweilen
fand 8 c h ü 1 1 e r noch einen dritten Gang in der hinteren Mittellinie zwischen
diesen beiden beschriebenen. — Die Oeffnungen der Ductus paraurethrales sind,
zum Unterschiede von den abgeschrägten, oben von einem zarten Schleimhaut-
saume begrenzten Lakunen der Harnröhrenschleimhaut (s. S. 458), von einem
kleinen ßandwulste umgeben.
Die paraurethralen Gänge sind bereits Morgagni bekannt gewesen; doch ist
erst seit der Mittheilung von Skene^) die Aufmerksamkeit der Anatomen und Prak-
tiker auf diese Bildungen gelenkt worden. — In dem Streite, welcher sich darüber
erhoben hat, ob die paraurethralen Gänge etwa Ueberreste der G a r t n e r'schen
Gänge wären (Kocks, Kossmannu. a.) muss ich mich, nach eigenen Unter-
suchungen, auf die Seite derjenigen stellen, welche wie Dohrn und W, Nagel dieses
nicht anerkennen 2).
Es sollen noch auf der Papilla urethralis mehrere kleinere Drüsen aus-
münden, Glandulae periurethrales Testut, 1. c. III. Aufl^ S. 634,
welche Letzterer auch zu den prostatischen Drüsen zählt, während Andere sie
als Schleimdrüsen aufFühren.
Die Angaben der Autoren über das Vorkommen von Schleimdrüsen im
Vestibulum überhaupt lauten sehr verschieden. Henie spricht nur von Lakunen;
im Gegensatze dazu lässt Klein (I.e. Stricker's Handbuch der Gewebelehre S.659)
schlauchförmige Schleimdrüsen mit einschichtigem Cylindercpithel unregelmässig über
die Oberfläche des Vestibulum verbreitet sein-, gedrängt indessen sollen sie am Ori-
1) Skene, Anatomy and Pathology of two important glands of the female
Urethra. Amer. Journal of obstetrics and deseases of women and children. XIII. 2. April
1880. S.265.
2) Vergleiche über die paraurethralen Gänge ausser der Schrift von K.Bergh,
loco citato III, noch Kossmann, K., Gartner'sche Gänge^ Zeitschr. f. Geburtsh.
und Gynäkologie Bd. 31, 1894. S.263; s. a. Centralbl. für Gynäkologie, 1894, Nr. 49,
S. 1249. — Nagel, W., lieber die G a r t n e r'schen (Wolf f sehen) Gänge beim Men-
schen. Ebend. 1895, und Almasoff, P.W., lieber periurethrale Drüsen beim Weibe
etc. Medizinische Sammlung, hcrausg. v. d. k. kaukasischen ärztlichen Gesellschaft.
Jahrgang27, Nr.51. Tiflis, 1890 (russisch. — Referat vonLukjanow in Schwalbe's
Jahresbericht für 1890, Bd. 19, I). Ja das söhn, J., Ueber die Gonorrhoe der para-
urethralen und präputialen Drüsengänge. Deutsche med. Wochenschr. 1890, Nr. 25. u. 26.
Waldeyer, Das Becken. *^^
662 Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Hymen.
ficium urethrae und vaginae stehen. Von vereinzelten „Schleimdrüsen** im Vcstibulum
spricht auch W. Krause. Am Orificium vaginae habe ich keine kleinere Schleim-
drüsen gefunden; es münden da nur die Glandulae vestibuläres majores s. w. u.
Mit dem Namen Haben ulae urethrales bezeichne ich zwei feine, parallel-
gestellte Längsfalten, welche sich von der ürethralmtindung in der Medianlinie bis
zur Anheftungsstelle des Frenulum clitoridis erstrecken. P o z z i i), der sie zu-
erst beschrieb, lässt sie durch ihre hellere Färbung von ihrer Umgebung sich
abheben. Er nennt sie „Bride masculine du vestibule", indem er sie für das
Rudiment des beim Weibe nicht zur Ausbildung gekommenen Schwellkörpers
der Pars anterior urethrae erklärt. Man kann mit dieser Deutung einver-
standen sein. Sie sind besonders gut bei Kindern und jungfräulichen Personen
zu sehen; nach hinten hängen sie mit dem Seitenrande des Hymen mitunter
deutlich zusammen (s. w. u. „Hymen").
Orificium vaginae. Carina urethralis, Hymen. Nachdem
die Form der Scheidenöffnung S. 535 beschrieben und auch der Carina
urethralis, welche einen Fingerzeig für die Auffindung der ürethralmündung
gewähren kann, schon gedacht worden ist, erübrigt noch den Hymen
(Hymen femininus) zu besprechen. Der Hymen ist in der Regel eine
verdünnte, faltenförmige Fortsetzung der hinteren Scheidenwand nach vorn,
wodurch das Orificium vaginae von hinten her zum grossen Theile verschlossen
wird (s. Fig. 91). Hierzu ist jedoch zu merken, dass von den beiden Flächen,
die der Hymen aufweist, der vaginalen und der vestibulären, die letztere dem
epidermoidalen Gebiete angehört; am freien Rande des Hymen geht die Schei-
denschleimhaut in das kutane Gebiet des hinteren Vestibulumabschnittes über.
Nicht in allen Fällen geht der Hymen nur vom hinteren Scheidenumfange
aus, wie es die Figg. 91 und 92 zeigen. Häufig bildet vielmehr der Hymen
einen ringförmigen Saum mit einer mehr oder minder grossen Oeffnung, ent-
weder in der Mitte oder näher dem vorderen Rande, Hymen annularis.
In anderen Fällen ist die Scheidenöffnung eines Hymen annularis nicht rund-
lich, sondern länglich und sagittal gestellt, Hymen bilobatus, oder es
bestehen zwei Oeffnungen, Hymen biperforatus. Endlich kann derselbe
zahlreiche kleinere Oeffnungen aufweisen, Hymen cribriformis, oder nur
eine einzige ganz feine, kaum sichtbare Oeffnung besitzen, Hymen micro-
perforatus, welche Fälle dann zum Hymen imperforatus überleiten
(s. w. u.). Die Kenntniss der verschiedenen Formen des Hymen und seines
Verhaltens nach gepflogenem Geschlechtsverkehr, sowie nach Entbindungen, ist
für den Gerichtsarzt und den Geburtshelfer von erheblicher Wichtigkeit. Es
müssen in dieser Beziehung insbesondere noch folgende Formen besprochen
werden: 1) der Hymen fimbriatus, 2) der Hymen imperforatus,
3) der Hymen carnosus, 4) der Hymen justo minor, 5) der Hymen
defloratus und 6) die Carunculae hymenales.
1) Pozzi, S., Sur une partieularit6 m6connue des organes genitaux externes
chez la femme. Bride masculine du vestibule. Compterendu du Congrfes p^riodique
international des Sciences m^dicales. Copenhague, 1884, T. I. Section d'anatomie, p.67.
Aenssere weibliche Geschlechtsorgane: Hymen, 563
Beim Hy men fimbria tiiS; auf den aufmerksam gemacht zu haben
Luschka's Verdienst ist, erscheint die HymenalöflFnung fein eingekerbt, $o
dass der sonst glatt verlaufende Rand in mehr oder minder zahlreiche Läpp-
chen oder Kränzen zerfällt, die den Verdacht auf stattgehabte Defloration er-
wecken können. Der Unterschied zwischen einem Hymen fimbriatus und deflo-
ratus beruht darin, dass bei dem ersteren die Einkerbungen nicht bis an den
angewachsenen Hymenrand durchgehen, und dass die Ränder sämtlicher Fransen
noch mit feinen, den Papulae filiformes der Zunge gleichenden Sekundärfad-
chen besetzt sind. Der Hymen fimbriatus ist nicht so selten; ich habe ihn
wiederholt schon bei neugeborenen Kindern beobachtet. Fig. 93 gibt das Bild
eines Hymen fimbriatus mit sehr kleinen Einkerbungen.
Der Hymen imperforatus stellt den Zustand dar, wie er vor dem
Durchbruche des Scheidenrohres in das Vestibulum bestand, ist also eine Hem-
mungsbildung. Sie gewinnt praktische Wichtigkeit dadurch, dass die Entleerung
des Menstrualflusses gehindert wird. Gewöhnlich wird sie auch erst nach dem
Eintreten der Regel entdeckt ; sie erfordert ein operatives Einschreiten. Schwie-
riger wird die Sache, wenn nur, wie erwähnt, eine sehr kleine Hymenalöflfnung
besteht, weil dann ohne genügende Entleerung blutige Ausscheidungen auftreten,
die die Diagnose erschweren können. Unter Hymen carnosus versteht
man ein Jungfernhäutchen von ungewöhnlicher Stärke und Festigkeit, so dass
es ein Begattungs-, selbst ein Entbindungshinderniss abgeben kann. Paradox
sind diejenigen Fälle, in denen ein Hymen carnosus zugleich ein microperforatus
ist, so dass bei beginnender Entbindung die winzige Hymenalöfifnung dem Unter-
sucher zuerst entgeht und die bestehende Schwangerschaft unerklärlich er-
scheint '). Die Stärke eines Hymen carnosus kann bis zu V2 ^^ erreichen. Als
in gerichtsärztlicher Beziehung nicht unwichtig muss endlich ein kleiner, wenig
ausgebildeter Hymen, Hymen justo minor, bezeichnet werden, zumal wenn
dieser noch sehr nachgiebig ist. In diesen Fällen können auch nach normal
ausgeführten Kohabitationen die Zeichen der Defloration fehlen.
Am Hymen unterscheidet man nun den freien Rand, den ange-
wachsenen Rand, den Sulcus nympho-hymenalis (m) am Um-
fange des Hymen, zwischen ihm und den Nymphen, und die Fossulae nym-
phohymenales (m), kleine blinde Grübchen, welche durch Gewebsbrücken
entstehen, die sich von den Nymphen zum Hymen hinüberspannen.
Ein normaler, wohlausgebildeter Hymen wird bei einer vollständig aus-
geführten Begattung in mehrere Läppchen zerrissen, wobei die Einrisse bis
zum angewachsenen Rande gehen können, meist aber weniger tief sind; hier-
durch entstehen die Lobuli hymenales, welche sehr wohl von den Fransen,
Fimbriae, des Hymen fimbriatus, wie von den Carunculae hymenales unterschie-
den werden müssen. Nach Verheilung der kleinen Rissstellen bilden sich die-
selben an den Lappen zu glattrandigen, etwas verdickten Rändern aus; die
1) Ahlf eld, Ueber Geburten bei nahezu verschlossenem und resistentem Hymen.
Archiv f. Geburtshilfe und Gynäkologie. Bd. XXI, S. 160. 1891.
564 Aeusscire weibliche Geschlechtsorgane: Bartholin'sche Drüse.
Lappen sind auch grösser als die Fimbrien beim Hymen fimbriatus, und darin
liegt ein weiterer Unterschied gegen den letzteren.
Bei der ersten Entbindung treten weitere Zerreissungen der noch er-
haltenen Hymenreste ein, und die Lobuli hymenales bilden sich unter der
stärkeren erlittenen Zerrung und Dehnung im Wochenbette weiter zurück, so
dass nur kleine, mehr flache oder mehr kegelförmige, warzenähnliche Gebilde,
die Carunculae hymenales, am Scheideneingange bestehen bleiben (Fig. 54).
Glandula vestibularls major (Bartholinl).
Die Bartholin'sche Drüse entspricht in allen Verhältnissen, auch in
der Form und Grösse, der Glandula bulbourethralis des Mannes. Ihre längste
Ausdehnung wird zu 12 — 15 mm, die Breitenausdehnung zu 8 — 10 mm, ihr Ge-
wicht auf 4 — 5 gr angegeben (Testut, I.e.). Hier ist noch ihre Lage zu
besprechen, über welche Fig. 77 Aufschluss gibt.
Die Drüse hat ihren Platz oberhalb der Basis des mittleren Theiles der
Labia majora zu beiden Seiten des hinteren Drittels der Scheide, etwa 1 — IV2 cm
vom Vorhofe entfernt; dort wird sie an ihrer äusseren und vorderen Partie
bedeckt, zunächst vom hinteren Umfange des Bulbus vestibuli, und dann von
dem diesen wieder deckenden Musculus bulbocavernosus. Hire tiefst gelegenen
Läppchen sind in den Musculus trigoni urogenitalis eingegraben. Der vordere
und mediale Umfang der Drüse bleibt frei; aus ihm tritt der 1 — 2 cm lange
und 2 mm dicke Ausführungsgang hervor. Derselbe läuft nach vorn und me-
dianwärts, quer hinter der Ansatzstelle der Labia minora her, falls diese sich
so weit erstrecken, und mündet in einer kleineu, mitunter trichterförmigen
OeflFnung im Sulcus nymphohymenalis, entsprechend etwa der Grenze zwischen
mittlerem und hinterem Drittel des seitlichen Scheidenumfanges oder noch etwas
weiter nach hinten (vgl. die Fig. 92 und 93). Sind Carunculae hymenales
vorhanden, so liegen die Mündungen gewöhnlich auf der Ausseuseite solcher
Karunkeln (s. Zweifel, P., „Die Krankheiten der äusseren weibl. Genitt. und
die Dammrisse^. Deutsche Chirurgie, Lief. 61, 1885). Nicht immer liegen beide
Mündungen einander genau gegenüber (s. Fig. 77). Die Gänge lassen eine
Kanüle von der Stärke einer gewöhnlichen Pravaz-Kantile leicht einführen.
Die Arterien der Drüse kommen aus der Arteria pudenda interna,
und zwar gewöhnlich aus derem Ramus bulbi vestibuli; die zahlreichen
Venen entleeren sich in die Venae pudendae internae, zum Theil aber auch
in die Venen des unteren Scheidenendes und des Bulbus vestibuli. Von den
Lymphgefässen ist noch nichts sicheres auszusagen. Die Mehrzahl der Au-
toren lassen sie zu Drüsen an der Seite des Rectum und der Scheide ziehen,
also wahrscheinlich zu den Lymphogl. hypogastricae, während Bonnet ^) als
regionäre Lymphdrüsen die Leistendrüsen angibt. Bruhns (1. c.) füllte von
den Glandulae vestibuläres aus auch die letzteren; er erklärt indessen selbst
seine Angaben nicht für einwandsfrei,
1) Bonnet, Des kystes et abc^s des glandes vulvo-vaginales. Gaz. des h6pi*
taux, 1888. p. 637.
Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Kitzler. 565
Die Nerven kommen, wie bei der Glandula bulbourethralis, vom Nervus
pudendus; über dieselben sind indessen gleichfalls noch weitere Untersuchungen
erwünscht.
Kitzler (Olltoris).
Die Klitoris stellt das Homologon der Corpora eavernosa penis ein-
schliesslich der Glans penis dar, jedoch nicht vollkommen, insofern die Glans
clitoridis die Harnröhre nicht aufnimmt.
Die beschreibende Anatomie unterscheidet an dem Organe die beiden
Crura clitoridis, aus deren Vereinigung unter dem Schambogen das Corpus
clitoridis hervorgeht. Diesem ist die Glans clitoridis vorn aufgesetzt.
Jedes Corpus clitoridis besteht aus einem Corpus cavernosum und einer
Albuginea, wie der entsprechende Theil beim Manne. Wo die beiden Crura
clitoridis zum Corpus clitoridis zusammenstossen, verschmelzen beide Albugineae
zu dem Septum corporum cavernosorum. Das ganze Gebilde ist von der
Fascia clitoridis umgeben und ausserdem durch ein Ligamentum Suspen-
sorium clitoridis an die Schamfuge befestigt. Nach der Schilderung von
Tcstut, 1. c, soll auch ein dem Ligamentum fundiforme penis (s. S. 362)
homologes Gebilde für die Klitoris vorhanden sein; dasselbe soll das Corpus
clitoridis von den Seiten her und von unten, einer Schleuderbinde gleich, um-
geben und auch mit der Hülle des Fettkörpers der Labia majora zusammen-
hängen.
Die Eichel der Klitoris hat eine mehr zugespitzte Form, wenigstens im
erschlafften Zustande; ihr Schwellgewebe ist bei weitem nicht so entwickelt,
wie beim Manne, indem viel mehr Bindegewebe vorhanden ist. Aebnlich ist
es auch mit dem kavernösen Gewebe des Corpus und der Crura clitoridis.
Die Eichel der Klitoris ist mit einer dünnen Fortsetzung der äusseren Haut
überkleidet, welche mit dem inneren Blatte des Praeputium clitoridis und mit
dem Frenulum zusammenhängt; die Verhältnisse sind hier dieselben wie beim
Manne. Nur finden sich in der Klitoriseichelhaut keine Talgdrüsen, und am
inneren Präputialblatte sind dieselben sehr spärlich (Saalfeld) i).
Die Maassverhältnisse sind, wie beim Penis, individuell sehr verschie-
den. Das Organ erreicht erst mit Eintritt der vollen Geschlechtsreife seine
definitive Grösse. Im Mittel messen die Crura 3,5— 4 cm, das Corpus 2,0—
2,5 cm, die Glans 0,5—0,6 cm. Die Dicke der Crura beträgt 0,5—0,6 cm.
Im erigirten Zustande zeigen die Crura 4,5—5 cm, das Corpus 3 cm »).
Die Lageverhältnisse für die Crura sind dieselben wie beim Penis;
nur bilden die Crura, entsprechend dem Verhalten des knöchernen Beckens beim
Weibe, einen viel flacheren Bogen mit einander. Hinten und lateral sind sie
bedeckt vom Musculus ischiocavernosus, medial grenzen sie hinten an das Tri-
1) Saalfeld, lieber die Tyson'schen Drüsen. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. 53,
S. 212. 1898.
2) Gemessen nach einem Präparate von W. Krause. Berliner anatomisches
Museum.
566 Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Kitzler.
gonum urogenitale, vorn an den Musculus bulbocavernosus, der an ihrer unteren
(vorderen Fläche) seine Sehne, fast quer zum Laufe der Crura, zu ihrer Rücken-
fläche heraufziehen lässt (s. Fig. 77). Das Corpus clitoridis knickt unter spitzem
Winkel von der Vereinigungsstelle beider Crura ab, wird alsbald vom Prae-
putium umhüllt und an der ünterfläche der Eichel durch das Frenulum fest-
gehalten, wie S. 552 erörtert wurde. Zwischen Praeputium und Eichel bleibt
der als „Saccus praeputialis clitoridis" zu bezeichnende Raum, in wel-
chem sich das Smegma clitoridis sammelt. Nach Wegnahme des Praepu-
tium und des Frenulum sieht man im Bogenwinkel der Crura clitoridis das
Ligamentum arcuatum pubis und den Tendo intercruralis (Ho 11), dahinter das
Ligamentum praeurethrale liegen. Diese Theile sind in sagittaler Richtung
unterkreuzt von den beiden vorderen Ausläufern der Bulbi vestibuli, welche am
Angulus clitoridis mit dem Kitzler in Verbindung stehen. Ferner gewahrt man
hier die Venae subcutanea clitoridis und subfascialis clitoridis nebst den Arteriae
dorsales et Nervi dorsales clitoridis in derselben Lage wie beim Penis (vgl.
Figg. 77—80 einschl.). Die Crura clitoridis liegen jederseits lateral in der
Basis der grossen Schamlippen; leicht kann man sie biossiegen, wenn man in
der Genitofemoralfurche einschneidet und die Labia majora medianwärts ver-
schiebt.
Bei der Erektion bleibt der Angulus clitoridis bestehen, und darin liegt
eine erhebliche Verschiedenheit gegenüber der Lage des erigirten Penis. Nur
wird der Klitoriswinkel etwas mehr ausgeruudet, so dass dennoch eine kleine
Erhebung und Vorwärtsstreckung stattfindet. Dies Verhalten entspricht ganz
der Bedeutung des Kitzlers, als Wollustorgan zu dienen. Augenscheinlich sind
es das Praeputium und das Frenulum clitoridis, welche die Aufrichtung verhindern.
Die Blutgefässe der Klitoris sind die homologen des Penis und ver-
halten sich in gleicher Weise; nur ist zu erwähnen, dass die unteren Klitoris-
venen sich in denvonKobelt als „Plexus intermedius" beschriebenen kleinen
Schwellkörper begeben, der im Angulus clitoridis, zwischen diesem und den
beiden Bulbi vestibuli, gelegen ist. Es wurde bereits bemerkt, dass die Venen
der Klitoris Verbindungen mit der Vena obturatoria unterhalten. — Die Lymph-
gefässe ziehen zu den oberen medialen Leistendrüsen i).
Die Nerven verhalten sich in allen Stücken wie die des Penis (vgl.
S. 218, 258 Nr. 9); nur kann man sagen, dass die Glans clitoridis 2) verhältniss-
massig nervenreicher sei als die Glans penis.
lieber die Klitoris geben, ausser den genannten Figuren, noch Auskunft
81a und 91, welche den Angulus clitoridis zeigen. In 91 ist auch der
Plexus intermedius K ob elt's zu sehen; ferner 92 und 93 (Bedeckungen der
Klitoris und Eichel).
1) Sappey, 1. c. [S. 88], S. 54.
2) S. Webster, 1. c. [S. 558], ferner die beim Penis citirte Nervenlitteratur, und
Waldeyer, W., üeber die Endigungsweise der sensiblen Nerven. Archiv für mikr.
Anat, Bd. 17, 1880; spez. S. 381. (Nach Untersuchungen von Prof. Dr. Izquierdo,
Santiago, Chile.)
Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: VorhofszwiebeL 567
Vorhoftizwiebel (Bnlbiui vestibnli).
Die Vorhofszwiebel stellt einen abgeplattet feigen- oder mandel-
förmigen Schwellkörper dar, welcher jederseits neben dem Introitus vaßlnae,
hart an der Vaginalwand gelegen ist. Es handelt sich also um ein paariges
Organ; dasselbe entspricht dem Bulbus urethrae und einem Theile des Corpus
cavernosum urethrae des Mannes, welche ja in der Baphe bulbi und den
Hemisphaeria bulbi auch die ursprünglich paarige Anlage erkennen lassen.
Die vorderen Enden beider Bulbi vestibuli konvergiren zum Klitoris-
winkel; sie fassen, wie bemerkt, zwischen sich Kobelt's intermediären
Plexus, welcher die Verbindung zwischen den Bulbi und den Schwellkörpem
der Klitoris vermittelt; auch stehen hier beide Bulbi miteinander in Verbin-
dung. Nach hinten gewinnt jeder Bulbus alsbald erheblich an Durchmesser
und zeigt ein abgerundetes Ende, welches bis an die hintere Scheidenwand
jederseits heranreicht. Beide Schwellkörper zusammen bilden somit ein das
Vestibulum und die das letztere durchsetzenden Gänge umfassendes Hufeisen,
dessen Oeffnung sich nach hinten wendet, und welches vorn etwas zugespitzt
erscheint.
Daii Gewebe des Bulbus hat, ähnlich dem Corpus spcmgiosum der männ-
lichen Urethra, weite, dünnwandige Maschenräume; seine glatten Muskelfasern
sind nur schwach entwickelt, ebenso seine Albuginea, sodass bei Füllung mit
Blut beide Körper eine deutlich dunkelbläuliche Färbung aufweisen und nur
eine elastisch- weiche Konsistenz erhalten. Sie gleichen in dieser Beziehung ganz
dem Bulbus urethrae des Mannes.
Jeder Bulbus vestibuli ruht mit seinem oberen (vorderen) Rande, etwas
schief gestellt (s. Fig. 88 c), auf dem Trigonum urogenitale. Sein unterer
Rand liegt in der Basis der grossen Schamlippen und ist etwas medianwärts
gewendet. Die medialen Ränder grenzen hinten an die seitlichen Scheiden-
wände und an die Basis der kleinen Schamlippen, vorn an die letzteren und
an die Harnröhre, schliesslich an das Frenulum clitoridis. Die laterale Fläche,
sowie ein Theil des unteren Randes, sind zunächst vom Musculus bulbocavernosus
bedeckt; auf diesen folgt lateral das Fettbindegewebe, die Nervi et Vasa la-
bialia posteriora (s. Fig. 88 c), und endlich kommt vorn das Crus clitoridis mit
dem Musculus ischiocavernosus in die Nähe — der Beziehungen^ des Bulbus zu
der Glandula vestibularis major wurde S. 564 gedacht.
Die mittlere Länge jedes Bulbus beläuft sich auf 3 — 4 cm, die Höhe
(Breite) auf 1 — 1,5 cm, die Dicke auf 0,5—1 cm (in nicht geschwelltem Zu-
stande).
Die Arterie des Bulbus vestibuli, Artcria bulbi vestibuli, ist ein
besonderer, kurzer, dicker Zweig der Arteria pudenda interna. Die Venen
stehen mit sämtlichen venösen Plexus des Beckenausganges in Verbindung, also
mit denen der Klitoris (s. vorhin), mit den Plexus der grossen und kleinen
Schamlippen, insbesondere mit den in der Basis des Frenulum clitoridis ver-
laufenden Venen, mit dem Plexus venosus vaginalis, urethralis und haemorrhoi-
dalis, mit den Venen der Glandula vestibularis major, mit den Muskelvenen,
56& Aeussere weibl. Geschlechtsorgane: Altersverschiedenheiten. Pathol. Zustände.
insbesondere denen des Trigonum, mit der Vena dorsalis clitoridis subfascialis
und mit der Vena obturatoria ^) (über letztere Verbindungen siehe Fig. 77, aus
welcher auch die Lageverhältnisse des Organes ersichtlich sind). — Die Lymph-
ge fasse der Bulbi kennen wir bis jetzt nicht.
Von Nerven sind nur sympathische Zweige bekannt, welche mit der Arterie
verlaufen; man darf sie als vasomotorische auflFassen.
Altersverschiedenheiten.
Unsere bisherige Schilderung der äusseren weiblichen Geschlechtsorgane
bezieht sich auf die geschlechtsthätige Periode im Leben des Weibes, die
menstruelle Lebenszeit. Bei gesunden Kindern sind zwar alle Theile,
namentlich oft durch starke Fettentwicklung, elastisch und von guter Konsi-
stenz; die Schwellkörper sind jedoch kaum ausgebildet, und die inneren Flä-
chen der Schamlippen, sowie die Schleimhautfiäche des Vestibulum und der
Oeflfnungen zeigen nur ein blasses Grauroth; die Behaarung fehlt.
Mit beginnender Geschlechtsthätigkeit bilden sicli vor allem die Schwell-
körper und die Labia majora aus, und es tritt ein lebhafteres Inkarnat der
Innenflächen auf; die äussere Haut wird stärker pigmentirt. — Wiederholte
Geburten können allerdings eine ErschlatFung der äusseren Geschlechtstheile,
namentlich der Labia majora bewirken; doch pflegt dies bei gesunden, normal
ernährten Frauen auch nicht einzutreten..
Nach dem Aufhören der Geschlechtsthätigkeit bilden sich die Schwell-
körper zurück, und es tritt bei mageren Personen mit weniger guter Ernährung
eine Erschlaffung, namentlich der Schamlippen ein, so dass sie welk und ge-
runzelt erscheinen. Häufig finden sich Venenerweiterungen, insbesondere an
den Labia majora. Die Glandulae vestibuläres majores pflegen gleichfalls zu
atrophiren. Bei guter Gesundheit und guter Ernährung können indessen auch
bei hochbetagten Frauen die äusseren Genitalien in dem früheren Zustande er-
halten bleiben.
Pathologische Zustände.
In erster Linie ist der Hernien zu gedenken, welche in die Labia majora
eindringen. Meistens handelt es sieh um Leistenbrüche, welche, unter Verdrän-
gung des Corpus adiposum labii, sich an dessen Platz setzen. Man unterscheidet
sie als Herniae labiales anteriores von den in die grossen Labien
eindringenden Perinealhernien , den Herniae labiales posteriores
(s. w. u.).
Bezüglich der Verletzungen ist bei der reichlichen Vaskularisation an
die Gefahr starker Blutungen zu erinnern. Im Gebiete der Labia majora führen
sie, namentlich im Anschlüsse an schwere Geburten, zu grossen Haematomen,
Die entzündlichen Affektionen der Vulva müssen schon aus dem
Grunde eine ausserordentliche Mannigfaltigkeit darbieten, als hier sowohl Haut-
strukturen mit Schleimhautstrukturen, stark behaarte Stellen mit haarlosen,
1) Gussenbauer I. c. [S. 556].
Aeussere weibliche Geschlechtsorgane: Pathologische Zustände, 569
drüsenreiche mit drüsenarmen zusammenkommen, ferner die kavernösen Körper
und die grosse Vorhofsdrüse in Rechnung zu bringen sind. Abgesehen von der
Verscliiedenheit der anatomischen Unterlagen, ist hier noch mit der grossen Mannig-
faltigkeit der ursächlichen Momente zu rechnen. Zu den von aussen hinantretenden
traumatischen, parasitären und infektiösen Einflüssen gesellen sich die Einflüsse,
welche durch das Geschlechtsleben gesetzt werden; dazu kommt noch die Nach-
barschaft von Rectum und Harnapparat.
Nur einige wenige Formen, welche mit den anatomischen Daten unmittel-
bare Beziehungen haben, können hier kurz angeführt werden. Wir rechnen
hierher das 0 e d e m , die Gangrän (N o m a) , die P u r u n k u 1 o s i s und
die Entzündung und A b s c e d i r u n g der Glandulae vestibuläres
m a j 0 r e s ; andere, namentlich die Haut betreffende Veränderungen sind bereits
S. 146 flf. erwähnt worden.
Das 0 e d e m der Labia majora ist entweder Theilerscheinung eines all-
gemeinen hydropischen Zustandcs und pflegt dann, gerade wie das Oedema
scroti, mit am frühesten aufzutreten und manchmal einen enormen Umfang zu
erreichen, oder es ist lokalisirt. Das letztere beansprucht eine grosse diagno-
stische Wichtigkeit, da es' eines der ersten Zeichen selbst geringer, versteckt
und entfernt liegender entzündlicher Affektionen, inbesondere des übrigen
Genitalapparates, aber auch der Harnblase und der Harnröhre darstellt. Für
alles dieses bieten die eigenthümlichen Zirkulationsverhältnisse, insonderheit die
ausgiebige Verbindung der labialen Venen mit sämtlichen Beckenplexus, die
reichliche Entwicklung des Lymphgefässsystemes und die lockere Beschaffenheit
des Grundgewebes der Labia majora Anhaltspunkte der Erklärung; dieselben
Momente können für die häufigen gangränösen Zustände mit heran-
gezogen werden. Organe mit reichen Venen- und Lymphgefässplexus und nach-
giebigem, weichen Grundgewebe, wenn sie, wie z. B. bei schweren Geburten,
einem lange anhaltenden Drucke ausgesetzt werden, fallen leicht der brandigen
Zerstörung anheim. Dasselbe gilt auch, wenn es zu einer infektiösen Throm-
bose kommt, welcher Zustand durch die plexiforme venöse Vaskularisation be-
günstigt wird.
Dass für unk u löse Entzündungen nicht gar selten sind, erklärt
sich aus dem Vorhandensein tiefsitzender Haarbälge und grosser Talgdrüsen,
zusammengehalten mit den vorhin erwähnten ätiologischen Momenten.
Unter den pathologischen Zuständen der B ar tholin'schen
Drüse ist der gonorrhoische Abscess als der häufigste bekannt; ferner kommen
nicht selten Cysten vor. Alle Anschwellungen dieser Drüsen werden in der
Basis der grossen Schamlippen gefühlt, verursachen Oedem derselben und eine
Vortreibung an deren medialer Fläche.
Die Neubildungen sind aus denselben Gründen, wie die Entzündungen,
äusserst mannigfaltiger Art. Dass die spitzen Kondylomformen häufig
sind, hängt wohl mit der reichen Entwicklung von Papillen der betreffenden
Hautgebiete zusanmien. Nicht selten sind auch Krebsgeschwülste, die von
den verschiedensten Abschnitten der äusseren weiblichen Geschlechtsorgane
570 Aeussere weibliche Geschlechtsorg-ane: Dammrisse. Vag-inismus.
ihren Ursprung nehmen können. Dass die Neubildungen gern in der Polypen-
gestalt auftreten, beruht wiederum auf Form- und Lagerungsverhältnissen der
in Rede stehenden Organe.
Dammrisse. Es wurde vorhin erwähnt, dass beim Andrängen des
Kindeskopfes der Damm sieh stark vorwölbe, verdünne und zum Kindeskopfe
hin in einen feinen Saum, „Dammsaum" auslaufe, den es beim Durchschneiden
des Kopfes zu schützen gilt. Ferner wurde gesagt, dass in den Fällen, wo
ein'Frenulum labiorum besteht, dieses bei so starker Dehnung in den Daram-
saura aufgehe und nur in seltenen Fällen vor dem Einreissen bewahrt werden
könne. Einen solchen leichten Einriss bezeichnet man jedoch nicht als „Damni-
riss".
Für die Beurtheilung der Dammrisse kommt es darauf an, ob die Verletzung
nur die Haut und das subkutane Gewebe betrifft, oder ob auch der eigentliche
Körper des Dammes, perineal body der Engländer, mit seiner Muskulatur
und dem Centrum perineale mit inbegriffen ist; ferner, ob der Riss die Schleira-
hautrohre der Scheide und des Rectum trifft, entweder eines oder beide, oder
ob er nur vom Introitus vaginae ausgeht und vor dem After halt macht. Diese
Arten der Dammrisse ergeben sich aus den anatomischen Verhältnissen unmittel-
bar und sind die häufigst vorkommenden; der seltenen centralen Dammrisse
wurde S. 421 gedacht. — Es ist leicht erklärlich, dass die Dammrisse am
häufigsten bei schweren Entbindungen zustande kommen und dass sie weit
häufiger bei Erst- als bei Mehrgebärenden sich einstellen. Sonst kommen sie
noch iufolge eines Falles auf kantige oder spitzige Gegenstände vor.
Jeder Dammriss, der das Centrum perineale zerstört, hat als eine ernste
Verletzung zu gelten, indem dadurch ein wichtiger ünterstützungspunkt für die
Scheide und das Rectum in Wegfall gerathen ist. — Für die operative Be-
handlung der Danmirisse kommt es demnach vor allem darauf an, wieder einen
möglichst breiten Damm mit guter fester Vernarbung zu gewinnen; der Opera-
teur hat darnach in jedem einzelnen Falle sein Verfahren einzurichten.
Wir haben schliesslich noch den Muskelapparat zu besprechen, welcher bei
dem so quälenden Zustande des Vaginismus in Aktion tritt. Handelt es
sich um eine Zusammenschnürung des Scheideneinganges, wie sie bei gesteigerter
Reflexthätigkeit, selbst ohne pathologisch erhöhte Empfindlichkeit der das Vesti-
bulum und den Scheideneingang umgebenden Theile, vorkommt, so treten der
Bulbocavernosus, der Musculus trigoni urogenitalis und der Levator ani in Thä-
tigkeit. Letzterer umfasst die Scheide von beiden Seiten und kann sonach, ob-
wohl er nicht an ihre Wandungen inserirt, dieselbe kräftig zusammenpressen,
worauf insbesondere Hildebrandt ^) aufmerksam gemacht hat. Ausserdem
ist der Levator ani der stärkste der hier in Betracht kommenden Muskeln;
natürlich wird er von den beiden andern genannten Muskeln unterstützt. Bei
den Fällen von schwerem Vaginismus hingegen, wobei zu der gesteigerten
1) Hildebrandt, Ueber Krampf des Levator ani boim Coitus. Archiv für Gy-
näkologie. Bd. in. S. 221. 1872.
Venöse Beckenplexus des Weibes. 57I
Eeflexthätigkeit noch eine äusserst schmerzhafte Empfindlichkeit des Haut-
und Schleimhautgebietes der äusseren Genitalien kommt, werden allgemeine,
zum Theil sehr starke und anhaltende Krämpfe der gesamten Muskulatur des
Beckenausganges ausgelöst ^).
Venöse Beckenplexus des Weibes.
Die venösen Beckenplexus des Weibes bedürfen noch einer kurzen zu-
sammenhängenden Darstellung; eine solche konnte erst jetzt, nach Besprechung
der sämtlichen Weichtheile, mit denen sie verknüpft sind, gegeben werden. Die-
selben sind etwas komplicirter gestaltet als die des Mannes, s. S. 216, woselbst
schon derjenigen Plexus des Weibes, welche denen des Mannes entsprechen,
gedacht wurde. Beim Weibe haben wir:
1) den Plexus pudendalis,
2) „ Plexus vesicovaginalis,
3) „ Plexus uterovaginalis,
4) „ Plexus pudendolabialis,
5) „ Plexus haemorrhoidalis,
6) „ Plexus sacralis anterior,
7) „ Plexus pampiniformis.
lieber den Plexus pudendalis gilt das S. 216 Gesagte. Ich will hier
darauf aufmerksam machen 2), dass wenn auch dieser Plexus bei der ersten
Betrachtung als ein unpaarer erscheint, wozu insbesondere der Zutritt der un-
paaren Vena dorsalis clitoridis (penis) Veranlassung gibt, sich doch im Grunde
ein paariger Charakter nicht verkennen lässt. Häufig sieht man die genannte
Vene während ihres Laufes unter der Symphyse sich gabiig theilen und findet
in der Mitte nur eine geringe Anzahl Venenstämmchen von der Blase, der
1) Ueber die äusseren weiblichen Geschlechtsorgane sind noch zu vergleichen:
Ballantyne, J. W., The labia minora and hymen. Edinb. med. Journ., 34. Bd,, 1889.—
Bergh, R, Symbolae ad cognitionem genitalium externorum foemineorum. I. II. IIL
Monatshefte für praktische Dermatologie^ redig. von P. G. Unna. Bd. XIX, 1894 (I). —
Ibid. Bd. XXIV, 1897. II und III. (Mit reicher Litteratur.) — Black er, G. R,
Some observations of the topographical anatomy of the Fourchette. The Journ. of
anat. and phys. cond. by Humphry, Turner u. M'Kendrick, Vol.XXX, p. 283. 1896. —
Bischoff, Th. L. W., Vergleichend anatomische Untersuchungen über die äusseren
weiblichen Geschlechts- und Begattungsorgane des Menschen und der Aflfen, insbeson-
dere der Anthropoiden. Abhandlungen der K. Bayerischen Akad. d. Wiss. II. Abth.
Bd. 13, S. 207. München 1880. — Cullingworth, cit. bei Blacker Coe, cit. bei
Blacker. — Lamb, D. S., The female external genital organs a criticisra on current
anatomical description. New York Journ. of Gynaecology and obstetrics, August
1894. — Sa vage, H., The surgery and surgical anatomy of the female pelvic organs.
London 1882 (Hauptwerk). — Zweifel, P., Die Krankheiten der äusseren weiblichen
Genitalien und die Dammrisse. Deutsche Chirurgie, Lief. 61. Stuttgart, 1885.
2) Waldeyer, W., in Langenbuch, K., Die Sectio alta subpubica (cit. S. 341).
^^^ Venöse Beckenplexus des Weibes.
Symphyse und der Harnröhre zu einem kleinen unpaaren Geflechte zusammen-
treten, welches aber nach beiden Seiten mit der gegabelten Vena dorsalis sich
in die Plexus vesicovaginales fortsetzt.
Der Plexus vesicovaginalis entspricht (s. S. 217) dem Plexus vesi-
coprostaticus des Mannes; er ist nicht so stark als der letztere und setzt sich
zusammen hauptsächlich aus den Blasenvcnen, zu welchen sich Venen aus dem
unteren und mittleren Abschnitte der Scheide und der Harnröhre gesellen.
Nach unten hängt er zusammen mit den Plexus pudendolabialis und haemorrhoi-
dalis; oben ist er vom Plexus utero vaginalis durch den Ureter getrennt, ist je-
doch mit dem letzteren Plexus auch verbunden. Vorn tritt der Plexus puden-
dalis in ihn über, und so gewinnt er Zusammenhang mit den Venen der äusseren
Geschlechtsorgane.
Der Plexus uterovaginalis liegt am Ansätze des Mesometrium zu
beiden Seiten der Gebärmutter und ist der stärkste der weiblichen Becken-
plexus. Er nimmt die Venen aus dem oberen Theile der Scheide, aus dem
Uterus, dem Ligamentum latum und den medialen Abschnitten der Adnexa
uteri auf. Seine Hauptverbindungen hat er in der Mesosalpinx mit dem Plexus
pampiniformis, und es wurde erwähnt (Kap. „Uterus"), dass Verbindungen mit
den Venen der Ligamenta teretia und uterosacra bestehen.
Der Plexus pudendolabialis (pudendalis externus, S. 556) nimmt die
Basis der grossen und kleinen Schamlippen ein und hängt mit den Schwellkörpern
der äusseren Genitalien zusammen. Es ist hier dem im Kapitel „äussere Ge-
schlechtsorgane" bei Besprechung der Venen Gesagten nichts mehr hinzuzufügen.
Auch für die P 1 e X u s h a e m o r r h o i d a 1 i s und s a c r a 1 i s anterior
kann auf S. 217 und auf das Kapitel „Rectum und Anus des Mannes" (S. 272,
Venen des Rectum) verwiesen werden.
Die grössten Unterschiede bei beiden Geschlechtern zeigen sich im Ver-
halten des Plexus pa m piniformis. Beim Weibe liegt derselbe, wie die
Venae ovaricae, denen er angehört, innerhalb des Beckens, beim Manne ausser-
halb. Beim Weibe zeigt er als besondere Bildung den Bulbus ova rii,
welcher weit bedeutender zu sein pflegt, als der entsprechende Plexus am
Hilus testis; zu ihm ziehen auch die Venen des Eileiters. Der Verbindungen
mit dem Plexus uterovaginalis wurde bereits gedacht. Der Plexus pampini-
formis fliesst beim Weibe in die Vena cava inferior, bezw. Vena renalis (beim
Manne ergaben sich noch Abflüsse in die Vena epigastrica inferior). Sämtliche
übrige Beckenplexus des Weibes führen ihr Blut zur Vena hypogastrica, ab-
gesehen von den für den Plexus haemorrhoidalis und sacralis geltenden Be-
sonderheiten.
Nach Erledigung der Beschreibung der Beckeneingeweide beim Manne
und Weibe können nun auch diejenigen allgemeinen Verhältnisse
der venösen Zirkulation besprochen werden, auf welche S. 217 hin-
gewiesen wurde.
Zunächst ist die Lage der Klappen hervorzuheben. Fenwick [1. c.
S. 303] hat gezeigt, dass sie den Zufluss von allen Seiten zu der Becken-
Cavum serosum pelvis feminae. 573
höhle hin freigeben, den Rtickfluss nach aussen aber hindern i). Unter nor-
malen Verhältnissen ist nun durch die grossen Abzugskanäle der Vena cava
und der Vena portae (durch die Venae haemorrhoidales superiorcs) ausreichend
für einen Abzug aus dem Becken gesorgt. Es wird nach dem Gesagten aber
verständlich, dass Stauungen im Gebiete dieser grossen Venen unmittelbar ihre
Rückwirkung auf die venöse Beckenzirkulation in hervorragender Weise äussern
müssen.
Ein anderer Punkt betrifft die Bedeutung dieser grossen Plexus.
Dieselbe kann nach drei Richtungen hin gesucht werden. Einmal müssen diese
Plexus den Abfluss des Blutes im ganzen verlangsamen; sie gewähren dadurch
sämtlichen Beckeneingeweiden die Möglichkeit einer gewissen dauernden Tur-
gescenz. Ferner erlauben sie aber bei irgend welchem Drucke auf die Ein-
geweide dem Blute der letzteren ein rasches Ausweichen; endlich muss man
Henle unzweifelhaft Recht geben, wenn er den venösen Plexus die Rolle eines
leicht adaptionsfähigen Polsters zuschreibt. Dies kommt in hohem Grade den
Beckeneingeweiden zu Gute, von denen Blase und Rectum in ständigem Volu-
menswechsel begriffen sind. Die Entleerung und Füllung der Beckenplexus
hält mit der Füllung und Entleerung der Eingeweide gleichen Schritt 2).
Oavum serosum pelvis feminae.
Für die Gestaltung der serösen Beckenhöhle des Weibes ist in erster Linie
auf das S. 417 für den Mann Gesagte zu verweisen. Ausserdem sind folgende
wichtige Unterschiede hervorzuheben: Durch die Einlagerung des Uterus, seiner
Adnexe und des Ligamentum latum wird, wie schon S. 442 bemerkt wurde, eine
Eintheilung der kleinen serösen Beckenhöhle in drei Abschnitte bedingt, 1) in
die vordere oder Blasenabtheilung, 2) die mittlere oder Gebärmutter-
abt heil ung und 3) die beiden durch den Mastdarm geschiedenen hinteren
seitlichen Abtheilungen; hierzu kommen zwei seröse Blindsäcke: 4) die
Excavatio vesicouterina, vorderer Douglas'scher Raum, und 5) die Ex-
cavatio rectouterina, hinterer Douglas 'scher Raum. Während die Blasen-
abtheilung durch den vorderen Rand des Ligamentum latum, bezw. der Meso-
salpinx, gut von der mittleren Abtheilung getrennt ist, geht die letztere ohne
genaue Grenze in die beiden hinteren seitlichen Abtheilungen über.
Ein fernerer Unterschied vom Manne ergibt sich durch die Anlagerung
des Tuboovarialapparates an die seitliche Beckenwand, wodurch weitere ünter-
abtheilungen, die Fossa ovarica und die Bursa ovarica, entstehen. Aus
1) „The venous bed in the pelvis, and the numerous tributary veins which enter
it from below, may be roughly conipared to a room which many approach-passages
opening inwards, permitting ingress, but preventing egress«. L. c. p. 323.
2) Ausser den S. 286 und 303 citirten Schriften über Beckenvenen wolle man
noch vergleichen: a) Hennig, C, Ueber einige Eigenthümlichkeiten der Becken-
gefässe. Sitzungsber. der Naturf.-Gesellsch. in Leipzig. 1892-1894. S. 107. b) Nagel,
W., Beitrag zur Anatomie der weiblichen Beckenorgane. Arch. f. GynäkoL. Bd. 53. 1897.
574 Geschlcchtsthätige Zustände des Weibes: Menstruation.
dem Umstände, dass die üterinabtheilung in die beiden hinteren seitlichen Ab-
theilungen ohne weiteres übergeht, erklärt es sich, dass der Tuboovarialapparat
viel leichter nach hinten dislocirt werden kann, als in die vordere Becken-
abtheilung.
Die Excavatio vesicouterina bildet der Eegel nach einen lumenlosen
Spaltraum; ist die Blase stark ausgedehnt, so wird nach beiden Seiten zwischen
Blase und Ligamentum latum eine Fortsetzung dieses Spaltraumes hergestellt.
Im übrigen sind die beiden Excavationen S. 446 und S. 455 ausreichend ge-
schildert worden.
Wegen des grösseren Tiefstandes der Blase, wegen der Ausfüllung des
mittleren Raumes durch den flach der Blase aufliegenden Uterus, und endlich
wegen der grösseren Beckenbreite hat bei der Betrachtung von oben die weib-
liche seröse Beckenhöhle mehr das Aussehen einer flach vertieften Schüssel,
während die männliche sich der Trichterform nähert.
Vergleiche zu dem Abschnitte „Cavum serosum pelvis feminae" die Figg.
81a, 82, 85 und 88 c.
Anatomische Betrachtung der geschlechtsthätigen Zustände
des Weibes: Anatomia menstruationis, graviditatis, puerperii,
lactationis.
Während beim Manne sich die Aeusserung der Geschlechtsthätigkeit, ab-
gesehen von der Bereitung des Samens, im wesentlichen auf den Begattungsakt
beschränkt, wird das Weib in weit ausgiebigerer Weise vom Geschlechtsleben
in Anspruch genommen; bei ihm stellen sich in seinem wichtigsten Lebens-
abschnitte, dem katamenialen, während dessen es seine volle Kraft und Reife
besitzt, Zustände dauernder Geschlechtsthätigkeit ein, welche längere Zeiträume
umfassen. Eine fruchtbare Kohabitation bringt, bei normalem Ablaufe der
Dinge, das menschliche Weib auf 15 — 18 Monate in Abhängigkeit von seinem
Geschlechtsleben, und so kann, bei regelmässigem Geschlechtsverkehr eines
gesunden, normal funktionirenden Weibes, dessen ganze katameniale Lebens-
zeit — wiederum abgesehen von der Heranbildung der weiblichen Zeugungs-
elemente, der Eier — durch seine Geschlechtsfunktion in Anspruch genommen
werden. Diese Verhältnisse bedingen aber so tiefgreifende anatomische und
topographisch anatomische Veränderungen an den Beckenorganen des Weibes
und auch an dessen übrigem Körper, dass eine besondere Schilderung derselben
nöthig wird. Es handelt sich um die Vorgänge und Zustände der Men-
struation, der Gravidität und des Puerperium. Auch die Laktations-
periode gehört hierher; es kann indessen hier auf eine Schilderung dieser
Periode verzichtet werden.
A. Menstraationsanatomle.
Unter Menstruation, Katameniae, verstehen wir die regelmässige
periodische Blut- und Schleimausscheidung aus dem Uterus, welche
Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Menstruation. 575
im Anschlüsse an die Ovulation verläuft. Sie charakterisirt die ge-
schlechtsreif e und geschlechtsthätige Lebensperiode des Weibes, welche daher
kurz als die „katameniale" bezeichnet werden kann.
Für die hier nothwendig werdenden Benennungen seien folgende in Vorschlag
gebracht: Für die drei Hauptlebensabschnitte des Weibes, rücksichtlich der Men-
struation, gelten die Ausdrücke: promeniale, katameniale und metameniale
Zeit. Die Uebergangsperiode zwischen der katamenialen und metamenialen Zeit
pflegt einige Jahre zu dauern; sie wird als „Klimakterium" oder „Klimax«^)
bezeichnet. In dieser Zeit wird die Menstruation unregelmässig und immer seltener,
bis sie endgültig aufhört. Man unterscheidet demnach noch eine „proklimakterische
Zeit«; (die „metaklimakterische« fällt mit der metamenialen zusammen). Um die einzel-
nen Phasen einer menstrualen Periode selbst zu sondern, wählt man seit langem
schon die Termini: „menstruell«, „intermenstruell«, „prämenstruell« und
„p 0 s t m e n s t r u e 1 1«. Die Zeit, während welcher die Ausscheidung aus der Gebärmutter
stattfindet, ist die menstruelle; sie dauert im Mittel 3-4 Tage (3-8 Tage). Die Zeit
vom ersten ausscheidungsfreien Tage bis zum nächstersten Ausscheidungstage heisst
die intermenstruelle (24-25 Tage). Als prämenstruelle Zeit werden die zehn
Tage unmittelbar vor Eintritt der nächsten Menstruation angesehen. Da das Intervall
vom Eintritte einer Menstruation bis zum Eintritte der folgenden gewöhnlich 28 Tage
beträgt, so bleiben dann 14 Tage für die postmenstruelle Zeit. — Die Eintheilung
in diese verschiedenen Abschnitte empfiehlt sich, um die Bedeutung des ganzen men-
struellen Uterinlebens klar darstellen zu können.
Die anatomischen Veränderungen der 3—4 Tage anhaltenden men-
struellen Zeit spielen sich im wesentlichen an der Mucosa corporis uteri
ab. Dieselbe zeigt sich beim Eintritte der menstruellen Ausscheidung bis auf
6—7 mm Dicke angeschwollen; das ist das Doppelte ihrer Stärke in der post-
menstruellcn Zeit (Leopold, 1. c. inf.). Sie ist stark hyperämisch, die Ka-
pillaren und Venen sind strotzend mit Blut gefüllt, und aus ihnen kommt es
zur Blutausscheidung per Diapedesin, jedoch auch per Rhexin; letzteres ist bei
starken Blutungen wohl immer der Fall.
Die Schwellung der Schleimhaut beruht, abgesehen von der Gefässfüllung,
auf einer Wucherung der Rundzellen des Interglandulargewebes mit Verlänge-
rung und Erweiterung der Uterindrüsen, und auf einer Einwanderung von Leuko-
cyten in die Schleimhaut; hierzu gesellt sich noch eine starke seröse Durch-
tränkung. Zu einer Ausbildung von Zellen, welche den Deciduazellen gleich
wären, kommt es nicht.
Nachdem diese Vorgänge und die von ihnen abhängige schleimig-blutige
Ausscheidung ihren Höhepunkt erreicht haben, kommt es zum raschen Rück-
gange: das Blut verliert sich, die Ausscheidung wird mehr schleimig, bleibt aber
etwas trübe; schliesslich wird sie heller und spärlicher, bis sie ganz aufhört.
Die Frage, ob hierbei die ganze üterusschleimhaut, oder der grösste
Theil derselben, insbesondere das ganze Epithel degenerativ zu Grunde gehe,
und mit dem Ausflusse ausgestossen werde, muss ich, im Einverständnisse mit
den Ergebnissen von Mandl, Westphalen und Strassmann, dahin beant-
worten, dass jedenfalls ein Theil des Epithels und auch der Rundzellen durch
1) Von xh^axt^Q, Stufe (einer Treppe, Leiter), Absatz, bezw. xXtfia^, Leiter.
oTf) Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Menstruation.
fettige Metamorphose und Zerfall in Verlust kommt, indem die zerfallenen
Massen grösstentheils mit ausgeschieden, zum Theil wohl auch resorbirt, oder
durch Phagocytose beseitigt werden.
Gebhard will einen regressiven Process nur in minimalem Grade und als
mehr zufälligen gelten lassen; selbst die Epitheldecke der von ihm beschriebenen
kleinen sub epithelialen Hämatome soll meist erhalten bleiben. Das andere Extrem,
Untergang der Schleimhaut in grösserem Maasse, wird neuerdings durch v. Kahl den
vertreten.
Die Schleimhaut der Cervix uteri nimmt, abgesehen von einer unbe-
deutenden Schwellung, an den Veränderungen nicht Theil. Das Verhalten der
Tubenschleimhaut ist noch nicht genügend aufgeklärt; jedenfalls sind, wenn
Veränderungen überhaupt hier vorkommen, dieselben nur gering.
Nach dem Aufhören des Blutabganges, während der postmenstruellen
Zeit, ist die Schleimhaut blass, niedrig (2— 3 mm Durchmesser); die Drüsen
und Gefässe kommen auf den gewöhnlichen Stand zurück; das verloren ge-
gangene Epithel ersetzt sich schnell.
Etwa 10 Tage vor der nächsten Menstruation beginnt die praemen-
struelle Zeit, gekennzeichnet durch ein allmähliches Wiederanschwellen der
Uterusschleimhaut, welches so lange fortgeht, bis der Eintritt der neuen men-
struellen Blutung ihm wiedeium ein Ende macht. So spielt sich der Vorgang
in rhythmischer Wellenbewegung während der ganzen katamenialen Lebens-
periode des Weibes ununterbrochen ab. Die Blutausscheidung, das was man
gewöhnlich Menstruation nennt, ist nur eine kurze, in regelmässigen Inter-
vallen einschneidende Phase des ganzen Vorganges, durch welchen die Gebär-
mutter ihren Antheil an dem geschlechtlichen Leben fortdauernd dokumentirt.
Der menstruelle Vorgang ist auf das Innigste mit dem ganzen physischen und
psychischen Leben des Weibes verknüpft. Von den Veränderungen in den übrigen
Organen seien hier nur die Anschwellungen der Eierstöcke, der Scheidenschleimhaut
und der äusseren Geschlechtstheile, soAvie die vermehrte Turgescenz der Brüste,
welche mit dem Beginne der Menstruationsblutung eintreten, hervorgehoben. Die
psychischen Abänderungen, welche die einzelnen Phasen der menstruellen Periode
begleiten, sind bekannt. Allgemeinleiden greifen störend in den Menstruationsvorgang
ein. Eine normale Menstruationsthätigkeit lässt auf ein gesundes Verhalten der Ge-
schlechtsorgane schliessen, eine abnorme auf ein krankes, so dass die Menstruation
die wichtigsten diagnostischen Anhaltspunkte gewährt.
Der Eintritt der ersten Menstruation fällt in der heissen Zone im Durchschnitte
zwischen das 11.— 14. Jahr, in der gemässigten zwischen das 13.— 16., in der kalten
zwischen das 15.— 17. Uebrigens spielen auch Rasseneigenthümlichkeiten eine Rolle ^),
Die Wiederkehr der Blutausscheidung findet, wie bemerkt, für gewöhnlich alle 4 Wo-
chen, also alle Mondesmonate statt; manche Frauen menstruiren aber auch alle 21
oder alle 24 Tage, ohne jegliche Störung. Nährt die Mutter nach der Entbindung
nicht, so pflegt sich die Menstruation nach 4—6 Wochen wieder einzustellen. Das
normale, spontane Aufhören der Menstruation fällt in das 45.— 50. Lebensjahr; damit
beginnt für das Weib die metameniale Periode seines Lebens.
Von den menstruellen Blutungen müssen die pseudomenstruellen unter-
1) Ploss-Bartcls, Das Weib. 5. Aufl., Bd. I, S. 286. 1897 (mit ausführlicher
Litteratur).
Geschlechtsthätig-e Zustände des Weibes: Menstruation. 577
schieden werden. Man versteht hierunter solche, annähernd periodische Blutverluste
welche eine Menstruation vortäuschen können, jedoch nicht mit der Ovulation zu-
sammenhängen.
Bedeutung der Menstruation. Es ist sicher gestellt, dass die
Menstruation ein unmittelbar von der Ovulation, das heisst also von der Aus-
bildung und normalen Entleerung reifer Eier abhängiger Vorgang ist*). Nach
einer Kastration oder nach morbidem Untergänge der Eierstockstliätigkeit
hört auch die Menstruation auf. Während der Schwangerschaft und der
Laktation cessirt in der Regel die Menstruation, und zwar deshalb, weil wäh-
rend dieser Periode, sicher während der Schwangerschaft, keine Ovulation statt-
findet. Hört, wie in seltenen Fällen beobachtet wird, die periodische Blutung
während der Schwangerschaft nicht auf, so handelt es sich um pseudomenstruelle
Zustände; der Vorgang zeigt dann immer auch Abweichungen von der Norm.
Tritt die Menstruation während einer Laktation auf, so ist dies ein Zeichen,
dass die Ovulation wieder begonnen hat. Somit ist die normale Menstruation
ein sicheres Zeichen für eine normale Ovulation. Umgekehrt kann man nicht
sagen, dass die Menstruation die Ovulation beeinflusse. Indessen ist die Ab-
hängigkeit der Menstruation von der Ovulation nicht in der Weise aufzufassen,
dass etwa der Eintritt der Reife irgend eines bestimmten Eies oder der Aus-
tritt eines solchen reifen Eies den Beginn der Blutung alsbald herbeiführe.
Das betreffende Ei — nennen wir es das tautomeniale — kann vielmehr
jeden Tag innerhalb der intermenstruellen Zeit reif werden und austreten, ohne
dass dadurch alsogleich die Blutung ausgelöst wird. Es scheint jedoch, dass
unter Umständen dies der Fall ist, und dass der Austritt der tautomenialen
Eier meist wenige Tage (2—3) vor der Blutung erfolgt. Nicht die einzelnen
Akte bedingen einander, sondern der ganze Vorgang der normalen Eierstocks-
thätigkeit ist mit dem gesamten wellenförmig ablaufenden Vorgange der
menstruellen Uterusthätigkeit verknüpft. Strassmann 1. c. i. drückt sich, wie
mir scheint, w^ohl am treffendsten aus, wenn er (S. 92) sagt „die periodische
Schwellung des Endometrium ist eine Funktion (im mathematischen Sinne)
der Eireife".
Aus dieser Auffassung der Dinge folgt aber, dass die Bedeutung
der Menstruation in der Vorbereitung der üterusschleim-
haut zur Aufnahme eines befruchteten reifen Eies zu sehen
i s t. Damit ist zugleich gesagt, dass die wesentlichste Phase der Menstruation
in den prae menstruellen Veränderungen liegt. Der Blutaustritt, sowie
die Rückbildung, unter theilweisem Verluste der Schleimhautelemente, tritt dann
ein, wenn das ausgetretene tautomeniale Ei unbefruchtet zu Grunde gegangen
1) Ich lege nicht nur Gewicht auf die Ausbildung normaler Eier, sondern
auch auf deren normalen Austritt aus ihren Follikeln; wenigstens halte ich es für
möglieh, dass bei Frauen, deren Eier zwar heranreifen, aber in den uneröffneten
Follikeln zu Grunde gehen — man könnte das nach Analogie der Begriffe ^missed
labour" und „missed abortion" mit dem Terminus „missed Ovulation" bezeichnen,
Störungen der Menstruation eintreten.
Wald eye r» Das Becken. 37
578 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Menstruation.
ist; dann ist, so kann man sagen, die weitere Ausbildung der für dieses Ei
herangewachsenen Uterussehleimhaut unnütz geworden; sie bildet sich zurück
unter Erscheinungen, die im kleinen an die Ausstossung der mütterlichen Ei-
hüllen bei einem Abortus, oder auch an die Ausstossung der Secundinae
maternae bei einer normalen Geburt erinnern ^).
Wir schliessen an die vorstehende Darstellung noch einige Bemerkungen,
welche besondere Verhältnisse betreffen. Es ist praktisch wichtig zu beachten, dass
ein verhältnissmässig kleiner Theil von Eierstocksparenchym genügt, um die Ovulation
und die menstruellen Funktionen zu unterhalten. Man lässt deshalb bei Exstirpationen
soviel gesunden Eierstocksgewebes zurück, als möglich ist. — Es scheint, dass beide
Eierstöcke in einer gewissen Weise bei der Ovulation abwechseln. — Wie die Men-
struation, so ist auch die gesamte anatomische Ausbildung des Uterus von der Ovu-
lation abhängig, nicht jedoch umgekehrt. Bei Fehlen des Uterus, oder mangelhafter
Ausbildung desselben, können wohlgebildete und gut funktionirende Ovarien vor-
handen sein; bei mangelhaft entwickelten Eierstöcken, oder bei Fehlen der letzteren,
ist aber stets ein mangelhaft ausgebildeter Uterus anzunehmen, oder derselbe fehlt
ebenfalls; von dem Einfluss der Kastration war schon die Rede. — Ovulation ohne
begleitende Menstruation deutet beim geschlechtsreifen Weibe auf Störungen hin.
Der mannigfaltigen Störungen und Varianten der Menstruation kann
hier nur kurz gedacht werden. In erster Linie wäre die vikariirende Menstrua-
tion und die Menstruatio occulta zu erwähnen. Bei der ersteren finden die
blutigen Ausscheidungen auf anderen Schleimhäuten, selbst auf der äusseren Haut,
statt; die Uterusschleimhaut, falls sie vorhanden, bleibt frei. Meist tritt die vikariirende
Menstruation ein, wenn der Uterus fehlt, oder mangelhaft entwickelt ist. Bei der
Menstruatio occulta kommt es nicht zu einer Ausscheidung, doch sind dann die
übrigen Erscheinungen, insbesondere Schmerzen im Kreuz u. a., vorhanden, Molimina
menstrualia. Fehlt die Menstruation gänzlich, so sprechen wir von Amenorrhoe,
sind abnorme Beschwerden vorhanden, von Dysmenorrhoe. Es sind weiterhin zu
unterscheiden der übermässig starke Ausfluss, M. profusa oder nimia, und die spär-
liche Menstruation, wobei kaum ein Blutabgang zu bemerken ist, M. alba. Die
schwerste Störung nach dieser Richtung hin ist die sogenannte Dysmenorrhoea
membranacea, oder richtiger, nach Löhlein, Exfoliatio mucosae uteri
menstrualis; hierbei wird, meist unter grossen Schmerzen und sonstigen Beschwer-
den, fast die gesamte Mucosa uteri abgestossen. Andere Abweichungen sind endlich
in dem zu frühen oder zu späten Eintreten der Menses gegeben: M. praecox und
M. tarda. Es sind eine verhältnissmässig grosse Anzahl von Fällen bekannt, in denen
schon kleine Kinder in den ersten Lebensjahren menstruirten; meist sind allerdings
dann auch die übrigen physischen Zeichen einer geschlechtlichen Frühreife vorhanden,
selten die psychischen. Eine Menstruatio tarda weist fast immer auf Störungen der
allgemeinen Ernährung oder des tuboovarialen Apparates hin 2).
1) Simpson, Obstetr. Journ. of Great ßritain. 1876, January, citirt bei Strass-
mann, sagt vön der Menstruation: „Birth of an unimpregnated Ovulum". Ganz
scharf ist dieser Vergleich, wie aus dem im Text Gesagten hervorgeht, freilich nicht.
2) Vgl. zu diesem Kapitel vor Allem: Strassmann, F., Beiträge zur Lehre
von der Ovulation, Menstruation und Conception. Arch. f. Gynäkol. Bd. 52. 1896 (mit
Litteratur). — Ferner: Gusser ow, A., Ueber Menstruation und Dysmenorrhoe. Klin.
Vorträge, herausg. von R. Volk mann. 1874, Nr. 81. -» Leopold, G., Studien über
die Uterusschleimhaut während Menstruation, Schwangerschaft und Wochenbett. Arch.
f. Gynäkol. Bd. XL 1877. — Derselbe, Untersuchungen über Menstruation und Ovu-
lation. Ebend. Bd. XXI. ~ Leopold und Mironoff, Beiträge zur Lehre von der
Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Schwangerschaft. 579
B. Oraviditätsanatomie.
Die Schwangerschaft beginnt mit dem Augenblicke, in welchem
das im mütterlichen Körper befindliche Ei befruchtet ist und somit in die Ent-
wicklung zum Embryo eintritt. Als Ort der Befruchtung muss, wie wir
sahen, mit grosser Wahrscheinlichkeit die Pars arapuUaris tubae angenommen
werden. Jede normale Schwangerschaft des menschlichen Weibes beginnt daher
als Tubarschwangerschaft. Von dem Flimmerstrome der Tuben getragen, bewegt
sich das langsam anwachsende Ei zum Cavum uteri hin, um sich hier zu seiner
endgiltigen Ausbildung festzusetzen. Man nennt denjenigen Abschnitt der Ge-
bärmutterhöhle, in welcher das Ei zum geburtsreifen Fötus sich entwickelt,
und in welchem die dazu erforderlichen Veränderungen der Uterusschleimhaut
vor sich gehen, den „ßrutraum". Als solcher muss unter normalen Verhält-
nissen das Cavum uteri angesprochen werden.
Wie lange Zeit ein betrachtetes Ei gebraucht, die Tube zu durchwandern, ist für
den Menschen noch nicht genau bekannt, v. WinckeP) bemerkt, dass mit dem achten
Tage das sich entwickelnde Ei bereits einen Durchmesser von 3 mm säu erreichen
pflege und somit die knapp 2—3 mm messende Pars intramuralis der Tube nicht mehr
zu passiren vermöge. Man wird sonach nicht fehl gehen, wenn man den Eintritt in
den Uterus in die Zeit von 3—6 Tage verlegt.
Einbettang des Eies. Entwicklung der Eihäute und der Placenta.
Das Ei findet nach dem im vorigen Abschnitte: „Menstruationsanatomie"
gesagten im Uterus die Schleimhaut auf der Höhe ihrer katamenialen Ent-
wicklung vor, und diese Entwicklung steigert sich durch den in seinem
Wesen noch nicht aufgeklärten Einfluss des befruchteten Eies immer wei-
ter. Infolge dessen wird das ebenfalls wachsende Ei alsbald aaf seinem
Wege aufgehalten. An der Stelle, wo es liegen bleibt, geht das üterusepithel
zu Grunde, und nunmehr ist das Ei wegen der mangelnden Flimmerbewegung
hier festgelegt. Die mütterlichen Kapillargefässe an dieser Stelle und in der
nächsten Umgebung erweitern sich bedeutend zu sinusähnlichen Räumen
und treten dicht an das Ei heran. Schon sehr frühzeitig entwickelt der aus
dem Eie entstehende junge menschliche Embryo seine Eihäute, das Am-
nion und Chorion. Das letztere besteht aus einer äusseren, zur Uterus-
schleimhaut gewendeten fötalen Ektodermschicht und einer inneren spärlichen
Menstruation. Ebend. Bd. XLV. — Löhlein, Die Bedeutung von Hautabgängen bei
der Menstruation nebst Bemerkungen über prämenstruelle Kongestion. Gynäkol. Tages-
fragen, Heft ir. — Gebhard, Ueber das Verhalten der üterusschleimhaut bei der
Menstruation. Zeltschr. f. Geburtsh, u. Gynäkol. Bd. XXXH. 1895. — v. Kahl den, C,
Ueber das Verhalten der Uterusschleimhaut während und nach der Menstruation.
Beiträge zur Geburtshülfe und Gynäkologie. Festschrift. Stuttgart, 1889. — Mandl, L.,
Beitrag zum Verhalten der üterusmucosa während der Menstruation. Arch. f. Gynäkol.
Bd. LH. 1896. — Westphalen, Zur Physiologie der Menstruation: mikroskopische
Studien. Ebend. Bd. LH, S. 35. 1896.
1) Win ekel, v., Lehrbuch der Geburtshülfe. 1893. (Citirt nach Strassmann,
1. c. [S. 578].
580 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Entw. der Eihäute ü. der Placenta.
Mesodermlage. Die Ektodermschicht wächst zunächst in Form von Zotten all-
seitig, insbesondere aber gegen die Uterinschleimhant vor, und diese Zotten
stülpen die dünnen Wände der mütterlichen Kapillarsinus ein. So wird das
Ei in die Tiefe der Uterinmukosa versenkt. Wahrscheinlich haben die fötalen
Ektodermzellen phagocytische Eigenschaften, denn nach der Meinung der mei-
sten neueren Autoren würden schon sehr früh die Wände der mütterlichen
Kapillarsinus von den Zotten durchbrochen, so dass letztere unmittelbar vom
mütterlichen Blute umspült würden. Die aus den eröifneten dilatirten mütterlichen
Kapillaren hervorgegangenen Räume sind die Anfänge der späteren inter-
villösen Räume der fertigen Placenta. Mir ist es zweifelhaft geblieben,
ob eine derartige Eröffnung stattfindet.
Rings um das einsinkende Ei wächst nun die umgebende hypertrophische
Mucosa uteri gegen den zum Lumen uteri gerichteten Pol des Eies vor, bis
das letztere gänzlich umschlossen wird, und in der Mucosa uteri eingekapselt
liegt.
Nach der Schilderung von Peters^), welcher das jüngste bisher bekannte
menschliche Ei in situ untersucht hat — er nimmt dessen Alter der Grösse
nach (1,6 mm im grössten Durchmesser, 0,8 und 0,9 in beiden anderen Durch-
messern) auf 2 — 3 Tage an — kann man um diese Zeit die Stelle des Eies
als eine hanfkorngrosse lichtere Partie in einer Mukosavorwölbung erkennen.
Die Mucosa uteri hat dann eine Dicke von fast einem Centimeter erreicht;
sie ist durch Furchen in höchst charakteristischer Weise in Felder getheilt und
fällt am inneren Muttermunde unter Bildung von zungenförmigen Vorsprüngen
gegen die nicht angeschwollene Cervikalschleimhaut ziemlich schroff ab.
Man bezeichnet die gesamte in dieser Weise hypertrophirte Schleim-
haut des Corpus uteri als Decidua vera; denjenigen Theil der Decidua,
welcher zwischen Ei und Uteruswand liegt, nennt man Decidua basalis,
denjenigen, welcher das Ei nach der Lichtung des Uterus umschliesst und so-
mit vom Lumen uteri trennt, Decidua capsularis.
Aus der Decidua basalis entwickelt sich in stetigem Fortschreiten von
dem jetzt geschilderten Stadium an, unter Mitwirkung der fötalen Eihäute, der
Mutterkuchen, Placenta. Seine beiden Antheile werden als Placenta
uterina und Placenta foetalis unterschieden.
Der Vorgang der Einbettung des Eies ist noch nicht völlig klar gelegt. Nach
den wichtigen Untersuchungen von Graf Spee^) (bei Meerschweinchen) und den Be-
funden von Peters ist es auszuschliessen, dass das Ei auf der Oberfläche der Mucosa
liegen bleibt und nun allseitig von der eniporwuchernden Decidua umwallt wird.
Das Ei gelangt vielmehr vor irgend einem umwallenden Wachsthumsprocesse schon
in die Tiefe der Mucosa uteri. Wie das geschieht, ob durch ein aktives Hinein-
wandern, oder durch ein Versenktwerden, das bleibt noch zu ergründen. Ich halte
fürs Erste die vorhin gegebene Auffassung für annehmbar.
1) Peters, H., Demonstration eines sehr jungen menschlichen Eies. Verhandl.
der Gesellsch. deutscher Naturforscher und Aerzte. 69. Vers, in Braunschweig^ 1897.
Leipzig, Vogel, 1898. S. 175. — S. auch Verhandl. des VII. Congresses der deutschen
Gesellsch. f. Gynäkol. 1897.
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582 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Entw. der Eihäute u. der Placenta.
degewebe in die ektodermalen Zotten der serösen Hülle hinein. Von jetzt ab
führt nun die Hülle den Namen „Chorion"; die Zotten heissen „Chorion-
zotten'^, oder „Placentarzotten". Jede Chorionzotte besteht sonach aus einer
bindegewebigen gefässführenden Axe, welche von dem Bauchstielgewebe stammt,
und aus einem epithelialen üeberzuge, welcher auf die seröse Hülle, in letzter
Instanz also auf das fötale Ektoderm zurückzuführen ist.
Die Blutgefässe des Bauchstieles entstammen den Arteriae umbilicales des
Fötus, welche aus der Arteria hypogastrica ihren Ursprung nehmen. Anfangs,
bei sehr kleinen Arteriae iliacae communes und hypogastricae, erscheinen sie
wie direkte Aeste der Aorta. In den Zotten lösen sie sich in Kapillaren auf;
ihr Blut wird durch die einfache Vena umbilicalis zum Fötus zurückge-
führt. Diese drei Gefässe mit dem sie umgebenden mesodermalen Gewebe
bilden die Grundlage der Nabelschnur s. w. u.; durch diese wird der Fö-
tus an die Placenta und somit an seine Mutter geknüpft.
Zu den genannten wesentlichen Bestandtheilen der Nabelschnur kommt noch
der vorhin erwähnte entodermale AlJantoisgang, Ductus allantoidis, welcher
sich meist bis zur Geburt in Resten erhält; man erkennt ihn an Querschnitten der
reifen Schnur als kleine rundliche, lumenlose Epithelmasse inmitten der drei grossen
Gefässe (Rüge, Sabine u A.i), und der gleichfalls entodermale Dottergang, Ductus
vitel leint est in aus, mit den ihn begleitenden kleinen Dotterblasengefässen, Vasa
vitellina. Der Dottergang führt zur Dotter blase oder Nabelblase, Vesicula
umbilicalis, welche beim Menschen über Erbsengrösse erreicht und oft noch bis
zur Geburt des Kindes sich erhält; sie wird dann in abgeplattetem Zustande, meist
entfernt von der Einpflanzungsstelle der Nabelschnur, am Rande der Placenta,
oder über denselben hinaus, zwischen Chorion und Amnion gefunden, während
sich der Dottergang mit seinen Gelassen in der Nabelschnur nur in den ersten
Monaten erhält 2). Das Nabelbläschen hat am Ende der Schwano;erschaft einen Durch-
messer von 3— 10 mm; meist sieht man von ihm aus noch einen feinen Faden als
Rest des Dotterganges bis zur Insertion der Nabelschnur in die Placenta verlaufen.
Alles dieses ist vom Amnion umgeben, welches von der Einpflanzungsstelle der Nabel-
schnur in die Bauchhaut des Fötus, d.i. vom Nabel, Umbilicus, ausgeht, der Nabel-
schnur entlang zieht, indem es dieselbe ringsum einscheidet und schliesslich die fötale
Fläche der Placenta überzieht, um von deren Rande aus den Embryo sackförmig zu
umkleiden. Hierdurch bekommt die Oberfläche der Nabelschnur, sowie die fötale Pla-
centarfläche eine glatte epitheliale Bekleidung. Während dieser amniotische üeberzug
mit dem Nabelschnurgewebe zu einer einheitlichen Bildung fest verwächst, lässt er
sich vom Chorion, sowohl im Bereiche der Placenta als auch ausserhalb derselben,
stets leicht trennen; zwischen beiden Häuten befindet sich schleim- und eiweisshaltige
Substanz, Massa intermedia. S. w.u.
Man vergleiche zu dem Gesagten Fig. 43 S. 125. Dieselbe zeigt das Chorion
mit seinen bereits sehr reich entwickelten Zotten. Aus dem embryonalen Leibe rao-t
der die entodermale AUantois enthaltende mesodermale Bauch stiel (His), hervor
welcher sich in das Chorion inserirt; derselbe bildet die Anlage der Nabelschnur. Man
1) Rüge, C, lieber die Gebilde im Nabelstrang. Zeitschrift f. Geburtsh. und
Gynäkologie. Bd. I, S. 1 und S. 253. — Sabine, Ueber den Bau der menschlichen
Nabelschnur. Arch. f. Gynäkologie. Bd. IX. 1875.
2) Schnitze, B., Das Nabelbläschen, ein constantes Gebilde in der Nachgeburt.
Leipzig, 1861.
Geschlecbtsthätige Zustände des Weibes: Entw. der Eihäute u, der Placenta. 583
sieht aus dem Bauchstiele ein zu den Nabelgefässen gehöriges Gefäss treten, welches
sich an der inneren Fläche des Chorion verzweigt.
Ferner tritt in der Figur das Endstück des Dotterganges mit der Dotterblase
(Vesicul. umbil.) und den begleitenden Dottergangsgefässen (Vasa omphalomesenterica)
von dem Bauchstiele ab zur inneren Chorionwand hin. Das Amnion liegt bei diesem
Entwicklungsstande des Embryo letzterem noch dicht an; zwischen Amnion und Cho-
rion befindet sich noch eine grössere Menge Flüssigkeit, die Vorstufe der Massa
intermedia.
Das Amnion umschliesst als innerste Eihülle den Embryo zunächst und liegt
ihm, wie eben bemerkt, anfangs dicht an, s. Figg. 43 u. 116b. Später wird es durch
eine sich stets vermehrende Flüssigkeitsmenge, das Fruchtwasser, Liquor amnii,
vom Embryo abgehoben und legt sich dann der Innenfläche der Placenta und des
Chorion an, unter Reducirung der eben genannten Flüssigkeit. Die Massa inter-
media erscheint später als eine mit Zellen durchsetzte gallertige Masse, der man
dann den Naiften einer „Membrana intermedia" gegeben hat; die Zellen sind
wohl von eingewanderten Leukocyten abzuleiten.
Das Fruchtwasser muss im wesentlichen als eine fötale Abscheidung ange-
sehen werden. Im 5.— 6. Monate ist es am stärksten entwickelt (bis zu 1 Liter); gegen
Ende der Gravidität ist meist nur noch V2 I^iter vorhanden; es ähnelt am meisten
einem verdünnten Lymphserum und zeigt etwa 1% feste Bestandtheile, darunter Ei-
weiss, Harnstoff und Traubenzucker. Es bildet einen äusserst wichtigen Schutz für
Mutter und Frucht und erleichtert in hohem Grade den Geburtsvorgang.
Während diese Wachsthums- und Bildungsvorgänge von Seiten des Em-
bryo sich vollziehen, durch welche also die beiden fötalen Eihäute, Chorion und
Amnion, der fötale Antheil der Placenta, das Fruchtwasser und die Nabel-
schnur gebildet werden, finden ähnliche Wachsthums- und Umbildungsvorgänge
auch an der Decidua corporis uteri und an den übrigen Wandschichten der
Gebärmutter statt. Aus den perivaskulär gelegenen Zellen des Interglandular-
gewebes^) entwickeln sich, unter starker Vermehrung durch Theilung, grosse
protoplasmareiche, zum Theil mehrkernige, höchst charakteristische Zellen,
welche man als Deciduazellen bezeichnet; sie entstehen insbesondere in
der Decidua basalis und bilden den Haupttheil der Placenta uterina. Nebenher
geht in diesem Placentarabschnitte die Bildung der Blutlakunen weiter; neue
entstehen und die vorhandenen werden durch die auswachsenden Zotten stetig
weiter umgebildet. Das Verhältniss der fötalen Zotten zur mütterlichen Pla-
centa, welche aus den balkig zwischen die Zotten eingelagerten Decidua-
strängen, den intervillösen Bluträumen und sonstigen mütterlichen Blutgefässen
besteht, ist ein doppeltes: einzelne stärkere Zottenstämme verwachsen, indem
sie an der betreffenden Stelle ihr Epithel verlieren, mit den Deciduabalken ;
sie können dabei bis zu den tiefsten Deciduaschichten vordringen; dies sind
die von Langhans^) beschriebenen Haftzotten (Haftwurzeln, v. Kölli-
ker)^ durch sie wird die fötale Placenta gleichsam in die mütterliche veran-
kert. Der grössere Theil der Zotten bleibt jedoch frei und wird innerhalb
der intervillösen Eäume vom mütterlichen Blute bespült. So wird denn aus
1) Waldeyer, 1. c. [S. 584]. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 35, S. 48.
2) Langhans, Th., Zur Entwicklung der menschlichen Placenta. Archiv für
Gynäkologie. Bd. I, S. 317.
584 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Topographie der Placenta.
den fötalen und mütterlichen Antheilen eki einheitlicher Körper, die Placenta,
gebildet.
Die mütterlichen Arterien, welche zur Placenta ziehen, Aa. uteroplacenta-
res, zeichnen sich durch einen stark gewundenen Verlauf aus. Sie münden direkt
in die intervillösen Räume, und zwar je am Rande eines Cotyledo placentaris (s. w. u.),
während ein Theil der abführenden Venen von der Mitte des betreffenden Cotyledo
abzieht 1). Andere Venen ziehen von einem sich am Rande der Placenta ringsum ent-
wickelnden venösen Gefässe, der Randvene, zu den Venen der Muscularis uteri.
Das wachsende Ei verliert an demjenigen Theile seiner Oberfläche, welcher
ausserhalb des Bereiches der Decidua basalis liegt, grösstentheils seine Zotten
und treibt die Decidua capsularis vor sich her, so dass letztere der Decidua
vera immer dicht anliegen bleibt.
Aus dem Gesagten ist ersichtlich, dass am Rande der Placenta die De-
cidua capsularis und vera zusammenstosseu und in die Placenta selbst (speziell
in die Placenta uterina) übergehen müssen.
üeber sehr viele Punkte des Placentarbaues und der Placentarentwicklung be-
stehen noch verschiedene Meinungen, insbesondere über die Herkunft des Zotten-
epithels, der Deciduazellen und der intervillösen Bluträume. Bezüglich der
letzteren und der Deciduazellen habe ich meine Ansicht bereits geäussert. Das Zot-
tenepithel zeigt längere Zeit eine Zusammensetzung aus 2 Schichten, einer inneren
(tieferen) von Lang h ans entdeckten Schicht, die nach ihm als „Langhans 'sehe
Zellschicht" benannt wird, und einer äusseren (oberflächlichen), deren Zellen mit ein-
ander verschmolzen sind, und die man deshalb als Syncytium (Plasmodium) be-
zeichnet. Ich theile die Ansicht derjenigen, welche meinen, dass dieLanghans'sche
Zellschicht das primäre Zottenepithel darstellt und vom Chorionepithel, also vom fö-
talen Ektoderm, abstammt^ und dass das Syncytium vom mütterlichen GefUssendothel
abzuleiten ist ; diese letztere Ansicht möchte ich jedoch noch nicht mit aller Bestimmt-
heit äussern^). Die neuesten Mittheilungen von Marchand*^) sind der Ableitung des
Syncytium vom mütterlichen Gefässendothel nicht ungünstig; wenigstens stellen sie
eine Wucherung des Endothels bei der Placentarentwicklung fest. Ist das Syncytium
Abkömmling des mütterlichen Gefässendothels, dann sind, falls es überall die Zotten
lückenlos bekleidet, in Wahrheit die mütterlichen Blutlakunen nicht eröffnet, und die
fötalen Zotten, soweit sie wirklich fötalen Ursprunges sind, ragen nicht nackt in die
intervillösen Bluträume hinein. Diese fundamentale Frage bedarf noch eingehender
weiterer Prüfung.
Topographie der Placenta nebst beschreibend anatomischen Yorbemerkangen.
Die ausgebildete Placenta gleicht in ihrer Form einem rundlich ellipsoi-
dischen flachen Kuchen (Mutterkuchen), von durchschnittlich 18 cm im grösse-
ren, 14 cm im kleineren Durchmesser und 1^ — 2 cm Dicke; sie wiegt 500 gr.
Andere Formen sind die Placenta panduraeformis"*) (Geigenform), Plac.
1) Bumm, K, Archiv f. Gynäkologie. Bd. 43, 1892, „lieber die Entwicklung des
mütterlichen Blutkreislaufs in der menschlichen Placenta".
2) Waldeyer, W., Bemerkungen über den Bau der Menschen- und Affenplacenta.
Arch. f. mikrosk. Anat. 1890. Bd. 35, S. 1.
3) Marchand, F., Ueber die Bildung [der Placenta foetalis beim Kaninchen.
Marburger Sitzungsber. 1898, Nr. 7.
4) Pandura = Geige (ungarische Geige, Mandoline).
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wi'irfHT l'i<'Zii^'li!iiiii,L:' <i»'r ,.hnivi<vnUnini!^'v- .Miincrk'iit'lH'it vrrsiniiilcii ^t-iii m»IL I.t'ixirri'
i'*oniii,'!i Itrui-;«'!! \\*'-:t'it <li/r tVwuuvii, oi't lü'il <^l'r^i^^^!l <!iirrli><'lztrii Sfflh'iL wi-lflie Hi(>
li;ilH-if, iiiid \vri;'«'i! dt-s -t^is-m-ii Plaf/r^, *lru >ii^ i'iyiirfiiiii-ii, <Im' i;rr;ilir -rrivMi-j.r lUii^
luu'ji.u mit .it'lh |-;i^u<'inliii!ijJi*/li i-l ni<- IMnn-iiln m .'i r - i !t :i I ;i : Ih*i ilu'^cr ^uvlii niv^-^
ioruii's iini'li ein liaii'l \'«'ii ri;ir»'iii.'t,r^iib'^l:iiäz TilM-r *|ii' AiiIh'I'i iii!^2;->H'|li' iN'f I'jliiiiil^' hiiunts
iiikI vr>irvx:lt sirli tu «Ih' l'Mi;ir{i}.;i rfi- Dr'e'ulw.i fiiiM'ii!,: <lrT v«.ii <hii l':!l!;iiili'{i iN'Mizli"
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586 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes; Topographie der Eihäute.
Thierarten, z. B. Inuus, die Regel ist, nimmt Keilmann *) an, dass die eine Placenta
durch die Decidua capsularis überpflanzt sei. Häufig sind die Nebenplacenten,
Placentae succentur iatae, Hyrtl, die bis zu Linsengrösse herabgehen und
meist der Hauptplacenta gegenüber gefunden werden.
Man unterscheidet an der Placenta eine fötale (amniotische) und uterine
Fläche; die erstere ist, wie bemerkt, glatt und von weisslich-grauer Färbung.
An ihr inserirt die Nabelschnur. Die uterine Fläche einer frisch abgetrennten
Placenta ist dunkel, blutigrot, rauh und deutlich in kleinere Felder getheilt,
Cotyledonen. Gewöhnlich haften dieser Fläche gelbliche oder röthlichgelbe
Fibringerinnsel an.
Das Gewebe der Placenta ist blutig, schwammig und brüchig; es ähnelt
in der Konsistenz und im äusseren Aussehen dem Milzgewebe; wie dieses kann
es leicht mit dem Finger zerdrückt werden. Bespült man die Schnittfläche
mit einem Wasserstrahle, oder zerzupft ein Stückchen unter Wasser, so lassen
sich die Zotten leicht für das freie Auge zur Anschauung bringen.
Nach Leopold misst die Placenta im 5. Monate 10 und 12cm in der Fläche,
1— lV2cm in der Dicke, im G. und 7. Monate 12 und 13 cm in der Fläche, 1'74— 2 cm
in der Dicken im S.Monate 14 und 15cm in der Fläche; im 9. Mondesmonate erreicht
sie ihre definitive Grösse.
Die Placenta sitzt normaler Weise an der vorderen oder hinteren Wand
des Uteruskörpers; seltener ist der Sitz in einer Seite, oder oben im Fundus.
Leopold^) macht die Angabe, dass die Placenta hinten sitze, wenn man die
Tuben auf der Vorderfläche der Gebärmutter finde, dass sie dagegen vorn sitze,
wenn die Tuben parallel den Seitenkanten des Uterus verliefen. — Die That-
sache, dass die Placenta in den frühen Schwangerschaftsmonaten häufig tiefer
abwärts gefunden wird, hängt von relativen Grössenverhältnissen ab^).
Topographie der Eihäute«
Aus dem im Vorhergehenden Besprochenen ergibt sich, dass die Lage
der Eihäute in der schwangeren Gebärmutter sich wie folgt gestaltet : Gegen-
tiber dem Sitze der Placenta breitet sich die Decidua vera aus. Ihr liegt
unmittelbar die Decidua capsularis an, derart, dass mit freiem Auge die Grenze
zwischen beiden nicht zu erkennen ist. Hierauf kommt der glatte, zottenfreie
Theil des Chorion, dann das Amnion, nach dessen Durchtrennung man in die
Aninionhöhle, die vom Fruchtwasser erfüllt ist, gelangt. In dieser Folge wird
1) Keilmann, Der Placeutarboden bei den deciduaten Thieren. In: Berichte u.
Arbeiten aus der gynäkolog. Klinik in Breslau. Wiesbaden, 1894. S. auch Deutsche
med. Wochenschrift. 1895, Nr. 46.
2) Leopold, G., Uterus und Kind von der ersten Woche der Schwangerschaft
bis zum Beginn der Geburt und der Aufbau der Placenta. Geburtshülflich anatom.
Atlas mit 30 Tafeln und erläuterndem Text. Leipzig, 1897. S. Hirzel.
3) Vgl. über Bildung und Bau der Placenta insbesondere noch: a) Verhand-
hingen der Gesellsch. deutscher Naturf. u. Aerzte. 69. Versamml. Braunschweig 1897.
Discussion über Placenta S. 165. — b) Hofmeier, Beiträge zur Anatomie und Ent-
wickelung der menschl. Placenta. Zeitschr. f. Geburtsh. u. GynäkoL Bd. 35, Heft 3. —
Derselbe, Die menschl. Placenta. Wiesbaden, 1890,
ZiiMniidi' ih':- W^'UH''^: 1'o|M*-i'jijiliit* tU-v l'jluitifi
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i„;,i,^ nuj'h lliirdiM/iiiiridiiii,;:- ^l>r .<iiX:.>;i und ^liisnilaris iilrri, tue Srliidilni
d,,n^!ifiv,iiini iiifl-^si'iL iiiiK t'iua Ihüii K:iisr,>Hiiiifii', zur Friit^H zu -HniipiL
llir säiiitliclirii Kiliiiiil*'' /jis:iiiiiih'ii-T*iM..iiiiiM/'ii hiihvu nhvr p-rii d:L< Kiiilr iIit
Srliw.iii-iTSi^hd'l mir y.^u,i bis ilivi .^liliiiiiHvr Si;lrkc'. IHr leiste Wrkhliiiit- ik-r
si» wini dies, ii:ir!! iNiiTliIrnitiiiiia- dii' ^iii>k^dw:iiHL :iii dtm sr!i\v:iiiiiiii-bliiliv^
idini Ih/uvIh/ dt'f PlmH'iil.1 iTk.iiiiiU X.iHi iNirHtliviiiiiiii;:^ der I1areiii;i gidaiiui,
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itiijni iiiifu-ilt,!..
688 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Bau des schwangeren Uterus.
man sofort in die Amnionhöhle. üebrigens kündigt sich die Placentarstelle
bereits bei der Durchschneidung der muskulösen Uteruswand durch die starke
Venenentwicklung daselbst an.
üeber das Orificium internum uteri^ welches bis zum Beginne der Geburt
deutlich erkennbar bleibt (s. w. u.), zieht die Decidua capsularis hinweg, wäh-
rend die Vera in die Cervikalschleirahaut tibergeht (vgl. hierzu Fig. 94, 95,
96, 99—102 einschliesslich und HO).
Gegen das Ende der Schwangerschaft sind Decidua capsularis und vera
makroskopisch zu einem einzigen dünnen, weichen, graugelblichen Häutchen
von etwa 1 mm Durchmesser verbunden. Dasselbe besteht nur aus Zellen und
feinen Bindegewebsfasern. Das Epithel beider Häute und die Drüsen sind ver-
ödet ; nur an der üebergangsstelle zwischen capsularis und vera am Rande der
Placenta findet man noch Drtisenreste. Chorion und Amnion, also mit anderen
Worten, die Fruchtblase, liegen den vereinigten Deciduae dicht an.
Die genannten Figuren dienen zur Erläuterung des bisher Besprochenen. In
Fig. 94 sieht man die Placenta den grössten Theil der Innenfläche des Uterus ein-
nehmen; sie hat hier offenbar einen seitlichen (anscheinend linksseitigen) Sitz; seitlich,
jedoch mehr im Fundus, sitzt sie in Fig. 97. An der hinteren Wand in den Figuren
95, 96, 98. In Fig. 99—102, ferner 104-106 liegt sie im Fundus uteri.
In Fig. 94 sieht man die Decidua capsularis und die von ihr getrennten fötalen
Eihäute über den inneren Muttermund hinwegziehen; in Fig. 95, wo wir eine leere
Eihöhle vor uns haben, besteht eine Placenta praevia lateralis (s. w. u.); man sieht
hier sehr gut den Uebergang der Decidua vera in die Cervikalschleimhaut. Fig. 96
zeigt die fötalen Eihäute im Bereiche der Decidua vera und capsularis theilweise von
diesen Deciduae abgelöst; letztere sind an der Muskelwand des Uterus haften geblie-
ben und in der Figur nicht erkennbar. Die Stelle des inneren Muttermundes ist durch
die Sonde 10,10 bezeichnet; das obere Ende der Sonde ist durch die Capsularis hin-
durchgestossen und zur Schnittfläche hin umgebogen.
Bau der übrigen Wandgchichten des schwangeren Uterus. Cervix uteri gravid!«
Die auflfälligste Erscheinung am schwangeren Uterus ist seine Vergrösse-
rung im ganzen (vgl. die Maasstabelle S.497). Der Hauptantheil der Ver-
grösserung kommt auf die Muskulatur, wobei sowohl die Grösse der ein-
zelnen Muskelfasern, als auch deren Zahl erheblich zunimmt. Jede Muskel-
faser wird im Durchschnitt zehnfach länger und dreifach breiter als sie
früher war.
Nächst den Muskelfasern sind es die Blut- und Lymphgefässe, welche die
bedeutendste Grössen- und Zahlenzunahme zeigen; letztere trifiFt vorzugsweise die Ka-
pillaren.
Die Arterien zeigen auffallende spiralige Windungen. Die Venen erweitern
sich sehr bedeutend, und erscheinen auf Durchschnitten als grosse spaltförmige
Lücken; insbesondere auffallend ist dies, wie vorhin bemerkt, im Bereiche der Placen-
tarstelle. An Injektionspräparaten 1) erscheinen die Venen so zahlreich und so stark
1) Hyrtl, Corrosionsanatomie 1. c. Tafel XIV und XV. — Nagel, Beitrag zur
Anatomie der weiblichen Beckenorgane. Arch. f. Gynäk. Bd. 53, 1897. Arterien (nach
einem im Berliner anat. Inst, von Dr. Gerota injicirten und von Prof. Nagel an-
gefertigten Präparate) Taff. 18 u. 19; Venen Taf. 20.
Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Nabelschnur. 589
erweitert, dass sie die Arterien fast verdecken und einander mit ihren Wandungen
wie bei kavernösen Geweben berühren.
Die Lymphgefässe bilden, namentlich in der Nähe des Tubenwinkels an der
hinteren Wand, in der Subserosa reich entwickelte Netze mit lakunären Erweiterungen.
Auch die Nerven nehmen an der allgemeinen Hypertrophie Theil; das Ganglion cer-
vicale soll nach Frankenhäusers Angaben (I.e.) auf das vierfache seines sonstigen
Durchmessers kommen.
Ungeachtet der starken Vermehrung und Vergrösseruug der Muskelfasern
zeigt sich eine Verstärkung der Wandungsdicke doch nur zu Anfang der
Schwangerschaft und nach der Entbindung, s. w. u. Auf der Höhe der
Schwangerschaft ist die Wandungsdicke geringer als beim nicht schwangeren
Uterus. Auch ist die Wandungsdicke der schwangeren Gebärmutter nicht an
allen Stellen gleich. Doch lässt sich, wie mir scheint, keine bestimmte Regel
darüber aufstellen; nicht selten fand ich die Muskelwand an derPlacentarstelle
etwas dünner als im übrigen Bereiche.
Die Cervix uteri nimmt an der Vergrösseruug des ganzen Organes
ebenfalls Theil, jedoch in geringerem Masse; sicher ist — und das ist das
Wichtigste — dass aus ihrer Schleimhaut der Regel nach keine
Deciduaformationen hervorgehen; wenigstens habe ich in den von
mir untersuchten Fällen keine solche entdecken können. S. w. u. „Anatomie
des Geburtsvorgauges".
Sämtliche Schichten zeigen eine stärkere Durchfeuchtung und infolge
dessen eine deutliche Sukku lenz' und Weichheit. Letztere prägt sich be-
sonders an den Muttermundslippen in den letzten Monaten der Schwanger-
schaft aus. Um diese Zeit beginnt auch, insbesondere bei Multiparae, der
äussere Muttermund etwas zu klaffen, so dass man mit einem Finger in
den Cervikalkanal einzudringen vermag.
Forin ^ Grösse und Lage der Nabelschnur.
S. 582 haben wir die Entwicklung und die Bestandtheile der Nabelschnur
bereits angegeben; es erübrigt noch auf ihre Form, Lage und Grösse einzu-
gehen.
Eine normale, vollkommen ausgebildete Nabelschnur ist ein kleinfingerdicker
und im Durchschnitte 50 cm langer^), rundlicher Strang. Die Länge schwankt in sehr
weiten Grenzen, von 7—194 cm; die Extreme sind freilich sehr selten.
Jede reife Nabelschnur ist spiralig gewunden, und zwar, vom Nabel des Kindes
zur Placenta gesehen, meistens links gewunden (also umgekehrt wie der Gang eines
Uhrzeigers). Dies sind die Gesamt Windungen der Schnur; ausser diesen zeigt noch
jedes der drei grösseren Gefässe besondere Windungen, welche sich an der Vene
aussen als Furchen markiren und nach innen hin zu klappeuähnlichen Vorsprüngen
(Valvulae Hobokeni) führen. Auch die sogenannten ^falschen Nabelschnurknoten"
sind auf diesen Umstand zurückzuführen.
Die Vene liegt in der Mitte zwischen den beiden Arterien, welche sich auch
1) Es ist dies, beiläufig bemerkt, dieselbe Länge, welche ein ausgetragenes Kind
zu haben pflegt; ungefähr auch die des Vorderarmes mit der Hand einer erwachsenen
Frau mittlerer Grösse,
Ti'Ji'J l^t'sr}ihTl!lsf}i;ili;j'r' Zu.-.! ;i ii«f<' ih'N W'i-jbfs: X;ilH'I>f|illlll\
iiit'lir i>lN'rf!.'irlilii'}i liiiirHli'iL I >ir' \'i/i'M» i>t iir^j>rtiii--ijrli fi.>|/|»«'ir ; S}>iir<'ii dt-r Diij'ifM,*-
Ali?irhHiiü'-f lllUnifi <'|l>;ii" !i;m-Ii il«'t- I üsiTlinl! in die 1 *L'N'.-iiJ;t .
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592 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes : Schwangerer Uterus: Form, Grösse, Lage.
der Schnur begünstigt werden (s. Fig. 94 u. 107) — Bildung echter Knoten, wo-
durch Absterben des Kindes bedingt sein kann, endlich Torsionen der Nabelschnur,
welche, wie auch Vorfälle und feste Umschlingungen, denselben üblen Erfolg haben
können. Lose Umschlingungen, s. Fig. 94, sind ungefährlich i).
Form, Grösse und Lage des Uterus in den einzelnen Schwangerscliaftsmonaten«
Indem die Gebärmutter mit dem Waehsthume des Eies sich vergrössert,
wird, der Form des kindlichen Körpers entsprechend, vorzugsweise ihr Längs-
durchmesser zunehmen. Nach dem Stande des Fundus uteri wird man also
auch die Zeit der Schwangerschaft bemessen können.
Im ersten Monate nimmt der Uterus nicht merkbar an Länge zu ; dagegen
zeigt sich an der Wand, an der das Ei seinen Sitz hat, eine stärkere Hervorwölbung
und das Corpus uteri fühlt sich weicher an, fast fluktuirend; selbstverständlich ist
dies erst gegen Ende des ersten Monates der Fall. Bei Erstschwangeren verliert die
Portio vaginalis ihre ausgesprochen konische Form; der Muttermund wird rundlich,
der früher klare glasige Schleimpfropf erscheint mehr grau. Der supracervikale Ab-
schnitt des Corpus uteri, also der dicht oberhalb des Isthmus befindliche Theil, lässt
sich, bei kombinirter Untersuchung von Rectum und Scheide aus, leicht zwischen
zwei Fingern zusammendrücken; dasselbe gelingt auch in der Nähe der Tube
(Landau). Ferner lässt sich (im 2. Monate, bei bimanueller Untersuchung von der
Scheide und den Bauchdecken aus) im supracervikalen Abschnitte leicht eine Falte
der vorderen Uteruswand bilden. Dickinson hat diese Falte zuerst besprochen,
hält sie aber irrthümlich für eine dauernde Bildung 2).
Am Ende des zweiten Monates ist der Uterus gänseeigross; seine
Portio vaginalis ist ebenfalls vergrössert; er liegt noch vollständig im klei-
nen Becken. Vergrössert sind insbesondere der Breiten- und Sagittaldurchmesser.
Am Ende des dritten Monates steht der höchste Punkt des Ute-
rus in der Ebene des Beckeneinganges. Die Vergrösserung des Körpers
überwiegt weit die der Cervix, welche etwas verlängert und daher schlanker erscheint.
Bei leerer Harnblase sinkt der vordere Umfang des Fundus auf die vordere Vaginal-
wand hinab. Man fühlt daher den Uterus sehr deutlich durch das vordere Scheiden-
gewölbe. Im ganzen hat die Gebärmutter die Grösse des Kopfes eines geburtsreifen
Kindes (s. Fig. 94, 95).
Am Ende des vierten Monates überragt der Fundus uteri die
Beckeneingangsebene und lässt sich deutlich über der Symphyse fühlen ;
auch können schon Kindestheile palpirt werden (s. Fig. 96).
Am Ende des fünftes Monates finden wir den Fundus uteri dicht
unterhalb des Nabels (s. Flg. 97). Im s e c h s t e n M o n a t e (s. Fig. 98) er-
reicht er die Höhe des Nabels. Bis zum Anfange des fünften Monates (Fig.
94-_9(j) behält der Uterus seine typische Anteversions- und Anteflexionsstellung. In
den späteren Monaten (s. Fig. 97—99), wenn er über das Promontorium hinausge-
rückt ist, nimmt er eine mehr gerade Kichtung an. Eine geringe Anteversio bleibt
1) Ueber die Nabelschnur vgl. noch: Neugebauer, Morphologie der mensch-
lichen Nabelschnur. Breslau, 1858. — Hyrtl, Die Blutgefässe der menschlichen Nach-
geburt. Wien, 1870.
2) He gar, Diagnose der frühesten Schwangerschaftsperiode. Deutsche mediz.
Wochenschr. 1895, Nr. 35, S. 565. — Landau, Zur Diagnose der Schwangerschaft in
den ersten Monaten. Ebend. 1893, Nr. 52. — Dickinson, The diagnosis ofpregnancy
between the second and eight week by bimanual examination. American Journ. of
Obstetr. 1892, Vol. 25, p. 384.
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596 Geschlechtsthätig-e Zustände des Weibes: Syntopie des schwangeren Uterus.
aber bestehen, indem sich die vordere Uteruswand unmittelbar der vorderen Bauch-
wand anlegt und diese vorwölbt.
Am Ende des siebenten Monates steht der Gebärmuttergrund
2—3 Quer fing er breit oberhalb des Nabels; am Ende des achten zwi-
schen Nabel und Schwertfortsatz; am Ende des neunten 2— 3 Quer-
finger breit unterhalb des S c h w er t f o r tsa t z es. Dies ist der höchste
Stand, den der Gebärmuttergrund erreicht.
Im Laufe des zehnten Mondesmonates senkt sich der Gebär-
muttergrund wieder, so dass er kurz vor der Geburt abermals in der Mitte zwi-
schen Schwertfortsatz und Nabel gefunden wird. Dies hängt ab von einer Verände-
rung der Richtung der Uterusaxe, welche sich, unter stärkerer Vorwölbung des Bau-
ches, mehr nach vorn neigt; dabei nimmt die Länge der gesamten Gebärmutter noch
zu, was, abgesehen von der stärkeren Vorwölbung des Bauches, eine Verschie-
bung der Portio vaginalis und des Scheidengewölbes nach hin-
ten zur Folge hat (Fig, 99).
Die Portio vaginalis erleidet ebenfalls Lageveränderungen. Etwa von
der Mitte der Schwangerschaft an rückt sie merklich in die Höhe, und, während des
zehnten Monates, wie bemerkt, auch nach hinten, so dass sie schwerer zu erreichen
ist und infolge dessen wie verkürzt erscheint. Bei engem Becken sowie bei starker
Füllung der Gebärmutter (Zwillinge, Hydramnion) tritt ein Zurücksinken im letzten
Monate nicht ein.
Syntopie des schwangeren Uterus.
Die syntopischen Beziehuugen der schwangeren Gebärmutter ergeben sich
unmittelbar aus denen der nicht schwangeren und aus dem eben Angeführten.
Die vordere Wand ruht in den ersten drei bis vier Monaten in ganz ähnlicher
Weise auf der oberen Blasenfläche, wie dies früher angegeben wurde (s. die
Figg. 94—96). Später (Figg. 97—99) berührt nur der untere Theil des vor-
deren Gebärmutterkörpers die Blase, der obere liegt unmittelbar der vorderen
Bauchwand an; ja, wenn die Blase in den letzten Monaten stark nach abwärts
gedrängt wird (s. Fig. 99), liegt nur die Cervix der hinteren Blasenwand an.
Die L agebeziehungen zum Rectum ändern sich in ähnlicher
Weise ab, wie aus den Figuren ersichtlich ist.
Die wichtigsten Aenderungen ergeben sich in den Beziehungen zum
Darmkanal e. Das Colon pelvinum und Theile der Flexura sigmoidea blei-
ben in der Kreuzbeinaushöhlung hinter dem unteren Theile des Gebärmutter-
körpers liegen (s. insbesondere Fig. 99); sonst werden sowohl hinten wie vorn
alle Darmschlingen verdrängt, so dass die Gebärmutter der Bauchwand und
der Lendenwirbelsäule unmittelbar anliegt, der letzteren bis zur Höhe des
dritten Lendenwirbels. Hier berührt sie das untere Quer stück
des Duodenum und das Pankreas. Die Dünndarmschlingen ruhen
auf dem Fundus (s. Figg. 104 — 106); das Caecum mit dem Processus vermi-
formis wird gehoben, und die Einmündungsstelle des Ileum in das Caecum
gelangt dicht in die Nachbarschaft der Uteruswand (Figg. 104 — 106); im
übrigen nehmen die Dünndarmschlingen, soweit Raum ist, den Platz zu beiden
Seiten des Uteruskörpers ein. Häufig findet man den Fundus uteri nach einer
Seite hin abgewichen, und dann sind dort die Darmschlingen gewöhnlieh ver-
drängt. Die Darmschlingen wie auch andere Theile können von der Uterin-
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kk'ii'H' IkM/k,«'!! rin_iii'i,i'<>h^it<'N Kiin! olim»' K iHisiliiilft- iiit^lii ^^vhin-i'u wi'r<"li*ii kiuiti. Nur
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Auf dir diirrh dii' lh'i',>ruiii:ih'n iU::- Knt.lf^ ; ll\ drori-|.|hihi"^, II\ dr*^ MTha«;}ii>. .-lüdcri'
< d'Sidn\ iilsfi,\ I hi|ijHd'iiH^sliiIdJi}i--rii " lHM|jii;,rN'i! S!drtj!i.t:*<'!i tu drrl,;i-'<- l.;iiiii iilvr uh'ht
viuii'v^snti^-i'H Wi'ViU'ii: vUi'ii^-^n\'i'}ii'.j' .niil die L:i-^i'vi'rli;d!id>st' bri Mriindi-Jt-Mdiiiiifiä
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Hlidss y,iis;iJiiiiiiiiiZ'(*kriliiiiij|,, yml lüi* l''.xtr<iiiit:il,tii. \^n' n^iiirli üiiii llriKl ^utI:i^
ixvvlj fiillini <ltii liaiiiii zwir^fdiiii ilir'^i-ii hridrii l^iiilsnii/krii ;iii>. Ilit^r lindid'
ni:iii inii'li lirr \\v^;:\'\ wiwh liii' Kulirl-fliiiiir /.wrsrlini i\en klriiHii KiiHlcsfindlrii.
itiitiiiiler aiH'li liiii ilcii iials ilis V'^Mm t:e<,vh\m\'j:vn. \)\v :niii<i'r Si^iir winJ
:ilk'iii <!iir<"li düi kou'vi'x ^i^i-lKi^t^Tin-n liii(d\i'ii $iii;;HiiojiiiiniK
V^i. Idf{"/Ji dj<* l'd-\ Ifiü iiiid litl: in Idii';. t*-^- Mddil maii -jul ^iic X;idid-r|iinir und
dif' i.ii;i:'<' d**r l%!idiini Tlndl«."- in Ft^i:-. !M ist di«» Xriln'lsidHiftf lox' um di'f» I!;tl- i'frtr^'l,,,
GÖ6 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Üebrige Organe der Schwangeren.
Es können aber auch, namentlich, wenn viel Fruchtwasser vorhanden ist,
Abweichungen von diesem regelmässigen Verhalten vorkommen. Zuweilen
strecken sich die kleinen Kindestheile, namentlich die Füsse, nach einer Seite,
wodurch die Entstehung von Querlagen begünstigt werden kann. In Fig.
104—106 haben wir vielleicht einen solchen Fall vor uns; es ist indessen mög-
lich, dass hier die Frucht diese Lage erst beim Absterben eingenommen hat.
Auch in Fig. 107 — 110 sehen wir die Frucht eine freiere Lage innehalten,
wenngleich es sich im ganzen um eine Schädellage handelt; hier ist viel
Fruchtwasser vorhanden.
lieber die Ursachen, welche zu einer bestimmten Lage und Haltung des
Kindes führen, ist man noch nicht im Reinen; doch will ich auf einen jüngst
von Camcron^) hervorgehobenen Umstand hinweisen, dass nämlich der Rücken
des Kindes stets da liegen soll, wo sich die Placcnta nicht befindet. Die Be-
deutsamkeit dieses Zusammentreffens ist einleuchtend.
Vergl. zu diesem Abschnitte noch die Arbeit D ö d e r 1 c i n's, „Die Ergeb-
nisse der Gefrierdurchschnitte durch Schwangere". Ergebnisse der Anat. u.
Entw.-Gesch., herausg. von Merkel u. Bonnet, 1894. Bd. IV. S. 314.
Anatomische Veränderungen der übrigen Organe des Weibes während der
Schwangerschaft.
Die erheblichsten Veränderungen, welche den Frauenkürper während der
Schwangerschaft, abgesehen von der Gebärmutter, treffen, finden wir natur-
gemäss an den Adnexen des Uterus.
Die Arteria uterina wird in die Höhe gezogen; ihr Winkel an der Ureter-
kreuzung wird mehr oder weniger ausgegliclien.
Die Ei er s t Ö c k e erscheinen etwas grösser, insbesondere der, welcher das
Corpus luteum verum trRgt. Durch Anspannung der Ligamenta lata und ovarii
propria werden sie gego^n Ende der Schwangerschaft über den Beckeneingang empor-
gelioben und liegen der Seitenwand des Uterus dicht an; sie können bis zur Höiie
der Synchondrosis lumbalis Vö nach aufwärts gelangen; ihre senkrechte Stellung be-
halten sie bei.
Die Muttertrompeten nehmen gleichfalls an Grösse zu. Sie laufen in der
letzten Zeit der Schwangerschaft an den Seitenkanten des Uterus gestreckt hinab;
ihre Pars ampuUaris kann die Lage zum Eierstocke indessen beibehalten.
Die Ligamenta teretia erreiciien gegen das Ende der Schwangerschaft
fast die Stärke eines männlichen Samenstranges^ vor allem durch Entwicklung ihrer
Muskulatur. Sie können dann deutlich palpirt werden, insbesondere wahrend einer
Wehe, wobei ihre Muskeln sich mit der Uterusmuskulatur zusammenziehen.
Die S c h lei m ha u t der S c h ei d e nimmt an der allgemeinen Schwellung
und grösseren Durchfeuchtung der sämtlichen Beckenorgane theil. Beides, welches
eine charakteristische Sukkulenz der Gewebe erzeugt, ist auf den grösseren Blut- und
Lymphgehalt derselben zurückzuführen. Besonders stark pflegt die Carina ure-
thralis hervorzutreten.
Von geburtshülflicher Seite wird diagnostischer Werth auf eine eigentümliche
Farbenveränderung gelegt, welche die Wandungen des Scheidenvorhofes, der
1) Cameron, M., A new theory as to the position of the foetus in utero. Brit.
med. Journ. 1896, February 29.
Gresctilechtstliätige Zustände des Weibes: Dauer der Schwäng^erschaft. 607
Scheide und die Portio vaginalis erleiden. Zu der gewöhnlichen grauröthlichen Fär-
bung derselben tritt, infolge stärkerer Venenfüllung, ein charakteristischer bläulicher
Ton hinzu; man hat die Färbung mit der von Wei nhefe verglichen. Bei der Ver-
werthung dieser Färbung für die Diagnose der Schwangerschaft müssen nur andere
Ursachen einer venösen Hyperämie ausgeschlossen sein.
Die ausser enGeschlechtsorgane erleiden, namentlich gegen das Ende
der Schwangerschaft, eine geringe Volumenszunahme. Ihre drüsigen Apparate se-
cerniren stärker. Auch die Harnblase verändert sich insofern, als ihre Muskel-
wand an der Hypertrophie der glatten Beckenniuskulatur theilnimmt, und als sie tiefer
hinabgedrängt wird.
Bemerkenswerth sind auch die an vielen Stellen der Haut auftretenden stär-
keren bräunlichen Pigmentirungen, welche erst mit dem Ende des Puer-
perium, bezw. der Laktation, abzublassen pflegen. Sie finden sich an der Stirn und
im Gesichte — Chloasma u t e r i n u m — am Brustwarzenhofe, in der Mittellinie dos
Bauchps, und zwar auch in der Oberbauchgegend, wo man sonst fast niemals Pig-
mentirung sieht, an den äusseren Genitalien, am Damme und um den Anus Iierum.
Nicht konstant, wenn auch sehr häufig, sind die S tr i a e g r a v i d ar u m. Sie
beruhen auf einem Ausein.anderweicljcn der gröberen Bindegewebsbündel der Kutis
nach der Richtung ihrer Hauptspaltbarkeit. In der dadurch entstehenden Lücke sieht
man einen Theil der Bindegewebsfasern, ohne dass eine Zerreissung einträte, in ver-
änderter Faserrichtung von einer Seite zur andern laufen (Langer). Nach meinen
Befunden treten jedoch in diesen Lücken auch junge Bindegewebszellen auf, und
liierauf, sowie auf eine reichere seröse Durchtränkung, beziehe ich die röth liehen
Prominenzen, als welche die spätem weisslichen, narbenähnlichen Striae zunächst er-
scheinen. Nach der Entbindung schrumpft das junge Bindegewebe ein. Solche Striae
entstehen aber auch bei starker Ausdehnung des Bauches, der Oberschenkel und Ge-
sässhaut aus irgend einem anderen Grunde, ohne dass Scliwangerschaft zu bestehen
braucht, insbesondere bei rascher Fettablagerung i).
Wichtig ist noch die gegen das Ende der Schwangerschaft eintretende
Lockerung der Recke ngelenke und der Symphyse; in der letz-
teren kann eine Art Gelenk höhle sich ausbilden (S. 34).
Auf die übrigen Veränderungen, namentlich der inneren Organe, des
Blutes, der Ausscheidungen, u. a. einzugehen, ist hier nicht der Ort^).
Dauer der Schwangerschaft.
Eine Zahl von Fällen, in denen man den Zeitpunkt der befruchtenden Begat-
tung genau angeben konnte, lehrt, dass gewöhnlich 270— '276 Tage von da ab bis zum
Eintritte der Geburt verstreichen. Da nun der Tag der Befruchtung nur in seltenen
Fällen sicher anzugeben ist, so rechnet man praktisch, auf Grund langer Erfahrung,
vom ersten Tage der letzten Menstruation, und nimmt von da den 280. Tag (10
vollendete Mondesmonate) als Eintrittstag für die Geburt. Die vorkommenden Ab-
weichung'en sind allerdings ziemlich beträchtlich. Sie können einestheils dadurch er-
1) Meine Ansicht über die Bildung der Striae weicht in dem Punkte von
C. Langer (Ueber die Textur der sogenannten Graviditätsnarben. Wiener med. Jahr-
bücher, 1880, S. 49) und E. Krause u. Felsenreich (Ueber Spannungsverhältnisse
der Bauchhaut bei der Gravidität. Arch. f. Gynäkol. 1879, Bd. 15, S. 179) ab, als sie
noch eine Neubildung von Bindegewebe zulässt.
2) Ueber die im vorigen Abschnitte abgehandelten Verhältnisse wolle man be
sonders das grosse neueste Werk Leopold 's vergleichen: „Uterus und Kind", 1. c.
[S. 586].
Ö08 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Qeburtsänatomie.
klärt werden, dass die Befruchtung während der ganzen intermenstruellen Zeit statt-
finden kann, dass aber andererseits auch individuelle Ursachen für einen verfrühten
oder verspäteten Eintritt der Geburt zugelassen werden müssen.
Das neue bürgerliche Gesetzbuch des deutschen Reiches lässt eine Schwankung
• vom 181. bis 302. Tage zu — sogenannte „Empfängnisszeit".
Anatomie des Gebnrttvorg*anges.
Die Geburt beginnt mit dem ersten Eintritte der in regelmässigen
Pansen sieh wiederholenden, und in charakteristischer Weise ablaufenden Zu-
sammenziehungen der Gebärmutter, welche, wegen der damit verbundenen
Schmerzen, „Wehen", Dolores ad partum, genannt werden.
Der Geburtsvorgang zerfällt in drei Abschnitte: die Eröffnungs-
periode, die Austreibungsperiode und die Nachgeburtsperiode.
Die Er öffnungs Periode erweitert den äusseren Muttermund und den Cervikal-
kanal bis zur Grösse des vordringenden Kindeskopfes (10—11 cm). Es erscheint dann
der Rand des Orificium uteri externum wie ein feiner Saum, der sich von der Schei-
denwand kaum abhebt und dicht dem vordringenden Kindestheile angeschmiegt ist.
Natürlich ist in ähnlicher Weise auch der gesamte Cervikalkanal erweitert, und beim
weiteren Vordringen des Kindes auch die Scheide, so dass nunmehr der Uterus mit
der Scheide einen einzigen, oben blind geschlossenen, nach unten sich öffnenden wei-
ten, nach der Beckenaxe gekrümmten Schlauch darstellt, in welchem sich das Kind
nach aussen bewegt.
An diesem Sclilauche sind jedoch zwei besonders wichtige Abschnitte zu
unterscheiden, der untere, oder der Durchtrittsschlauch, und der obere, oder
der Hohlmuskel (Schroeder)^). Den ersten Abschnitt kann man auch als
den passiven, den anderen als den aktiven bezeichnen, indem der erstere sich
an der Austreibung des Kindes kaum betheiligt, während der Hohlmuskel die
treibende Kraft von Seiten des Uterus entwickelt.
Es ist noch eine umstrittene Frage, welche Theile des Uterovaginalrohres
sich an der Bildung des Durchtrittsschlauches betheiligen. Während die einen
(Bandl, Küstner, Bayer) der Ansicht sind, dass schon in der letzten Zeit
der Gravidität der obere Cervixabschnitt mit in den „Brutraum" einbezogen
werde und eclite Decidua ausbilde, und dass der Durchtrittsschlauch nur aus
dem Ccrvikalkanale imd der Scheide hervorgehe, lehren Schröder, Hof-
meier, V. Franque u. aJ)j dass ein solches Aufgehen einer oberen Cervix-
partie in den Brutraum nicht stattfinde, dass vielmehr noch ein Theil des un-
teren Corpusabschnittcs, unteres Uterinsegment, an der Bildung des Durch-
trittsschlauches sich betheilige.
Die Bildung dieses unteren Uterinsegmentes erfolgt im wesentlichen mit dem Be-
ginne der Wehenthätigkeit; man konstatirt, dass im Bereiche des unteren Corpusab-
Schnittes eine ringförmige Grenzmarke auftritt, durch welche ein oberer grösserer und
1) Schröder und Stratz, Der schwangere und kreissende Uterus. Bonn, 1886.
Friedrich Cohen.
2) Vgl. insbesondere Bayer, H., Uterus und unteres Uterinsegment. Archiv für
Gynäkologie. 1897. Bd. 54. — Derselbe, Cervixfrage und Placenta praevia. Ver-
handlungen der deutschen gynUkol. Gesellsch., 1897. — Franqu^, 0. v., Cervix und
unteres Uterinsegment. Erlangen, 1897 (mit Litteratur).
Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Geburtsanatomie. 609
dickwandiger Theil des Uteruskörpers sich von einem unteren dünnwandigen scharf
absetzt. Insbesondere deutlich erscheint diese ringförmige Absetzung während einer
Wehe. Diese Grenzmarke heisst der Kontraktionsring i). Der oberhalb dieses
Ringes liegende Abschnitt ist nun der austreibende Hohlmuskel, der unterhalb gele-
gene — nach Schröder's Lehre also ein Theil des Uteruskörpers, die Cervix und
die Scheide — bilden den Durchtrittsschlauch.
Die Vertreter der gegentheiligen Ansicht, wie Bandl, Zweifel u. a., leugnen
die Existenz eines Kontraktionsringes nicht, verlegen ihn aber in den inneren Mutter-
mund, indem sie das untere Uterinsegment als den erweiterten oberen in den Brut-
raum einbezogenen Cervixabschnitt ansprechen.
Nach meinen Untersuchungen muss ich mich dahin äussern, . dass der Regel
nach bis zum Beginne der Geburt der Cervikalkanal in seiner ganzen Länge samt
dem inneren Muttermunde erhalten bleibt. Ich bin der Meinung, dass die durch die
sorgfältigen Untersucliungen Bayer's nachgewiesene Hypertrophie der Cervixmus-
kulatur vollkommen durch die bekannte Grössenzunahme der Cervix in Anspruch
genommen wird. Sie gibt keinen zwingenden Grund ab, an eine regelmässige Ent-
faltung der oberen Cervixpartie vor der Geburt zu denken. Dass bei Erstgebärenden,
oder bei abnorm grossen Eiern eine theilweise Entfaltung der Cervix häufig eintritt,
wird allerdings auch von Schröder, Rüge und Hofmeier zugegeben.
Ein wichtiger Faktor für die naturgemässe Eröffnung des Cervikalkanales
und des Muttermundes bilden die Eihäute mit dem sie füllenden Fruchtwasser.
Letzteres wird l)ei der Wehe naturgemäss vorgetrieben und stülpt die Eihäute
in Gestalt einer Blase, Fruchtblase, vor. Man fühlt also bei der Untersu-
chung während der Eröffnungsperiode in einer Wehe diese Blase sich vorwöl-
ben. Die Wandungen der Blase bestehen aus der Decidua capsularis, dem
Chorion und dem Amnion, In der Regel springt die Blase kurz vor dem Ende
der Eröffuungsperiode, und das Fruchtwasser wird entleert.
Während der Austreibungsperiode tritt zu der Kraft des uterinen
Hohlmuskels noch die Wirkung der Bauchpresse hinzu. Bei eutopischer Lage
des Kindes geht diese Periode rascher vorüber; so ist es wenigstens das Normale.
Ist der Kopf tiefer in die Scheide herabgetreten, so streckt sich der Kindes-
körper. Bei der Wehe sieht man nunmehr die äusseren Genitalien, insbesondere
aber den Damm und den Anus der Kreissenden, sich vorwölben. — Mit dem Er-
scheinen des vorliegenden Kindestheiles im Vestibulum vaginae beginnt der
Durchschneidungsakt, während dessen es, namentlich bei Erstgebä-
renden, den Damm vor dem Einreissen zu schützen gilt.
Während der Wehen ändert der Uterus seine Lage und Form; er wird
hart und steif und nähert sich unter einer Sinistro- oder Dextrotorsion der
vorderen Bauch wand; sein Querdurchmesser nimmt ab, sein Tiefendurchmesser
nimmt zu; der Fundus rückt in die Höhe, so dass er gegen das Ende der Er-
öffnungsperiode die Rippen erreicht^).
Während der Austreibung macht der kindliche Körper bestimmte Lageverän-
derungen durch, die bei normalem Becken und gewöhnlichen Grössenverhältnissen
1) Eine gute Abbildung eines Kontraktionsringes gibt jüngst Wm. Lusk: Re-
marks on a frozen section of the first stage of Labour, Brit. med. Journ. Nr. 1954.
Juni 11. 1898.
2) Vergleiche die Schilderung dieser Vorgänge in Schröder's Lehrbuch, 1. c.
Waldeyer, Das Becken. 39
610 Gcschlechtsthätigc Zustände des Weibes: Gcburtsauatoniie.
des Kindes eine gesetzmässi«:e Folg-e zeigten und offenbar auf mechanische Ursachen
zurückzuführen sind, M e c h a n i s in u s }) a r t u s. Der Meclianismus partus ändert
sich nach den verschiedenen Einstellungslagen ab. Es ist hier nicht der Ort dieses
näher zu schildern, um "so weniger, als bei den kompetentesten Faciimännern noch
grosse Differenzen über die hierbei in Betracht kommenden Faktoren bestehen. So
meint 01s hausen*), dass die Drehungen des Kopfes durch die Drehungen des
Rumpfes bedingt würden ; Varnier^) mit Farabeuf^), sowie J.Veit, I.e. [S.48] sehen
in der Gestaltung und Wirkung der Beckenmuskulatur, insbesondere der des Becken-
bodens und des Dammes wesentliche Dinge für die Drehung des vorliegenden Kin-
destheiles, insbesondere des Kopfes. Die Meisten, vergl. u. A. ZweifeH), legen das
Hauptgewicht auf die Konforniation des knöchernen Beckens im Verhältniss zum
Kindeskopfe, ohne jedoch die Wichtigkeit des Einflusses der Muskulatur in Abrede
stellen zu wollen ^).
Auf einen Umstand rnuss bei Untersuchungen über den Mechanismus
partus besonders hingewiesen werden, den Lesshaft, I. c. [S. 32], betont,
dass nämlich die kleine Becken höhle nicht erweiterungs-
fähigist, wenigstens nicht in ncnnenswerther Weise.
In der Nachgeburtsperiode kommt es zur Ausstossung der Pla-
centa und der Eihäute, Die Placenta löst sich, infolge der starken Zusammen-
ziehung des Uterus nach Austreibung des Kindes, in der Weise, dass ein Rest
derselben, welcher die unteren blinden Enden der dilatirten Uterindrtisen ent-
hält, im Uterus verbleibt, ebenso wie die Decidua vera. Mit der Placenta gehen
von mütterlichen Produkten die Reste der Decidua reflexa zum Theil — andere
Theile derselben bleiben auf der Vera haften • — , von kindlichen die beiden
Eihäute, Amnion und Choriou, nebst dem durch Abnabelung an der Placenta
sitzen gebliebenen Nabelschnurstücke ab. Dies zusammen heisst die Nach-
geburt, Secundinae. Die Placenta stellt sich dabei zuerst gewöhnlich
mit ihrem Rande ein. Du ncan'sche Stellung; in selteneren Fällen legt
sie sich flach auf den Kontraktionsring und wird dabei schalenförmig von oben
her eingestülpt. Schult zc'sche Stellung. In diesem Falle findet in den
Schalenraum ein Bluterguss statt, retroplacentarer Blute rguss.
Bei der Trennung, welche in der sogenannten „lakunaren" Schicht der
Placenta erfolgt, werden sowohl arterielle wie venöse mütterliche Gefässe durch-
rissen, so dass eine begleitende Blutung die Regel ist; dieselbe pflegt indessen
1) Olshausen, R., Ueber die nachträgliche Diagnose des Geburts Verlaufes etc.
Volkmann's klinische Beiträge. 1870. Nr. 8. Ferner in Arch. f. Gynäk., Bd. XX. S. 288
und Verhandl der Deutschen Gesellschaft für Gynäkol. II, S. 244. 1888.
2) Varnier, Du d6troit Interieur musculaire du bassin obstetrical. Paris, 1888.
3) Farabeuf, L. H., et Varnier, H., Introduction a Tetude clinique et ia pra-
tique des accouchements. Paris, Steinheil. 1891.
4) Braune, W., und Zweifel, P., Gefrierdurchschnitte in systematischer An-
ordnung durch den Körper einer Hochschwangeren. Leipzig, 1890. — Zweifel, Zwei
neue Gefrierdurchschnitte Gebärender. Leipzig, 1893, u. Lehrb. der Geburtshülfe, 4. Aufl.
5) Ueber den Mechanismus partus vergleiche insbesondere noch: 1) Kueneke,
Die vier Faktoren der Geburt. Berlin, 1869. — 2) Lahs, Theorie der Geburt. Bonn,
1877. — 3) Schatz, Der Geburtsmechanismus der Kopt'endlagen. Leipzig, 1868; ferner
Centralblatt für Gynäkologie, 18;)0, und Deutsche medizinische Wochenschrift, 1890.
Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Anatomie des Puerperium. 611
bei guten Kontraktionen des Uterus rasch zu stehen, Arterien wie Venen sind
übrigens an der betreffenden Stelle äusserst dünnwandig.
Anatomie des Puerperinm.
Unmittelbar nach der Entbindung zeigt das Bauchfell, soweit es dem
Uterus locker anliegt, Falten (Duncan'sche Falten),
Schon wenige Tage nach der Geburt nimmt die Gebärmutter, falls nicht
störende Verhältnisse bestehen, ihre Antcversioflexionsstellung wieder ein, wie
dies ein 1895 veröffentlichter sehr wichtiger Gefrierdurchschnitt Schrei ber's^)
lehrt; jedenfalls geschieht dies in den ersten Wochen nach der Entbindung
(vgl. Fig. 103). An dem S ch rei ber'schen Schnitte (fünf Tage nach der Ent-
bindung) erkennt man bereits wieder die Muttermundslippen, den Unterschied
beider Scheidengewölbe, den Cervikalkanal sowie den inneren Muttermund,
Die vordere Cervikalwand geht schroff abgesetzt in die bis 4V2 cm dicke
vordere Körperwand des Uterus über, die hintere allmählich. — Unmittelbar nach
der Entbindung soll der Utcruskörper fest zusammengezogen sein und sich hart
anfühlen, von kugeliger Form ; die Wände der Cervix sind schlaff. Am ersten
Tage steht der Fundus noch 10—16 cm oberhalb der Symphyse, dicht an den
Bauchdecken. 1—2 Tage lang lässt sich wohl noch ein unteres Uterin-
segment unterscheiden. Am 5. Tage steht der Fundus zwischen Nabel und
Symphyse, am 10, am oberen Symphysenrande. — Eine Portio vaginalis ist
schon am 2. Tage wieder erkennbar. Der äussere Muttermund stellt einen
klaffenden Qucrspalt mit mehr oder weniger tiefen Einrissen dar, seine Ränder
sind schlaff; nach etwa 2 — 3 Monaten erhält er die Verhältnisse wieder, die
der Nichtschwangeren zukommen. Das Orificium internum markirt sich
etwa am 3. Tage und ist vom 10. Tage ab völlig hergestellt. Der Canalis
cervicis bleibt gewöhnlich vier Wochen lang für den Finger durchgängig. —
Die Involution des Uterus pflegt bei Mehrgebärenden und Säugenden rascher
zu erfolgen.
Noch bis in die vierte und fünfte Woche hinein kann man die Placentar-
stclle an der stärkeren Hervorragung der Wand und an einer mehr rauhen
Beschaffenheit der letzteren, sowie an den hinter ihr befindlichen erweiterten
Uteringefässen auf dem Durchschnitte erkennen.
Eierstöcke und Tuben haben in der dritten Woche nach der Ent-
bindung ihre gewöhnliche Lage wieder gewonnen, B. Schnitze, 1. c. [S. 496].
Mit dem Eintritte des Puerperium beginnt der sogenannte Wochentiuss, Lo-
ch! en^). Derselbe ist anfangs fast rein blutig, später schleimig blutig:, dann schlei-
mig trübe und endlich mehr serös. Mit den Lochien werden Blut- und Eihautreste,
insbesondere die überschüssige Bildung der Decidua vera, entfernt; ferner kompensirt
sich damit die in der ersten Zeit noch überschüssige Gefässzufuhr. — Von den Epi-
1) Schreiber, Beschreibung von Gefrierdurchschnitten durch den Rumpf ein^r
Wöchnerin des 5. Tages. Dissert. inaug. Basel, 1895. (Das Präparat wurde in der
Baseler anat. Anstalt von J. K oll mann hergestellt.)
2) Von 7) Uxog^ die Wöchnerin, oder t6 XoxeTor^ das Kindbett.
612 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Pathologie der Schwangerschaft,
thelien der Drüsenreste aus stellen sich die Uterindrüsen und das Uterusoberflächen-
epithel wieder her; alle hypertrophirten Theile, Muskeln, Gefässe und Nerven, bilden
sich zurück. Nach etwa sechs Wochen ist der Uterus mit dem Aufhören desLochial-
flusses auf seinem früheren Stande wieder angelangt; an seine Stelle ist, bei normalem
Laufe der Dinge, in der hypertrophischen Ausbildung und für die Ernährung des
Kindes die Brustdrüse getreten.
Es wurde schon bemerkt, dass unter gewöhnlichen Verhältnissen der Uterus meist
etwas grösser bleibt, als er vordem war. — Längere Zeit nimmt man an der Schleim-
haut noch ein rostfarbenes, von dem ausgetretenen Blute herrührendes Pigment wahr.
Pathologische Zustände.
Aus der Fülle der pathologischen Vorkommnisse; welche sieb an die
Schwangerschafts- und Geburtsvorgänge knüpfen, heben wir folgende hervor:
1) Die ektopische Schwangerschaft, 2) die Retentio infantis, 3) die
Retentio foetus, 4) die Retentio ovuli, 5) die Retentio placentae,
6) die Placenta praevia, 7) die Blasenmole, 8) das Choriom, 9) den
Abortus.
Ektopische Schwangerschaft. Es ist eine sehr merkwürdige Erscheinung,
dass ein befruchtetes Ei sich auch in der Tube und, wofür einige Fälle sprechen,
innerhalb eines Graafschen Follikels einnisten und weiter entwickeln kann : Tuben-
schwangerschaften und Eierstocksschwangerschaften. Schon diese That-
sache beweist, dass die Uterindrüsen für die Festheftung des Eies keine wesentliche
Rolle spielen. In der Tube kann jede Strecke hierfür benutzt werden, von der Pars
intramuralis bis zum Tubentrichter hin; in letzterem Falle kann es zu den soge-
nannten Tuboovarialschwangerschaften kommen, während man die Sitze des
Eies in der Pars intramuralis und in der freien Tube als Graviditas intramuralis
oder interstitialis, und als Graviditas tubaria schlechthin, bezeichnet. — Damit
man eine Ovarialschwangerschaft sicher als eine solche anerkennen dürfe, muss
anatomisch nachgewiesen sein, dass 1) die betreffende Tube gänzlich frei von Spuren
einer Eieseinnistung ist, dass 2) der Fruchtsack ganz oder zum Theil von Eierstocks-
gewebe umgeben ist, und 3) dass das Ligamentum ovarii in den Fruchtsack übergeht.
Das Zustandekommen einer Ovarialschwangerschaft denkt man sich so, dass nach Er-
öffnung eines Follikels das Ei in demselben liegen bleibt und innerhalb desselben be-
fruchtet wird. Im Follikelraume entwickelt sich dann eine Placenta. Die Eiblase kann
aus dem Follikelraume hinauswachsen und in die freie Bauchhöhle gerathen, während
die Placenta am Eierstocke bleibt, oder der Follikel schliesst sich wieder nach der
Befruchtung, und die wachsende Eiblase bleibt allseitig von Eierstocksgewebe umgeben.
Die Ausgänge einer Tubenschwangerschaft sind sehr verschiedene. Am
seltensten wird die Frucht in der pari passu sich ausdehnenden, unversehrt bleibenden
Tube ausgetragen, stirbt, wenn sie nicht durch Kunsthülfe entfernt wird, ab und er-
leidet die weiter unten anzugebenden Veränderungen, oder es kommt dann noch zu
einem Risse der Tube und zum Austritte der reifen oder nahezu reifen Frucht in die
Bauchhöhle. In anderen Fällen gelangt, unter allmählichem Auseinanderweichen der
Wandungselemente der Tube, der unverletzte Fruchtsack mit lebender Frucht in die
Bauchhöhle — sekundäre Bauchschwangerschaft, — oder zwischen die Blätter
des Ligamentum latum — intraligamentäre Schwangerschaft, oder der Frucht-
sack wächst aus der Trichteröffnung der Tube hinaus in die Bauchhöhle, so dass aber
ein Theü in der Tube bleibt — tuboabdominale Schwangerschaft.
Diesen seltenen Ausgängen gegenüber stehen diejenigen, bei denen es früh-
zeitig zu theilweisen oder gänzlichen Lösungen der Placenta unter beträcht-
licher Blutung kommt. Dieselben sind wichtig, weil sie oft eine akute Lebens-
Geschlechtsthätige Zustand« des Weibes: Pathologie der Schwangerschaft, 613
gefahr mit sich bringen, ehe noch die Diagnose auf eine Tubarsch wangerschaft gestellt
werden konnte. Bei geringerer Blutung bleibt der Erguss in der Tube, der Fötus
stirbt ab, wird resorbirt und es bildet sich unter Gerinnung erst eine Blutmole,
später, unter Organisation der letzteren durch einwandernde Zellen, eine Fleischmole
aus. Auch die Fleischmole kann resorbirt werden. Das ganze Ereigniss kann bei
diesen Ausgängen unbemerkt bleiben.
Bei stärkerer Blutung tritt zweierlei ein: a) der tubare Abort, Werth^),
b) ein frühzeitiger Tubenriss in Folge der raschen Dehnung der Tube durch die
Blutung. Unter tubarem Abort — nach Pfannenstiel der häufigste Ausgang der
Graviditas tubaria — versteht man den Austritt von Blut -— unvollständiger tu-
barer Abort — oder von Blut und Frucht — vollständiger tubarer Abort —
durch das Ostium abdominale tubae in die Bauchhöhle. Das Blut gibt hier Ver-
anlassung zur Bildung einer Haematoeele peri tubaria, oder, wenn es in den
Douglas'schen Raum geräth, zu einer Haematoeele retrouterina; endlich, wenn
es zwischen die Blätter des Ligamentum latum kommt, veranlasst es ein intraliga-
mentäres Hämatom. Der Ausgang in einen Tubenriss ist mit viel beträchtlicherer
Blutung verknüpft und meist lebensgefährlich; der Riss zieht sich gewöhnlich stark
zusammen; Pfannenstiel fand ihn in einem von ihm operirten Falle kaum steck-
nadelknopfgross.
Kleinere Fötus sterben nach dem Austritte aus ihrem primären Neste wohl
immer ab und werden, bei überlebender Mutter, namentlich wenn noch keine erheb-
lichere Skeletbildung vorliegt, immer völlig resorbirt, wie dies Leopold durch Im-
plantirung von Kaninchen- und Hundefötus auch experimentell erwiesen hat. Grössere
Fötus werden entweder (unter Resorption der Weichtheile) skeletirt, oder sie werden
mumificirt, oder petrificirt (Steinkindbildung, Lithopädion s. w. u.). Bleibt
die Placenta in ioco erhalten — es genügt unter Umständen (Beobachtung von 01s-
hausen) ein Drittel derselben — so können grössere Fötus sich auch nach dem Aus-
tritte in die Bauchhöhle weiter entwickeln, einerlei, ob sie dabei in ihren Eihüllen
eingeschlossen oder frei liegen. Liegen sie so längere Zeit, lebend oder todt, in der
Bauchhöhle, so bilden neugebildete Pseudomembranen, oder verklebte andere Inhalts-
theile des Abdomens (Netz, Darmschlingen), um sie eine Art Schutzkapsel.
Wichtig, und oft selbst bei der Autopsie sehr schwierig zu diagnosticiren sind
die Schwangerschaften in einem rudimentären Uterushorne von den intra-
muralen Tubenschwangerschaften. C. Rüge stellte als Unterscheidungsmerkmal
fest, dass bei der Graviditas intramuralis der zur geschwängerten Tube gehörige
Theil des Fundus uteri, durch das einseitige Wachsthum der geschwängerten Seite,
nach der anderen Seite hinübergedrängt wird und senkrecht zu stehen kommt, wäh-
rend ein geschwängertes rudimentäres Hörn sich allseitig ausdehnt und sich seitlich
von dem Uterusrest stellt. — Bei der interstitiellen Schwangerschaft geht das Liga-
mentum teres lateral vom Fruchtsacke ab, bei gewöhnlicher Graviditas tubaria medial.
Als Curiosa seien erwähnt, dass auch ein in einem Bruchsacke liegendes
schwängerbares Organ (Uterus, Tube oder Ovarium) schwanger werden und eine
reife Frucht ausbilden kann, dass ferner Zwillingstubarschwangerschaften und
kombinirte Zwillingsschwangerschaften, mit einer Frucht im Uterus, der anderen in
der Tube, beobachtet worden sind.
Primäre ektopische Schwangerschaften ausserhalb des Tubenrohres und des Eier-
stockes sind nicht sicher bewiesen.
Ektopische Schwangerschaften sind ziemlich häufig auch bei Thieren beobachtet
1) Werth, Beiträge zur Anatomie und operativen Behandlung der Extrauterin-
schwangerschaft. Stuttgart, 1887. (S. auch Verhandl. des III. Kongresses der deutschen
Gesellsch. für Gynäkol., Freiburg, 1889.)
614 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Path<>logie der Schwangerschaft.
worden. Sobotta und ich hatten Gelegenheit eine nahezu ausgetragene Tubar-
schwangerschaft bei einem Pavianweibchen zu untersuchen.
Bemerkenswerth ist, dass bei einer elitopischen Schwangerschaft der Uterus
sich etwas vergrössert und eine Decidua vera ausbildet, und dass auch die Schwanger-
schaftsveränderungen am übrigen Körper eintreten i).
Retentio infantis, foetus, ovuli. Wenn durch irgend einen Umstand ein
reifes ausgetragenes Kind im Mutterleibe für längere Dauer zurückgehalten wird, zu
einer Zeit, wo es diesen verlassen sollte, so bezeichnen wir das als Retentio infantis.
Wird eine abgestorbene, noch nicht lebensfähige Frucht zurückbehalten, so ist das als
Retentio foetus zu benennen. Bei jungen Eiern kommt es sehr häufig vor, dass
die Frucht abstirbt und resorbirt wird, während das Ei erhalten bleibt und bis zu
«inem gewissen Stadium weiterwächst, Retentio ovuli.
In allen diesen Fällen kommt es, selbst bei ausgetragenen Kindern, solange in-
fektiöse Stoffe ferngehalten werden, nicht zur Bildung von septischen und fauligen
Processen; die abgestorbenen Früchte unterliegen vielmehr zunächst einer gewissen
Maceration, worauf nekrobiotische Processe mit Ausgang in Verkalkung folgen. So
veränderte Früchte werden S t ein k Inder, Lithopaedia, genannt. In der Mehrzahl
der Fälle werden im Uterus retinirte Früchte und Eier später ausgestossen; zur
Steinkindbildung kommt es meist nur dann, wenn, infolge einer Tubenschwanger-
schaft oder einer Uterusruptur, die Frucht in die Bauchhöhle geräth. — Die Petrifici-
rung kann nur die Eihäute treffen = Lithokelyphos, oder diese und die Haut-
schichten des Fötus = Lithokelyphopädion, oder das Kind allein ist völlig in-
krustirt = Lithopädion *).
In anderen Fällen können derartige retinirte Fötus in einzelnen Fragmenten,
z. B. Knochenstückchen, durch die Schleimhautrohre des Beckens, insbesondere durch
Rectum und Scheide, abgehen, oder endlich an anderen Stellen unter Abscessbildung
zum Austritte kommen.
An diese Fälle schliesst sich die Retentio placentae. Meist handelt es sich
hierbei um Piacentarreste. Die üble Folge einer solchen Zurückbehaltung ist meistens
eine andauernde Blutung; es kann aber auch zu schwereren Störungen, septischen
Infektionen und Entwicklung von Choriomen kommen.
Eine der wichtigsten durch Lageveränderungen bedingten Anomalien ist der
Sitz der Placenta auf dem inneren Muttermunde, Placenta praevia. Mit Gusse-
row^) möchte ich nur eine Placenta praevia totalis und partialis unterscheiden,
je nachdem bei geöffnetem Muttermunde dessen Area noch gänzlich oder nur zum
Theil von der Placenta gedeckt ist.
Die Gefahren einer solchen abnormen Lage der Placenta bestehen in dem Ein-
tritte von beträchtlichen Blutungen schon während der Eröffnungsperiode, wie sich das
ohne Weiteres aus der zu dieser Zeit schon beginnenden Lösung der Placenta ergibt.
1) Vergl. über ektopische Schwangerschaft ferner: a) Veit, J., Die Eileiter-
schwangerschaft. Stuttgart, 1884; b) Webster, Gl., Die ektopische Schwangerschaft,
Deutsch von A. Eiermann. Berlin, 1896. 220 SS. (mit eingehender Litteratur); c) 01s-
hausen, R., Ueber Extrauterinschwangerschaft etc. Deutsche med. Wochenschr. 1890;
d) Leopold, G., Experimentelle Untersuchungen über das Schicksal implantirter Föten.
Arch. f. Gynäk., Bd. 18. 1881; e) Pfannenstiel, Schicksale der Tubengraviditäten.
Deutsche med. Wochenschr , 1884, Nr, 34. — Plien, M., Die Lehre von der Extrauterin-
schwangerschaft in den letzten 50 Jahren. Inaugural-Diss., Berlin, 1898. (Lilteratur.)
2) Küchenmeister, Ueber Lithopädion. Arch. f. Gynäkologie. Bd. XVUixüvcpog
= Schale, Hülse).
3) S. die Dissertation von Schönewald: Zur Lehre von der Placenta praevia.
Berlin, 1897 (Besprechung von 154 Fällen auf 29507 Geburten der Klinik und Poli-
klinik der Berliner Charit^).
Geschlcchtsthätige Zustände des Weibes; Pathologie der Schwangerschaft. 615
Es kommen alle möglichen üebergänge zwischen den normalen Sitzen der Pla-
centa und der Placenta praevia vor; ihre Aetiologie ist noch dunkel. Hofmeier
und Kaltenbach haben die Ansicht ausgesprochen, dass die Placenta praevia auf
einer Entwicklung der Decidua capsularis zur Placenta materna beruhe. Ich bekenne
mich, gestützt auf die Erfahrungen von Graf Spee und Peters bezüglich der Ein-
nistung des Eies, zu der älteren, neuerdings von Ahlfeld und Herff vertretenen
Meinung, dass die Placenta praevia auf eine abnorm tiefe Einbettung des Eies,
dicht am inneren Muttermunde, zurückzuführen sei.
Tiefer Sitz der Placenta ist auch eine der Ursachen des Abortus.
Blasenmole, Mola hydatidosa. Man versteht unter Blasenmole eine ge-
schwulstartige Umbildung der foetalen Chorionzotten derart, dass dieselben sich stark
verdicken und ein kolbiges, blasiges Aussehen annehmen. Virchowi) zeigte, dass
die Veränderung der Zotten wesentlich in deren Stroma gelegen sei, welches, unter
Beibehaltung der Zottenform, wuchere. Da das Stroma den Charakter von Schleim-
gewebe trage, so sei die Blasenmole als Myxom der Chorionzotten aufzufassen.
Neuerdings erwies Marchand, dass auch vom Zottenepithel aus AVucherungen von
eigenthümlichen grossen Zellen sich zeigen, welche in das umgebende Gewebe de-
stfuirend hineinwachsen. Die blasige Vergrösserung und Form der Zotten beruht
nach ihm nicht auf der Bildung von Schleimgewebe, sondern auf einer Wucherung
ihres Gewebes mit hydropischer Quellung.
Durch R. Volk mann, Jarotsky und mich^) sind schon vor längerer Zeit Fälle
beschrieben worden, l)ei denen die entarteten Zotten in die Uterinvenen hineinge-
wachsen waren, eine Zerstörung der Uterin wand in ausgedehnter Weise veranlasst
und so den Tod herbeigeführt hatten.
Ohorioma. Ich vorstehe unter diesem Namen eine eigenartige Neubildung,
welche zuerst von Rudolf Mai er (Virchow's Archiv f. pathol. Anat., Bd. 67. 1876)
beobachtet und von Sänger (Centralbl. f. Gynäkol. 1889) als praktisch wichtig betont
wurde und seither die verschiedensten Deutungen erfahren hat. So hat es ihr denn
auch an Namen nicht gefehlt: Deciduoma malignum (R. Maier), Sarcoma deciduale
(Sänger), Carcinoma syncytiale, Syncytioma, Chorioepithelioma malignum und andere
Bezeichnungen, je nach der Auffassung, welche die Autoren von der Herkunft der
Neubildung und von der Bedeutung des Syncytium hatten, sind verwendet worden.
Neuerdings hat Pfannenstiel (Centralbl. f. Gynäkologie, 1898, Nr. 23), da er das
Syncytium für umgewandeltes mütterliches Gefässendothel hält, die Neubildung für ein
Endotheliom erklärt. Aus allen bisherigen Beobachtungen folgt, dass dieselbe von den
Chorionzotten aus sich entwickelt. Meist ist es das Syncytium der Zotten, welches
wuchert, zu kolbigen, zottenförnn'gen, aber auch zu strangförmigen Bildungen aus-
wächst, die unter Destruktion der Utcruswand Aveiter sich ausbreiten und grosse
Neigung zu embolischen Metastasen auf dem Wege der Venen, aber auch der Lymph-
bahnen, haben. Solche Metastasen sind, wie natürlich, am häufigsten in den Lungen
beobachtet worden, fehlen aber auch in anderen Organen, namentlich in der Milz,
nicht. Häufig werden sekundäre Knoten auch in der Vagina gefunden, wohin sie
durch die zahlreichen Venenverbindungen gelangen. In anderen Fällen — die erste
Beobachtung eines solchen wurde von Gottschalk^) veröffentlicht — wuchert, neben
dem Zottenepithel, auch das bindegewebige Zottenstroma, jedoch ohne besondere Ver-
1) Virchow, R., Krankhafte Geschwülste. Bd. L Berlin, 1863.
2) Jarotsky und Waldeyer, Traubenmole in Verbindung mit dem Uterus:
intraparietale und intravasculäre Weiterentwicklung der Chorionzotten. Virchow's
Archiv f. path. Anat. Bd. 44, S. 88. 1868.
3) Gottschalk, S., Ueber Sarcoma chorion-deciduocellulare (Deciduoma ma-
lignum). Berliner klin. Wochenschrift 1893, S. 87, u. Archiv f. Gynäkologie. Bd. 46. —
Sänger, Archiv f. Gynäkologie. Bd. 44, S. 89.
616 Geschlechtsthätige Zustände des Weibes: Pathologie der Schwangerschaft.
änderungen, nur dass das Stroma zellenreicher erscheint. Wie bei der Blasenmole
dringen dann die neuen zottigen Bildungen mit ihrem stark vorwachsenden Syncytium
destruirend in die Uteruswand ein und, was besonders merkwürdig ist, es finden sich
auch in den metastatischen Tumoren Chorionzotten mit ihren bindegewebigen und
epithelialen Bestandtheilen. Die Zotten wachsen auch dort, völlig von ihrer uterinen
Einpflanzungsstelle und vom Eie getrennt, mit allen ihren Bestandtheilen selbständig
weiter. Ich glaube wenigstens den von Gottschalk untersuchten Fall, den ich selbst
zu sehen Gelegenheit hatte, nicht anders deuten zu können.
Diese villöse Form der Neubildung scheint allerdings selten zu sein; sie schliesst
wohl am nächsten an die „destruirenden Placentarpolypen", d. h. zurückge-
bliebene und dann selbständig weiter wuchernde Piacentarreste, an. In den meisten
Fällen, wo Zotten gefunden werden, mögen es nicht neugebildete, sondern einfach
embolisch verschleppte sein, — Nach den neueren Erfahrungen, insbesondere von Mar-
chand, auf dessen Arbeiten *) ich vor allem verweise, ist es wesentlich das Choriou-
epithel, welches destruirend wuchert, und zwar in zweifacher Weise: einmal in der
erwähnten mehr formalen, kompakten Art, dann aber auch, wie bei der Blasenmole,
in zerstreut ausschwärmenden Zellen. Der Streit, ob diese Neubildungen karzinoma-
tose oder sarkomatöse seien, scheint mir ein müssiger; es muss, meiner Meinung nach,
nicht jede Neubildung in den Rahmen einer der bestehenden Geschwulstkategorien
eingezwängt werden. Die Ansicht PfannenstieTs würde ich w^ohl unterstützen
können, da ich, 1. c. [S. 584], dafür eingetreten bin, die Syncytialschicht der fötalen
Zotten als Abkömmling des mütterlichen Gefässendothels aufzufassen. Die jüngste
Mittheilung Marchand's über den Bau der Placenta ist dieser Auffassung keineswegs
ungünstig (s. S. 584).
So lange die Frage von der Herkunft der epithelialen Zottenbekleidung in-
dessen nicht entschieden ist, scheint mir jede speziellere Bezeichnung — auch die
Marchand'sche „Chorioepithelioma*' — nicht opportun; ich möchte daher den Namen
„Chorioma" vorschlagen, um so mehr, als in der That doch auch wucherndes Zotten-
stroma bei diesen Geschwülsten beobachtet ist. Jedenfalls ist es eines der merkwürdig-
sten Neoplasmen, welches wir kennen.
Abortus. Man versteht unter Abortus den Abgang eines Eies auf natürlichem
Wege, dessen Frucht noch nicht lebensfähig war. Dadurch steht der Abortus im
Gegensatze zur Frühgeburt.
Gewöhnlich spricht man von Abortus auch nur dann, wenn Fruchttheile oder
Eitheile, deutlich als solche erkennbar, per vias naturales abgehen. Sicherlich gehen
auch eine ganze Menge befruchteter Eier in den ersten Stadien ihrer Entwicklung
(Furchungs- und Keimblätterstadium) zu Grunde. So lange solche Eier sich noch
nicht in der Decidua eingenistet haben, wird ihr Untergang durch kein sicheres
äusserliches Zeichen bemerkbar, und man spricht nicht von „Abort". Erst nach Fest-
setzung des Eies im Uterus treten, bei vorzeitiger Lösung und darauf folgendem Ab-
gange des Eies, deutliche Merkmale eines solchen Vorganges ein, von denen eine
plötzliche starke Blutung das auffälligste und — bei kleinen Eiern — oft das einzige
1) Marchand, F., Ueber die sogenannten „decidualen" Geschwülste im An-
schlüsse an normale Geburt, Abort, Blasenmole und Extrauterinschwangerschaft. Mo-
natsschrift f. Geburtshülfe u. Gynäkol., 1895. Bd. I. (mit Litteratur). ~ Derselbe,
Ueber das maligne Chorion-Epitheliom, nebst Mittheilung von zwei neuen Fällen. Zeit-
schrift f. Geburtshülfe u. Gynäkologie, Bd. 39. 1898. — Derselbe, Noch einmal das
Chorionepitheliom. Centralbl, f. Gynäkologie, 1898. Nr. 31. — Hartmann, H., et Tou-
pet, P., Ann. de Gyn6cologie, 1895. Nr. 4. (Weitere Litteratur insbesondere bei Sänger,
Arch. f. Gynäkol., Bd. 44, Gottschalk, ebend., Bd. 46, Marchand, Zeitschr. f. Geb.
u. Gynäkol., Bd. 39 und bei Hartmann et Toupet.)
Geschlechtsthäfcige Zustände des Weibes: Graviditätsanatomie: Maasstabelle. 617
ist. Die Spuren eines solchen kleinen Eies lassen sich in manchen Fällen in den
massigen Blutgerinnseln nicht auffinden. Meistens tritt, meines Erachtens, der Abort
auch erst nach erfolgtem Absterben des Fötus ein, und der letztere ist bereits macerirt,
ehe er zu Tage kommt; selten liefern Abortiveier, welche spontan abgegangen sind,
noch gut erhaltene Fötus.
Ich bin hier auf den Abortus nur im Zusammenhange mit den besprochenen
Erscheinungen einer normalen Geburt eingegangen; alles übrige, namentlich die Be-
sprechung der ätiologischen Verhältnisse und der Symptome, gehört nicht hierher.
Mit wenigen Worten sei noch der Blutungen gedacht, welche während der
Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbette auftreten können und mit zu den
praktisch wichtigsten Vorkommnissen im Geschlechtsleben des Weibes gehören.
Blutungen in der ersten Zeit der Schwangerschaft deuten in der Regel auf be-
ginnenden Abortus und sind deshalb mit grosser Vorsicht zu behandeln; in der späte-
ren Zeit besteht Verdacht auf PJacenta praevia, oder auf eine Blasenmole oder ein
Chorioma ; auch können variköse Erweiterungen der Venen der äusseren Geschlechts-
organe die Ursache sein. Immer muss man aber auch an Uterusneubildungen
Myome, Portiocarcinome u. a. denken, denn diese verhindern die Konception nicht. —
Die Schwangerschaft ist keine Kontraindikation für ihre operative Entfernung. —
Während der Geburt, namentlich unmittelbar nach der Ausstossung des Kindes und
beim Abgange der Nachgeburt, stellt sich stets eine Blutung ein, die jedoch nicht zu
stark sein und zu lange anhalten darf, um noch als normal angesehen zu werden.
Aber hierbei und in den ersten Tagen des Wochenbettes kommen nun noch Blutungen
aus Dammrissen, aus geplatzten Varicen der Geschlechtstheile, aus Scheiden- und
Uteruseinrissen und Rupturen, und infolge von partieller oder totaler Inversio uteri
vor. — Tritt in der Wochenbettszeit eine unvorhergesehene Blutung auf, so ist in den
ersten Tagen an eine Atonie des Uterus zu denken, später an Retention von Pia-
centarresten. Gegen Ende der Sechs wochenperiode, wenn das Kind nicht gestillt
wird, kann die Blutung mit der wiederauftretenden Menstruation zusammenhängen.
Maasitabelle.
I. Uterus vom 2.-3. Monate:
Totallänge 11 cm
Canalis cervicis 3,5 „
Dicke der Muskel wand im Corpus und Fundus 1,3—1,5 „
„ im unteren Uterinsegment 0,8—0,9 „
„ der Cervixwand 1^0 „
II. Uterus vom 3. Monate:
Totallänge 13 „
Portio supravaginalis 2,5 „
Canalis cervicis 3)5 »
Grösster Frontaldurchmesser (Corpus) 8—8,5 „
„ Sagittaldurchmesser 8»0 „
Dicke der Uterinwand 0,6—0,8 „
III. Uterus vom 4. Monate:
Totallänge 13,5 „
Canalis cervicis (ungewöhnlich) 4,4 n
IV. Uterus vom 5. Monate:
Totallänge 17,0 „
V. Uterus vom 6. Monate:
Totallänge 21,5-24 „
Grösste Breite 17,5 „
Grösste Tiefe 16,0 „
618 Beckenfascien. Beckenbindegewebe. Beckenabscesse.
VI. Uterus vom 7. Monate:
Totallänge 27—30 cm
Grösste Breite 20 „
Grösste Tiefe 17,5 „
VII. Uterus vom 8. Monate:
Totallänge 80-32,5 „
Grösste Breite 21,5 „
Grösste Tiefe 19,5 „
VIII.») Uterus vom 9. Monate:
Totallänge 32,5-37,5 „
Grösste Breite 25,5 „
Grösste Tiefe 21,5-24,5 „
Maasse des sich entwickelnden Kindes:
Rumptlünge P^nde des 1. Monates = 1 cm
5 — 9
V ry Tf ^' y) — ^ n
^ „ „o. „ =b„
«5. „ = 15 „
u 97
,0. „ = 30 ,
j, „ „ 1 U. „ — ö I „
Für die Gesamtlänge der Frucht in den einzelnen Monaten hat Haase, Cha-
riteannalen, Bd. II, S. 686, folgende Regel angegeben:
am Ende des 1. Monates 1.1= 1 cm
9 9 9—4
„ ^ «3. „ 3.3=9„
.4. „ 4.4 = 16 „
. . . 5. „ 5.5 = 25 ,
„ „ „6. „ 6.5 :::::r 30 „
„ . .7. „ 7 . 5 = 35 „
„ .8. , 8 . 5 - 40 „
„ » «9. „ J.0 = 4o„
. „ „ 10. „ 10 . 5 = 50 „
Das Körpergewicht eines reifen, ausgetragenen Kindes belauft sich durch-
schnittlich auf 3,25 Kilogr. (6V2 Pfund). Kinder Mehrgebärender pflegen ein wenig
schwerer zu sein, als die Kinder Erstgebärender; Knaben schwerer als Mädchen.
Tarnier fand als mittleres Gewicht von 3794 Knaben Erstgebärender = 3164 gr und
von 3159 Mädchen = 3101 gr, ferner von 4623 Knaben Mehrgebärender = 3372 gr,
von 4025 Mädchen = 3120 gr.
Beökenfascien (Pasciae pelvis). Beckenbindegewebe und Binde-
gewebsräume (Tela conjunctiva pelvis et Spatia conjunctivalia
pelvis). Beckenabscesse (Abscessus pelvis).
Wenn auch bereits vorher wiederholt die Beckenfascien und das Becken-
bindegewebe beim Manne und beim Weibe zur Sprache kommen mussten (s.
1) Die Angaben sind entlehnt theils aus v. Franqur, Cervix [I.e. S. 608], theils
au3 Parre, Todd's Cyclopaedia, Artikel; Uterus etc.
■l f. J-.fi i lu
:j liH' r
\ur.\^V.
4?.^'^
■"'. ."'**•'
• tiicus
ÄÄ'
Mp
620 Fascia pelvis parietalis.
liegen Gefässe und Nerven und die subperitonaealcn Eingeweide: Prostata, ein
Theil der Harnrühre, Ureter, Portio vaginalis uteri, Scheide und das sie um-
gebende Bindcgew^ebe.
Es folgt 3) das Cavum pelvis osseum, vrelches die genannten Muskeln:
Levator ani, Coccygcus, Obturator internus, Piriformis birgt. Als vierte Zone
muss dann die ausserhalb des Beckens gelegene Abtheiluiig, zu welchem die
äusseren Geschlechtsorgane, die Pars perinealis recti und der Damm mit seiner
Muskulatur gehören, aufgeführt werden = Pars subcutanea pelvis (Spatium
musculo-aponeuroticum).
Wiederholt schon wurde auf die grosse Bedeutung des Levator
ani iji topographischer Beziehung aufmerksam gemacht. Dieser Muskel
ist es, welcher die wesentlichste Scheidung in der Lage der Beckenorgane be-
wirkt, die demnach in supra- und infradiaphragmatische getrennt werden müssen.
Die s u p r a d i a p h r a g m a t i s c h e n liegen meist frei beweglich in dem Cavum
serosum oder musculare pefvis', kn ersteren ganx frei, im. zweiten von lockerem,
fetthaltigem Bindegewebe, der Tcla subperitonaealis, umge^^n. Die infradia-
phragmatische n Theile liegen zum Theil fest am Knoljhen, z. B. Musculus
obturator internus und Crus penis s. clitoridis, zum Theil fest in Muskeln und
Fettgewebe eingelassen, wie die Pars trigonalis der Harn|*öhre und die Pars
perinealis recti; ihre letzten subkutan gelegenen Enden, Wie die äusseren Ge-
schlechtstheile des Mannes und des Weibes, werden wieder frei.
Die Fascien des Beckens zerfallen, von der Beckenhöhle aus gesehen,
in folgende Hauptzüge: 1) die parietale Beckenfascie, Fascia pelvis
parietalis; 2) die viscerale Beckenfascie, Fascia pelvis visceralis
(s. S. 518); 3) die Dammfascie, Fascia perinei. Zu diesen Hauptzügen
kommen als ünterabtheilungen 4) Specialfascien für die Beckenmuskeln:
a) für den Musculus piriformis, b) für einen Theil des Musculus obturator in-
ternus, c) für einen Theil des Musculus levator ani, einschliesslich des Cocey-
geus, d) für die Musculi ischiocaverriosus und bulbocavernosus, transversus pe-
rinei und sphincter ani externus, e) für die obere Fläche des Musculus trigoni
urogenitalis, f) für dessen untere Fläcbe.
Fasoia pelvis parietalis.
um zunächst eine allgemeine Vorstellung von der Fascia pelvis parie-
talis zu gewinnen, denke man sich in Fig. 65 die trichterförmige Beckenhöhle,
in welche man von oben hineinschaut, mit einem dünnen Blatte belegt, welches
überall da deutlich ist, wo es die rothen Muskeln bedeckt, aber verschwindend
dünn wird, wo es auf dem Perioste liegt, also hinter der Symphyse, auf der
vorderen Kreuz- und Steissbeinfläche und an der Linea terminalis, welches weiter-
hin an den grossen Beckenöffnungen (in der Figur am Foramen obturatum und am
Foramen suprapiriforme) sich röhrenförmig, die durchtretenden Theile umschei-
dend, ausserhalb des Beckens hin fortsetzt und welches sich endlich auf die
durchtretenden Eingeweide umschlägt. So aufgefasst, erscheint die Fascia pelvis
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;fUl' tli'ii I\Ifjsi'iilil- f>l>l!!r,'iltii' iiiirnnf-. nii.^l v.,.ii i|;i ;nir /In» iJft'kPiill.'irJM' des MiIm'M'
^"> l<n','Uor ;uii hh Zil iii',.stM! litjhTriii lii(^*li;i!r|i |^i|i<|r. Auf ilrr Lr VMl iililjictie
i>.i <lv. lauilliri d:irf/i^<f'iii, wril sh' hu-r M'ltw -ic-litT \\ir<L DasHt-ÜM,' ,h<»|h.|| wir iii
Fi^j;. lli': lii^^r i^lnd r.nv: iU^v üjik.'ii Sriij^ iU'V Fixtü'? aiirh iiorlt <lii> Frtsri*' i1i»h
MilM-ii!li> |»'riti»riiiLs il.'ir-T'^i^.jli, suwu^ Mm-, F;iM.iriiziiw;t., w<«!c}ir' die GeOlssi^ und
X^'r\«-r. l'M'.fiF'ilri} (s, w. ii.^. A-if ilrjii !iiiM|i;iiM.j, Lüivr^^iAiHiltv (s. Fi- II:}; si^heii
^^"' *«^«-'-- :ii/H'H'lH' l'r'jiiaüry (\-l aiH-li l-i-% :i!i;t>. Dm' jifan hv'/A'U'hiHnv Vnsvui inyi.s^
viTs.'ilh» vriitlnalMiojiji'iialKs; M4/J .HH*), v.,ni hiiil.T ih-r Syitijiliysr 1ms auf ihii FM-rki^^i-
^'^^"^^'^'^ '*^"''> ^^"''^ >^^' ^»^^ <'^*'»' .U-^'Hh'ii Litiiia iL i. cli-r Vn-^rhi \isvrr:i\h }h'|vL^ ziiHriiJUiti^ii-^
622 Fascia pelvis parictalis.
fliesst. Hierzu sei jedoch wiederholt darauf aufmerksam g-emacht, dass auf den Kno-
chen, also hinter der Symphyse und vor dem Kreuzbeine, die Fortsetzung der Fascia
transversa lis (s. endoabdominalis) nicht mit dem Messer präf>arirbar ist; wo sich aber
Muskeln finden, z. B. Iliopsoas, der bis an den Obturator internus heranreicht, ist die
Fortsetzung sehr deutlich (s. Fig. 115). Insofern sind die Zeichnungen zum Theil
schematisch gehalten; es geschah dieses im Interesse der leichteren Verständ-
lichkeit.
Sucht man die Fascia pelvis parictalis mit dem Messer priiparatorisch darzustellen,
so wird man, dem Gesagten zu Folge, die Fasele an den Kreuzbeinlöchern jederseits
enden, also angeheftet sehen, wie das in der bekannten, trefflichen Luschka'schen^)
Figur dargestellt ist.
Auch Fig. 59b kann dies erläutern: Denkt man sich die punktirte blaue Linie
vor dem Kreuzbeine, auf welcher Strecke die Fascie mit dem Kreuzbeingerüste un-
trennbar verwachsen ist, weg, so fiat man links und rechts die beiden Kreuzbeinansätze
der parietalen Beckenfascie.
Es ist schon S. 234 darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Mus-
keln und spinalen Nerven nach aussen von der Beckenfascie gelegen seien, die
Gefässe und die sympathischen Nerven nach innen, zwischen ihr und dem
Bauchfelle. An allen Stellen, wo Gefässe den Beckcnraum verlassen, müssen
sie demnach die Beckenfascie durchbohren; sie werden dabei von der Fascie
mit einer meist röhrenförmigen Scheide eine kurze Strecke weit begleitet, bis
sich dieser Fortsatz an der Gefässwand verliert. Das ist ebenso hier im Becken,
wie am Leisten- und Schaukelringe; nur verliert sich am Leistenringe des Mannes
die Fascie nicht, indem sie dort Samenstrang und Hoden als Tunica vaginalis
communis begleitet (s. S. 383, Fig. 75). An den beiden grossen Becken-
öflFnungen, dem Foramen obturatum und ischiadicum majus, ist der Umschlag
der Fascia pelvis zu ihren röhrenförmigen Fortsätzen durch festere Bindegewebs-
züge verstärkt; so am Foramen obturatum durch die Verbindung mit dem
Crus tendineum internura (s. S. 41—43). Am Foramen ischiadicum majus
besteht eine stärkere fibröse Brücke, die sich, über den Musculus piriformis
und die grossen Gefässe hinweg, von der Spina ischiadica zum Kreuzbeine hin-
tiberspannt, Arcus suprapiriformis, s. Fig. 65, S. 243.
Es seien hier gleich einige Worte über das Verhältniss der parietalen Becken-
fascie zu der Fascie der Mm. piriformis und obturator internus angefügt. Nach meinen
Präparaten verhalten sich diese Fascien zu einander, wie überall sonst die Fascien
zweier über- oder nebeneinanderliegender Muskeln: wo sie sich berühren, geht die
eine in die andere über. Dies ergeben die Figuren 111, 112 und 115 für die Fascia
pelvina und obturatoria, und genau so ist es mit der Fascia pelvina und piriformis.
An seinem Kreuzbeinansatze schiebt sich der Musculus piriformis ebenso unter den
Kreuzbeinansatz der Fascia pelvis, wie der Obturator internus in Fig. 111 unter den
Levator ani, und hier treffen denn auch die Fascia pelvis und die Fascia piriformis
zusammen. Der Uebergang wird hier nur durch die grosse Oeffnung, welche für die
vielen austretenden Theile nöthig war, verwischt.
Da die Gefässfortsätze der Fascie sehr dünn sind und sich alsbald verlieren, so
lassen die hier durchtretenden Hernien, H. obturatoria und ischiadicae, keine deutliche
fasciale Bruchhülle erkennen.
1) Luschka, H., Die Fascia pelvina in ihrem Verhalten zur hinteren Becken-
wand. Wiener akadem. Sitzungsberichte, math.-naturw. Klasse. Bd. 35, S. 105. 1859.
K.'lSi'ia, fM-iviN p.'ii'irl.'ili,
i'dli
'^»'"■ä^-- ^^'5J ^'^«'i' luirli'ln'n'tL I|m-m'^ \o]i iliT \ i<('(»rali'li I M*rki'iii;'i,sr!<', wr'iiii ^H' ^irli ZU
''''^^" 'i'nf ihiTii! -;iii/i'n Wr^-i-. ,S. l^'i-'. Uli itiiit^rliaJ}) des I.r'\^iit<.r ;iii! ' l'^orisrifz von
*U-r Vn^i'tii "b; iir;i|<M'ia ■ uimI obiTimli, <lr- Lm ;ii(ii\ \vn |i|ik> i-iih' \'<»}H', r<M'l!!,s i^n >^]t.rv
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624 Fascia pelvis visceralis.
beim Weibe bis zur Scheide sich hinzieht und dort, ebenso wie die parietale
Beckenfascie, in die viscerale übergeht, wenigstens sich mit ihr verbindet.
Die Worte „übergehen", „umschlagen*', welche hier so häufig gebraucht werden,
sind nur Bequenilichkeits- und Anschaulichkeitsausdrücke. Wie wir schon erwähnten
(S. 226), differenzirt sich die viscerale Beckenfascie selbständig aus dem lamellösen
subperitonäalen Bindegewebe; von einer Entstehung durch Umschlag kann keine
Rede sein.
Die Verschraelzungsstelle der parietalen Beckenfascie mit der visceralen
ist an jedem Becken, nach vorsichtiger Wegnahme des Bauchfelles und rein-
licher Freilegung der Beckenfascie von oben her, deutlich zu erkennen. Man
sieht eine fast sehnig glänzende, hellere Linie in der Tiefe der Beckenhöhle,
entsprechend der medialen unteren Ecke des Levator ani, die Eingeweide
von beiden Seiten hin umkreisen; diese Linie verliert sich gegen den hinteren
Umfang des Rectum hin = Arcus tendineus fasciae pelvis („white line"
der englischen Autoren). Vorn strahlt sie gegen die Ligamenta puboprostatica
(pubovesicalia, Fig. 64) aus und kommt hier nahe mit der ürsprungslinie des
M. levator ani, Arcus tendineus musculi levatoris zusammen, darf jedoch
nicht mit ihr verwechselt werden.
In Fig. 114 sind beide Linien zu sehen: ++ bezeichnet den Arcus tendi-
neus levatoris, O das vordere Anfangsstück des Arcus tendineus fasciae pelvis.
Faiola pelvis vlsoeralls.
Die viscerale Beckenfascie ist in ihren einzelnen Abschnitten: Fascia
vesicae, Fascia prostatae, Fascia vesicularum seminalium, Fascia recti, schon
beschrieben worden. Ich fasse sie, wie bemerkt, auf als eine Differenzirung des
subperitonaealen Bindegewebes und vergleiche sie mit der Fascia subcutanea.
Die Figg. 59 a u. 59 b geben in Verbindung mit den Figg. 111 bis 114 eine
Vorstellung ihres Gesamtverhaltens. Wollen wir, der leichteren Beschreibung
wegen, die viscerale Beckenfascie sich aus der parietalen „umschlagen" lassen,
so ist dies Verhalten an den genannten Figuren, insbesondere an den Frontal-
ßchnitten, Figg. 111 u. 112, leicht klar gelegt. Lässt man, wie wir annahmen,
auch eine — freilich mit dem Perioste verschmolzene — parietale Beckenfascie
hinter der Symphyse und vor dem ganzen Kreuzbeine zu, so findet hier (vorn
und hinten) ein ähnlicher Umschlag statt, wie an den Seiten. Wie ich sehe,
kommt dieser Umschlag — richtiger „Uebergang" — hinten am oberen Rande
des M. sphincter ani externus, vorn, hinter der Symphyse, oberhalb des venösen
Plexus pudendalis und vesicoprostaticus zustande.
Nach Luschka 's so eben citirter Figur muss der hintere Umschlag ebenso in
der Tiefe des Beckens erfolgen, wie es auch in Fig. 113 hier angenommen wor-
den ist.
Seitlich werden die grossen Aeste der Arteria und Vena hypogastrica, samt
den sie begleitenden Nerven und Bindegewebszügen, gleichfalls von einem Um-
schlage der parietalen in die viscerale Beckenfascie begleitet, wie aus Fig. 59 b
(Schema) erläutert sein mag; in Fig. 112 ist dies allgemein acceptirte und
wichtige Verhältniss auch ersichtlich.
62^ Fascia periDei.
villiers'sche Fascie S. 341). Sie setzt sich hier aus der Faseia recti und
der Fascia prostatae zusammen, die wie verschmolzen erscheinen, jedoch noch
gut getrennt werden können. In den mehr schematischen Figuren 113 und
114 ist dies nicht besonders betont worden; auch in den Beschreibungen nicht,
indem der einfache Name „Fascia rectovesicalis" beibehalten wurde; indessen
ist die Doppelblättrigkeit aus Figur 70 c klar zu ersehen. Der Kürze wegen
bezeichnen wir sie auch ferner als Fascia rectovesicalis. Nach oben,
Figg. 113 u. 70 c, geht sie in die Fascia vesicularum seminaliura über, schiebt
sich über diese hinweg zur Fascia vesicae und heftet sich an das Bauchfell
im Grunde der Excavatio rectovesicalis.
Beim Weibe ist weder vor noch hinter der Scheide ein solches Blatt als
deutliche Fascie vorhanden; eine Fascia recti und Fascia vesicae bestehen, aber
kein besonderes Blatt als Fascia vaginae. Hier heftet sich das Bindegewebe
des Septum rectovaginale und vesicouterinum an das Bauchfell im Grunde
beider Exkavationen an. Dass die Fascia rectovesicalis glatte Muskelfasern
führt, wurde bereits erwähnt (S 341).
Ein übersichtliches Bild der gesamten Fascia pelvis visceralis gewährt, wie be-
merkt, Fig. 114, Der Schnitt ist so hoch gelegt, dass er ganz in das seröse Becken-
kavum fällt, also die Umschlagsstellen an den grossen Gefässen, welche von den Vasa
hypogastrica zutreten, nicht mehr zeigt, da dieser Zutritt in einer tieferen Region des
Beckens erfolgt. Die gelbe Linie deutet den Lauf der Fascia pelvis visceralis an,
welche zunächst das ganze Eingeweide-Packet vorn, hinten und seitlich umschliesst,
dann aber zwischen Rectum und Samenblasen und zwischen diesen und der Blase
quere Septa hindurchsendet, wodurch ein Fach für die Samenblasen und die Am-
pullae deferentiales, weiter unten das hintere Blatt der Prostatakapsel gebildet wird.
Vorn sieht man unter dem Fascien umschlage eine Blasenvene zur Vena dorsalis penis
treten.
Fasoia perinei.
Die Fascia perinei ist S. 198 sub B. geschildert worden; daselbst, Fig.
56; S. 197, findet sich auch eine Abbildung. So wie sie dort beschrieben ist,
entspricht sie dem, was die englischen Autoren als Fascia Scarpae oder auch
als Colles'sche Fascie bezeichnen. Ich habe nach wiederholten Präparationen
mich davon überzeugt, dass eine derartig beschaffene Fascie hier vorhanden ist;
auf ihre praktische Bedeutung ist bereits S. 1 98 aufmerksam gemacht worden»
In Fig. 111 ist die Fascia perinei durch eine gestrichelte Linie angedeutet; die-
selbe steht zu weit ab von den darüber gelegenen Theilen; besser erscheint sie in
Fig. 115 (ebenfalls gestrichelt). Da diese Fascie mit dem hinteren Rande des Trigonum
urogenitale verwachsen ist, so kann sie in Fig. 112 nicht zu sehen sein. Sie hängt
am hinteren Rande des Trigonum zusammen sowohl mit den Fascien, welche die Fossa
ischiorectalis auskleiden, als auch mit der unteren Fascie des Levator ani und mit der
Fascia obturatoria.
Eine subkutane Fascie ist in der Dammgegend nicht vorhanden; das kann
schon nicht sein, weil wir dort ein Hautmuskellager haben (Sphincter ani externus,
Theile des Levator ani, Bulbo cavernosus und Transversus perinei). Wo diese Muskeln
in die Haut inseriren, können keine Fascien dazwischen liegen.
In den Figuren 113 und 114 ist die Fascia perinei mit vollem schwarzen Striche
dargestellt; sie verbindet sich am Scrotum mit der Tunica dartos.
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628 Spezialfascien der Becken- und Dammniuskeln.
Spezialfafolen der Becken- and Dammmuskeln.
Ausser den geschilderten drei grösseren Faseienzügen finden wir nun noch
Spezialfascien für die einzelnen Muskeln, über welche folgendes zu sagen ist :
Man kann dieselben zunächst in 2 Abtheilungen bringen; die eine um-
fasst die Binden der Skeletmuskeln des kleinen Beckens: Mm. piriformis, ob-
turator internus, levator ani, coccygeus und sacrococcygeus anterior (s. S. 85),
die andere die Binden der Haut- und Eingeweidemuskulatur, die vom Muse,
sphincter cloacae der niedersten Vertebraten ableitbar sind: Mm. sphincter ani
externus, transversus perinei, ischiocavernosus, bulbocavernosus und M. trigoni
urogenitalis.
Wir haben vorhin schon hervorgehoben, dass die Skeletmuskeln der Haupt-
sache nach von der Beckenhöhle her durch die parietale Becken fascie
gedeckt werden, welche wesentlich als obere Fascie der Mm. levator ani und
coccygeus erscheint; sie deckt auch in einem gemeinsamen Zuge die Mm. sacro-
coccygei anteriores, welche sich dem Coccygeus ja unmittelbar anschliessen.
Eine selbständigere Stellung nehmen die Fascien der Mm. piriformis und ob-
turator internus ein, obwohl sie da, wo sie mit der Fascia pelvis parietalis zu-
sammentreffen, in diese übergehen, wie dies vorhin erörtert wurde.
Die Fascia propria m. piriformis (Fig. 112) ist dünn; sie begleitet den
Muskel aus dem Becken heraus bis zu seiner Insertion.
Die Fascia propria m. obturatoris intcrni, schlechthin Fascia obturatoria
genannt, ist eine starke Fascie. Oben, am Arcus tendineus musculi levatoris, hängt
sie mit der parietalen ßeckenfascie zusammen und geht im grossen Becken in die
Fascia endoabdominalis (pars iliaca) über (Fig. 111 rechte Seite). Unterhalb des Le-
vator ani wird sie selbständig, ist stark, geht vorn, im Bereiche des Trigonum uro-
genitale, in die obere Fascie des Musculus trigoni urogenitalis über und verschmilzt
am Arcus tendineus fasciae pelvis, Avie gesagt, mit der parietalen und visceralen
Beckeufascie, s. die Figur 111. In der Regio analis (s. Fig. 112) fliesst sie oben mit
dem unteren Blatte der Fascie des M. levator ani (anal fascia der Engländer) zu-
sammen und ist auf dem Obturator internus sehr stark, fast aponeurotisch; sie bildet
hier den Ale ock*schen Kanal für den N. und die Vasa pudenda (S.[213). Die beiden
genannten Fascien kleiden die Fossa ischiorectalis aus. Lateralwärts setzt sich die
Fascia obturatoria in die Fascia glutaea maxima fort. (In der Figur nicht ge-
zeichnet.)
Nach vorn geht die Fossa ichiorectalis in den schmalen spaltförmigen Raum
über (Recessus pubicus fossae ischiorectalis), welcher zwischen der unteren Levator-
fascie und der Fascia obturatoria bleibt, und der meist mit einer geringen Menge
lo<jkeren Bindegewebes, zuweilen aber auch mit etwas lockerem Fettgewebe gefüllt
ist (s. S. 194).
Fascie des Muse, sphincter ani externus. Auf der lateralen Seite des
Muskels liegt ein dünnes Fascienblatt, welches eine Forsetzung der lateralen (unte-
ren) Fascie des I.evator ani darstellt (Fig. 112 u. 113). Nach der Haut hin verliert
sich dasselbe.
Fascien der Mm. transversus perinei, bulbocavernosus und ischio-
cavernosus. Jeder dieser Muskeln trägt eine dünne Spezialfascie (s. Figg. 1 13 u. 1 1 4, die
punktirte Linie auf dem Muse, bulbocavernosus). In der Fascia penis kommen sie mit
der oberflächlicher gelegenen Fascia perinei zusammen.
Fascien des M, trigoni urogenitalis. Man beschreibt gewöhnlich zwei
Fascien dieses Muskels, von denen die eine auf seiner Dammfiäche, die andere auf
Spezialfascien der Becken- und Dammmuskeln. ^29
seiner Beckenfläche ruhen soll. Letztere aber ist, wie wir gesehen haben eine Fort-
setzung der Fascie des Obturator internus, vgl. Figg. 111 und 115, hängt jedoch am
inneren unteren Levatorrande mit der Beckenfascie zusammen, so dass man sie auch
als Fortsetzung dieser Fascie betrachten kann. Das perineale Blatt verbindet sich
mit den Spezialfascien der Mm. bulbocavernosus und ischiocavernosus' beide Blätter
insbesondere aber das perineale, dienen Fasern des M. trigoni urogenitalis zum Ur-
sprünge und sind deshalb aponeurotisch geworden, wie das ja bei Muskeln oft genno-
vorkommt, z. B. bei dem freiliegenden Theile der Fascie des M. glutaeus medius
(vgl d. S. 205 Gesagte).
Die Sagittalschnitte lelircn nun, s. Fig. 114: 1) dass das obere Blatt
der Fascia m. trigoni vorn an der Symphyse links und rechts mit dem unteren
Fascienblatte des Levator ani zusammenkommt. Das kann in der Mittel-
linie nicht der Fall sein, weil dort der Levatorschlitz sich befindet, durch
welchen die Harnröhre und Scheide ausgelassen werden, und auf welchem beim
Manne die Prostata ruht. Sonach durchbohren beide Kanäle nicht die Becken-
fascie, sondern gehen unter ihrem vorderen Umschlage — wenn wir dies Wort
gebrauchen dtirfen — hindurch, oder werden, wenn wir auch die Fascia penis
(clitoridis) und die Fascia perinei in Betracht ziehen, in eine Fascienröhre
aufgenommen.
Die Sagittal- und Medianschnitte (Figg. 113 und 114) lehren ferner dass
am hinteren Rande des Trigonum urogenitale dessen oberes und unteres Blatt
zusammenstossen; ebendaselbst treffen die Fascia perinei, die Fascia m. sphinc-
teris ani, die Fascia bulbocavernosa und die Fascia m. transversi perinei zu-
sammen; dieser Zusammenfluss fascialer Bildungen, zu denen vom Becken her
noch die Fascia pelvis visceralis kommt, bildet das Centrum perineale (S. 219).
Indem vorn, hinter der Symphyse, die Ligamenta |)uboprostatica, bezw.
pubovesicalia nach beiden Seiten auseinanderweichen, bleibt zwischen ihnen eine
rundliche Vertiefung, in derem Grunde die Vena dorsalis penis (clitoridis) und
der Plexus pudendalis ruhen; diese Grube wird von dem Umschlage der Faseia
pelvis parietalis zur visceralis ausgekleidet (s. Fig. 59 a; die Grube mit den
Venen s. Figg. 64 u. 65).
Meine Darstellung der Beckenfascien unterscheidet sich in einigen Punkten von
der neuesten Behandlung dieses Gegenstandes durch Holl (1. c. S. 406). So nimmt
Ho 11 einen aufsteigenden und absteigenden Theil der visceralen Beckenfascie an-
der letztere fehlt in meiner Darstellung. Er soll durch die venösen Beckenplexus
Plexus vesicoprostaticus bezw. vesicovaginalis hindurchtreten. Ich habe mich davon
nicht überzeugen können. Meine Darstellung stimmt mit der der meisten übrigen Autoren
(Cunningham, Quain, Testut) im wesentlichen überein. Ferner betont Holl die
Selbständigkeit der einzelnen Fascien für jeden Muskel. Ich lege Gewicht darauf
dass die Fascien da, wo sie an benachbarte anstossen, mit diesen verschmelzen und über
grössere Strecken zusammenhängende Lager bilden. So ist es unzweifelhaft mit der
Fascia perinei, wo meine Darstellung sich an die der englischen Autoren anschliesst.
Insbesondere in topographischer Beziehung hat die Hervorhebung der grösseren Züge
ein Interesse.
In Fig. 111 muss ich einen Mangel bemerklich machen, welcher versehentlich
geblieben ist, dass nämlich die Fascia pelvis mit demjenigen Theile, welcher die
obere Bedeckung des Musculus trigoni urogenitalis bilden hilft, nicht bis an die
Harnröhrenwand herangeführt worden ist.
6äö Beckenbindegewebe,
Beokenbindegewebe.
Das Bindegewebe des Beckens, über welches man die Arbeiten von
König*), Savage^), Henke ^), Luschka'^), Schlesinger^), Freund*^),
Ziegenspeck') und Pierre D e 1 b e t ^) vergleichen möge, muss, wie die
Fascien, in ein viscerales und parietales Lager geschieden werden.
Hierzu kommt als dritter Abschnitt noch das subkutane Lager.
Um mit dem letzeren zu beginnen, haben wir im allgemeinen zu bemerken,
dass dasselbe in der Umgebung des Anus und der Pars perinealis recti sehr
fettreich ist — es gehört hierher ja der Fettkörper der Fossa ischiorectalis — ,
während sich das Fett am Damme spärlicher findet und am Penis und Scrotum
gänzlich sich verliert. Das Fettbindegewebe der Analregion erstreckt sich zum
Fettbindegewebe der Glutaealregion; nach vorn geht es bis zum Centrum peri-
neale, wo eine festere Verbindung mit der Dammhaut den Zug unterbricht.
Von da beginnt ein zweiter Zug, mit glatten Muskelfasern (Tunica dartos)
durchsetzten, subkutanen Gewebes, welches in das des Scrotum (Labia majora),
des Penis und schliesslich der Bauchhaut übergeht. Bemerkenswerth ist die
Fortsetzung des Bindegewebes der Fossa ischiorectalis in den Recessus pubicus
dieser Fossa hinein, wodurch subkutanes Bindegewebe ganz in die Tiefe geräth.
An die Schilderung des subkutanen Bindegewebslagers schliesst sich am
besten die des subfascialen an, welches zwischen Fascia perinei und der
Dammmuskulatur gelegen ist, hinten am Centrum perineale seinen Abschluss
findet, vorn in das subfasciale Gewebe des Penis, in das subdartoische Binde-
gewebe des Scrotum, bezw. der Labia majora, und weiter in dasjenige fetthaltige
Bindegewebe des Bauches übergeht, welches zwischen Muskulatur und Faseia
supei^ficialis abdominis sich findet.
Man wolle zu dieser übersichtlichen Wiederholung das Kapitel „Dammgegend",
S. 188 IV, insbesondere S. 193—201 vergleichen, ferner Fig. 56 und die Figg. 110
— 115, desgleichen das Kapitel „Schossgegend", S. 220 V, und S. 422 IV, „Dammgegend
des Weibes" und S, 431 V, „Schossgegend des Weibes" mit den Figg. 78 u. 79.
1) König, Fr., Die perimetrischen Exsudate im Becken der Wöchnerinnen.
Archiv d. Heilkunde, 1862, III. Jahrg., und „Bemerkungen zur differentiellen Diagnose
der Beckenabscesse". Ebend., 1870, XL Jahrg.; ferner: „lieber die Bedeutung der Spalt-
räume des Bindegewebes für die Ausdehnung der entzündlichen Processe", R. Volk-
mann's klinische Vorträge Nr. 57. 1873.
2) Sa vage, Surgical pathology and surgical anatomy of the female pelvic Or-
gans. London, 1870.
3) Henke, W., Beiträge zur Anatomie des Menschen mit Beziehung auf Bewe-
gung. I. Leipzig u. Heidelberg, 1872.
4) Luschka, H., In „Beigel's Handbuch der Krankheiten der weiblichen Ge-
schlechtsorgane", Bd. I. 1874.
5) Schlesinger, W., Anatomische und klinische Untersuchungen über extra-
peritonäale Exsudationen im weiblichen Becken. Wiener mediz. Jahrbücher. 1872. —
Derselbe, Zur Architektonik des weiblichen Beckens. Wiener mediz. Blätter. 1879
6) Freund, W. A., Gynäkologische Klinik. I. Strassburg i. Elsass, 1885.
7) Zieg^enspeck, R., 1. c. [S. 637].
8) Del b et, Pierre 1. c. [S. 228].
Beckenbindegewebe: Viscerale und parietale Lager. 631
Das bisher genannte Bindegewebe und die von ihm eingenommenen Räume
liegen sämtlich unterhalb des Diaphragma pelvis, sind infradiaphrag-
m a t i s c h ; hierzu stehen im Gegensatze diejenigen Lager, welche oberhalb
des Diaphragma pelvis, supradiaphragmatisch sieh ausbreiten. Das
Bindegewebe liegt hier zwischen Pcritonaeum und Beckenfascie und wir müssen
es, wie erwähnt, in zwei grosse Abtheilungen bringen, in das viscerale und
in das parietale Beckenbindegewebe. Hierzu kommen 3) noch die
Verbindungszüge zwischen dem visceralen und parietalen
Lager und 4) die Verbindungszüge zwischen dem parietalen Lager
und den ausserhalb des Beckens gelegenen Bindegew ebsmassen.
Dabei soll nicht vergessen sein, dass es auch Fortsetzungen vom visceralen
Bindegewebe nach dem extrapelvinen Bindegewebe hin gibt.
Im allgemeinen ist über das Beckenbindegewebe zunächst folgendes zu
sagen : es ist sehr locker und fast durchweg fetthaltig. An gewissen Orten
bilden sich besondere Fettkörper, wie im prävesikalen und perivesikalen Räume,
s. S. 228. Es ist bemerkenswerth durch den reichen Gehalt von Blut- und
Lymphgefässen, namentlich in Form der venösen Beckenplexus; es zeigt an
manchen Stellen ein sehr ausgesprochenes blättriges Gefüge; subserös finden
sich in ihm zahlreiche glatte Muskelfasern; unmittelbar um die grossen Gefäss-
stämme herum und um die Eingeweide ist es verdichtet.
Viscerale Binde^ewebslager.
Bei beiden Geschlechtern lassen sich drei viscerale Bindegewebslager unter-
scheiden: das paravesikale (perlvesikale), paraseminale und pararektale (perirektale).
Beim Weibe sind es dieselben, nur haben wir statt der paraseminalen die parametri-
schen Lager und Räume ^).
Durch die Fascia visceralis, welche bei der Blase und beim Rectum entwickelt
ist, werden sie von den parietalen Lagern geschieden. Bei der Gebärmutter und
der Scheide ist dies anders, s. w. u. Uebrigens stehen alle visceralen Bindegewebs-
lager untereinander in Verbindung, wie aus den Figg. 59 a und b, 76 und 114 her-
vorgeht.
Eine Einzelbeschreibung des visceralen Bindegewebes soll hier nicht mehr ge-
geben werden, dafür wird verwiesen auf SS, 226 u. 298 (Blase), auf SS. 226 u. 268
(Rectum), auf S. 472 (Uterus), auf S. 539 (Scheide).
Parietale Bindegewebslager.
Sie zerfallen in die des kleinen und die des grossen Beckens. Im kleinen
Becken liegen sie rings um die Blase und füllen die Spatia praevesicale und perivesi-
cale aus. Hinten liegen sie zwischen Fascia recti und Kreuzbein im Spatium retro-
rectale. Hierzu kommt das parangiale Lager m., welches um die Vasa liypoga-
strica und deren grosse Aeste angehäuft ist^ Parangium hypogastricum m. Dieses
1) Es wäre am besten, überall die von Virchow für die Gebärmutter einge-
führten Bezeichnungen mit der Präposition „para** und den griechischen Namen ein-
zuführen: also „paracystisch**, „paraproktisch**, „parakolpisch", oder, substantivisch,
wie bereits W. A. Freund diese Namen gebraucht hat: „Paracystium**, „Para-
proktium**, Parakolpium". Wenn hier noch die Namen „perivesikal** und „perirektal**
mit angeführt sind, so geschah dies, weil sie noch vielfach gebraucht werden.
632 Beckenbindegewebe: Verbindungen nach aussen.
ist am Beckenboden durch fasciale Züge von den eben genannten vorderen und hin-
teren Lagern getrennt (vgl. Fig. 59b u. Fig. 76).
Alle diese Lager erstrecken sich über den Beckeneingang hinaus in das
grosse Becken und stehen kontinuirlich mit dessen subserösem Bindegewebe in Ver-
bindung. Indessen ist auch das Bindegewebe des grossen Beckens an mehreren
Stellen besonders reichlich vertreten, so dass wir auch hier mehrere Lager unter-
scheiden können: 1) die parangialen Lager des grossen Beckens, und zwar
a) das Parangium spermaticum, b) das Parangiura iliacum externum,
beide begleiten die gleichnamigen Gefässe, 2) das Stratum prae fasciale supra-
pubicum oder das retromuskuläre Lager, s. Fig. 59a, und das Stratum supra-
pubicum retro fasciale, das erstere zwischen M. rectus abdominis und der
Fascia transversalis, das zweite zwischen dieser und der Fascia vesicae (visceralis),
s. Fig. 59a.
Das letztere Lager geht über in das des Bo gros 'sehen Raumes, Spatium
retroinguinale (s. S. 461). Endlich befindet sich noch subperitonäal auf dem Mus-
culus iliacus, in dem Winkel zwischen diesem und dem Psoas, eine reichliche Binde-
gewebsanhäufung, Stratum iliomusculare subperitonaeale. Wir werden dort
noch ein subfasciales Lager kennen lernen.
Die Verbindungen zwischen dem visceralen und dem parietalen
Beckenbindegewebe finden sich zunächst am oberen Umfange der Becken-
eingeweide, seitlich und hinten, wo am Rectum und an der Blase sich die
Visceralfascie allmählich verliert. Hier müssen not h wendig beide Bindegewebs-
massen in eine einzige, subperitonäale zusammenfliesseii, s. Fig. 113. Die weit-
aus wichtigste Verbindung jedoch geht von der hinteren unteren Blasenwand,
der Prostata, den Samenblasen und dem Rectum des Mannes längs der Aeste der
Vasa hypogastrica zum Parangium hypogastricum. Beim Weibe ist diese Ver-
bindung (Pedicule hypogastrique Pierre Delbet) besonders wichtig und sehr
stark entwickelt. Sie verläuft in der Basis des Ligamentum latum und verbindet,
ausser dem Paracystium und dem Paraproktium, insbesondere das Parametrium
und Parakolpium mit dem Bindegewebe der seitlichen Beckenwand. Hierzu
kommt noch eine Verbindung des visceralen Rektumbindegewebes mit dem
parietalen subserösen Bindegewebe der hinteren Bauchwand längs der Vasa
haemorrhoidalia superiora.
Ein anderer bindegewebiger Verbindungszug, welchem Ergüsse, Eiterungen
und künstliche Injektionen leicht folgen, geht beim Manne längs des Ductus
deferens, beim Weibe längs des Ligamentum teres (König) zum Bindegewebs-
lager des Bogros'schen Raumes, spöciell zur Gegend des inneren Leistenringes.
Verbindungen des Beckenbindegewebes nach aussen.
Vom kleinen Becken aus stehen die Wege längs der Gefässzüge oflFen:
Foramen obturatum, insbesondere aber das Foramen supra- und infra-
piriforme; ferner schiebt sich ein bis jetzt noch nicht erwähntes Binde-
gewebslager zwischen Levator ani und Sphincter ani externus ein, auf welchem
Wege Ergüsse und pathologische Processe sich bei längerer Dauer vom Becken-
bindegewebe her in die Fossa ischiorectalis fortsetzen können.
Vom grossen Beckenraume aus bestehen folgende Verbindungen: 1) Vom
Bogros'schen Räume aus zum Leistenkanale, 2) nach der Bauchhöhle hin, dem
Beckenabscesse. 633
Wege des retroperitonäalen Bindeg:ewebes entlang, insbesondere mit dem Par-
angiura spermatieum 3) von dem Stratum iliomusculare aus rechts in das retro-
caecale Bindegewebe, links in das retrokolische Bindegewebe; auch längs der
Vasa iliaca communia verbreiten sich Biudegewebszüge zur Aorta hin.
Beim grossen Becken müssen wir ausser den genannten Bindegewebs-
lagern noch zweier subfascialer Lager gedenken. Das eine ist das schon
S. 226 erwähnte praefasciale Bindegewebe, das andere liegt subfascial in
dem Winkel zwischen Mm. psoas und iliacus längs des Nervus femoralis.
Diese Bindegewebsräume müssen sehr wohl von den subperitonäalen bisher
besprochenen unterschieden werden.
In den grossen bindegewebigen Verbindnngszügen laufen auch die drei
wichtigsten lymphatischen Wege (Lymphgefässe mit Lymphdrüsen), welche
von den Beckeneingeweiden ihren Ursprung nehmen. Es sind dieses: 1) der
inguinale Weg längs des Ligamentum teres, bezw. Ductus deferens; er führt
zu den Leistendrüsen. 2) der Weg des Parangium hypogastricum; er
führt zu den Lymphoglandulae hypogastricae. 3) der Weg des Parangium
spermatieum, der beim Weibe und Manne verschieden läuft; er führt zu den
Lymphoglandulae lumbales.
Beckenabscesse.
Unter Beckenabcessen werden sowohl solche verstanden, welche im
Cavum pelvis serosum liegen, als auch solche, die im Cavum subserosum oder
musculare pelvis sich entwickeln, endlich solche, die im Cavum pelvis osseum
sich vorfinden, zwischen Knochen und Muskeln. Nach Durchbrechung einer
oder der anderen Zwischenschranke, wie es bei intensiven und zu brandigen
Zerstörungen führenden eitrigen Processen vorkommt, kann aber die eine in
die andere Lagerung übergehen. — Die in den subkutanen und subfascialen
Bindegewebslagern am Damme entstandenen Abscesse w erden nicht als Becken-
abscesse aufgeführt. Kurz gesagt, liegt also ein Beckenabscess oberhalb
des Diaphragma pelvis.
Die Wege der Ausbreitung der Beckenabscesse haben namentlich
König, Henke und Schlesinger (11. cc.) durch Injektionen der Bindegewebs-
lager zu ermitteln versucht. Solche Versuche haben immer das Bedenkliche, dass
sie durch den plötzlichen Druck möglicherweise anders wirken können, als der
langsam sich ansammelnde eitrige Erguss. Immerhin stimmen die so erhaltenen
Ergebnisse ziemlich gut mit den Analysen der Befunde bei Autopsien von
Beckenabscessen tiberein. Letztere sind, wie ich nach eigenen Erfahrungen sagen
darf, insbesondere von Pierre Delbet zutrefiFend gegeben worden.
Fr. König erhielt bei seinen Injektionen folgende Hauptresultate: 1) Injek-
tion in den interligamentären Raum des Ligamentum latum nach vorn
vom Eierstocke: Die Masse folgt dem Parangium spermatieum, geht dann dem
Psoas entlang bis zum Bogros 'sehen Räume, den sie stark füllt, so dass das Bauchfell
weit abgehoben wird, und tritt von hier ins kleine Becken hinab.
II) Injektion in das Parametrium in der Höhe des inneren Mutter-
mundes: Die Masse füllt das Parametrium, hebt das Bauchfell vorn vom Collum
634 Mittelfleischbrüche. Innere Beckenbrüche.
uteri ab, geht von da in das Paracystium über, dann, längs des Ligamentum teres,
zum Leistenringe in den Bogros 'sehen Raum, endlich, nach starker Füllung des-
selben, in die Fossa iliaca.
111) Injektion des Bindegewebes neben dem Douglas'schen Räume:
Die Masse füllt zuerst das Paraproktium und verläuft dann weiter wie bei Injektion I.
Pierre Delbet glaubt beim Weibe hauptsächlich die Abscesse des Paran-
gium hypogastrieum, die von der Gebärmutter und dem Parametrium, sowie vom
unteren Paracystium und Paraproktium ihren Ausgang nehmen, und die Abscesse
der Ligamenta lata unterscheiden zu sollen. Dazu kämen noch vordere und
hintere subperitonäale Abscesse der Cervix uteri.
Bei der ersten Form, dem Abscesse des Parangium hypogastrieum,
durchsetzen die Zweige der Vasa hypogastrica den Eiterheerd; hat derselbe Aus-
läufer, so geht gewöhnlich ein vorderer zur Blase, ein mittlerer zur Scheide, ein hin-
terer zur Fossa iliaca und in das paraproktische Gewebe. Diese Abscesse liegen
nahe dem Scheidengewölbe und verdrängen den Ureter entweder lateral- oder median-
wärts. Die Ligamenta lata sind intakt. Bei weiterer Ausbreitung können diese
Abscesse entweder den Gefässen entlang ziehen, und zwar mit den Vasa glutaea
zum Gesäss, oder mit den Vasa iliaca externa zum Oberschenkel oder endlich
mit dem Ligamentum teres in den Bo gros 'sehen Raum, schliesslich von diesem aus,
den Nabelgefässen entlang, bis zum Nabel, wo sie sich öffnen können (im Spatium
retrofasciale). Im Bo gros 'sehen Räume können sie auch auf die andere Seite über-
gehen. Durchbrüche durch Fascien, das Bauchfell, oder Schleimhäute finden eben-
falls statt. So können sie durch die Levatorlücken, oder zwischen Levator und
Sphincter (s. vorhin) in die Fossa ischiorectalis, durch das Bauchfell in das Cavum
serosum, oder in Rectum, Scheide, Blase, selten auch in den Uterus, durchbrechen.
Nur in wenigen Fällen nehmen diese Abscesse ihren Weg längs den Vasa obturatoria.
Abscesse der Ligamenta lata. Die Abscesse der Ligamenta lata liegen
vom Scheidengewölbe, den Ureteren und den Aesten der Arteria hypogastrica weiter
entfernt. Am häufigsten verbreiten sie sich längs dem Parangium spermaticum
zur Fossa iliaca, und von da entweder nach abwärts zum Oberschenkel, oder nach
aufwärts zur Nierengegend und bis zum Zwerchfelle; selten folgen sie dem Ligamen-
tum teres zum Inguinalkanale.
Wie die Bahnen der Blut- und Lymphgefasse, sowohl circumvasal als
auch intravasal (durch inficirte vereiterte Thromben), die Hauptverbreitungswege
von Entzündungs- und Eiterungsprocessen darstellen, so sind sie es auch, ins-
besondere aber die Venen und Lyraphgefässe, für die bösartigen infektiösen Neu-
bildungen. Wiederholt ist im Früheren, z. B. beim Kapitel Uterus, beim
Chorioma und an anderen Orten auf diesen Umstand verwiesen worden. Eine
gute Zusammenstellung, was die Lymphgefässe betriflft, findet man in der Arbeit
von Winkler^).
Mittelfleischbrüche (Herniae perineales). Innere Beckenbrüche
(Herniae endopelvinae).
Die Herniae perineales sind dadurch charakterisirt, dass dieselben durch
eine Lücke im Diaphragma pelvis nach aussen treten. Da in der Mittellinie
1) Winkler, K., lieber die Betheiligung des Lymphgefässsystems an der Ver-
schleppung bösartiger Geschwülste. Virchow's Arch. f. patholog. Anat. Supplement zu
Bd. 15L S. 195. 1898.
Mittelfleischbrüche. 635
beim Manne und Weibe der grosse Spalt zwischen beiden Museuli levatores
(Levatorspalt) von weiten Schleimhautrohren durchsetzt, zwischen diesen Rohren
aber fest verschlossen ist (vorn durch das Trigonum urogenitale und das Centrum
perineale, hinten durch das Ligamentum anococcygeum), so können Hernien in
der Mittellinie nur durchtreten, wenn sie die Wand dieser Schleimhautrohre
vor sich hersttilpen, wenn sie sich also mit einem Prolapsus verbinden. —
Seitlich bestehen dagegen im Beckenboden zwischen den einzelnen Portionen
des Musculus levator ani, insbesondere zwischen lliococcygeus und Pubococcygeus,
dann zwischen lliococcygeus und Coccygeus, spaltförmige Lücken, durch welche
Hernien ihren Austritt nehmen. Diese Lücken führen in die Fossa ischiorectalis
und sind oben vom Bauchfelle und von der Fascia pelvis gedeckt. Unter nor-
malen Verhältnissen sind sie eng; sie können sich aber im höheren Alter oder
bei Erschöpfungszuständen ansehnlich erweitern. Hierbei ist nicht ausgeschlossen,
dass auch an beliebigen anderen Stellen des Levator ani die Muskelfasern
durch Zerreissen oder Auseinanderweichen eine Bruchpforte frei machen. Die
natürlichen Lücken sind mit lockerem, öfters fetthaltigem Bindegewebe aus-
gefüllt und lassen kleine Blutgefässe durchtreten.
Sonach ergibt sich eine anatomische Eintheilung der Herniae perineales in
Herniae perineales mediales und Herniae perineales laterales.
Die ersteren sind, wie bemerkt, stets mit Prolaps eines der genannten Schleim-
hautrohre verbunden. Da die Harnröhre, ihrer Enge wegen, nicht in Frage
kommt, so bleiben nur Harnblase, Scheide und Rectum übrig: Cystocele,
Elytrocele (Kolpocele), Proktocele ^). Damit aber eine Cystocele am
Beckenboden nach aussen trete, muss sie entweder ihren Weg durch eine der
genannten Levatorlücken nehmen, oder sich mit einer Elytro- oder Proktocele
verbinden: „Cystoelytrocele"; „Cystoproktocele".
Die Herniae perineales laterales treten durch die genannten
Levatorlücken aus; sie können entweder einfache Hernien sein und dann die-
selben Hüllen aufweisen, wie die Übrigen ünterleibsbrüche, oder aber sie ver-
gesellschaften sich gleichfalls mit einem Prolaps der Schleimhautrohre.
Die genannten Hernien können im Beckenraume von verschiedenen Stellen
aus ihren Anfang nehmen. Diese Stellen sind 1) die Excavatio rectovesicalis
beim Manne, 2) die Excavatio vesicouterina beim Weibe, 3) die Excavatio
rectouterina beim Weibe, 4) die Recessus pararectales bei beiden Geschlechtern.
Hierzu kommt 5) in denjenigen Fällen, wo der Bruch durch ein Eingeweide-
rohr geht, namentlich bei Blase und Rectum, irgend eine beliebige andere Stelle der
Oberfläche dieser Organe. Ja, in denjenigen Fällen, wo ein Prolapsus uteri besteht,
oder eine Inversio uteri, können Darmschlingen und andere bewegliche Theile des
Beckeninneren, z. B. gestielte Tumoren, der Eierstock, in den dadurch entstandenen
Blindsack hineingerathen. Endlich können vom unteren Theile des Rectum, da das-
selbe hinten und seitlich eine erhebliche Strecke weit bauchfellfrei ist, bruchsacklose
Ausstülpungen als Prolapsus recti nach aussen treten. Hiermit kann sich weiterhin
1) Der Ausdruck »Hedrocele" für „Mastdarmbruch" würde, obwohl Jdga^ bei
Hippokrates auch zur Bezeichnung des Mastdarmes gebraucht wird, eine passende
Allgemeinbezeichnung für „Mittelfleischbrüche** abgeben können (iÖQu = „Sitz*').
636 Mittelfleischbrüche.
eine richtige Proktocele verbinden, indem z. B. von der Excavatio rectovesicalis aus
eine Darmschlinge nachträglich einen anderen Theil der Rectumwand in diesen pri-
mären Prolapsus hineinstülpt.
Einen solchen Casus rarissimus hat Scarpa beschrieben (siehe bei 0. Zucker-
kandl 1. c. i.).
Die häufigste Eintrittspforte ist unzweifelhaft die Excavatio rectouterina,
dann die Excavatio rectovesicalis beim Manne. Die Perinealhernien sind beim
Weibe häufiger als beim Manne, was sich aus der grösseren Weite des Beckens,
der flacheren Wölbung des Levator und insonderheit durch die häufigeren
Erschlaffungszuständc des Beckenbodens (nach Geburten) erklärt. Die Excavatio
vesicouterina kann wohl nur dann zur Eintrittspforte werden, wenn der Uterus
eine mehr gerade oder rctrovertirte Lage hat.
Es ist mit Kecht von 0. Zuckerkandl darauf aufmerksam gemacht worden,
dass Tiefstand des Douglas'schen Raumes ein wichtiges Moment für die Entstehung
der Perinealhernien abgiebt, was auch Ziegen speck, Träger und Sani t er an-
nehmen. Auch muss darauf hingewiesen werden, dass, wenn schon frühzeitig, im
jungen Kindesalter, Darmschlingen in die Tiefe des Douglas*schen Raumes ge-
rathen, wie dies von Kölliker beobachtet worden ist, darin eine Veranlassung zu
einer späteren Hernienbildung gefunden werden kann. Doch geht, meines Erachtens,
Zuckerkandl zu weit, wenn er den Tiefstand des Douglas'schen Raumes fast als
unerlässliche Vorbedingung einer Hernia perinealis ansieht.
Aeusserlich treten die Herniae perineales entweder unter dem Bilde eines
Prolapses auf — es sind dies nach dem vorhin Erörterten die Herniae peri-
neales mediales — oder sie bilden rundliche Tumoren, welche in der Gegend
der Fossa ischiorectalis zu den Seiten des Anus vortreten. Beim Weibe
gerathen sie von hier unter Umständen, da die Labia majora bis an den Anus
zu ragen pflegen, und mit nachgiebigem Fettgewebe gefüllte, leicht dehnbare
Hautfalten daistellen, in die hintere Partie der grossen Schamlippen hinein,
Herniae labiales posteriores^).
Die Herniae perineales können unter Umständen einen enormen Umfang er-
reichen; bekannt ist der durch Halle r mitgetheilte Fall von Papen, wo bei einem
Weibe eine Perinealhernie bis zur Kniekehle hinabreichte. Dieser Fall ist meist für
eine Hernia ischiadica gehalten worden, bis jüngst Garr6 ihn richtig stellte (1. c.
[S. 167]).
Sehen wir von den mit Prolaps vergesellschafteten Mittelfleischbrüchen ab,
so müssen die Herniae perineales, von aussen nach innen gezählt, folgende
Hüllen haben: Haut, Tela subcutanea und Fett der F'ossa ischiorectalis, dann
das untere Fascienblatt des Levator ani (Fascia analis der Engländer), die
Beckenfascie und als Bruchsack das Bauchfell.
Um von dem anatomischen Verhalten der Hernia perinealis eine richtige Vor-
stellung zu gewinnen, wolle man die Figuren 65 (Beckenboden), 66 (Excavatio recto-
vesicalis) — auch Fig. 61 kann hier konsultirt werden — Fig. 81a (Excavationes
vesico- und rectouterina) und Fig. 84 vergleichen. Letztere Figur gibt eine gute Vor-
stellung davon, wie ein Dammbruch nach Passiren des Diaphragma pelvis in die
Fossa ischiorectalis gelangen muss, und lässt sehr gut auch sein Verhalten zu den
verschiedenen Formen der Herniae ischiadicae erkennen.
1) Als Herniae labiales anteriores bezeichnet man Leistenbrüche, Avelche
in den vorderen Umfang der grossen Schamlippen eintreten.
Herniae endopelvinae. Entwicklung* der Beckeneingeweide. 637
Herniae endopelvinae.
Als Herniae endopelvinae möchte ich eine Abtheilung der inneren
Hernien (Herniae intraabdominales ßrösike)^) bezeichnen, welche als Bruch-
raum eine der serösen blinden Beckentaschen haben, ohne durch eine Levator-
lücke oder einen Prolaps nach aussen zu treten; insbesondere kommt hier
die Excavatio rectovcsicalis oder rectouterina in Betracht, Sic sind auch als
Herniae perineales incomplctae beschrieben worden. Für ihr Zustande-
kommen gelten dieselben Momente, welche vorhin angeführt wurden, wie z. B.
dauernder Tiefstand der genannten Excavationen, oder erworbener Tiefstand in-
folge von Andrängen etwaiger Darmschlingen. Von einer Hernie darf unter sol-
chen Umständen jedoch erst die Rede sein, wenn der Bruchinhalt, z. B. die
Darmschlingcn, spontan nicht zurücktreten kann. Dass unter solchen Umständen
eine Einklenmiung entsteht, wie bei jeder anderen Hernie, lehrt der Fall von
Saniter^).
Anhang I. Entwicklung der Beckeneingeweide.
Für das Verständniss einer Anzahl von Lagebeziehungen und sonstiger
praktisch wichtiger Punkte, insbesondere der im nächsten Anhangskapitel zu
besprechenden Missbildungen, sind cntvvicklungsgeschichtliche Daten uner-
lässlich. Die hier einschlägigen habe ich mit besonderer Berücksichtigung der
Kapitel dieses Buches im Nachfolgenden zusammengestellt. — Folgende be-
merkenswerthe Thatsachen sind vor Allem hervorzuheben:
1) Schon an früheste Bildungen, wie die Primitivrinne (Blasto-
porus), knüpft ein Theil der Beckenorgane an: Kloake mit ihren beiden
Theilen, Sinus urogenitalis und Enddarm, und mit ihren Öffnungen,
Urogenitalöffnung (Vestibulum beim Weibe, Orificium externum urethrae
beim Manne) und After Öffnung.
2) P]s besteht von Anfang an eine innige Verbindung zwischen End-
darm, Genital- und Harnwegen.
1) BrÖsike, G., Ueber intraabdominale (retroperitoneale) Hernien und Bauch-
felltasclicn etc. BerHn, 1891.
2) P^bner, L., Ueber Perinealhernien. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 1887.
Bd. XXXI. — Saniter, K, Hernia interna retrovesicalis. Beiträge zur klin. Chirurgie,
herausgegeben von Br uns etc. XVL Bd., Heft 3. 1896 (auch als Inaug.-Dissertation er-
schienen). — Träger, F. P., Ueber abnormen Tiefstand des Bauchfelles im Douglas'-
schen Räume beim Manne. Archiv für Anatomie u. Physiologie. Anatom. Abth., 1897.
— V. Win ekel, Ueber die Dammbrüehe am Boden des weiblichen Beckens. Verhand-
lungen des X. Internat, med. Congresses (Berlin). Bd. III, S. 153. 1891. — Ziegenspeck,
Ueber normale und pathologische Anheftungen der Gebärmutter und ihre Beziehungen
zu den wichtigsten Lage Veränderungen. Arch. f. Gynäkologie, Bd. XXXI. 1887. —
Zuckerkand 1, 0., Beiträge zur Lehre von den Brüchen im Bereiche des Douglas'-
schen Raumes. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 1891. Bd. XXXL
638 Entwicklung der Beckeneingeweide,
3) Ebensolche innige Beziehungen walten ob zwischen dem Cölom-
epithel und den Anlagen der Harndrüse (Niere) und der Harnwege, so-
wie der Keimdrüsen,
4) Die Differenzirung der Geschlechter ist ein sekundärer Vor-
gang; die erste Anlage ist eine indifferente, weder männliche noch
weibliche.
5) Die Geschlechtsdrüsen so wie die äusseren Geschlechtsorgane
werden zwar bilateral symmetrisch, aber jederseits nur einfach angelegt; sie
müssen demnach sich nach der zu übernehmenden Funktion umgestalten:
die indififerente Keimdrüse wird entweder Hoden oder Eierstock, der indiffe-
rente Geschlechtshöcker Penis oder Clitoris etc.
6) Die Leitungswege der Geschlechtsprodukte sind hingegen jeder-
seits doppelt angelegt; hier kommt es nicht zu einer Umgestaltung, sondern
zur Rückbildung der einen Anlage, während die andere in Funktion tritt,
und zwar verschieden nach dem Geschlechte ^).
Was die Betheiligung der Primitivrinne angeht, so ergiebt sich nach
den Untersuchungen 0. Hertwig's und Anderer bei Amphibien, dass dieselbe
frühzeitig in ihrem mittleren Bezirke durch Verwachsung ihrer beiden Ränder
in zwei Theile, einen vorderen und einen hinteren, geschieden wird. Der vordere
führt in den Canalis neurentericus, der hintere bezeichnet die Stelle der
Afteröffnung. Indem durch Verschluss des Medullarrohres der Canalis
neurentericus von der Körperoberfläche abgesperrt wird, bleibt im Inneren
durch ihn noch eine Zeitlang eine Verbindung zwischen Enddarm und
Medullär röhr bestehen, was hier, wegen der Erklärung gewisser Miss-
bildungen, hervorzuheben ist^).
Bei Säugethieren ist die Stelle der späteren After Öffnung in der ersten
1) Mit Rücksicht auf das Verhalten der so zahlreichen hermaphroditischen For-
men der Wirbellosen, die auch den Wirbelthieren nicht fehlen (Myxinoiden, ver-
schiedene Teleostier, wie Serranus [Sägebarsch], vereinzelte Exemplare vom Hering)
und auf die Conjugationserscheinungen der Infusorien (R. Hertwig, Maupas) ist
anzunehmen, dass der Zustand der geschlechtlichen Differenzirung in zwei Personen
(Gonochorismus Ha e ekel) von einem hermaphroditischen abzuleiten sei. — Dieser
Auffassung hat jüngst C. Ben da in seiner beachtenswerthen Besprechung des Herma-
phroditismus {Ergebnisse der allgem. Pathologie und pathol. Anatomie, herausgegeben
von Lubarsch u. Ostertag. Bd. I. Wiesbaden, 1897) gute Gründe entgegengesetzt.
Man müsse den Wol ff 'sehen Gang nicht als Geschlechtsgang, sondern als Harngang
ansehen; derselbe trete nur sekundär in den Dienst der Geschlechtsdrüse; Geschlechts-
gang sei nur der MüUerVche Gang; also sei auch in den beiderlei Gängen keine
hermaphroditische Anlage gegeben. Auch aus anderen Gründen (auf die hier nicht
eingegangen werden kann) sei der Gonochorismus nicht vom Hermaphroditismus ab-
zuleiten.
2) Bei der Untersuchung einer jungen menschlichen Keimblase stiess Graf Spee
auf Bilder, die es sehr wahrscheinlich machen, dass der Canalis neurentericus
auch im Entwicklungsgange des Menschen nicht fehlt. — Bei Säugethieren ist er
sicher gestellt; er durchsetzt hier, nach E. vanBeneden's Entdeckung, eine Strecke
lang die Chorda dorsalis (Chordakanal van Beneden).
Kritwitivliiii- der Bcekeiicio^'eweicit'!.
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Zeit iler Eiihvirkeliiii-' imhi hIIoik ^*mihmi um nu^>m ln>r mir iliireli eiiit» Vertic-
imv^ iiiarkirt:. in drn^iii I JriiiNlr, jedfit-li ibis mtirtliTi' KeiiiihiMlt IViilt, so iLiss Eiifn^
di^ri» iimi Kklddtini mvh iiiiiiiillvll^.'ir iMTillirni < I\l<>jik<'iiiin'iiiliniii}. Aiifun^-f^ wilnle
miv liiii'- lieslrliciiile Ölliiiiii- in 4vu IJ i ii üc» r:t ii iii dvr l\ t^iiiilil.ise filliriqi;
dimM' ist nher [iK Il<*riwi-j ikm CriLiriiic iler nmlvnm Ymiehnüvn, iti.^Iii-
HMikiT ilrr Aiiipliibieii hmwhi^'l Später, wenn sirii iiiis der Keiiiilikisniliiflil«
Fi-. IUI
Vv.<H-(dii ißi(fsii:><ii'i'/iiNut
loi'i Mt'diiiiifff
ffeif/'i'/iiei'ici
Voti'iil^i iMiiliryiHi.iJiH iii,'i iiimiferi. Esirvmli:iH r;ni<I,'iJ i.n^ StAivtu;i.
luifotiffliWl
Fi-. JlOa.
/*!//>• n^tiiß'dlj.K iiiffiiifai' iHf'fiffii. i'tirs r//7/'X(7//x ///i/////^/^': jiH'dtiH,
■ : I /f/Vr/ ftiiiiiil pt7,Hicri'ot
Fxfr.'iini.'i.s iMisterii)!- e iii b r v o u i s iii,i iii m i feri. Scm-ih» iiirtliaiKt Sl^ulimii L
1) Auf <lio, iiofli lN'.st('|ifHilc'fi Koiirroversc-ii, oh dvr rii<ird.'ikaiml zum F.itmlis
iKuirinili^rirOK -i'liorl, ihhI oh dU^ Kr'iiiibl.isrni.oiilr derKiui-cr dem Vnhwmv, iIit Am»
liliilii.^n fioiiiolu- .sei; kaiiu hiiT iiirfii <»lii-<-'niif:"ei;i wvnlvn. Irli fol-c ilcr 1 ^aj^lelhiii-
<l Ileriwi-''H iLehrhiU'h dvr Fiit wirkliiii.ux|^-t>st!li., H AiilL imsi ■^•^ fiskar Srfiiiliz"*
(Clriiiidiiss ilvr Hut wirkhii,M.s.,,,,<.}jj,.|,|,. di%s' ■Mmsrlien iiiid dcM- Siiii-i'tln>ri\ l.süi;) hf..
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letztere iit ileii Uniarm aiieli b,.! den Säii-eiliiereiiilirvoiieii eiiibczo-eii iL e, S. if:i li j.
640 Entwicklung der Beckeneingeweide.
das Darmrohr abgeschnürt liat, entspricht die Stelle dem blindgeschlossenen Ende
des Hinterdarmes. Aus dem Hinterdarme entwickelt sich alsbajd durch eine
ventrale Ausstülpung die Allantois; damit entsteht ein erweiterter entoder-
maler Raum im hinteren Embryoende, den man passend als „Allantenteron"
bezeichnen kann.
Indem nun (nicht viel später) der Ausführungsgang der Vorniere und der
Urniere (Vor ni er engang und Wolff scher Gang) seine Ausmtindung in das
AUantenteron gewinnt, wird der untere Theil desselben zur Kloake. Die dünne,
nur aus Ektodcrm und Entoderm bestehende Verschlussmembran dieses Theiles
ist die „Kloakenmembran" Tourneux („Aftermembran" Keibels und
anderer Autoren, s. S. 639). Die vorstehenden Figuren erläutern diese Vorgänge.
In Fig. lir> sehen wir das hintere Ende eines Säugethierembryo (Schema) auf seiner
Keiniblase gelegen; die beiden Medullarwülste, Tori medulläres, sind noch nicht völlig
geschlossen, so dass man die äussere Oeffnung des Canalis neurenticus sieht. Der
nach hinten folgende Theil der Primitivrinne, Sulcus primitivus, ist durch Wucherung
der Zellen des Primitivstreifens vorwischt (geschlossen). Am hinteren Ende bemerkt
man die Stelle der Kloakenmembran (Membrana cloacalis), da, wo später der After
durchbricht. Unmittelbar davor wuchert die Zellenmasse des Primitivstreifens be-
sonders stark und liefert die Schwanzanlage (Schwanzknospe, Tuberculum caudale),
in deren Bereiche die Keimblätter und Organ anlagen vorerst noch nicht geschieden
und ausgebildet sind.
Fig. 116a zeigt einen medianen Längsschnitt durch eine solche Keimblase unter
der Annahme, dass das Medullarrohr noch nicht geschlossen sei. Man wird dann
nur die ventrale Wand (Pars ventralis laminae medullaris) des späteren Rückenmarks-
rohres sehen können — die dorsale ist in der Figur durch punktirte Linien ange-
deutet. Somit öffnet sich der Canalis neurentericus noch nach aussen. Dahinter
kommt das Gebiet des Primitivstreifens, Stria primitiva, dessen oberes Zellenlager
ektodermalen, dessen unteres entoderm alen Charakter hat; die mittlere Gewebsmasse
ist noch undiffefenzirt. Der Primitivstreif ist in seiner Längenmitte, also in der
Primitivrinne (Fig. 116), getroffen. Nach hinten und unten geht derselbe in das Tu-
berculum caudale und in die Kloakenmembran (Membrana cloacalis) über, welche nur
aus Ektoderm und Entoderm besteht. In die Primitivstreifen-Masse erstreckt sich eine
kleine Ausstülpung des Entoderms, dies ist die Schwanzdarm-Anlage, Primordium
intestini caudalis. Da auch die Allantoisausstülpung, Primordium allantoidis, sich
bereits markirt, so stellt der erweiterte Raum, in welchen beide Ausstülpungen über-
gehen, das „AUantenteron" dar.
Fig. 116b zeigt einen ähnlichen Längsschnitt in einem späteren Stadium. Die
Medullarwülste haben sich über der äusseren Oeffnung des Canalis neurentericus
geschlossen, so dass dieser nun, wie sein Name besagt, eine Verbindung zwischen
Neuralrohr und Darmrohr darstellt; das AUantenteron, der Schwanzdarm, die Schwanz-
knospe, Tuberculum caudale, die aus dem Primitivstreifen entstanden ist, und die
Kloakenmembran haben sich weiter ausgebildet. In Folge der Entwicklung der
Schwanzknospe hat die Kloakenmembran eine fast ventrale Lage bekommen.
In Figur 117 (Seitenansicht) sieht man die Einmündung des Vornierenganges
(Orificium ductus Wolffi dextr. in der Figur) in den ventralen Theil des AUantenteron.
Nunmehr ist letzteres in seine drei Haupttheile getheilt: Das, was unterhalb der Vor-
nierengangsmündung liegt, ist die Kloake, darüber ventral die Allantois, dorsal
der Enddarm, Intestinum (Metenteron). Hierzu kommt noch der übrigens bald
schwindende Schwanzdarm, Intestinum caudale (Figg. 116, ll?^. Die Trennung
zwischen aUen diesen Theilen ist keine scharfe; äusserlich ist die Grenze zwischen
JCnddarm upd Allautois durch eine seichte Rinne angedeutet, der nach innen ein Fallen-
Entwicklung der ßeckeneinge weide. 64t
voi'Sprting* entspricht. Die Allantois g-eht alsbald in den sehr engen Allantoisgang',
Ductus allantoideus, über. — Wichtig ist, dass in diesem früheren Stadium die
Kloakenmembran bis fast zum Nabel reicht.
Ans diesen Theilen gehen im weiteren Verlaufe der Entwicklung die
Harnblase mit der Harnröhre, das Eectum und der Anus hervor.
Die erste Anlage der Geschlechtsorgane vollzieht sich in nach-
stehender Art:
Im Zusammenhange mit der Vorniere (Pronephros), auf welche wir
hier, als auf eine für unsere Aufgabe unwichtigere Bildung, nicht einzugehen
haben, entsteht der Vornierengang (ürnier engang, Wolff scher Gang),
Für die Säugethiere muss auf Grund der neueren Forschungen angenommen wer-
den, dass sein kraniales Stück aus einer Längs Verbindung von Vornieren-
kanälchen, die ihrerseits vom Cölomepithel ihren Ursprung nehmen, sich
bildet, und dass dieses Stück von seinem kaudalen Ende aus selbständig weiter
nach hinten wächst, bis es das Allantenteron erreicht, in welches es ausmündet.
Auf die noch bestehenden Kontroversen, namentlich auf die nach neueren Er-
fahrungen von Rabl, Flemming u. A. zu vertheidigende Ansicht, dass der Vor-
nierengang der Säuger in seinem grössten Abschnitte aus dem Ektoderm sich ent-
wickle, muss hier verzichtet werden.
Zum Vornierengange tritt alsbald der Wolff'sche Körper oder die
ürniere (Mesonephros) in Beziehung.
Die ürniere entwickelt sich unmittelbar hinter der Vorniere, und
zwar (Rückert) aus den von Remak sogenannten Mittelplatten,
Nephrotomen Rückert. Diese Mittelplatten sind die Verbindungsstücke
zwischen den Ursegmenten und den Seitenplatten, also gleichfalls segmental
geordnet. Jedes Nephrotom gibt einem Kanälchen den Ursprung, welches an-
fangs einerseits sich in die Peritonaealhöhle öffnete (Nephrostoma Semper),
andererseits mit dem Vornierengange Verbindung gewann. Wie Nagel bei
menschlichen Embryonen gezeigt hat, bilden sich an dem Bauchhöhlenabschnitte
dieser Kanälchen sehr grosse Kapseln mit Glomerulis aus; der betreffende
Kanalabschnitt wird weit und ist als sekretorischer aufzufassen; die in den Vor-
nierengang sich öffnende Strecke ist enger. Im distalen Urnierenabschnitte
(Ren primär. II, Fig. 117) insbesondere bilden sich an jedem primären Kanäl-
chen mehrere Sekundärkanälchen aus, so dass man die primären Kanalstücke
als „Sammelröhren" bezeichnen kann. Der proximale kleinere Abschnitt des
Wo Iff 'sehen Körpers (Ren primär. I, Fig. 117) ist von einfacherem Baue;
seine Kanälchen bleiben — wenigstens bei Säugethieren und dem Menschen —
enger, verlieren zum Theil früher ihre Kapseln und Glomeruli und treten mit
der Geschlechtsdrüse, s, w. u., in Beziehung. Ich habe deshalb s. Z. einen
Sexualtheil (Ben primär. I) von einem ürnierentheile (Ren primär. II)
des Wolf f sehen Körpers unterschieden.
Bald nach dem Wol ff sehen Gange entsteht, ihm dicht anliegend und
den gleichen Weg nehmend, der Müll er 'sehe Gang (Ductus Müllen, Figg.
117 und 117 a. (Derselbe ist in allen Figg. durch eine blaue Farbe markirt, der
Ductus Wolffi durch eine rothe.)
Wald ey er, Das Becken. 41
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sHtiiieii imdirkiHirii 'riilinio^rHii lutd di.' ^^Si^hmUilu^r. .Svhnu'ilviU^r' 'iP.ira-
sdiiiiii^'rs'^^' rrkkiivi, vuird.iL Wiidifi- ist iii di-^ü^ lli'/irlmii- die iU*iilmHi!iiii-
W|.|Mhdt^r^s iMii .iiHiii d.ipiiHteii M Ji I 1 ^ r 'sr1,ii, ldiii!:i' :m diT iTrlilai
SfHv liiirs irhiiiii hnvj:vn Kiidirvo, Aiu^h ini t^iiietii Kiidiryii von ÜM-iu
ilii,iij,|1ii,i,:,,: i:,iid W i' im! f Irr tili iK'ri'ssiirHHit'S l^diriinsiiiiiiK Idi^. itiekini
r„i..rsiiidHi-, iidi iiiniiH^ V. .\!ilniikoviivs. Jaiin^sik, S .Mit h ii und m-
lirsiHidiiT« Na-H iiii.l WeiidHtT dlir dm Miiisrtiviij, kmitiltii rlHmkills
kiiiii^ Alist.iiiiiiiiiii- ^niii V.H'iiH'niipiiip- rriiiitidii, wolNi idi j^doidi, im Aii^
Il lli'tiiiit!' C" kH«* KiTiiikii*'ilt!it »l«'r Fiilt,'il«'r.
Stöll-%'iri, IS7<K.
Kiit^wickfLiii,:^' <'*'*' rrcr.kcüieliiii'em'i'jMi'.
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rtitl;iiii:- '/iir Klojikr Iiiii w;irli>i. mit M'ifMiii jr^M'ilip'i'ii ilisfalnt VauUi in iiiiii^^'rr
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rfltlickf \vi*ril<iL >*i d.'i.'-s (kiiiin'rh im A!is<*Ijliiss .in ijii^ Si*l,'{«'lii<i;' lN»sfitiMlr.
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Sii'lni ili'':^ \'oniiri'tii;2-iii^:i.'s /jitii M ii I I i/- i*'sj'|jrii Ik'iiii:'!* :iiiiH'ltiiitii yj! solkii»
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'ZW isrlnii ln'iikii W oj f'f'si'litii < ^itii^^'iil dit'lit lirkiiiiiiuiiiilii': ;t!i iIit Sii*||f
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_MiiIlni^: zu iH'iilni Si'ih'ii dvf. 31 jl I 1 1» r\<^*l:ii:ii llüp'ls iii ii iid e ii d.iiiii sriioii
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//!iiii l'ri'irr. iiiiik rliii'rli siir<'rssj\'i' weilü*«* Sj)riss>iiiii:'„ /iir hlrnnMiihMi KUm'v^
644 Entwicklung der Beckeneingeweide.
Metanephros (Primordium pelv. ren in Fig. 117) wird. An der medialen
Seite der U r n i e r e (Ren primär. I u. II — Mesonephros) bildet sieh schon
früh eine Epithelverdickung aus, ähnlich der, welche, an der lateralen
Seite, der Bildungsstätte des Mülle r'schen Ganges entspricht. Unter ihr sammelt
sich Gewebe vom mittleren Keimblatte (Stromagewebe) an, und wölbt das
Epithel zu einem kleinen Hügel hervor; dieser ist die Anlage der Keimdrüse
(Bornhaupt, m.). Im Epithel, Keim epithel, zeigen sich schon frühzeitig
einzelne grosse Zellen, die Urgeschlechtsz eilen (Fig. 117).
Gegen die der ürniere zugewendete Seite der Keimdrüse sprossen die
Kanälchen des Sexualtheiles der ürniere (Ren primär. I, Fig. 117) vor und
dringen bei den meisten Säugethieren, mag das Geschlecht später männlich
oder weiblich werden, in das Stroma derselben mehr oder weniger tief ein.
Wichtig sind die Verhältnisse der Urnieren, Keimdrüsen und Ge-
schlechtsgänge zum Bauchfelle und zu frühzeitig auftretenden band-
artigen Zügen von Bindegewebe mit glatten Muskelfasern,
welche der glatten Muskulatur des subperitonäalen Bindegewebes (H. Klaatsch)
angehören. Die sich bildenden Bauchfellfalten sollen als Gekröse
(Mesenterien) oder Falten (P licae), die Züge von Bindegewebe mit
glatter Muskulatur als Ligamenta bezeichnet werden. Vgl. hierzu die
Figuren 117 und 117 a.
Die ürniere ist in ein Gekröse (M e s o n e p h r i d i u m m.) eingeschlossen,
welches um so deutlicher und beweglicher wird, je mehr die ürniere schwindet.
(In der Fig. 117 Hess sich dies Gekröse nicht wiedergeben, in Fig. 117 a kann
man es erkennen.) Das obere Ende dieses Gekröses verlängert sich über den
oberen Pol der ürniere und des Müller'schen Ganges hinaus bis zum Zwerchfelle
= Zwerchfellsband der ürniere v. Kölliker (Plica phrenico-
mesonephrica m., Figg, 117 u. 117 a), ebenso das untere über den distalen
Urnierenpol ; die betreffende seröse Falte = Plica inguinomesonephrica
m. verliert sich in der Leistengegend. Diese Falte ist in den Figg. 117 und
117a nicht sichtbar; in ihr liegt das Ligam. genitoinguinale (S. 645).
Wie die ürniere, so zeigt auch die Keimdrüse bald nach ihrer Bildung
die Anlage eines Gekröses, welches vom Hilus der Drüse zum Mesonephridium
zieht — Mesorchium bezw. Mesovarium. Die eigenthümlichen Verhält-
nisse des Bauchfelles zum Eierstocke und zum Hoden sind bereits S. 506 und
388 besprochen worden; sie lassen sich schon während der Entwicklung er-
kennen. Man sieht, dass sowohl die indifferente Anlage der Geschlechts-
drüse (Fig. 117), als auch ihre Umbildung zum Eierstocke wie zum Hoden auf
dem grössten Theile ihrer Oberfläche von dem eylindrischen Keimepithel tiber-
zogen bleibt und keinen Bauchfellbezug erhält (Figg. 117, 117 b und 117 c).
Das Gekröse geht nur an ihren angewachsenen Rand heran. (In den Figuren
ist es nicht zu sehen.)
Vom oberen Ende der Geschlechtsdrüse zieht eine mit deren Mesenterium
zusammenhängende kleine Bauchfellfalte zur Plica phrenicomesonephrica =
oberes Hoden- oder oberes Eierstocksband v. Kölliker =
Entwicklung" der Beckeneingeweide. 645
Plica testis s. ovarii superior (Fig. 117a); desgleichen zieht eine viel
stärker ausgeprägte Falte, Plica testis s. ovarii inferior, vom unteren Ende
zum Mesonephridium. In dieser unteren Falte eingeschlossen liegt ein k r ä f t i g e r
Zug glatter Muskelfasern mit Bindegewebe, welcher sich an die beiden
hier schon dicht zusammenliegenden Geschlechtsgänge, den Wolff-
schen und den Mülle r'schen Gang, ansetzt, das Ligamentum testis
(Klaatsch) bezw. das Ligamentum ovarii autt. (A+B in Fig. 117;
A zeigt zugleich einen Theil der zugehörigen serösen Falte; — ferner Fig. 117 a
= Lig. testis.)
Da beim Manne der Müller 'sehe Gang in dieser Gegend schwindet, beim
Weibe der Wolff'sche, so behält später das Ligamentum testis nur Verbindung mit
dem Wo Iff sehen Gange (Vornierengange) und das Ligamentum ovarii nur mit dem
Müll er 'sehen Gange.
Endlich differenzirt sich auch in dem untersten Theile der Plica i n -
guinomesonephrica ein ähnlicher Zug glatter Muskelfasern mit Binde-
gewebe heraus, der proximal an beiden Geschlechtsgängen festsitzt, ungefähr
an derselben Stelle, wo das Ligamentum testis (ovarii), dessen Fortsetzung er
scheinbar bildet, angeheftet ist. Distal verliert er sich im subperitonäalen
Bindegewebe der vorderen Bauchwand, in der Gegend des späteren Leisten-
ringes. Klaatsch bezeichnet dieses Band als „Ligamentum ingui-
nal e*^ Da aber dieser Name jetzt für das Ligamentum Pouparti vergeben ist
(BNA), so möchte ich die Benennung „L ig am en tum geni toinguinal e*^
vorschlagen. Wegen des Schwindens des Wölfischen Ganges beim Weibe,
des Mtiller'schen Ganges beim Manne, findet sich die proximale Insertion
dieses Bandes beim Weibe später am Mülle r'schen Gange, beim Manne am
Wol ff 'sehen Gange. Dies Band ist im Wesentlichen dasselbe, was man bis-
lang als „Gubernaculum Hunteri" bezeichnet hat (C in Fig. 117), Lig. genito-
inguinale in Fig. 117 a).
Die weitaus besten Abbildungen von diesen Falten und Bändern gibt v. Mihal-
kovics I.e. [S. 660] in Taf. III, Figg. 41— 44. Es sei noch angeführt, dass Wendeler
bei einem weiblichen Embryo von 5V2 Cm. R. L., der bereits die üterusanlage zeigt, da-
neben aber noch die Wol ff 'sehen Gänge, deutlich das Ligamentum genitoinguinale als
von den letzteren abgehend zeichnet (l. c. [S. 504] Fig. 21). Ich habe mich von der
Richtigkeit der Wendel er 'sehen Abbildung durch Vergleichung derselben mit dem
Originalpräparate überzeugt. Damit stimmen auch die Abbildungen von v. Mihalko-
vics, so wie die Thatsache, dass die Ligamenta teretia (= Gubernacula Hunteri)
später nicht genau an der Abgangsstelle der Tuben vom Uterus, sondern etwas
weiter kaudalwärts befestigt sind. Diese Befestigungsstelle würde demnach nicht
exakt die Grenze zwischen Uterus und Tube {Müller'schem Gange) anzeigen, sondern
vielmehr den Ort, wo die Wolf f 'sehen Gänge z. Z. in die Utcruswand eintreten.
Von der Stelle vor und unterhalb der Kloakenmembran wächst in diesem
Stadium ein unpaarer kegelförmiger Gewebshtigel, aus einem mesodermalen und
einem ektodermalen Antheile bestehend, hervor, der Geschlechtshöcker ^)
1) Retter er nennt diesen Gewebshügel, wie er zuerst entsteht, nicht Geschlechts-
höcker, sondern Kloakenhöcker, weil er Anfangs nicht nur die Geschlechtswülste
und die Geschlechtsfalten, sondern auch Theile der Umgebung des Anus mit enthält,
die sich erst später sondern.
Kniwivklnn:j: «Iff lU'vkf'iu'uvjvwvUh^
iMT
iM-'iir ;fl!»-r«liii-,s lüil {M--fttiH'tiiii-r I'iiiImmIiiii^u' zur iiiJiiiiiiifljcii FornL Im iiiiti>r<'ii
TlM-ili' i|*'S Si'lti'11,.1^ il'\-. 117; sit-ht itijitj «la-, A li.'uil i'iit rroii, ;iii iU'ui i.M'tii» l^iiisall«^
hm- •zni>r|ji.it jMiriiis a!f?i!i!iüiliMi>^' und Ji}|i/>iiiiiiiii Ah^ivuHTun''^ >■ dir i;r4-i!zr5
zuisrlif'ü drill l'jHlfhiniHi^ iifid «liT All.'iiii<Ms lN"/j'»irltiM'i. FJin" \-Mit da, lirr;iJi/jizi<-liei}«!i-
Lfiiir^ 'Jii d.'fl'j-iir jiiffii wii-dri'u-i'-i-hfi!;- uiirdr ilit^ !i;icli imini xarwnvhMnulv Svln^UU'-
w.iti«! aiMh'iiirti, wiNliifrlt iiji Laiifi^ dtT wi'ifi'roii Kniw ivk In wj,' .-irli <Iit drhfs.ilf^ fliintt^
'*i^-^>^'hmtt villi d<-!ii \^(*iiir;tlrirriiriir fmiiu. hii^si-r \ i'filrnlr TlH'il UcütI ohiui (uns der
AlL'inlois iHTvnr-'td'h'iid. <li<" 1 1 ;t t ii h I ;i .s: *' , w<dl<'r iiiifiMi. iiii Ansrhliissf diiriiti, dii,*
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i'dtdi" dcf llariibl,"i>r und drr Ivüijuiimlyn^^- der i U''svUUH'\iiri'^':in^j.'v -'idra'<^ii ist, AIh
kd'/H'S Ih^ivri IT i,l<*ii ,Shiii> fi r o - <> u i t ;i I i s. Alli^h d;is isf imi di<'st* I%!itwtrk-
liiii-V|HTiiidi' iHiidi liiidii Mdi;irf '^'V'>iHii\i'rL l'iilrrliall) <li*r l'jii!iiifiidiiii,t:* iIvh Xnr^
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ihd' i'jiiniüiidiiii^U- di'F \dH'fdrn'ii^^';hi,2'i' i>f' •/ii,ii-dM*rl} iidt ^dtii^iii sidioii m'rdt nil-
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<din,u-r d;ir,i:-i'^lvdlf, ohwidd flii-> ;i\U*s z*'dl5r!i ;t f|H<'if}.iii'^liTrdlIi. M?{|| ^u'invnliil, niivh tUni
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-•tdtr. Md'fi .'itii Xd'iiM-l iiiiibii^,.^-<^|j,| 11, id ,'iiiH li'i/lrrtüti aiisliTfrtid,, tlvr A I I ;i ii I o i s ,a- a ij ;^
dHivUi> :fll;iiifnidi'i{>;! ab, 4i'v hi'i'iti MriisriH.n .srhoi} ,ij{i Nabid .s«dir s(diw;i«di ist, im
X;ib«d>!rniip' .sidii Lüinrii \i'riiMi, imd <ifdi iu<"iii;tlH zu <diirj* iiii.isrrr-ndn-yoiialeji
A (F'i II f.OfshFix- . wjf. il;(s bi'i lirti nit'isfi'ii A»iiii(»l<»ti drr Fall i,sl,. f'j-widlrrt.
''^" <dN'i-i*ii 'rb,db' dUir F'i-'iir 117 si<dif: ituiii d;is idlVue 1'rH;liler<*iid<' dr.s difd.rii)
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€50 Entwicklung der Beckeneingeweide.
Die Gcschlechtswülste werden beim weiblichen Fötus (Fig. 118b)
zu den grossen SchamlippcD, der Geschlechtshöcker bildet die
C 1 i 1 0 r i s , von der die Geschlechtsfaltcn unter Bildung des Frenulum
links und rechts als L a b i a m i n o r a sich herabsenken. Beim männlichen Fötus,
s. Fig. 118 a, legen sich die beiden Geschlechtswtilstc unterhalb des Ge-
schlechtshöckers (analwärts von letzterem) dicht aneinander und bilden sich
zum Hauttheile des Hodensackes um, der später, s. Descensus testiculorum,
die Keimdrüse aufzunehmen hat. Das Septum scroti erklärt sich aus dieser
Art der Bildung. Die Geschlechtsfalten gehen in das Frenulum glan-
dis und einen Theil der Haut an der Unterseite des Penis auf. Die Gl ans
penis entspricht vollständig der Gl an 8 clitoridis, die Corpora cavernosa
penis den Corpora cavernosa clitoridis, der Bulbus urethrae und
das Corpus cavernosum urethrae des Mannes den beiden Bulbi urethra-
les des Weibes.
Das Praeputium penis und das Praeputium clitoridis geht aus
einer besonderen Hautfalte, die an die Geschlechtsfalten Anschluss erlangt,
hervor. Längere Zeit ist das innere Blatt des Praeputium noch mit der Eichel
des Penis (der Clitoris) durch eine Epithelschicht fest verklebt; erst nach deren
Lösung (Rückbildung) wird es beweglich.
Der Damm und die Analöffnung bilden sich bei beiden Geschlechtern
in gleicher Weise aus der primären Anlage heraus.
Es sind hier noch einige weitere Bemerkungen, zu denen man die ange-
zogenen Figuren vergleichen möge, dem eben Gesagten hinzuzufügen:
Dass die Kloakenmembran von ihrer ursprünglich flächenhaften fron-
talen, später mehr horizontalen Ausbreitung sich auf eine sagittal gestellte
dicke Platte, Kloakenplatte, zusammen schiebt, wurde bereits erwähnt und zu-
gleich angegeben, dass diese Platte sich, einem schmalen Kiele gleich, von
der Aftergrube aus sagittal durch die Dammgegend zwischen den Geschlechts-
falten hindurch auf die Unterfläche des Geschlechtshöckers, in einer Rinne
desselben, bis zu dessen Spitze hin erstreckt. Sic ragt auch noch über diese
Spitze in Gestalt eines kleinen von Tourneux entdeckten Fädchcns (Epithel-
hörnchen— Nagel) frei hervor (Fig. 117 a).
Bei normaler Entwicklung des Menschen kommt es nach Keibel nicht
vor, dass die Kloakenplatte durchbricht, so lange noch eine Kloake be-
steht; der Durchbruch geschieht erst nach vollendeter Bildung des
Dammes, also nach Auftheilung der Kloake in den Sinus urogenitalis und
den Enddarm, und zwar zuerst am Sinus, weit später (9. — 10. Woche) am Anus.
Nagel findet eine Oeifnung bereits im Kloakeiistadium, und zwar an der
Stelle, welche dem Sinus urogenitalis entspricht (Embryo von 8 mm Rumpflänge im
Alter von etwa 28—30 Tagen). Ein von Keibel untersuchter menschlicher Embr\'0
von 25 mm Rumpflänge (8V2— 9 Wochen) hatte die Afteröff'nung noch nicht.
An der Bildung der späteren kielförmigen Kloakenplatte nimmt haupt-
sächlich das Ektoderm Antheil. Wie weit das eine und das andere der beiden
embryonalen Blätter, Entoderm und Ektoderm, betheiligt ist, darüber finden
sich die genauesten Angaben bei Keibel, auf welche hier verwiesen wird.
Entwicklung der Beckeneingeweide. 651
Der Damm bildet sich im Anschlüsse an jene frontale Scheidewand,
weiche die Trennung des Allantcnteron in eine ventrale (vordere) urogenitale
Hälfte (Sinus urogcnitalis) und in eine dorsale (Enddarm) bewirkt, und zwar
zunächst durch eine Komplettirung dieser Scheidewand bis zum ektodermalen
Antlieile der Kloakenplatte hin. Dies geschieht durch eine mesodermale (binde-
gewebige und muskuläre) Gcwebsbihlung. Indem damit der entodermale An-
theil der Kloakcnplatte gleichsam durchgeschnitten und der vom Entoderm
ausgekleidete (weitaus grössere) entodermale Kloakenabschnitt (Born) völlig
in seine zwei späteren Theile zerlegt ist, gewinnen wir zuvörderst einen cnto-
dermalen Sinus urogcnitalis, einen entodermalen Enddarm und den
primären Damm. Wie eben bemerkt, lässt Nagel den entodermalen Sinus
schon ausmünden, während nach Keibel dies erst später geschieht^
Der primäre Damm ist durch den ektodermalen, kielförmig in ihn einschnei-
denden Antlieil der Kloakenplatte noch in je eine linke und rechte (mesodermale)
Hälfte, die Dammlippen m., gespalten, die nach vorn in die Geschlechtsfalten über-
gehen, s. Fig. 188b, und hinten in der Aftergegend sich in unbeständige rundliche, auf
mesodermalen Wucherungen beruhende Höckerchen, die Analhöcker ReicheTs
(Tubercules anales Tourneux), verlieren.
Die Stelle, wo später der After durchbricht, hat, zum Theil in Folge dieser
Höckerbildung, die Gestalt eines unregelmässig rundlichen Grübchens, Aftergrube,
angenommen.
Denkt man sich in diesem Stadium die kielförmige Ektodermmasse, d. h.
die ektodermale Kloakenmembran, weg, bis etwa auf eine einzige Lage von
Zellen, welche dem entodermalen Sinus und dem entodermalen Darme
vorgelagert wäre, und die Auskleidung der Penis- (Clitoris-) und Dammrinne und
der Aftergrube bilden würde, so würde in dieser Rinne + der Aftergrube ein
ektoder maier Raum gegeben sein, der einen gewissen Anthcil an der
definitiven Bildung der Harn- und Geschlechtswege sowie des Darmes nimmt:
dieser (imaginäre) Raum ist das, was man ektodermale Kloake genannt
hat (Born). Als Hohlrinne oder Hohlraum existirt diese Bildung aber nicht,
so lange das Kloakenstadium besteht; alles ist vielmehr mit Epithel ausgefüllt.
Zu Räumen kommt es erst durch den allmählichen Scliwund des (ektodermalen)
Epithels, der später in der That eintritt. Die ektodermale Kloake schliesst sich
damit an viele andere Kavitäten, z. B. den Konjunctivalsack, das Vaginalrohr,
den Präputialsack an.
Bei der weiteren Entwicklung kommt es zunächst zur Herstellung des
definitiven Dammes, indem die beiden mesodermalen D a m m 1 i p p e n ,
unter Schwund des sie trennenden Epithelkiels, der Länge nach mit einander
verwachsen ; die Verwachsungslinie erscheint als die R a p h e p e r i n e i
(Rathke, Nagel) — Figg. 118a und b.
Beim Weibe setzt sich der gleiche Vorgang auf den Geschleclitshöcker
(Clitoris) unmittelbar fort, infolgedessen, unter Schwund des Epithelkieles und
des Epithelhörnchens, die Klitorisrinne verwächst und das Organ von jeglicher
Kanalbildung ausgeschlossen wird.
Nach Bildung des definitiven Dammes ist die ektodermale Kloake in den
652 Entwicklung' der Beckeneing-eweide.
(vorderen) ektodermalen Sinus urogenitalis und in den ektodermalen
Darm (Proktodaeum, Analdarra) geschieden. Wie bemerkt, vollzieht sich der
Epithelschwund im ersteren früher, im letzteren später. Durch diesen Schwund
wird dann die Kommunikation auch des entodermalen Sinus urogenitalis und
des entodermalen Enddarmes nach aussen hin hergestellt.
Der ektodermale Sinus urogenitalis wird beim Weibe zu dem-
jenigen Theile des Vestibulum vaginae, welcher von den früheren Ge-
schlechtsfalten, die sich in die Labia minora umwandeln, umschlossen
wird; der Rest des Vestibulum vaginae, also die unmittelbare Umgebung
der Harnröhrenmündung und die Scheidenmündung samt der oberen
Fläche des Hymen und der Gegend der Mündung der Bartholin'schen
Drüsen gehört dem Sinus urogenitalis entodermalis an.
Der entodermale Sinus des Weibes bleibt also stark im Längenwachsthume
zurück, dagegen erweitert er sich; die Grenze zwischen ihm und dem ektodermalen,
ebenfalls weiten und kurzen Sinus ist nicht scharf zu ziehen. S. das S. 549 Gesag-te.
Anders steht es mit der Grenze zwischen entodermalem und ekto der-
malem Darme, welche auch später noch durch dieScheideHnie zwischen Cviinderepithel
und geschichtetem Plattenepithel gegeben ist (s. Kapitel Rectum), während in Vagina
und Harnröhre das ursprüngliche P2pithel Umformungen erleidet, so dass es zur Ab-
grenzung nicht mehr benutzt werden kann.
Beim Manne-geht — abgesehen vom Damme und dem Analdarme, wo
die Verhältnisse sich in gleicher Weise ordnen wie beim Weibe — aus dem
vordersten Theile des ektodermalen Sinus urogenitalis die Pars glandu-
laris der Harnröhre (Fossa navicularis) und wahrscheinlich (Born) auch
die Pars cavcrnosa hervor (Urethra III, Fig. 117b). Aus dem entoderma-
len Sinus urogenitalis würden sich dann die Pars trigonalis und der
distale Theil der Pars prostatica bis zur Mündung der Ductus ejacu-
latorii entwickeln (Urethra II, Fig. 117 b). Der Rest der männlichen Harn-
röhre, nur ein ganz kurzes Stück, entspricht der primitiven Harnröhre
KeibeTs (Urethra I, Fig. 117b). Weitaus der grösste Theil der männlichen
Harnröhre ist also umgewandelter Sinus urogenitalis, in letzter Instanz also
vorderer Kloakenabschnitt.
Beim Weibe gestaltet sich die Entwicklung der Harnröhre
in anderer Weise ; wir verbinden mit der Darlegung dieser Verhältnisse zugleich
noch einiges über die Entwicklung der Harnblase beim Manne und Weibe,
so wie über die des Ureters.
Es kann, auch nach den Schilderungen K ei beTs 0? keinem Zweifel
unterliegen, dass mindestens ein Theil der Harnblase aus der Allantois her-
vorgeht. Wenn man nach der bisherigen Vorstellung von dem, was man Kloake
zu nennen habe, unter Kloake einen Raum versteht, der sich aus dem Zu-
saramenstossen von Darmrohr, Geschlechtsrohr und Exkretionsrohr (Harnrohr)
entwickelt, dann geht die menschliche Harnblase nicht, wie früher Lieber-
1) K ei bei selbst lässt das wohl zu, s. S. 71 und 118 seiner weiter unten citirteu
Abhandlung.
Entwicklung der Beck eneinge Weide. 653
kühn (beim Meerschweinchen), neuerdings K e i b e 1 und R e 1 1 e r e r auch beim
Menschen wollen, aus dem vorderen Kloakcnabschnitte hervor, sondern,
wie bis jetzt von den Meisten gelehrt wurde und von Nagel letzthin ver-
theidigt worden ist, aus der Allantoisanlage^). Kloake würde z.B. in dem
Schema Fig. 117 doch nur der Theil des Allantenteron genannt werden können,
der unterhalb der Einmündung des Vornierenganges liegt ^).
Eine weitere Erörterung dieser Frage, die ohnehin — vgl. auch Born — an
Bedeutung verliert, wenn auch nur ein Theil der Harnblase sich aus der Allantois
entwickelt, muss hier unterbleiben.
Bald nach der Entstehung des Kupf f cr'sch en Nierenkanales,
aus dem der Ureter hervorgeht, sondert sich dieser vom Vornierengange
und verschafft sich selbständig eine Mündung in den unteren Theil der Harn-
blasenanlage, wobei noch ein Stück des Vornierenganges in die letztere auf-
genommen wird (K ei bei). Es rücken dann die Mündungen der Ureteren und
die der Geschlechtsgänge auseinander, und zwar die Ureteren nach oben.
Dies scheint auf einem Wachsthume der Zwischenstrecke zu beruhen. Letztere
wird kranialwärts zum Trigonum vesicae, weiter caudalwärts zur primi-
tiven Harnröhre. Trigonum und primitive Harnröhre lassen sich schon früh
auch äusserlich von einander sondern (vgl. die instruktiven Rekonstruktions-
Figuren K ei beTs 1. c). — Beim Weibe verlängert sich nun nach der Ansicht
der Meisten die primitive Harnröhre und geht direkt in die definitive Harn-
röhre über, während sich die Gcschleclitsgänge, unter Ausbildung zum Uterus
und Scheide, von ihr trennen. Dabei wird hoch oben, dicht unter der Blase,
die Trennung eine ausgiebige, und es entsteht hierdurch ein kleines Stück
freier weiblicher Harnröhre, während auf der längeren Strecke bis zur Mündung
die Wandungen von Harnröhre und Vagina als festes Septum urethrovaginale
miteinander verwachsen bleiben 2).
Die Drüsenschläuche der Prostata (Fig. 117 b, Prostata, glandula) sprossen aus
dem Epithel des ersten und zweiten Abschnittes (Anfang des letzteren) der männlichen
Harnröhre hervor. Tourneux 1. c. fand sie zuerst bei Fötus von 5—6 cm Rumpf-
länge (Mitte des 3. Monates) von den Seitenwänden der Harnröhre im Niveau des
Coliiculus seminalis ausgehend. Beim Neugeborehen misst die Glandula prostatica
in der Quere etwa 11— 12 mm.
Auch die Bulbourethraldrüse (Cowper'sche Drüse) des Mannes und die
Glandula vestibuiaris major (ßartholin'sche Drüse) des Weibes sind Ab-
1) Vgl. hierzu auch die Bemerkung Minot's, Human Embryology. New-York,
1892. p. 515. — Wenn ich hier mich auf das Schema Fig. 117 beziehe, so will ich
selbstverständlich damit nichts beweisen. Ich habe die Originalfiguren Keibel's,
Retterer's und Nagel's im Auge.
2) Gasser, s. die unten citirte Dissertation von Wilh. Müller, und Nagel
tragen Bedenken, die gesamte weibliche Harnröhre als „primitive Harnröhre", die
durch Wachsthum verlängert sei, anzusehen, und sie in toto dem proximalen Theile
der Pars prostatica der männlichen Hai'n röhre zu homologisiren. Dies gehe nur für
Embryonen an, so lange der Müller'sche Gang in der That an derselben Stelle münde,
wie der Wolf f 'sehe Gang. Schwinde der letztere und habe sich die Scheide ent-
wickelt, so erhalte damit die weibliche Harnröhre ein Zuwachsstück, welches beim
Manne kein Homologon habe.
654 Entwicklung" der Beckeneing-eweide.
kömmlinge des entodermalen Theiles des Sinus urogenitalis. Da dieser beim
Manne mit in die Harnröhre aufgeht, und letztere durch das Wachsthum des Penis
in einen langen Kanal ausgezogen wird, während der Sinus urogenitalis des Weibes
als kurzer und flacher Spalt erhalten bleibt, so erklaren sich die definitiven Lage-
und Mündungsverhältnisse der in Rede stehenden Drüsen. An den Figuren 117,
ll7b u. 117 c wird man sich leicht orientiren.
Das erste Auftreten der Drüsen wurde von Tourneux und V. Müller ^) bei
männlichen und weiblichen Embryonen von 4—8 cm Scheitelsteisslänge (Ende des 3.
Monates) gefunden. Nach Müller geht die Ausbildung in zwei Abschnitten vorsieh;
im ersten fehlt noch die Schleimbildung in den Drüsenkammern; diese tritt erst bei
Embryonen von 12 cm Rumpfläng:e ein (Ende des 4. Monates).
Die Keimdrüse des Weibes erfährt ihre charakteristische Ausgestaltung
durch die Bildung von Eierstocksfollikeln und Eiern. Beide entstehen vom
Keimepithel aus, indem letzteres in Ballen und Strängen (Pf lüge raschen
Schläuchen) in das Eierstocksstroma hineinwächst und um einzelne Urgeschlechts-
zellen sich zu rundlichen geschlossenen epithelialen Bildungen, Follikeln,
abschnürt. Die Urgeschlechtszellen wachsen dann zu Eiern aus (Fig. 117 c).
Direkt ausführende Wege bilden sich nicht; die aus den Follikeln sich ent-
leerenden Eier müssen den flimmernden Trichter des Müller'schen Ganges ge-
winnen (s. darüber die Kapitel „Eierstock" und „Tube").
Der Müller'sche Gang bildet sich in seinem obersten Abschnitte zur
Tube, in seinem mittleren zum Uterus und in seinem unteren zur Scheide
aus. Uterus und Scheide entstehen durch Verschmelzung beider Gänge, wobei
bemerkenswerth ist, dass die Verschmelzung in einer mittleren Partie beginnt
— etwas näher der Einmündung in den Sinus urogenitalis zu — und sich dann
nach beiden Seiten hin fortsetzt, kopfwärts bis zu der Stelle, wo das Liga-
mentum genitoinguinale mit dem MüUer'schen Gange verschmolzen ist; diese
Stelle bildet die Grenzmarke zwischen Uterus und Tube (Kussmaul 1. c. inf.).
Die Verschmelzung ist anfangs noch durch eine Art Scptum markirt (Fig. 117 c).
Genauere Angaben liefern Nagel und W e n d e 1 e r. Es sei daraus hervorge-
hoben, dass Scheide und Gebärmutter aus demjenigen Theile der Müller'schen
Gänge entstehen, welche im Geschlechtsstrange, s. w. u., zusammengelagert sind.
Dazu kommt kopfwärts noch ein kleiner Gangabschnitt, der noch ausserhalb des
Stranges in der Plica urogenitalis liegt, somit von dem entsprechenden Theile der
anderen Seite weiter entfernt ist. Daher zeigt der embryonale menschliche Uterus
noch längere Zeit eine Andeutung zweier Hörner.
Der Hymen entsteht an der Einmündungssteile der (verschmolzenen)
Gänge in den Sinus urogenitalis aus jener schon frühzeitig bemerkbaren Vor-
buchtung, welche der Müller'sche Hügel genannt wird.
Die Trennung zwischen Scheide und Uterus, mit Ausbildung
der Portio vaginalis, erfolgt nach Nagel bei Embryonen von 14— 15 cm
Ilumpf länge bis zu solchen von 17 cm, bei welchen sie im allgemeinen vollendet
ist. Die erste Verwachsung der Müller'schen Gänge zeigt sich in der
1) Müller, Vitalin, Ueber die Entwicklungsgeschichte und feinere Anatomie
der Barth olin'schen und Oowper'schen Drüsen des Menschen. Archiv f. mikrosk.
Anat. Bd. 39. S. 33. 1892. (Mit Litteratur.)
Entwicklung der ßeckeneingeweide. 655
achten Woche; mit der zwölften Woche ist sie beendet. Schon dann hat
(Nagel) der so entstandene einfache „Genital- oder Uterovaginalkanal"
die nach vorn konkave Krümmung, welche später sich zur normalen Anteversio-
flexio uteri und der Vaginalkrümmung ausbildet.
Beide Theile des Wolff 'sehen Körpers und der gesamte Vornieren-
gang bilden sich beim Weibe zurück. Aus dem Sexualthcile der
ürniere entsteht das Epoophoron m. = Nebeneierstock; aus dem Nieren-
theile das Paroophoron m. (Fig. 117 c); letzteres pflegt aber bereits wäh-
rend des ersten Lebensjahres spurlos zu verschwinden. In Eudimenten er-
halten sich vom WolfPschen Gange das obere Ende als der blindgeschlossene
Sammelkanal des Epoophoron = Ductus epoophori longitudinalis (Fig.
117 c) und noch längere Zeit, eingeschlossen in die Muskelwand des Uterus,
wo es auf Querschnitten zu beiden Seiten des Cavum uteri als kleines Epithel-
rohr erscheint (Bei gel, v. Kölliker^), ein Stück des unteren Abschnittes.
Dies Stück pflegt auch bei Erwachsenen in manchen Fällen erhalten zu sein
(Rieder). Auch im oberen Abschnitte der Scheide (in deren Muskelschicht)
finden sich Reste der Kanäle bei älteren Embryonen und Erwachsenen (G ei gel,
Dohrn, Rieder). Vgl. hierzu das S. 529 Gesagte). Kocks u. A. haben die
Ansicht vertreten, dass in den Ductus paraurethrales die persistirenden
distalen Enden der WolfT'schen Gänge gegeben wären; dies ist jedoch auf
Grund der Entwicklungsweise der genannten Gänge (Tourneux I.e., Schüllcr
1. c, van Ackeren 1. c, v. Kölliker), ihrer Lage neben der Harn-
röhre und des wohl konstatirten Schwindens der unteren Enden der Wölfi-
schen Gänge in allen genau untersuchten Fällen — während man die para-
urethralen Gänge fast immer findet — , abzulehnen (vgl. dazu u. A. Nagel
1. c. u. S. 561).
Was die Stelle anlangt, an der der Rest des Wolff' sehen Ganges in die
üterinwand eintritt, so wird diese verschieden angegeben. Bei gel lässt ihn
zusammen mit der Tube, also bereits am Fundus uteri zutreten, Dohrn,
Ried er, Breus und Kossmann erst in der Höhe des inneren Mutter-
mundes. Für Beige 1 sprechen die von v. Recklinghausen 1. c. (S. 529)
mitgetheilten Fälle.
Die männliche Keimdrüse, der Hoden (Fig. 117b), behält ihr
Keimepithel auf ihrer Oberfläche zeitlebens, wie die weibliche in der Cylinder-
zellenform. Ebenso wie beim Weibe wachsen Epithelstränge mit ein-
geschlossenen ürgeschlechtszellen in das Stroma der Keimdrüse hinein. Sic
entwickeln sich zunächst zu strangartigen soliden Gebilden (Sexualsträngcn,
V. Mihalkovics), aus denen später die gewundenen Kanälchen (Tubuli
semin iferi eontorti) hervorgehen. Die Ürgeschlechtszellen werden zu den
Ursamenzellen (Spermatogonie n v. la Valette St. George),
die dann in weiterer Folge die Samenfäden aus sich hervorgehen lassen
(Fig. 117 b).
1) V. Kölliker, A., Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen und
der höheren Thiere. 2. Aufl. Leipzig, 1884. S. 429.
656 Entwicklung; der ßeckeneing^eweide.
Der Wolf f sehe Körper erleidet, wie beim Weibe, eine Rückbildung,
jedoch nur in seinem ürnierentheile, aus welchem die Paradidymis m.
(Girat des' Organ) hervorgeht. Die Paradidymis bleibt, abweichend vom
Paroophoron, dauernd erhalten. Der Sexualtheil des Wolff'schenKör-
pers wandelt sich durch weitere Ausbildung seiner Kanälchen, welche in
die Keimdrüse hineinwachsen, und mit den Tubuli seminiferi contorti
in Verbindung treten, zum Nebenhoden, insbesondere zu den Coni vasculosi,
den Ductuli efferentes testis und zum Rete testis um (Fig. 117 b). In den
Ductuli recti (y, Mihalkovics) kommt die Verbindung zwischen den vom
Keimepithel abstammenden Tubuli contorti mit den vom WolfF'schen Körper
ausgehenden Gängen zu Stande. Vgl. darüber 0. Hertwig (1. c.)
Die Bildung der Tulmli seminiferi contorti hat neuerdings Nagel auch bei
menschlichen Embryonen auf das Keimepithel zurückgeführt; nach ihm lassen sich
bei diesen Eierstock und Hodenanlagen schon sehr frühzeitig unterscheiden. Eine
Hodenanlage erkennt man daran, dass wenig Keimepithelzellen sich zu Urge-
schlechtszellen umbilden, dass die Keimepithelabkömmlinge von Anfang an in Strang-
form erscheinen, nicht so gleichmässig vertheilt oder in rundlichen Ballen, wie in
einer Ovarialanlage; endlich, dass früh eine Albuginea sich ausbildet, wodurch das
aussen verbleibende Keimepithel von den Sexualsträngen (d. i. dem hineingewach-
senen Theile) getrennt wird — Embryonen von 18—20 mm R. L.
Der Vor nierengang bleibt beim Manne als Ductus deferens
bestehen und behält • zeitlebens seine Mündung an derjenigen Stelle^ wo er
zuerst in die Kloake sich öffnete, d. h. am Colliculus seminalis.
Die Samenblasen entwickeln sich aus dem Ductus deferens als
Sprossen in ähnlicher Weise, wie der Nierenkanal; sie entstehen gegen Ende
des 4. Monates zuerst als horizontal gerichtete Auswüchse der lateralen Wand;
später nehmen sie die Richtung nach oben an (v. Mihalkovics).
Beim männlichen Geschlechte ist die Reihe, einer Rück-
bildung anheimzufallen, am Müller 'sehen Gange. Er schwindet
hier schon während des embryonalen Lebens fast in seiner vollen Ausdehnung;
doch bleiben, ganz wie beim Wolff'schen Gange, das obere Ende und ein
unteres Stück in Rudimenten erhalten. Der obere oder Trichtertheil
erhält sich am Hoden als Appendix testis (Fig. 117b), das untere Stück
beider Müller'schen Gänge, vereint, alsUtriculus prostaticus. üebrigens
ist es noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen, welchem Theile der weiblichen
Geschlechtsorgane der Utriculus prostaticus entspricht, ob dem gesamten Canalis
genitalis, also dem Uterus mit Vagina, oder nur der Vagina, oder gar nur
einem Theile derselben.
Beim Manne, wie beim Weibe, liegen die vier Geschlechtsgänge
und ihre ersten Derivate, wie z. B. der Nierenkanal und die Samen-
blasen, von Bindegewebe eingeschlossen, in einem Strange, dem Genital-
strange (T hier seh); es ist wichtig (für manche Missbildungen) von diesem
Verhalten Notiz zu nehmen. Die übrigen fötalen Reste und Anhänge der Ge-
schlechtsorgane beim Weibe und Manne sind bereits S. 380 und 528 auch nach
ihrer Herkunft und Deutung beschrieben worden. Man wolle dazu die Fig. 117
und 117 b und c vergleichen.
Descensus testiculonim et ovariorum. 657
Desoensxui testioulomm. Desoensns ovariormiL
Die Keimdrüsen mit dem entsprechenden Theile ihrer Ausftihrungsgänge
und Gefässe erleiden eine in praktisch-medizinischer Beziehung äusserst wichtige
Orts Veränderung, die sie von der Stelle ihrer Anlage, zu beiden
Seiten der oberen Lendenwirbel, zu einem erheblich tiefer gelegenen
Platze, den Eierstock bis in das kleine Becken, den Hoden bis in das
S c r 0 1 u m , hinabführt; man bezeichnet deshalb den Vorgang als Descensus
(testiculorum, ovariorum).
Der Descensus gliedert sich — für den Hoden wenigstens — in mehrere Ab-
schnitte. Während der ersten Etappe, die vom Beginne der Rückbildung des
Wolff sehen Körpers (2ter Monat) anhebt und bis etwa zum Ende des 3. Monates
dauert, steigt der Hoden bis in die Nähe des Annulus inguinalis subperitonaealis
hinab. Man darf annehmen, dass dieser Theil der Ortsveränderung mit der Rück-
bildung des Wolff'schen Körpers, mit der Festlagerung der Geschlechtsgänge in dem
Genitalstrange und mit Wachsthumsdifferenzen der in Frage kommenden Theile zusam-
menhängt, wiewohl der Nachweis der Wirksamkeit der einzelnen Faktoren noch nicht
gegeben worden ist. Dass der Hode dabei die Richtung auf den subperitonäalen Leisten-
ring gewinnt, dürfte wohl mit der Existenz des Ligamentum genitoinguinale zu-
sammenhängen, welcher Strang ja, neben Bindegewebe und Gefässen, glatte Muskel-
fasern führt und mit dem unteren Ende des Nebenhoden, später auch des Hoden,
verbunden ist (s. Fig. 117 a).
Es beginnt nunmehr die 2. Periode des Descensus, welche neuerdings durch
die Untersuchungen von H. K 1 a a t s c h zum besseren Verständnisse gebracht ist.
In der Leistenringgegend bildet sich um diese Zeit eine flache Ausstülpung
der gesamten muskulös-fascialen Bauchwand, die Bursa inguinalis
Klaatsch. Das Ligamentum genitoinguinale und, an ihm entlang, ein Fort-
satz des Bauchfelles folgt dieser Ausstülpung und senkt sich in die flache Bursa hin-
ein (Fig. 119).
Bramann und Klaatsch fassen die äusserste Schicht dieser Vorstülpung als
die hier sehr dünn gebliebene Aponeurose des Musculus obliquus externus auf.
Ich glaube, dass eine Aponeurose des Muskels sich hier erst gar nicht bildet und
dass das, was dafür angesehen worden ist, als die Spezialfascie des in Rede stehen-
den Muskels aufgefasst werden muss, gleichbedeutend mit der späteren Fascia cre-
masterica (Cooperi).
Mit der Skrotalanlage hat zunächst diese Bursa inguinalis nichts zu thun;
die Skrotalanlage ist vielmehr in den Geschlechtswülsten gegeben und ist ein reines
Hautgebilde. Sie besteht nur aus der Haut, der Tela subcutanea und der Anlage der
Tunica dartos (Hautmuskulatur) und entwickelt sich vollkommen unabhängig von der
Bursa inguinalis. Letztere besteht von aussen nach innen gezählt: 1) Aus der
Fascia cremasterica (Obliquus externus abd.), 2) aus Muskelfasern des M. obliquus in-
ternus abdominis und des Transversus, 3) aus Bindegewebe, dem intermuskuläreu
Bindegewebe entsprechend.
Vom Grunde der Bursa aus bilden nun später das Bindegewebe und Muskel-
fasern, welche sich zum Hoden hin umschlagen, eine kegelförmige Erhebung, Conus
inguinalis Klaatsch, welche im weiteren Wachsthume durch die Stelle des In-
guinalkanales sogar in die Bauchhöhle vordringt, also sich wieder zurückstülpt und
den Hoden etwas zurückschiebt. Der Conus inguinalis muss sonach als eine Ein-
stülpung der Bursawand gegen die Bauchhöhle hin aufgefasst werden. Demge-
mäss sitzt der Hoden gegen Ende des 6. Monates der Spitze des Conus inguinalis
auf, und ist durch das Ligamentum genitoinguinale mit der Axensubstanz des Conus
verbunden. Sieht man den Conus als die zur Bauchhöhle hin zurückgestülpte Bursa
Waldeyer, Das Becken. 42
658 ^Descensüs testiculorum et ovarioruni.
an, so wird dessen Axe' bindegewebig* sein (von der Tela subperitonaealis her), die
Muskelfasern des Obiiquus internus und Transversus müssen an der Peripherie des
Conus liegen (s. Fig. 119a). Der schon gebildete Seheidenfortsatz des Bauclit'elles ist
gleichzeitig mit dem Hoden zurückgestülpt worden.
Mit dem 7. Monate kommt es nun zum 3. Abschnitte des Descensus, in-
dem die den Conus äusserlich bildenden Muskelfasern sich zusammenziehen und
dabei den Conus wieder nach aussen umstülpen, sodass die Bursa inguinalis
wieder völlig hergestellt wird. Nach dem Gesagten muss aber damit — namentlich,
wenn inzwischen das Ligamentum genitoinguinale sich verkürzt hatte und in der
Axensubstanz des Conus aufgegangen war — auch der Hode samt dem Neben-
hoden, einem Theile des Ductus deferens und der Gelasse, dem Zuge der Muskel-
fasern folgen; desgleichen muss es wieder zur Bildung eines Processus vaginalis peri-
tonaei kommen. Die Reste des Conus und das Ligamentum genitoinguinale werden am
unteren Ende des Hoden zwischen diesem und dem Grunde der Bursa inguinalis sicli
befinden, wo man sie ja auch später noch trifft. Sie bilden das Ligamentum scro-
tale (S. 371, Fig. 73). Die wieder vorgestülpten Muskellasern müssen die definitive
Lage des späteren Cremaster, den sie in der That darstellen, einnehmen (Fig. 119 b).
Bei dieser definitiven Vorstülpung des Conus inguinalis, der, in Verbindung mit dem
Ligamentum genitoinguinale, dem Gubernaculum testis der Autoren entspricht,
gelangt dann der Hode mit der Bursa inguinalis in den Fundus der Skrotalanlage.
Nunmehr sind, wenn man die Zusammensetzung dieser letzteren und die der Bursa
inguinalis berücksichtigt, alle Schichten des definitiven Skrotum (Skrotum- und Hoden-
hüllen) gebildet.
Zugleich ergibt sich aber auch, dass durch diesen Process der Leiste nkanal
mit seinen beiden Oeffnungen, und der Samenstrang hergestellt worden ist,
Anfangs hat der Processus vaginalis peritonaei noch eine offene Verbin-
dung mit der Bauchhöhle; wird diese Passage noch von anderen Eingeweiden (ausser dem
Hoden) oder vermehrter Bauchfiüssigkeit benutzt, so kommt es zur Bildung kongeni-
taler Hernien, oder einer Hydrocele congenita. Der Regel nach schliesst sich alsbald
durch Verwachsung, unter lörmlicher Granulationsbildung, der Verbindungsweg;
zuweilen bleiben Reste von dieser Verwachsung in Form eines bindegewebigen weiss
liehen Fadens im Samenstrange — Rudimentum processus vaginalis — be-
stehen. Mitunter wird der Abschluss nicht vollständig; dann bilden sich die serösen
Cysten des Samenstranges. Dieses Alles ist bereits S. 385 besprochen worden. —
Der Descensus testiculorum soll der Regel nach mit dem Ende der Fötalzeit vollendet
sein, so dass man den Befund der Hoden im Skrotum als ein Zeichen der Reife neu-
geborener Knaben ansieht.
Die Eierstöcke machen bei ihrem Descensus nur die erste Etappe durch, wo-
bei sie jedoch nicht an die innere Oeffnung des Leistenringes gehangen, sondern (bei
Neugeborenen) am Eingange des kleinen Beckens verbleiben, später jedoch, wahrschein-
lich infolge ihrer Eigenschwere und der bedeutenden Entwicklung des Beckenraumes,
etwas tiefer in das kleine Becken gerathen. Vgl. über den Descensus ovariorum ins-
besondere Wendeler Lc. [S.504]. Dass die Ovarien keinen vollen Descensus ausführen,
das wird sicherlich durch die voluminöse Entwicklung des Uterus, an welchen ja die
Eierstöcke, sowohl durch die Tube als auch durch das Ligamentum ovarii proprium be-
festigt sind, behindert; denn die übrigen Bedingungen zu einem vollständigen Descensus
sind vorhanden: eine Bursa inguinalis und ein Conus inguinalis (bei Thieren von
Klaatsch nachgewiesen) bilden sich auch beim Weibe; dafür spricht auch ein dem
Kremaster homologer Muskel im Ligamentum genitoinguinale, dem späteren Liga-
mentum teres uteri. Auch kommt es zur Ausbildung eines primären Scheiden-
fortsatzes (längs des Ligamentum teres, Di verticulum Nuckii). Am besten wird
der Beweis für das Vorhandensein aller übrigen Bedingungen zum vollen Descensus
ovariorum geliefert durch das in seltenen Fällen thatsächlichc Vorkommen eines solchen.
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660 DescensTis testiculorum et ovariorum.
mit Nebenhoden und Ligamentum genitoinguinale einscbliessende Bauchfellfalte =
Mesorchium und Mesorchiagogos^), sieh fast vollständig zurückbilden, während
1) Seiler, B. W., Observationes nonnuUae de testiculorum descensu et partium
genitalium anomaliis. Lipsiae 1817, belegte die in späterer Entwicklungszeit am oberen
Ende des Gubernaculum vorfindliche kleine Bauchfellfalte mit diesem Namen; sie geht
in das Mesorchium über.
Die für dieses Kapitel „Entwicklungsgeschichte" citirte und benutzte Litteratur ist
folgende: 1) Spee, F., Graf v., Beobachtungen an einer menschlichen Keimscheibe etc.
Arch, f. Anat u. Phys. Anat. Abth., 1889. — 2) van Ben e den, E., Untersuchungen
über die Blätterbildung, den Chordakanal und die Gastrulation bei den Säugethieren,
Anatomischer Anzeiger, Bd. III. 1888. S. 709. — 3) Rückert,J., lieber die Entstehung
der Excretionsorgane bei Selachiern. Arch. f. Anat. u. Physiolog..Anat. Abth., 1888.
S. 205. — Derselbe, Bericht über die Entwicklung der Sekretionsorgane. Ergeb-
nisse der Anat. u. Entw.-Gesch. Bd. I. Wiesbaden, 1892. — 4) Balfour, F. M., A
monograph on the development of the elasmobranch-fishes. London, 1878. — 5) Hoff-
mann, C. K., Zur Entwicklungsgeschichte der Urogenitalorgane bei den Anamnia.
Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie, 1886. — 6) Semper, C, Das Ürogenitalsystem
der Plagiostomen etc. Arbeiten des zoologisch-zootomischen Institutes in Würzburg,
1875. — 7) Mihalkovics, G. v., Untersuchungen über die Entwicklung des Harn- u.
Geschlechtsapparates der Amnioten. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol., 1885. —
8) Janosik, Histologisch-embryologische Untersuchungen über das Urogenitalsystem.
Wiener akad. Sitzungsberichte, Bd. XCI. 1887. — 9) Semon, R., Studien über den
Bauplan des Urogenitalsystems der Wirbelthiere. Jenaische Zeitschr, f. Naturwissensch.
XIX. Bd. 1891 — 10) Flemming, W., Die ektoblastische Anlage des Urogenital-
systems beim Kaninchen. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth., 1886. ~ 11) Wen-
deler, P., 1. c. [S. 788]. — 12) Kupffer, C. v., Untersuchungen über die Entwick-
lung des Harn- und Geschlechtssystems. Arch. f. mikroskop. Anatomie, 1865 u. 1866.
— 13) Bornhaupt, Th., Untersuchungen über die Entwicklung des Urogenitalsystemes
beim Hühnchen. Dorpat, 1867. Diss. — 14) Waldeyer, W., Eierstock und Ei. Leipzig,
1870. — 15) Klaatsch, H., Ueber den Descensus testiculorum. Morpholog. Jahrbuch,
Bd. XVI. 1890. — - 16) ßetterer, E., Sur l'origine et Fevolution de la region ano-
genitale des mammif^res. Journ. de l'anat. et de la physiolog., 1890. — 17) Keibel, F.,
Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Urogenitalapparates. Arch. f. Anat. u.
Physiolog. Anat. Abth., 1896. — 18) Reichel, P., Die Entwicklung des Dammes etc.
Zeitschrift f. Geburtshülfe u. Gynaek., Bd. XIV. — 19) Tourneux, F., et Legay,
Gh., M^moires sur le developpement de l'ut^rus et du vagin etc. Journ. de l'anat. et
de la physiolog., 1884. — 20) Tourneux, F., Sur le developpement et l'evolution du
tubercule genitale chez le Foetus humain dans les deux sexes avec quelques remar-
ques concernant le developpement de glandes prostatiques. Journ. de l'anat. et de
Physiologie, XXV. Paris 1889. ~ 21) Born, G., In „Ergebnisse d. Anat. u. Entwitik-
lungsgesch.", herausgeg. von Fr. Merkel u. R. Bonnet, Bd. IIL 1893. — 22) Müller,
J., Bildungsgeschichte der Genitalien. Düsseldorf, 1830. 4.-23) Rathke, H., Abhand-
lungen zur Bildungs- und Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Thiere. I.
Leipzig, 1832. — 24) Müller, Wilh., Ein Fall von Missbildung am Beck entheile des weib-
lichen Urogenitalapparates. Diss. inaug. Marburg, 1895. — 25) Beigel, H., Zur Ent-
wicklungsgeschichte des Wolff'schen Körpers beim Menschen. Centralbl. f. d. mediz.
Wissenschaften, 1878. — 26) Ried er, C, Ueber die Gärtnerischen Kanäle beim
menschlichen Weibe. Virchow^s Arch. f. pathologische Anat., Bd. 96. — 27) V. la
Valette St. George, Ueber die Genese der Samenkörper. Arch. f. mikroskopische
Anat., Bd. XV. 1878, und zahlreiche weitere Abhandlungen in derselben Zeitschrift.
— 28) Bramann, F., Beitrag zur Lehre von dem Descensus testiculorum und
Missbildungen. 661
umgekehrt die homologen Bildungen beim Weibe sich mächtig entfalten und in der
Bildung des Ligamentum uteri latum aufgehen; die Plica phrenicomesonephrica
liefert dabei, m. E., das Ligamentum Suspensorium ovarii, an dessen Bildung sich die
Plica ovarii superior betheiligt. — Die vorstehende Darstellung stützt sich wesent-
lich auf die Angaben von Bramann und Klaatsch, unter Zuhülfenahme eigener
Un tersuchungen.
Anhang II. Missbildungen.
Bei keinem Organsysteme des menschlichen Körpers sind Missbildungen
häufiger als bei dem der Harn- und Geschlechtsorgane. Es wirken hierzu ver-
schiedene Ursachen mit. Einmal die Lage der Organe an einem der Endpunkte
der Körperaxe, wodurch das Vorkommen von Doppelmissbildungen begünstigt
wird. Auch wird hierdurch offenbar eine Entstehung von Missbildungen durch
Verwachsung mit den Eihäuten erleichtert. Dann kommt die grosse Mannig-
faltigkeit der Organe in Betracht, ferner die Lageveränderungen (Descensus
ovariorum, Descensus testium). Als wesentlichster Punkt muss aber die Zwei-
geschlechtigkeit mit Trennung der Geschlechter nach Individuen bei gleich-
zeitiger gemeinsamer Anlage der Organe bezeichnet werden.
Es ist unmöglich hier alle Missbildungen der Beckenorgane aufzuführen;
es kann sich nur darum handeln die Hauptformen zu erwähnen, und zu deren
Erklärung auf das voraufgehende Kapitel über Entwicklungsgeschichte zu ver-
weisen.
Der Besprechung der einzelnen Organe sei eine üebersicht der wichtig-
sten allgemeinen Formen der Missbildungen, welche wir im Becken vertreten
finden, voraufgeschickt.
Unter Bildungshemmung begreifen wir das Stehenbleiben eines Ent-
wicklungsvorganges auf irgend einer früheren Stufe, so dass der Vorgang nicht
bis zu seinem normalen Ende durchlaufen wird. Eine auf diese Weise ent-
standene Missbildung ist eine „Hemmungsbildung'^ Dieser Vorgang ist grade
dem Gubernaculum Hunterl des Menschen. Arch. f. Anat. u. Physiolog. Anat,
Abth., 1884. — 29) Weber, S., Zur Entwicklungsgeschichte des uropoetischen Apparats
bei Säugern mit besonderer Berücksichtigung der Urniere zur Zeit des Auftretens
der bleibenden Niere. Morphol. Arbeiten, herausgeg. von G. Schwalbe, Bd. VH,
Heft 3. 1898. — 30) Souli6, A. H., Recherches sur la migration des testicules dans les
principaux groupes des mammiföres. Toulouse, 1895. 4. — 31) Wieger, G., lieber die
Entstehung und Entwicklung der Bänder des weiblichen Genitalapparates beim Men-
schen. Ein Beitrag zur Lehre des Descensus ovariorum. Arch. f. Anat. u. Physiol.
Anat. Abth., 1885.
Man vergleiche ausserdem für weitere Litteratur: 1) Mino t, CS., A Biblio-
graphy of vertebrate embryology. Memoirs of the Boston Society of natural history,
Vol. IV, Number 11. Boston, 1893; ferner 2) Hertwig, 0., Lehrbuch der Entwick-
lungsgeschichte. VI. Aufl., 1898 und 3) Nagel, W., Entwicklung und Entwicklungs-
fehler der weiblichen Genitalien. In: „Handbuch der Gynaekologie", herausgegeben
von J. Veit. 1897. Hier finden sich die Citate der Spezialabhandluugen Nagel's.
662 Missbildungeu.
bei den Beckenorganen ausserordentlich bäufig. Ein sehr grosser Theil der
herinaphroditischen Bildungen beruht hierauf; ebenso die grosse Missbildung
der Bauchblasenspalte, ferner die der Epispadie und die der Hypospadie.
Excessive Bildungen sind ihren Ursachen nach noch unerklärt, wie
z.B. Riesenwuchs; in anderen Fällen, namentlich bei den Geschlechtsorganen,
fallen sie unter die Rubrik des Hermaphroditismus, wie z. B. Vergrösserung
der Klitoris. Kaum erklärbar wieder sind die Fälle von monströser Ent
Wicklung des Penis. Andere wieder fallen in das Gebiet der Neoplasmen,
wie die elephantiastischen Bildungen der äusseren Genitalien (siehe S. 147).
Sehr merkwürdig ist die Hyperplasie der Nebennieren bei mangelhafter Ent-
wicklung der Eierstöcke, welche mehrfach bei Pseudohermaphroditismus femi-
ninus beobachtet worden ist (Marchand^).
Fälle von verkümmerten Organen, an welche sich das vollständige
Fehlen, Defectus totalis, derselben anschliesst, kommen ebenfalls unter den
Bildungsfehlern der Geschlechtsorgane vor, z. B. Fehlen oder Verkünmierung einer
Tube, Fehlen eines oder auch beider Eierstöcke, Fehlen oder Verkümmerung
eines oder beider Hoden und anderes.
Die Mehrfachbildungen sind meistens Verdoppelungen. Es sind hier
zwei grosse Gruppen zu unterscheiden: 1) die Mehrfachbildungen ganzer In-
dividuen (Mehrfachbildungen in engerem Sinne). In diesem Falle handelt es
sich um eine Veraiehrung von Körperaxenge bilden. In höchster Aus-
bildung stehen hier die sogenannten eineiigen Zwillinge, bei denen das
Zwillingspärchen aus einem Eie sich entwickelt. Hier ist natürlich von keiner
Missbildung die Rede. Eine solche tritt erst ein, wenn die beiden In-
dividuen mit einander verwachsen sind. Man unterscheidet dabei eine Dupli-
citas (bezw. Triplicitas) completa und incompleta — mehr als drei mitein-
ander verwachsene Individuen sind noch nicht beobachtet worden. — Wir
werden uns hier auf die Duplicitas beschränken. Eine komplete Duplicitas
besteht, wenn beide Embryonalanlagen ganz oder fast vollkommen ausgebildet
sind; die Verwachsung kann dabei auf einer kleineren oder grösseren Strecke
vorhanden sein. Eine Duplicitas incompleta haben wir dann, wenn der
grössere Theil des Körpers, und zwar handelt es sich um den Rumpf, einfach
ist, also dessen Organe uns in der normalen Zahl zeigt.
Wir können hier nicht auf die Theorien der Entstehungen der Doppel-
bildungen eingehen und müssen uns auf das Folgende beschränken: 1) Die
beiden vereinigten Körper können entweder gleichmässig ausgebildet sein,
Duplicitas aequalis, oder ungleichmässig, Duplicitas inaequalis. Im
letzteren Falle wird das vollständiger ausgebildete Individuum als Autosit,
das mangelhaft entwickelte als Parasit bezeichnet. Dieser Parasit kann so-
weit zurückgebildet sein, dass es sehr schwer ist, ihn noch als Glied einer
Doppelbildung zu erkennen. Manchmal sind nur noch einzelne Organe vor-
handen, oder diese sind selbst derartig umgebildet, dass sie mehr als Neu-
1) 1. c. [S. 668.]
Missbildungen. 663
bilcUingen und nicht als embryonale Theile erscheinen; insbesondere ist dies
der Fall bei den asymmetrischen Doppclmissbildungen, bei denen der Parasit
selbst in eine der Körperhöhlen des Aiitositen eingeschlossen sein kann.
Wenn die Parasiten dabei auf der äusseren Oberfläche der Antositen haften,
oder von dort unter die äusseren Bedeckungen gerathen, so sind sie intra-
amniotisch entwickelt; zu diesen gehören unter anderen die uns hier inter-
essirendcn kSakralparasiten (s. S. 128). Extraamniotische Parasiten entwickelu
sich ausserhalb des Amnion des Autositen; sie können nachträglich in die
Leibeshöhle (Coelom) aufgenommen werden (Coelomparasiten); ein anderer Theil
kann sich von vorn herein im Mesoderm des Autositen entwickeln (primäre
Mesodermparasiten).
Es mehrt sich die Zahl der Autoren, welche der Ansicht sind, dass
wenigstens die Eierstocks- und Hodendermoidkystome sich an die Doppel-
bildungen mit Autositen und Parasiten anschliessen; sie wären als inkludirte
Parasiten aufzufassen. Ich hatte die jüngst von Pfannenstiel 1, c, [S. 526]
wieder aufgenommene Ansicht aufgestellt, dass die testikulären und ovarialen
Dermoide von parthenogenetisch sich entwickelnden üreiern — besser wohl
Urgeschlechtszellen — abzuleiten wären. Marchand meint, dass sie entweder
auf befruchtete Richtungskörperchen oder auf frühzeitig abgesonderte, isolirt
sich entwickelnde Furchungskugeln zurückzuführen seien.
Andere Dermoide, namentlich die des Kopfes und Halses, müssen indessen
als Abschnürungen von epidermoidalen Bildungen angesehen werden.
Doppelbildungen, welche am Beckenende mit einander verwachsen sind,
werden als Pygopagen bezeichnet (Duplicitas anterior). Bei der grössten
Mehrzahl der echten symmetrischen Doppelbildungen ist anzunehmen — auch
bei den Pygopagen — dass sie aus zwei ursprünglich getrennten Anlagen
durch nachträgliche Verwachsung entstanden sind. Es kommt indessen auch
bei der Duplicitas anterior eine Bifurkation einer einfachen Anlage vor fSpalt-
bildung).
Bemerkenswerth ist das Verhalten der Eihäute bei den Doppelbildungen;
bei ihnen sind Amnion und Chorion einfach. Der Nabel ist entweder einfach
(Monomphalie) oder doppelt (Diomphalie). Die Pygopagen sind, wie alle Miss-
bildungen mit dorsaler Verwachsung, diomphal. Bei Diomphalie besteht auch
eine getrennte Nabelschnur, oder diese vereinigt sich in der Nähe der Plaeenta
— Funiculus bifurcatus — . Bei Monomphalie zeigt die äusserlich einfache
Nabelschnur mitunter doppelte Nabelgefässe. — Die Plaeenta ist meist einfach,
kann aber auch doppelt sein, wie es bei Pygopagie und Ischiopagie beob-
achtet wurde.
Von den Doppelbildungen gehören zu den Beckenmissbildungen folgende
Formen :
a) Pygopagus: Die beiden Körper sind in der Beckengegend dorsal ver-
einigt; der Nabel ist doppelt; ein Kreuz- und ein Steissbein; zwei Wirbelsäulen und
zwei Darmbeine; 2 Symphyses ossium pubis; After und Pud endum externum einfach;
Clitorides mehr oder weniger verschmolzen ; Harnröhre, Blase, Uterus, Vagina, Rectum
doppelt. Bei einem Falle von Marchand (männliche Pygopagie) bestand ein ein-
664 Mißsbildungen.
fach er Penis, einfache Harnröhre, einfaches Skrotum und 4 Hoden. Die pygopagen
Zwillinge sind gut lebensfähig. Beispiel: Die ungarischen Schwestern Judith und
Helena u. A.
b) Ischiopagus. Vereinigung in der Beckengegend ventral; Nabel meist ein-
fach (in einem Falle von Ellis Calvin doppelt); Schambeine miteinander verbunden;
äussere Genitalien doppelt, doch beiden Körpern gemeinsam; After einfach oder
doppelt. Die längste Lebensdauer von Ischiopagen war einige Monate.
c) Ileothoracopagus (Xiphodymus Geoffroy St, Hilaire). Vereinigung
ventral, meist ventrolateral; zwei Darmbeine verschmolzen; äussere Genitalien
und After einfach; die hinteren Darmbeine können auch fehlen (dann besteht sakrale
Vereinigung); Harnblase einfach, aber vier Ureteren, jederseits zwei; vier Hoden
(in anderen Fällen zwei).
Diese Doppelbildung ist lebensfähig: Beispiele: Die Geschwister Rita und Chri-
stina (8 Monate alt). Die Brüder Tocci, welche ich selbst zu untersuchen Gelegen-
heit hatte, waren etwa 10 Jahre alt.
Von den parasitären Anlagen der Beckengegend wurde bereits S. 128 gesprochen;
sie sind wohl die häufigsten von allen vorkommenden dieser Art.
Auf die ' übrigen allgemeinen Vorgänge bei Missbildungen kann nicht
weiter eingegangen werden.
Missbildungen der einzelnen Organe. Zunächst wäre der Spina bifida
sacralis zu gedenken. Bei der Spina bifida occulta reicht mitunter das Rückenmark
bis in den Sakralkanal hinein^ und es liegt dort Fettgewebe und Muskulatur mit ihm
verbunden. Der hierbei vorkommenden Trichosis wurde bereits gedacht (S. 123).
Am Rectum und Anus haben wir folgende Missbildungen : 1. Atresia ani Sim-
plex. Es bleibt die Aftermembran (s. Fig. 42 u, 116 b), verstärkt durch eine binde-
gewebige Zwischenbildung, bestehen; 2. Defectus recti partialis et totalis; 3. Atresia
ani vulvo vaginalis; 4. Atresia ani uterina; 5. Atresia ani vesicalis; 6. Atresia ani
urethralis. Bei 3—6 ist der Anus verschlossen; das Rectum mündet in einen der
adjektivisch genannten Theile. 7. Cloaca persistens: Die Öifnung der durch Mekonium
und Harn aufgestauten Kloake ist hierbei geschlossen, Rectum und Sinus urogenitalis
münden ein.
Harnorgane. Von der Verdoppelung der Ureteren war bereits die Rede; er-
wähnt sei die Einmündung eines Ureters in eine Samenblase, wofür die Entwicklung
beider aus dem Wolff'schen Gange die Erklärung gibt.
Weiter sind zu besprechen : Die Fissuravesicoabdominalis(Bauchblasen-
genitalspalte), die Fissura vesicalis (Blasenschambeinspalte), Exstrophia
vesicae, die Fistula urachi et vesicae^), endlich die Vesica duplex.
In den beiden erstgenannten, schwere Missbildungen betreffenden Fällen wird
man, nach den neueren Untersuchungen, insbesondere ReicheTs^), auf einen sehr
frühen Zustand der Embryonalentwicklung zurückzugehen haben. Reichel meint,
dass eine Hemmungsbildung vorliege, indem die Verschmelzung der Ränder der Pri-
1) Lexer, E., üeber die Behandlung der Urachusfistel. Ar eh. f. klin. Chirurgie,
Bd. 57. Heft 1.
2) Reichel, F., Die Entstehung der Missbildungen der Harnblase und Harn-
röhre an der Hand der Entwicklungsgeschichte bearbeitet. Archiv f. klin. Chirurgie,
Bd. 46, S. 740. 1893. — Vgl. auch Bartels, M., Ueber die Bauchblasengenitalspalte.
Archiv f. Anat. u. Physiol., 1869, und: Vi alle ton, Essai embryologique sur le mode
de formation de Texstrophie de la vessie. Archives provinciales de Chirurgie, 1892.
T. V, p. 233, — Füth, Ueber einen Fall von Harnblasen Verdoppelung. Centralbl. f.
Gynäk., 1894.
Missbildungen. 665
mitivrinne zum Primitivstreifen in dem hinter der Aftermembran gelegenen Abschnitte
ausbleibe. Marchand glaubt, dass auch noch der Bauchstiel, d.i. die primäre, bei
den Primaten niemals unterbrochene Verbindung zwischen dem Embryo und seinen Ei-
häuten, aus welcher sich später die Nabelschnur (Fig. 43)* bildet, gespalten sein müsse.
Bei der Bauchblasengenitalspalte sind Nabelschnurbruch und andere Anomalien
der Nabelschnur sehr häufig, ferner Spina bifida. Diese würde durch eine dorsale
Fortsetzung der Spaltbildung zu erklären sein.
Bei der Vesica duplex besteht eine durch ringförmige Einschnürung getrennte
obere grössere und untere kleine Blase, was auf die im vorigen Kapitel erwähnte Ent-
stehung der Blase aus einem allantoiden und einem kloakalen Abschnitte hinweist.
Selten wird eine sagittale Trennung der Blase beobachtet. Es kann dann der Dick-
darm zwischen beiden Blasen liegen. Bei weiblichen Fötus wurde gleichzeitig Uterus
duplex und Vagina duplex gesehen.
Penis und Clitoris, Harnröhre. Es sind zu unterscheiden a) die Spalt-
bildungen und Duplicitäten. Zu den Spaltbildungen gehört, als höchster Grad,
die Fissura genitalis, dann die Epispadia penis s. clitoridis und die Hypo-
spadia. Es erklären sich diese Befunde aus einer Bildungshemmung, indem die me-
diane Vereinigung der ursprünglich bilateral symmetrischen Anlage der Genitalorgane
unterbleibt. Unterbleibt sie oben, so führt dies zur Epispadie, unten, zur Hypospadie.
Es sind die verschiedensten Grade der Ausbildung beobachtet worden. Schwierig ist die
Erklärung der Epispadie als einer Hemmungsbildung, da Penis wie Clitoris, wenigstens
zum Theil, aus dem unpaaren Genitalhöcker hervorgehen. Epispadie und Ver-
doppelung des Penis müssen daher mit Reichel ebenfalls in eine frühe Zeit der
embryonalen Entwicklung verlegt werden; hierfür spricht auch die häufige Kombi-
nation von Epispadie, Symphysen- und Blasenspalte.
In der Hypospadie sehen wir eine ausbleibende Verwachsung der Ränder der
Urethralrinne (s. Kapitel Entwicklungsgeschichte). Die Hypospadie beim Weibe zeigt
sich in einem mangelnden Schlüsse des unteren Harnröhrenumfanges und in der
Einmündung der Harnröhre in die Scheide.
Merkwürdig sind die Verhältnisse bei Verdoppelung des Penis und der Clitoris
(Di Phallus). Hierbei kann jeder Penis eine Harnröhre haben, oder nur der eine,
oder die Harnröhre mündet zwischen beiden Penes aus.
b) Das Vorkommen eines doppelten Kanales im Penis; der eine, obere,
endet nach kürzerem oder längerem Verlaufe blind; er kann aber Sitz einer gonorrhoi-
schen Erkrankung werden^), Tar uf fi^) unterscheidet vier Arten von doppelten Kanälen
im Penis: aberrirte Samengänge, kanalförmige Umwandlungen von Urethraldrüsen,
Nebenharnröhren, deren Entstehung schwer zu erklären ist und den Anus penilis,
d. h. einen unterhalb der normalen Harnröhre gelegenen Gang, welcher mit dem
Darmkanale in Verbindung steht und Darminhalt führt. Dies Vorkommniss gehört
zu den Kloakenmissbildungen.
Ferner sind zu erwähnen c) die Mikrophallie und der totale Defekt des
Penis, wobei die Harnröhre in den Mastdarm mündet, aber auch fehlen und atretisch
sein kann.
Missbildungen der Prostata und der Samenblasen und Ductus deferen-
tes sind seltener, wenn wir von den mit Pseudohermaphroditismus vergesellschafteten
1) Posner, C, und Schwyzer, Fr., Ein Fall von angeborener Penisfistel. Ber-
liner klin. Wochenschr., 1893, Nr. 35 — ferner Meisels, W. A., Ueber Doppelbildung
der männl. Harnröhre. Wien. med. Wochenschr., 1893, Jahrg. 43. — Englisch, eben-
daselbst, 1894, Jahrg. 44.
2) Taruffi,C., Sur les canaux abnormaux de la Verge. Ann. des malad. g6ni-
tourin., 1891, p. 817.
666 Missbildungen.
absehen. Mangel, Einmündung' der Samenblasen oder Ductus deferentes in die
Uretcren sind u. a. beschrieben worden^).
Missbildung-en der Hoden. Ausser den Störungen des Descensus, welche
erwähnt wurden, sind noch sru nennen: Überzahl der Hoden (sehr selten), oder Mangel
der Hoden, entweder eines oder beider.
Uterus und Tuben. Die wichtigsten Missbildungen dieser Organe sind
Hemmungsbildungen durch das mehr oder minder unvollständige Verschmelzen der
Müller'schen Gänge bedingt (s. Kapitel Entwicklungsgeschichte). Es können hier-
durch eine grosse Reihe der verschiedensten Missbildungsformen zu Stande kommen,
und zwar, wenn wir die Scheide mit heranziehen: I.Uterus duplex bicornis cum
Vagina septa, 2. der Uterus septus duplex (Uterus bilocularis) in drei Abarten:
a) Uterus subseptus uniforis (mit einfachem Orificium ext.), b) Uterus biforis
supra Simplex (das Orificium ext. doppelt), c) Uterus subseptus, unicorpo-
reus (Cervikalkanal doppelt), 4. der Uterus bicornis unicollis, 5. der Uterus
arcuatus, 6. der Uterus subseptus unicollis (Cavum uteri mit Septum, einfacher
Cervikalkanal), 7. der Uterus foetalis, 8. der Uterus infantilis. Alle diese
Formen können nun auch ganz oder zum Theil verkümmert auftreten.
Als seltenere Formen werden noch genannt: Der Uterus foetalis im per -
foratus (Uterus foetalis bicornis) und der Uterus incudiformis. Hierzu kommt,
als eine Missbildung aus frühester Zeit, wenn noch kein Geschlechtsstrang gebildet
ist, der, vollkommen getrennte doppelte Uterus mit zwei vollkommen getrennten
Scheiden: Uterus duplex separatus cum vagina separata (Uterus didel-
phys Kussmaul). Nagel (1. c. i.) macht darauf aufmerksam, dass diese Form
wohl von Nr. 1 (Uterus duplex bicornis cum vagina septa) getrennt werden müsse,
da letztere Missbildung erst nach Bildung des Geschlechtsstranges zu Stande komme.
Es ist das Verdienst KussmauTs^), an der Hand der Entwicklungsgeschichte
zuerst eine wissenschaftliche Erklärung dieser Formen gegeben zu haben. — Als
schwerste Missbildung ist der Mangel der Scheide und des Uterus, welche meist
zusammen vorkommen, anzuführen.
Von den sonstigen Missbildungen der Scheide nennen wir noch voll-
ständige Atresie derselben, welche als Theilerscheinung der Atresie des übrigen
Geschlechtsrohres voi'kommt, und die von Nagel genauer untersuchte partielle
Scheidenatresie bei einfachen, unverkümmerten Genitalien. Dieselbe soll sich erst
in den letzten Monaten der Schwangerschaft oder nach der Geburt entwickeln, in-
dem, bei mangelnder Verhornung, die normale epitheliale Verklebung' zu einer binde-
gewebigen Verwachsung den Anlass geben kann. Meist findet dies im unteren
Scheidenende statt. — Endlich kommt eine Vagina septa für sich vor.
Über die verschiedenen Formen des Hymen, und insbesondere über den
Hymen im per foratus s. S. 562. Es w^äre noch der Verdoppelung des Hymen
zu gedenken, für welche jüngst Berry Hart^) eine Erklärung dadurch zu geben
versucht hat, dasff er auch den Wo Iff 'sehen Gängen einen Antheil an der Bildung
der Scheide zuweist Auch meint er hierdurch das Vorkommen eines Hymen bei
Atresia vaginae erklären zu können.
Fast alle diese Missbildungen haben grosse praktische Bedeutung, insbesondere
die Atresien: auch die difFerentielle Diagnostik zwischen Schwangerschaft in einem
rudimentären Uterushorne und Tubenschwangerschaft, siehe Abschnitt: „ektopische
1) d'Ajutolo, G., Su di alcune anomalie della prostata e della vesica urinaria
neH'uomo. Mem. R. accad. dellTst. di Bologna, Ser. V, T. 3. 1895.
2"! Kussmaul, Ad., Von dem Mangel, der Verkümmerung und Verdoppelung
der Gebärmutter. Würzburg, 1859.
3) Hart, Berry, A preliminary note on the Development ofthe Clitoris, Vagina
and Hymen. Transact. Edinb. Obstet. See, 1895/96.
Missbildungen. 667
Schwangerschaft", kommt in Betracht. Endlich spielt auch die Frage nach der Super-
foetation hier mit hinein. Eine Superfoetation bei normaler Gebärmutter ist nicht
erwiesen; wohl aber kann der Anschein einer solchen bei nachträglich eintretender
Schwangerschaft in einem zweihörnigen Uterus entstehen^).
Von der Tube ist vollständiger Mangel zugleich mit Mangel der übrigen Ge-
schlechtsorgane (speciell des Uterus) beschrieben worden; ebenso kommt einseitiges
Fehlen vor.
Beim Eierstocke haben wir des gänzlichen (selten) oder einseitigen Man-
gels, oder der rudimentären Ausbildung, meist als Theilersch einung mit anderen
Missbildungen, zu erwähnen. Überzählige Eierstöcke können, wie ich zeigte,
durch Abschnürung entstehen; wohl aber auch durch partielle Wucherung des Eier-
stocksgewebes, gewöhnlich an der Farr ersehen Linie. Dritte Ovarien in völlig sicherer
Weise, getrennt von den beiden anderen, sind noch nicht nachgewiesen, wenn man
nicht die Fälle von v. Winckel, Falck und Rosenstein 2— 4) dahin rechnen will.
Aeussere weibliche Genitalien, Beschrieben sind vollkommener Mangel
und Atresie bei anderweitigen grösseren Missbildungen; ferner bestehen bleibende
embryonale Verklebung des Vestibulum, infantile Form der äusseren Geni-
talien, Hypertrophie der Klitoris. — Vermehrte Zahl der Nymphen, besser
wohl „Nebenfalten der Nymphen", habe ich auf dem Berliner Präparirsaale ziemlich
häufig beobachtet.
Hermaphroditismus, Zwitterbildung. Wir haben zu unterscheiden (nach
Klebs^) den Hermaphroditismus verus und den Pseudohermaphroditis-
mus. Beim Hermaphroditismus verus müssen beiderlei Geschlechtsdrüsen in einem
und demselben Individuum vorhanden sein. Man kennt gegenwärtig zwei sichere
Fälle von Wrany und Obolonsky^) und von Schmorl'). Hier fand sich neben
pseudohermaphroditisehen und hypospadischen Bildungen, durch mikroskopische
Untersuchung nachgewiesen, an der einen Seite ein Eierstock, an der anderen Seite
ein Hoden; einen solchen Fall bezeichnet man als Hermaphroditismus verus
lateralis. Echte Zwitterdrüsen oder beiderlei Geschlechtsdrüsen auf einer Seite
oder beiderlei Geschlechtsdrüsen auf beiden Seiten {Hermaphroditismus bilate-
ral is), sind nicht sicher gestellt.
Pseudohermaphroditismus, Scheinzwitterbildung. Dieser Zustand
stellt in seinem Wesen eine Inkongruenz zwischen der Natur der Keimdrüsen und
der der äusseren Geschlechtsorgane, sowie auch meist des ganzen übrigen Körpers
dnr. Meist sind hierbei aber die Keimdrüsen rudimentär. Man unterscheidet zwei
Formen, Pseudohermaphroditismus masculinus: Geschlechtsdrüsen männlich,
Habitus und die übrigen Genitalorgane mehr weiblich. Dies ist die weitaus häufigste
Form: Penis klein, klitorisähnlich, Hypospadie, meist gespaltenes Skrotum, Hoden
meist nicht herabgetreten, Utriculus prostaticus zu einem rudimentären uterusähn-
1) Auch die jüngst von M. Herzog (Superfetation in the Human Race, Chicago
med. Recorder, Vol. XV, 1898 — mit Litteratur) beschriebenen Fälle erscheinen mir
nicht beweisend.
2—4) V. Winckel, Lehrbuch der Frauenkrankheiten, 1890. — Falck, Edm., Ueber
überzählige Eileiter und Eierstöcke. Berliner klinische Wochenschrift, S. 84, 1891. —
Rosen stein, P., Ein Beitrag zur Kenntniss überzähliger Ovarien. Diss. inaug. Kö-
nigsberg, 1898.
5) Klebs, E., Handbuch der pathologischen Anatomie. 1876, Theil I.
6) Obolonsky, Beiträge zur pathologischen Anatomie des Hermaphroditismus
hominis. Prager Zeitschrift für Heilkunde, 1886, IX. Bd.
7) Schmorl, G., Ein Fall von Hermaphroditismus. Virchow's Arch. f. patholog.
Anatomie, 1888. Bd. 113, S. 224.
668 Operationsanatomie.
liehen Körper entwickelt, Brustdrüsen weiblich. In einem jüngst zu meiner Kenntniss
g:ekommenen Falle waren die äusseren Körperformen und die äusseren Genitalien des
als Frau verheiratheten Individuums vollkommen weiblich ; die Kohabitation war durch
einen entsprechend ausgebildeten Sinus urogenitalis möglich, so dass kein Verdacht
auf eine bestehende Missbildung aufgekommen war. Ein Tumor in einem Labium
majus, der später, nach lange bestandener Ehe, exstirpirt wurde, erwies sich bei der
mikroskopischen Untersuchung als Hoden. Eine Samenproduktion bestand nicht.
Bei der weiblichen Form, Pseudohermaphroditismus femininus, haben
wir neben Eierstöcken eine grosse penisähnliche Klitoris, in der mitunter die Harn-
röhre eingeschlossen ist. In den grossen Schamlippen befinden sich nicht selten die
Geschlechtsdrüsen in einem Nu ck'schen Divertikel. Die Brüste sind mangelhaft ent-
wickelt; Stimme männlich; zuweilen auch die Behaarung i).
Alle diese Fälle von Pseudohermaphroditismus gestalten sich so mannig-
faltig, dass fast keiner dem anderen gleicht, und dass es unter Umständen
sehr schwierig ist, einen Entscheid über das Geschlecht zu treffen. Da ge-
wöhnlich nach den äusseren Merkmalen geurtheilt werden muss, so wird das
Geschlecht der betreffenden Individuen meist verkannt.
Die grosse gerichtsärztliche und sociale Bedeutung dieser Fälle bedarf
keiner weiteren Erörterung 2).
Anhang III. Operationsanatomie.
Im Nachfolgenden kann es sich selbstverständlich nicht um genaue An-
weisungen zur Ausführung der einzelnen Operationen handeln; dies muss den
Lehrbüchern der chirurgischen und gynäkologischen Technik anheim gegeben
werden. Auch können nur die sogenannten typischen Operationen, bei
denen der Modus procedendi im grossen und ganzen feststeht, Berücksichti-
gung finden, und zwar in der Art, dass kurz angegeben wird, was anatomisch
in Betracht kommt, und dass auf die Figuren und Seiten verwiesen wird, wo
die betreffenden Theile hier abgebildet und abgehandelt sind. Wo einzelne
Operationen bereits in den von Joessel bearbeiteten Theilen der topographi-
schen Anatomie besprochen wurden, wird auf diese verwiesen werden.
1) Vergl zum Abschnitt „Hermaphroditismus" insbesondere noch: Ben da, 1. c.
[S. 638].
2) lieber die Missbildungen im Allgemeinen vergleiche man die grösseren Werke
von Förster, A., Die Missbildungen des Menschen systematisch dargesteUt. Jena,
1865. 2. Aufl. 65 Tafeln. — Ahlfeld, Die Missbüdungen des Menschen. Mit Atlas.
Leipzig, 1880 u. 1882. — Taruffi, Storia deUa Teratologia. Bologna, 1881—1888. —
Hirst and Piersol, Human Monstrosities. Philadelphia, 1891. seqq. fol. — Marchand,
F., Die Missbildungen. Real-Encyclopädie d. gesamten Heilkunde. 3. Aufl. Wien, 1897.
— Nagel, W., Entwicklung u. Entwicklungsfehler der weiblichen Genitalien. Hand-
buch der Gynäkologie, herausgegeben von J. Veit. Bd. 1. 1897. Die zuletzt citirten
beiden Werke habe ich vorzugsweise bei der Abfassung dieses Kapitels benutzt. —
Windle, Reports on recent teratological literature. No. I seqq. Journal of Anat. u.
Physiologie, 1890-1898.
Operationsanatomie. 669
Wir theilen ein in: 1) für beide Geschlechter gleiche Opera-
tionen, 2) Operationen beim Manne, 3) Operationen beim Weibe.
Für die speciellen chirurgischen Angaben sei verwiesen auf die Werke
von V. Bergmann und Eochs^), von Kocher*), von Hofmeier^) und von
Hegar und Kaltenbach *).
Gleiche Operationen bei beiden Oesohleohtem.
Zu den bei beiden Geschlechtern in gleicher Weise auszuführenden Operationen
gehören; 1) die Unterbindung der Arteriae iliaca communis, iliaca
externa, hypogastrica, glutaea superior, glutaea inferior, pu-
denda interna, circumflexa ilium profunda und obturatoria,
2) die Aufsuchung des Ureter zu chirurgischen Zwecken, 3) die Operationen
am Rectum und die Coeliotomia posterior (Edm. Rose).
Für die Arteriae iliacae communis et externa wird auf JoesseTs Lehrbuch
der topographisch-chirurgischen Anatomie, Abtheilung „Bauch" ver-
wiesen; für die Unterbindung, der Arteriae glutaeae superior et inferior und der
Arteria pudenda interna auf dasselbe Werk, Abtheilung „Extremitäten**.
Unterbindung der Arteria hypogastrica oder ihrer Aeste
innerhalb des Beckens. Der Schnitt gestaltet sich wie bei der Unterbindung
der Arteria iliaca communis (s. Joessel's Handbuch, Abtheilung „Bauch"). Für
die Aufsuchung der Arterie merke man, dass sie vor der Synchondrosis sacroiliaca
ins kleine Becken hinabläuft, dass der Stamm nur sehr kurz ist, dass die Venen
gemeinhin vor und medianwärts von den Arterien liegen, und dass der Ureter dicht
vor diesen Gefässen herabläuft. (Vgl. S. 244—248 und die Figg. 61 und 62.)
Unterbindung der Arteria obturatoria. Schnittführung (nach
Kocher) fingerbreit medianwärts von der Mitte des Ligamentum Pouparti abwärts.
Durchschnitten werden: Haut, Panniculus, Fascia superficialis, oberflächliches Blatt
der P^ascia lata. Hier stösst man auf die Vena saphena oder einen ihrer Aeste; sie
wird lateralwärts gezogen. Medianwärts von der Vena femoralis spaltet man die
Fascia pectinea und dringt am Aussenrande des Musculus pectineus zum Musculus
obturator externus vor. Man trifft hier auf Anastomosen zwischen den Vasa obtura-
toria und femoralia (s. Fig. 20). Man spaltet die starke Fascia obturatoria externa
und gelangt am oberen Rande des M. obturator externus zur Arterie und zum
Nerven (vgl. hierzu S. 34—44, ferner S. 177—180 und die Figg. 18—23, insbesondere
20 und 23).
Unterbindung der Arteria circumflexa ilium profunda.
Die Schnittrührung geschieht wie bei der Unterbindung der Arteria iliaca externa
(vgl. J 0 e s s e 1 1. c. Abtheilung „Bauch", ferner Seite 177, Spatium retroinguinale
ßogrosi).
Aufsuchung des Ureter. Bezüglich der Schnittführung vergleiche
J 0 0 s s e 1 1. c. Abtheilung „Bauch" über die Unterbindung der Arteria iliaca com-
munis, ferner Seite 334, Beim Weibe lässt sich der Ureter leicht von der Area trigo-
nalis vaginae (nach Pawlick^s Vorschlage) erreichen, s. S, 539. Die Lage der
niännlichen Ureteren s. S. 330—334, die der weiblichen S. 543 ff.
1) Bergmann, E. v. und Rochs, H., Anleitende Vorlesungen für den Ope-
rationskursus an der Leiche, 3. Aufl. Berlin, 1896.
2) Kocher Th., Chirurgische Operationslehre, 2. Aufl. Jena, 1894.
3) Hofmeier, M., Grundriss der gynäkologischen Operationen, 3. Aufl. Leipzig
und Wien, 1898.
4) Hegar u. Kaltenbach, Operative Gynäkologie. 4.Aufl, Stuttgart, 1897.
670 Operationsanatomie.
Ope ratio neu am MastdaiMne, Coeliotomia posterior. Bei den
Operationen am Mastdarme ist ein kreisförmiger Schnitt um den Anus anzulegen.
Man dringt in die Fossa ischiorectalis vor, welche Platz zum Operiren gewährt. Die
kleineren Gefässe, welche hier getroffen werden: Aa. sacralis media, haemorrhoidales,
Arteria perinei, können nicht geschont werden, sind aber unter Umständen nach
der Durchschneidung zu unterbinden. Beim Manne sichere man nach vorn, beim
Vordringen im Triangulum rectourethrale, die Urethra mit ihren Theilen: Bulbus
urethrae, der namentlich bei alten Leuten nahe an das Rectum herantritt, ferner die
Pars trigonalis und praetrigonalis, die Prostata und die Samenblasen. Um sich das
Operationsfeld freier zu machen, kann man entweder neben dem Kreuz- und Steiss-
beine, unter Durchschneidung der Ligamenta sacrotuberosa und sacrospinosa, vor-
dringen, oder das Steissbein und selbst einen Theil des Kreuzbeines reseciren. Man
kann nach Kocher zwischen Kreuz- und Steissbein quer reseciren (s. Fig. 49
punktirte Linie KO), nach K r a s k e und Hochenegg schräge Resectionsschnitte
führen (Kr und H in derselben Figur), oder nach Bardenheuer (Bin der Figur)
einen Querschnitt durch das dritte Foramen sacrale legen, welches ungefähr dem
Kreuzbeinbuckel entspricht (S. 148), und endlich nach Rose (l. c. [S. 24]) gar bis zur
Höhe des oberen Randes der Incisura ischiadica major gehen (Linie R in derselben
Figur). Auch hierbei wird das untere Ende des offenen Duralsackes (s. die genannte
Figur) noch vermieden (vgl. hierzu insbesondere S. 24 und Fig. 49).
Wenn irgend möglich, so ist bei allen Rektumoperationen der Sphincter ani
externus und auch der Levator ani zu schonen; selbst partielle Erhaltungen sind für
die Funktion des Mastdarmes wichtig.
Beim Weibe gewährt die gleichzeitige Exploration von der Scheide eine gute
Leitung. Man muss aber hier noch der Ovarien und Tuben und bei beiden Ge-
schlechtern der Ureteren gedenken.
Man vergleiche zu diesen Operationen, ausser dem bereits Citirten, noch die
Figuren 84 und 84 a, ferner die Medianschnitte 66 und 81 a, sowie Seite 148 und
folgende, dann 261 (Rectum des Mannes) und 445 (Rectum des Weibes)^).
Operattonen beim Manne.
Wir besprechen : A. die Operationen an den Harnorganen:
1) Punctio vesicae, 2) Sectio alta (Cystotomia suprapubica),
3) Sectio perinealis, 4) Urethrotomia externa, 5) Katheterismus.
I. Punctio vesicae. Da die Blase nur bei übermässiger Füllung, wenn
eine Entleerung auf anderem Wege nicht möglich ist, punktirt wird, so wird dies,
wenn sonst irgend ausführbar, von der vorderen Bauchwand oberhalb der Symphyse
aus zu geschehen haben. Man kann bis zu drei Centimeter oberhalb der Symphyse
für die Wahl des Einstiches hinaufgehen und sticht nach rückwärts und etwas nach
abwärts 4—6 Centimeter tief ein (vgl, Fig. 68 und Fig. 59 a).
IL Sectio alta. Rectum und Blase werden gefüllt (vgl. Kapitel „Harnblase
und Rectum"), und es wird in der Trendelenbu r g 'sehen Lage (S. 74, Fig. 31)
ein 5—6 Centimeter langer Schnitt von der Symphyse in der Mittellinie nach aufwärts
geführt. Für das weitere Vorschreiten der Operation geben die Figuren 59 a,
61, 64, 66, 68 und insbesondere 78—80 Aufschluss. Vom Texte vergleiche man
S. 270, 298 ff., 306 ff., insbesondere S. 308. Bei schwierigem Zugange zur Blase, nament-
lich bei Blasentumoren, empfiehlt es sich einen Theil des oberen Symphysenabschnittea
zu entfernen (H e 1 f e r i c h , v. B r a m a n n).
1) Vgl. bez. der Litteratur: Maass, A,, Die Amputation des Wirbelkanals zum
Behuf des hinteren Bauchhöhlenschnittes (der Coeliectomia posterior) nach Prof. Rose.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 32, S. 221.
Operationsanatomie. 671
III. Sectio perinealis. Die Lage des Körpers ist die sogenannte Stein-
s c h n i 1 1 1 a g e (s. Fig. 30). Man kann (v. Bergmann, R o c h s) mit einem
Medianschnitte beginnen, Avelcher lür eine Steinoperation stets ausreichen dürfte, und
nur in schwierigen Fällen einen Bogenschnitt um den vorderen Umfang des Mast-
darmes herum hinzufügen, zur Ablösung des Mastdarmes, oder man wählt (nach
Kocher) von vorn herein einen queren Bogenschnitt. Dieser verläuft vom Tuber
ischiadicum der einen Seite unter dem Schambogen entlang zum Tuber ischiadicum
der anderen Seite. Im letzteren Falle wird der Hautlappen mit Fett und Fascie
zurückpräparirt, und es werden damit in ausgiebiger Weise die Theile des Dammes
freigelegt.
Für den Steinschnitt ist es der Zweck des Operateurs, zur Pars trigonalis
urethrae (membranacea) zu gelangen, um, nach Spaltung dieser und eines Theiles
der Pars prostatica urethrae, von unten her in die Blase einzudringen. Die grosse
Erweiterungsfähigkeit der Pars prostatica und des Orificium internum urethrae ermög-
licht es, selbst grosse Körper von hier her aus der Blase zu entfernen, oder dieselben
doch soweit zu zerkleinern, dass sie entfernt werden können. Man dringt durch das
Centrum perineale und den Triangulus rectourethralis zur Harnrölire vor, wobei man
sich wieder vor dem Bulbus urethrae zu hüten hat. Im Nothfalle wird das Hectum
zurückpräparirt.
Man führt jetzt wohl stets den medianen Schnitt in der Pars membranacea
und prostatica aus, nicht mehr den Lateralschnitt. Siehe hierzu Fig. 58, wo beide
Schnitte gekennzeichnet sind (Linea sectionis lateralis und Linea sectionis medialis).
Die Figur zeigt das ganze Operationsfeld und die Umgebung noch weit darüber
hinaus. Die beiden Einschnitte in den Levator ani sind unnöthig; man sieht an dieser
Figur auch die Lage der Ampullae ductuum deferentium und der Samenblasen.
Weitere Aufschlüsse ergeben die Figuren 5G, 57, 57 a, ferner Fig. 59, in
welcher eine Anomalie der Arteria pudenda interna dargestellt ist, welche bei dem
lateralen Schnitte Gefahr bringen kann.
Vom Texte vergleiche man S. 188, IV. Kapitel „Dammgegend", ferner S. 335
Kapitel „Prostata", S. 343 Kapitel „Samenblasen etc." und hier die Figuren 70b und
70c, endlich S. 397 ff. „Männliche Harnröhre" mit den Figuren 75a und 75b. Das
Trigonum rectourethrale s. S. 278.
Beim Weibe können die meisten Fremdkörper und Steine durch die Harn-
röhre entfernt werden; in aussergewöhnlichen Fällen und bei Neubildungen wird man
zur Sectio alta greifen.
IV. Urethrotomia externa. Für diese Operation gelten dieselben Regeln
und Schnitte, wie für den Dammsteinschnitt.
V. K a t h e t e r i s m u s. Für dem Katheterismus ist auf S. 335 Kapitel „Prostata",
auf S. 397 ö. und auf die beiden Figuren 75 a und 75 b zu verweisen. Die grösste
Schwierigkeit liegt an der Uebergangsstelle von der Pars praetrigonalis zur Pars
trigonalis (membranacea), und es ist schon an der betreffenden Stelle ausdrücklich
das Nöthige besprochen worden.
B. Die Operationen am Penis: Wir besprechen hier 1) Amputatio
penis; 2) Resectio penis. Anatomisch kommt bei den Penisoperationen haupt-
sächlich in Betracht die grosse Blutung; 2) die Erhaltung eines Stückes Harnröhre
mit guter Harnröhrenöffnung und 3) die grosse Retraktionsfähigkeit des Penisstumpfes.
Bei Amputationen durchschneidet man zunächst die Haut, dann die Corpora cavernosa
penis und zieht nun eine Fadenschlinge durch das Septum derselben. Dann erst
wird das Corpus cavernosum urethrae mit der Harnröhre durchschnitten. Zur Er-
haltung einer guten Harnröhrenöffnung spalte man die Harnröhre unten und vernähe
die äussere Haut mit den Spalträndern.
Was die Resectio penis anbelangt, so bleiben nach der Wundverheilung leicht
Deformitäten des Gliedes zurück, welche namentlich bei der Erektion zu Tage treten«
672 Operationsanatomie.
Es können aber, wie ein jüngst veröffentlichter Fall von Hildebrand gezeigt hat,
selbst umfangreiche Partien des Corpus cavernosum urethrae und der Harnröhre
resecirt werden, ohne dass es zu Verstümmelungen derart kommt und ohne dass
Gangrän der Eichel eintritt, weil letztere von der Arteria dorsalis penis her versorgt
wird. (Vergleiche S. 354, Kapitel „männliches Glied" und insbesondere Fig. 71.)
C. Operationen am Samenst ränge und am Hodensacke.
Um den Samenstrang an seiner Austrittsstelle freizulegen, wird man dicht ober
halb des leicht zu fühlenden Tuberculum pubicum, in der Richtung des Ligamentum
inguinale einzuschneiden haben. Will man eine längere Strecke des Samenstranges
gewinnen und zugleich zum Hoden vordringen, so muss man von der Gegend des
Tuberculum pubicum den Längsschnitt in der Richtung zum Hoden hin führen. —
Um den Ductus deferens zu sichern oder ihn herauszufinden, erinnere man sich, dass
er am hinteren Umfange des Samenstranges liegt und dass er sich knorpelähnlich
hart anfühlt.
Ferner ist bei Durchschneidung des Samenstranges einem Zurückschlüpfen des-
selben in den Leistenkanal vorzubeugen. Bei der Kastration, falls keine besonderen
Verwachsungen vorliegen, ist die Entfernung des Hoden leicht, nur an seinem unteren
Ende ist er durch das Ligamentum scrotale (Fig. 73) befestigt. Vergleiche ausserdem
die Figuren 72, 72 a, 74, insbesondere 75 und den Text S. 370—397.
Operationen beim Weibe.
Eine grosse Anzahl wichtiger Operationen an den Harn- und Geschlechtsorganen
des Weibes, wie die Operationen an den äusseren Genitalien: Abtragungen, Geschwulst-
entfernungen, Operationen bei Bildungsfehlern und plastische Operationen, insbesondere
bei Dammrissen, dann fast sämtliche Operationen an der Scheide, an der Cervix uteri,
die Operationen bei Abscessen, bei Hämatomen, bei Entfernungen von Geschwülsten
der inneren Beckenorgane, ändern sich von Fall zu Fall, so dass besondere anato-
mische Hinweise nicht gegeben werden können. Die allgemeinen anatomischen Regeln
werden aus den betreffenden Kapiteln entnommen werden müssen.
Wir besprechen hier auch nicht die geburtshilflichen Operationen. ,
Eine kurze anatomische Erörterung soll dagegen werden: 1) für den Kathe-
te r i s m u s der Blase, 2) für die S o n d i r u n g d e s U t e r u s und der Tuben,
3) für die E X ß t i r p a t i 0 uteri, 4) für die Unterbindung der A r *t e r i a
uterina, 5) für die Kolpotomie, 6) für die A 1 e x a n d e r's ch e Opera-
tion, 7) für die Kastration, 8) für A d n e x o p e r a t i o n e n.
I. Für den Kathete rismus der Blase handelt es sich um Einführung des
Instrumentes ohne Zuhülfenahme des Gesichtes. Man gehe von dem Introitus vaginae
aus und lasse sich durch die Carina urethralis zu dem kleinen Grübchen der Urethral-
öffnung auf der Urethralpapille leiten. Man wird so am besten zum Ziele kommen
und unnöthige Belästigung vermeiden. Vergleiche hierzu das Kapitel „Aeussere weib-
liche Geschlechtsorgane" S. 549, insbesondere S. 560, und die Figuren 92 und 93, aus
denen ersichtlich ist, wie verschieden der Abstand zwischen Harnröhren- und Scheiden-
öffnung sein kann.
IL Sondirung des Uterus und der Tuben. Von Seiten der Anatomie
ist darauf aufmerksam zu machen, dass jede Einführung eines Instrumentes in den
Uteruskanal nur mit der grössten Vorsicht zu geschehen hat, insbesondere dann, wenn
Erkrankungen bestehen. Auch sollte man sich vorher durch bimanuelle Untersuchung
eine möglichst genaue Vorstellung von der Grösse, Lage und Resistenz des Organes
verschaffen. Insbesondere gilt dies auch für die Einführung einer Curette.
Dass es gelingt die Tuben zu sondiren, kann nicht bestritten werden. Bei
normalem Verhalten derselben und bei normaler Lage der Theile wird es aber
.schwerlich möglich sein.
öperationsahatomie. 67ä
lil. Exstirpatio uteri. Für die Exstirpatio uteri totalis sind folgende
anatomischen Wege beschritten worden : 1 ) der abdominale Weg (Freund* sehe
Operation), 2) die Exstirpatio uteri vaginalis, 3) die Exstirpatio uteri
perinealis, 4) die Exstirpatio uteri sacralis und parasacralis^).
Am meisten ausgeübt wird jetzt die Exstirpatio vaginalis. Hierbei kommt es
vor allem auf die Vermeidung einer Verletzung des Harnleiters und auf eine
sichere Unterbindung der Blutgefässe an. Die nöthigen anatomischen
Hiriweise findet man S. 474 und insbesondere S. 543 „Harnleiter des Weibes". Hierzu
vergleiche man die Figuren 81, 81a, 85, 88 c, ferner 51 2),
Dieselben anatomischen Verhältnisse und dieselben Figuren kommen auch für die
Ausführung der IV. Unterbindung der Arteria uterina in Betracht»).
Für die Exstirpatio uteri sacralis und parasacralis ist auf das S. QGS
bei der Coeliotomia posterior Gesagte zu verweisen. Uebrigens kann derselbe Weg
unter Umständen auch zur Entfernung von Tumoren (Dermoiden, Myomen u. a.) mit
Eriolg beschritten werden; es liegen bereits eine Anzahl solcher Fälle vor.
V. Colpotomia. Mit dem Namen „Kolpotomie" belegt A.Martin*) die Er-
öffnung der Bauchhöhle von der Scheide aus, das, was sonst als „Coeliotomia vaginalis**
bezeichnet worden ist. Es bieten sich hier anatomisch zwei Wege, der vordere, bei
dem man durch Eröffnung des vorderen Scheidengewölbes in die Excavatio vesico-
uterina gelangt = Colpotomia anterior, und der hintere = Colpotomia posterior,
welcher vom hinteren Scheidengewölbe aus in die Excavatio rectouterina führt.
(Coeliotomia vaginalis anterior und posterior.)
Vorn sind Blase, Ureter en und die Vasa uterina zu schonen; Martin schlägt
deshalb vor, die Eröffnung des vorderen Scheidengewölbes durch einen mittleren
Längsschnitt vorzunehmen, und von diesem aus die genannten Theile zu verschieben,
bezw. zu sichern. Hinten ist der Zugang freier. Welchen Weg man wählt, hängt
natürlich vom Ziele der Operation ab.
An die Colpotomie als Coeliotomie schliesst sich der von Dührssen ersonnenc
und ausgeführte vaginale Kaiserschnitt an^). Hierbei wird die Bauchhöhle nicht
eröffnet, sondern, nach medianer »Öffnung beider Scheidengewölbe, das Bauchfell
subperitonäal soweit zurückgeschoben als möglich (s. S. 471), dann Cervix und das frei-
gelegte untere Corpussegment gespalten und die Frucht herausbefördert.
Die Kolpotomie als Operationsweg ist vor allem durch Czerny's Vorgehen
Gemeingut der Chirurgen und der operirenden Gynäkologie geworden; man versucht
jetzt, wenn irgend etwas aus dem kleinen Becken zu entfernen ist, und wenn es irgend
möglich ist, diesen Weg. Die Exstirpatio uteri vaginalis geschieht ja in dieser Weise.
Ferner operirt man die Adnextumoren seit einigen Jahren durch Kolpotomie, desgleichen
Myome und andere Beckentumoren. Auch zur Arteria uterina dringt man von hier-
her vor.
1) Leo, A., Die sakrale Methode der Totalexstirpation des carcinomatösen
Uterus. Dissert. ing. Berlin, 1897.
2) Vgl. hierzu: Abel, K., Zur Technik der vaginalen UterusExstirpation. Arch.
f. Gynäkologie, Bd. 46. 1894. — Olshausen, R., Die Prinzipien der vaginalen Exstir-
pation des carcinomatösen Uterus. Verhandl. des 25. Kongresses der Deutschen Ge-
sellschaft für Chirurgie. Berlin, 1896. — Jonnesco, Th., De l'hyst^rectomie totale
vaginale et abdominale. Congr^s francjais de Chirurgie. IL Session. Paris, 1897.
3) Vgl. hierzu: Nagel, W., I.e. [S. 147] (Anatomie der weibl. Geschlechtsorgeine,
S. 30) undFredet, P., Theorie et Technique des Ligatures de l'Artere uterine. Revue
de Chirurgie par Ollier, Terrier, Berger et Quenu. 18 annee, Nr. 5. 1898.
4) Martin, A., Die Colpotomia anterior. Mouatsschr. f. Geburtshülfe u. Gynäk,,
Bd. IL 1896.
5) Dührssen, A., Der vaginale Kaiserschnitt. Berlin, 1896.
Waldcycr, Das Hecken. 43
674 öperationsanatomie.
Die zu vergleichenden anatomisciien Daten und Figuren sind unter Abschnitt:
„Exstirpatio uteri vaginalis** citirt.
VI. Die Alqui6-Alexander'sche Operation bezweckt die Gerad-
richtung der Gebärmutter durch Zug an den Ligamenta teretia mit nachfolgender
Verkürzung und Fixirung derselben zur Erhaltung der Lageverbesserung. Um einen
hinreichend kräftigen Zug an den Ligamenta teretia ausüben zu können, müssen die-
selben im Leisten kanale selbst aufgesucht werden, welches durch Spaltung seiner
vorderen Wand vom subkutanen Leistenringe aus zu geschehen hat. Der Zug soll
nicht in brüsker Weise ausgeführt werden, da sonst Gefahr der Zerreissung des
Bandes besteht. Andererseits gehe man nicht zu weit gegen den subperitonäalen
Leistenring vor und hüte sich insbesondere bei Bestehen eines Nuck'schen Divertikels
vor Verletzung desselben. Vergleiche über alles Weitere Seite 489, Kapitel „Rundes
Mutterband** und die Figuren 88 d, e und f.
VII. Kastration. Zur Ausführung der Kastration wird die T r e n d e 1 e n -
burg'sche L^age (Fig. 31 Seite 74) gewählt. Sind keine besonderen Kompli-
kationen vorhanden, und handelt es sich, wie bei dieser Operation im strengen Wort-
sinne, um ein Ovarium gewöhnlicher Grösse, so genügt ein 5—6 Centimeter langer
Schnitt in der Linea alba von der Symphyse angefangen. Da keine Geschwulst vor-
liegt, ist, wie allemal in solchen Fällen, bei der Eröffnung der Bauchhöhle im letzten
Akte die grösste Vorsicht nöthig, um den Darm nicht zu verletzen. Man tastet sich
vom Uterus zum Ovarium hin und zieht dasselbe vor. Die Gefässe sind sicher zu
unterbinden. Vgl, Fig. 82 und Fig. 85.
Bei VIII. Adnex o per ationen, wird in derselben Weise verfahren; nur sind hier,
und auch bei Adhäsionen des Ovarium mitunter ganz ausserordentliche Schwierig-
keiten bei der Entfernung der Theile zu überwinden. Von äusserster Wichtigkeit
ist immer eine sichere Unterbindung der Gefässe, die am besten isolirt vorgenommen
wird, wenn es möglich ist. Man vergleiche hierzu die Figuren 82 und 85, sowie den
Text Seite 514—520.
Wie bemerkt, ist auch die Kolpotomie neuerdings für die Entfernung der Ad-
nexa uteri in Aufnahme gekommen.
Da jüngst, insbesondere in Farabeuf, Varnier u. A., die „Symphyseotomie"
wieder warme Vertheidiger gefunden hat^), so sollen hier wenigstens die Textseiten
und die Figuren aufgeführt werden, welche zu Rathe zu ziehen wären: S. 33, 229,
230, 242 und 432-43G. Figuren 59a, 64, 78—80. Vgl. Müllerheim, R., Die Sym-
physeotomie. Samml. klin. Vorträge. N. Folge, Nr. 91. 1895.
1) Vgl. Farabeuf, Dystocie du Detroit sup^rieur. Mecanisme, Diagnostic, Trai-
tement. Symphys^otomie, Paris, 1894, Masson. u. a. — Lop, P. A., La symphys^oto-
mie. Gazette des hopitaux, 1895, Nr. 47.
. Registei*.
f hinter einer Zähl bedeutet die Zugehörigkeit zum weiblichen Körper;
e verweist auf das Kapitel ^Entwicklungsgeschichte".
Abortus 616.
~ tubarer 613.
Abscessus pelvis 618.
Acanthopelis 119.
Aditus pelvis 45.
Adminiculum lineae albae
230.
Adnex a uteri 463.
Adnexoperationen 674.
Adnextumor 525.
Aeussere männliche Ge-
schlechtsorgane 231, 354,
389,
— weibliche Geschlechts-
organe 549; s. auch unter
Geschlechtsorgane.
After 261, 445 f.
Aftergrube 646, 651.
Aftemiembran 640.
Afteröffnung 637 e, 638 e.
Afterschweif band 153.
Albuginea clitoridis 565.
— penis 358.
— testis 371.
Alcock'scher Kanal 192, 216.
Allantenteron 640.
Allantois 640.
Allantoisgang 582.
Alqui^-Alexander'sche Ope-
ration 491, 674.
Amenorrhoe 578.
Amnion 579.
Amplitudo pelvis 47.
Ampulla ductus deferentis
344.
Lage 346.
— recti 547.
— tubae uterinae 502.
Amputatio penis 671.
Analdarm 652 e.
Analhaut 418.
Analhöcker 651.
Anatomia graviditatis 574,
579.
— lactationis 574.
— menstruationis 574.
— puerperii 574, 611.
Angelligamente 487.
Angiomyome 502.
Angle en dos d'ane 80.
~~ rentrant 83, 85.
Angulus clitoridis 566.
— ischiadicus 79.
— lumbosacralis 96.
— m. obturat. int. 240.
— pubis, Lage 78.
Angustia pelvis 48.
Anhänge des ßete testis
381.
Annulus femoralis 17.
— haemorrhoidalis 273.
— praeputialis 356.
— prostaticus 400.
— urethralis 400, 406.
Anorchismus 395.
Anthropoidenbecken 102.
Anus 261, 275, 445 f, 641 e.
— Anlage u. Umwandlung
in bleibende Form 616.
— infundibuliformis 285.
— Lage 279.
— pathologische Zustände
281.
— penilis 665.
Apertura pelvis inf. 48.
superior 45.
Apex ossis coccygis 27.
Aponevrose ombilico-vesi-
cale 229.
Appendices vesiculosae528,
529.
Appendix epididymidis 380.
— testis (Morgagnii) 371,
380, 381, 656 e.
Arcus suprapiriformis 243,
244, 622.
— tendineus fasciae pelvis
624.
m. levatoris ani 85,
209, 624.
Area interureterica 294.
— praeurethralis 295.
— trigonalis vaginae 539.
Arteria azygos vaginae 538.
— bulbi urethrae 213.
vestibuli 567.
A. circumflexa femoris la-
teralis 141.
med. 138.
— deferentialis 352, 377.
Anomalie 249.
Aa. dorsalis clitoridis 566.
penis 214.
Lage 355.
A. epigastrica inf. 177.
lateralis 176.
superficialis 142.
— femoralis 139, 141.
— glutaeae 141.
— glutaea inferior 161.
Varietät 169.
superior 83, 161.
Stichverletzungl70.
— haemorrhoidalis inferior
213.
med. 272,
sup. 272.
— iliaca comm., Grube an
ihr 417.
— iliolumbalis 141.
— lumbalis 140, 141.
— obturatoria 138, 139, 179.
Ramus acetabuli 40.
— ovarica 512,
— penis 200, 213.
— perinei 200, 213,
— profunda penis 214, 358.
6<6
ßegistei".
A.pudenda externa 138, 139.
interna 138, 139, 140,
141.
Anomalien 212, 215.
— sacralis lateralis 140, 141.
— scrotales posteriores 200.
— spennatica interna 377.
— testicularis 377. 378.
— umbilicalis 248.
— urethralis 214.
~ uterina 474.
— — Kreuzungsstelle mit
Ureter 474.
— . — in der Schwanger-
schaft 606.
— — Unterbindung 673.
— uteroplacentares 584.
— vesicalis inf. r)37.
— — superior 249.
Articulatio sacroiliaca 30.
133.
Articulation medio-coccy-
gienne 27, 51.
Atresia ani simplex 664.
— — urethralis 664.
uterina 664.
— — vesicalis 664.
vulvo vaginalis 664.
Atresie der Scheide 666.
Ausspritzungsgänge 343.
Austreibungsperiode 608.
Autosit 128, 662.
Axis conjugata 45.
— pelvis 54.
Balkenblase 315.
Bandeiette presciatique244.
Bänderbecken von hinten
63.
— von der Seite 67.
— von vorn 58.
Bartholin'sche Drüse 564.
— — Ausmündung 554.
Gefässe u. Nerven 564.
Entwicklung 653.
pathologische Verhält-
nisse 569.
Bas-foud der Harnblase 289.
Basis bulbi urethrae 359.
Bauchblasengenitalspalte
664.
Bauchfellfalten 644 e.
Bauchschwangerschaft, se-
kundäre 612.
Bauchstiel 581, 582.
Becken, siehe auch Bänder-
becken u. Pelvis.
Becken 1.
— abnorme 107.
allgemein gleichmäs-
sig verengtes 109.
— — coxalgisches 118.
Doppelluxations- 113.
einfach plattes 110.
Becken, abnorme, enges 109.
hohes 108.
infantilesWeiber-109.
— — kyphotisches 113.
Omega form 115.
— — osteomalacisches 114.
pseudoosteomalaci-
sches 115.
— — querankv lotisches
115.
— — querverengtes 113.
rachitisch plattes 110.
— — rachitisch-skolioti-
sches 118.
— — schrägankvlotisches
116.
_ „ schrägverengtes 116.
spondylolisthetisches
111.
— — ungleichmässigver-
engtes 110.
Trichter- 114.
— — viriles Weiber- 109.
— — weites 109.
— Altersunterschiede 14, 90.
— Altersveränderungen 96.
~ Asymmetrie 55.
— äusseres Bild 5.
— Dammansicht 10.
— Rückenansicht 7.
Seitenansicht 10.
— Untere Ansicht 10.
— __ — Vorderansicht 5.
— Begrifisbestimmung 1.
— Behaarung 143.
— Bindegewebe 618, 630.
— Charakteristik 2.
— dolichopelischos 101.
— entzündliche Zustände
132.
— Formentwicklung 93.
~ Gegenden 3.
— Grenzen 1.
— Grenzfurchen 5.
— Grenzlinien 5.
— Geschlechtsunterschiede
15, 103.
— Geschwülste 133.
— Holotopie 67, 76.
— Indices 99, 100.
— Individuelle Unterschie-
de 12, 89.
— Idiotopie 67, 77.
— knöchernes 16.
Blutgefässe 87, 88.
— — Foramina nutricia 87.
Lymphge fasse 88.
Nerven 89.
— Lagen 70—76.
— Gebärlage, deutsche 72.
— — englische 70.
~ Knieeilen bogenlage 72.
— Rückenlage 72.
— Seitenlage 70.
— Ti'cndi-lenhurg'sche
Lage 74.
Becken, Untersuchungs- ti.
Operationslagen 70.
— Liegepunkte 74.
— Mechanik 56.
— Muskelansätze u. Ur-
sprünge 76.
— Missbildungen 122.
— mesatipelisches 101.
— platvpelisches 101.
~ Parallele 48.
— patholog. Zustände 106.
— Rassenunterschiede 12,
99.
— sichtbare u. fühlbare
Theile 76.
— Skeletotopie 67.
— Statik 56.
— Symphysenspannung97.
— Symmetrie 55.
— Svntopie 67.
— f richterform 93.
— Umwandlung der kind-
lichen in die ausgebildete
Form 97.
— Vererbungsfaktor 97.
— Verknöcherungsweise90.
— Weichtheile, Lateralprä-
parat d. von aussen 162.
Beckenabscesse 618, 633.
— Ausbreitungswege 633.
Beckenaxe 52, 54.
Beckenausgang 48, 63, 81.
— Umrahmung 72.
Beckenbänder 28.
Beckenbindegewebe 618,
630.
— Verbindungen nach aus-
sen 632.
Beckenboden 242, 243.
Beckenbrüche, innere 634,
637.
Beckenebenen 44.
Beckeneingang 45.
Beckeneingangsindex 100.
Beckeneingeweide d. Man-
nes 259.
— d. Weibes 438.
— Entwicklung 637.
Beckenend lagen 603.
Beckenenge 48, 79.
Beckenfascien 618.
Beckenform, Umwandlung
97, 105.
Beckenformen, abnorme,
Diagnostik 120.
— normale 90.
Beckenfrakturen 130.
BeckengeÜechte, sympathi-
sche primäre 256.
sekundäre 256.
Becken gelenke 28.
— Lockerung i. d. Schwan-
gerschaft 607.
Beckengewölbe 57.
Beckengefässe, allgemeine
Lage 234.
Register.
677
Beckenhaut 134.
— Behaarung 143.
— Blutgefässeu.Nervenl37.
— Blutgefässe u. Nerven-
tabelle 137, 138.
— Fetllager 13.
— pathologische Zustände
146.
Beckenhöhle 78.
— grosse 79.
— kleine 79.
— seröse d. Mannes 417.
d. Weibes 573.
— Untersuchung V. Rectum
aus 450.
— Zugangspforten 81.
Beckenlinien 6, 44.
Becken luxationen 132.
Beckenmaasse 44, 54,
Beckenmessung 50—52.
Beckenneigung 44, 52.
— abnorme 108.
Beckennerven, allgemeine
Lage 234.
Beckenplexus, venöse des
Mannes 216.
— ^ des Weibes 571.
Beckenringbrüche 130.
Beckenstellung 44.
Beckenstückbrüche 131.
Beckensympathicus 256.
Beckenumfang 51.
Beckenwand, Weichgebilde
134.
Beckenweite 47.
Befruchtungsort, Befruch-
tungsstelle 522, 579.
Behaarung, abnorme 123.
Beihoden 381.
Bildungen, excessive 662.
Bildungshemmung 661.
Bilirubinkrystalle 511.
Bindegewebe, subperitonae-
ales 224.
Bindegewebslager des
Beckens 631.
Bindegewebsräume des
Beckens 223, 268, 298,
445.
Bluterguss, retroplacenta-
rer 610.
Blutgefässe der Beckenhaut
138.
Blutmole 613.
Blutungen, menstruelle,
pseudo- 576.
— in der Schwangerschaft,
Geburt, Wochenbett 617.
Blase s. auch Harnblase u.
Vesica urinaria.
Blasencentren, nervöse 305.
Blasenform 313. ■
Blasenhals 287, 289.
Blasenlage 306.
— Einfluss d. Rektum fül-
lung 308.
Blasenmole 615.
Blasenschambeinspalte 664.
Blasenstcine 326.
Blasenuntersuchung 311.
Blasenwinkel 451.
Blastoporus 637.
Bogros'scher Raum 177,632.
Bouchon cloacal 646.
Bourreletgraisseuxdu flanc
9.
Bourses sereuses professio-
nelles 137.
Branche genitale du Nerf
fessier inferieur 425.
Bride masculine du Vesti-
büle 562.
Brustdrüse, Beziehungen z.
Gebärmutter 523.
Brüste, überzählige 147.
Brutraum 579, 608.
Bubonen 180.
Bulbourethraldrüse 653 e.
Bulbus cruris penis 358.
— ovarii 512, 572.
— urethrae 354, 355, 358.
Lage 367.
— vestibuli 567.
Bursa mucosa coccygeal54
glutaeofemoralesl59.
iliaca subtendinea
174.
iliopectinea 174.
ischiadica m. glut.
max. 158.
— — m. adduct.minimil60.
— — — obturat. ext. 160.
int. 162.
— — _ pectinei 174.
— — — piriformis 160.
quadrati femoris
160.
^ recti femoris 174.
semimembranosa et
semitendinosa 160.
— — subcutanea sacralis
156.
— — — spin. iliac. ant.
sup. 137.
subcutaneae pelvis
137.
tendinis obturat. int.
160.
trochanterica 137.
— in, glut. max. 158,
159.
med. ant. et
post. 159.
— — __ — min. 160.
tuberis ischiadici 137.
Bursa inguinalis 657.
— ovarica 573.
— ovarii 520.
Calculi praeputiales 369.
Callusbecken 120.
Canalis cervicis 465, 467.
— obturatorius 35 tf., 421 f.
— n euren tericus 638.
-- renalis 643.
Carcinoma syncytiale 615.
Carina urethralis 553.
Carunculae hymenales 535,
564.
Cavum pelvis musculare
233, 436 f., 619.
osseum 233, 620.
serosum 233, 619.
l'eminae 573.
— — — maris 417.
— Retzii 226.
— scroti 386.
— uteri 465.
Central point of the Peri-
neum 190.
Centrum anospinale 275.
— genitospinale 275.
— perinealel90, 219, 431f.,
629.
Cervix uteri 463.
Bau 470.
der Schwangeren 589.
— ~ Erweiterungen U.Ver-
engerungen 497.
Chloasma uterinum 607.
Chorioepithelioma malig-
num 615, 616.
Chorioma 615, 616.
Chorion 579, 581, 582.
Chorionzotten 582.
Chylocele 677. 394.
Circulus arteriosus Hu-
guieri 475.
Cisterna chyli 251.
Clado, Ligamentum 531.
Clitoris 565.
— Missbildung 665.
Coccygodynie 156, 440.
Coeliotomia posterior 670.
— vaginalis 673.
Coelomparasit 663.
Colique spermatique 351.
Colles'scher Raum 194.
Collet du Bulbe 405.
Colliculus seminalis 337,
401, 656 e.
Collum penis 356.
— vesicae 287, 289.
Colon pelvien 261, 262.
Colpotomia 673.
Columnae rectales 265.
— rugarum ant. etpost.534.
Commissura anterior lab.
pud. 552. 558.
— posterior 558.
Commissurae labiorum 558.
Compressor glandulae bul-
bourethralis 407.
678
Register.
Compressor Glandulae vesti-
bularis 427.
— lateralis vaginae 430.
— recti 210.
— urethrae et vaginae late-
ralis 427 f.
Conjoined tendon 176.
Conjugata anatomica 47.
— diagonalis 49.
— externa 49.
— normalis 50.
— obstetricia 49, 112, 122.
— Vera 45, 46, 49.
Conus inguinalis 657.
Constrictor cunni 426.
— radicis penis 426.
Corona glandis 356.
Corpora albicantia 511.
— cavernosa penis 354, 357.
— Ursprung 91.
— fibrosa 511.
— lutea 509, 510.
Funktion 512.
vera 511.
spuria 511.
Corpus adiposum ischio-
rectale 208.
labii majoris 135. 555.
obturatorium 37, 82.
— cavernosum clitoridis
565.
glandis 360.
urethrae 354, 358.
— clitoridis 565.
— Higbmori 374.
— penis 355.
— proprium uteri 463.
— uteri 463.
— vaginae 534.
Cowper*sche Drüsen 415,
653 e.
— Ductus excretorius 412,
416.
— Gefässe 416.
— Lyniphgefässe 416.
— Nerven 416.
Cotyledonen 586.
Coxalgie 132.
Coxitis tuberculosa 118.
Crena ani 7, 15.
Crista iliaca, muskelfreier
Theil 66, 350.
— obturatoria anterior 36,
61.
posterior 86.
— urethralis 337, 402, 458.
Crura clitoridis 565, 566.
— penis 355, 358, 369, 515,
516, 642.
Crus tendineum obturat. ex-
ternum 41, 43.
internum 43.
Cumulus oophorus 509.
Curvatura praepubica ure-
thrae 398, 410.
^ öubpubica 398.
Cystadenomo d. Uterus 502.
Cysten, seröse des Samen-
stranges 658 e.
Cystocele 635.
Damm 189, 422 f.
— Aeusseres Bild. Einthei-
lung. Umgrenzung 188.
— Allgemeines 188, 422 f.
— Anlage u. Umwandlung
in bleibende Form 646.
— definitiver 651.
— Haut desselben 137.
— Präparation 190.
— primärer 651.
— Topographische Ueber-
sicht 192.
— pathologische Zustände
219.
Dammgegend 188, 422 f.
— Präparation (nach Nuss-
baum) 192.
Dammlippen 651.
Dammuskeln, Nerven der-
selben 219.
Dammrisse 570.
Dammsaum 559.
Dammschutz 70.
Dammwulst 554.
Darm, ektodermaler 652.
Darmbeincrista Lage 78.
Darmbeinschaufel 60.
— dünnste Stelle 60.
Decidua basalis 580.
— capsularis 580, 588.
— retiexa 581.
— serotina 581,
— Vera 580.
Deciduazellen 583.
— Herkunft 584,
Deciduoma malignum 615.
Decubitus 137.
Defectus recti partialis et
totalis 664.
— totalis organorum 662.
Denonvilliers'sche Fascie
626.
Descensus ovarii 523.
— • ovariorum 657 e.
— testiculorum391,657,675.
— tubae 523.
Diameter Baudelocquii 49.
Diaphragma pelvis 82, 192,
209, 480 f.
rectale 430 f.
Diomphalie 663.
Diphallus 665.
Dislocationsbecken 119.
Distantia spinarum 50.
— cristarura 50.
— sacrocotyloidea 47.
— - trochanterum 50.
Diverticulura Nuckii 493,
658,
Dolores ad partum 608.
Doppelbildungen, parasi-
täre 128.
Dotter 509.
Dotterblase 582.
Dotterblasengefässe 582.
Dottergang 582.
DougIas*scher Raum 446.
— Atrium 446.
— Fundus 446.
— Tiefstand 636.
-— vorderer 455.
Douglas'sche Räume 573.
Ductuli aberrantes epididy-
midis 382.
— efferentes testis 376, 377.
Ductulus aberrans Inf. (Hal-
leri) 388.
Lage 388.
Ductuli efferentes 376, 377.
Ductus allantoidis 582.
— deferens 165, 351, 377.
Ampullen 343.
Ductus ejaculatorii
343.
Entwicklung 656.
Gefässe 345.
— — Kreuzungen 353.
Lage 310, 333, 352, 617.
— — Missbildung 665.
Nerven 345.
Resecfcion 353.
— ejaculatorius 337.
— epididymidis 377.
— excretorius gl. bulboure-
thral. 359.
ves. seminal. 343, 344.
— epoophori longitudinalis
529, 655 e.
— MÜlleri 641.
— paraurethralis 458, 552,
560, 655 e.
— vitellointestinalis 582.
Duncan'sche Falten 611.
— Stellung d. Placenta610.
Duplicitas aequalis 662.
— completa 662.
— Inaequalis 662.
— incompleta 662.
Duralsack, Ende 24.
Durchschneidungsakt 609.
Durchtrittsschlauch 608.
Dysmenorrhoea 578.
— membranacea 578.
E.
Ectopia testis 395.
Eichel des Penis 355.
— der Klitoris 565.
Eichelhaut 356.
Ei 507, 508, 510.
— Einbettung 579, 580,
— tautomeniales 577,
EifoUikel 507, 654 e,
Eierstock 506,
Register.
679
Eierstock, Adhäsionen 524.
— Altersverschiedenheiten
520.
— Anatomische Vorbemer-
kungen 506.
" Anhänge 528.
— Arterien £12.
— Beweglichkeit 519.
— Bezieimngen zum Liga-
ment, latum 517.
— Blutungen 524.
— Descensus 658.
— Einfluss auf dieFrau 461.
— entzündliche Verände-
rungen 524.
— Ergüsse 524.
— Form 520.
— Gefässe 512.
— Hochlage 518.
— Holotopie 515.
— Lage 514.
zum Rectum 450.
— kompensatorische Hy-
pertrophie 522.
— Lymph gefässe 513.
— Maass- u. Zahlentabelle
521.
— Missbildungen 667.
— Nerven 513.
— Neubildungen 526.
— pathologische Zustände
523.
— physiologische und prak-
tisch medizinische Bemer-
kungen 521.
— Retentionscysten 525.
— Skeletotopie 516.
— Struktur 507.
— Syntopie 516.
— Tieflage 518, 545.
— Traumen 525.
— Venen 512.
— Vorderlage 519.
Eierstöcke, überzählige 527,
667.
— in der Schwangerschaft
606.
Eierstocksband, oberes 644.
Eierstocksschwangerschaft
612.
Ejakulation 373.
— Nerveneintluss 368.
Eihäute 579.
— Entwicklung 579.
— Topographie 586.
Elcphanliasis scroti 147.
Elytrocele 635.
Em inentiailiopectinea 60,62.
— retropubica 33, 63, 242.
Enddarm 637, 651 e.
Endometritis 498.
Endometrium 467.
Ensellure lombosacree phy-
siologique 14.
Epididymis 376.
Epiphysenlösungen 133,
Epiphyses marginales 92.
Epispadia clitoridis 665.
— penis 665.
Epithelhörnchen 650.
Epithelium germinativum
508.
Epoophoron 528, 655 e.
Erektion des Penis 368.
-- der Klitoris 566.
Eröffnungsperiode 608.
Erosion, physiologische 488,
537.
Eversio labiorum 537.
Excavatio parietovesicalis
299.
— pubovesicalis 299.
— rectouterina (Douglasi)
446.
Fundus 456.
— rectovesicaiis 269, 270,
418.
— vesicouterina 455, 574.
Fundus 456.
Exfoliatio mucosae uteri
menstrualis 578.
Exitus pelvis 48.
Exstirpatio uteri abdomina-
lis 673.
parasacralis et sacra-
lis 673.
— — vaginalis 673.
Exstrophia vesicae 664.
F.
Facies pelvina oss. sacri 58.
Falx inguinalis 176.
Farre'sche Linie 506, 532.
Fascia clitoridis 565.
— Cooperi 223, 385.
— cremasterica 223, 385,
657 e.
— diaphragmatica 224.
— endoabdominalis 224.
— endogastrica 224.
— iliaca 173, 224.
— iliopectinea 173.
(Fettkörper) 173.
— intercolumnaris 223.
— intraabdominalis 224.
— lata (tiefes Blatt) 173.
— pelvis 224, 618.
parietalis 234, 620,
visceralis 234, 624.
penis 354, 362.
— perinei 198, 424 f., 626.
— — Präparation 191.
— propria (Velpeau) 225.
— — m.obliqu.ext.abdom.
223.
— recti 268, 270, 448 f.
— renalis 331.
— recto vaginalis 448.
— rectovesicaiis 341, 625,
626.
— Scarpae 222,
Fascia subperitonaen los 226.
— superficialis abdominis
222.
— transversalis 222, 224,230,
384.
celluleux (Riebet) 225.
fibreux (Richet) 225.
— vesicae 226, 229, 298.
Fascien des Bauches, inter-
muskuläre 223.
— der Bauchwand im all-
gemeinen 221.
— der Beckenmuskeln 628.
— der Dammmuskeln 628.
Fettkörper im Canalis in-
guinalis 494.
— im Spatium prae- et peri-
vesicale 228.
Fettlager derBeckenhaut 1 3.
Fimbria ovarica 503, 531.
Fimbrien 503.
Fissura genitalis 665.
~ vesicalis 664.
— vesicoabdominalis 664.
Fistula urachi et vesicae 664.
Fleischmole 613.
Flexura marginalis 329.
Foetale Reste 528.
Folliculi oophori primarii
507.
vesiculosi 507, 510.
Follikel, atretische 510.
Foramen infrapiriforme 29,
69.
Durchtrittsgebildel61.
— ischiadicum majus 29.
minus 29, 63.
— obturatum 34, 82, 177.
Lage 78.
— suprapiriforme 29,69,160.
Foramina ischiadica 29.
— sacralia 65, 82.
ant. 60.
Fornix vaginae 465, 534,536.
Fossa bulbi 403, 405.
Erweiterung 414.
— frenuli 357.
— hypogastrica 240.
— iliacae 417.
— iliopectinea 173.
— ischiorectalis 193.
— navicularis 404,405,554,
558, 559.
— obturatoria 239, 437 f.
— ovalis 426 f.
— ovarica 437, 514, 518, 573.
Gebilde in derselben
516.
— para vesicalis ant.238,436.
post. 238, 437.
— praeovarica 518.
— puboprostatica 242.
— retroureteri(ia 295.
— sacroiliaca 65.
— subglenoidalis 63.
lumbosacralis 26, 58.
680
Register.
Fosse recto-pelvienne 271
Anm.
Fossette f 6m orale 83.
Fossettes lombaires laterales
8Up6rieure et inferieureS.
Fossula femoralis 83.
— lumbalislateralisinf. 419.
medialis 8.
— — — inferior 8.
— prostatica 401.
Fosöulae lumbales laterales
inf, 120, 121.
superior et inferior 8.
— nymphohymenales biyS,
— sacrales 121.
Fovea femoralis 240.
— inguinalis lateralis 240.
medialis 240.
— supravesicalis 240, 299.
— parautcrina 517.
Foveola coccygea 146.
Frenula cristae urethralis
337.
Frenulura clitoridis 552.
— glandis 650 e.
— labiorum pudendi 552,
558, 559.
— praeputii 357.
Fruchtblase 588, 609.
Fruchtwasser 583.
Frühgeburt 616.
Führungslinie 54.
Fundus excavation. recto-
vcsicalis 271.
— uteri 463.
Funiculus bifurcatus 663.
— spermaticus 382.
Fusslagen 603.
G.
Ganglion cervicis uteri 479.
— coccygeum 256.
— ovarii 513.
Gartner'sche Kanal 528, 529.
Gebiirmutter 463.
— Altersverschiedenheiten
488.
— anatomische Vorbemer-
kung 463.
— Arterien 474.
— Befestigungen 486.
— Beweglichkeit 486, 487.
— Beziehungen zumBauch-
felle 471.
zur Brustdrüse 523.
— Form und Theiie 463.
— Gefässe 472.
— Idiotopie 481, 486.
— Lage 480.
— — normale 481.
typische 481, 482.
— Antepositionen 481.
— Depressionen 481.
— Deviationen 482.
— Elevationen 481.
Gebärmutter, Flexio 481.
— Lateropositionen 481.
— - lletropositionen 481.
— Torsio 481, 484.
-- Versio 481.
— Lymphgefässe 477.
— Maasstabellc 496.
— Muskelfasern, gestreifte
467.
— Nerven 479.
— Neubildungen 499.
— pathologische Zustände
497.
— physiologische u. prak-
tisch medizin. Bemerkun-
gen 521.
— Skeletotopie 484.
— Struktur 467.
— Syntopie 485.
— Venen 476.
Gebärmutter, schwangere
Artericm 588.
Bau 588.
Form 598.
— — Form, Grösse, Lage
in d. einzelnen Monaten
592.
— — Lymphgefässe 589.
— — Maasstabelle 617.
Nerven 589.
— — Syntopie 596.
Gebärmutterfisteln 499.
Gebärmutterhals 463.
Gebärmutterkörper 463.
Geburtskanal 58.
Geburts Vorgang, Anatomie
des 608.
Gekröse 644 e.
gelbe Körper 510.
Genitalkanal 655.
Genitaln er v enk ör perchen
366.
Genitalstrang 656.
Genitofemoralfurche 5.
Geradlagen 601.
Gesamthoden 371.
— Lage 391.
Gesässfurche 2.
Gesässgegend 157, 421 f.
— Allgemeines u. Zugehö-
rigkeit 157.
— Aeusseres Bild und Ab-
grenzung 157.
— Pathologische Verhält-
nisse 167.
— Topographische Ueber-
sicht 158.
Geschlechtsdrüsen 638.
Geschlechtsfalten 646, 650.
Geschlechtshöcker 645.
Geschlechtsorgane, äussere
weibliche 549.
— Altersverschiedenheiten
568.
— Einleitende Bemerkun-
gen 549.
Geschlechtsorgane, ä. w.,
einzelne Theiie 549.
— Entwicklung 650.
— Grenze zwischen
Schleimhaut u. Haut 135,
136, 549.
— Holotopie 551.
— Idiotopie 551.
— Lage, verborgene 10.
-— Missbildungen 667.
— Nomenklatur 549.
— Pathologische Zustände
568.
— in der Schwangerschaft
607.
~ Skeletotopie 554.
— Anlage und Umwand-
lung in bleibende Form
646.
— Entwicklung 638.
— des Mannes 335.
— des Weibes 461.
Geschlechtsprodukte, Lei-
tungswege der 638.
Geschlechtsthätige Zustän-
de des Weibes 574.
Geschlechtswülste 646.
Gesichtslagen 602.
Girald^s Organ 381, 656 e.
Glabella coccygea 146.
Glandula bulbourethralis
202, 203, 367, 415.
— Cowperi 415.
— vestibularis major (Bar-
tholini) 564, 653 e.
Glandulae circumanalesl35,
267.
— periurethrales 561.
— praeputiales 135, 361.
— vestibuläres minores 560.
Glans clitoridis 552, 565,
650 e.
— penis 354, 355, 359, 650 e.
Glomera venosa haemor-
rhoidalia 273.
Glomus coccvgeum 154,419.
Glutäalfalte 136.
Glutäalfurche, laterale 9.
Glutaeustasche 160.
Gouttifere sacr^e 65.
Geschwulstbecken 120.
Graafsche Follikel 507, 509.
Graviditas intramuralis
612.
-— interstitialis 612.
— tubaria 612.
Graviditätsanatomie 579.
Greisenbecken 96.
Greisenblase 315.
Gubernaculum testis (Hun-
teri) 658 e, 371.
Gu^rin'sche Falte 404.
Guthrie'scher Muskel 205.
Register.
681
Habenulae urethrales 560.
562.
Haftwurzeln 583.
Haftzotten 583.
Haematocele 393, 613.
Hämatoidinkrystalle (Vir-
chow) 511.
Hämatom, intraligamentä-
res 613.
— subepitheliales 576.
Haemorrhoiden 283.
Hauptebene 49.
Hauptspindel (Ureter) 328,
612.
Hautgrübchen 136.
Haut zuSehleimhaut-Ueber-
gäiige 135.
Harnblase des Foetus 314.
— Entwicklung 641, 652.
— d. Kinder 308. 314.
— weiblicher Kinder 455.
Harnblase des Mannes 287.
— Altersunterschiede 313.
— Arterion 302.
— Basfond 289.
— Basis 289.
— Bau 296.
~ Befestigung 301.
— Beziehung zum Bauch-
felle 298.
z. N. pudendus z. 319.
— Blutungen 323.
— Centren 319, 320.
— falsclie 325.
~ Fascien 298.
— Form u. Theile 287.
— Fundus 347.
— Hirncentren 320.
— Innere Wand 291.
— Kapacität 290.
— Lymphgefässe 303.
— MaasstabeJle 316.
— Nerven 304.
— Nervenbahn, obere sym-
path. 318.
untere spinal. 318.
— Neurosen 323.
— operative Zugänge 311,
— Pathologische Verhält-
nisse 322.
— Physiologische Bemer-
kungen 318.
— Richtung 297.
— Rückenmarkscentren
319.
— Schleimhautresorption
323.
— Rücklauf V. Harnröhren-
inhalt 322.
— — V. Blaseninhalt in d.
Ureteren 322.
— Schüsaelform 289.
— Venen 303.
— Verletzungen 324.
Harnblase des Mannes, Ver-
schluss 320,
Harnblase des Weibes 451.
— Blutgefässe 457.
— Form 451.
— Kapacität 452.
— Lagebeziehungen 452.
— Muskulatur 458.
— Verhalten z. Bauchfelle
455.
Harnblasenrupturen 324.
Harnblasentonus 320.
Harndrang 320.
Harnentleerung 320.
— Störungen 323.
Harnleiter des Mannes 328.
— des Weibes 543.
— besondere Verhältnisse
547.
— Maasstabelle 548.
Harnleiterwülste 312.
Harnorganc des Mannes 286,
— des Weibes 451.
— Anlage u. Umwandlung
in bleibende Form 646.
— Missbildungen 664.
Harnröhre, männliche 397.
~ Abschnitte 398.
— Altersverschiedenheiten
413.
— Drüsen 458.
— enge Stellen (Anm.) 413.
— Entzündliche Verände-
rungen 415.
— feinerer Bau 408.
— Form, Lauf, Kaliber 397,
404.
— Fremdkörper 415.
— Gefässe 409.
— Lagebeziehungen 410.
— Lymphgefässe 409.
-- Maasstabelle 412.
— Muskulatur 405.
— Nerven 409.
— Pathologische Zustände
414.
— weite Stellen 413. (Anm.)
Harnröhre, weibliche 457.
— Bau 458.
— Form, Dimensionen 457.
— Gefässe 460.
— Nerven 460.
— pathologische Zustände
460.
— Physiologische Verhält-
nisse 460.
— Theile 457.
— Verlauf u. Lage 459.
Harnröhre. Entwicklung
641, 652 f.
— pars glandularis et ca-
vernosa 652 e.
— pars trigonalis et pro-
statica 652 e.
— primitive 652, 653.
— Missbildung 665.
Harnröhrenmündung,
Form, Rassenunterschiede
560 f.
Harnröhrenschleimhaut,
Nerven 365.
Harnröhrenzwiebel 354.
Hedrocele 635 Anm.
Hemisphaeria bulbi 359.
Hemmungsbildung 661.
Henle'sches Band 175, 176.
Hernia canalis inguinalis
242 Anm.
— directa inguinalis 242
Anm.
— endopelvinae 634. 637.
— femoralis pectinea 187.
— infrapiriformis 168.
— intraabdominales 637.
— ischiadicae 167, 421.
Bruchhülle 622.
— labiales 568.
anteriores G36 Anm.
posteriores 636 Anm.
— obturatoria 182 ff.
Bruch hülle 622.
— perinealis 634.
Hüllen 636.
— — incompletae 637.
laterales 635.
mediales 635.
— perinealis 187.
— spinotuberosa 168.
— suprapiriformis 168.
— - supravesicales 242 Anm.
Hermaphroditismus 667.
— verus 667.
Hesselbach'sches Band 176.
Hiatus lumbosacralis 26.
Hilus ligamenti lati 531,532.
— lumbosacralis 63.
— ovarii 512.
— testis 371.
Hoden 370, 371.
— Altersverschiedenheiten
392.
— Entwicklung 655.
— Entzündungen 395.
— Gefässe 377.
— Grösse, Gewicht 372.
— Hüllen 382.
— kompensatorische Hy-
pertrophie 397.
— Lymphgefässe 378.
— Missbildung 66^.
— Nerven 380.
— Neubildungen 396.
— Parenchym 375.
— Konsistenz 372.
-— pathologische Zustände
392.
— Serosa 388.
— Struktur 374.
— Venen, Klappen 378.
Hodenanhänge 380, 381.
Hodenapparat, Lageverän-
derungen 395.
682
Register.
Hodenband, oberes 644 e.
Hodenbläschen, seröse 382.
Hodenhtillen 386.
— Gefässe 390.
— Nerven 391.
Hodenhydatide 381.
Hodensack 382, 386, 389.
— Gefässe u. Nerven 390.
— Hauttheil 650 e.
— Lao^e 232.
— Operationen 672.
Holotopie 67 (Anm.).
Houston'sche Muskel-
schlinge 202, 486.
Hüftbein 16.
— Verknöcherungscentren
16.
Hüftfurche 7, 10, 68.
Hüftgegend 157, 421 f.
— Pathologische Verhält-
nisse 167.
— s. Regio coxae.
Hüftgelenk, Drehpunkt 20.
— Nerven 133.
— Pfanne 60.
Hüftpunkt (höchster Punkt
des Darmbeinkammes 10,
17.
Hohlmuskel (Uterus) 608.
Hydatiden, Morgagni'sche
528.
Hydrocele 393.
— muliebris 493.
Hygrome 167.
~ reg. ing. 182.
Hymen 562.
— annularis 562.
— bilobatus 562.
— biperforatus 562.
— carnoaus 563.
— cribriformis 562.
— defloratus 562.
— Entwicklung 654 e.
— femininus 534, 562.
— timbriatus 563.
— imperforatus 562, 563.
666.
— justo minor 563.
— microperforatus 562.
~ Verdoppelung G6S.
Hypogastriumfurche 5.
Hypogastriumlinie 5.
Hypospadia 665.
I.
Idiotopie 67 (Anm.).
ileothoracopagus 664.
IliosacralgelenkspHlt 95.
Imlach'scher Fettpfropf 414.
Impressio uterina 451.
Incisura iliaca major 60.
— — minor 60.
— ischiadica major 67.
minor 67.
— sacralis 24, 102.
Incisura trigoni vesicae 294.
Inclinaison pubienne 96.
Inclinatio pelvis 52.
Inferior pudendal nerve 425.
Infundibulum tubae 502.
Inguinaldreieck 7.
Inguinalfurche 5.
Insertio centralis funic. umb.
591.
— furcata funic. umb. 591.
— lateralis funic. umb. 591.
— marginalis funic. umb.
591.
— velamentosa fun. umb.
591.
Interfemineum 10.
Interforamineum 189.
Interstitielle Hodenzellen
376.
Intervillöse Räume 580.
Herkunft 584.
Inversio testis 395.
Involucra testis 382.
Ischiopubicum 60.
Ischiopagus 664.
Ischuria paradoxa 323.
Isthmus coxae 17, 66.
— tubae uterinae 502.
— uteri 463.
K.
Kaiserschnitt, vaginaler 673.
Kapillarsinus 580.
Kastration des Mannes 672.
— des Weibes 674.
Katameniae 574.
Katheterismus d. Mannes
671.
— d. Weibes 672.
Keimbläschen 509.
Keimdrüse 644.
Keimdrüse, männliche 655.
Keimdrüse, weibliche 654.
Keimepithel 508, 644 e.
Keimfleck 510.
Kindeslagen 600.
— eutopische 601.
— dystopische 601.
— Idiotopie des Fötus 605.
Klimakterium 575.
Klimax 575.
Klitoris 565.
— Gefässe u. Nerven 566.
— Lageverhältnisse 565.
— Maassverhältnisse 565.
Klitoriswulst 552.
Kitzler 565.
Kloake 637, 640.
— ektodermale 651.
Kloakenhöhle 645 Anm.
Kloakenmembran 640, 650.
Kloakenplatte 646.
— Durchbruch 650.
Knickpunkt des Os sacrura
78.
Kohlrausch'sche Falte 265,
446 f., 450.
Kolpocele 635.
Kolpotomie 673.
Kontraktionsring 609.
Kopflagen 601.
Kothabscosse 281.
Kreuzbein 21.
— Asymmetrie 26.
— dolichohierisches 27.
— Länge 52.
— pars pelvina 154.
— — perinealis 154.
— platyhierisches 27.
— Spaitbildungen 123.
— subplatyhierisches 27.
— vordere Fläche 155.
Kreuzbeinbuckel 65.
Kreuzbeindreieck 7, 9.
Kreuzbeingegend des
Mannes 148.
— Fascienschicht 151.
— Grenzen und Form 148.
— Hautschicht 151.
— - Muskelschicht 151.
— Pathologische Zustände
156.
— Präparat 150.
— Schichtenfolge 148.
—- Untersuchung 150.
Kreuzbeingegend d. Weibes
418.
Kreuzbeinkanal, Inhalt 149.
Kreuzbeinknickung 23,
Kreuzbeinkrümmung 23,
101.
Kreuzdarmbeingrube 65.
Kreuzraute 7, 8, 120.
Kreuzspitzflügel 25.
Kreuz Wirbel, Zahl 26.
Kryptorchismus 395.
Kystoskopie.
Labia majora pudendi 555.
— minora pudendi 552,
650 e.
— Hervorragen der-
selben 549.
Labium anterius uteri 465.
— posterius uteri 465.
Lacuna musculorum 81.
— vasorum fem. 81, 421 f.
Lacunae urethrales 404,408,
458 f.
Lamina aponcurotica tri-
goni urogenitalis 203.
— fibrocartilaginea inter-
pubica 33.
Langhans'sche Zellschicht
584.
Leiomyome 501.
Leistenbeuge 5.
Leißtßnfurche 5.
Register.
683
Leistengegend d. Mannes
170.
— Abgrenzung, äusseres
Bild 170.
— Hautgebiet 171.
— pathologische Zustände
180.
— Schichtenfolge 171.
— Tiefere Schichten 171.
~ Topographische Ueber-
sicht 171.
— Zugehörigkeit. Allge-
meines 170.
Leistengegend d. Weibes
421.
Leistenhoden 396.
Leistenkanal 421 f, 493.
Leistenring 421 f.
Lendenraute 7, 121.
Ligamenta 644 e.
— cardinalia 487.
— ischiocutanea 136.
— penis 362.
— puboprostatica 301.
— rectouterina 446.
— umbilicalia 302.
— uterolumbalia 531.
— uterosacra 495.
Ligamentum anococcy-
geum 152, 154, 155.
— arcuatum pubis 33, 435,
566 f.
— caudale 151.
— Collesi 421 f.
— fundiforme clitoridis565.
penis 362.
— epididymidis sup. et inf.
371.
— genitoinguinale 645, 657.
~ Gimbernati 81.
— Günzii 38.
— iliolumbale 28.
— ilioovarium 531.
— infundibulopelvicum
516.
~ inguinale (Pouparti) 5,
44, 645 e.
reflexum 421 f.
— intercrurale 407, 426 f.
— interfoveolare 175, 176.
— lacunare (Gimbernati)
44. 81.
— latum 530, 533, 661 e.
Abscesse 634.
— medianum glandis 360.
— ovarii proprium 506.645e.
— post. canalis obturatorii
41.
— Pouparti 5.
— pubicum Cooperi 44, 81.
sup. 33.
— praeurethrale 192, 204,
205, 403, 435, 566 f.
— sacrococcygeum ant. 21 0.
— sacroiliacum 28.
iüterosseum 26,
Ligamentum sacrospinosum
29, 62, 69, 95.
— sacrotuberosum 29, 62,
69, 95.
Kreuzbeinflügel 30.
Sitzbeinflügel 30.
— scrotale Testis 371, 388,
658 e.
— Suspensorium clitoridis
565.
ovarii 437, 516, 532.
penis 358, 362.
— teres uteri 489, 517, 658 e.
— testis 645 e.
— transversum colli ut 487.
pelvis 192, 204.
— umbilicale laterale 248.
medium 327.
Linea anorectalis 267.
— Douglas! 226.
— iliotrochanterica (Fara-
beuf) 161.
— interischiadica 190.
— muscularis recti 7.
— semicircularis 226.
— septi perinei 189.
— terminalis 61.
Liparocele 394.
Liquor amnii 583.
— folliculi 507.
Lissosphincterurethrae 405,
459 f.
Lithokelyphopädion 614.
Lithokelyphos 614.
Lithopaedion 613. 614.
Littre^sche Drüsen 408.
Lobuli epididymidis 377.
— hymenales 563.
— testis 375.
Lochien 611.
Loge perirectale 269.
— praerectale 269.
— retrorectale 269.
Long pudendal nerve 425
Anm.
Luette vesicale 295.
Luftfigur 9, 54.
Lumbaltrichosis 123.
Lutein 510.
Luteinzellen 609, 510.
Luxatio testis 396.
Lymphatische Wege des
Beckens 633.
Lymphdrüse, uterovaginale
479.
Lymphdrüsen des Beckens
251.
— am Foramen infrapiri-
forme 162.
Lymphektasien d. Regio
ing. 181.
Lymphgeftlsse des Beckens
251.
— d. Beckenhaut 143.
— d. inneren Beckenwand
250,
Lymphgefässe d. Bartholin'-
schen Drüse 564.
— d. Cowper^schen Drüsen
416.
— d. Eierstockes 513.
— d. Harnblase 303.
— d. Harnleiter 330.
— d. Harnröhre 409, 460 f.
— d. Hoden 378.
— d. Gebärmutter 477.
— d. schwangeren Gebär-
mutter 589.
— d. Klitoris 566.
— d. Mastdarmes 274.
— d. runden Mutterbandes
495.
— d. Muttertrompete 505.
— d. Prostata 339.
— d. Penis 364.
— d. Samenblasen 352.
— d. Schamberges 557.
— d. grossen Schamlippen
556.
— d. kleinen Schamlippen
558.
— d. Scheide 538.
— d. Skrotalhaut 391.
— d. Ureter 330.
Lymphoglandulae anorec-
tales 274.
— circumflexae ilium 175.
— epigastricae inferiores
174, 175.
— glutaeae superiores 160.
— haemorrhoidales sup.
274.
— hypogastricac 247, 251.
— iliacae 251.
externae 174, 175.
— inguinales 174, 175.
superficiales 143.
— lumbales 251.
™ sacrales 251.
— subinguinales 174, 175.
— uterovaginalis 479.
— vesicales laterales 304.
M.
Macula germinativa 510.
Maissiat'scher Streifen 83.
Mannweiber 521.
Männliches Glied 354.
Margo Über ovarii 506.
— mesovaricus 506.
Massa intermedia der Nabel-
schnur 582,
Mastdarm s. a. Rectum.
Mastdarm 261, 445 f.
-- Operationen am 670.
Mastdarmbruch 635 Anm.
Mastdarmdeckel 24.
Mechanik des Bänderbek-
kens 55.
Mechanismus partus 610.
Mediastinum testis 374,
681
Eegister.
Mehrfachbildungen 662.
Membrana intercruralis 407.
— intermedia 583.
— obturatoria 34, 37.
— — ext. 43.
Menstruatio alba 578.
— nimia 578.
— occulta 578.
— praecox 578.
— profusa 578.
— tarda 578.
Menstruation 574.
— Bedeutung 577.
— vikariirende 578.
Menstruationsanatomie 574.
Menstruelle Zeit 575.
Meplat du Psoas iliacque 77.
~ sus-inguinal 7.
Mesangia umbilicalia 327.
Mesenterien 644 e.
Mesodesma Suspensorium
530.
— teres 490, 530.
Mesoepididymium 387.
Mesometrium 531.
Mesonephridium 644.
Mesonephros 641.
Mesorchiagogos 660.
Mesorchium 644, 660.
Mesorectum 262.
Mesovarium 506, 530, 532,
644 e.
Mesosalpinx 531.
Mesurachium 327.
Metanephros 644.
Mikrophallie 665.
Missbildungen 661.
— der einzelnen Organe des
Beckens 664.
Mittelfleischbrüche 634.
Mittelplatten 641.
Mola hydatidosa 615.
Molimina menstrualia 578.
Monokryptorchismus 395.
Monomphalie 663.
Monorchismus 395.
Monro'sche Linie 176.
Mons pubis 5, 555, 556.
Behaarung 143.
Morgagni'sche Lakunen404.
Mucosa elasticaurethrae408.
Musculus (seil. Musculi) ab-
ductor coccygis SQ^ 152.
— adductores 84.
— bulbocavernosus201,406,
425 f.
Fascie 628.
— coccygeus 30, 85, 95, 211,
430 f.
— compressor bulbi 426.
— constrictor radicis clito-
ridis 426.
vestibuli 428.
— cremaster externus 385,
491.
internus 389.
Musculus (seil. Musculi)
cremaster medius 385, 389.
— extensores coccygis 86,
151.
— glutaei 83, 158.
— iliacus 84, 85.
— iliococcvgeus 209, 210,
430.
— ischiocavernosus 202,
426 f.
Fascie 628.
— ischiococcvgeus (Henle)
430.
(Holl) 430.
— iöchiopubicus 407, 428 f.
— levator ani 209, 430 f.
— — — pars urethralis 408.
topograph. Bedeu-
tung 620.
— ~ — Verhältniss z. Rec-
tum 267.
— — prostatae 408.
— obturatores 41.
— — obturator ext. (Sehne)
162.
internus 85, 240.
Fascie 628.
Winkel des 240.
— piriformis 69, 85.
Fascie 628.
— psoas minor 84.
— — — Ansatz 173.
— pubococcygeus 155,210.
430.
— puborectalis 408, 430.
— pubovesicales 301.
— prostaticus 406.
— recti 422, 513.
— recticoccygei 153, 155.
— rectourethralis 268.
— rectouterini 495.
— rectovesicales 301.
— rectus abd., Ansatz 34.
femoris 84.
— sacrococcygeus anterior
85.
— — posteriores 86.
— sphincter ani externus
208, 429 f.
Fascie 628.
cloacae 207.
— transversus perinei 85,
201.
med. 201.
superf. 201, 425 f.
prof. 205, 428 f.
Fascie 628.
— trigoni urogenitalis 205,
211, 427 f.
Fascie 628.
— urethralis 428.
— urethro vaginalis 428.
— vesicouterini 496.
Muskelhernien d. Reg. ing.
182.
Muskeln am Becken 83.
Müller'scher Hügel 643, 654.
Müller'scher Gang 641,642,
654.
— — doppelter 642.
beim Manne 656.
Trichtertheil 656.
Mündungssaum des Ureter
293.
Mutterband, breites 530.
— rundes 489.
Bau 494.
Festigkeit 495.
— — Lymphgefässe 495.
— — Nerven u.Gefässe 495.
— — in der SehAvanger-
schaft 606.
Mutterkuchen 580.
— hufeisenförmiger 585.
Muttermundslippen 465,536.
Muttertrompete 502.
— Altersverschiedenheiten
520.
— Bau 503.
— besondere Verhältnisse
504.
— Gefässe 504.
— Lage 505, 514.
— Lymphgefässe 505.
— Maasstabelle 505.
— Nerven 505.
— pathologische Zustände
b'>S.
— physiologische und prak-
tisch medizinische Bemer-
kungen 521.
— in der Schwangerschaft
606.
— Topographie 517.
— Venen 5ü4.
Myometrium 467.
Myometritis 498.
N.
Nabelblase 582.
Nabelschnur 582.
— Ansatz 591.
— Festigkeit 590.
— Form, Grösse, Lage 589.
— Kaliber 590.
— Kompression 604.
— Torsionen 592.
— Vorfall 605.
Nabelschnur bruch 665.
Nabelschnurknoten, falsche
589.
— echte 589.
Nachgeburt 610.
Nachgeburtsperiode 608,
610.
Nates 9, 293.
Natesfortsatz 11, 14.
Nebeneierstock 520, 655 e.
Nebenfalten der Nymphen
667.
Nebenhoden 371, 376.
tlegistel*.
68&
Nebenhoden, Bau 377.
— Entwicklung 656 e.
— feinerer Bau 377.
— sekretorische Funktion
377.
Nebenhodenanhang 381.
Nebennieren, Hyperplasie
662.
Nebennierenanhänge am
Hoden 382.
Nebennierengewebe am
Eierstocke 527.
Nebenplacenten 586.
Nebentuben 528, 529.
Nerven der Beckenhaut 138.
Nervi (seil. Nervus) ano-
coccygei 255.
— cavernosi penis majori»
258.
minores 258.
— — clitoridis majores 258.
— minores 258.
— coccvgei (rami dorsales)
140.
— clunium inferiores 141,
425 f.
— — medii 141.
superiores 141.
— cutaneusfemoriscircum-
flexus 425.
lateralis 82, 141.
— posterior 140, 161,
218.
perinei 425.
— dorsalis penis 218, 365.
(Lage) 204, 355.
clitoridis 218.
— egredien tes sy mpath .257.
— erigens 258, 304, 365, 368.
-- fessier inferieur 425.
— glutaei 161, 254.
— haemorrhoidalesinf.218,
425 f.
med. 257.
sup. 257.
— iliohypogastricus 138,
139, 141.
— ilioinguinalis 138, 139,
141.
— ingredientes sympath.
257.
— intercostalis XIl 140.
— ischiadicus 161, 254.
— labiales posteriores 425.
— lumbales (rami dorsales)
140.
— lumboinguinalesl41,391.
Lage 246.
— obturatorius 178, 179.
— perinei 139, 200, 218.
— perineus longus 200, 218,
425 ff.
— petit sciatique 161.
— perforans ligamenti sa-
crotuberosi 218.
— profundus penis 358.
Nervus (seil. Nervi) puden-
dus 138, 139, 140, 218.
Lage 162, 165.
— pudendus longus inf.
425 Anm.
— rotatorum femoris 254.
— sacrales. Rami dorsales
140.
~ scrotales inf. 425.
— scrotales posteriores
199.
— sacrales (rami dorsales)
140.
— splanchnicus pelvinus
304.
— spermaticus ext. 138,139,
391.
Lage 246. 491.
— vesicales 305.
Nephrostoma 641.
Nephrotomen 641.
Neurosen 133.
Niere, bleibende 643 e.
Nierenkanal 643, 653.
Normalconjugata 50.
Nymphen 557 Anm.
— vermehrte Zahl 667.
— sekundäre 558.
0.
Oedema scroti 393.
Onkopelis 120.
Oophorocele 523.
Operationen, gleiche bei
beiden Geschlechtern 669.
— beim Manne 70.
— beim Weibe 672.
Operationsanatomie 668.
Orificium extern um uteri.
Gestalt 536.
— internum uteri 467, 470.
— praeputii 356.
-— urethracexternum552f.,
560.
internum 452 f., 459 f.
— vaginae 534, 552.
Os acetabuli 17, 92.
— coccygis 27.
— cotyloideum 17.
— coxae 16.
— ilium 17, 60.
— ischii 17.
— pubis 17.
— quartum 17.
— sacrum 21.
Pars pelvina 94.
Pars perinealis 94.
Ossifikationspunkted. Hüft-
beines 91.
— d. Kreuzbeines 92.
— d. Steissbeines 92.
Ostium abdominale tubae
502.
— uteri num tubae 502.
Ovarium 506.
Ovula 508.
— Nabothi 499.
Ovulation 509, 510.
Panizza'scher Plexus 364.
Papilla urethralis 560.
Paradidvmis 381,388, 656e.
— Lage 388.
Parametritis 498.
Parametrium 467, 472.
Parangium hypogastricum
631.
— iliacum ext. 632.
— spermaticum 632.
Paraphimosis 369.
Parasalpinges 528.
Parasit 128, 662.
Paroophoron 381, 528, 529,
655 e.
Parovarium 528.
Pars interampuliaris vesi-
cae 299.
— intermedia port. vagin.
465.
— praeureterica vesicae
294.
— retroureterica v. 294.
— subcutanea pelvis 620.
— suprapubica oss. pubis
61.
Pecteu ossis pubis 60, 61.
Pedicule hypogastrique 632.
Peliocoeloma 233.
Pelvis (seil. Pelves) aequa-
biliter angusta 109.
— alta 108.
— ampla 109.
~- angusta 109.
— callo de form ata 120.
— coxalgica 118.
— cum ankylosi transverse
coarctata 115.
— cum ankylosi oblique
coarctata 116.
— cyphotica 113.
— dislocatione deformata
119.
~ fixa 119.
— inaequabiliter angusta
110.
— infundibuliformis 114.
— infantilis 109.
— luxatione bilaterali de-
formata 113.
— nana 109.
— obtectae 113.
— osteomalactica 114.
— plana rachitica 110.
Simplex 110, 394.
— rachiticoscoliotica 118.
-- pseudosteomalacticall5.
— spondylolisthetica 111.
— viraginalis 109.
Penis 638.
686
Register.
Penis, Arterien 363.
— Blutungen 369.
— Corpus 355.
— Dammtheil 355.
— entzündliche Verände-
rungen 370.
— Erektion 357.
— Forinbestandtheile u.
Gestalt 355.
— Gefässe 363.
— Haut 356, 361.
— Hüllen 360.
— Knickungswinkol 232.
— Lage 231, 366.
— Luxatio 369.
— Lymphge fasse 364.
— Maassta belle 367.
— Missbildungen 665.
— Muskelhaut 361.
— Nerven 365.
— Nervenendigungen 305.
— Neubildungen 370.
— Pars fixa 355.
— — libera 355.
— — mobilis 355.
— — occulta 355.
pendula 355.
— — perinealis 355,
— physiologische u. patho-
logische Verhältnisse 367.
— Radix 355.
— Sulcus dorsalis 355.
— Schaft 355.
— Schindung 369.
— totaler Defekt 665.
— sympathische Nerven
365.
— Unterhautgewebe 361.
— Verletzungen 369.
— Wurzel 355.
Penisabschnitte 232.
Perimetritis 498.
Perimetrium 467.
Perineum 189, 422 f.
Periode, pro-, kata-, mcta-
meniale 575.
Periproktitis 281.
Peritonäum, Verwachsung
mit Symphyse 300.
Pfannenknochen 17.
Pflüger'sche Schläuche
654 e.
Phimosis 369.
Phlebektasien der Regio
ing. 181.
Phlegmasia alba dolens 498.
Pigmentfieck 146.
Placenta 580, 584.
— anatomische Vorbemer-
kungen 584.
— Entwicklung 579.
— Flächen 586.
— Form 584.
— annularis 585.
— arcuata 585.
— bipartita 585.
Placenta duplex 585.
— fenestrata 585.
— marginata 585.
— membranacea 585.
— multilolubaris 585.
— ovalis 585.
~ panduraeformis 584.
— reniformis 585.
— tripartita 585.
~ foetalis 580.
— Grösse 586.
— lakunare Schicht 610.
— praevia 614.
— Sitz 586.
— Topographie 584.
— uterina 580.
Placentae succenturiatae
586.
Placentalösungen 612.
Placentarpolypen, destrui-
rende 616.
Placentarzotten 582.
Planum infraspinosum 79.
— paratrigonale 295.
— supraspinosum 79.
Plasmodium 584.
Plexus arteriae aorticae 513.
ovaricae 258.
— cavernosus 258.
clitoridis 258.
— coccygeus 255.
~ deferentiali8 257,352,380.
— gangliosus vesicalis 304.
— haemorrhoidalissup.257.
med. 257.
— iliacus ext. 251.
— intermedius 566.
— lumbalis 143, 252.
— lymphaticus hypogastri-
cus 261.
— nervosi sympathici 257.
— pampiniformis 217, 223,
250, 378, 512 f., 572 f.
— prostaticus 257.
— pudendalis 216, 454, 571.
— pudendolabialis 572.
— pudendus 252, 255.
— sacralis 143, 217,252, 272,
572.
anterior 155, 217, 236,
572 f.
medius 251.
— seminalis 257.
(Testut) 165 Anm.
— spermaticus 258.
— symp. interiliacus 257.
— — spermaticus 380.
— uterovaginalis 258, 476,
572.
— vesicalis 258.
— venosi pelvis 571.
— venosushaemorrhoidalis
140, 217, 272, 572 f.
ext. 273.
int. 273.
— vesicoprostaticus 216.
Plexus vesicovaginalis 454,
476, 572.
— venosi, Bedeutung 572.
PH de Venus 1, 5.
Plicae 644 e.
~ Douglas! 531. ,
— genitales 646.
— rectovesicales 271.
— rectouterinae 442.
— umbiiicales 299.
— uretericae 292.
— uterolumbales 531.
Piica amnii posterior 581.
— genitoenterica 530.
— inguinomesonephrica
644, 645.
~ ovarii superior et infe-
rior 645 e.
superior 661.
— palmata 470.
— phrenicomesonephrica
644. 661 e.
— rectouterina 446.
— semilunaris fasciae
transversae 493 f.
— testis superior et inferior
645 e.
— transversalis recti 265.
— vesicalis transversa 301,
436, 455.
Point ouracal 291.
Pole vesical 291.
Portio vaginalis 465,534, 536.
— Allgemeines. Form u.
Theile 534.
— Bau 537.
— Lippen 536.
Portiopolster 536.
Positionswechsel 600.
Präganglionäre Nerven-
fasern 409.
Praeputiairing 356.
Praeputium clitoridis 552,
650 c.
— penis 356, 650 e.
Primärfollikel 507.
Primitivrinne 637.
Processus falciformis lig.
sacrotuberosi 30.
— vaginalis peritonaei 386,
493 f., 658 e.
Proktocele 635.
Proktodaeum 652.
Prolapsus recti 283.
— testis 396.
Promontorium 25.
— doppeltes, wahres 94.
— Lage 77.
— Stand 90.
— Pronephros 641.
Prostata 335.
— Altersunterschiede 342.
— Altersveränderungen
414.
— Beziehung zum Rectum
340.
iJesrister.
687
t^rostata, Centralkern 337.
— dritter Lappen 315.
— Drüsen 337.
— Gefässe 338.
— Kapsel 341.
— Lage 339, 411.
— Lappen, rechter, linker
336.
— lobus tertius 336.
— Maasstabelle 342.
— Missbildungen 665.
— Muskeln 337.
— Nerven 339.
— physiologische u. patho-
logische Verhältnisse 342,
— Zugänge 341.
Prostatakörper 342.
Pseudohermaphroditismus
667.
— femin inus 667.
— masculinus 667.
Punctio vesicae 670.
Punctum coxale 17, 351.
— ischiadicum 17.
Pudendum muliebre 551.
Puerperium, Anatomie 611.
Pygopagen 663.
Pyocele 393.
R.
Kami perineales 425 Anm.
— perineali 425 Anm.
— perinei 425 Anm.
— vesicales art. uter. 475.
Ramo genito-crurale 425
Anm.
Ramus cervicovaginalis art.
uter. 474.
— genitalis n. cut. fem.
postic. 425 Anm.
— ovaricus art. uter. 512.
— ovarii art. uter. 474.
— perinei n. cut. fem. post.
217.
— scrotalis n. cut. fem. post.
425 Anm.
— tubarius a. ovaricae 504.
uterinae 474.
— ureteris a. uterinae 475.
Rankengeflecht 378.
Rankenplexus 250.
Randvene 584.
Raphe ano-bulbosa 202.
— penis 190.
— perinei 15, 136, 189, 558,
651.
— Gabelung 560.
— scroti 136, 190, 390.
Recessus pubicus foss.
ischiorectalis 194.
Recessus pararectales 271,
418, 445, 448.
Rectum, Entwicklung 641,
646.
Rectum d. Mannes 261.
Rectum des Mannes, Ab-
scesse 281.
— Altersunterschiede 279.
— Anomalien der Kothent-
leerung 281.
— Aufnahme von Nahrung
und Medikamenten durch
dasselbe 286.
— Arterien 271.
— Befestigungen 271.
— Entzündungsformen 281.
— Fisteln 282.
— Fremdkörper 281.
— Lage 276 ff.
— Lymphgefässe 274.
— Maasstabelle 279.
— Nerven 275.
— Neubildungen 285.
— Pathologische Zustände
281.
— physiologische Bemer-
kungen 280.
— Strikturen 285.
— Theile 262.
— pars perinealis 262.
pelvina 262, 348.
— flexura sacralis 262.
perinealis 262.
— Untersuchung 285.
— Venen 272.
— Verletsiungen 281.
— Zona columnaris 267.
cutanea 267.
intermedia 267.
Rectum des Weibes 445.
— Beziehungen zum Bauch-
felle 445 f.
— Pathologische Zustände
450.
— Syntopie 448.
Rectuslinie 7.
Regio analis des Mannes 193,
207.
— Hautmuskeln 208.
— Schichtenfolge 196.
Regio analis des Weibes 429.
— Haut, Hautmuskeln 429.
— Oberflächliche Nerven
u. Gcfässe 430.
Regio coxae 157, 421 f.
s. Hüftgegend.
— glutaea 157, 421 f.
s. Gesässgegend.
— inguinalis 170, 421 f.
— s. Leistengegend.
— perinealis 188, 422 f.
— — s. Dammgegend.
— pubica 220, 431 f.
s. Schossgegend.
— pudendalis 220, 436 f.
— — s. a. Schamgegend.
— sacralis 148, 410 f.
s.a.Kreuzbeingegend«
— 170, 421 f.
~ subinguinalis 454.
— s. a. ünterleistengegend.
Regio trochanterica 157,
421 f.
s. a. Rollhügelgegend.
Regio urogenitfilis des
Mannes 193, 198.
— Gefässe 199.
— Haut 198.
— Lymphgefässe 200.
— Schichtenfolge 195.
— subfasciale Nerven und
Gefässe 199.
Regio urogenitalis des
Weibes 422.
— Haut 424.
— subfasciale Muskeln 425.
Nerven u. Gefässe 425.
— Tela subcutanea 424.
— tiefes (subseröses) Lager
429.
— Tunica dartos 424.
Regiones dorsales pelvis 3.
— inferiores pelvis mulie-
bris 4.
virilis 4.
— ventrales pelvis 3.
Reitknochen 182.
Ren Primarius 641.
Resectio penis 671.
Rete testis (Halleri) 376.
Retentio infantis, foetus,
ovuli 614.
— placentae 614, 617.
— testis 395.
Retentionscysten 525.
Retinacula cutis 136.
Rhabdomyome 501.
Rhabdosphincter urethrae
406, 459 f.
Ringvene d. Uterus 477.
Robert'sches Becken 115.
Rollhügelgegend d. Mannes
157.
~ Allgemeines, Zugehörig-
keit 157,
~ äusseres Bild, Abgren-
zung 157.
— pathologische Verhält-
nisse 167.
— Schichten und topogra-
phische Uebersicht 162.
Rollhügelgegend d. Weibes
421.
Romberg's Sympton 187.
Rosenmüller'sche Lymph-
drüse 82.
Rudimentum Processus
vaginalis 385, 658 e.
Rugae vaginales 534.
Rumpflast 56, 97.
S.
Sacculi recti 265.
Saccus praeputialis clitori-
dis 565.
feegister.
Saccus tunicae vaginalis
propriae 386. 387.
Sakraldreieck 121.
Sakraliudex 27.
Sakralkrümniung 101.
Sakralparasit 663.
Sakralteratome 128.
Sakraltrichosis 123.
Sakraltumoren 128.
Sakralwinkel 90.
Saktosalpinges 525.
Salpingocele 523.
Samenblasen 343.
— Altersverschiedenheiten
346.
— Entwicklung 655.
— Gefüsse 345.
— Kapsel 315.
— Missbiidung 665.
-~ Lage 346.
— Nerven 345.
— physiologische u. patho-
logische Verhältnisse 350.
Samenfäden 376, 655 e.
Samenleiter 351.
— Gefässe 352.
— Nerven 352.
Saraenproduktion, Einfluss
V. Erkrankungen auf 397.
Samensteine 351.
Samenstrang 382.
— Gefässe u. Nerven 384.
— Hüllen 384.
— Inhalt 384.
— Lage 391.
— Operationen 672.
Samenstrangcysten 386.
Sarcoma deciduale 615.
Schädellagen 602.
Schambein 61.
Schambeinbalken 20.
Schambeinnische 194.
Schamberg 5, 555, 556.
Schamfurche 5.
Schamgegend d. Mannes 220.
— Ueb ersieht d. Lage Ver-
hältnisse 231.
— des Weibes 431.
— Fascia superficialis 432.
— Hautschicht 432.
— subfasciale Bildungen
432.
Schamhaar 143.
Schamlippen grosse 555.
— Behaarung 555.
— Entwicklung 650.
— Gefässe 556.
— Lagebeziehungen 556.
— Lymphgefässe 556.
— Nerven 556.
— Verschiedenheiten indi-
vid., Rassen- 556.
Schamlippen, kleine 557.
— Bau 557.
— Blutgefässe 557.
— Entwicklung 650.
Schamlippen, kleine,
Lymphgefässe 558.
— Nebenfalten 558.
— Nerven 557.
— Verschiedenheiten indi-
vid., Rassen- 558.
Schanilippenbändchen 558.
Schamlippenkommissuren
558.
Scheide 534.
— Altersveränderungen
541.
— Bau 535.
— Entwicklung 654.
— Gefässe 537.
— Lage u. Richtung 539.
— Lymphgefässe 538.
— Maasstabelle 542.
— Missbildungen ^ijß.
— Nerven 538.
— pathologische Zustände
542.
— physiologische Bemer-
kungen 542.
— Schleimhauti.d. Schwan-
gerschaft 606.
— Sy Utopie 539.
Scheidengewölbe 465, 534,
536.
Scheidenhaut, gemeinsame
384.
Scheidenhautzotten 389.
Scheidenportion d. Uterus
534,
Scheidenvorhof 534, 552.
Scheinzwitterbildung 667.
Schenkelbeugungsfurche 5.
Schenkelgesässfurche 9.
Schnabelbecken 115.
Schossgegend d.Mannes220.
— Schichtenfolge 220.
— des Weibes 431.
— Hautschicht 432.
— subfasci«ale Bildungen
432.
Schultze'sche Stellung der
Placenta 610.
Schwangerschaft, anatomi-
sche Veränderungen der
übrigen Organe d.Weibt^s
während derselben 606.
— Dauer 607.
— ektopische 612.
— intraligamentäre 612.
— pathologische Zustände
612.
— Pigmentirung der Haut
bei Schwangeren 607.
— tuboabdominale 612.
Schwellgewebe d. Penis 358.
Schwellkörper 427 f.
Schwanzbildungen 123.
Schwänze, angewacfisene
127.
— freie 127.
Schwanzfaden 124.
Schwerpunkt 56.
Scrotum 382, 386, 389.
— Lage 391.
Sectio alta 313, 670.
— — subpubica 341.
— perinealis 313, 671.
Secundinae 610.
Selb.stentwicklungd. Kindes
604.
Selbstwendung des Kindes
604.
Septula testis 374.
Septum bulbi urethrae 359.
— corp. cavernosum 565 f.
— glandis 360.
— pectiniforme penis 358.
— penis 355.
— scroti 390, 391.
— — Entwicklung 650.
— rectovaginale 422.
— transversales d.Perineal-
muskeln 189.
— transversum musculo-
rum perinei 219.
~ urethrovaginale 428,454,
458.
Entwicklung 653.
Seröse Hülle 581.
Sexualstränge 655 e.
Sinus epididymidis 371.
— fossae navicularis 404.
— rectales 265.
— urogenitalis 637, 651.
— — ektodermaler 652.
Sitzbalken 57.
Sitzbeinbalken 20.
Sitzpolster 136.
Sitzpunkt 17, 167.
Skeletotopie 67 (Anm.).
Skene'sche Gänge 561.
Skrotalanlage 657.
skrotaler Spaltraum (Disse)
390.
Skrotalhöhle 386.
Smegma clitoridis 135, 361,
566 f.
Sömmerring'scher Nerv 218.
Spaltbecken 119.
Spatia conjunctivalia pelvis
618.
Spatium intercrurale lum-
bosacrale 63.
— perivesicale 228.
— praerectale 269.
— praevesicale 226, 228.
— retroinguinale 177, 632.
— retrorectale 269.
— subperitonaeale vesicae
229.
— suprapubicum praefas-
ciale 226, 227.
— -retrofasciale 227.
Specialfascien der Becken-
u. Dammmuskeln 628.
Spermatocele 394.
Spermatogonien 655 e.
ReßMster.
689
Spermien Produktion 392.
Spermiocysten 894.
Sphinctor ani internus 267.
— rccti 431.
— urethrae 205.
membranaceae. 407.
— — proKtatieae 407.
— — striatus 406.
— va^inae 428.
— vaf»"inourethralis 428.
— vcsicae int. 405.
Spina (seil. Spinae) bifida
occulta 123.
— — saeralis 664.
— iliaca anterior inferior 60.
superior 60,66,78.
— ischiadica 62.
Lao-e 78.
— ischiadicae 61.
Spondylolysis 113.
Stachelbecken 119.
Statik des Bänderbecken 55.
Steatopvgie 12.
Steinkinder 613, 614.
Steissbein 27.
— Lage 78.
Steissbeinbrüche 131.
Steissdrüse 154, 250.
Steissh Ocker 126.
Steissla^en 603.
Steisswirbel, Zahl 27.
Stig-ma folliculi 510.
Stirnlagen 603.
Stratum iliomusculare sub-
peritonaeale 632.
— suprapubicum praefas-
ciale 632.
retrofasciale 632.
— vasculare uteri 467.
Striae gravidarum 607.
Strikturen d. Harnröhre 414.
Stroma ovarii 508.
Sulci laterales colliculi 401.
-— nervosi ossis sacri 60.
Sulcus bulbi urethrae 359.
— coxae 10.
— flexorius femoris 5.
— genitofemoralis 5.
— glutaeoperinealis 11.
— glutaeus 2, 9,
— inguinalis 5.
— interlabialis 554»
— nervosus n. lumb. V 62.
— nymphohymenalis 563.
— obturatorius 36,
— pubis 5.
— retroglandularis356,357.
— saeralis dorsalis 65.
— tuberogienoidalis G(}.
— urethralis penis 354.
Symphysis oss. pubis 33, 229.
~ Gelenkhöhle 34.
— Lockerung i. d. Schwan-
gerschaft 607.
Symphysenblindsack 456.
Symphysenmaasse 33.
Wfildcyer, Das Bcckoit.
Symphyseneingang: 96,
Svmphvsenspalt, Auftreten
' 95.
Symphyseotomie 674.
Syncytioma 615.
Syncytium 584.
Svnostosis ischiopubica 62,
■^66, 91.
Syntopie 67 (Anni.).
T.
Taeniae coli 265.
Taille hypogastrique 313.
Tela conjunctiva pelvis 618.
Tela subcutanea penis 361.
Tendo intercruralis 566 f.,
691.
Terminalebene 90.
Testis pediculatus 396.
Theca folliculi 509.
Torus (seil. Tori) interure-
tericus 295.
— clitoridis 552.
— genitales 646.
— uterinus 496.
Tractus iliotibialis 83.
Trigonum inguinale 7.
~ Lieutaudi 295.
— rectourethrale 334.
— urogenitale 82, 192, 193,
203, 427 f.
— vesicae 295, 452 f., 653 e.
Triplicitas(Missbildung)662.
Trochantergrube 9, 10.
Trochantervorsprung 9.
Truncus epigastricoobtura-
torius 179.
— lumbosacralis 252.
— Iymphaticuslumbalis251.
— sympathicus pelvinus
256.
Tubauterina (Falloppii)502.
Tube s. a. Muttertrompete.
Tube, Adhäsionen 524.
-- Beweglichkeit 519.
— Blutungen 524.
— Entwicklung" 654.
— entzündliche Verände-
rungen 524.
— Ergüsse 524.
~ Missbildung-en 606, 607.
— Neubildungen 526.
— Retentionscysten 525.
— Sondirung- 672.
— Traumen 525.
Tuben an hänge 528.
Tubenlabyrinth 503.
Tubenöffnungen, überzäh-
lige 504.
Tubenriss 613.
Tubensäcke 525.
Tubenschenkel 517.
Tubenschlängelungen 504.
Tubenschwangerschaft 612,
— intramurale 613.
Tubenschleife 517.
Tubenwinkel 463.
Tuber glutaeum anterius 20.
posterius 20.
Tubera ischiadica 62, 74.
Lage 78.
— glutaea 67.
Tubercula obturatoria 39.
Tubercules anales 651.
Tuberculum genitale 646.
— pubicum 61.
Tuberositas iliaca 60.
Tuboovarialcyste 525.
Tuboo variaisch wanger-
schaft 612.
Tubuli seminiferi 375, 655 e,
656 e.
Tunica albuginea penis 354.
— dartos 198, 390.
labialis 555.
— erythroides testis 374.
— vaginalis communis 384.
propria testis 387, 388.
Tyson 'sehe Drüsen 135, 361.
U.
Uebergangswirbel 25.
Unterbindung d. a. hypo-
gastrica 669.
— a. obturatoria 669.
— a. circumflexa ilium pro-
funda 669.
Unterleisten gegend des
Mannes 170.
— Abgrenzung, äusseres
Bild 170.
— Schichtenfolge 173.
— Topographische Ueber-
sicht 171.
— Zugehörigkeit. Allge-
meines 170.
Unterleistengegend des
Weibes 421.
Urachus 327.
Ureter des Mannes 165, 328.
— Beziehung zuVasa iliaca
245.
— Gefässe 330.
— Lage 330, 348.
— Maasstabelle 334.
-- Nerven 330.
— Physiologische u. patho-
logische Verhältnis.se 334.
Ureter des Weibes 543 f.
— Beziehungen z. A. ute-
rina 544.
— — zur Blase 546.
zur Cervix uteri 545.
— ~ zum Eierstocke 545,
zu den Ligg. latum
et teres .545.
zum Rectum 547,
zur Scheide 546.
— — zu dem venösen
Backenplexus 545.
44
690
Register.
Ureter des Weibes, Kreu-
zung mit der A. uterina
474, 475.
-- Punctum fixum 547.
Ureter, Aufsuchung des 669.
— Entwicklung 653.
Ureterenmündungen 311.
Ureterlage z. Uterus 485.
Ureterstichverletzung 170.
Urethra d. Mannes 397.
— anterior 414,
— anterior et posterior 400.
— fixa 399.
— mobilis 399.
— pars cavernova 403.
intranuiralis 400.
libera 458.
membranacea s. trigo-
nalis.
praediaphragmatica
403 Anm.
praetrigonalis 402.
Lagebeziehungen 412.
— ^ prostatica 400.
superior (libera) 458.
trigonah's 402.
Lagebeziehung 411.
— posterior 414.
— virilis 397.
Urethra des Weibes 457 f.
Urethralgänge 561.
Urethralmündung 560 f.
Urethrotomia externa 671.
Ureter 508.
Urgeschlechtzellen 508,644e.
Urniere 640, 641.
Urnierengang 641.
Ursamenzellen 655 e.
Uterus 461.
— Entwicklung 654.
— Funktion 461.
— Missbildung 666.
-— arcuatus 666.
— bicornis unicollis 666.
— bitoris supra simplex 666.
— bilocularis ßßß.
— didelphys 666.
— duplex bicornis c.vagina
septa 666.
— duplex separatus c.
vagina separat. 666.
— foetalis 666.
— foetalis bicornis 666.
— foetalis imperforatus 666.
— incudiformis 666.
— infantilis 666.
— septus duplex 666.
— subseptus unicollis 666.
unicorporeus 666.
uniforis 666.
— masculinus 338.
— Sondirung 672.
Uteruskrebs, Verbreitung
500.
Uterusmyome 501.
Uterinsegment unteres 608.
Uterovaginalkanal 655 e.
Uteruswinkel 451.
Uteruswulst 496.
Utriculus prostaticus 337,
656 e.
Uvula vesicae 295, 452 f.
V.
Vagina 534.
— septa 666.
Vaginismus 570.
Valvtila fossae navicularis
404.
Valvulae Hobokeni 589.
Varicocele 394.
Vasa circumflexa femoris
med. (Lage) 162.
— dorsalia penis (Lage) 204.
— epig. inferior, rami pu-
bici 230.
superficialia 222.
— haemorrhoidalia media
249.
— hypogastrica 247.
— iliaca 244.
Theilungsstelle 246.
Varietäten 247.
— lymphatica circumflexa
ilium prof. 251.
obturatoria 251.
recti 274.
spermatica int. 251.
— pudenda, Lage 165, 162.
— retropubica 436.
— sacralia lateralia 249.
media 249.
— spermatica interna 250.
— vesicalia infer. 249.
— vitellina 582.
Vena bulbi urethrae 363.
— circumflexa ilium super-
ficialis 141.
— circumflexae penis 363.
~ cutaneae femoris post.
et lat. 141.
— dorsalis penis 139.
subcutanea 355, 364.
subfascialis355,364.
— epigastrica inf. 378.
— glutaeae 141.
— haemorrhoidales 273.
inf. 140, 141.
— obturatoria 179, 180.
Anastomosen 139.
— ovaricae 512.
— penis 363.
— profundae penis 216.
— pudenda interna 139,
214, 216.
— pudendae internae 363.
— saphena magna 139.
— spermaticaeexternae391,
. 495.
interna 378.
— spinalis anterior 140.
Vena subcutaneae clitoridis
566.
— — penis 363.
— subfascialis clitoridis 566.
— testicularis 377, 378.
— umbilicalis 582.
— urethrales 363.
— uterinae 476.
Vertex coccygeus 146.
Vesica duplex 664, 665.
— urinaria 287, 451 f.
Vesicula germinativa 509.
— umbilicalis 582.
Vesiculae seminales 343.
Vestibulum vaginae 534.
— Entwicklung 652.
— Schleimdrüsen 561.
Villi placentales 581.
Viragines 521.
Vitellus 509.
Vorhaut 356.
— Bau 362.
Vorhautbändchen 357.
Vorhautsteine 369.
Vorniere 640, 641.
Vornierengang 640, 641,
655, 656.
Vornierenkanälchen 641.
Vorhofszwiebel 567.
— Bau 567.
— Grösse, Lage 567.
— Gefässe u. Nerven 567.
Vorsteherdrüse 335.
Vulva 551.
W.
Wehen 608.
Weichenwulst 9.
White line 624.
Wilson'scher Muskel 408.
Wirbelschwanz 126.
WolflP'scher Gang 640. 641.
WolfF'sche Körper 655.
— Urnierentheil 641.
— Sexualtheil 641, 656.
Wurmfortsatz 260.
X.
Xiphodymus 664.
Z.
Zeit, menstruelle, prae-,
post-, inter- 575.
Zona pellucida 509.
— vasculosa ovarii 512.
Zotten 581.
— fötale, Verhältniss zur
mütterlichenPlacenta583.
Zottenepithel, Herkunft 584.
Zwerchfellsband derUrniere
644.
Zwergbecken 109.
Zwillinge, eineiige 682.
Zwillingstubarschwanger-
schaften 613.
Zwitterbildung 667.
Berichtigungen.
Im Texte linden sich folgende störende Druckfehler:
1) S. 42 in der Erklärung der Figur 23 steht zweimal ^Tuberc. obt, in f.";
einmal (rechtsseitig) muss, statt „in f.", „sup." gelesen werden.
2) S. 65, Alin. IT, Z. 2 v. o. ist hinter Fossa sacroiliaca das „m*' zu streichen.
3) S. 139 unter „Venen" der Regio pudendalis ist die Fig. 78 zu Unrecht
citirt; diese Figur zeigt die Vena dorsalis clitoridis subfascialis, nicht die
Vena dorsalis subcutanea. Zu Vena dorsalis penis (clitoridis) ist an der-
selben Stelle „subfascialis" zu ergänzen.
4) S. 168, Alin. II, Z. 10 v. o. lies „ovarica", statt „ovarii*; derselbe Fehler
findet sich S. 515, Z. 7 v. u.
5) S. 168, Z. 3 V. u. ist das Wort „erste" zu streichen.
6) S. 341 lies statt „Denonvillers", „Denonvilliers" (zweimal).
7) S. 441, in der Figurenunterschrift, lies „virginis" statt „virgines**.
8) S. 446 in Alin. I lies statt „Ligamenta rectouterina", Ligamenta utcro-
sacra" (zweimal).
9) S. 501, Alin. III, Z. 7 v. o. lies „Veranlassung" statt „Vermeidung".
Unbedeutendere Sachen, wie S. 17 „Punk" statt „Punkt", S. 387 „Bindewebc"
statt „Bindegewebe" und einige Interpunktionsfehler wird man ohne
Weiteres verbessern.
Unrichtige Citate in Seitenzahlen und Figuren finden sich folgende:
1) S. 128, Anm. 3 hinter „Ecker" statt [S. 407] lies [S. 128].
2) S. 154, Alin. IV, lies Fig. 84 statt Fig. 84A.
3) S. 156, Z. 4 V. o. lies Figg. 84 und 84a statt Figg. 84A u. B.
4) S. 255, Z. 1 V. 0. lies S. 140 statt S. 138 und S. 161 statt S. 160.
5) S. 263, Alin. II (am Ende), lies S. 280 statt S. 279.
6) S. 269, Alin. III, Z. 4 v. o. lies Fig. 118 statt Fig. 114.
7) S. 269, Alin. II, Z. 7 v. o. lies (hinter Qu6nu) S. 286 statt S. 285; letzteres
ebenso S. 270, Alin. II v. unten.
8) S. 348,- Anm., statt [S. 628] lies [S. 844].
9) S. 359, Anm. 4, statt [S. 401] lies [S. 408].
10) S. 394, Anm. 2, hinter „Poirier", statt [S. 880] lies (S. 881].
11) S. 497, Anm., Z. 1, statt S. 779 lies S. 496.
12) S. 518, Z. 6 V, 0. lies Fig. 85 statt Fig. 84.
13) S. 521, Anm. bei „Farre", lies [S. Ö06] statt [S. 507].
14) S. 526, Z. 8 V. u. lies S. 499 statt S. 500.
15) S. 526, Z. 12 V. u, lies S. 501 statt S. 502.
Im Uebrigen gibt das Litteraturverzeichniss überall die richtigen Hinweise.
UniversitätH-Buchdruckcrei von Carl Gcor^i in Bonn.
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1001 laWaldeyer-Hartz, Wilhelm von, |d 1836-1921.
24514 I a Das becken. | b Topographisch-anatomisch mit besonderer berücksichtigung der
Chirurgie und gynäkologie, | c dargestellt von W. Waldeyer ...
260 I a Bonn, | b F. Cohen, | c 1899.
300 I a xxvii, 690, [1] p. | b illus. (part col.) pl. | c 26 l/2cm.
500 I a "Sonderausgabe aus Jössel- Waldeyer, Lehrbuch der topographisch-chirurgischen
anatomie."
504 |a "Litteraturverzeichniss": p. [xix]-xxvii.
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